L 6 U 3536/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 2071/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3536/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die beim Kläger eingetretene Ruptur der Supraspinatussehne Folge des am 18. Mai 2006 erlittenen Arbeitsunfalls ist und die nach operativer Behandlung verbliebenen Gesundheitsstörungen daher als Unfallfolgen festzustellen sind und Verletztengeld über den 2. Juli 2006 hinaus zu gewähren ist.

Der 1963 geborene Kläger ist bei der Firma B. als Heizungsmonteur beschäftigt. Am 18. Mai 2006, einem Donnerstag, war er damit beauftragt im Waschraum einer Firma Duschen zu installieren. Mit der Werkzeugkiste in der rechten und einer Hilti-Bohrmaschine in der linken Hand rutschte der Kläger gegen 10:30 Uhr auf dem nassen gefliesten Boden aus und schlug mit der Schulter auf die Kante des sich dort befindenden Waschtisches. Der Kläger setzte seine Tätigkeit noch bis zum regelmäßigen Arbeitsende fort und stellte sich anschließend um 16:55 Uhr bei dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. S. vor, der eine Röntgenuntersuchung der Schulter durchführte, die jedoch keine Zeichen einer frischen Fraktur ergab. Dr. S. diagnostizierte eine Schulterzerrung rechts und bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 20. Mai 2006 (AU-Bescheinigung vom 18. Mai 2008). Am Montag, den 22. Mai 2006 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.

Im Hinblick auf eine fortbestehenden Einschränkung der Beweglichkeit und Schmerzzustände wurde am 14. Juni 2006 eine kernspintomographische Untersuchung des rechten Schultergelenks durch Dr. K. durchgeführt. In seinem Arztbrief vom selben Tag beschrieb er u.a. einen Einriss der Supraspinatussehne im ventralen Drittel der Insertionsfläche ohne Retraktion sowie ödematöse Veränderungen, vor allem im ventralen Abschnitt des Humeruskopfes. Im Rahmen eines stationären Aufenthalts im Klinikum K.-L. wurde sodann eine Supraspinatussehnenrekonstruktion durchgeführt (Operationsbericht vom 3. Juli 2006). Nach dem Zwischenbericht des dortigen Chefarztes der Orthopädie-Traumatologie II, Prof. Dr. S., vom 25. August 2006 zeigte sich anschließend ein subjektiv unkomplizierter Heilverlauf. Nach Durchführung einer Wiedereingliederungsmaßnahme nahm der Kläger am 10. Dezember 2006 seine berufliche Tätigkeit wieder auf.

Zum Unfallhergang ist in der Unfallanzeige des Arbeitgebers ausgeführt, der Kläger sei beim Montieren einer Brausewanne ausgerutscht und dabei mit der rechten Schulter auf den Waschtisch aus Stein aufgeschlagen (Unfallanzeige vom 17. Juli 2006). Im Durchgangsarztbericht des Dr. S. vom 18. Mai 2006 ist angegeben, der Kläger sei beim Arbeiten in einem Waschsalon ausgerutscht und auf die rechte Schulter gefallen. Im Rahmen eines Telefongesprächs am 13. Juli 2006 gab der Kläger zum Unfallhergang ausweislich eines Aktenvermerks vom selben Tag an, er sei auf dem nassen, gefliesten Boden mit der Hilti in der einen und dem Werkzeugkoffer in der anderen Hand ausgerutscht und mit der Schulterrückseite auf die scharfe Kante des Waschplatzes aufgeschlagen. Die Füße seien nach vorne weggegangen und er sei nach hinten gefallen. In dem Unfallfragebogen der Beklagten gab der Kläger unter dem 17. Juli 2006 an, beim Durchqueren des Waschraums ausgerutscht zu sein und mit der rechten Schulter auf die Ecke des Waschtisches gestürzt zu sein. Er sei direkt auf die Schulter gefallen, ohne sich noch festhalten zu können. Auf die Frage, wo sich sein Arm beim Aufprall befunden habe (am Körper angelegt oder vom Körper weggestreckt oder im Ellbogen angewinkelt?), gab er an, der Arm sei am Körper angelegt gewesen. Auf die weitere Frage, ob er auf den ausgestreckten Arm gefallen sei und dieser nach vorne, seitlich oder nach hinten ausgestreckt gewesen sei, kreuzte er "seitlich ausgestreckt" an.

Die Beklagte zog von der BKK Pf. das Vorerkrankungsverzeichnis sowie medizinische Unterlagen bei, u.a. das pathologische Gutachten der Professoren F. und Sch. vom Institut für Pathologie der St.-V.-Kliniken Karlsruhe vom 6. Juli 2006 über die Untersuchung eines Gewebestücks vom Sehnenansatzbereich der rechten Schulter des Klägers bei. Sodann holte sie die Stellungnahme des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. M. vom 18. September 2006, der einen Abbruch der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung empfahl, da unter Berücksichtigung des Röntgenbefundes, der Auswertung des MRT sowie des Operationsberichts von einem degenerativen Geschehen an der Supraspinatussehne auszugehen sei und unfallbedingt lediglich eine Schulterprellung vorgelegen habe. Auch Dr. L. vom Zentrum für Teleradiologie, Radiologische Begutachtung und Beratung gelangte unter Auswertung dieser Befunde zu der Einschätzung, dass die Supraspinatussehnenruptur als überwiegend unfallunabhängig einzustufen sei.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Arbeitsunfalls vom 18. Mai 2006 über den 2. Juli 2006 hinaus ab, da die Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit seither nicht mehr unfallbedingt erforderlich gewesen sei, sondern rechtlich wesentlich auf eine degenerative Vorschädigung der Supraspinatussehne rechts zurückzuführen sei. Nach Auswertung der medizinischen Befunde sowie der Unfallschilderung des Klägers sei der Unfallhergang nicht geeignet gewesen, eine Teilruptur der Supraspinatussehne zu verursachen. Die bildgebende Diagnostik habe deutliche Anzeichen von degenerativen Veränderungen im Ansatzbereich der Supraspinatussehne mit Hinweisen auf eine chronische Ansatztendopathie ergeben. Unfallbedingt habe zweifelsfrei eine Schulterprellung vorgelegen, die bildmorphologisch durch das festgestellte "Bone bruise" gesichert sei. Wegen der Schulterprellung sei unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 2. Juli 2006 anzunehmen. Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Annahme einer Vorschädigung im Schulterbereich. Solche hätten sich durch Einschränkungen oder Schmerzen äußern müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Aus ärztlicher Sicht sei es zudem ausgeschlossen, dass ein Sehnenabriss "auf Raten" über einen längeren Zeitraum eintreten könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 2007 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Kläger am 25. April 2007 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage, mit der er sich im Wesentlichen gegen die Annahme wandte, bei ihm habe im Schulterbereich eine Vorschädigung vorgelegen. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunktes entgegen. Zu dem vom SG eingeholten Gutachten des Prof. Dr. L., Leiter der Sektion für Schulter- und Ellenbogenchirurgie in der Abteilung Orthopädie I der Orthopädischen Universitätsklinik H., legte sie die Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr. T. vom 18. Dezember 2007 vor und zu der ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. L. vom 12. Februar 2008 die weiteren Ausführungen des Dr. T. vom 25. März 2008. Danach spreche anders als von dem Sachverständigen angenommen mehr gegen als für einen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und der Supraspinatussehnenruptur. Das SG hat das Gutachten des Prof. Dr. L. vom 4. September 2007 erhoben. Dieser gelangte zu der Einschätzung, dass mehr für als gegen einen traumatischen Abriss der Supraspinatussehne spreche. Während lediglich der histologische Befund des Operationspräparates gegen einen ursächlichen Zusammenhang spreche, spreche das Alter des Klägers zum Zeitpunkt des Sturzes, in dem degenerative Schäden der Rotatorenmanschetten sehr selten seien, der für eine Schädigung der Rotatorenmanschette geeignete Verletzungsmechanismus sowie der unmittelbar nach dem Sturz festgestellte und über Wochen fortbestehende weitgehende Funktionsverlust im rechten Schultergelenk für einen ursächlichen Zusammenhang. Zu den Einwendungen des Dr. T. in seiner Stellungnahme vom 18. Dezember 2007 äußerte sich Prof. Dr. L. unter dem 12. Februar 2008 ergänzend. Mit Urteil vom 26. Juni 2008 änderte das SG den Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2007 ab und verurteilte diese als Folgen des Arbeitsunfalls vom 18. Mai 2006 "Narbenbildung im Bereich des Schulterhaubenmuskels, leichte Muskelminderung, endgradige Bewegungseinschränkung, Bewegungsschmerzen und leichte Kraftminderung der rechten Schulter nach operativer Versorgung einer Rotatorenmanschettenläsion" anzuerkennen und dem Kläger Verletztengeld bis 10. Dezember 2006 zu gewähren. Zusammenfassend führte das SG aus, es spreche mehr für als gegen einen Zusammenhang zwischen dem angeschuldigten Ereignis und der Rotatorenmanschettenläsion. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des der Beklagten am 10. Juli 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.

Dagegen hat die Beklagte am 25. Juli 2008 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, bei kritischer Abwägung der für und gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gesichtspunkte überwögen die gegen einen Kausalzusammenhang sprechenden Kriterien. Der Sachverständige habe das Alter des Klägers mit 43 Jahren zu Unrecht als Kriterium für einen Ursachenzusammenhang angesehen, da nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur Degenerationen der Rotatorenmanschette bereits ab dem 3. Lebensjahrzehnt beginnen würden. Auch der Unfallhergang spreche nicht für einen Ursachenzusammenhang. So habe Prof. Dr. L. unkritisch die Angabe des Klägers anlässlich seiner gutachtlichen Untersuchung, wonach er den Arm beim Sturz seitlich nach hinten ausgestreckt gehabt habe, zugrunde gelegt und unberücksichtigt gelassen, dass dieser bei den zeitnah erfolgten Unfallschilderungen lediglich von einem Sturz auf die rechte Schulter berichtet habe. Zu Unrecht habe das SG seiner Beurteilung auch zugrunde gelegt, dass beim Kläger unmittelbar nach dem Sturz ein Funktionsverlust festgestellt worden sei, der über Wochen fortbestanden habe. Vielmehr habe der Kläger sogar am Unfalltag noch weiter gearbeitet, sei lediglich am Folgetag arbeitsunfähig gewesen und dann erst wieder rund einen Monat später ab 19. Juni 2006. Mit einer traumatischen Rotatorenmanschettenläsion, bei der ein sofortiges Schmerzmaximum eintrete, das in den folgenden Wochen abklinge, sei dies nicht zu vereinbaren. Zu Unrecht sei der Sachverständige auch davon ausgegangen, dass das "Bone bruise" verletzungstypisch für eine Rotatorenmanschettenruptur sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlruhe vom 26. Juni 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat geltend gemacht, die von der Beklagten erhobenen Einwendungen seien nicht geeignet, das überzeugende Gutachten des Prof. Dr. L. zu entkräften.

Die frühere Berichterstatterin des Senats hat den Kläger am 10. Dezember 2008 zum Unfallhergang persönlich angehört. Auf die entsprechende Niederschrift wird Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist auch begründet.

Das SG hätte die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 23. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2007 nicht verurteilen dürfen, die "Narbenbildung im Bereich des Schulterhaubenmuskels, leichte Muskelminderung, endgradige Bewegungseinschränkung, Bewegungsschmerzen und leichte Kraftminderung der rechten Schulter nach operativer Versorgung einer Rotatorenmanschettenläsion" als Folgen des Arbeitsunfalls anzuerkennen und dem Kläger Verletztengeld bis 10. Dezember 2006 zu gewähren. Denn die angefochtenen Bescheide waren rechtmäßig und haben den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Folgen des Unfalls bzw. der erlittenen Schulterprellung sind nicht verblieben und sind von der Beklagten daher auch nicht festzustellen. Auch bestand unfallbedingt keine Arbeitsunfähigkeit bis 10. Dezember 2006. Vielmehr kann die Arbeitsunfähigkeit nach dem 2. Juli 2006 nicht mehr auf den in Rede stehenden Unfall zurückgeführt werden.

Nach § 8 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleidet. Nach Abs. 2 Nr. 1 dieser Regelung sind versicherte Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92 S. 257; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19), dass die Verrichtung zu dem Unfallereignis geführt hat und letzteres einen Gesundheits(erst)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(erst)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (BSGE 94, 269).

Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem bei dem Unfall erlittenen Primärschaden einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen diesem und der verbliebenen Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Primärschaden und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSGE 19,52; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 17 mwN). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112).

Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15 und vom 09. Mai 2006 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 ). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen.

Um die Ursächlichkeit eines Unfalls für einen Riss der Rotatorenmanschette zu prüfen, ist eine Abwägung der für eine traumatische Genese bzw. eine degenerative Verursachung sprechenden Kriterien vorzunehmen. Denn die Rotatorenmanschette unterliegt im hohen Maße der Degeneration, die bereits ab dem 3. Lebensjahrzehnt beginnt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Ziff. 8.2.5.1).

Unter Anwendung dieser Kriterien spricht nach Überzeugung des Senats mehr gegen als für einen wesentlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall vom 18. Mai 2006 und der beim Kläger festgestellten Supraspinatussehnenläsion. Der Senat vermag insbesondere nicht der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. L. zu folgen, nach dessen Auffassung lediglich der histologische Befund des Operationspräparates, bei dem sich eine ausgeprägte mucoide, zum Teil pseudocystische Degeneration mit fokalen Fasernekrosen und reparativem Granulationsgewebe gezeigt hat, gegen einen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der operativ behandelten Läsion der Rotatorenmanschette spreche, während zahlreiche Kriterien wie das Alter des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls, das Vorliegen eines geeigneten Verletzungsmechanismus, der unmittelbar nach dem Unfall festgestellte fortdauernde weitgehende Funktionsverlust im rechten Schultergelenk sowie die in der Kernspintomografie sichtbaren verletzungstypischen Veränderungen gerade für einen entsprechenden Zusammenhang sprächen.

Der Senat teilt insbesondere nicht die Auffassung des Sachverständigen, der das SG im Ergebnis gefolgt ist, wonach es sich bei dem Unfallhergang um einen geeigneten Verletzungsmechanismus gehandelt hat. Insoweit hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass Prof. Dr. L. die Unfallschilderung des Klägers anlässlich seiner gutachtlichen Untersuchung seiner Beurteilung unkritisch zugrunde gelegt hat und bei seiner Beurteilung deshalb davon ausgegangen ist, dass der Kläger bei seinem Sturz zunächst direkt auf den Waschstein geprallt und anschließend auf den seitlich nach hinten ausgestreckten Ellenbogen gestürzt ist. Zwar sind sich Prof. Dr. L. und Dr. T. darin einig, dass es sich bei dem zunächst erfolgten Anprall um einen ungeeigneten Verletzungsmechanismus handelt, der angegebene Sturz auf den abgespreizten Ellenbogen jedoch geeignet ist, eine strukturelle Schädigung der Rotatorenmanschette herbeizuführen. Ebenso wie die Beklagte vermochte sich der Senat allerdings nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger bei seinem Sturz tatsächlich auf den seitlich nach hinten ausgestreckten Ellenbogen gestürzt ist, wie er dies anlässlich der Begutachtung bei Prof. Dr. L. angegeben hat. Denn bis zum Untersuchungszeitpunkt am 8. August 2007 hat der Kläger im Rahmen sämtlicher Unfallschilderungen lediglich von einem Sturz mit der rechten Schulter auf den Waschstein berichtet, nicht jedoch, dass er nach diesem Anprall darüber hinaus auch noch auf den seitlich abgespreizten Ellbogen gestürzt ist. Ein entsprechender Hinweis findet sich weder in der Unfallanzeige vom 17. Juli 2006 noch im Durchgangsarztbericht des Dr. S. vom 18. Mai 2006. Darin wird lediglich ein Sturz auf die rechte Schulter angegeben, nicht jedoch zusätzlich auch noch auf den Ellenbogen. Sachgerecht ist daher, dass im Hinblick auf die Unfallschilderung des Klägers seinerzeit auch lediglich Röntgenaufnahmen der rechten Schulter gefertigt wurden, Untersuchungen im Bezug auf den Ellenbogen jedoch unterblieben. Auch anlässlich des mit dem Kläger am 13. Juli 2006 geführten Telefonats hat der Kläger ausweislich des entsprechenden Aktenvermerks eines Mitarbeiters der Beklagten keinen Sturz auf den Ellenbogen angegeben. Auch seinerzeit hat er lediglich davon berichtet, auf nassem Boden ausgerutscht und mit der Schulterrückseite auf die scharfe Kante des Waschplatzes aufgeschlagen zu sein. Nichts anderes ergibt sich aus den Angaben des Klägers in dem unter dem 17. Juli 2006 ausgefüllten Fragebogen der Beklagten, in dem er angegeben hat, direkt auf die Schulter gefallen zu sein. Wenn auch die weiteren Angaben zu der Frage, wo sich sein Arm bei dem Aufprall befunden hat, insoweit widersprüchlich sind, als er zum Einen angegeben hat, dieser sei am Körper angelegt gewesen und zum Anderen, der Arm sei seitlich ausgestreckt gewesen, ergibt sich auch daraus kein Grund für die Annahme, dass der Kläger wie gegenüber Prof. Dr. L. angegeben, mit dem seitlich nach hinten ausgestreckten Ellenbogen auf den Boden aufgeprallt ist. Letztlich hat der Kläger seine seinerzeitige Schilderung auch anlässlich seiner persönlichen Anhörung durch die frühere Berichterstatterin des Senats am 10. Dezember 2008 nicht wiederholt. Ausweislich der entsprechenden Niederschrift hat er sich vielmehr dahingehend eingelassen, dass er mit der Schulter auf die Ecke des Waschtisches aufgeschlagen und dann zu Boden gefallen sei, wobei er irgendwann die in der Hand gehaltene Werkzeugkiste losgelassen habe. Schmerzen am Ellenbogen oder am Unterarm habe er im Übrigen nicht gehabt, was gegen ein Aufschlagen mit dem Ellenbogen spricht. Vor dem Hintergrund all dieser Gesichtspunkte vermag der Senat seiner Beurteilung kein Unfallgeschehen zugrunde zu legen, bei dem der Kläger auf den seitlich ausgestreckten Ellenbogen gestürzt ist. Bei dieser Sachlage ist entgegen der Ansicht des SG auch kein Raum für Vermutungen, um möglichen Beweisschwierigkeiten Rechnung zu tragen. Denn mit Ausnahme der einmaligen Aussage des Klägers, wonach er auf den seitlich ausgestreckten Arm gestürzt sei, finden sich keine Hinweise auf einen derartigen Unfallhergang. Entsprechend kann entgegen der Ansicht des Prof. Dr. L. und des SG auch nicht von einem geeigneten Schadensmechanismus ausgegangen werden, so dass neben dem gegen einen Zusammenhang sprechenden histologischen Befund des Operationspräparates auch der ungeeignete Unfallmechanismus als sog. Contra-Kriterium heranzuziehen ist.

Soweit Prof. Dr. L. das Alter des Klägers zum Zeitpunkt des Sturzes als Kriterium für einen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Rotatorenmanschettenläsion herangezogen hat, vermag der Senat dem Sachverständigen auch insoweit nicht zu folgen. Denn wie bereits dargelegt, beginnt die Degeneration der Rotatorenmanschette bereits ab dem 3. Lebensjahrzehnt und nimmt ab dem 40. bis 50. Lebensjahr signifikant zu, so dass das Alter des Klägers, der zum Unfallzeitpunkt bereits das 43. Lebensjahr vollendet hatte, also ein Alter erreicht hatte, in dem entsprechende Degenerationen signifikant zunehmen, nicht ohne Weiteres als Kriterium herangezogen werden kann, das klar gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. In diesem Zusammenhang kann insbesondere auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der histologische Befund des Operationspräparates beim Kläger gerade verschleißbedingte Veränderungen aufzeigt, so dass dem Gesichtspunkt, dass im Alter des Klägers degenerative Schäden der Rotatorenmanschette im allgemeinen sehr selten sind, schon allein deshalb keine relevante Bedeutung beigemessen werden kann.

Soweit der Sachverständige Prof. Dr. L. und ihm folgend das SG davon ausgegangen ist, dass für einen Unfallzusammenhang der unmittelbar nach dem Sturz festgestellte und über Wochen fortbestehende weitgehende Funktionsverlust im rechten Schultergelenk spricht, ist darauf hinzuweisen, dass von einem derartigen Funktionsverlust des rechten Armes über Wochen hinweg beim Kläger kaum ausgegangen werden kann. Denn für den Senat ist nicht ersichtlich, wie der Kläger seine berufliche Tätigkeit als Heizungsmonteur nach Eintritt einer traumatischen Läsion im Bereich der Rotatorenmanschette zunächst am Unfalltag noch bis zum üblichen Arbeitsende weiter hätte ausüben können und diese Tätigkeit dann nach lediglich einem Tag der Arbeitsunfähigkeit für nahezu vier Wochen bis zum Wiedereintritt von Arbeitsunfähigkeit am 19. Juni 2006 hätte weiterführen können, wenn ab 18. Mai 2006 tatsächlich ein weitgehender Funktionsverlust im Bereich der rechten Schulter bestanden hätte, wie dies der Sachverständige Prof. Dr. L. angenommen hat. Hinzu kommt, dass nach Schönberger/Mehrtens/Valentin (a.a.O.) bei einer traumatischen Rotatorenmanschettenläsion ein sofortiges Schmerzmaximum eintritt, das in den folgenden Wochen abklingt, während bei degenerativ bedingten Rotatorenmanschettenläsionen das Schmerzmaximum erst nach Wochen erreicht wird. Vor diesem Hintergrund spricht der Umstand, dass der Kläger seine Tätigkeit als Heizungsmonteur zunächst am Unfalltag weitergeführt und die Arbeit dann am 22. Mai 2006 wieder aufgenommen hat, auch gegen einen erheblichen Schmerzzustand. Damit vermag der Senat auch den insoweit angesprochenen und von Prof. Dr. L. als Pro-Kriterium angesehenen Gesichtspunkt nicht für die Annahme eines unfallbedingten Zusammenhangs heranzuziehen.

Letztlich kann der Einschätzung des Prof. Dr. L., wonach das in der Kernspintomographie vom 14. Juni 2006 ersichtliche Knochenmarködem eine verletzungstypische Veränderung darstelle, was für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und der in Rede stehenden Läsion spreche, in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Denn der Sachverständige hat selbst dargelegt, dass ein Knochenmarködem nicht als spezifisch für eine traumatische Läsion der Rotatorenmanschette anzusehen sei. Ein solches Ödem trete zwar regelmäßig bei einer entsprechenden Läsion auf, es sei andererseits aber auch bei schweren direkten äußeren Gewalteinwirkungen zu beobachten. Damit belegt das kernspintomographisch nachgewiesene "Bone bruise" zwar ein traumatisches Ereignis, jedoch nicht ohne Weiteres eine traumatische Rotatorenmanschettenläsion. Entsprechend kann auch die Einwendung des Dr. T. nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden, dass das Knochenmarködem auch Folge der unmittelbaren äußeren Einwirkung auf den rechten Oberarmkopf durch den Sturz auf den Waschstein gewesen sein kann.

Bei Abwägung all dieser Gesichtspunkte spricht nach Überzeugung des Senats nicht mehr dafür als dagegen, dass wesentliche Teilursache der beim Kläger objektivierten Supraspinatussehnenläsion der am 17. Mai 2007 erlittene Sturz war.

Zu Gunsten des Klägers lässt sich letztlich auch nicht der Umstand heranziehen, dass er bis zum Zeitpunkt des in Rede stehenden Unfalls seitens der rechten Schulter beschwerdefrei war. Denn degenerativ bedingte Schäden im Bereich der Rotatorenmanschette verlaufen häufig lange Zeit ohne Beschwerden und Funktionsstörungen und können sich ohne Weiteres erstmals anlässlich eines Unfalls mit ungeeignetem Schadensmechanismus manifestieren.

Nach alledem war davon auszugehen, dass der Kläger anlässlich des Unfalls vom 17. Mai 2007 lediglich eine Schulterprellung erlitten hat, die innerhalb von sechs Wochen ausgeheilt war. Daher konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben und war aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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