Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 3152/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 227/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23.11.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin erstrebt die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die im Jahre 1949 geborene Klägerin ist staatlich anerkannte Altenpflegerin und war in diesem Beruf von 1994 bis Ende 2004 tätig. Seither ist sie arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Sie leidet im Wesentlichen an einer somatoformen Schmerzstörung bzw. Fibromyalgie, einem belastungsabhängigen Schmerzsyndrom in der gesamten Wirbelsäule, belastungsabhängigen Schmerzen der Schultergelenke und einer seit ihrer Kindheit bestehenden Schwerhörigkeit.
Im Oktober 2003 befand sich die Klägerin zu einer von der Beklagten bewilligten stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik für Orthopädie und Rehabilitation Bad S. (Entlassung mit der Einschätzung eines drei bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens für die Tätigkeit als Altenpflegerin und eines bis zu sechsstündigen bzw. [an anderer Stelle] bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt). Im Juni 2004 beantragte sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte holte Gutachten des Arztes für Nervenheilkunde Schä. (mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für die Tätigkeit als Altenpflegerin und für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) und des Orthopäden Dr. F. (unter dreistündiges Leistungsvermögen für die Tätigkeit als Altenpflegerin sowie mehr als sechsstündige Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei verschiedenen qualitativen Einschränkungen) ein. Unter Zugrundelegung des Antragsdatums 04.02.2003 (Zeitpunkt des Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben) erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 23.11.2004 für die Zeit ab dem 01.11.2003 einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer an. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht. Rentenzahlungen erfolgten wegen zu berücksichtigenden Einkommens der Klägerin nicht.
Nach vom 25.05. bis zum 22.06.2005 erfolgter Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik W. , Bad A. , (Leistungsbeurteilung bei Entlassung: vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen) wies die Beklagte den auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung gerichteten Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2005 zurück.
Am 11.10.2005 hat die Klägerin beim Sozialgericht Ulm Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Befundberichte ohne Leistungsbeurteilung des Internisten und Rheumatologen Dr. G. , des Neurochirurgen Dr. Kl. , des Neurologen und Psychiaters Schä. und des Orthopäden Dr. Ha. eingeholt. Im Auftrag des Sozialgerichts hat darüber hinaus der Orthopäde Dr. H. ein schriftliches Sachverständigengutachten erstattet (leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mit allenfalls kurzzeitigen und gelegentlichen Zwangshaltungen der Wirbelsäule im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ohne häufiges Treppensteigen, ohne Gehen und Stehen auf rutschigem oder unebenem Gelände, ohne Tätigkeiten in nasskalter Umgebung, ohne feinmechanische und belastende manuelle Arbeiten mindestens sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche möglich; Tätigkeit als Altenpflegerin wegen immer wieder auftretender mittelschwerer oder gar schwerer Belastungen erscheint nicht zumutbar).
Mit Urteil vom 23.11.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Gründe des Widerspruchsbescheides verwiesen und ergänzend ausgeführt, die nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen bestehenden qualitativen Einschränkungen seien leichten Arbeiten immanent und stellten keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar. Diese Entscheidung ist der Klägerin am 14.12.2007 zugestellt worden.
Am 14.1.2008 hat die Klägerin Berufung eingelegt.
Die Klägerin ist der Auffassung, auf Grund der qualitativen Einschränkungen ihres Leistungsvermögens liege zumindest ein verschlossener Arbeitsmarkt vor. Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23.11.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2005 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liege nicht vor.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein schriftliches Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. E. eingeholt (leichte Tätigkeiten ohne körperliche Anstrengung, ohne Zwangshaltungen, ohne einseitig belastende Arbeit im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Umhergehen, bei möglicher eins zu eins Kommunikation ohne Telefondienst, ohne viele Umgebungsgeräusche und ohne gleichzeitige Anwesenheit mehrerer Ansprechpartner sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche möglich).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Ulm sowie die beigezogenen Rentenakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn ihr steht keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u. a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Allerdings führen rein qualitative Einschränkungen selbst im Falle sechsstündigen Leistungsvermögens zur Annahme voller Erwerbsminderung, wenn wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder bei einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und bei Vorliegen bestimmter, so genannter Katalogfälle die Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht möglich ist (Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, GS 2/95 in SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Klägerin nicht voll erwerbsgemindert. Denn sie ist noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeitstäglich mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
Eine hier erhebliche zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin liegt nach der schlüssigen und übereinstimmenden Einschätzung sämtlicher Sachverständiger nicht vor. Soweit im Entlassungsbericht der Klinik für Orthopädie und Rehabilitation Bad S. über die im Oktober 2003 erfolgte Rehabilitationsmaßnahme von einem bis zu sechsstündigen bzw. (an anderer Stelle) bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt die Rede ist, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Insbesondere hat der Sachverständige Dr. E. zutreffend darauf hingewiesen, dass der von der Klägerin geschilderte Tagesablauf und die testpsychologische Begutachtung, bei der sich keine übermäßige Beeinträchtigungen infolge der Schmerzen und der damit assoziierten anderen psychosomatischen Syndrome wie Angst und Zwang gezeigt hat, die Zumutbarkeit vom Tätigkeiten im Umfang von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr belegt. Er hat damit die Leistungsbeurteilung von Dr. Schä. bestätigt.
Die Klägerin kann daher zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. H. und Dr. E. genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Sie ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie die Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Dies gilt insbesondere für die von Dr. H. im Hinblick auf die Fingergelenksarthrose ausgeschlossenen belastenden manuellen Tätigkeiten. Ihre Schwerhörigkeit schränkt das danach mögliche weite Tätigkeitsspektrum nicht erheblich ein. Denn die Schwerhörigkeit beeinträchtigt ausweislich des Gutachtens von Dr. E. die eins zu eins Kommunikation allenfalls unwesentlich und schließt lediglich Telefondienst und Tätigkeiten mit gleichzeitiger Ansprache durch mehrere Personen sowie mit vielen Umgebungsgeräuschen aus.
Schließlich liegt auch einer relevante Einschränkungen der Gehfähigkeit nicht vor (vgl. hierzu das Gutachten von Dr. H. ).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin erstrebt die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die im Jahre 1949 geborene Klägerin ist staatlich anerkannte Altenpflegerin und war in diesem Beruf von 1994 bis Ende 2004 tätig. Seither ist sie arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Sie leidet im Wesentlichen an einer somatoformen Schmerzstörung bzw. Fibromyalgie, einem belastungsabhängigen Schmerzsyndrom in der gesamten Wirbelsäule, belastungsabhängigen Schmerzen der Schultergelenke und einer seit ihrer Kindheit bestehenden Schwerhörigkeit.
Im Oktober 2003 befand sich die Klägerin zu einer von der Beklagten bewilligten stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik für Orthopädie und Rehabilitation Bad S. (Entlassung mit der Einschätzung eines drei bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens für die Tätigkeit als Altenpflegerin und eines bis zu sechsstündigen bzw. [an anderer Stelle] bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt). Im Juni 2004 beantragte sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte holte Gutachten des Arztes für Nervenheilkunde Schä. (mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für die Tätigkeit als Altenpflegerin und für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) und des Orthopäden Dr. F. (unter dreistündiges Leistungsvermögen für die Tätigkeit als Altenpflegerin sowie mehr als sechsstündige Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei verschiedenen qualitativen Einschränkungen) ein. Unter Zugrundelegung des Antragsdatums 04.02.2003 (Zeitpunkt des Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben) erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 23.11.2004 für die Zeit ab dem 01.11.2003 einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer an. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht. Rentenzahlungen erfolgten wegen zu berücksichtigenden Einkommens der Klägerin nicht.
Nach vom 25.05. bis zum 22.06.2005 erfolgter Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik W. , Bad A. , (Leistungsbeurteilung bei Entlassung: vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen) wies die Beklagte den auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung gerichteten Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2005 zurück.
Am 11.10.2005 hat die Klägerin beim Sozialgericht Ulm Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Befundberichte ohne Leistungsbeurteilung des Internisten und Rheumatologen Dr. G. , des Neurochirurgen Dr. Kl. , des Neurologen und Psychiaters Schä. und des Orthopäden Dr. Ha. eingeholt. Im Auftrag des Sozialgerichts hat darüber hinaus der Orthopäde Dr. H. ein schriftliches Sachverständigengutachten erstattet (leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mit allenfalls kurzzeitigen und gelegentlichen Zwangshaltungen der Wirbelsäule im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ohne häufiges Treppensteigen, ohne Gehen und Stehen auf rutschigem oder unebenem Gelände, ohne Tätigkeiten in nasskalter Umgebung, ohne feinmechanische und belastende manuelle Arbeiten mindestens sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche möglich; Tätigkeit als Altenpflegerin wegen immer wieder auftretender mittelschwerer oder gar schwerer Belastungen erscheint nicht zumutbar).
Mit Urteil vom 23.11.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Gründe des Widerspruchsbescheides verwiesen und ergänzend ausgeführt, die nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen bestehenden qualitativen Einschränkungen seien leichten Arbeiten immanent und stellten keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar. Diese Entscheidung ist der Klägerin am 14.12.2007 zugestellt worden.
Am 14.1.2008 hat die Klägerin Berufung eingelegt.
Die Klägerin ist der Auffassung, auf Grund der qualitativen Einschränkungen ihres Leistungsvermögens liege zumindest ein verschlossener Arbeitsmarkt vor. Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23.11.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2005 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liege nicht vor.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein schriftliches Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. E. eingeholt (leichte Tätigkeiten ohne körperliche Anstrengung, ohne Zwangshaltungen, ohne einseitig belastende Arbeit im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Umhergehen, bei möglicher eins zu eins Kommunikation ohne Telefondienst, ohne viele Umgebungsgeräusche und ohne gleichzeitige Anwesenheit mehrerer Ansprechpartner sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche möglich).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Ulm sowie die beigezogenen Rentenakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn ihr steht keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u. a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Allerdings führen rein qualitative Einschränkungen selbst im Falle sechsstündigen Leistungsvermögens zur Annahme voller Erwerbsminderung, wenn wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder bei einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und bei Vorliegen bestimmter, so genannter Katalogfälle die Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht möglich ist (Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, GS 2/95 in SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Klägerin nicht voll erwerbsgemindert. Denn sie ist noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeitstäglich mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
Eine hier erhebliche zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin liegt nach der schlüssigen und übereinstimmenden Einschätzung sämtlicher Sachverständiger nicht vor. Soweit im Entlassungsbericht der Klinik für Orthopädie und Rehabilitation Bad S. über die im Oktober 2003 erfolgte Rehabilitationsmaßnahme von einem bis zu sechsstündigen bzw. (an anderer Stelle) bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt die Rede ist, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Insbesondere hat der Sachverständige Dr. E. zutreffend darauf hingewiesen, dass der von der Klägerin geschilderte Tagesablauf und die testpsychologische Begutachtung, bei der sich keine übermäßige Beeinträchtigungen infolge der Schmerzen und der damit assoziierten anderen psychosomatischen Syndrome wie Angst und Zwang gezeigt hat, die Zumutbarkeit vom Tätigkeiten im Umfang von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr belegt. Er hat damit die Leistungsbeurteilung von Dr. Schä. bestätigt.
Die Klägerin kann daher zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. H. und Dr. E. genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Sie ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie die Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Dies gilt insbesondere für die von Dr. H. im Hinblick auf die Fingergelenksarthrose ausgeschlossenen belastenden manuellen Tätigkeiten. Ihre Schwerhörigkeit schränkt das danach mögliche weite Tätigkeitsspektrum nicht erheblich ein. Denn die Schwerhörigkeit beeinträchtigt ausweislich des Gutachtens von Dr. E. die eins zu eins Kommunikation allenfalls unwesentlich und schließt lediglich Telefondienst und Tätigkeiten mit gleichzeitiger Ansprache durch mehrere Personen sowie mit vielen Umgebungsgeräuschen aus.
Schließlich liegt auch einer relevante Einschränkungen der Gehfähigkeit nicht vor (vgl. hierzu das Gutachten von Dr. H. ).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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