L 9 R 4041/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 788/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4041/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1961 geborene Klägerin, eine türkischsprachige Griechin, die seit 1990 in Deutschland lebt, hat keine Berufsausbildung absolviert und war ab März 1991 als Maschinenarbeiterin bei der Firma Josef Schnee KG, Kunststoff- und Metallwarenfabrik, beschäftigt. Am 31. März 2004 erfolgte eine ambulante Operation wegen eines entzündlichen Reizzustandes des Sehnengleitgewebes im 1. Strecksehnenfach der linken Hand. Danach war die Klägerin wegen postoperativen Beschwerden im linken Handgelenk arbeitsunfähig und bezog in der Folge bis 19. Juni 2005 Sozialleistungen (Kranken- bzw. Übergangsgeld) und vom 20. Juni 2005 bis 29. Juni 2006 Arbeitslosengeld (Versicherungsverlauf vom 5. Juni 2009). Am 2. Januar 2008 hat sie ihre Arbeit bei der Firma J. S. KG wieder aufgenommen.

Die Beklagte gewährte der Klägerin eine stationäre Heilbehandlung in der Rehabilitationsklinik H. vom 26. Oktober bis 16. November 2004 (Tendovaginitis stenosans [de Quervain] links, postoperativ anhaltende Beschwerden im linken Handgelenk, Schmerzverarbeitungsstörung, Übergewicht, passagere Hypercholesterinämie; Entlassung als arbeitsunfähig, Tätigkeiten als Maschinenarbeiterin am Schweißautomat sowie mittelschwere körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung seien nach aktuellem Organbefund sechs Stunden und mehr möglich, derzeit bestehe eine psychisch bedingte Gebrauchsminderung der linken Hand). Ferner erfolgte eine stationäre Heilbehandlung in der Reha-Klinik S. vom 11. Mai bis 1. Juni 2005 (Verdacht auf Neurodystrophie linke Hand, arterielle Hypertonie, Übergewicht, Hypercholesterinämie; Entlassung als arbeitsfähig, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne monoton repetitive Belastung der linken oberen Extremität seien sechs Stunden und mehr möglich, ansonsten keine Einschränkungen).

Am 28. Juni 2005 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. September 2005 und - nach Widerspruch der Klägerin, mit welchem diese geltend machte, sie sei wegen einer chronischen Tenosynovitis und einem Morbus Sudeck III. Grades mit Beschwerden in der linken Hand, Taubheitsgefühl und Gelenkversteifung als Linkshänderin zu einer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage - Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2006 ab. Leichte Arbeiten mit Bewegen von Gewichten bis maximal zwei kg seien mindestens sechs Stunden täglich möglich. Es liege lediglich eine eingeschränkte Belastbarkeit der linken Hand und des linken Handgelenks mit zwei kg vor.

Neben den Heilverfahren-Entlassungsberichten und u. a. einem von der Klägerin vorgelegten Attest des Dr. K. vom 29. September 2005 (laufende Behandlung wegen chronischer Tenosynovitis und Morbus Sudeck der linken Hand) lag den Entscheidungen das Gutachten des Internisten und Sozialmediziners Dr. Müller vom 30. August 2005 (abgeklungene, allenfalls leichtgradige Neurodystrophie der linken Hand, weiterhin kein Hinweis auf typische Sudeck’sche Veränderungen; die bisherige berufliche Tätigkeit [Herstellung von Spülmaschinenkörben] erfordere kein schweres Heben, leichte Tätigkeiten, auch die zuletzt ausgeübte, seien sechs Stunden und mehr möglich, es bestehe nur eine eingeschränkte Belastbarkeit der linken Hand und des linken Handgelenks auf zwei kg, wobei sich die Klägerin als Linkshänderin auf die rechte Hand umgewöhnt habe) zu Grunde. Weitere Grundlage war ein Gutachten des Orthopäden Dr. B. vom 3. Januar 2006 (abgelaufener Morbus Sudeck am linken Arm, klinisch vollständig zurückgebildet, es bestehe ein deutlicher Hinweis für ein Rezidiv der Sehnenentzündung, wobei die ambulanten Maßnahmen nicht ausgeschöpft seien und zuvor nicht von einem sozialmedizinisch erheblichen Krankheitswert auszugehen sei; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien sechs Stunden und mehr möglich).

Deswegen hat die Klägerin am 28. Februar 2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und geltend gemacht, sie sei wegen einer chronischen Tenosynovitis und einem Morbus Sudeck im Stadium III zu einer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage.

Das SG hat Dr. K. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat am 26. April 2006 über die durchgeführten Behandlungen und die erhobenen Befunde berichtet. Der Leistungsbeurteilung durch Dr. B. stimme er nicht zu. Auf Grund der chronischen Reflexdystrophie sei seines Erachtens das Leistungsvermögen "zurzeit" aufgehoben. Es bestehe eine eingeschränkte Greiffunktion der Hand und es bestünden vasovagale Reaktionen sowie Ruheschmerzen.

Das SG hat ferner ein Sachverständigengutachten des PD Dr. P., Chefarzt der Klinik für Unfall- und Handchirurgie des Hegau-Klinikums S., vom 22. September 2006 eingeholt. Dort hat die Klägerin angegeben, sie könne ihren Haushalt führen. Der Sachverständige hat keine auffällige Muskelminderung zwischen rechts und links gefunden und nach längerem Herabhängen hat sich keine rötliche oder bläuliche Verfärbung des linken Unterarms oder der linken Hand im Vergleich zu rechts gezeigt. Die Haut war seitengleich warm und trocken, wirkte gut durchblutet und es zeigten sich keine Schwellung und kein Ödem bei beidseits vollständigem und kräftigem Faustschluss. Der Sachverständige hat ein Rezidiv einer Tendovaginitis bzw. Sehnenscheidenentzündung im ersten Strecksehnenfach links sowie die Irritation eines Hautnervenastes im Bereich der Narbe nach der Operation und eine verbliebene Überempfindlichkeit im Narbenbereich mit Sensibilitätsstörungen diagnostiziert. Prinzipiell seien alle beruflichen Tätigkeiten möglich, wobei Aktivitäten, die die aktive Streckung des Daumens notwendig machten, schmerzhaft seien. Die Klägerin könne täglich sechs Stunden und mehr leichte Erwerbstätigkeiten ausüben. Die Symptomatik bestehe seit 2003 in wechselnder Ausprägung. Dr. B. stimme er zu. Er habe bei der Untersuchung keine typischen Symptome eines Morbus Sudeck erhoben und auch Dr. K. habe keine entsprechenden Befunde geschildert. Allerdings sei eine milde Form des Morbus Sudeck nicht auszuschließen. Bei seiner Untersuchung vom 31. August 2006 habe sich jedoch kein Befund des Stadiums III ergeben.

Die Beklagte hat eine rentenrechtlich relevante Leistungsminderung nicht für nachgewiesen erachtet und eine Stellungnahme von Dr. S. vom 3. Juli 2006 vorgelegt. Er hat darauf hingewiesen, dass die Untersuchungsbefunde im Rahmen der stationären Behandlung in der Klinik Sonnenhalde im Mai 2005 keine gravierenden Befunde im Bereich der linken Extremität ergeben hätten. Zum damaligen Zeitpunkt sei lediglich ein schmerzhaftes Strecken und Beugen im Handgelenk vorhanden gewesen. Bei Bewegungen speichenwärts oder ellenwärts seien keine Beschwerden vorhanden gewesen, auch keine Schwellung, keine Überwärmung und keine livide Verfärbung der Hand; ferner sei der Faustschluss zu diesem Zeitpunkt auch vollständig und kraftvoll und die Beugung der linken Hand streckseitig nur endgradig eingeschränkt gewesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 19. Juli 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da die Klägerin nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren sei. Im Übrigen könne sie Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Sachverständigengutachten von PD Dr. P. und dem Gutachten von Dr. B ... Ob die Klägerin die Tätigkeit als Maschinenbedienerin wieder verrichten könne, könne dahinstehen. Im Übrigen habe PD Dr. P. keine Symptome erhoben, die dem Krankheitsbild des Morbus Sudeck üblicherweise zugeordnet würden und habe auch Dr. K. niemals eine typische Sudeck´sche Dystrophie in allen Symptomen bei der Klägerin beschrieben. Gegen den am 27. Juli 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17. August 2007 Berufung eingelegt.

Der Senat hat Dr. K. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat am 16. April 2008 über die erhobenen Befunde berichtet, so am 26. April 2006 kraftlose Hand, ballonvigorimetrische Messung beim Faustschluss rechts 0,3 Bar, links 0,0 Bar, lokal umschriebener Druckschmerz über dem ersten Strecksehnenscheidenfach nach operativ behandelter Tendovaginitis Stenosans de Quervain. Am 11. April 2004 sei eine Kalksalzminderung der linken Hand dokumentiert. Es bestehe ein Morbus Sudeck mit einer Ausprägung von Grad II bis III. Nach der Behandlung bestünden weiter persistierende Schmerzen des rechten Handgelenks und des Unterarmes links ohne Beeinflussbarkeit durch Gabe nichtsteroidaler Antiphlogistika.

Ferner hat der Senat ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Chirurgie, Plastische Chirurgie/Handchirurgie Dr. P. vom 22. Dezember 2008 eingeholt. Er ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, im Bereich der linken Hand und des linken Handgelenkes fänden sich eine Irritation eines Hautnervenastes im Bereich der Narbe nach operativer Spaltung des ersten Strecksehnenfaches und verbliebener Überempfindlichkeit im Normbereich sowie Sensibilitätsstörungen streckseitig radial und in minderer Ausprägung ulnar über dem Daumenstrahl. Es bestünden einschießende Schmerzen bei der Handgelenksbewegung links vorwiegend bei der ellenwärtigen und hohlhandwärtigen Bewegung, ferner eine deutliche Kraftminderung und deutliche Einschränkung der Bewegungsgeschwindigkeit hinsichtlich der Feinmotorik der linken im Vergleich zur rechten Hand als Folgezustände eines durchlebten komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS). Prinzipiell sei eine leichte Tätigkeit ohne schweres Leben und Tragen von Lasten über drei kg zu bevorzugen. Eine Akkordarbeit und eine Arbeit mit der Notwendigkeit der vollen Feinmotorik beider Hände sei nicht möglich. Seit 2. Januar 2008 gehe die Klägerin einer einfachen Tätigkeit in einem Betrieb zur Herstellung von Spülmaschinenkörben nach, wobei sie die Spitzen von Metallstücken abrunden müsse. Da sie nun im Schichtbetrieb täglich 7,5 bis acht Stunden arbeite und danach keinerlei weitere Tätigkeiten möglich seien, bestehe die Notwendigkeit einer Reduktion der Arbeitszeit auf maximal sechs Stunden, die durch ausreichende Pausen unterbrochen werden sollte. Betriebsunübliche Pausen seien sicherlich notwendig, sodass eine volle Stunde als Arbeitszeit am Stück nicht überschritten werde. Wann die Besserung des Akutzustandes des CRPS eingetreten sei, lasse sich nach Aktenlage nicht genau feststellen. Da die Klägerin erst seit dem 2. Januar 2008 die Arbeit im alten Betrieb an einem anderen Arbeitsplatz aufgenommen habe, gehe er davon aus, dass die Leistungsfähigkeit seit 31. März 2004 deutlich gemindert gewesen und es durch die Behandlungen zu einer Besserung gekommen sei.

Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, das Gutachten von PD Dr. P. sei nicht schlüssig. Demgegenüber bleibe Dr. K. bei seiner Einschätzung. Ferner hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe nun auch Beschwerden an der rechten Hand und sei deswegen bei Dr. K. in Behandlung. Sie nehme keine Schmerzmittel oder Medikamente wegen der Beschwerden. Sie sei nicht (mehr) arbeitslos gemeldet und im Haushalt könne sie nur leichte Tätigkeiten verrichten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie eine schriftliche "Ermahnung" vom 27. März 2009 und eine Abmahnung vom 22. April 2009 ihres Arbeitgebers vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2006 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hierzu hat sie Stellungnahmen von Dr. S. vom 27. Mai 2008 und 27. Februar 2009 vorgelegt. Er hat ausgeführt, Dr. K. gebe den Befund vom April 2006 wieder, der mittlerweile zwei Jahre alt sei. Es könne sein, dass damals die Funktion der Hand eingeschränkt gewesen sei. Ferner sei von Dr. K. eine Muskelminderung im Jahr 2004 beschrieben. Demgegenüber seien nach dem Gutachten von PD Dr. P. auch links sämtliche Griffarten möglich und ein vollständiger Faustschluss durchführbar sowie eine freie Fingerstreckung nachweisbar gewesen. Es zeigten sich auch keine Differenzen im Bereich des linken zum rechten Arm und keine Muskelverschmächtigungen mehr. Aktuell sei die Funktion der Finger bzw. Hände vorhanden. Dr. K. habe aktuell keine anderslautenden Befunde mitgeteilt. Zu meiden seien lediglich stärkere Belastungen der linken Hand. Zu dem vom Senat eingeholten Gutachten hat Dr. S. am 27. Februar 2009 ausgeführt, Dr. P. gebe am Ende des Gutachtens ein Leistungsvermögen von sechs Stunden für leichte bis mittelschwere Arbeiten an. Leichte Arbeiten seien sechs Stunden und mehr möglich. Zu meiden seien besondere Belastungen der linken Hand ohne ständig sich wiederholende monotone Bewegungen und die Vermeidung von Zwangshaltungen. Eine quantitative Leistungseinschränkung von unter sechs Stunden werde auch von Dr. P. nicht gesehen. Die persönlichen Verteilzeiten von fünf bis sieben Minuten pro Arbeitsstunde seien ausreichend, weswegen zusätzliche betriebsunübliche Pausen nicht erforderlich seien. Ferner hat die Beklagte einen Versicherungsverlauf vom 5. Juni 2009 vorgelegt, auf den bezüglich der versicherungsrechtlichen Zeiten verwiesen wird.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (seit 1. Januar 2008: bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - u. a. - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist gemessen daran nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert, da sie zumindest einfache leichte Tätigkeiten wenigstens sechs Stunden täglich verrichten konnte und verrichten kann. Ob sie die zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im März 2004 ausgeübte Tätigkeit noch verrichten konnte und verrichten kann, ist unerheblich.

Der Senat sieht es nicht als nachgewiesen an, dass die Klägerin seit der Entlassung aus der Reha-Klinik S. und seit ihrem Rentenantrag im Juni 2005 außerstande war, leichte einfache Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Im Vordergrund stehen die funktionellen Einschränkungen im Bereich der linken Hand und des linken Armes, wobei dahinstehen kann, ob es sich dabei um eine Neurodystrophie bzw. einen Morbus Sudeck gehandelt hat bzw. ein CRPS oder eine Reflexdystrophie (CRPS ist die zusammenfassende Bezeichnung für Krankheitsbilder, die die Extremitäten betreffen, sich nach einem schädigenden Ereignis entwickeln und durch anhaltenden Schmerz mit Störungen des vegetativen Nervensystems, der Sensibilität und der Motorik gekennzeichnet sind, wobei der Typ I früher als sympathische Reflexdystrophie bezeichnet wurde, nun auch als Sudeck-Syndrom - vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage) als Folge der operativen Behandlung einer Tendovaginitis de Quervain im linken Handgelenk handelt. Maßgeblich sind nämlich die funktionellen Einschränkungen und nicht die Diagnose. Unabhängig davon ist festzustellen, dass die Diagnose eines Morbus Sudeck nach wie vor zweifelhaft ist, was jedoch aus vorgenannten Gründen dahinstehen kann. Jedenfalls ist ein Morbus Sudeck im Grad II bzw. III nicht nachgewiesen. Soweit Dr. K. hiervon ausgegangen ist, stellt der Senat fest, dass weder die Ärzte, die die Klägerin im Rahmen der durchgeführten stationären Heilverfahren untersucht und behandelt haben, noch die von der Beklagten beauftragten Gutachter und auch nicht der vom SG zugezogene Sachverständige PD Dr. P. entsprechende gravierende Befunde objektiviert haben. Nach dem Organbefund bestand gemäß dem Heilverfahren-Entlassungsbericht der Rehabilitations-Klinik Höhenblick keine wesentliche Einschränkung. Es wurde lediglich "eine psychisch bedingte Gebrauchsminderung der linken Hand" gesehen. Während der Heilbehandlung in der Rehabilitationsklinik Sonnenhalde wurden klinisch und röntgenologisch keine typischen Sudeck-Veränderungen gefunden. Es fanden sich gemäß dem Entlassungsbericht vom 1. Juni 2006 bei mehrfachen Untersuchungen, auch bei Belastung des linken Handgelenks, keine Schwellneigung und keine Weichteilveränderungen. Der Orthopäde Dr. B. ist auf Grund des erhobenen Befundes von einem radiologisch und klinisch jedenfalls vollständig zurückgebildeten Morbus Sudeck ausgegangen. Die von ihm erhobene rezidivierende Sehnenscheidenentzündung war noch nicht ausreichend therapiert. Auch PD Dr. P. hat keine auffällige Muskelminderung zwischen rechts und links gefunden und nach längerem Herabhängen hat sich keine rötliche oder bläuliche Verfärbung des linken Unterarms oder der linken Hand im Vergleich zu rechts gezeigt, die Haut war seitengleich warm und trocken, hat gut durchblutet gewirkt und es haben sich keine Schwellung und kein Ödem bei beidseits vollständigem und kräftigem Faustschluss gezeigt. Der Sachverständige hat auch ein Rezidiv einer Tendovaginitis, also einer Sehnenscheidenentzündung, im ersten Strecksehnenfach links diagnostiziert sowie die Irritation eines Hautnervenastes im Bereich der Narbe nach der Operation und eine verbliebene Überempfindlichkeit im Narbenbereich mit Sensibilitätsstörungen. Demgegenüber hat Dr. K. objektive Befunde, mit Daten ihrer Erhebung, die eine länger anhaltende Reflexdystrophie bzw. einen Morbus Sudeck belegen, in seiner Aussage vor dem SG nicht angegeben und auch nicht bei seiner Aussage vom 16. April 2008 gegenüber dem Senat mitgeteilt.

Ausgehend von den funktionellen Einschränkungen ergibt sich für den Senat, dass die Klägerin -von vorübergehenden bzw. vorübergegangenen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - zumindest leichte einfache Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich verrichten konnte und kann. Dies ergibt sich übereinstimmend aus den Heilverfahren-Entlassungsberichten, den von der Beklagten eingeholten Gutachten des Dr. M. und des Dr. B. sowie dem vom SG eingeholten Sachverständigengutachten des PD Dr. P ... PD Dr. P. hat überzeugend dargelegt, dass alle beruflichen Tätigkeiten möglich sind, wobei Aktivitäten, die die aktive Streckung des Daumens notwendig machen, schmerzhaft sind, die Klägerin jedoch täglich sechs Stunden zumindest leichte Erwerbstätigkeiten ausüben kann. Auch der vom Senat gehörte Sachverständige Dr. P. hat letztlich das Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten (am Ende seines Gutachtens sogar für mittelschwere Tätigkeiten) - ohne repetitive Bewegung und Belastung mit mehr als zwei kg der linken Hand - mit sechs Stunden arbeitstäglich eingeschätzt. Soweit hiervon abweichend Dr. K. eine dauerhafte und anhaltende quantitative Leistungsminderung angenommen hat, fehlt es zum einen an objektiven Befunden, die dies stützen würden, zum anderen ist diese Einschätzung durch die Untersuchungsbefunde in der Rehaklinik S., des Dr. M., des Dr. B., des PD Dr. P. und schließlich auch des Dr. P. widerlegt. Nicht vereinbar mit einer entsprechenden Einschränkung ist auch die Tatsache, dass die Klägerin - ohne dies dem Gericht unmittelbar mitzuteilen - seit Januar 2008 bei ihrem früheren Arbeitgeber wieder beschäftigt ist und 7,5 bis acht Stunden täglich arbeitet. Die Klägerin kann somit zumindest leichte Tätigkeiten ohne besondere Belastung der linken Hand, wie - ohne dass es der Benennung einer beruflichen Tätigkeit hier bedürfte - leichte Aufsichts-, Kontroll- und Sortiertätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausführen. Soweit Dr. P. davon ausgeht, dass das Leistungsvermögen in der Vergangenheit längere Zeit weitergehend und auch quantitativ eingeschränkt gewesen sei, überzeugt diese Einschätzung nicht. Wie er selbst einräumt, ist die Beurteilung für die Vergangenheit bzw. abgelaufene Zeiträume schwierig, zum anderen fehlt es an hinreichenden objektiven Befunden, die diese Einschätzung tragen würden. Deshalb sind die in der Vergangenheit vorgenommenen Leistungsbeurteilungen anlässlich der stationären Heilbehandlungen und der Begutachtungen durch Dr. M., Dr. B. und PD Dr. P., denen persönliche Untersuchungen der Klägerin zu Grunde lagen, für den Senat überzeugender als die rückblickende Einschätzung des Dr. P ...

Angesichts dessen kann der Senat nicht feststellen, dass ein Leistungsvermögen von unter sechs Stunden vorgelegen hat und vorliegt.

Soweit Dr. P. - ohne nähere Begründung - vom Erfordernis betriebsunüblicher Pausen, dass nämlich eine volle Stunde als Arbeitszeit am Stück nicht überschritten wird, ausgeht, begründet diese Einschätzung keinen Rentenanspruch. Die medizinischen Befunde rechtfertigen jedenfalls nach der den Senat überzeugenden Beurteilung des Dr. S., die als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertbar war und der der Senat folgt, keine über die betriebsüblichen Verteilzeiten von fünf bis sieben Minuten pro Stunde hinausgehende Notwendigkeit weiterer Pausen.

Eine weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens, die einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung begründen würde, ergibt sich auch nicht aus der zuletzt vorgelegten schriftlichen "Ermahnung" und der Abmahnung des Arbeitgebers der Klägerin. Soweit darin - bei einem Arbeitstag von 7, 5 bis 8 Stunden - an einzelnen Arbeitstagen im März und April 2009 Leistungsgrade zwischen 79% und 87% als zu gering gerügt werden, belegt dies keine krankheitsbedingte Leistungsminderung, die einen Rentenanspruch begründet. Insbesondere auch deshalb, weil auf die konkret von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit nicht abzustellen ist, sondern auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den die Klägerin verweisbar ist.

Somit ist die Klägerin weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert. Da die Beklagte deshalb zu Recht die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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