L 11 R 2054/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2218/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2054/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme einer beidseitig digitalen Hörgeräteversorgung mit Senso Diva streitig.

Der 1952 geborene Kläger leidet unter anderem an einer Schwerhörigkeit auf beiden Ohren mit ausgeprägtem Rekruitment-Phänomen (= Lautheitsausgleich), das sich massiv auf das subjektive Lautheitsempfinden auswirkt. Er ist seit 01.07.1979 als Kostenrechner und Controller im betrieblichen Rechnungswesen in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis beschäftigt. Sein Aufgabengebiet umfasst die Anlagen- und Materialbuchhaltung einschließlich Vorbereitungsarbeiten für Monats- und Jahresabschlussarbeiten, Kostenstellen- und Kostenartenrechnung sowie Planung, Investitionsplanung und -kontrolle, Versicherungswesen sowie die Erstellung von Statistiken, Berichten und Vorkalkulationen.

Er beantragte deswegen bei der Beklagten die Kostenübernahme für die Hörgeräte, die er zur Bewältigung seiner Arbeit brauche. Er müsse Kollegen, Vorgesetzte und Kunden sehr gut verstehen können, auch am Telefon, welches ihm nur mit der beidseitigen Hörgeräteversorgung möglich sei. Er legte hierzu einen Kostenvoranschlag der Firma "D. O." über einen Gesamtpreis von 3.103,69 EUR vor, wobei der Kassenzuschuss in Höhe von 895,73 EUR bereits in Abzug gebracht worden war. Ferner legte er die HNO-ärztliche Verordnung von Dr. med. H.-L., den Anpassbericht der Hörgeräteakustikermeisterin F. sowie eine Stellungnahme derselben vor, wonach die angepassten Geräte das Hörproblem am optimalsten berücksichtigen könnten. Nach erfolgreicher Probeanpassung und vierwöchiger Einhörzeit habe der Kläger eine deutliche Hörverbesserung wiedergegeben sowie eine Verbesserung der Arbeitsplatzsituation, besonders beim Telefonieren, in Versammlungen und Schulungen.

Mit Bescheid vom 25.03.2004 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger sei zwar durch seine bestehende Schwerhörigkeit beidseitig generell auf das Tragen von Hörhilfen angewiesen. Es bestünde jedoch kein berufsspezifischer Mehrbedarf, der über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch die Beklagte abzudecken sei. Eine Leistungspflicht durch den Rentenversicherungsträger bestünde nämlich nur dann, wenn ein Hilfsmittel zum Ausgleich einer Behinderung für einen bestimmten Arbeitsplatz bzw. für eine spezielle Form einer Berufsausübung erforderlich sei und bei anderweitiger beruflicher Tätigkeit nicht benötigt werde. Diese Voraussetzungen lägen bei dem Kläger nicht vor, da er bei jedweder Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit eine Hörgeräteversorgung benötige.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die von ihm beantragten Hörgeräte ermöglichten ihm die Teilnahme am Arbeitsleben und die Kommunikation an seinem Arbeitsplatz bei allen anfallenden Tätigkeiten. Andere Geräte böten in seinem Einzelfall keine ausreichende Versorgung. Das im Sozialgesetzbuch V geforderte Sachleistungsprinzip sei nicht erfüllt.

Die Beklagte zog hierauf den ärztlichen Entlassungsbericht der W.-Klinik, in der der Kläger vom 24.03.2004 bis 05.05.2004 stationär u.a. wegen seiner Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseitig behandelt worden war, bei. Danach wurde er ohne Einschränkungen für in der Lage erachtet, seine bisherige Tätigkeit als Controller weiterhin vollschichtig mit mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Er sei deswegen als arbeitsfähig entlassen worden. Unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung sowie der Bescheinigung des Arbeitgebers, wonach der Kläger zur Ausübung seiner Tätigkeit eines einwandfreien Gehörsinnes bedürfe, führten die beratenden Ärzte der Beklagten - Dr. A.-H. sowie Dr. S. - aus, aus medizinischer Sicht sei bei der Auflistung der Tätigkeiten eine besondere berufliche Veranlassung für eine höherwertige Hörgeräteversorgung nicht zu entnehmen. Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2004 den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Kläger sei zwar auf Hörhilfen angewiesen, besondere berufliche Anforderungen an das Hörvermögen lägen jedoch nicht vor. Ein digitales Hörgerät der Krankenkassenversorgung sei ausreichend. Eine Leistungsgewährung seitens der Beklagten komme auch nur dann in Betracht, wenn die Hörhilfe - ggf. auch eine besondere Ausstattung - als höherwertige Hörgeräteversorgung über die Basisversorgung erforderlich sei, um den speziellen beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Dies müsse jedoch verneint werden.

Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, aufgrund seiner Berufstätigkeit sei er in besonderem Maße auf eine gute mündliche Kommunikation angewiesen.

Neben der bereits bekannten Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin legte er eine Stellungnahme seiner behandelnden HNO-Ärztin Dr. H.-L. an das Versorgungsamt R. vor. Danach habe er sich seit 2003 wegen rezidivierenden Hörstürzen rechts in ihrer Behandlung befunden, wobei sich tonaudiometrisch eine Schallempfindungsschwerhörigkeit ab 1 kHz von 90 dB bei 6 kHz beidseits und ein sprachaudiometrischer Hörverlust von 20 dB rechts und 25 dB links mit einem Diskriminationsverlust von 10 % beidseits gezeigt habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 11.05.2005, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 12.05.2005, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, der Kläger habe einen Anspruch auf Krankenbehandlung mit Ausstattung durch Hörgeräte gegenüber der für ihn zuständigen gesetzlichen Krankenversicherung. Ein Anspruch gegenüber der Rentenversicherung bestehe nur dann, wenn das Hilfsmittel in der Art und Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich sei. In die Zuständigkeit der Krankenversicherung fielen dagegen Hilfen, die notwendig seien, um dem behinderten Menschen überhaupt irgendeine sinnvolle berufliche Tätigkeit zu ermöglichen. In die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers fielen medizinische Hilfen nicht, die Funktionsstörungen allgemein bei Verrichtungen des täglichen Lebens beseitigten. Um eine solche handle es sich hier. Die Hörgeräte seien notwendig, um die Hörminderung des Klägers auszugleichen. Die Hörgeräteversorgung diene auch der beruflichen Kommunikation. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass über das übliche Maß von mündlicher und telefonischer Kommunikation hinausgehende Anforderungen an das Hörvermögen des Klägers in seinem Beruf gestellt würden. Eine Übernahme der Kosten für die Hörgeräteversorgung durch die Beklagte sei daher ausgeschlossen.

Mit seiner dagegen am 20.05.2005 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, die Versorgung mit Digital-Hörgeräten sei bei ihm unbedingt beruflich erforderlich. Er sei eingesetzt bei der Konzeptplanung. In diesem Zusammenhang müssten mit der Geschäftsführung und den Führungskräften des Unternehmens einmal die Jahresplanungen erstellt und besprochen werden und es seien Controllingleistungen durchzuführen. Er sei damit befasst, dass er Sachverhalte, aber auch Mitarbeiter zu überprüfen habe. Diese Arbeiten, die dann vom Konzern überprüft würden, seien im höchsten Maße präzise und genau zu erbringen. Er könne sich dabei keine Fehler leisten. Zur Ausübung dieser Tätigkeit nehme er an Sitzungen teil, in welchen er zum einen eine der aktiven Hauptpersonen sei, zum anderen aber auch andererseits lediglich Zuhörer, wenn z.B. die Geschäftsführung Planungen bespreche und erörtere. Im zweiten Fall sei es ihm nicht möglich, fortlaufend zu beanstanden, dass er "akustisch" nichts verstanden habe. Wenn die Sitzungen mit seiner aktiven Beteiligung stattfänden, dann würden Gruppengespräche mit Führungskräften und der Geschäftsführung geführt. In diesen Gesprächen würden dann die Abteilungsleiter des Unternehmens gebeten, telefonisch und persönlich in der Sitzung ihre Angaben zu erläutern, zu berichtigen oder zu ergänzen. Mit einem konventionellen Hörgerät müssten jeweils andere Einstellungen vorgenommen werden, je nachdem, ob in der Runde besprochen werde, am Telefon, direkt mit einzelnen Mitarbeitern oder ob ein Gespräch mit großer Entfernung verfolgt werden müsse. Die Flexibilität, jederzeit richtig hören zu können, müsse er innerhalb von Sekunden erbringen. Er könne nicht jedes Mal sein Hörgerät neu ausrichten. Ein normales Hörgerät möge für den privaten Bereich genügen oder bei einer normalen Schreibtischtätigkeit. Überdies befinde er sich in einem kritischen Alter mit 52 Jahren, bei dem er es sich nicht leisten könne, aufgrund seiner Schwerhörigkeit seinen Arbeitsplatz zu verlieren.

Der Kläger beantragt - sinngemäß -,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11.05.2005 sowie den Bescheid vom 25.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für zwei digitale Hörgeräte Senso Diva SD-9 zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass sich das Hörproblem des Klägers auf alle Bereiche des täglichen Lebens erstrecke, so dass höherwertige Hörgeräte für den gesamten Lebensbereich angezeigt seien. Eine besondere berufliche Veranlassung zu den Tätigkeitsmerkmalen im Beruf sei darüber hinaus nicht erkennbar. Die Kommunikationsfähigkeit mit ausreichender Verständlichkeit sollte in allen Lebensbereichen gegeben sein. Zusätzliche berufliche Belastungsbedingungen wie z.B. regelhafte Arbeit an lauten Maschinen oder mit hohem Umgebungsgeräuschpegel wie z.B. in Werkhallen lägen bei dem Kläger nicht vor.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine Auskunft bei dem Hörgerätestudio "D. O." eingeholt und anschließend eine Begutachtung nach Aktenlage auf HNO-fachärztlichem Gebiet veranlasst.

Die Hörgeräteakustikmeisterin F. hat ausgeführt, dass es bei der Innenohrschwerhörigkeit praktisch niemals genüge, das empfangene Geräusch einfach lauter zu machen, also einfach linear zu verstärken wie bei den meisten konventionellen Hörsystemen. Die digitale Signalverarbeitung führe zu einer extrem guten Klangqualität durch Minimierung von Verzerrungen und Eigengeräuschen, ermögliche damit eine präzise Anpassung an individuelle Hörkurven und erhalte somit die komplexen Informationen in Sprache. Die streitigen Geräte seien in der Lage, entsprechend den Umgebungsgeräuschen die Verstärkung zu variieren und sich der jeweiligen Hörsituation anzupassen. Während die Senso Diva SD-9 Geräte insgesamt, inklusive der Maßotoplastiken 4.186,- EUR kosteten, entstünden für die Basisgerät lediglich Kosten in Höhe von 998,56 EUR.

Der gerichtliche Sachverständige, Prof. Dr. J., Leiter der Sektion Phoniatrie und Pädaudiologie Ambulanz der Universitäts-HNO-Klinik U., hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass wesentliches Unterscheidungsmerkmal der Gerätegruppe die Anzahl der Kanäle sei. Diese betrügen bei den Basisgeräten 1 bis maximal 3 Kanäle, bei den Hi-end-Geräten wie dem Senso Diva hingegen 15 Kanäle. Der Frequenzgang der einfachen Geräte werde über eine Klangblende an den Hörverlust angepasst, deren Steilheit und Regeltiefe somit einen weiten Frequenzbereich beeinflusse. Das Senso Diva regele demgegenüber seinen Frequenzgang über 15 voneinander unabhängige Kanäle, die alle über eine eigene Verstärkung und ein eigenes Kompressionssystem verfügten. Die Kompression in den Basishörgeräten könne in der Regel nur für den gesamten Übertragungsbereich einmalig eingestellt werden. Bei nicht über alle hörbaren Frequenzen konstanten, sondern unterschiedlichen Hörverlusten und damit unterschiedlicher Restdynamik (= Hörbereich zwischen Hörschwelle und Unbehaglichkeitsgrenze) könne immer nur ein Kompromiss zugunsten der geringsten Restdynamik und auf Kosten der Frequenzbereiche mit noch größerer Restdynamik mit dann zu starker Kompression erzielt werden. Deswegen sei bei Basishörgeräten eine adapitive Regelzeit der Kompression, die abhängig von der jeweiligen Hörsituation angepasst und automatisch optimiert werde, nicht möglich, was die Erkennung von Sprachmustern und Sprachdynamik erheblich erschwere. Mit den Hi-end-Geräten seien dagegen über Regelzeitmanager, sogenannte Soundstabilizer, kurzfristige situationsangepasste Regelzeitänderungen erzielbar, womit eine optimale Umgebungswahrnehmung möglich sei. Die Signalqualität bei den Basishörgeräten sei aufgrund von Verzerrungen und erhöhtem Verstärkerrauschen bei abnehmender Batteriespannung deutlich eingeschränkt. Geräuscherkennung und -reduzierung in Verbindung mit einem Spracherkennungssystem seien mit den Basishörgeräten gänzlich unmöglich. Das Senso Diva hingegen könne mit seinem Spracherkennungssystem sprachrelevante Kanäle verstärken, Kanäle mit Störgeräten aber reduzieren, so dass mit einer entsprechenden Filtertechnologie für die Kanaltrennung die Sprachwahrnehmung ganz hervorragend verbessert werde. Des weiteren lösche Senso Diva Rückkopplungsphänomene, die von Personen der Umgebung an einem ständigen Pfeifton erkennbar seien, durch gegenphasige Signale aus, ohne die Verstärkung zu beeinflussen. Schwerhörigkeiten mit ausgeprägtem Rekruitmentphänomen und Hörverlustkurven im Schwellenaudiogramm wie bei dem Kläger könnten eindeutig nicht mit Basishörgeräten ausreichend versorgt werden. Um seine ihm beruflich gestellten Aufgaben erfüllen zu können, benötige er die streitigen Hörhilfen. Die Anpassversuche mit deutlich einfacheren und kostengünstigeren Geräten, wie dem Adapto Compact Direkt und dem Bravo B2 hätten das überdeutlich gezeigt. Im Grunde sei der Hörgewinn mit diesen Geräten für den Kläger so gering, dass er im versorgten Zustand noch einmal Hörgeräte benötigen würde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR überschritten wird.

Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, weswegen der Senat ergänzend auf die Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der den Festbetrag nach §§ 31, 36 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) übersteigenden Kosten gegen die Beklagte.

Rechtsgrundlage hierfür ist § 10 i.V.m. § 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), § 33 Abs. 8 Nr. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach erhalten Versicherte Leistungen zur Teilhabe, die die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SGB VI erfüllt haben, das heißt

1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilnahme am Erwerbsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann.

Die Beklagte als Träger der Rentenversicherung erbringt die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38 des Neunten Buchs (§ 16 SGB IX). Zur Teilhabe am Arbeitsleben werden die erforderlichen Leistungen nach § 33 Abs. 1 SGB IX erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Hierzu gehören nach § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX die Kosten für Hilfsmittel, die u.a. wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich sind, es sei denn, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht oder solche Leistungen als medizinische Leistung erbracht werden können.

Für einen Anspruch des Klägers auf Kostenübernahme gegen die Beklagte als Rentenversicherungsträger fehlt es an der erforderlichen besonderen beruflichen Betroffenheit. Er benötigt das Hilfsmittel für die Berufsausübung als Controller bereits nach der Arbeitsplatzbeschreibung nicht. Es dient also nicht überwiegend seiner beruflichen Rehabilitation, sondern er benötigt die Hörhilfe aufgrund der Art seiner Behinderung in allen Lebensbereichen. Deswegen wurde ihm die Hörhilfe auch nicht speziell als Arbeitsmittel für die Berufsausübung verordnet, sondern zur ständigen Verwendung. Der Senat stützt sich insoweit auf das Ergebnis des Rehabilitationsentlassungsberichts, die Angaben des Hörstudios sowie die gutachtlichen Feststellungen, nicht indessen die Schlussfolgerungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. J ...

Danach ist die Hörminderung des Klägers unstreitig so ausgeprägt, dass er aufgrund der Innenohrschwerhörigkeit, insbesondere für hohe Frequenzen, mit dem besonderen Problem des Rekruitment mit sogenannten Basishörgeräten nicht ausreichend versorgt werden kann. Dies hat der Sachverständige in überzeugender und auch für Senat nachvollziehbarer Weise dargestellt. Nicht indessen überzeugen konnten seine Ausführungen zu der besonderen beruflichen Betroffenheit. Denn die durch das Senso Diva erreichte Hörverbesserung insbesondere beim Telefonieren, die auch die Hörgeräteakustikmeisterin F. in den Vordergrund gestellt hat, wird in sämtlichen Lebensbereichen benötigt, nicht aber speziell für die vom Kläger ausgeübte Erwerbstätigkeit als Controller. Diese ist nach der Beschreibung des Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber überwiegend geprägt durch Schreibtischarbeit ohne Kontakte zu anderen, nämlich Buchhaltung und Erstellung von Statistiken. Dem widerspricht also der Schlusssatz der Bescheinigung, dass es zur Ausübung der Tätigkeit eines permanenten Kontaktes bedarf. Nach der Art der Tätigkeit, die eingangs beschrieben wird, bedarf es nämlich überwiegend solcher Kontakte nicht. Der Kläger kann deswegen den Beruf auch gegenwärtig, wie er dies auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eindrucksvoll gezeigt hat, der er auch im Rechtsgespräch mit mehreren Personen ohne irgendwelche Nachfragen akustisch folgen konnte, ohne jegliche Hörgeräteversorgung ausüben.

Dass der Kläger zum Erhalt seines Arbeitsplatzes auf die beantragte Hörhilfe angewiesen ist, wird weiter allein dadurch widerlegt, dass er, der bislang noch nicht über eine solch hochwertige Hörgeräteversorgung verfügt, seit 1979 anstandslos seinen Beruf verrichten konnte und noch nach Antragstellung von der W.-Klinik S. B. für vollschichtig einsatzfähig für seinen Beruf als Controller erachtet wurde. Diese tatsächliche Berufsausübung ohne Hörhilfe hat einen sehr starken Beweiswert, zumal aus der vorgelegten Bescheinigung des Arbeitgebers keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass dieser mit der bisherigen Arbeitsleistung des Klägers unzufrieden war bzw. bereits Verständigungsprobleme am Arbeitsplatz eingetreten sind oder er gar beabsichtigt ihm zu kündigen. Das Kommunikationsproblem des Klägers tritt weiter in allen Lebensbereichen auf, in denen sich der Kläger verständigen muss oder verschiedenen Hörquellen ausgesetzt ist, also nicht nur im Beruf. Er übt auch keinen Beruf aus, in dem er einer besonderen Lärmbelästigung ausgesetzt wäre wie z.B. ein Lehrer vor einer 30-köpfigen Klasse oder - wie von der Beklagten vorgetragen - eine Arbeit an lauten Maschinen oder verbunden mit hohem Umgebungsgeräuschpegel wie z.B. in Werkhallen. Deswegen konnte auch trotz der Ausführungen von Prof. Dr. J. eine besondere berufliche Veranlassung aufgrund der Tätigkeitsmerkmale im Beruf nicht dargelegt werden. Da somit nicht nachgewiesen ist, dass das Hilfsmittel zum Ausgleich einer Behinderung nur für den speziellen Arbeitsplatz des Klägers erforderlich ist und im normalen Leben nicht benötigt wird, besteht aus diesem Grunde keine Leistungspflicht der Beklagten.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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