Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 5171/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4503/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.6.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1965 geborene Klägerin, türkische Staatsangehörige, lebt seit 1972 in Deutschland. Zuletzt (bis Juni 2003) war sie als Maschinenbedienerin versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 21.12.2004 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung; sie halte sich wegen orthopädischer Leiden und einer Depression für erwerbsgemindert. Zuvor hatte sie vom 16.4. bis 28.5.2003 eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Z.-Klinik, St. B., absolviert. Im Entlassungsbericht vom 11.6.2003 wird die Klägerin für fähig erachtet, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) sechs Stunden täglich und mehr zu verrichten.
Die Beklagte zog Arztunterlagen bei (u.a. Entlassungsbericht der L.klinik, Bad-D., vom 25.4.2006 über eine stationäre Rehabilitationsbehandlung vom 2.3. bis 25.4.2006: leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich und mehr möglich) und erhob die Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. U. vom 3.6.2005 sowie des Chirurgen Dr. L. vom 7.6.2005.
Dr. U. führte aus, der Tagesablauf der Klägerin sei nach eigenen Angaben ausreichend strukturiert; sie kümmere sich ohne fremde Unterstützung um Familie und Haushalt. Der Gutachter diagnostizierte eine leichte depressive Episode bei Partnerschaftskonflikt. Deswegen sei es zu gelegentlichen nervenärztlichen Kontakten und seit März 2003 zu einer thymoleptischen Medikation gekommen; die laborchemische Untersuchung habe allerdings einen unterhalb des therapeutischen Bereichs liegenden Spiegel des Antidepressivums ergeben, weshalb von unregelmäßiger bzw. unzureichender Einnahme auszugehen sei. Aus nervenärztlich-sozialmedizinischer Sicht bestünden keine wesentlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Dr. L. diagnostizierte auf orthopädischem Fachgebiet belastungsabhängige Kniegelenksbeschwerden ohne Reizzustand oder Funktionseinbußen, Hüftgelenksbeschwerden links ohne Funktionseinbußen sowie anamnestisch ein Wirbelsäulensyndrom ohne aktuelle Beschwerden, ohne Funktionseinbußen, ohne Wurzelreizsymptome oder neurologische Ausfälle. Typische Wirbelsäulenbeschwerden würden trotz Nachfrage nicht beschrieben. Bei der Klägerin bestehe ein über 6-stündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten (ohne besonderen Zeitdruck, ohne Nachtschicht, nicht überwiegend in kniender oder hockender Position, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen).
Mit Bescheid vom 13.6.2005 (Verwaltungsakte S. 181) lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der dagegen (ohne Begründung) eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2005 zurückgewiesen.
Am 20.12.2005 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe. Zur Begründung trug sie vor, wegen psychischer und physischer Leiden, wie Schmerzen am Bewegungsapparat, sei sie in ihrer Erwerbsmöglichkeit stark eingeschränkt.
Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (Bericht Dr. A. vom 24.10.2006: Leistungsfähigkeit maximal drei Stunden täglich; Dr. Lö., Orthopäde, Bericht vom 24.10.2006: seit 1.6.2004 zwei Sprechstundenkontakte am 28.7. und 28.11.2005, seinerzeit Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich; Dr. H., Psychiater, Bericht vom 14.11.2006: letzte Konsultation am 7.9.2006, Leistungsfähigkeit maximal vier Stunden täglich) und erhob die Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. vom 21.3.2007 , des Orthopäden Dr. J. vom 7.5.2007 und auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Gutachten des Orthopäden Dr. Bö. vom 4.12.2007 und des Neurologen und Psychiaters Dr. Be. vom 12.3.2008.
Dr. Sch. diagnostizierte auf nervenärztlichem Fachgebiet eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig mit Chronifizierungsneigung vor dem Hintergrund schwieriger psychosozialer Lebensumstände sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit Klagen über Schmerzen im Bereich der HWS, LWS, der Hüften, auch des linken Ellenbogens und der Fersen sowie der Handgelenke. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne die Klägerin (unter qualitativen Einschränkungen) bei konsequenter psychiatrisch-psychotherapeutischer Begleitung nach wie vor sechs bis unter acht Stunden täglich verrichten.
Dr. J. fand auf orthopädischem Fachgebiet eine diskrete Fehlstatik der Wirbelsäule ohne Funktionseinschränkung, eine computertomographisch nachgewiesene Bandscheibenvorwölbung L5/S1 ohne Nervenwurzelkompression, Coxalgie links ohne Funktionseinschränkung der Hüftgelenke, einen minimalen Reizzustand am linken Kniegelenk sowie Spreizfuß beidseits mit Abflachung des Fußquergewölbes, Krallenzehen D II beidseits. Leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten könne die Klägerin (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig verrichten. Sie sei auch wegefähig.
Der Orthopäde Dr. Bö. hielt im gemäß § 109 SGG erhobenen Gutachten folgende Diagnosen fest: chronisches Halswirbelsäulensyndrom bei leichter Fehlstatik und Gefügelockerung mit Tendenz zu cephalgieformen Beschwerden durch Wirbelgelenksblockierungen und allgemeiner Bindegewebsschwäche, chronisches Brustwirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik und Zustand nach juveniler Wirbelkörperaufbaustörung mit zwei Keilwirbeln und sekundären Verschleißzeichen, verstärkt an Wirbelgelenken, insgesamt ohne wesentliche Funktionsminderung, chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik und Gefügelockerung, sowie Zustand nach medialem Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1, mit funktionell schmerzhafter Beeinträchtigung, Knochentumor am linken Oberarm unklarer Genese, ohne funktionelle Störungen in den angrenzenden Gelenken, beginnendes Verschleißgeschehen in beiden Hüftgelenken, links etwas stärker als rechts, mit leichten Funktionseinschränkungen, beginnendes Verschleißgeschehen im medialen Kniegelenkscompartement links, ohne Funktionsbeeinträchtigung, Knick-Senk-Spreizfuß mit leichter Metatarsalgie und Haglundfersen beidseits sowie leichten Belastungsbeschwerden, dringender Verdacht auf ganzkorporal-somatoforme Schmerzstörung. Der Klägerin seien leichte körperliche Handarbeiten, möglichst in Heimarbeit, zumutbar. Dr. Sch. sei insoweit zuzustimmen, als er die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit hauptsächlich auf psychiatrischem Fachgebiet sehe. Die Empfehlung einer Arbeitsleistung in Heimarbeit von drei bis vier Stunden täglich stehe vor dem Hintergrund des schwelenden Beziehungskonflikts; hierdurch wäre der familiären Situation am besten Rechnung getragen.
Dr. Be. fand im gem. § 109 SGG erhobenen Gutachten keine durchgängig tiefergehende depressive Verstimmung; die affektive Schwingungsfähigkeit sei nicht wesentlich eingeschränkt, der Antrieb nur leicht gemindert. Der Gutachter diagnostizierte (im Wesentlichen) eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig eher leicht- als mittelgradig, eine somatoforme Schmerzstörung, Migräne mit seltenen Kopfschmerzattacken sowie episodischen Spannungskopfschmerz. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen bei begleitender psychotherapeutischer Behandlung) sechs Stunden täglich verrichten. Seit der Begutachtung durch Dr. Sch. im März 2007 sei eine gewisse Besserung eingetreten.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Sozialmediziners Dr. Schl. vom 28.4.2008 vor. Darin ist (u. a.) ausgeführt, der von Dr. Bö. erhobene Befund des Bewegungsapparats zeige, dass keine ernsthaften oder schwerwiegenden Funktionseinschränkungen festzustellen seien. Auf orthopädischem Fachgebiet liege nichts höhergradig Einschränkendes vor. Die Leistungseinschätzung des Dr. Bö. (drei bis vier Stunden täglich) sei nicht nachvollziehbar.
Mit Urteil vom 24.6.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da sie Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bedingten qualitative, jedoch keine quantitativen Leistungseinschränkungen. Das gehe aus den Gutachten der Dres. Sch. und Be. hervor. Entsprechendes gelte für Erkrankungen des orthopädischen Fachgebiets. Insoweit sei das schlüssige Gutachten des Dr. J. maßgeblich. Der abweichenden Einschätzung des Dr. Bö. fehle eine tragfähige orthopädische Begründung; sie könne daher nicht überzeugen.
Auf das ihr am 5.9.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.9.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen und hat außerdem einen Entlassungsbericht der A. Klinik (Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie), O., vom 22.8.2008 über eine stationäre Behandlung vom 10.6. bis 19.8.2008 sowie einen Entlassungsbericht des Klinikum N. vom 21.1.2009 über eine stationäre Behandlung vom 26.8. bis 31.10.2008 vorgelegt; hieraus ergebe sich eine gravierende Leistungseinschränkung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.6.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2005 zu verurteilen, ihre Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Im Entlassungsbericht der A. Klinik sind (auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet) die Diagnosen rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, abhängige Persönlichkeitsstörung und sonstige andauernde Persönlichkeitsstörung festgehalten. Gegen Ende der Therapie habe sich die depressive Symptomatik rückläufig gezeigt. Die Klägerin werde arbeitsunfähig entlassen. Zur Stabilisierung des bisher Erreichten werde die Fortführung der ambulanten Therapie und der Besuch von Selbsthilfegruppen empfohlen. Im Entlassungsbericht des Klinikum Nordschwarzwald ist eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome diagnostiziert. Zwei Tage nach der Entlassung aus der A. Klinik sei die Klägerin wegen Schwierigkeiten bei der Antragstellung auf dem Arbeitsamt in einen Zustand massiver psychischer Erregung geraten, habe das Personal beschimpft und mit einem Glas geworfen; daraufhin sei eine stationäre Aufnahme erfolgt. Von akuter Suizidalität habe sich die Klägerin glaubhaft distanziert.
Beklagte hat die beratungsärtzliche Stellungnahme des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. Schl. vom 16.4.2009 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, der behandelnde Nervenarzt habe schon kurz nach der Begutachtung durch Dr. Be. eine Aufnahme der Klägerin in die A. Klinik angeregt, dieser jedoch nur wenige medizinische Vorunterlagen zur Verfügung gestellt, weshalb sich die Klinik offensichtlich ausschließlich auf Angaben der Klägerin habe verlassen müssen. Insbesondere habe die Klägerin offenbar die in der Vergangenheit durchgeführten psychosomatischen Rehabilitationsbehandlungen nicht mitgeteilt. Auch die Angaben bei der Aufnahmesituation seien zu den Angaben bei der Begutachtung durch Dr. Be. drei Monate vor dem Klinikaufenthalt inkonsistent. Dort sei nämlich von einer Stabilisierung in den letzten Monaten die Rede und gerade nicht von einer angeblich erneuten starken Verschlechterung, die vorliegen müsste, wären die im Entlassungsbericht der A. Klinik enthaltenen Angaben zutreffend. Weder zu Beginn noch bei Beendigung des stationären Aufenthalts habe sich eine Situation ergeben, die sich von den Erkenntnissen der Gutachter Dres. Sch. und Be. unterscheide. Zum stationären Aufenthalt im Klinikum Nordschwarzwald sei es wegen eines akuten Konflikts mit der Arbeitsagentur bzw. wegen befürchteter Suizidalität gekommen. Hiervon habe sich die Klägerin aber distanziert. Zum Ende des Aufenthalts habe sich eine Stabilisierung ergeben. Eine weitergehende Minderung des quantitativen Leistungsvermögens sei nicht festzustellen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren; sie hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten bzw. die im Berufungsverfahren vorgelegten Arztunterlagen und Arztberichte anzumerken:
Aus den Entlassungsberichten der A. Klinik bzw. des Klinikums H. sind rentenberechtigende Leistungseinschränkungen nicht zu entnehmen. Dr. Schl. hat dies in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16.4.2009 schlüssig und überzeugend dargelegt. Außerdem ist die depressive Symptomatik im Bericht der A. Klinik als rückläufig eingestuft worden. Daran ändert es nichts, dass nach wie vor eine ambulante Behandlung bzw. der Besuch von Selbsthilfegruppen empfohlen wird. Der Aufenthalt im Klinikum N. beruhte auf einer aktuellen Konfliktsituation und befürchteter Suizidalität, wovon sich die Klägerin allerdings glaubhaft distanziert hat; ein Rentenanspruch ist damit nicht zu begründen. Gegen die Erkenntnisse der Verwaltungs- und Gerichtsgutachter ist im Berufungsverfahren im übrigen nichts mehr eingewendet worden; der Senat teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts.
Angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte drängen sich dem Senat weitergehende Ermittlungen, insbesondere die Erhebung zusätzlicher Gutachten nicht auf. Ebenso wenig Bestand noch Anlass, eine weitere (nochmalige) Zeugenauskunft des behandelnden Nervenarztes Dr. H. - wie vom Klägerbevollmächtigten noch mit Schreiben vom 16. Juni 2009 beantragt -einzuholen. Zum einen liegt bereits aus dem SG-Verfahren die Auskunft von Dr. H. vom 14. November 2006 vor. Zum anderen begründet allein die vom Bevollmächtigten genannte Einnahme der Medikamente Venlafaxin 150 retard bzw. 75 retard und Omep 20 mg durch die Klägerin keine Anhaltspunkte für eine nun dauerhafte Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin. Bei Venlafaxin handelt es sich um einen Medikamente für Depressionen und Angststörungen (allgemeine Angststörungen, Angst vor sozialen Kontakten, Panikattacken) und Omep 20 mg dient der Hemmung der Magensäure.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1965 geborene Klägerin, türkische Staatsangehörige, lebt seit 1972 in Deutschland. Zuletzt (bis Juni 2003) war sie als Maschinenbedienerin versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 21.12.2004 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung; sie halte sich wegen orthopädischer Leiden und einer Depression für erwerbsgemindert. Zuvor hatte sie vom 16.4. bis 28.5.2003 eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Z.-Klinik, St. B., absolviert. Im Entlassungsbericht vom 11.6.2003 wird die Klägerin für fähig erachtet, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) sechs Stunden täglich und mehr zu verrichten.
Die Beklagte zog Arztunterlagen bei (u.a. Entlassungsbericht der L.klinik, Bad-D., vom 25.4.2006 über eine stationäre Rehabilitationsbehandlung vom 2.3. bis 25.4.2006: leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich und mehr möglich) und erhob die Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. U. vom 3.6.2005 sowie des Chirurgen Dr. L. vom 7.6.2005.
Dr. U. führte aus, der Tagesablauf der Klägerin sei nach eigenen Angaben ausreichend strukturiert; sie kümmere sich ohne fremde Unterstützung um Familie und Haushalt. Der Gutachter diagnostizierte eine leichte depressive Episode bei Partnerschaftskonflikt. Deswegen sei es zu gelegentlichen nervenärztlichen Kontakten und seit März 2003 zu einer thymoleptischen Medikation gekommen; die laborchemische Untersuchung habe allerdings einen unterhalb des therapeutischen Bereichs liegenden Spiegel des Antidepressivums ergeben, weshalb von unregelmäßiger bzw. unzureichender Einnahme auszugehen sei. Aus nervenärztlich-sozialmedizinischer Sicht bestünden keine wesentlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Dr. L. diagnostizierte auf orthopädischem Fachgebiet belastungsabhängige Kniegelenksbeschwerden ohne Reizzustand oder Funktionseinbußen, Hüftgelenksbeschwerden links ohne Funktionseinbußen sowie anamnestisch ein Wirbelsäulensyndrom ohne aktuelle Beschwerden, ohne Funktionseinbußen, ohne Wurzelreizsymptome oder neurologische Ausfälle. Typische Wirbelsäulenbeschwerden würden trotz Nachfrage nicht beschrieben. Bei der Klägerin bestehe ein über 6-stündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten (ohne besonderen Zeitdruck, ohne Nachtschicht, nicht überwiegend in kniender oder hockender Position, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen).
Mit Bescheid vom 13.6.2005 (Verwaltungsakte S. 181) lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der dagegen (ohne Begründung) eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2005 zurückgewiesen.
Am 20.12.2005 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe. Zur Begründung trug sie vor, wegen psychischer und physischer Leiden, wie Schmerzen am Bewegungsapparat, sei sie in ihrer Erwerbsmöglichkeit stark eingeschränkt.
Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (Bericht Dr. A. vom 24.10.2006: Leistungsfähigkeit maximal drei Stunden täglich; Dr. Lö., Orthopäde, Bericht vom 24.10.2006: seit 1.6.2004 zwei Sprechstundenkontakte am 28.7. und 28.11.2005, seinerzeit Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich; Dr. H., Psychiater, Bericht vom 14.11.2006: letzte Konsultation am 7.9.2006, Leistungsfähigkeit maximal vier Stunden täglich) und erhob die Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. vom 21.3.2007 , des Orthopäden Dr. J. vom 7.5.2007 und auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Gutachten des Orthopäden Dr. Bö. vom 4.12.2007 und des Neurologen und Psychiaters Dr. Be. vom 12.3.2008.
Dr. Sch. diagnostizierte auf nervenärztlichem Fachgebiet eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig mit Chronifizierungsneigung vor dem Hintergrund schwieriger psychosozialer Lebensumstände sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit Klagen über Schmerzen im Bereich der HWS, LWS, der Hüften, auch des linken Ellenbogens und der Fersen sowie der Handgelenke. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne die Klägerin (unter qualitativen Einschränkungen) bei konsequenter psychiatrisch-psychotherapeutischer Begleitung nach wie vor sechs bis unter acht Stunden täglich verrichten.
Dr. J. fand auf orthopädischem Fachgebiet eine diskrete Fehlstatik der Wirbelsäule ohne Funktionseinschränkung, eine computertomographisch nachgewiesene Bandscheibenvorwölbung L5/S1 ohne Nervenwurzelkompression, Coxalgie links ohne Funktionseinschränkung der Hüftgelenke, einen minimalen Reizzustand am linken Kniegelenk sowie Spreizfuß beidseits mit Abflachung des Fußquergewölbes, Krallenzehen D II beidseits. Leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten könne die Klägerin (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig verrichten. Sie sei auch wegefähig.
Der Orthopäde Dr. Bö. hielt im gemäß § 109 SGG erhobenen Gutachten folgende Diagnosen fest: chronisches Halswirbelsäulensyndrom bei leichter Fehlstatik und Gefügelockerung mit Tendenz zu cephalgieformen Beschwerden durch Wirbelgelenksblockierungen und allgemeiner Bindegewebsschwäche, chronisches Brustwirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik und Zustand nach juveniler Wirbelkörperaufbaustörung mit zwei Keilwirbeln und sekundären Verschleißzeichen, verstärkt an Wirbelgelenken, insgesamt ohne wesentliche Funktionsminderung, chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik und Gefügelockerung, sowie Zustand nach medialem Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1, mit funktionell schmerzhafter Beeinträchtigung, Knochentumor am linken Oberarm unklarer Genese, ohne funktionelle Störungen in den angrenzenden Gelenken, beginnendes Verschleißgeschehen in beiden Hüftgelenken, links etwas stärker als rechts, mit leichten Funktionseinschränkungen, beginnendes Verschleißgeschehen im medialen Kniegelenkscompartement links, ohne Funktionsbeeinträchtigung, Knick-Senk-Spreizfuß mit leichter Metatarsalgie und Haglundfersen beidseits sowie leichten Belastungsbeschwerden, dringender Verdacht auf ganzkorporal-somatoforme Schmerzstörung. Der Klägerin seien leichte körperliche Handarbeiten, möglichst in Heimarbeit, zumutbar. Dr. Sch. sei insoweit zuzustimmen, als er die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit hauptsächlich auf psychiatrischem Fachgebiet sehe. Die Empfehlung einer Arbeitsleistung in Heimarbeit von drei bis vier Stunden täglich stehe vor dem Hintergrund des schwelenden Beziehungskonflikts; hierdurch wäre der familiären Situation am besten Rechnung getragen.
Dr. Be. fand im gem. § 109 SGG erhobenen Gutachten keine durchgängig tiefergehende depressive Verstimmung; die affektive Schwingungsfähigkeit sei nicht wesentlich eingeschränkt, der Antrieb nur leicht gemindert. Der Gutachter diagnostizierte (im Wesentlichen) eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig eher leicht- als mittelgradig, eine somatoforme Schmerzstörung, Migräne mit seltenen Kopfschmerzattacken sowie episodischen Spannungskopfschmerz. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen bei begleitender psychotherapeutischer Behandlung) sechs Stunden täglich verrichten. Seit der Begutachtung durch Dr. Sch. im März 2007 sei eine gewisse Besserung eingetreten.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Sozialmediziners Dr. Schl. vom 28.4.2008 vor. Darin ist (u. a.) ausgeführt, der von Dr. Bö. erhobene Befund des Bewegungsapparats zeige, dass keine ernsthaften oder schwerwiegenden Funktionseinschränkungen festzustellen seien. Auf orthopädischem Fachgebiet liege nichts höhergradig Einschränkendes vor. Die Leistungseinschätzung des Dr. Bö. (drei bis vier Stunden täglich) sei nicht nachvollziehbar.
Mit Urteil vom 24.6.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da sie Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bedingten qualitative, jedoch keine quantitativen Leistungseinschränkungen. Das gehe aus den Gutachten der Dres. Sch. und Be. hervor. Entsprechendes gelte für Erkrankungen des orthopädischen Fachgebiets. Insoweit sei das schlüssige Gutachten des Dr. J. maßgeblich. Der abweichenden Einschätzung des Dr. Bö. fehle eine tragfähige orthopädische Begründung; sie könne daher nicht überzeugen.
Auf das ihr am 5.9.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.9.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen und hat außerdem einen Entlassungsbericht der A. Klinik (Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie), O., vom 22.8.2008 über eine stationäre Behandlung vom 10.6. bis 19.8.2008 sowie einen Entlassungsbericht des Klinikum N. vom 21.1.2009 über eine stationäre Behandlung vom 26.8. bis 31.10.2008 vorgelegt; hieraus ergebe sich eine gravierende Leistungseinschränkung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.6.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2005 zu verurteilen, ihre Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Im Entlassungsbericht der A. Klinik sind (auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet) die Diagnosen rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, abhängige Persönlichkeitsstörung und sonstige andauernde Persönlichkeitsstörung festgehalten. Gegen Ende der Therapie habe sich die depressive Symptomatik rückläufig gezeigt. Die Klägerin werde arbeitsunfähig entlassen. Zur Stabilisierung des bisher Erreichten werde die Fortführung der ambulanten Therapie und der Besuch von Selbsthilfegruppen empfohlen. Im Entlassungsbericht des Klinikum Nordschwarzwald ist eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome diagnostiziert. Zwei Tage nach der Entlassung aus der A. Klinik sei die Klägerin wegen Schwierigkeiten bei der Antragstellung auf dem Arbeitsamt in einen Zustand massiver psychischer Erregung geraten, habe das Personal beschimpft und mit einem Glas geworfen; daraufhin sei eine stationäre Aufnahme erfolgt. Von akuter Suizidalität habe sich die Klägerin glaubhaft distanziert.
Beklagte hat die beratungsärtzliche Stellungnahme des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. Schl. vom 16.4.2009 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, der behandelnde Nervenarzt habe schon kurz nach der Begutachtung durch Dr. Be. eine Aufnahme der Klägerin in die A. Klinik angeregt, dieser jedoch nur wenige medizinische Vorunterlagen zur Verfügung gestellt, weshalb sich die Klinik offensichtlich ausschließlich auf Angaben der Klägerin habe verlassen müssen. Insbesondere habe die Klägerin offenbar die in der Vergangenheit durchgeführten psychosomatischen Rehabilitationsbehandlungen nicht mitgeteilt. Auch die Angaben bei der Aufnahmesituation seien zu den Angaben bei der Begutachtung durch Dr. Be. drei Monate vor dem Klinikaufenthalt inkonsistent. Dort sei nämlich von einer Stabilisierung in den letzten Monaten die Rede und gerade nicht von einer angeblich erneuten starken Verschlechterung, die vorliegen müsste, wären die im Entlassungsbericht der A. Klinik enthaltenen Angaben zutreffend. Weder zu Beginn noch bei Beendigung des stationären Aufenthalts habe sich eine Situation ergeben, die sich von den Erkenntnissen der Gutachter Dres. Sch. und Be. unterscheide. Zum stationären Aufenthalt im Klinikum Nordschwarzwald sei es wegen eines akuten Konflikts mit der Arbeitsagentur bzw. wegen befürchteter Suizidalität gekommen. Hiervon habe sich die Klägerin aber distanziert. Zum Ende des Aufenthalts habe sich eine Stabilisierung ergeben. Eine weitergehende Minderung des quantitativen Leistungsvermögens sei nicht festzustellen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren; sie hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten bzw. die im Berufungsverfahren vorgelegten Arztunterlagen und Arztberichte anzumerken:
Aus den Entlassungsberichten der A. Klinik bzw. des Klinikums H. sind rentenberechtigende Leistungseinschränkungen nicht zu entnehmen. Dr. Schl. hat dies in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16.4.2009 schlüssig und überzeugend dargelegt. Außerdem ist die depressive Symptomatik im Bericht der A. Klinik als rückläufig eingestuft worden. Daran ändert es nichts, dass nach wie vor eine ambulante Behandlung bzw. der Besuch von Selbsthilfegruppen empfohlen wird. Der Aufenthalt im Klinikum N. beruhte auf einer aktuellen Konfliktsituation und befürchteter Suizidalität, wovon sich die Klägerin allerdings glaubhaft distanziert hat; ein Rentenanspruch ist damit nicht zu begründen. Gegen die Erkenntnisse der Verwaltungs- und Gerichtsgutachter ist im Berufungsverfahren im übrigen nichts mehr eingewendet worden; der Senat teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts.
Angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte drängen sich dem Senat weitergehende Ermittlungen, insbesondere die Erhebung zusätzlicher Gutachten nicht auf. Ebenso wenig Bestand noch Anlass, eine weitere (nochmalige) Zeugenauskunft des behandelnden Nervenarztes Dr. H. - wie vom Klägerbevollmächtigten noch mit Schreiben vom 16. Juni 2009 beantragt -einzuholen. Zum einen liegt bereits aus dem SG-Verfahren die Auskunft von Dr. H. vom 14. November 2006 vor. Zum anderen begründet allein die vom Bevollmächtigten genannte Einnahme der Medikamente Venlafaxin 150 retard bzw. 75 retard und Omep 20 mg durch die Klägerin keine Anhaltspunkte für eine nun dauerhafte Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin. Bei Venlafaxin handelt es sich um einen Medikamente für Depressionen und Angststörungen (allgemeine Angststörungen, Angst vor sozialen Kontakten, Panikattacken) und Omep 20 mg dient der Hemmung der Magensäure.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved