L 4 KR 4407/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 749/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4407/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. August 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur weiteren Gewährung von Krankenversicherungsleistungen und die Erstattung von Aufwendungen für selbst beschaffte Behandlungen und Medikamente.

Der Kläger ist am 1928 geboren. Er bezieht eine deutsche gesetzliche Altersrente und eine Betriebsrente. Er ist seit mehr als 50 Jahren Mitglied der beklagten Krankenkasse. Seit Beginn seines Rentenbezugs ist er bei ihr pflichtversichert in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Er bezahlt Beiträge aus beiden Renten.

Im Schreiben vom 08. November 2004 teilte der Kläger der Beklagten mit, er verbringe auf Grund rheumatischer Beschwerden auf ärztlichen Rat hin einen erheblichen Teil des Jahres in Spanien. Seinen Wohnsitz in Baden-Württemberg habe er aber nicht aufgegeben. Außerdem teilte er mit, er habe sich in Spanien auf Grund akuter Schmerzen, die zu fast völliger Bewegungslosigkeit geführt hätten, in ärztliche Behandlung begeben und operieren lassen müssen. Er schrieb, er füge eine Anlage mit den dafür entstandenen Kosten bei, tatsächlich fehlte diese aber.

Mit Schreiben vom 29. September 2005 übersandte die Beklagte dem Kläger den Fragebogen zur Krankenversicherung der Rentner bei gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland. Diesen gab der Kläger zunächst nicht zurück.

Unter dem 17. November 2005 teilte die Beklagte dem Kläger schriftlich mit, dass der Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Mitglieder, die ihren überwiegenden Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland hätten, ruhe. Die Mitgliedschaft des Klägers bei ihr bleibe jedoch bestehen, da er eine deutsche Rente beziehe, in Spanien keine Beschäftigung ausübe und auch keine spanische Rente erhalte. Der Leistungsanspruch in Spanien richte sich jedoch nicht nach deutschen Rechtsvorschriften bzw. ihrer (der Beklagten) Satzung. Mit dem Schreiben übersandte die Beklagte dem Kläger den Vordruck E 121 ("Bescheinigungen über die Eintragung der Rentenberechtigten und ihrer Familienangehörigen und die Führung der Verzeichnisse") und forderte ihn auf, diesen Vordruck der spanischen Krankenkasse zur Einschreibung vorzulegen, um in Spanien einen ausreichenden Versicherungsschutz zu erhalten. Die Beklagte wies darauf hin, dass der Kläger im Bedarfsfall die nötigen Sachleistungen von dem spanischen Träger erhalte, dass die Leistungsgewährung jedoch ausschließlich nach den Rechtsvorschriften des spanischen Krankenversicherungsrechts erfolge, die ihr nicht bekannt seien. Ohne eine Einschreibung bei dem spanischen Träger habe der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung in Spanien. Die Beklagte wies abschließend auch darauf hin, dass ein etwaiges Pflegegeld nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urteil vom 05. März 1998 - C-160/ 96) von der deutschen Pflegekasse (nach Spanien) zu zahlen sei. Dieses Schreiben der Beklagten enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.

Mit Schreiben vom 11. Januar 2006, bei der Beklagten eingegangen am 18. Januar 2006, übersandte der Kläger zum einen den ausgefüllten Fragebogen und zum anderen die ärztliche Verordnung des in Spanien tätigen Arztes Dr. M. für einen Duschstuhl sowie eine Hüftorthese und bat um Übernahme der Kosten hierfür, die er auf EUR 95,00 und EUR 530,80 bezifferte. In dem Fragebogen bestätigte er, in Spanien keine Beschäftigung auszuüben und keine dortige Rente zu erhalten. In der Folgezeit forderte die Beklagte den Kläger mehrfach auf, die deutsche Krankenversicherungskarte zurückzugeben. Mit Schreiben vom 07. März 2006, eingegangen am 16. März 2006, äußerte der Kläger sein Befremden über das Schreiben vom 17. November 2005 und die darin mitgeteilte "ruhende Mitgliedschaft". Er lehne es ausdrücklich ab, in Spanien eine "permanente Residenzia" zu beantragen, um dort medizinische Versorgung zu erlangen. Außerdem sei die Versorgung in Spanien unzureichend und langwierig. Man müsse als gesetzlich Versicherter mehr als ein Jahr auf einen Termin beim Spezialisten warten. Er führte aus, sein Wohnsitz sei weiterhin in Deutschland, er habe sich jedoch in der letzten Zeit wegen seiner Krankheit wenig in Deutschland aufhalten können. Die Beklagte erwiderte unter dem 16. März 2006 und teilte erneut mit, dass Mitglieder einer deutschen Krankenkasse, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen EU-Staat hätten, Leistungsansprüche nur gegen den dortigen Krankenversicherungsträger geltend machen könnten. Sie wies darauf hin, dass der Kläger "gemäß EWG-Verordnungen" verpflichtet sei, sich in Spanien einschreiben zu lassen. Ihre (der Beklagten) Leistungen könne er im Ausland nicht mehr in Anspruch nehmen.

Mit Schreiben vom 06. April 2006, bei der Beklagten eingegangen am 19. April 2006, legte der Kläger ausdrücklich Widerspruch gegen das Schreiben vom 17. November 2005 ein. Er wandte sich gegen die dort angekündigte "ruhende Mitgliedschaft". Mit Schreiben vom 17. Mai 2006 erhob außerdem der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch gegen das Schreiben vom 17. November 2005. Dieser führte aus, das Schreiben stelle einen belastenden Verwaltungsakt dar. In ihm heiße es wörtlich, dass der Anspruch des Klägers auf Leistungen ruhe. Der Kläger habe jedoch seinen persönlichen Wohnsitz weiterhin in Deutschland und halte sich lediglich aus gesundheitlichen Gründen in Spanien auf. Er fragte die Beklagte außerdem, wie hoch der Pauschalbetrag sei, den die Beklagte monatlich an den zuständigen spanischen Krankenversicherungsträger für die Versorgung des Klägers zahlen müsse, und bat um Übersendung der einschlägigen EWG-Verordnungen. Die Leistungen der spanischen Krankenversicherung seien wesentlich schlechter. Es bestehe eine Notlage, da er wegen seines Gesundheitszustandes nicht nach Deutschland zurückkehren könne. Auch sei die Übernahme der Kosten für einen Krankentransport nach Deutschland durch die Beklagte nach deren Angaben nicht möglich. Der Kläger verwies auch auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 05. Juli 2005 (B 1 KR 4/04 R). Die Beklagte teilte am 14. Juni 2006 mit, der Kläger habe nach ihrer Ansicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien, unabhängig von den Gründen, aus denen er sich dort befinde. Sie habe den Kläger unter dem 17. November 2005 lediglich darüber informiert, dass seine Mitgliedschaft bei ihr weiterhin bestehen bleibe, er jedoch nur noch in Deutschland Anspruch auf Leistungen ihr gegenüber habe, während alle Leistungen in Spanien vom spanischen Krankenversicherungsträger zu erbringen seien. Der spanische Krankenversicherungsträger erhalte von ihr pro Monat eine Kopfpauschale von EUR 226,00. Außerdem fügte sie eine Kopie der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 (VO (EWG) Nr. 1408/71) bei.

Der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2006 zurück. Er führte aus, in dem Bescheid vom 17. November 2005 sei festgestellt worden, dass der Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wegen seines überwiegenden Aufenthaltes im Ausland ruhe und sich der Leistungsanspruch in Spanien nach den spanischen Rechtsvorschriften richte. Ihm sei mitgeteilt worden, dass er bei einem vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland Leistungen zu Lasten der Beklagten in Anspruch nehmen könne. Es sei unerheblich, aus welchen Gründen sich der Kläger nicht nur vorübergehend in Spanien aufhalte. Bei einem vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland habe der Kläger unmittelbar einen Anspruch auf Sach- und Dienstleistungen zu ihren Lasten. Dies bestätige auch die vom Kläger genannte Entscheidung des BSG. Da der Wohnort des Klägers nach Art. 1 Buchst. h) VO (EWG) Nr. 1408/71 in Spanien sei, richte sich der Anspruch auf Sachleistungen nach den eindeutigen europarechtlichen Bestimmungen der Art. 28 und 28a VO (EWG) Nr. 1408/71 nach den spanischen Rechtsvorschriften.

Am 08. November 2006 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Hamburg. Dieses verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 12. Januar 2007 an das Sozialgericht Karlsruhe (SG). Der Kläger berief sich wiederum auf die Urteile des BSG vom 05. Juli 2005 (B 1 KR 4/04 R) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 03. Juli 2003 (C-156/01). Wenn Berechtigte bei vorübergehendem Aufenthalt in Deutschland den vollen Sachleistungsanspruch hätten, könne ihm dieser Anspruch nicht verwehrt werden. Die Beklagte erhalte weiterhin Beiträge aus seiner Altersrente. Nachdem das SG ihn darauf hingewiesen hatte, für eine isolierte vorbeugende Feststellung bestehe wohl kein Rechtsschutzbedürfnis (Verfügung vom 12. März 2007), begehrte der Kläger auch die Erstattung zwischenzeitlich aufgelaufener Kosten für Behandlungen, Zahnersatz und die Versorgung mit Medikamenten in Spanien. Mit Schriftsatz vom 03. April 2007 legte er insoweit eine selbst gefertigte Aufstellung vor, nach der die Beklagte einen Teil der fraglichen Kosten in den Jahren 2004 bis 2006 erstattet habe, jedoch ein Gesamtbetrag von EUR 11.388,80 noch offen sei. Einen Teil hiervon, nämlich die Aufwendungen für eine Zahnersatzbehandlung in Höhe von EUR 1.320,00, habe er in einem eigenen Verfahren gegen die Beklagte geltend gemacht (Az. des SG: S 5 KR 1803/07, Az. des Berufungsverfahrens vor dem erkennenden Senat: L 4 KR 4458/07). Die restlichen Aufwendungen begehre er von der Beklagten. Rechnungen über die einzelnen Positionen (mit Ausnahme der gesondert geltend gemachten Zahnarztbehandlung) legte der Kläger nicht vor, verwies jedoch darauf, dass diese der Beklagten vorlägen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10. August 2007 ab. Es ging davon aus, der Kläger habe beantragt, (1) den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Entscheidung über das Ruhen seines Anspruchs auf Krankenversicherungsleistungen zurückzunehmen und ihm weiterhin Krankenversicherungsleistungen nach den deutschen Rechtsvorschriften zu gewähren, (2) die eingereichten Rechnungen nach den deutschen Rechtsvorschriften zu erstatten und (3) die Reduzierungen (bei den übernommenen Erstattungen) zu begründen. Alle diese drei Anträge seien unzulässig. Mit dem erstgenannten Antrag begehre der Kläger die Feststellung, er könne in Spanien Leistungen der Krankenversicherung entsprechend den deutschen Rechtsvorschriften in Anspruch nehmen und hierfür von der Beklagten Kostenerstattung fordern. Für eine derartige abstrakte Feststellung bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn bereits ein konkreter Leistungsfall vorliege, da diese Frage dann anhand des konkreten Falles geklärt werden könne und müsse. Würde die gerichtliche Prüfung nur auf eine Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs beschränkt wie hier auf das Ruhen eines Anspruchs im Ausland, handele es sich um eine unzulässige Elementenfeststellung. Die Anträge zu 2) und 3) seien unzulässige Klageänderungen. Die Beklagte habe nicht eingewilligt und die Klageänderung sei auch nicht sachdienlich. Dies beruhe u.a. darauf, dass die geänderten Anträge auch deswegen unzulässig wären, weil sie nicht Gegenstand des Antrags- und Widerspruchsverfahrens gewesen seien und es daher an einer notwendigen Prozessvoraussetzung fehle.

Ebenfalls am 10. August 2007 wies das SG die weitere Klage des Klägers (S 5 KR 1803/07) durch Gerichtsbescheid ab. Dort führte das SG aus, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Zahnbehandlung zu. Zunächst scheide § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V aus. Zwar könne nach dieser Vorschrift ein Erstattungsanspruch auch für Behandlungen im Ausland bestehen. Er habe aber die gleichen Voraussetzungen wie ein Anspruch im Inland. Hierzu gehöre, dass der Zahnarzt einen Heil- und Kostenplan erstelle und die Kasse diesen vor der Behandlung genehmige. Dies sei nicht geschehen. Auch aus Art. 34 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 ("Verordnung über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern") bestehe kein Anspruch. Nach dieser Vorschrift bestehe ein Anspruch auf Kostenerstattung, wenn der Versicherte die Formvorschriften des Art. 31 VO (EWG) 574/72 für den Bezug von Sachleistungen während des Aufenthalts in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat nicht habe einhalten können. Voraussetzung sei jedoch, dass auch ein vorrangiger Sachleistungsanspruch gegen den Träger im Aufenthaltsstaat bestanden habe. Die Versorgung mit Zahnersatz gehöre jedoch nicht zum Leistungskatalog der spanischen Krankenversicherung. Dies sei dem SG aus einer in einem früheren Verfahren eingeholten Auskunft der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung/Ausland bekannt.

Gegen den Gerichtsbescheid in dem Verfahren S 5 KR 749/07 hat der Kläger am 07. September 2007 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Der Kläger meint, bei dem durch das SG zu Ziff. 1) beschiedenen Antrag habe es sich nicht um einen reinen Feststellungsantrag gehandelt, sondern um einen Leistungsantrag dem Grunde nach, der in Sozialversicherungsfällen durchaus üblich sei. Hinsichtlich der Anträge zu 2) und 3) habe das SG bei der Beklagten nicht nachgefragt, ob sie in eine etwaige Klageänderung einwillige. Auch sei eine etwaige Klageänderung sachdienlich gewesen, weil der Rechtsstreit weder auf eine völlig neue Grundlage gestellt worden sei noch eine entsprechende Entscheidung der Beklagten gefehlt habe. Zur Frage seines gewöhnlichen Aufenthaltsorts trägt der Kläger vor: Er habe vor einigen Jahren ein Ferienhaus in Spanien zunächst gemietet und sodann gekauft. Dort habe er sich zunächst lediglich im Herbst und Winter aufgehalten. Sein Hauptwohnsitz sei in Deutschland geblieben. Ende 2004 habe er in Spanien heftig auftretende Schmerzen erlitten, die zu fast völliger Bewegungslosigkeit geführt hätten. Er sei sodann dort mehrfach an der Hüfte operiert worden. Die erste Operation sei fehlgeschlagen, auch die zweite Operation habe nicht die erhoffte Linderung gebracht. Er sei seitdem weitgehend bewegungsunfähig. Der geplante Ferienaufenthalt in Spanien sei gegen seinen Willen zum Daueraufenthalt geworden. Nach dem genannten Urteil des BSG richte sich sein Leistungsanspruch gegen die Beklagte weiterhin nach deutschem Recht. Er sei während seines gesamten Arbeitslebens, also fast 50 Jahre lang, Mitglied der Beklagten gewesen und könne schon aus diesem Grunde besondere Fürsorge und soziale Hilfe erwarten. Im Jahre 2008 seien von seiner Altersrente und seiner Betriebsrente monatlich EUR 523,72 an Beiträgen zur Beklagten abgezogen worden. Abzüglich der von der Beklagten zu zahlenden Kopfpauschale von EUR 226,00 verbleibe ein Überschuss von EUR 297,72 monatlich bzw. EUR 3.572,64 jährlich. Ihm sei bei seiner Übersiedlung nach Spanien bekannt gewesen, dass die Leistungen des dortigen Krankenversicherungssystems schlechter seien als in Deutschland. Er habe deshalb ausdrücklich keinen Antrag auf Übergang in die spanischen Krankenversicherung gestellt.

Der Kläger hat eine aktualisierte Aufstellung über die Kosten medizinischer Behandlungen in Spanien vom 08. November 2004 bis 09. November 2006 eingereicht, die wiederum nicht erstattete Aufwendungen von EUR 11.399,06 (einschließlich der in dem anderen Verfahren geltend gemachten EUR 1.344,00) umfasst. Weiterhin hat er vorgelegt die Zahlungsquittung einer medizinischen Fakultät in Tarragona vom 20. Oktober 2004 über EUR 3.000,00 und eine Rechnung vom 16. November 2004 über orthopädische Hilfsmittel über EUR 602,80 (die in der genannten Aufstellung nicht erscheint). Die weiter vorgelegten Unterlagen (Kassenbon einer spanischen Apotheke über EUR 24,00, Verordnung des Dr. M. und Zahnarztrechnung über EUR 1.320,00) betreffen das Parallelverfahren. Zu diesen Unterlagen trägt der Kläger vor, er habe die Rechnungen immer bar bezahlt und daher keine weiteren Nachweise über die Bezahlung.

Der Kläger beantragt

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. August 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm weiterhin Krankenversicherungsleistungen zu gewähren und die eingereichten Rechnungen nach den deutschen Rechtsvorschriften zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil erster Instanz und ihre Entscheidung.

Auf Anfrage hat das zuständige Einwohnermeldeamt dem Senat mitgeteilt, der Kläger sei nach wie vor an dem in der Berufungsschrift angegebenen Wohnort in Baden-Württemberg gemeldet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf eine Verpflichtung der Beklagten zur weiteren Gewährung von Krankenversicherungsleistungen nach deutschem Recht in Spanien unter Aufhebung des Bescheids vom 17. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2006 sowie auf Erstattung der in Spanien aufgelaufenen Kosten für Behandlungen und Medikamente, die sich nach der von ihm vorgelegten Aufstellung auf EUR 10.079,06 (EUR 11.399,06 abzüglich EUR 1.320,00 für den Zahnersatz) belaufen. Das in erster Instanz weiter erhobene Begehren, die Beklagte zu einer Begründung der Kürzungen bei den bisher geleisteten Erstattungen zu verpflichten, hat der Kläger nicht mehr aufrechterhalten und damit zurückgenommen.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2006 ist rechtmäßig. Die Begehren auf Verpflichtung zur Gewährung von Leistungen und auf Erstattung von Kosten sind unzulässig.

1. Das SG war zuständig. Für sozialrechtliche Ansprüche wie sie der Kläger in diesem Verfahren geltend macht, sind international ausschließlich die deutschen (Sozial)Gerichte zuständig. Die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. März 2003, L 2 KN 120/02 U, veröffentlicht in Juris, Rn. 24 f). Die örtliche Zuständigkeit des SG hat der Senat nicht mehr zu prüfen. Denn nach § 98 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), § 17a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob die Verweisung zulässig war.

2. Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) wegen des Bescheids vom 17. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2006 ist zulässig.

Die Mitteilung der Beklagten vom 17. November 2005 stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) dar, und zwar einen (deklaratorisch) feststellenden Bescheid. Die Beklagte hat darin ausgeführt, dass (etwaige) Leistungsansprüche des Klägers gegen sie ruhten, solange er sich in Spanien aufhalte. Dies ist eine Aussage mit rechtlicher Außenwirkung. Dieser Ansicht ist auch die Beklagte, denn sie hat den Widerspruch des Klägers gegen dieses Schreiben in der Sache beschieden und nicht als unzulässig zurückgewiesen.

Dem Kläger fehlt insoweit auch nicht die nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG nötige Klagebefugnis. Er kann behaupten, durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein. Auch ein feststellender Verwaltungsakt erwächst in Bindungswirkung und kann dann nur noch unter den Voraussetzungen der §§ 44 ff. SGB X überwunden werden. Er beeinträchtigt daher die materiellrechtliche Position seines Adressaten. Ein ordnungsgemäßes Vorverfahren (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG ) wurde durchgeführt.

2.1. Der Bescheid vom 17. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2006 ist zunächst rechtmäßig, weil die Beklagte berechtigt war, gegenüber dem Kläger das Ruhen der Leistungen wegen seines Auslandaufenthalts festzustellen. Insoweit handelt es sich entgegen der Ansicht des SG nicht um eine reine Elementenfeststellung. Der Kläger will gerade nicht einzelne Voraussetzungen eines bestimmten Anspruchs feststellen lassen. Der Antrag zielt vielmehr darauf, festzustellen, dass insgesamt noch Leistungsansprüche bestehen und nicht - wie die Beklagte meint - wegen des Aufenthalts des Klägers im Ausland ruhen.

2.2. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Leistungsansprüche des Klägers gegen sie insgesamt ruhen, solange er sich in Spanien aufhält. Dies folgt aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V.

Nach dieser Vorschrift ruht der Anspruch auf Leistungen, solange sich der Versicherte im Ausland aufhält, und zwar auch dann, wenn der Versicherte dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkrankt. Auch diese Vorschrift wird allerdings modifiziert und in ihrem Anwendungsbereich eingeschränkt durch die Regelungen des Europäischen Rechts. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 erhält ein Rentner, der u.a. nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats zum Bezug von Rente berechtigt ist und keinen Anspruch auf Sachleistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats hat, in dessen Gebiet er wohnt, dennoch Leistungen für sich und seine Familienangehörigen, sofern gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 18 und Anhang V - nach den Vorschriften des Staates, auf Grund deren die Rente geschuldet wird, Anspruch auf Sachleistungen bestünde, wenn er im Gebiet des betreffenden Staates wohnte. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a VO (EWG) Nr. 1408/71 bestimmt weiter, dass Sachleistungen der Träger des Wohnorts für Rechnung des in Abs. 2 bezeichneten Trägers gewährt, als ob der Rentner nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Gebiet er wohnt, zum Bezug einer Rente berechtigt wäre und Anspruch auf Sachleistungen hätte. Bei dem nach Abs. 2 bezeichneten Trägers handelt es sich um den Krankenversicherungsträger, der zuständig wäre, wenn der Rentner nach dem Recht des Mitgliedstaates, in dem er seine Rente bezieht, Anspruch auf Sachleistungen der Krankenversicherung hätte. Nach Art. 28 Abs. 2 Buchst. a VO übernimmt hiernach der zuständige Krankenversicherungsträger des Rentenbezugsstaates die Kosten für die Sachleistungen, wenn der Rentner Anspruch auf Sachleistungen lediglich aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats hat, nämlich des Staates, aus dem er seine Rente bezieht. Im Anwendungsbereich der europarechtlichen Vorschriften ruhen die Leistungsansprüche gegen den deutschen Träger im Inland daher - entgegen dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V - nicht schon dann, wenn sich der Versicherte im Ausland aufhält, sondern nur dann, wenn nach europäischem Recht entsprechende Ansprüche gegen den Krankenversicherungsträger am Aufenthaltsort bestehen. Diese europarechtlichen Regelungen gehen den innerstaatlichen vor, sodass es nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V dabei verbleibt, dass der Leistungsanspruch des versicherten Rentners nach deutschem Recht gegen seinen inländischen Träger ruht und er lediglich Ansprüche gegen den an seinem Wohnort zuständigen Krankenversicherungsträger geltend machen kann.

Dies hat entgegen der Ansicht des Klägers auch das BSG in der genannten Entscheidung (Urteil vom 05. Juli 2005, B 1 KR 4/04 R, veröffentlicht in Juris) nicht anders gesehen. Es hat dort (und in dem weiteren Urteil vom 16. Juni 1999, B 1 KR 5/98 R, veröffentlicht in Juris) entschieden, dass ein Pflichtversicherter in der Krankenversicherung der Rentner, der ausschließlich Rente aus der deutschen Rentenversicherung bezieht, seinen Status als Versicherter einer deutschen Krankenkasse nicht dadurch verliert, dass er seinen (einzigen) Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verlegt (BSG, Urteil vom 05. Juli 2005, a.a.O., Rn. 14). Dies folgt, wie das BSG ausgeführt hat, aus den einschlägigen europarechtlichen Vorschriften, insbesondere Art. 28 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71. Diese Vorschriften gehen den einschlägigen deutschen Regelungen vor, wie in § 30 Abs. 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I) anerkannt ist. Sie verdrängen daher auch § 3 Nr. 2 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV), wonach die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung gelten, soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit nicht voraussetzen, für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs haben. Nach dieser Vorschrift würde die Mitgliedschaft eines pflichtversicherten Rentners in der deutschen KVdR bei einer Verlegung seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts ins Ausland erlöschen. Ferner hat das BSG festgestellt, dass der weiter versicherte Rentner nach dem Territorialprinzip trotz seines Wohnsitzes im Ausland bei einem vorüber gehenden Aufenthalt in Deutschland - auch - Leistungsansprüche gegen den deutschen Krankenversicherungsträger geltend machen kann, wenn er sich entsprechend Art. 29 VO (EWG) Nr. 574/72 bei dem für die Krankenversicherung zuständigen Träger des Wohnsitzstaates angemeldet hat und daher grundsätzlich dort die gleichen Leistungsansprüche hat wie ein Angehöriger dieses Staates bzw. ein dort Versicherter, der ausschließlich von dem Wohnsitzstaat eine Rente bezieht (a.a.O., Rn. 16). Dass der Versicherte selbst bei einem Aufenthalt in Deutschland überhaupt noch Ansprüche hat, war unter anderem deswegen zweifelhaft, weil der Krankenversicherungsträger für alle in Betracht kommenden Behandlungen schon eine Pauschale an den ausländischen Träger zahlen muss und also für Behandlungen in Deutschland im Prinzip doppelt leisten musste. Das BSG hat nicht entschieden, dass Ansprüche auf Sachleistungen oder Kostenerstattung gegen den deutschen Träger auch für Behandlungen im ausländischen Wohnsitzstaat selbst bestehen. Dies hat auch der Gesetzgeber bestätigt, als er durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) in § 13 Abs. 4 Satz 1 (Halbsatz 2) SGB V bestimmte, dass Kostenerstattungsansprüche für Behandlungen in anderen Staaten der EU dann nicht bestehen, wenn der deutsche Krankenversicherungsträger für Behandlungen der betreffenden Versicherten in dem anderen Staat einen Pauschbetrag an den Krankenversicherungsträgers jenes Staates zu zahlen hat (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 20 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien in BT-Drs. 15/1525, S. 80). Hieraus folgt, dass - erst recht - ein Sachleistungsanspruch gegen den deutschen Träger nicht bestehen kann, denn ansonsten stellte sich die Frage einer Kostenerstattung nicht.

Auch das LSG Hamburg hatte im Urteil vom 22. Januar 2004 (- L 1 KR 43/02 -, veröffentlicht in Juris) nur über Sachleistungsansprüche der im EU-Ausland lebenden Versicherten im Inland entschieden, es hat ausgeführt, die Kläger könnten Krankenversicherungsleistungen in der Bundesrepublik Deutschland wie ein dort wohnender Versicherter in Anspruch nehmen (a.a.O., Rn. 16).

§ 16 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist auch nicht im Hinblick auf andere europarechtliche Vorschriften noch weitergehend einengend dahin auszulegen, dass auch dann Leistungsansprüche gegen den deutschen Träger vom Ruhen ausgenommen sind, wenn der Versicherte im Ausland nach dem dortigen Krankenversicherungsrecht, das für ihn gilt, keine entsprechenden Ansprüche hat. Zwar beruht auch die genannte Entscheidung des BSG, nach der bei einem vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland wieder Ansprüche bestehen, auf dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 03. Juli 2005 (C-156/01, SozR 4-6050 Art. 22 Nr. 1). Dort hatte der EuGH entschieden, dass der die Rente gewährende Mitgliedstaat auch Leistungsberechtigten nach Art. 28 VO (EWG) 1408/71 "gleichwohl", also trotz ihrer Absicherung im Wohnsitzstaat, "zusätzliche" soziale Leistungen gewähren kann. Dies hat Deutschland - nach Ansicht des BSG - durch die Gewährung der üblichen Leistungen bei einem Aufenthalt im Inland getan. Weitergehende Ansprüche, etwa auf Leistungen, die im Wohnsitzstaat nicht gewährt werden, begründet das SGB V wie ausgeführt jedoch nicht. Eine europarechtliche Verpflichtung zu solchen Leistungen besteht nach dem genannten Urteil des EuGH nicht, nur eine Berechtigung. Insbesondere verstößt es nicht gegen das Diskriminierungsgebot in Art. 12 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG), dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, ihren im EU-Ausland lebenden Angehörigen diejenigen Leistungen weiter zu gewähren, die nach dem Recht des Wohnsitzstaates nicht verlangt werden können. Art. 12 Abs. 1 EG verbietet den Mitgliedstaaten nur eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Sie müssen also - im Anwendungsbereich des EU-Rechts - ausländischen EU-Bürgern die gleichen Rechte einräumen wie ihren eigenen Staatsangehörigen. Hiergegen verstößt Deutschland nicht, weil es keinen im Ausland wohnenden Beziehern einer Rente weitergehende Krankenversicherungsleistungen gewährt, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.

Der Kläger hat seinen Wohnort in Spanien. Nach Art. 1 Buchst. h) VO (EWG) Nr. 1408/71 ist Wohnort der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts. Zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts zieht der Senat die Maßstäbe heran, wie sie auch zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I Anwendung finden. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Entscheidend ist die über eine vorübergehende Verweildauer hinausgehende Dauerhaftigkeit des tatsächlichen Aufenthalts an bestimmten Orten, die sich in bestimmten Umständen manifestieren müssen (Schlegel, juris-Praxiskommentar § 30 SGB I Rdnr. 35). Maßgeblich sind die objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnisse. Der gewöhnlicher Aufenthalt setzt (bei Kollisionsnormen des "internationalen" Sozialrechts) vor allem voraus, dass der Betreffende im streitigen Beitrags- oder Leistungszeitraum den örtlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland hat. Das bedeutet grundsätzlich auch, dass er sich in dieser Zeit überwiegend im Inland aufhalten muss. "Dauerhaft" ist dieser Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Dabei ist ein Domizilwille, d.h. der Wunsch an einem anderen Ort als dem bisherigen Aufenthaltsort Aufenthalt zu nehmen, der mit den sonstigen tatsächlichen Umständen nicht übereinstimmt, rechtlich unerheblich (BSG SozR 3-6710 Art. 1 Nr. 1). Allein der Wunsch an einem anderen Ort als dem bisherigen Aufenthaltsort Aufenthalt zu nehmen, begründet noch nicht einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt (BSG SozR 3-1200 § 30 Nr. 13). Ausgehend hiervon hält sich der Kläger jedenfalls seit Oktober 2004 gewöhnlich in Spanien auf. Denn er ist seit diesem Zeitpunkt nicht mehr nach Deutschland gereist, weil er sich nach seinem Vorbringen hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sieht. Dass sich dies in der Zukunft alsbald ändern wird, ist im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (vgl. BSG SozR 2200 § 205 Nr. 65) nicht erkennbar, weil der Kläger selbst seinen Aufenthalt in Spanien als Daueraufenthalt bezeichnet.

Da maßgeblich der gewöhnlichen Aufenthalt ist, kommt es nicht darauf an, ob der Kläger in Deutschland noch (formal) einen Wohnsitz hat oder nicht. Unabhängig davon hat der Kläger auch keinen Wohnsitz im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I in Deutschland mehr. Einen Wohnsitz hat nach dieser Vorschrift jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Auch insoweit sind maßgeblich die tatsächlichen Umstände. Zur Begründung oder Aufrechterhaltung eines Wohnsitzes reicht es nicht aus, dass der Kläger in Deutschland noch mit einem Wohnsitz gemeldet ist (vgl. BSG SozR 5870 § 1 Nr. 4). Ein Wohnsitz ist dann aufgegeben, wenn die Wohnung nicht mehr benutzt wird, und zwar weder durch Angehörige noch durch Bedienstete noch durch den Wohnungsinhaber selbst. Eine Ausreise ins Ausland ist als Aufgabe des Wohnsitzes anzusehen, wenn der Berechtigte den Umständen nach nicht ins Inland zurückkehren wird. Es ist ausreichend, wenn der Berechtigte seine inländische Wohnung in absehbarer Zeit nicht mehr benutzen wird; dass er sie niemals benutzen wird, ist nicht erforderlich (BSG SozR 5870 § 1 Nr. 4). Der Inlandswohnsitz wird bei einem Auslandsaufenthalt nur dann beibehalten, wenn der Betroffene entweder seinen Lebensmittelpunkt weiterhin am bisherigen Wohnort hat (keine Wohnsitzbegründung am Ort des Auslandsaufenthalts) oder er zwar keinen einheitlichen Lebensmittelpunkt mehr hat, er aber nunmehr über zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse verfügt und einer davon am bisherigen Wohnort liegt (zwei Wohnsitze; BSG SozR 3-5870 § 2 Nr. 3). Nach dem Zuvorgesagten liegt der Lebensmittelpunkt des Klägers in Spanien, weshalb trotz der in Deutschland vorgehaltenen Wohnung dort ein Wohnsitz nicht besteht.

Wegen seines Wohnorts in Spanien ist der Kläger nach Art. 28 Abs. 1 VO (EWG) 1407/71 daher dem dortigen Krankenversicherungssystem unterworfen. Ansprüche daraus stehen ihm zu, sobald er sich mit dem von der Beklagten übersandten Vordruck E 121 angemeldet hat. Die Beklagte muss nach Art. 28 i.V.m. Art. 95 VO (EWG) Nr. 574/72 für die Behandlungen des Klägers in Spanien einen Pauschbetrag an den dort zuständigen Träger zahlen (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Juni 2007, L 5 KR 183/06, veröffentlicht in Juris, Rn. 15). Sie hat diesen mit EUR 226,00 im Monat beziffert. Dass sich der Kläger bislang nicht in dem spanischen System angemeldet hat, ist seine freie Entscheidung, ändert aber nichts daran, dass wegen der Berechtigung dazu seine Ansprüche gegen die Beklagte ruhen.

3. Die Verpflichtungsklage ist unzulässig.

Der Kläger begehrt - anders als das SG gemeint hat - neben der Aufhebung des Bescheids vom 17. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2006 keine Feststellung, sondern die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen. Dies hat er von Anfang an deutlich so begehrt. Da er anwaltlich vertreten ist, muss auch bei der Auslegung seines Begehrens nach den §§ 133, 157 Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vom Wortlaut ausgegangen werden. Ob der dann gestellte Antrag zulässig ist, ist eine andere Frage, die aber nicht seine Auslegung beeinflusst. Da der Kläger trotz gerichtlicher Hinweise an seinem Antrag festgehalten hat, kommt auch eine Umdeutung (analog § 140 BGB) in einen Feststellungsantrag, den der Senat als sachgerecht angesehen hätte (dazu unter 4.), nicht in Betracht.

Der Verpflichtungsantrag ist zu unbestimmt, weil er die begehrten Leistungen nicht konkret benennt. Die Beklagte kann für Leistungen vielerlei Art zuständig sein, nicht nur für ärztliche Behandlungen. So wie der Kläger seinen Antrag stellt, würde er sogar auf die Gewährung von Krankengeld zielen, das ihm als Mitglied der KVdR keinesfalls zustehen kann. Auch die Voraussetzungen der verschiedenen Leistungen sind unterschiedlich, sodass im Einzelfall zusätzlich immer noch zu klären ist, gegebenenfalls durch weitere Rechtsstreite, ob die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen der vom Kläger begehrten Leistungen vorliegen. Dass der Antrag mit diesem Inhalt keinen Erfolg haben kann, erkennt der Kläger auch selbst an, denn er führt aus, er begehre - nur - die Verurteilung zu Leistungen dem Grunde nach. Auch ein Grundurteil nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG kann sich nur auf eine bestimmte, konkret bezeichnete Sozialleistung beziehen, etwa eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Krankengeld. Nur der Höhe nach muss ein etwaiger Leistungsanspruch nicht benannt zu werden. Ein Antrag, der nicht einmal eine konkrete Leistung für einen bestimmten Leistungsfall betrifft, ist auch hiernach zu unbestimmt (vgl. BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 3).

Als Klage auf Verurteilung zu künftigen Leistungen (§ 202 SGG i.V.m. § 257 ff. der Zivilprozessordnung [ZPO]) ist der Antrag aus denselben Gründen unzulässig. Auch die zukünftig begehrte Leistung muss konkret beschrieben sein. Dies zeigt sich z.B. in § 257 ZPO, wonach nur - auf künftige Geldzahlung, also eine Leistung in bestimmter Höhe, und auf Räumung eines (bestimmten) Grundstücks geklagt werden kann.

4. Als sachgerecht hätte der Senat einen Feststellungsantrag angesehen. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung besteht. Ein Rechtsverhältnis ist die Gesamtheit von Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder Personen und Objekten, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer Norm ergeben. Die Feststellungsklage muss aber nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen abzielen, es kann auch auf Feststellung einzelner Rechte und Pflichten geklagt werden, die auf dem Rechtsverhältnis im umfassenden Sinn aufbauen und von seinem Inhalt abhängen (BSG SozR 4-7822 § 3 Nr. 1). Der Feststellungsantrag hätte auf das gesamte Leistungsrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten gezielt. Auch dieser "Leistungsteil" der Mitgliedschaft kann - neben dem Beitragsrechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG sein. Beide Teile des Mitgliedschaftsverhältnisses sind selbstständig und bedingen einander nicht einmal, weil es auch beitragsfreie Mitgliedschaften in einer gesetzlichen Krankenkasse gibt (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 22. Januar 2004 - L 1 KR 43/02 -, veröffentlicht in Juris).

5. Der Antrag auf Kostenerstattung ist ebenfalls unzulässig. Der Senat lässt offen, ob es sich um eine nach § 99 Abs. 1 SGG unzulässige Klageänderung handelt, weil der Kläger in der ursprünglichen Klagschrift noch keine Kostenerstattung beantragt hatte. Auch wenn die Klageänderung zulässig wäre, müssen für die geänderte Klage die allgemeinen Prozessvoraussetzungen gegeben sein. Dies ist nicht der Fall, weil hinsichtlich des Antrags, die Beklagte zur Erstattung der entstandenen Kosten für die Behandlungen in Spanien zu verurteilen, das nach § 78 Abs. 1 SGG erforderliche Vorverfahren fehlt. Der Kläger hatte in diesem Verfahren lediglich den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2006 angefochten, mit dem das Ruhen seiner Leistungsansprüche während seines Aufenthalts in Spanien festgestellt worden war. Über einen konkreten Kostenerstattungsanspruch hat die Beklagte insoweit nicht entschieden, auch im Widerspruchsverfahren nicht. Die einzige Entscheidung über eine konkrete Kostenerstattung betraf die Zahnersatzbehandlung. Dieser Komplex ist aber Gegenstand des Parallelverfahrens.

Der Antrag ist ferner zur Zeit deswegen unzulässig, weil der Kläger auch hier - nur - eine Verurteilung zur Zahlung dem Grunde nach begehrt, obwohl er den Zahlungsantrag bereits beziffern könnte, da er sämtlich abgeschlossene und abgerechnete Behandlungen geltend macht. Soweit einem Versicherten Kosten für eine selbstbeschaffte Sachleistung bereits entstanden und diese bezifferbar sind, setzt ein zulässiger Antrag auf Kostenerstattung voraus, dass der Klageantrag beziffert wird. Denn ein Kostenerstattungsanspruch hat stets die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags zum Inhalt. Es muss daher ein bezifferter Zahlungsantrag gestellt und in der Klageschrift dargelegt werden, wie sich dieser Betrag im Einzelnen zusammensetzt (z.B. BSG SozR 3-2500 § 37 Nr. 1; SozR 4-2500 § 39 Nr. 2, ständige Rechtsprechung).

6. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG lagen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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