L 5 KR 4659/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 3375/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4659/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beigeladenen Nr. 2 werden das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 9.9.2008 aufgehoben und die Klagen abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kläger bei der Beigeladenen Nr. 1 während der Zeit vom 1.1.1996 bis 31.12.2006 sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren.

Der 1941 geborene (im Februar 2008 verstorbene) Vater der Kläger, R. M., war gelernter Metzger und hat in D. (u.a.) die Gaststätte/Hotel "Goldener H." betrieben. Das Unternehmen ist durch notariellen Vertrag vom 9.11.1995 (Verwaltungsakte – Kläger - S. 20) als GmbH ("Goldener H. Gaststättenbetriebsgesellschaft mbH") verfasst worden. Die insgesamt drei Hotels/Gaststätten standen nach wie vor im Eigentum der Eltern, R. und Th. M. (SG-Akte S. 31). Gesellschafter waren zunächst R. M., dessen 1943 geborene Ehefrau Th. M. sowie der Kläger (gelernter Küchenmeister) und die Klägerin (gelernte Restaurantfachfrau). Auf jeden Gesellschafter entfällt ein Kapitalanteil von 12.500 DM (Stammkapital insgesamt 50.000 DM). Gesellschafterbeschlüsse werden mit ¾ Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wobei nach Geschäftsanteilen (je 100 DM 1 Stimme) abgestimmt wird (§ 7 des Gesellschaftsvertrags). Für bestimmte Geschäfte bedarf der Geschäftsführer eines Gesellschafterbeschlusses (§ 5 des Gesellschaftsvertrags: u. a. Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Aufnahme von Krediten über 20.000 DM, Eingehen von Wechselverbindlichkeiten über einen Gesamtbetrag von 10.000 DM, Übernahme von Bürgschaften, Einstellung und Entlassung von Angestellten mit einer jährlichen Bruttovergütung über 42.000 DM oder einer Beteiligung am Gewinn, Abschluss langfristiger Lieferverträge, Abschluss von Miet- und Pachtverträgen mit mehrjähriger Dauer). Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft von zwei Geschäftsführern gemeinschaftlich oder von einem Geschäftsführer mit einem Prokuristen vertreten; jedem Geschäftsführer kann Alleinvertretungsmacht erteilt werden. Die Geschäftsführungsbefugnis erstreckt sich nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt. Für alle darüber hinausgehenden Geschäfte ist ein Gesellschafterbeschluss erforderlich (§ 5 Nr. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrags).

Zum (ersten) Geschäftsführer der GmbH wurde ab 1.1.1996 der Kläger bestellt; von den Beschränkungen des § 181 BGB wurde er befreit (Verwaltungsakte -Kläger- S. 6). Zugleich war der Kläger im Unternehmen als Küchenmeister tätig. Seiner Tätigkeit lag ein Geschäftsführungs- und Anstellungsvertrag vom 28.12.1995 (Verwaltungsakte – Kläger - S. 3) zu Grunde. Darin ist hinsichtlich der Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis auf § 5 des Gesellschaftsvertrags verwiesen. Gem. § 4 des Geschäftsführungs- und Anstellungsvertrags erhält der Kläger (vorerst) ein Monatsgehalt von 5.000 DM. Außerdem erhält er ein Geschäftsfahrzeug, das auch privat genutzt werden darf. Für in der Gastronomie übliche Naturalleistungen werden die amtlichen Sachbezugswerte angesetzt. Außerdem ist ein Urlaubsanspruch vereinbart, der sich nach den Regelungen des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe richtet. Bei Krankheit ist die Fortzahlung des Gehalts für sechs Wochen festgelegt. Der Vertrag wurde auf die Dauer von fünf Jahren fest abgeschlossen und verlängert sich jeweils um fünf Jahre, wenn er nicht schriftlich ein Jahr vor Ablauf gekündigt wird. Eine Kündigung des Vertrages ist nur aus wichtigem Grund möglich (§§ 5 bis 7 des Geschäftsführungs- und Anstellungsvertrags).

Am 2.5.1996 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beigeladenen Nr. 1, die Klägerin zur weiteren Geschäftsführerin zu bestellen; von den Beschränkungen des § 181 BGB wurde sie (ebenfalls) befreit (Verwaltungsakte - Klägerin - S. 14).

Mit Schriftsatz vom 16.2.2007 (Verwaltungsakte – Kläger - S. 26 bzw. - Klägerin - S. 23) beantragten die Kläger die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ihrer Tätigkeit. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH ist (ergänzend) angegeben, Gesellschafterbeschlüsse könnten durch Sonderrechte weder herbeigeführt noch verhindert werden. Geschäftsführer seien der Kläger, die Klägerin und (seinerzeit noch) der Vater der Kläger. Der Kläger sei vornehmlich für die Küche, die Klägerin vornehmlich für das Hotel verantwortlich. Die Tätigkeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt. Die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 70 Stunden. Einem Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterlägen die Kläger nicht, könnten ihre Tätigkeit in der Gesellschaft nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags vielmehr frei bestimmen und gestalten. Die Gestaltung der Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von den eigenen wirtschaftlichen Interessen zum Wohle und Gedeihen des Unternehmens abhängig. Personal könne selbstständig eingestellt bzw. entlassen werden. Urlaub sei nicht genehmigungspflichtig. Die Abberufung oder Kündigung sei nicht möglich. Von der Vergütung (vgl. die Vergütungsregelung des Geschäftsführungs- und Anstellungsvertrags des Klägers) werde Lohnsteuer entrichtet (siehe insgesamt Verwaltungsakte - Kläger - Seite 11/8).

Die Klägerin gab ergänzend an (Verwaltungsakte – Klägerin - S. 20), sie habe für die Gesellschaft eine Bürgschaft über 60.000 EUR übernommen. Nach ihrer Ausbildung zur Restaurantfachfrau habe sie vom 1.9.1991 bis 30.10.1996 im Rahmen einer unselbstständigen Beschäftigung als Restaurantleiterin gearbeitet. Ab 1.11.1996 sei sie für die Restaurant-Hotel-Leitung zuständig. Ihre Mitarbeit sei in einem besonderen Arbeitsvertrag/Dienstvertrag geregelt.

Für die Kläger wurden neben Lohnsteuer auch die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt (Verwaltungsakte –Kläger - S. 73; SG-Akte S. 24/25). Am 22.3.2007 teilten die Kläger ergänzend mit, ein schriftlicher Geschäftsführervertrag sei für die Klägerin nicht abgeschlossen worden; das Finanzamt habe sich allerdings mit dem der Geschäftsführerbestellung zu Grunde liegenden Gesellschafterbeschluss begnügt und dies als Beschäftigungsnachweis anerkannt. Der Vater der Kläger sei nie Geschäftsführer gewesen. Ihm hätten allerdings einige weitere Betriebe und Geschäfte gehört (Verwaltungsakte - Klägerin - S. 29).

Unter dem 16.4.2007 teilte die Beigeladene Nr. 2 der Beklagten mit, sie sei (ebenfalls) der Auffassung, dass sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse vorlägen. Anträgen auf Erstattung von Beiträgen könnten daher nicht stattgegeben werden (Verwaltungsakte - Klägerin - S. 41 bzw. Kläger S. 47).

Mit Bescheiden vom 17.4.2007 (Verwaltungsakte - Kläger - S. 44 bzw. - Klägerin - S. 38) stellte die Beklagte fest, dass die Kläger bei der Beigeladenen Nr. 1 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hätten. Zur Begründung führte sie aus, Beschlüsse der Gesellschaft würden mit 3/4-Mehrheit gefasst. Mit einem Kapitalanteil von je 25 % könnten die Kläger daher ihnen nicht genehme Entscheidungen nicht verhindern und auch keinen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens nehmen. Außerdem bedürften Geschäfte größerer Bedeutung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Die Geschäftsführer müssten ihre Maßnahmen miteinander abstimmen und gegebenenfalls einen Gesellschafterbeschluss herbeiführen. Auch die Urlaubsplanung sei abstimmungsbedürftig. Insgesamt habe die Entscheidungsmacht des einzelnen Gesellschafters daher begrenzt bleiben sollen. Außerdem spreche die vertragliche Gestaltung (des mit dem Kläger abgeschlossenen Geschäftsführungs- und Anstellungsvertrags) für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Kläger hätten ein regelmäßiges Arbeitsentgelt erhalten, von dem Lohnsteuer abgeführt worden sei. Außerdem seien die Gehälter als Betriebsausgaben gebucht worden. Die Kläger trügen bei einem Kapitalanteil von jeweils 25 % zwar ein gewisses Unternehmerrisiko. In der Gesamtbetrachtung rechtfertige dies jedoch nicht die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Hinzukomme, dass 11 Jahre lang Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden seien. Die Beteiligten seien daher selbst vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgegangen. Auch bei Betriebsprüfungen sei das Versicherungsverhältnis nicht beanstandet worden. "Kopf und Seele" des Betriebs sei im Übrigen der Vater der Kläger. Schließlich hätten die Kläger während der Zeit vom 1.1.1996 bis 31.12.2001 Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen; das verdeutliche, dass man gesetzlichen Versicherungsschutz gewollt habe.

Zur Begründung der dagegen eingelegten Widersprüche trugen die Kläger vor, sie seien nicht nur für ihren jeweiligen Tätigkeitsbereich (Küche und Hotel), sondern für den gesamten Betrieb alleinvertretungsberechtigt und nicht weisungsgebunden. Das gelte auch für die Urlaubsplanung, die nur die Hochsaison ausnehmen solle. Die Gesellschafterversammlung hätte sich nur dann gegen den jeweiligen Geschäftsführer durchsetzen können, wenn sie sich geschlossen gegen ihn gestellt hätte. Ihr Vater sei nach einer Krebserkrankung seit 1995 faktisch nicht mehr in der Lage gewesen, sich um das Unternehmen zu kümmern. Deswegen sei nicht nachvollziehbar, weshalb er als "Kopf und Seele" des Betriebs eingestuft worden sei. Außerdem habe die Klägerin eine Bürgschaft für die GmbH in Höhe von 60.000 EUR übernommen. Da alle Gesellschafter Kapitalanteile in gleicher Höhe (25 %) hielten, könne keiner die GmbH dominieren. Demgegenüber komme den zu Geschäftsführern bestellten Gesellschaftern (Kläger) ein wesentlicher Vorteil zu, da die anderen nicht am Tagesgeschäft Teil hätten.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 12.9.2007 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Ergänzend wurde ausgeführt, der Kläger sei zum 1.9.1994 (durch das "Gasthaus H."), die Klägerin am 1.9.1991 zur Sozialversicherung angemeldet worden; als Tätigkeit sei Koch bzw. Kellner angegeben worden. Zum 31.12.1995 sei eine Abmeldung (durch die "Goldener H. Gaststättenbetriebs GmbH") erfolgt unter gleichzeitiger Anmeldung des Klägers (wiederum) als Koch bzw. der Klägerin als Arbeitskraft ohne nähere Angaben. Zum 31.12.2001 sei eine Ummeldung vorgenommen worden, da der Kläger aufgrund der Höhe seiner Bezüge nicht mehr der Krankenversicherungspflicht unterlegen sei. Die Klägerin sei abgemeldet worden, da sie sich zum 1.1.2007 selbständig gemacht habe. All das zeige, dass man über lange Jahre vom Vorliegen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ausgegangen sei. Ein Unternehmerrisiko habe bis 8.11.1995 nicht vorgelegen, da bis dahin der Vater der Kläger Alleininhaber des Unternehmens gewesen sei. Auch für die Folgezeit sei von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen auszugehen, nachdem den Klägern ein von der Ertragslage des Unternehmens unabhängiges, festes Gehalt gezahlt und Lohnsteuer abgeführt worden sei. Außerdem seien die Befugnisse der Geschäftsführer durch die Bestimmungen in § 5 des Gesellschaftsvertrags erheblich eingeschränkt gewesen. Im Hinblick auf die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen müssten schließlich die Verjährungsvorschriften beachtet werden.

Am 4.10.2007 erhoben die Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim (Verfahren S 8 KR 3376/07 und S 9 KR 3375/07). Das Sozialgericht verband beide Verfahren mit Beschluss vom 14.3.2008 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung (unter dem Aktenzeichen S 9 KR 3375/07).

Zur Begründung ihrer Klagen trugen die Kläger vor, sie hätten in der streitigen Zeit nicht im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse gearbeitet. Da alle Gesellschafter gleich hohe Kapitalanteile an der Gesellschaft gehalten hätten, habe keiner den anderen dominieren können. Auf Grund ihrer Rechtsstellung als Geschäftsführer hätten sie demgegenüber das Tagesgeschäft gestaltet.

Am 15.7.2008 fand eine nicht-öffentliche Erörterungsverhandlung vor dem Sozialgericht statt (Prot. SG-Akte S. 31 ff). Die Kläger gaben (u. a.) an, ihr Vater sei im Februar 2008 verstorben; im Januar 2007 sei die Erbfolge vorweggenommen worden. Die Klägerin sei zum 1.1.2007 aus der GmbH ausgeschieden und habe gemeinsam mit ihrem Ehemann eine neue Gesellschaft gegründet. Insgesamt habe es drei Betriebe gegeben (Höhengaststätte "Weißer Stein", "Goldener H." und Hotel "Am K."). Zum 1.1.1996 sei die Beigeladene Nr. 1 gegründet worden. Über diese Gesellschaft habe man den Betrieb der drei Häuser organisiert. Allerdings hätten die Immobilien weiterhin im Eigentum der Eltern gestanden. Seit 1.1.2007 betreibe die Klägerin die Gaststätte "Weißer Stein".

Weiter wurde angegeben, seit dem Ausscheiden der Klägerin habe sich für den Kläger nichts Wesentliches geändert; jetzt sei er noch für zwei Häuser (ohne den "W. St.") verantwortlich. Der Gesellschaftsanteil der Klägerin sei von der Ehefrau des Klägers übernommen worden. Auch die Eltern seien seinerzeit im Wege vorweggenommener Erbfolge aus der Gesellschaft ausgeschieden. Seit 1.1.2007 habe die Beigeladene Nr. 1 noch zwei Gesellschafter, den Kläger und dessen Ehefrau, wobei der Kläger 75 % der Kapitalanteile halte. Der Kreditrahmen der Beigeladenen Nr. 1 habe ursprünglich nur 50.000 DM betragen, was vielfach nicht ausreichend sei. Deshalb hätten er und die Klägerin im Jahr 1995 eine Bürgschaft für einen Kontokorrentkredit übernommen.

Der Kläger habe ein festes Gehalt und Tantiemen, anfangs etwa 3.500 DM, später etwa 3.700 EUR, bezogen; die Klägerin habe ebenfalls ein festes Gehalt (2.800 DM, später 2.300 EUR) bekommen, das auch während der Zeit, in der sie sich mehr um die Erziehung ihrer Kinder gekümmert habe, weitergezahlt worden sei. Die Kläger hätten ihre Gehälter selbst festgesetzt. Die Eltern hätten dabei nicht mitgeredet; man habe sich am maßgeblichen Tarifvertrag orientiert und das Gehalt sukzessive mit der Steigerung des Unternehmensgewinns erhöht. Auch ihre Ehepartner seien seinerzeit bei der Beigeladene Nr. 1 gegen Gehalt beschäftigt worden. Während der streitigen Zeit sei nur eine förmliche Gesellschafterversammlung abgehalten worden; ansonsten habe man sich immer montags (am Ruhetag) beim Frühstück über alles unterhalten.

Die Klägerin habe zusätzlich zu ihrem Gesellschaftsanteil noch Vermögen eingebracht (Bausparvertrag von etwa 10.000 DM). Tantiemen seien nur pro forma ausgezahlt, nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen aber sofort in die Gesellschaft zurückgeführt worden. Der Kläger habe etwa 1996 einen privat finanzierten PKW eingebracht (Wert etwa 40.000 DM). Auch kleinere Anschaffungen hätten die Kläger für die GmbH übernommen (Handy, Messerblock, Kochjacken u.a.).

Die Mutter der Kläger sei gelernte Köchin, der Vater sei Metzger gewesen; beide hätten das Unternehmen gemeinsam aufgebaut. Der Gesundheitszustand des Vaters sei schon seit 1993 schlecht gewesen. Deswegen habe er außer dem Erledigen von Einkäufen nicht mehr mitarbeiten können. Er habe im Unternehmen auch nicht mehr mitbestimmt. Der Steuerberater (ein Onkel des Klägers) habe die Auffassung vertreten, jetzt seien sie, die Kläger, als Jüngere "dran". Damit den Eltern das Loslassen nicht so schwer gefallen sei, hätten sie 25 % des Kapitals gehalten. Tatsächlich hätten sie jedoch nur noch wenig getan und auch keine Entscheidungen getroffen. Der Vater habe früher auch die Buchhaltung und die Finanzen erledigt; das habe sodann die Klägerin z. T. übernommen.

Seinerzeit habe man auch darüber gesprochen, ob weiterhin Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden sollten oder ob man sich privat absichern könne. Der Rat des Steuerberaters (Onkel) sei maßgebend gewesen. Er habe gesagt, alle sei bei der Gründung der GmbH schon vollzogen worden und man solle weiterhin in die Sozialversicherung einzahlen. Eigentlich sei nach der Gründung der GmbH alles beim Alten geblieben, obwohl sie, die Kläger, nunmehr das Geschäft geführt hätten. Nachdem man sich einen neuen Steuerberater genommen und sich intensiv mit der Angelegenheit beschäftigt habe, sei man zu dem Schluss gekommen, dass schon damals in Wahrheit eine selbstständige Erwerbstätigkeit vorgelegen habe.

Die Kläger legten noch Bürgschaftsurkunden vom 3.12.2001 bzw. 21.1.2000 (SG-Akte S. 31 ff.) vor, in denen neben ihren Eltern auch die Kläger als Bürgen benannt sind (Bürgschaftssumme: 70.000 DM bzw. 375.000 DM).

Mit Urteil vom 9.9.2008 hob das Sozialgericht die Bescheide vom 17.4.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.9.2007 auf und stellte fest, dass der Kläger und die Klägerin vom 1.1.1996 bis 31.12.2006 bei der Beigeladenen Nr. 1 nicht abhängig beschäftigt waren. Zur Begründung führte es aus, die Klagen seien zulässig, auch wenn teilweise Zeiträume betroffen seien, für die die Rückforderung von Sozialversicherungsbeiträgen wegen Verjährung ausscheide. Die Beklagte sei zuständig; ein Statusfeststellungsverfahren durch den Rentenversicherungsträger (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch, SGB IV) habe nicht durchgeführt werden müssen, da die rückwirkende Feststellungen der Sozialversicherungspflicht im Streit sei. Die Kläger hätten bei der Gründung der Gesellschaft über ihren Geschäftsanteil hinaus weitere Vermögensgegenstände, wie etwa einen Bausparvertrag, in das Unternehmen eingebracht. Außerdem seien ihre Tantiemen nur pro forma ausgezahlt, die entsprechenden Beträge jedoch wieder in die GmbH zurückgeführt worden. Die Kläger hätten auch weitere kleinere Gegenstände sowie ein privat finanziertes Kraftfahrzeug eingebracht. Das belege, dass sie dem Unternehmen aus ihrem Privatvermögen erhebliche Vermögenswerte zur Verfügung gestellt hätten. Für abhängig Beschäftigte sei dies völlig untypisch. Außerdem müsse beachtet werden, dass es sich bei der Beigeladenen Nr. 1 um eine Familien-GmbH handele. Da der Vater der Kläger sich seit 1993 wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes immer mehr aus den geschäftlichen Belangen zurückgezogen habe, sei nachvollziehbar, dass die Hauptverantwortung für das Unternehmen mit Gründung der Beigeladenen Nr. 1 auf die Kläger übergegangen sei. Die Kapitalbeteiligung der Eltern sei wohl in erster Linie deshalb erfolgt, um ihnen das "Loslassen" zu erleichtern. Tatsächlich hätten sie im Unternehmen nicht mehr mitgewirkt. Außerdem hätten die Kläger Ausbildungen im Gastronomiebereich absolviert, weshalb es nahe liege, die Geschäfte des Familienunternehmens nach und nach auf sie zu übertragen. Da Gesellschafterbeschlüsse mit einer ¾-Mehrheit getroffen werden müssten, hätte ein Gesellschafter nur überstimmt werden können, wenn die anderen drei Gesellschafter geschlossen gegen ihn gestanden wären; im Hinblick auf die familienhafte Verbundenheit der Gesellschafter und die Absicht der Eltern, den Betrieb auf ihre Kinder (die Kläger) zu übertragen, sei dies fernliegend. Schließlich hätten die Kläger im Januar 2000 bzw. im Dezember 2001 für Unternehmensschulden mit ihrem Privatvermögen Bürgschaften in Höhe von 375.000 DM bzw. 70.000 DM übernommen. Auch diese sei für Arbeitnehmer untypisch und spreche für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die Klägerin habe nach der Geburt ihrer Kinder außerdem keine Familienpause eingelegt, vielmehr im Betrieb weitergearbeitet.

Auf das ihr am 25.9.2008 zugestellte Urteil hat die Beigeladene Nr. 2 am 2.10.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beschäftigte zugleich Gesellschafter der GmbH sei. Nach ständiger Rechtsprechung liege bei mitarbeitenden Gesellschaftern, auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, wenn sie funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der GmbH teilhätten, für ihre Beschäftigung ein entsprechendes Arbeitsentgelt erhielten und keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft kraft ihres Kapitalanteils geltend machen könnten. Die Kläger hätten bei der Beigeladenen Nr. 1 zum 1.1.1996 eine Beschäftigung als Küchenmeister bzw. Restaurantfachfrau gegen Entgelt aufgenommen. Dementsprechend seien sie auch zur Sozialversicherung angemeldet worden. Das Arbeitsentgelt sei auf private Konten der Kläger gezahlt worden; man habe Lohnsteuer abgeführt und die Gehälter als Betriebsausgaben verbucht. Das Finanzamt habe dies bei Außenprüfungen akzeptiert. Werde steuerrechtlich von einem Arbeitsverhältnis unter Familienangehörigen ausgegangen, müsse dies regelmäßig auch für die Sozialversicherung gelten. Auch bei Betriebsprüfungen des Rentenversicherungsträgers seien Zweifel an der Arbeitnehmereigenschaft der Kläger nicht aufgekommen. Alle Beteiligten hätten danach abhängige Beschäftigungsverhältnisse angenommen. Daran ändere es nichts, dass Familienunternehmen nach und nach an erwachsene Kinder übergeben würden. Die Eltern der Kläger hätten die Betriebsform und die Aufteilung der Gesellschaftsanteile bewusst so gewählt, dass ihnen noch ausreichender Einfluss auf den Betrieb verblieben sei. So hätten sich die Kläger regelmäßig montags mit den Eltern über gesellschaftliche Belange besprochen. Ihre Eltern hätten sich erst zum 31.12.2006 durch die Übergabe ihrer Gesellschaftsanteile aus dem Betrieb zurückgezogen. Die Angaben der Kläger seien offenbar ergebnisorientiert auf die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen ausgerichtet.

Die Beigeladene Nr. 2 beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 9.9.2008 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und tragen ergänzend vor, dass man betriebliche Angelegenheiten regelmäßig montags besprochen habe, bedeute nicht, dass sie, die Kläger, Weisungen ihrer Eltern hätten befolgen müssen bzw. dass überhaupt Weisungen ausgesprochen worden wären. Die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags seien so ausgelegt, dass die beiden Geschäftsführer (Kläger) jede Entscheidung der anderen Gesellschafter (Eltern der Kläger) hätten verhindern können. Ein Über-Unterordnungsverhältnis liege nicht vor. Ergebnisorientierte Angaben habe man nicht gemacht.

Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beigeladenen Nr. 2 ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Die Beklagte (zu deren Zuständigkeit vgl. Senatsurteil vom 1.4.2009, - L 5 KR 5891/07 -) hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt, dass die Kläger während der streitigen Zeit (1.1.1996 bis 31.12.2006) bei der Beigeladenen Nr. 1 eine abhängige damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben. Das Sozialgericht hätte den Klagen daher nicht stattgeben dürfen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Nach diesen Grundsätzen ist auch der sozialversicherungsrechtliche Status des Geschäftsführers einer GmbH oder eines in anderer Funktion (nicht als Geschäftsführer) mitarbeitenden (angestellten) Gesellschafters zu beurteilen:

Ist der Geschäftsführer nicht Gesellschafter, am Kapital der Gesellschaft also nicht beteiligt (Fremdgeschäftsführer), ist regelmäßig von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit ausnahmsweise aufheben. Das kann bspw. der Fall sein, wenn der Fremdgeschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere bei Geschäftsführern angenommen, die mit den Gesellschaftern familiär verbunden waren (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -).

Ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter (Gesellschafter-Geschäftsführer), schließt ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG, Urt. v. vom 23. Juni 1994, -B 12 RK 72/92 -; Urt. v. 25.1.2006,. B 12 KR 30/04 R -; dazu, hinsichtlich der Größe des Kapitalanteils, auch Hess LSG, Urt. v. 23.11.2006, L 1 KR 763/03 - m.N. zur Rspr. des BSG). Solche Gesellschafter haben auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztendlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterliegen damit nicht dessen Weisungsrecht, bestimmen vielmehr über die unternehmerischen Entscheidungen in der Gesellschaft maßgeblich mit; sie haben daher den Status eines (Mit-)Unternehmers. Wesentliches Merkmal ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des daraus folgenden Einflusses auf die Gesellschaft. Gegen eine selbständige Tätigkeit spricht, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität (oder über Sonderrechte zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen, vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.4.2007, - L 11 KR 5748/06 -) verfügt. Für diesen Personenkreis ist regelmäßig von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -).

Ist der Gesellschafter, ohne zum Geschäftsführer bestellt zu sein, bei der Gesellschaft angestellt (mitarbeitender bzw. angestellter Gesellschafter), besitzt er allein auf Grund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte (auch wenn er über die Hälfte des Stammkapitals verfügt) nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der GmbH nämlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (BSG, Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -). Im Übrigen bleibt es - wie beim Gesellschafter-Geschäftsführer - aber dabei, dass ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausschließt, wenn der mitarbeitende bzw. angestellte Gesellschafter damit Einzelweisungen im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte.

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).

Hinsichtlich des Gesamtbilds der Arbeitsleistung kann es nach dem Gesagten im Einzelfall auch darauf ankommen, ob der Betreffende im Unternehmen "schalten und walten" kann wie er will, weil er die Inhaber des Unternehmens (etwa die Gesellschafter einer GmbH) persönlich dominiert oder weil diese von ihm wirtschaftlich abhängig sind (vgl. auch BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -). In diesem Fall ist in Wahrheit er der selbständig tätige Unternehmer. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere für den (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH angenommen, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden war (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -). Familiäre Bindungen können danach einerseits einen ansonsten nicht bestehenden Unternehmerstatus in Sonderfällen begründen. Andererseits schließen sie das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses aber nicht von vornherein aus. Unschädlich ist vor allem, dass die Abhängigkeit des Beschäftigten bei familiärer Verbundenheit im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und Weisungsrechte deshalb möglicherweise (nur) mit gewissen Einschränkungen ausgeübt werden (BSG, Urt. v. 17.12.2002, - B 7 AL 34/02 R - m.w.N.). Für die Abgrenzung des sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit Entgeltzahlung von der nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit sind alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich (BSGE 3, 30, 39 ff.; 19, 1, 4 ff. = SozR Nr. 31 zu § 165 RVO; BSGE 74, 275, 278 ff. = SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11 S. 30; und s. auch Urteil v. 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -). Im einzelnen (so BSGE 74, 275) kann auf die Rechtsprechung zum Beschäftigungsverhältnis zwischen nahen Verwandten zurückgegriffen werden. Diese wurde mit dem Urteil des BSG vom 5.4.1956 (BSGE 3,30,40 "Meistersohn") eingeleitet und ist sodann fortgeführt worden (BSGE 12, 153, 156 = SozR Nr. 18 zu § 165 RVO; 17, 1, 3 ff. = SozR Nr. 41 zu § 165 RVO; SozR 2200 § 165 Nr. 90).

Danach setzt ein Beschäftigungsverhältnis neben der Eingliederung des Familienangehörigen in den Betrieb mit einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass ein Entgelt gezahlt wird, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Es muss über freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgehen. Abzustellen ist weiter darauf, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Ist all das der Fall, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Familienangehörige, auch der Ehegatte, auf das Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, wenngleich dies die Abhängigkeit des Beschäftigten indizieren kann (vgl. BSG SozR - 2200 § 165 Nr. 90; BSG, Urt. v. 23.6.1994, - 12 RK 50/93 -). Indizwirkung kann auch der Höhe des gezahlten Entgelts zukommen (BSG, Urt. v. 17.12.2002 (- B 7 AL 34/02 R -). Allerdings schließt eine - auch erheblich - untertarifliche Bezahlung des Verwandten ein Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus (vgl. auch BSG, Urt. v. 12.9.1996 - 7 RAR 120/95 - ).

Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend, können die Tätigkeiten, die die Kläger während der streitigen Zeit (1.1.1996 bis 31.12.2006) bei der Beigeladenen Nr. 1 ausgeübt haben, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbstständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden. Dafür sind folgende Erwägungen des Senats maßgeblich:

Gegen die Einstufung der Kläger als Mitunternehmer neben ihren Eltern, die seinerzeit ebenfalls Gesellschafter der Beigeladenen Nr. 1, zugleich aber (allein) Eigentümer der das Gaststättenunternehmen ausmachenden Immobilien (Höhengaststätte "Weißer Stein", "Goldener H." und Hotel am "K.") waren, spricht in unternehmens- bzw. gesellschaftsrechtlicher Hinsicht zunächst, dass ihnen (auch) auf Grund ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter-Geschäftsführer nicht die Rechtsmacht zukam, Einzelweisungen im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern. Weder der Kläger noch die Klägerin verfügten über eine Mehrheit der Geschäftsanteile oder über eine Sperrminorität. Vielmehr hielten alle Gesellschafter Kapitalanteile in Höhe von jeweils 25 %, wobei für Gesellschafterbeschlüsse eine 3/4-Mehrheit der abgegebenen Stimmen (je 100 DM eine Stimme) vorgesehen war. Außerdem waren gem. § 5 des Gesellschaftsvertrags für die unternehmerische Betätigung wesentliche Geschäfte, wie der Erwerb, die Veräußerung und Belastung von Grundstücken, die Aufnahme von Krediten über 20.000 DM, das Eingehen von Wechselverbindlichkeiten über einen Gesamtbetrag von 10.000 DM, die Übernahme von Bürgschaften, die Einstellung und Entlassung von Angestellten mit einer jährlichen Vergütung über 42.000 DM, der Abschluss langfristiger Lieferverträge bzw. Miet- und Pachtverträge und die Regelung der Gewinnbeteiligung an Gesellschafterbeschlüsse gebunden. Damit waren die Handlungsbefugnisse der Kläger aber gerade auf wichtigen Feldern unternehmerischen Agierens – außerhalb des Tagesgeschäfts - erheblich beschränkt. Gleichzeitig hatten sich ihre Eltern dadurch als Eigentümer der das Unternehmen ausmachenden drei Häuser (Höhengaststätte "Weißer Stein", "Goldener H." und Hotel am "K.") maßgeblichen Einfluss auf die für die Unternehmensführung bedeutsamen Entscheidungen rechtlich gesichert. Welche Motivation dieser Gestaltung des Gesellschaftsvertrags zugrunde lag, ob es etwa um die Erleichterung des "Loslassens" im Prozess der schrittweisen Übertragung des Familienunternehmens an die nächste Generation ging, ist rechtlich unerheblich. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die gesellschaftsvertragliche Rechtskonstruktion nur vordergründig-formale Bedeutung gehabt hätte und die unternehmerische Leitungsmacht auf Grund besonderer tatsächlicher Verhältnisse in Wahrheit den - ihre Eltern insoweit dominierenden - Klägern zugekommen wäre. Unbeschadet der Krebserkrankung des Vaters der Kläger wurden die Unternehmensangelegenheiten im Kreis aller Gesellschafter, und sei es am Ruhetag (anlässlich eines Besuches bei den Eltern der Kläger) beim Frühstück und nicht in förmlich einberufenen Gesellschafterversammlungen, erörtert. Ob dabei Einzelweisungen ausgesprochen wurden und inwieweit die Eltern der Kläger die ihnen vorbehaltene gesellschaftsrechtliche Rechtsposition jeweils zur Geltung gebracht haben, ist nicht ausschlaggebend. Sie haben sich erst mit der Übergabe der Geschäftsanteile im Rahmen vorweggenommener Erbfolge im Januar 2007 (endgültig) aus dem Unternehmen zurückgezogen.

In arbeitsrechtlicher Hinsicht liegt der Tätigkeit des Klägers der Geschäftsführungs- und Anstellungsvertrag vom 28.12.1995 zu Grunde, in dem für Arbeitnehmer typische Regelungen getroffen sind. So erhielt der Kläger ein festes Monatsgehalt, von dem Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden; außerdem hat man das Gehalt als Betriebsausgabe verbucht. Weiter wurden ein Urlaubsanspruch sowie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall festgelegt. Mit der Rechtsstellung eines (Mit-)Unternehmers ist all das nicht vereinbar. Auch die Mitarbeit der Klägerin wurde nach deren eigenen Angaben in einem besonderen Arbeitsvertrag bzw. Dienstvertrag geregelt; dass dieser offenbar nicht schriftlich abgefasst wurde, ist für die sozialversicherungsrechtliche Statusfrage unschädlich. Die Klägerin erhielt ebenfalls ein als Betriebsausgabe verbuchtes festes Monatsgehalt, von dem Lohnsteuer und Sozialabgaben abgeführt wurden. Die Art und Weise der Entgeltfindung, bei der man sich offenbar am einschlägigen Tarifrecht orientiert hatte, ändert nichts am arbeitsvertraglich fundierten Arbeitnehmerstatus der Kläger. Diese haben im Familienunternehmen die Aufgaben leitender Angestellter in Küche bzw. Hotel wahrgenommen, die naturgemäß weitgehend eigenverantwortlich und frei von Einzelweisungen erfüllt werden; von leitenden Angestellten wird erwartet, dass sie selbstständig arbeiten können und – ggf. als einzige im Unternehmen - über die für ihren Aufgabenbereich notwendigen Kenntnisse verfügen. Die Befugnis, nach außen für das Unternehmen auftreten zu dürfen, ist für leitende Angestellte ebenfalls typisch und rechtfertigt deren Einstufung als (Mit-)Unternehmer nicht.

Der Senat verkennt nicht, dass die Kläger nicht nur das für Arbeitnehmer typische Arbeitsplatzrisiko, sondern außerdem ein gewisses Unternehmerrisiko getragen haben, das ihnen aus ihrer Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft erwuchs. Außerdem haben Sie, worauf das Sozialgericht ebenfalls abgestellt hat, aus ihrem Privatvermögen (teils) nicht unerhebliche Vermögenswerte eingebracht, wie einen privat finanzierten PKW oder einen Bausparvertrag, und Tantiemen in das Familienunternehmen zurückgeführt. Für Arbeitnehmer ist dies sicherlich ebenso wenig typisch wie die Übernahme von Bürgschaften für Kontokorrentkredite des Unternehmens. Nach Auffassung des Senats ändert dies hier am Gesamtbild einer abhängigen und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung jedoch nichts. Dabei ist auch die langjährig praktizierte Selbsteinschätzung der Kläger bzw. ihrer Eltern zu berücksichtigen. So hatte man die Kläger jeweils als Beschäftigte zur Sozialversicherung angemeldet und über viele Jahre Sozialversicherungsbeiträge abgeführt; außerdem sind Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen worden. Auch wenn die tatsächliche Beitragsabführung zwingende Rückschlüsse auf das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht erlaubt (vgl. etwa BSG, Urteil vom 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -), tritt in der Handhabung der Tätigkeit, die die Kläger ausgeübt haben, jedenfalls eine Selbsteinschätzung des sozialversicherungsrechtlichen Status hervor, die das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zusätzlich unterstreicht.

Das Urteil des Sozialgerichts kann danach keinen Bestand behalten. Es ist auf die Berufung der Beigeladenen Nr. 2 aufzuheben und die Klagen sind abzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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