Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 2956/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3532/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20.3.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in der Zeit vom 1.1.1987 bis 30.4.2004 im Unternehmen (Zimmerei) ihres Ehegatten, des Beigeladenen Nr. 3, versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die 1963 geborene Klägerin ist seit 3.7.1987 mit dem Beigeladenen Nr. 3 verheiratet. Dieser ist seit 1985 mit eigenem Zimmereibetrieb als Einzelunternehmen (Zimmerei, Bedachungen, Holzbau) selbständig erwerbstätig. Die Klägerin war bis 31.12.1986 als Technikerin (Bautechnik Wasserwirtschaft) beim Wasserwirtschaftsamt R. beschäftigt. Am 1.1.1987 (Verwaltungsakte S. 7 u. 27) nahm sie eine Arbeit als Büroangestellte ihm Unternehmen des Beigeladenen Nr. 3 auf. Der Tätigkeit lag ein Anstellungsvertrag zu Grunde. Die Klägerin wurde bei der Beklagten als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerin gemeldet und es wurden Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt sowie Entgeltmeldungen abgegeben.
Im Anstellungsvertrag vom 10.3.1990 (Verwaltungsakte S. 16) ist vereinbart, dass die Klägerin als vollbeschäftigte Büroangestellte auf unbestimmte Zeit beschäftigt werde. Das monatliche Bruttogehalt betrage 2.330 DM zuzüglich 46 DM als Arbeitgeberanteil zu vermögenswirksamen Leistungen. Der Urlaubsanspruch wurde auf 23 Arbeitstage festgelegt, die Kündigungsfrist betrug 6 Wochen zum Quartalsende. Bei Arbeitsunfähigkeit wurde Lohnfortzahlung nach Maßgabe gesetzlicher bzw. tariflichvertraglicher Regelungen vereinbart. An die Stelle des genannten Anstellungsvertrages trat für die Zeit ab 1.4.1991 ein Arbeitsvertrag (Verwaltungsakte S. 17), in dem die regelmäßige Arbeitszeit auf 10 Stunden wöchentlich und das Bruttogehalt auf 460 DM festgelegt wurden.
Am 30.12.2004 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1.1.1987 bis 30.4.2004. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen (Verwaltungsakte S. 7) gaben die Klägerin und der Beigeladene Nr. 3 - hinsichtlich der streitigen Zeit - ergänzend an, die Klägerin, die wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert sei, arbeite als Kauffrau und erledige sämtliche anfallenden Büroarbeiten, Bank- und Steuerangelegenheiten. Der Tätigkeit liege eine arbeitsvertragliche Vereinbarung zu Grunde. Ohne die Mitarbeit der Klägerin müsste eine fremde Arbeitskraft eingestellt werden. An Weisungen sei sie nicht gebunden, könne ihre Tätigkeit vielmehr frei bestimmen und gestalten und wirke bei der Führung des Betriebes mit. Die Mitarbeit sei auf Grund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Miteinander geprägt. Urlaubsanspruch und Kündigungsfrist seien vereinbart. Bei Arbeitsunfähigkeit werde das Arbeitsentgelt, das dem tariflichen bzw. ortsüblichen Gehalt entspreche und regelmäßig auf ein privates Konto der Klägerin überwiesen werde, fortgezahlt. Vom Gehalt werde Lohnsteuer entrichtet und es werde als Betriebsausgabe gebucht. Die Klägerin sei am Betrieb nicht beteiligt. Sie habe Bürgschaften übernommen und Sicherheiten gewährt (Verwaltungsakte S. 9 ff.). Der Betrieb verfüge über Betriebsgrundstücke und Betriebsgebäude, die im Alleineigentum der Klägerin stünden und an den Betriebsinhaber verpachtet bzw. vermietet seien. Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) sei nicht vereinbart.
Mit Bescheid vom 5.4.2005 (Verwaltungsakte S. 19) stellte die Beklagte fest, die Klägerin sei ab 1.1.1987 im Unternehmen des Beigeladenen Nr. 3 abhängig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, seit der Heirat mit dem Beigeladenen Nr. 3 sei sie eigenverantwortlich für den kaufmännischen Bereich des Unternehmens, einschließlich der Personal und Bankgeschäfte, zuständig. Sofern Verträge abgeschlossen werden müssten, lege sie dem Beigeladenen Nr. 3 die von ihr ausgehandelten Entwürfe zur Unterschrift vor. Sie habe Vollmacht über die Firmenkonten. Außerdem habe sie erhebliche Sicherheiten geleistet und trage deswegen ein Unternehmerrisiko. Der Beigeladene Nr. 3 sei typischer Handwerker und kümmere sich ausschließlich um die Arbeit auf den Baustellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück; ein Nachweis über die Zustellung des Widerspruchsbescheids ist in den Verwaltungsakten nicht vorhanden.
Am 16.11.2005 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz. Ergänzend trug sie vor, sie sei vom Beigeladenen Nr. 3, dem Betriebsinhaber, nicht persönlich abhängig und trage ein erhebliches Unternehmerrisiko. Im Unternehmen seien 22 Mitarbeiter beschäftigt; der jährliche Umsatz betrage 3,2 Millionen EUR, weshalb erhebliche kaufmännische Tätigkeiten notwendig seien. Diese würden von ihr, der Klägerin, ohne Bindung an feste Arbeitszeiten eigenverantwortlich erledigt. Betriebskredite würden im Wesentlichen durch von ihr gewährte Grundschulden und Bürgschaften abgesichert.
Nach Durchführung einer Erörterungsverhandlung am 15.11.2007 (Sitzungsniederschrift SG-Akteseite 97) wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 20.3.2008 ab. Zur Begründung führte es aus, nach Maßgabe der hierfür in der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze habe die Klägerin im Unternehmen des Beigeladenen Nr. 3 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Daran ändere es nichts, dass sie die Aufgaben im kaufmännischen Bereich weisungsfrei habe erledigen dürfen, nachdem das Weisungsrecht des Arbeitgebers bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sei. Der Betriebsinhaber, der Beigeladene Nr. 3, verfüge über die notwendigen technischen Kenntnisse zur Unternehmensführung und könne von der Klägerin deswegen nicht dominiert werden. Unbeschadet hingegebener Sicherheiten trage die Klägerin kein Unternehmerrisiko.
Auf das ihr am 2.7.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.7.2008 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen. Das Sozialgericht habe die rechtlichen Maßstäbe für die Abgrenzung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von der selbstständigen Erwerbstätigkeit verkannt. Sie habe überobligationsmäßig gearbeitet und im kaufmännischen Bereich über eine Entscheidungsfreiheit verfügt, die Angestellten so nicht zukomme. Sie habe Vollmacht über Firmenkonten und deswegen Bankgeschäfte ohne Rücksprache mit dem Beigeladenen Nr. 3 erledigen können. Dieser verfüge über keinerlei kaufmännische Kenntnisse und habe ihr deshalb freie Hand gelassen. Nachdem sie sich mittlerweile erhebliches Fachwissen angeeignet habe, habe sie auch selbstständig (beispielsweise) Angebote erstellen und Vertragsverhandlungen führen können. Nach außen hin sei sie als Chefin aufgetreten. Urlaub habe sie - wie der Beigeladene Nr. 3 - nach den betrieblichen Erfordernissen genommen. Da sie erhebliche Bürgschaften und Grundschulden (240.000 DM bzw. 332.338 EUR) gestellt habe, habe sie auch ein Unternehmerrisiko getragen. Ergänzend werde auf ein Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.1.2007 (- L 1 AL 60/06 -) verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20.3.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 5.4.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.10.2005 zu verurteilen festzustellen, dass sie in der Zeit vom 1.1.1987 bis 30.4.2004 im Betrieb des Beigeladenen Nr. 3 nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte (zu deren Zuständigkeit, LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 1.4.2009, - L 5 KR 5891/07 -) hat zu Recht festgestellt, dass die Klägerin während der streitigen Zeit (1.1.1987 bis 30.4.2004) im Unternehmen des Beigeladenen Nr. 3, ihres Ehemannes, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).
Hinsichtlich des Gesamtbilds der Arbeitsleistung kann es im Einzelfall auch darauf ankommen, ob der Betreffende im Unternehmen "schalten und walten" kann wie er will, weil er die Inhaber des Unternehmens (etwa die Gesellschafter einer GmbH) persönlich dominiert oder weil diese von ihm wirtschaftlich abhängig sind (vgl. auch BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -). In diesem Fall ist in Wahrheit er der selbständig tätige Unternehmer. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere für den (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH angenommen, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden war (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -). Familiäre Bindungen können danach einerseits einen ansonsten nicht bestehenden Unternehmerstatus in Sonderfällen begründen. Andererseits schließen sie das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses aber nicht von vornherein aus. Unschädlich ist vor allem, dass die Abhängigkeit des Beschäftigten bei familiärer Verbundenheit im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und Weisungsrechte deshalb möglicherweise (nur) mit gewissen Einschränkungen ausgeübt werden (BSG, Urt. v. 17.12.2002, - B 7 AL 34/02 R - m.w.N.). Für die Abgrenzung des sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit Entgeltzahlung von der nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit sind alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich (BSGE 3, 30, 39 ff.; 19, 1, 4 ff. = SozR Nr. 31 zu § 165 RVO; BSGE 74, 275, 278 ff. = SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11 S. 30; und s. auch Urteil v. 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -). Im einzelnen (so BSGE 74, 275) kann auf die Rechtsprechung zum Beschäftigungsverhältnis zwischen nahen Verwandten zurückgegriffen werden. Diese wurde mit dem Urteil des BSG vom 5.4.1956 (BSGE 3,30,40 "Meistersohn") eingeleitet und ist sodann fortgeführt worden (BSGE 12, 153, 156 = SozR Nr. 18 zu § 165 RVO; 17, 1, 3 ff. = SozR Nr. 41 zu § 165 RVO; SozR 2200 § 165 Nr. 90).
Danach setzt ein Beschäftigungsverhältnis neben der Eingliederung des Familienangehörigen in den Betrieb mit einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass ein Entgelt gezahlt wird, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Es muss über freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgehen. Abzustellen ist weiter darauf, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Ist all das der Fall, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Familienangehörige, auch der Ehegatte, auf das Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, wenngleich dies die Abhängigkeit des Beschäftigten indizieren kann (vgl. BSG SozR - 2200 § 165 Nr. 90; BSG, Urt. v. 23.6.1994, - 12 RK 50/93 -). Indizwirkung kann auch der Höhe des gezahlten Entgelts zukommen (BSG, Urt. v. 17.12.2002 (- B 7 AL 34/02 R -). Allerdings schließt eine - auch erheblich - untertarifliche Bezahlung des Verwandten ein Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus (vgl. auch BSG, Urt. v. 12.9.1996 - 7 RAR 120/95 - ).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend kann die Tätigkeit, die die Klägerin seit 1.1.1987 im Betrieb des Beigeladenen Nr. 3 ausgeübt hat bzw. ausübt, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden; der Senat teilt insoweit die Einschätzung des Sozialgerichts.
Gegen die Einstufung der Klägerin als Mitunternehmerin neben ihrem Ehemann, dem Beigeladenen Nr. 3, spricht in unternehmensrechtlicher Hinsicht zunächst maßgeblich, dass sie am Unternehmen nicht beteiligt ist und deshalb nicht über die Rechtsmacht verfügt, Unternehmensentscheidungen zu treffen oder Unternehmensentscheidungen des Beigeladenen Nr. 3 zu verhindern. Ein Unternehmerrisiko trägt sie demzufolge nicht, auch wenn der Betrieb des Beigeladenen Nr. 3 die wirtschaftliche Grundlage der Familie bildet und ihr Arbeitsplatz von dessen Fortbestand abhängt. Eine Gütergemeinschaft mit der Zuordnung des Unternehmens zum Gesamtgut (§ 1416 BGB) ist nicht begründet worden, vielmehr leben die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, woraus der Klägerin eine Mitinhaberschaft am Unternehmen des Beigeladenen Nr. 3 nicht erwächst (vgl. § 1363 Abs. 2 BGB). Demgegenüber fällt nicht ins Gewicht, dass sie für Kredite, die der Beigeladene Nr. 3 aufgenommen hat, mithaftet. Insoweit sei, ohne dass es für den Senat entscheidungserheblich darauf ankäme, darauf verwiesen, dass die Mithaftung für Verbindlichkeiten des Ehegatten für sich allein die Stellung eines Mitunternehmers und den sozialversicherungsrechtlichen Status des selbständig Erwerbstätigen nicht begründen kann.
In arbeitsrechtlicher Hinsicht lag der Tätigkeit der Klägerin ein schriftlicher Arbeitsvertrag (vom 10.3.1990) zugrunde, in dem für Arbeitsverhältnisse typische Regelungen getroffen sind. So wurde für die Arbeit der Klägerin als vollbeschäftigte Büroangestellte ein festes Monatsgehalt in Höhe von 2.330 DM zuzüglich 46 DM Arbeitgeberanteil zu vermögenswirksamen Leistungen vereinbart, das weder als Taschengeld noch als (bloße) Anerkennung für Gefälligkeiten abgetan werden kann und das ungeachtet dessen, ob es als ortsüblich anzusehen wäre oder dem einschlägigen Tariflohn entspräche (vgl. BSG, Urt. v. 12.9.1996, - 7 RAR 120/ 95), als angemessener Gegenwert für die geleistete Arbeit anzusehen ist. Außerdem wurden ein Urlaubsanspruch (23 Arbeitstage), eine Kündigungsfrist (6 Wochen zum Quartalsende) und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall festgelegt. Im für die Zeit ab 1.4.1991 abgeschlossenen Arbeitsvertrag wurden die regelmäßige Arbeitszeit auf 10 Stunden wöchentlich und das Bruttogehalt auf die 460 DM vermindert. Vom Gehalt der Klägerin hat man – wie bei Angestellten üblich – Lohnsteuer abgeführt und man hat das Gehalt als Betriebsausgabe verbucht. Schließlich hat die Klägerin eine fremde Arbeitskraft ersetzt. All das belegt das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.
Schließlich hat die Klägerin mit der eigenverantwortlichen Erfüllung der ihr aufgetragenen Arbeit (wie Büro-, Bank- und Steuerangelegenheiten) allenfalls Aufgaben einer leitenden Angestellten wahrgenommen, die im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R) naturgemäß weitgehend frei von Einzelweisungen des Unternehmers erfüllt werden. Dass sie hierfür – und sei es als einzige im Unternehmen - über die notwendigen Kenntnisse verfügen musste, versteht sich von selbst und ist für leitende Angestellte typisch. Über die Befugnis, nach außen für das Unternehmen auftreten zu dürfen, verfügen leitende Angestellte regelmäßig, sofern dies zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung erforderlich ist; das gilt auch für die jeweils notwendigen Vollmachten. Dass die Klägerin Urlaub mit ihrem Ehemann, dem Beigeladenen Nr. 3 und Betriebsinhaber, abstimmt, besagt für ihren sozialversicherungsrechtlichen Status ebenso wenig wie ihr Auftreten als "Chefin".
Schließlich soll - auch wenn es für den Senat entscheidungserheblich darauf nicht mehr ankommt - im Hinblick auf das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass die Tätigkeit der Klägerin gegenüber den Sozialversicherungsträgern durchweg über lange Jahre als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung behandelt worden war. So wurde sie von Anfang an als abhängig Beschäftigte angemeldet und man hat neben der Lohnsteuer regelmäßig den Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt. Der Senat verkennt nicht, dass die tatsächliche Beitragsabführung Rückschlüsse auf das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht erlaubt (BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -). Gleichwohl tritt in der langjährigen Handhabung der Tätigkeit, die die Klägerin im Unternehmen des Beigeladenen Nr. 1 ausgeübt hat, eine Selbsteinschätzung des sozialversicherungsrechtlichen Status hervor, die das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses jedenfalls unterstreicht, mag es hierauf für das Gesamtbild der Arbeitsleistung auch nicht mehr ausschlaggebend ankommen. Das Unterfangen, nunmehr im Nachhinein die Sozialversicherungsbeiträge von der Solidargemeinschaft der Versicherten wieder "zurückzuholen", kann damit nicht gelingen.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in der Zeit vom 1.1.1987 bis 30.4.2004 im Unternehmen (Zimmerei) ihres Ehegatten, des Beigeladenen Nr. 3, versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die 1963 geborene Klägerin ist seit 3.7.1987 mit dem Beigeladenen Nr. 3 verheiratet. Dieser ist seit 1985 mit eigenem Zimmereibetrieb als Einzelunternehmen (Zimmerei, Bedachungen, Holzbau) selbständig erwerbstätig. Die Klägerin war bis 31.12.1986 als Technikerin (Bautechnik Wasserwirtschaft) beim Wasserwirtschaftsamt R. beschäftigt. Am 1.1.1987 (Verwaltungsakte S. 7 u. 27) nahm sie eine Arbeit als Büroangestellte ihm Unternehmen des Beigeladenen Nr. 3 auf. Der Tätigkeit lag ein Anstellungsvertrag zu Grunde. Die Klägerin wurde bei der Beklagten als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerin gemeldet und es wurden Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt sowie Entgeltmeldungen abgegeben.
Im Anstellungsvertrag vom 10.3.1990 (Verwaltungsakte S. 16) ist vereinbart, dass die Klägerin als vollbeschäftigte Büroangestellte auf unbestimmte Zeit beschäftigt werde. Das monatliche Bruttogehalt betrage 2.330 DM zuzüglich 46 DM als Arbeitgeberanteil zu vermögenswirksamen Leistungen. Der Urlaubsanspruch wurde auf 23 Arbeitstage festgelegt, die Kündigungsfrist betrug 6 Wochen zum Quartalsende. Bei Arbeitsunfähigkeit wurde Lohnfortzahlung nach Maßgabe gesetzlicher bzw. tariflichvertraglicher Regelungen vereinbart. An die Stelle des genannten Anstellungsvertrages trat für die Zeit ab 1.4.1991 ein Arbeitsvertrag (Verwaltungsakte S. 17), in dem die regelmäßige Arbeitszeit auf 10 Stunden wöchentlich und das Bruttogehalt auf 460 DM festgelegt wurden.
Am 30.12.2004 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1.1.1987 bis 30.4.2004. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen (Verwaltungsakte S. 7) gaben die Klägerin und der Beigeladene Nr. 3 - hinsichtlich der streitigen Zeit - ergänzend an, die Klägerin, die wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert sei, arbeite als Kauffrau und erledige sämtliche anfallenden Büroarbeiten, Bank- und Steuerangelegenheiten. Der Tätigkeit liege eine arbeitsvertragliche Vereinbarung zu Grunde. Ohne die Mitarbeit der Klägerin müsste eine fremde Arbeitskraft eingestellt werden. An Weisungen sei sie nicht gebunden, könne ihre Tätigkeit vielmehr frei bestimmen und gestalten und wirke bei der Führung des Betriebes mit. Die Mitarbeit sei auf Grund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Miteinander geprägt. Urlaubsanspruch und Kündigungsfrist seien vereinbart. Bei Arbeitsunfähigkeit werde das Arbeitsentgelt, das dem tariflichen bzw. ortsüblichen Gehalt entspreche und regelmäßig auf ein privates Konto der Klägerin überwiesen werde, fortgezahlt. Vom Gehalt werde Lohnsteuer entrichtet und es werde als Betriebsausgabe gebucht. Die Klägerin sei am Betrieb nicht beteiligt. Sie habe Bürgschaften übernommen und Sicherheiten gewährt (Verwaltungsakte S. 9 ff.). Der Betrieb verfüge über Betriebsgrundstücke und Betriebsgebäude, die im Alleineigentum der Klägerin stünden und an den Betriebsinhaber verpachtet bzw. vermietet seien. Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) sei nicht vereinbart.
Mit Bescheid vom 5.4.2005 (Verwaltungsakte S. 19) stellte die Beklagte fest, die Klägerin sei ab 1.1.1987 im Unternehmen des Beigeladenen Nr. 3 abhängig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, seit der Heirat mit dem Beigeladenen Nr. 3 sei sie eigenverantwortlich für den kaufmännischen Bereich des Unternehmens, einschließlich der Personal und Bankgeschäfte, zuständig. Sofern Verträge abgeschlossen werden müssten, lege sie dem Beigeladenen Nr. 3 die von ihr ausgehandelten Entwürfe zur Unterschrift vor. Sie habe Vollmacht über die Firmenkonten. Außerdem habe sie erhebliche Sicherheiten geleistet und trage deswegen ein Unternehmerrisiko. Der Beigeladene Nr. 3 sei typischer Handwerker und kümmere sich ausschließlich um die Arbeit auf den Baustellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück; ein Nachweis über die Zustellung des Widerspruchsbescheids ist in den Verwaltungsakten nicht vorhanden.
Am 16.11.2005 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz. Ergänzend trug sie vor, sie sei vom Beigeladenen Nr. 3, dem Betriebsinhaber, nicht persönlich abhängig und trage ein erhebliches Unternehmerrisiko. Im Unternehmen seien 22 Mitarbeiter beschäftigt; der jährliche Umsatz betrage 3,2 Millionen EUR, weshalb erhebliche kaufmännische Tätigkeiten notwendig seien. Diese würden von ihr, der Klägerin, ohne Bindung an feste Arbeitszeiten eigenverantwortlich erledigt. Betriebskredite würden im Wesentlichen durch von ihr gewährte Grundschulden und Bürgschaften abgesichert.
Nach Durchführung einer Erörterungsverhandlung am 15.11.2007 (Sitzungsniederschrift SG-Akteseite 97) wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 20.3.2008 ab. Zur Begründung führte es aus, nach Maßgabe der hierfür in der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze habe die Klägerin im Unternehmen des Beigeladenen Nr. 3 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Daran ändere es nichts, dass sie die Aufgaben im kaufmännischen Bereich weisungsfrei habe erledigen dürfen, nachdem das Weisungsrecht des Arbeitgebers bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sei. Der Betriebsinhaber, der Beigeladene Nr. 3, verfüge über die notwendigen technischen Kenntnisse zur Unternehmensführung und könne von der Klägerin deswegen nicht dominiert werden. Unbeschadet hingegebener Sicherheiten trage die Klägerin kein Unternehmerrisiko.
Auf das ihr am 2.7.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.7.2008 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen. Das Sozialgericht habe die rechtlichen Maßstäbe für die Abgrenzung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von der selbstständigen Erwerbstätigkeit verkannt. Sie habe überobligationsmäßig gearbeitet und im kaufmännischen Bereich über eine Entscheidungsfreiheit verfügt, die Angestellten so nicht zukomme. Sie habe Vollmacht über Firmenkonten und deswegen Bankgeschäfte ohne Rücksprache mit dem Beigeladenen Nr. 3 erledigen können. Dieser verfüge über keinerlei kaufmännische Kenntnisse und habe ihr deshalb freie Hand gelassen. Nachdem sie sich mittlerweile erhebliches Fachwissen angeeignet habe, habe sie auch selbstständig (beispielsweise) Angebote erstellen und Vertragsverhandlungen führen können. Nach außen hin sei sie als Chefin aufgetreten. Urlaub habe sie - wie der Beigeladene Nr. 3 - nach den betrieblichen Erfordernissen genommen. Da sie erhebliche Bürgschaften und Grundschulden (240.000 DM bzw. 332.338 EUR) gestellt habe, habe sie auch ein Unternehmerrisiko getragen. Ergänzend werde auf ein Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.1.2007 (- L 1 AL 60/06 -) verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20.3.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 5.4.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.10.2005 zu verurteilen festzustellen, dass sie in der Zeit vom 1.1.1987 bis 30.4.2004 im Betrieb des Beigeladenen Nr. 3 nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte (zu deren Zuständigkeit, LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 1.4.2009, - L 5 KR 5891/07 -) hat zu Recht festgestellt, dass die Klägerin während der streitigen Zeit (1.1.1987 bis 30.4.2004) im Unternehmen des Beigeladenen Nr. 3, ihres Ehemannes, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).
Hinsichtlich des Gesamtbilds der Arbeitsleistung kann es im Einzelfall auch darauf ankommen, ob der Betreffende im Unternehmen "schalten und walten" kann wie er will, weil er die Inhaber des Unternehmens (etwa die Gesellschafter einer GmbH) persönlich dominiert oder weil diese von ihm wirtschaftlich abhängig sind (vgl. auch BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -). In diesem Fall ist in Wahrheit er der selbständig tätige Unternehmer. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere für den (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH angenommen, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden war (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -). Familiäre Bindungen können danach einerseits einen ansonsten nicht bestehenden Unternehmerstatus in Sonderfällen begründen. Andererseits schließen sie das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses aber nicht von vornherein aus. Unschädlich ist vor allem, dass die Abhängigkeit des Beschäftigten bei familiärer Verbundenheit im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und Weisungsrechte deshalb möglicherweise (nur) mit gewissen Einschränkungen ausgeübt werden (BSG, Urt. v. 17.12.2002, - B 7 AL 34/02 R - m.w.N.). Für die Abgrenzung des sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit Entgeltzahlung von der nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit sind alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich (BSGE 3, 30, 39 ff.; 19, 1, 4 ff. = SozR Nr. 31 zu § 165 RVO; BSGE 74, 275, 278 ff. = SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11 S. 30; und s. auch Urteil v. 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -). Im einzelnen (so BSGE 74, 275) kann auf die Rechtsprechung zum Beschäftigungsverhältnis zwischen nahen Verwandten zurückgegriffen werden. Diese wurde mit dem Urteil des BSG vom 5.4.1956 (BSGE 3,30,40 "Meistersohn") eingeleitet und ist sodann fortgeführt worden (BSGE 12, 153, 156 = SozR Nr. 18 zu § 165 RVO; 17, 1, 3 ff. = SozR Nr. 41 zu § 165 RVO; SozR 2200 § 165 Nr. 90).
Danach setzt ein Beschäftigungsverhältnis neben der Eingliederung des Familienangehörigen in den Betrieb mit einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass ein Entgelt gezahlt wird, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Es muss über freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgehen. Abzustellen ist weiter darauf, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Ist all das der Fall, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Familienangehörige, auch der Ehegatte, auf das Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, wenngleich dies die Abhängigkeit des Beschäftigten indizieren kann (vgl. BSG SozR - 2200 § 165 Nr. 90; BSG, Urt. v. 23.6.1994, - 12 RK 50/93 -). Indizwirkung kann auch der Höhe des gezahlten Entgelts zukommen (BSG, Urt. v. 17.12.2002 (- B 7 AL 34/02 R -). Allerdings schließt eine - auch erheblich - untertarifliche Bezahlung des Verwandten ein Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus (vgl. auch BSG, Urt. v. 12.9.1996 - 7 RAR 120/95 - ).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend kann die Tätigkeit, die die Klägerin seit 1.1.1987 im Betrieb des Beigeladenen Nr. 3 ausgeübt hat bzw. ausübt, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden; der Senat teilt insoweit die Einschätzung des Sozialgerichts.
Gegen die Einstufung der Klägerin als Mitunternehmerin neben ihrem Ehemann, dem Beigeladenen Nr. 3, spricht in unternehmensrechtlicher Hinsicht zunächst maßgeblich, dass sie am Unternehmen nicht beteiligt ist und deshalb nicht über die Rechtsmacht verfügt, Unternehmensentscheidungen zu treffen oder Unternehmensentscheidungen des Beigeladenen Nr. 3 zu verhindern. Ein Unternehmerrisiko trägt sie demzufolge nicht, auch wenn der Betrieb des Beigeladenen Nr. 3 die wirtschaftliche Grundlage der Familie bildet und ihr Arbeitsplatz von dessen Fortbestand abhängt. Eine Gütergemeinschaft mit der Zuordnung des Unternehmens zum Gesamtgut (§ 1416 BGB) ist nicht begründet worden, vielmehr leben die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, woraus der Klägerin eine Mitinhaberschaft am Unternehmen des Beigeladenen Nr. 3 nicht erwächst (vgl. § 1363 Abs. 2 BGB). Demgegenüber fällt nicht ins Gewicht, dass sie für Kredite, die der Beigeladene Nr. 3 aufgenommen hat, mithaftet. Insoweit sei, ohne dass es für den Senat entscheidungserheblich darauf ankäme, darauf verwiesen, dass die Mithaftung für Verbindlichkeiten des Ehegatten für sich allein die Stellung eines Mitunternehmers und den sozialversicherungsrechtlichen Status des selbständig Erwerbstätigen nicht begründen kann.
In arbeitsrechtlicher Hinsicht lag der Tätigkeit der Klägerin ein schriftlicher Arbeitsvertrag (vom 10.3.1990) zugrunde, in dem für Arbeitsverhältnisse typische Regelungen getroffen sind. So wurde für die Arbeit der Klägerin als vollbeschäftigte Büroangestellte ein festes Monatsgehalt in Höhe von 2.330 DM zuzüglich 46 DM Arbeitgeberanteil zu vermögenswirksamen Leistungen vereinbart, das weder als Taschengeld noch als (bloße) Anerkennung für Gefälligkeiten abgetan werden kann und das ungeachtet dessen, ob es als ortsüblich anzusehen wäre oder dem einschlägigen Tariflohn entspräche (vgl. BSG, Urt. v. 12.9.1996, - 7 RAR 120/ 95), als angemessener Gegenwert für die geleistete Arbeit anzusehen ist. Außerdem wurden ein Urlaubsanspruch (23 Arbeitstage), eine Kündigungsfrist (6 Wochen zum Quartalsende) und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall festgelegt. Im für die Zeit ab 1.4.1991 abgeschlossenen Arbeitsvertrag wurden die regelmäßige Arbeitszeit auf 10 Stunden wöchentlich und das Bruttogehalt auf die 460 DM vermindert. Vom Gehalt der Klägerin hat man – wie bei Angestellten üblich – Lohnsteuer abgeführt und man hat das Gehalt als Betriebsausgabe verbucht. Schließlich hat die Klägerin eine fremde Arbeitskraft ersetzt. All das belegt das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.
Schließlich hat die Klägerin mit der eigenverantwortlichen Erfüllung der ihr aufgetragenen Arbeit (wie Büro-, Bank- und Steuerangelegenheiten) allenfalls Aufgaben einer leitenden Angestellten wahrgenommen, die im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R) naturgemäß weitgehend frei von Einzelweisungen des Unternehmers erfüllt werden. Dass sie hierfür – und sei es als einzige im Unternehmen - über die notwendigen Kenntnisse verfügen musste, versteht sich von selbst und ist für leitende Angestellte typisch. Über die Befugnis, nach außen für das Unternehmen auftreten zu dürfen, verfügen leitende Angestellte regelmäßig, sofern dies zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung erforderlich ist; das gilt auch für die jeweils notwendigen Vollmachten. Dass die Klägerin Urlaub mit ihrem Ehemann, dem Beigeladenen Nr. 3 und Betriebsinhaber, abstimmt, besagt für ihren sozialversicherungsrechtlichen Status ebenso wenig wie ihr Auftreten als "Chefin".
Schließlich soll - auch wenn es für den Senat entscheidungserheblich darauf nicht mehr ankommt - im Hinblick auf das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass die Tätigkeit der Klägerin gegenüber den Sozialversicherungsträgern durchweg über lange Jahre als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung behandelt worden war. So wurde sie von Anfang an als abhängig Beschäftigte angemeldet und man hat neben der Lohnsteuer regelmäßig den Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt. Der Senat verkennt nicht, dass die tatsächliche Beitragsabführung Rückschlüsse auf das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht erlaubt (BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -). Gleichwohl tritt in der langjährigen Handhabung der Tätigkeit, die die Klägerin im Unternehmen des Beigeladenen Nr. 1 ausgeübt hat, eine Selbsteinschätzung des sozialversicherungsrechtlichen Status hervor, die das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses jedenfalls unterstreicht, mag es hierauf für das Gesamtbild der Arbeitsleistung auch nicht mehr ausschlaggebend ankommen. Das Unterfangen, nunmehr im Nachhinein die Sozialversicherungsbeiträge von der Solidargemeinschaft der Versicherten wieder "zurückzuholen", kann damit nicht gelingen.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved