L 4 R 5264/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1175/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 5264/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 09. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Umwandlung freiwilliger Rentenversicherungsbeiträge in Pflichtbeiträge bzw. Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit. Er stützt sich im Wesentlichen auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.

Der Kläger ist am 1940 geboren. Er absolvierte bis zum 01. April 1961 seine Schulausbildung. Vom 04. April 1961 bis zum 30. Juni 1962 leistete er Wehrdienst, zuletzt als Soldat auf Zeit. Sodann war er vom 02. Juli bis zum 28. September 1962 abhängig beschäftigt. Vom 01. November 1962 bis zum 24. April 1968 absolvierte er eine Hochschulausbildung, wobei die Zeit vom 01. Juli 1967 bis 30. April 1968 auch mit Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung belegt ist. Vom 01. Mai 1968 bis zum 31. Juli 1992 war der Kläger ununterbrochen abhängig beschäftigt und entrichtete Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Vom 01. August bis 30. November 1992 war er arbeitslos, die damalige Bundesanstalt für Arbeit entrichtete Pflichtbeiträge aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld.

Im Dezember 1992 nahm der Kläger eine selbstständige Tätigkeit als Berater "im Bereich Verkehrssysteme Luft, Navigation, Kommunikation und Überwachung in der Luftfahrt" auf. Am 09. Dezember 1992 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zulassung zur Beitragszahlung für eine freiwillige Versicherung. Das Formular enthielt auch einen Antrag auf Aufnahme in die Pflichtversicherung für Selbstständige. Dieser Abschnitt ist durchgestrichen. Dem Antrag wurde stattgegeben (Bescheid vom 21. Januar 1993) und der Kläger entrichtete vom 01. Dezember 1992 bis zum 31. Dezember 2000 ununterbrochen freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung. Während dieser Zeit war er vom 01. Januar bis 21. März 1996 sowie im Januar 2000 arbeitsuchend gemeldet.

Auf den Antrag des Klägers vom 26. März 2004 hin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2004 Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 01. Januar 2004 mit einem monatlichen Zahlbetrag von EUR 1.051,30. Wegen eines um 21 Kalendermonate vorzeitigen Rentenbeginns verminderte sie hierbei den Zugangsfaktor um 0,063 auf 0,937. Der Rentenberechnung legte sie entsprechend 43,9945 statt 46,9525 persönliche Entgeltpunkte zu Grunde.

Mit Schreiben vom 09. Mai 2004, bei der Beklagten eingegangen am 14. Juni 2004, wandte sich der Kläger an die Beklagte und trug vor, sein Jahrgang falle in den Übergangsbereich bezüglich einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, eine solche Rente würde ab dem 01. Januar 2004 nur um 1,8 statt 6,3 v.H. gekürzt. Er bitte darum, dies bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin unter dem 20. Juli 2004 mit, das Schreiben werde nicht als Widerspruch gegen den Rentenbescheid vom 23. April 2004 gewertet, weil dieser verfristet wäre, sondern als Überprüfungsantrag. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Juli 2004 ab. Sie führte aus, die dem Kläger gewährte Rente sei in zutreffender Höhe festgestellt worden. Der Kläger habe ab dem 01. Januar 2004 lediglich einen Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, nicht jedoch auf Rente wegen Arbeitslosigkeit. Voraussetzung für eine solche Rente sei u.a., dass bei Rentenbeginn Arbeitslosigkeit vorgelegen habe. Der Kläger habe jedoch angegeben, ab dem 26. September 2002 nicht mehr beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet gewesen zu sein.

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 12. August 2004 Widerspruch. Er sei seit dem Jahre 2000 tatsächlich arbeitslos gewesen. Er habe sich am 17. Mai 2001 bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Seine selbstständige Beschäftigung sei bereits im Jahre 1999 ausgelaufen, weil es bei seinem damaligen Hauptauftraggeber Bedenken wegen einer eventuellen Scheinselbstständigkeit gegeben habe. Ohne die selbstständige Tätigkeit wäre er bereits seit 1992 kontinuierlich arbeitslos gewesen. Er legte die Bescheinigung der zuständigen Agentur für Arbeit vom 09. August 2004 vor, nach der er vom 17. Mai 2001 bis zum 02. März 2004 arbeitsuchend gemeldet gewesen sei. Während des Widerspruchsverfahrens beantragte der Kläger mit Schreiben vom 18. Januar 2005, die gewährte Rente für langjährig Versicherte in eine Rente wegen Arbeitslosigkeit umzuwandeln, und diese rückwirkend ab dem 01. Oktober 2000 ohne Rentenabschläge zu gewähren, es sollten, soweit erforderlich, die geleisteten freiwilligen Beiträge wie Pflichtbeiträge berücksichtigt werden. Der Kläger trug erneut vor, eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit sei für ihn wegen des geringeren Rentenabschlags günstiger. Dies habe die Beklagte im Rahmen ihrer Beratungen bei der Rentenantragstellung offensichtlich übersehen.

Mit Bescheid vom 08. Februar 2005 lehnte die Beklagte den "Antrag vom 26. März 2004 auf Altersrente nach § 237 SGB VI ab dem 01. Januar 2004" ab. Die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit setze auch voraus, dass in den letzten zehn Jahren vor ihrem Beginn acht Jahre mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt seien. In dem für den Kläger maßgeblichen Zehnjahreszeitraum von Januar 1994 bis Dezember 2003 seien keine Pflichtbeiträge nachgewiesen. Anstelle einer Rechtsmittelbelehrung enthielt dieser Bescheid den Hinweis, er werde Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens. Gleichwohl erhob der Kläger Widerspruch. Die Beklagte teilte ihm ergänzend unter dem 17. März 2005 mit, der Zehnjahreszeitraum verlängerte sich nur um in diesem Zeitraum liegende Anrechnungszeiten, bei ihm 32 Kalendermonate wegen Arbeitslosigkeit. Hieraus ergebe sich ein neuer verlängerter Zehnjahreszeitraum von Mai 1991 bis Dezember 2003. In diesem Zeitraum lägen nur 19 Kalendermonate Pflichtbeiträge vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2005 wies sodann die bei der Beklagten errichtete Widerspruchsstelle den Widerspruch des Klägers gegen den Überprüfungsbescheid vom 30. Juli 2004 zurück. Sie führte aus, der Rentenbewilligungsbescheid vom 23. April 2004 sei nicht rechtswidrig. Der Kläger habe nur Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte. Diese Rente, die vorzeitig um 21 Monate vor dem 65. Lebensjahr in Anspruch genommen worden sei, sei richtig berechnet worden. Ein Anspruch auf eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bestehe dagegen nicht. Zwar verlängere sich der relevante Zehnjahreszeitraum bei ihm um Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit für 32 Monate auf die Zeit von Mai 1991 bis Dezember 2003. In diesem Zeitraum befänden sich jedoch nur 19 Monate mit Pflichtbeitragszeiten und daher nicht die erforderliche Anzahl von 96. Sie (die Beklagte) habe im Verfahren über den Rentenantrag des Klägers auch keine Auskunftspflichten verletzt.

Der Kläger erhob am 21. Juli 2005 gegen diesen Widerspruchsbescheid Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG; S 4 R 2273/05) mit dem Begehren, vorgezogene Altersrente ohne Abschläge wegen Arbeitslosigkeit ab dem 60. Lebensjahr rückwirkend zu erhalten. Im Laufe des Klageverfahrens beantragte er dann auch, die von ihm geleisteten freiwilligen Beiträge zur Rentenversicherung in Pflichtbeiträge umzuwandeln. Der Kläger trug nun erstmals vor, Mitarbeiter der Beklagten hätten ihn während seiner Arbeitslosigkeit im Jahre 1992 falsch beraten. Man habe ihm damals angeraten, während seiner selbstständigen Tätigkeit freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung zu leisten, um seine Anwartschaft auf eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten. Er solle hierfür mindestens die Minimalbeiträge zahlen. Es seien jedoch nicht die Konsequenzen einer mehr als zweijährigen freiwilligen Beitragszahlung im Hinblick auf den Verlust des Anspruchs auf eine vorgezogene ungekürzte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit benannt worden. Auch habe der Mitarbeiter der Beklagten nicht auf die Möglichkeit hingewiesen, auf Antrag Pflichtbeiträge zu leisten. Dieser Hinweis sei aber angezeigt gewesen. Ihm sei stets bewusst gewesen, dass seine Verdienstmöglichkeiten wegen seines extremen spezialisierten Arbeitsbereichs von einem Auftraggeber abhänge und keineswegs die stetige und langfristige Auslastung bis zum 65. Lebensjahr gesichert gewesen sei. Hätte er die Rechtslage gekannt, hätte er selbstverständlich Pflichtbeiträge anstelle der freiwilligen Beiträge geleistet. Nachdem sich die Beklagte in jenem Klageverfahren bereit erklärt hatte, über diesen Antrag zu entscheiden, nahm der Kläger die Klage zurück.

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Umwandlung der freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge ab. Sie führte aus, es liege keine fehlerhafte Beratung vor, außerdem gebe es für die begehrte Umwandlung keine gesetzliche Grundlage. Den Widerspruch des Klägers wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2006 zurück. Er führte ergänzend aus, der Kläger habe aus dem damaligen Formantrag auf Zahlung freiwilliger Beiträge erkennen können, dass selbstständig Tätige auch Pflichtbeiträge entrichten könnten. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass der Kläger damals nicht auf die Möglichkeit einer Pflichtversicherung hingewiesen worden sei. Diese Unaufklärbarkeit gehe nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Ungunsten des Klägers aus. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bestehe daher nicht.

Der Kläger erhob am 27. März 2006 erneut Klage zum SG. Er begehrte, es solle festgestellt werden, dass die Beratungsstellen der Beklagten ihn falsch beraten hätten und die durch die Falschberatung entstandenen Nachteile bei der Rente seien auszugleichen, indem ihm die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2006 eine ungekürzte vorzeitige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab seinem 60. Geburtstag gewähre. Er trug vor, angesichts seiner beruflichen Situation hätte er niemals bewusst auf die Möglichkeit einer vorzeitigen ungekürzten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit verzichtet. Es sei glaubhaft, dass er während der Beratungen bei der Beklagten im Jahre 1992 seine spezielle Situation angesprochen und auch auf die unsichere zukünftige Beschäftigungslage hingewiesen habe. Ihm sei lediglich geraten worden, die minimalen freiwilligen Beiträge zu zahlen, um den Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit aufrecht zu erhalten. Mit keinem Wort sei jedoch damals auf die Möglichkeit zur Sicherung eines Anspruchs auf vorzeitige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit eingegangen worden. Auch sei nicht erwähnt worden, dass er später von den freiwilligen Beiträgen auf eine Pflichtversicherung hätte übergehen können. Für einen kompetenten Berater hätte erkennbar sein müssen, dass seine (des Klägers) Selbstständigkeit nicht auf Dauer abgesichert gewesen sei, zumal er (der Kläger) hierauf hingewiesen habe. Der Antrag vom 09. Dezember 1992 sei nicht von ihm (dem Kläger), sondern von dem damaligen Berater ausgefüllt worden. Zum Nachweis der Arbeitslosigkeit legte der Kläger die Bestätigungen der Agentur für Arbeit L. vom 21. Juli 2005, wonach er vom 01. Januar bis 23. März 1996 arbeitslos gemeldet gewesen sei, vom 21. August 2006, wonach sich aus den Aufzeichnungen nachvollziehen lasse, dass er sich am 17. Mai 2001 gemeldet habe, und vom 30. Oktober 2006, dass er sich im Januar 2000 arbeitsuchend gemeldet habe, sowie die Bescheid über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für 2000 und 2001. vor

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Es habe nicht angenommen werden müssen, dass der Kläger die gerade begonnene selbstständige Erwerbstätigkeit nicht bis zum Rentenalter ausüben werde.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 09. Oktober 2007 ab. Es führte aus, ein Anspruch auf die begehrte Umwandlung in Pflichtbeiträge könne sich allenfalls aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ergeben. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs seien jedoch nicht erfüllt. Die Beklagte habe den Kläger 1992 nicht falsch beraten. Zur Zeit der damaligen Beratung hätten weder der Kläger noch die Beklagte wissen können, ob der Kläger zu irgendeinem späteren Zeitpunkt eine der vorzeitigen Altersrenten in Anspruch nehmen werde. Die verschiedenen Altersrenten hätten unterschiedliche Voraussetzungen. Ein Rentenversicherungsträger müsse sie nicht in allen Einzelheiten vorstellen. Auch wegen der besonderen beruflichen Situation des Klägers habe kein Anlass bestanden, gerade auf die Rente wegen Arbeitslosigkeit hinzuweisen. 1992 habe der Kläger am Beginn seiner selbstständigen Tätigkeit gestanden. die weitere Entwicklung, die Auftragslage und der weitere Berufsweg des Klägers hätten damals nicht vorhergesehen werden können. Insbesondere sei eine erneute Arbeitslosigkeit als Voraussetzung für eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit damals ebenso wahrscheinlich bzw. unwahrscheinlich gewesen wie der Eintritt einer Erwerbsminderung oder die Erfüllung der Voraussetzungen einer anderen Altersrente. Besondere Anhaltspunkte, den Kläger auf eine bestimmte Art der vorgezogenen Altersrenten hinzuweisen, habe es für die Beklagte damals nicht gegeben. Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass die Altersgrenzen für den Bezug der besonderen Altersrenten erst mehrere Jahre nach der Beratung des Klägers angehoben worden seien. Die jetzigen Altersgrenzen für eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit seien erst durch das Gesetz vom 23. Juli 1996 mit Wirkung vom 01. August 1996 eingeführt worden. Von der Beklagten könne nicht erwartet werden, dass sie bereits 1992 auf die erst später eingeführten Altersgrenzen und die damit für den Kläger verbundenen Folgen hätte hinweisen müssen.

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 06. November 2007 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt erneut vor, die Beklagte habe ihre ihm gegenüber bestehenden Beratungspflichten grob fahrlässig verletzt. Ihm seien hieraus erhebliche Nachteile entstanden. Er habe 1992 im Alter von 52 Jahren seine Arbeitsstelle verloren und sich selbstständig machen müssen, um nicht in dauerhafter Arbeitslosigkeit zu bleiben. Es habe für ihn damals hauptsächlich nur einen Auftraggeber, nämlich die Bundesanstalt für Flugsicherung (BSF), gegeben. Bereits sein erster Auftrag sei befristet gewesen. Es sei nachvollziehbar, dass er diese besondere persönliche Situation bei den Beratungsgesprächen 1992 angesprochen habe. Es sei damals eine erneute Arbeitslosigkeit weitaus wahrscheinlicher gewesen als etwa eine Erwerbsminderung. Die Beklagte habe ihn deswegen damals auch über die Konsequenzen einer freiwilligen Beitragszahlung im Hinblick auf eine Rente wegen Arbeitslosigkeit und die Modalitäten für die weitere Zahlung von Pflichtbeiträgen hinweisen müssen. Fehlerhaft sei auch gewesen, dass nicht überprüft worden sei, ob er als Selbstständiger mit nur einem Auftraggeber nicht grundsätzlich der Pflichtversicherung nach § 2 Satz 1 Nr. 9 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) unterlegen hätte.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 09. Oktober 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2006 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, die vom 01. Dezember 1992 bis 31. Januar 2000 gezahlten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträgen umzuwandeln und ihm eine ungekürzte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01. Oktober 2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, sie müsse ohne konkrete Nachfrage nur auf "naheliegende" Gestaltungsmöglichkeiten hinweisen. Bei besonderen Lebenssachverhalten obliege es dem Antragsteller, konkrete Fragen zu stellen. Ihrem damaligen Berater habe es sich nicht aufdrängen müssen, dass der Antragsteller nach acht Jahren der gerade begonnenen selbstständigen Tätigkeit wieder arbeitslos sein werde. Den Beratern obliege es nicht, alle Versicherten ohne Nachfrage über sämtliche in Betracht kommenden Rentenansprüche und deren Voraussetzungen individuell aufzuklären. Zu diesem Zweck lägen in ihren Auskunfts- und Beratungsstellen Informationshefte zu den einzelnen Rentenarten aus. Es sei auch keineswegs belegt, dass der Kläger nach einer anderen Beratung die Pflichtversicherung auf Antrag auch wirklich eingegangen wäre. Gerade im Hinblick auf seine schwierige wirtschaftliche Situation zu Beginn der selbstständigen Tätigkeit sei es zweifelhaft, ob er die im Vergleich zu einer freiwilligen Versicherung teurere und nicht wieder aufzulösende Antragspflichtversicherung wirklich eingegangen wäre. Auch sei eine solche Pflichtversicherung nur für die Dauer der selbstständigen Tätigkeit zulässig. Der Kläger müsse also noch darlegen und beweisen, dass er vor Dezember 1992 bis Mai 2001 mindestens acht Jahre lang tatsächlich selbstständig tätig gewesen sei. Ohne eine solche Tätigkeit hätte er die notwendigen Pflichtbeiträge nicht entrichten können.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1. Wie das SG zu Recht ausgeführt hat, besteht eine gesetzliche Grundlage für die Umwandlung freiwilliger Beiträge in eine andere Art von Beiträgen nicht. Eine "Umwandlung" von Beiträgen in eine andere Art ist im Rentenversicherungsrecht nur in § 26 Abs. 1 Satz 2 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) und in § 202 Satz 1 SGB VI vorgesehen. Beide Normen betreffen aber Beiträge, die als Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, aber als solche nicht wirksam werden konnten. Sofern sie nicht rechtzeitig beanstandet werden, gelten sie tatsächlich als wirksame Pflichtbeiträge, wenn sie beanstandet, aber nicht zurückgefordert werden, gelten sie als freiwillige Beiträge. Eine Regelung, nach der freiwillige Beiträge zu Pflichtbeiträgen werden, gibt es dagegen nicht. Sie würde auch zu einem unvertretbaren Vorteil des Versicherten führen, denn Pflichtbeiträge haben oftmals eine weitergehende Wirkung als freiwillige Beiträge.

2. Auch aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch heraus kann der Kläger von der Beklagten nicht die Umwandlung der gezahlten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge verlangen.

2.1. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Hierzu gehört, dass sich der Betroffene "aufklärungsrichtig" verhalten hätte, also bei regelrechter Beratung jene Gestaltung gewählt bzw. jenes Verhalten gezeigt hätte, das zu der begehrten Rechtsfolge geführt hätte. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen. Insgesamt darf der Herstellungsanspruch nicht zu einem rechtswidrigen Zustand führen (vgl. zu allem Bundessozialgericht - BSG - SozR 3-4100 § 249e Nr. 4 S. 37 m.w.N). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.

2.2. Zunächst könnte die Beklagte die vom Kläger begehrte Rechtsfolge, nämlich die Umwandlung der freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge, nicht durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln herbeiführen. Für eine solche Umwandlung fehlt die Rechtsgrundlage vollständig, sie ist in der, wie unter 1. dargelegt, Rechtsordnung generell nicht vorgesehen. Allenfalls könnte ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch darauf zielen, dass die Beklagte den Kläger nachträglich zu der begehrten Antragspflichtversicherung als Selbstständiger nach § 4 Abs. 2 SGB VI zulässt und ihm gestattet, die seit 1992 fälligen Pflichtbeiträge nachzuzahlen (vgl. BSG, SozR 4-2600 § 4 Nr. 2). Parallel müsste sie dann die freiwilligen Beiträge erstatten. Diese könnten zwar mit dem Anspruch gegen den Kläger auf die Pflichtbeiträge verrechnet werden. Jedoch sind die Pflichtbeiträge in der Regel höher, da sie nach § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB VI grundsätzlich nach der Bezugsgröße oder dem tatsächlichen Einkommen berechnet werden, während freiwillige Beiträge nach § 167 SGB VI nach Wahl des Versicherten auch nur aus - heute - EUR 400,00 berechnet werden können. Der Kläger müsste also in jedem Falle noch Pflichtbeiträge nachzahlen. Außerdem setzt auch eine nachträgliche Zulassung zur Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB VI voraus, dass der Kläger in dem gesamten betroffenen Zeitraum tatsächlich selbstständig tätig war. Eine solche, mindestens achtjährige selbstständige Tätigkeit des Klägers in dem relevanten Zeitraum ist nicht nachgewiesen. Sie erscheint sogar zweifelhaft, denn der Kläger war nach seinem eigenen Vortrag, den er mit den beim SG vorgelegten Bestätigungen der Agentur für Arbeit L. bekräftigte, während dieses Zeitraums mehrmals für einige Monate arbeitsuchend gemeldet und hat sich damit dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt, was darauf hindeutet, dass er in diesen Zeiten nicht für mindestens 15 Stunden wöchentlich selbstständig tätig war.

2.3. Auch ein Beratungsfehler der Beklagten lässt sich nicht feststellen.

Sozialleistungsträger sind nach § 14 SGB I verpflichtet, jeden über seine Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch zu beraten. Sie müssen Fragen umfassend und richtig beantworten. Ohne eine solche konkrete Nachfrage des Ratsuchenden muss ein Leistungsträger auf konkrete Gestaltungsmöglichkeiten oder andere Umstände von sich aus nur dann hinweisen, wenn diese nur naheliegen. Dies ist immer dann der Fall, wenn in einer bestimmten Situation, die der Ratsuchende schildert oder die dem Leistungsträger sonst bekannt geworden sind, eine bestimmte sozialrechtliche Gestaltung angezeigt ist, um erhebliche Nachteile abzuwenden oder besondere Möglichkeiten zu erhalten, und der Ratsuchende von sich aus um diese Möglichkeit nicht weiß. Nach der Rechtsprechung muss ein Sozialleistungsträger auf die Möglichkeit einer Antragspflichtversicherung für Selbstständige insbesondere dann hinweisen, wenn nur auf diese Weise die Anwartschaft für eine Rente wegen Erwerbsminderung aufrecht erhalten werden kann (vgl. BSG, SozR 3-1200 § 14 Nr. 15; BSG, SozR 4-2600 § 4 Nr. 2).

Eine solche Situation bestand in den Beratungsgesprächen des Klägers mit der Beklagten im Jahre 1992 nicht. Denn diese Anwartschaft konnte durch die Zahlung freiwilliger Beiträge - wie erfolgt - aufrecht erhalten bleiben. Bei der Beratung 1992 war für den Kläger, der aus einer abhängigen Beschäftigung ausgeschieden war und sich selbstständig machen wollte, aktuell relevant nur die Aufrechterhaltung der Ansprüche auf eine Rente wegen Erwerbsminderung (bzw. damals auf eine Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit). Zur Aufrechterhaltung dieser Anwartschaften reichten jedoch die freiwilligen Beiträge, die die Beklagte dem Kläger damals empfohlen hat, aus. Der Kläger musste nämlich entgegen § 43 Abs. 1 Nr. 2 und § 44 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI in der damaligen Fassung in den fünf Jahren vor Eintritt einer eventuellen Erwerbsminderung keine drei Jahre mit Pflichtbeiträgen nachweisen. Er unterfiel der Sonderregelung der §§ 240 Abs. 2 und § 241 Abs. 2 SGB VI a.F. Er hatte nämlich vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt und die Zeit danach ununterbrochen mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Als weitere Anwartschaftserhaltungszeiten bis zum eventuellen Eintritt einer Erwerbsminderung reichten die freiwilligen Beiträge aus, die der Kläger auch tatsächlich zahlte (§ 240 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI).

Die Beklagte musste damals nicht auf die Möglichkeit hinweisen, durch eine Antragspflichtversicherung für selbstständig Tätige auch den Anspruch als eine vorgezogene und gegebenenfalls abschlagfreie Rente wegen Arbeitslosigkeit nach § 38 SGB VI in der damaligen, bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung, seit 01. Januar 2000 § 237 Abs. 1 SGB VI, zu wahren. Der Kläger hatte nicht ausdrücklich nach den Voraussetzungen für den Bezug vorgezogener Altersrenten oder konkret der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit gefragt. Eine Beratung im Hinblick auf diese Altersrente war auch nicht wegen nahe liegender Umstände im Sinne der Rechtsprechung zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch angezeigt. Nach der 1992 geltenden Rechtslage setzte die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 38 SGB VI voraus: Vollendung des 60. Lebensjahres, Arbeitslosigkeit bei Renteneintritt, Mindestdauer der Arbeitslosigkeit 52 Wochen, acht Jahre Pflichtbeitragszeiten in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente und Erfüllung der Wartezeit von 15 Jahren. Diese Voraussetzungen entsprechen grundsätzlich den heutigen Regelungen in § 237 Abs. 1 SGB VI. Signifikante Unterschiede bestehen nur darin, dass die 52-wöchige Arbeitslosigkeit heute nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und sechs Monaten liegen muss und die achtjährige Pflichtbeitragszeit eine versicherte Tätigkeit betreffen muss. Auch die Variante, diese Rente nach Altersteilzeit zu beziehen (§ 237 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b SGB VI), gab es damals noch nicht. Es bestand kein Anlass für die Beklagte, von sich aus in Erwägung zu ziehen, dass der Kläger sieben bzw. acht Jahre nach der damaligen Beratung erneut arbeitslos sein würde. Der Kläger hatte sich damals gerade selbstständig gemacht. Auch angesichts seines damaligen Lebensalters von 52 Jahren war nicht davon auszugehen, dass diese selbstständige Tätigkeit keinen dauerhaften Erfolg haben würde. Auch der Umstand, dass eine selbstständige Tätigkeit immer mit dem Risiko verbunden ist, aufgrund fehlender Aufträge diese nicht weiter ausüben zu können, zwang die Beklagte nicht, ungefragt zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit Auskunft zu erteilen. Wenn entsprechend dem schriftsätzlichen Vortrag des Klägers aufgrund der 1992 zur Verfügung stehenden Informationen seine selbstständige Tätigkeit auf einer unsicheren Basis beruht haben sollte, wäre es wahrscheinlicher gewesen, dass alsbald nach Aufnahme der selbstständige Tätigkeit erneute Arbeitslosigkeiteintritt. Bei einem baldigen Eintritt der Arbeitslosigkeit nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit wären aber die Voraussetzungen für eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit schon wegen der fehlenden Vollendung des 60. Lebensjahres nicht erfüllt gewesen. Das Risiko der Arbeitslosigkeit wäre dann vielmehr über Leistungen der Arbeitslosenversicherung abzudecken gewesen. Dass eine Arbeitslosigkeit gerade in dem Zeitraum eintritt, den die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit voraussetzt, kann nicht vorhergesehen werden. Hinzu kommt, dass der Zeitraum von 1992 bis zum nach damaligen Recht frühestmöglichen Rentenbeginn im Jahre 2000 mit acht Jahren so lang war, dass auch die konkrete Gefahr weiterer gesetzgeberischer Änderungen bestand, auch an den Voraussetzungen der vorgezogenen Altersrenten.

2.4. Weiterhin ist der Senat auch nicht davon überzeugt, dass sich der Kläger bei einer umfassenderen Beratung für eine Antragspflichtversicherung statt einer freiwilligen Versicherung entschieden hätte. Wenn seine wirtschaftliche Situation in der selbstständigen Tätigkeit, wie er sie heute schildert, wirklich so ungünstig war, dann ist eher davon auszugehen, dass sich der Kläger auf den Erhalt seiner Anwartschaften auf eine Rente wegen Erwerbsminderung durch freiwillige Beiträge beschränkt hätte. Auch war zu berücksichtigen, dass die Antragspflichtversicherung nicht wieder verlassen werden kann, solange ihre Voraussetzungen vorliegen, sowie die deutlich höheren Beiträge zu entrichten gewesen wären.

3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

Der Senat lässt offen, ob dieser Antrag zulässig war. Denn die Beklagte hat im Bescheid vom 27. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2006, der allein Gegenstand des Rechtsstreits ist, nur über die Frage der Umwandlung der für die Zeit vom 01. Dezember 1992 bis 31. Januar 2000 gezahlten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge entschieden, nicht aber über die Bewilligung einer Altersrente, insbesondere nicht einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Allein dies hatte der Kläger - aus dem ersten Prozess vor dem SG heraus - auch nur beantragt. Einen - erneuten - Überprüfungsantrag gerichtet auf Abänderung des Rentenbescheids und Zahlung einer anderen und damit höheren Altersrente, hatte der Kläger in diesem Verwaltungsverfahren nicht gestellt. Es fehlt jedenfalls an den Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 237 SGB VI, weil acht Jahre Pflichtbeitragszeiten in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente nicht vorhanden sind.

Die Rente wegen Arbeitslosigkeit stünde dem Kläger im Übrigen auch nicht ab 01. Oktober 2000 zu, da er einen Antrag auf Altersrente erstmals am 26. März 2004 gestellt hat, sodass eine Altersrente frühestens ab 01. Januar 2004 gezahlt werden kann.

4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs.1 Satz 1 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG lagen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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