Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 1622/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 2073/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob dem Kläger ein höherer Grad der Behinderung (GdB) als 50 zusteht. Der 1949 geborene Kläger ist rumänischer Staatsbürger. Er verfügt seit dem 15.04.2003 über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.
Der Beklagte hatte bei ihm zuletzt mit Bescheid vom 13.03.2000 einen GdB von 50 ab 09.12.1999 festgestellt. Dabei ging der Ärztliche Dienst des Beklagten von folgenden Behinderungen aus:
Diabetes mellitus, insulinpflichtig Teil-GdB 40 Psychovegetatives Erschöpfungssyndrom Teil-GdB 20 Wiederholt auftretende Herpesinfektionen Teil-GdB 20 Reizknie links Teil-GdB 10
Am 09.02.2005 beantragte der Kläger bei dem Beklagten, seinen GdB von 50 auf 80 zu erhöhen, weil es ihm viel schlechter gehe als 1999. Zusätzlich zu den bereits bekannten Erkrankungen leide er nunmehr unter medikamentenpflichtigem Bluthochdruck und erhöhtem Cholesterin. Auch sei ihm zweimal ein Melanom entfernt worden.
Der Beklagte zog daraufhin einen Befundbericht des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin K. vom 15.09.2005 bei.
Dieser teilte mit, dass die Blutzuckerwerte im letzten Quartal ordentlich eingestellt gewesen seien, seit wenigen Wochen jedoch deutlich erhöhte Blutzuckerwerte bis zu 300 mg/dl aufgetreten seien. Der HBA1c sei auf 7,8 % angestiegen. Diabetische Folgeerkrankungen wie Nephropathie, Polyneuropathie und Retinopathie bestünden nicht. Die Cholesterinwerte seien leichtgradig erhöht gewesen, seien jetzt aber wieder niedriger und lägen bei 200 mg/dl. Es bestehe eine arterielle Hypertonie mit ursprünglichen Werten von 180/100 mmHG, wobei sich die Werte jetzt bei Medikation auf 130 - 140/80 mmHG eingependelt hätten. Weder Organveränderungen noch Augenhintergrundveränderungen seien nachgewiesen. Die depressive Phase des Klägers bestehe seit 1994, als ihn die Ehefrau mit den Kindern verlassen habe. Er sei insoweit in psychiatrischer Behandlung und werde mit Trimipramin behandelt. Es bestehe eine rezidivierende Schmerzsymptomatik im linken Kniegelenk, wobei Messungen nach der Neutral-Null-Methode bisher nicht dokumentiert seien.
Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 28.10.2005 die Neufeststellung mit der Begründung ab, es sei keine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, da die Gesundheitsbeeinträchtigungen nach wie vor mit einem GdB von 50 zu bewerten seien.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, mit der er die Erhöhung des GdB auf 75 geltend machte. Zur Begründung gab er an, er könne jede Sekunde von einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt getroffen werden. Auch sei ihm am 03.05.2005 der Blutzuckerwert derart entgleist, dass er den Notarzt habe rufen müssen. Der Beklagte habe zu berücksichtigen, dass man ihm auch schon zum zweiten Mal ein Muttermal entfernt habe, was die Schwächung seines Immunsystems belege. Auch leide er an Hämorrhoiden und Nasenbluten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Gegen den am 04.04.2006 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 03.05.2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er sich im Wesentlichen auf die bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Argumente gestützt. Ergänzend hat er geltend gemacht, unter krummen Füßen und Beschwerden beim Treppensteigen zu leiden. Zur weiteren Begründung hat er zahlreiche Arztberichte aus den Jahren 1995 bis 2002 übersandt sowie einen Notfallbericht des Klinikums am S. in Reutlingen vom 23.06.2006, dem zu entnehmen ist, dass der Kläger am 23.06.2006 um 22.00 Uhr wegen fehlender Nahrungsaufnahme in den Unterzucker (99 mg/dl) gefallen und daher von einem Arbeitskollegen der Notdienst gerufen worden war. Hinsichtlich der Einzelheiten der vom Kläger vorgelegten medizinischen Unterlagen wird auf Bl. 6 - 20 und Bl. 35 - 61 der SG-Akte verwiesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Arztauskünfte von Dr. G., Facharzt für Allgemeinmedizin und Diabetologe, vom 26.08.2006 und Herrn K. vom 29.11.2006.
Dr. G. hat mitgeteilt, der Kläger leide unter einem Typ II-Diabetes, der jedoch klinisch einem Typ I-Diabetikes entspreche. Daher sei die Einstellung des Klägers schwieriger und er leide ebenso oft wie ein Typ I-Diabetiker unter häufigen Unterzuckerungen. Der Kläger sei mit einem HBA1c am 28.03.2006 mit 7,6 % noch befriedigend gut eingestellt. Es bestehe eine Polyneuropathie, andere Folgeerscheinungen seien nicht bekannt. Beim Kläger bestünden häufige Unterzuckerungen, weswegen seiner Ansicht nach eine MdE von 50 gerechtfertigt sei.
Herr K. hat berichtet, der Kläger habe bei seinem letzten Besuch bei ihm im November 2006 einen HBA1c-Wert von 7,5 % gehabt. Da er zuletzt ein Vibrationsempfinden von 4/8 gehabt habe, bestehe der Verdacht auf eine diabetische Polyneuropathie. Eine diabetische Retinopathie und Nephropathie bestünden nicht. Die Blutdruckwerte seien schwankend, aber ordentlich eingestellt. Der Kläger habe Senk/Spreizfüße mit einer Hallux valgus-Fehlstellung rechts mehr als links. Die depressive Verstimmung bestehe noch immer. Es bestehe derzeit kein Rezidivverdacht im Hinblick auf das Melanom, welches 1997 entfernt worden sei. Die Beschwerden des Klägers hätten sich nicht wesentlich gebessert, weswegen beim Kläger weiterhin ein GdB von 50 bestehe. In Ergänzung seiner Ausführungen hat Herr K. eigene und fremde Befundberichte übersandt, die jedoch keine weiteren Befunde enthalten. Hinsichtlich deren Inhalt wird auf Bl. 82 - 94 der SG-Akte Bezug genommen.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 15.01.2007 eine Verordnung für eine Lesebrille bei einer Sphäre von + 2,5 rechts und + 2,75 links und einen Arztbrief der Augenärztin Dr. N. vorgelegt, wonach keine diabetische Retinopathie besteht.
Im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahren hat der Kläger mit Schreiben vom 06.06.2007 vorgetragen, seinen Aufzeichnungen der Blutzuckerwerte sei zu entnehmen, dass er mehrmals pro Woche an Unterzuckerung leide. Er habe am 03.05.2005 auch wieder den Notarzt in Anspruch nehmen müssen. Hinsichtlich dieser handschriftlichen Aufzeichnungen des Klägers wird auf Bl. 111 der SG-Akte verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.03.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse liege nicht vor. Die Behinderungen des Klägers seien mit einem GdB von 50 ausreichend bewertet, insbesondere sei den Arztauskünften von Dr. G. und Herrn K. keine Neigung zu ausgeprägten Hypoglykämien (Unterzuckerungen) zu entnehmen, die einen höheren Teil-GdB für die Diabeteserkrankung rechtfertigen könnten.
Gegen das Urteil hat der Kläger am 25.04.2008 Berufung eingelegt. Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und erneut eine Aufzeichnung seiner Blutzuckerwerte vom 01.03. bis 01.04.2008 vorgelegt. Darin werden Unterzuckerwerte am 01.03., 03.03., 05.03., 11.03., 24.03., 26.03., 31.01. und 01.04. angegeben.
Weiterhin hat der Kläger eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 23.04.2008 über mehrmals aufgetretene Unterzuckerung sowie einen Unfallbericht über einen Sturz am 11.05.2008 vorlegt, bei dem er sich eine Schürfwunde am linken Knie, eine Prellung des linken Knies und eine Prellung der Hüfte zugezogen hat.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachinternistischen Gutachtens durch Dr. U., Internist, vom 24.01.2009. Der Gutachter hat folgende Diagnosen gestellt:
1. Diabetes mellitus 2. Hypertonie 3. Funktionsbehinderungen des linken Kniegelenks.
Auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des BSG ist der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger der Diabetes mit einem GdB von 10 zu bewerten sei. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Kläger bei einer präoperativen Untersuchung am 02.09.2008 angegeben habe, dass seine Blutzuckerwerte gut seien. Zudem seien schwerwiegende Unterzuckerungen seit dem Jahr 2005 nur in zwei Fällen objektiviert. Die Behandlung am 12.07.2008 im Krankenhaus sei wegen einer hypertensiven Entgleisung bei normalen Blutzuckerwerten erfolgt. Der Therapieaufwand für die Behandlung der Zuckerkrankheit sei mit ein paar Minuten täglich minimal. Für den erhöhten Blutdruck und die Funktionsbehinderung am linken Kniegelenk hat der Gutachter ebenfalls nur einen Teil-GdB von jeweils 10 für notwendig erachtet. Eine Herpesinfektion am Penis stelle keine Behinderung dar, da sie lediglich dreimal jährlich auftrete und gut behandelbar sei. Auch eine depressive Verstimmung könne beim Kläger nicht objektiviert werden. Insgesamt hat der Gutachter den GdB mit 10 angegeben.
Der Kläger hat die Feststellungen des Gutachters bestritten und ergänzend Unterlagen über eine Meniskusresektion am rechten Knie im September 2008 vorgelegt. In dem Entlassungsbericht der Ermstalklinik vom 11.09.2008 (Bl. 64 der Senatsakte) ist als Diagnose u.a. ein Diabetes ohne Komplikationen (nicht als entgleist bezeichnet) angegeben.
Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Beiziehung des endgültigen Entlassberichtes der Ermstalklinik vom 20.09.2008/02.02.2009. Dort hat sich der Kläger am 10.09.2008 einer Arthroskopie mit Innenmeniskusteilresektion und subtotaler Resektion des Hinterhornes rechts unterzogen.
Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Auskunft des behandelnden Orthopäden Rechenbach.
Dieser hat mitgeteilt, dass beim Kläger eine Varusgonarthrose rechts vorliege. Die Kniegelenkbeweglichkeit sei anlässlich der letzten Untersuchung am 26.03.2009 frei gewesen. Es hätten sich keine Ergusszeichen gezeigt. Die Gonarthrose sei seiner Auffassung nach mit einem GdB von 20 zu bewerten. Ergänzend hat er einen MRT-Befund vom 26.08.2008 vorgelegt, wonach beim Kläger eine Chondromalazia patellae Grad II/III vorgelegt hat.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. März 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm ab 09. Februar 2005 einen höheren Grad der Behinderung als 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet den Gerichtsbescheid wie auch seine eigene Festsetzung eines GdBs von 50 für zutreffend. Die Bewertung des GdB für den Diabetes mit lediglich 10 durch den Gutachter Dr. U. sei mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG) nicht zu vereinbaren. Auch verbleibe es bei dem festgesetzten GdB für die depressive Verstimmung und die Herpesinfektion. Im Übrigen stimme er mit den Einschätzungen von Dr. U. überein.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die dem Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Verfahrensakten beider Instanzen haben dem Senat vorgelegen. Auf den Inhalt dieser Akten sowie auf den Inhalt des Protokolls des Erörterungstermins vom 25.06.2009 wird zur näheren Darstellung des Sachverhaltes verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe im Sinne von § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist indessen nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des SG ist zutreffend, die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) liegt nicht vor, denn beim Kläger besteht nach wie vor lediglich ein GdB von 50.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Gründe des Gerichtsbescheides des SG Bezug und macht sich diese zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist anzumerken, dass ab 01.01.2009 gem. § 69 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) anstelle der AHP 2008 nunmehr auf der Grundlage der Ermächtigung in § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetz die Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 und die dazugehörige Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VMG) Anwendung findet.
Bezugnehmend auf Teil B Nr. 15.1 (S. 74) der VMG erachtet der Senat die Einstufung des Diabetes mellitus mit dem höchsten Teil-GdB von 40 beim Kläger für angemessen und ausreichend.
Nach Teil B Nr. 15.1 VMG ist die Zuckerkrankheit (unabhängig davon, welcher Typ vorliegt) unter Insulintherapie mit stabiler oder mäßig schwankender Stoffwechsellage mit einem GdB von 30 - 40 zu bewerten. Lediglich bei instabiler Stoffwechsellage mit schweren Hypoglykämien ist ein GdB von 50 anzusetzen, wobei nach den VMG Hypoglykämien nur dann als schwer anzusehen sind, wenn die Inanspruchnahme von ärztlicher Hilfe erforderlich ist.
Beim Kläger liegt nach der Überzeugung des Senates eine stabile Stoffwechsellage vor. Seine Überzeugung stützt der Senat insoweit auf die vom Sachverständigen Dr. U. erhobenen Befunde sowie auf die vom Kläger selbst zahlreich vorgelegten Arztberichte und auch auf die Angaben der behandelnden Ärzte K. und Dr. G. im erstinstanzlichen Verfahren.
Der Diabetes ist beim Kläger befriedigend eingestellt und er leidet allenfalls gelegentlich unter geringfügigen Unterzuckerungen, die dabei weder als häufig, als ausgeprägt oder gar als schwer zu bezeichnen sind.
So ist der Kläger seit dem Jahr 2005 lediglich zweimal wegen Unterzuckerung notfallmäßig behandelt worden. Auch aus den Notarztberichten lässt sich jedoch nicht zwingend entnehmen, dass ärztliche Hilfe notwendig gewesen wäre, da der Kläger beim Eintreffen des Notarztes jeweils schon mittels Cola einen relativ normalen Blutzuckerwert hergestellt hatte. Zugunsten des Klägers ist daher von einem GdB von 40 auszugehen, wobei die gelegentlichen Hypoglykämien insoweit berücksichtigt sind. Der Auffassung des Gutachters Dr. U., diese Erkrankung sei nur mit einem GdB von 10 zu bewerten, folgt der Senat angesichts der oben genannten VMG, die als Rechtsverordnung normativen und bindenden Charakter haben, nicht. Zwar hat das BSG in seinem Urteil vom 24.04.2008 (B 9/9a SB 10/06 R - in juris.de) entschieden, dass für die Bewertung des GdB nicht allein die Bewertungsvorschläge in den AHP (damals Ausgabe 1996) maßgeblich seien, sondern insbesondere die erreichte Stoffwechsellage und der dabei erforderliche Therapieaufwand. Die nach diesem Urteil erlassene Versorgungsmedizinverordnung und die VMG berücksichtigen jedoch gerade die Vorgaben des BSG im Hinblick auf die Stoffwechsellage (so BSG , Urteil vom 11.12.2008 - B 9/9a SB 4/07 R - in juris.de), weswegen in deren Anwendung ein GdB von 40 und nicht von 10, wie vom Gutachter vorgeschlagen, festzusetzen ist. Im Hinblick auf den vom Kläger zu betreibenden Therapieaufwand finden sich auch in den VMG keine Vorgaben (BSG, a. a. O.), hier ist aber in Übereinstimmung mit Dr. U. nur von wenigen Minuten täglich für die Messung und die Insulingabe auszugehen. Damit verbleibt es bei einem GdB von 40.
Hinsichtlich des psychovegetativen Erschöpfungssyndroms erachtet der Senat ebenfalls den von dem Beklagten festgestellten GdB von 20 für angemessen, notwendig und auch ausreichend.
Nach Nr. 26.3 (Seite 48) der AHP und Teil B Nr. 3.7 (S. 27) der VMG ist eine leichtere psychovegetative Störung mit einem GdB von bis zu 20 zu bewerten. Aus den Schriftsätzen des Klägers und seinem Verhalten im Erörterungstermin vor dem LSG ist noch immer eine gedrückte Grundstimmung zu entnehmen. Der Kläger nimmt nach wie vor seine Antidepressiva. Er lebt nach der Trennung von seiner Frau nach wie vor alleine. Insoweit ist ein GdB von 20 weiterhin angemessen. Der Auffassung des Gutachters Dr. U. kann daher nicht gefolgt werden, zumal er insoweit als Internist fachfremd beurteilt.
Entsprechendes gilt auch für die rund dreimal jährlich auftretende Herpesinfektion. Teil B Nr. 17.10 (S. 84 f.) VMG sieht bei rezidivierenden Herpes simplex-Erkrankungen bis dreimal im Jahr einen GdB von 0 - 10 vor, nach den Vorbemerkungen zu Nr. 17 (S. 81) ist jedoch der Sitz und die Art der Hauterkrankung zu berücksichtigen. Da sich die Hauterkrankung des Klägers im Genitalbereich befindet und daher mit Juckreiz und Brennen einhergeht, erscheint dem Senat insoweit ein (höherer) GdB von 20 als durchaus angemessen und nachvollziehbar.
Für die Kniebeschwerden des Klägers, die sich zunächst im Jahr 1999 links und nunmehr rechts manifestiert haben, ist lediglich ein GdB von 10 anzusetzen. Nach Teil B Nr. 18.14 (S. 100) der VMG ist für ausgeprägte Knorpelschäden des Kniegelenks (z.B. Chondromalacia patellae Stadium II - IV) ohne Bewegungseinschränkungen ein GdB von 10 bis 30 anzusetzen. Da der Kläger jeweils nur über einseitige Beschwerden klagt und die rechtsseitigen Beschwerden zuletzt auf einen Meniskusriss zurückzuführen waren, der jedoch durch die OP vom September 2008 behoben worden ist, Bewegungseinschränkungen und Ergüsse nicht bestehen, erachtet der Senat einen GdB von 10 für ausreichend. Dem vom behandelnden Orthopäden Rechenbach vorgeschlagenen GdB von 20 steht das Fehlen von Funktionseinbußen entgegen.
Für die vom Kläger weiterhin geltend gemachten Beschwerden Zustand nach Melanom, Hämorrhoiden, gelegentliches Lymphödem in den Beinen, Bluthochdruck und erhöhtes Cholesterin kann nach der Überzeugung des Senats kein GdB angesetzt werden.
Da das Melanom bereits im Jahr 1997 entfernt worden ist und, wie der behandelnde Allgemeinarzt K. bestätigt, kein Rezidiv aufgetreten ist, kommt nach Teil B Nr. 17.13 (S. 85) VMG hier kein GdB in Betracht.
Nach Teil B Nr. 10.2.4 (S. 56) VMG sind Hämorrhoiden ohne erhebliche Beschwerden lediglich mit einem GdB von 0 - 10 zu bewerten. Konkrete Beschwerden hat der Kläger insoweit nicht geltend gemacht, so dass insoweit auch kein GdB festzusetzen ist.
Die im Erörterungstermin vom Kläger thematisierten Lymphödeme an den Beinen, die gelegentlich auftreten, sind nach Teil B Nr. 9.2.3 (S. 50) VMG mit einem GdB von 0 - 10 einzustufen. Da das Ödem unter Medikamenteneinnahme nicht auftritt, ist insoweit ebenfalls kein GdB anzusetzen.
Auch im Hinblick auf den Bluthochdruck ist entgegen der Einschätzung des Gutachters Dr. U. kein GdB anzunehmen, da weder die behandelnden Ärzte noch der Gutachter selbst insoweit irgendwelche Leistungsbeeinträchtigungen mitgeteilt haben. Der Kläger ist insoweit medikamentös gut eingestellt und weist noch keine Augenhintergrundveränderungen auf. Mithin ist auch hier kein GdB anzusetzen.
Dies gilt auch für die beim Kläger bestehende Weitsichtigkeit. Nach Teil B Nr. 4 (S. 29) VMG ist für die Beurteilung des Sehvermögens die korrigierte Sehschärfe maßgebend. Nachdem die Weitsichtigkeit des Klägers mit einer Lesebrille korrigiert ist, ist insoweit kein GdB anzusetzen.
Eine diabetische Polyneuropathie ist bislang nicht nachgewiesen. Dr. G. behauptet diese, legt jedoch keinen Nachweis diesbezüglich vor und auch der den Kläger am häufigsten behandelnde Allgemeinarzt K. spricht lediglich von einem Verdacht auf Polyneuropathie. Der Kläger, der sonst seine Beschwerden wortreich und ausführlich darlegt, hat Beschwerden im Sinne einer Polyneuropathie nicht geschildert. Insoweit kann ein GdB daher nicht angesetzt werden.
Insgesamt ergibt sich damit unter Anwendung der Kriterien von Teil A Nr. 3c und d aa) VMG ein GdB von 50, nicht aber ein höherer GdB, wie vom Kläger begehrt.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob dem Kläger ein höherer Grad der Behinderung (GdB) als 50 zusteht. Der 1949 geborene Kläger ist rumänischer Staatsbürger. Er verfügt seit dem 15.04.2003 über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.
Der Beklagte hatte bei ihm zuletzt mit Bescheid vom 13.03.2000 einen GdB von 50 ab 09.12.1999 festgestellt. Dabei ging der Ärztliche Dienst des Beklagten von folgenden Behinderungen aus:
Diabetes mellitus, insulinpflichtig Teil-GdB 40 Psychovegetatives Erschöpfungssyndrom Teil-GdB 20 Wiederholt auftretende Herpesinfektionen Teil-GdB 20 Reizknie links Teil-GdB 10
Am 09.02.2005 beantragte der Kläger bei dem Beklagten, seinen GdB von 50 auf 80 zu erhöhen, weil es ihm viel schlechter gehe als 1999. Zusätzlich zu den bereits bekannten Erkrankungen leide er nunmehr unter medikamentenpflichtigem Bluthochdruck und erhöhtem Cholesterin. Auch sei ihm zweimal ein Melanom entfernt worden.
Der Beklagte zog daraufhin einen Befundbericht des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin K. vom 15.09.2005 bei.
Dieser teilte mit, dass die Blutzuckerwerte im letzten Quartal ordentlich eingestellt gewesen seien, seit wenigen Wochen jedoch deutlich erhöhte Blutzuckerwerte bis zu 300 mg/dl aufgetreten seien. Der HBA1c sei auf 7,8 % angestiegen. Diabetische Folgeerkrankungen wie Nephropathie, Polyneuropathie und Retinopathie bestünden nicht. Die Cholesterinwerte seien leichtgradig erhöht gewesen, seien jetzt aber wieder niedriger und lägen bei 200 mg/dl. Es bestehe eine arterielle Hypertonie mit ursprünglichen Werten von 180/100 mmHG, wobei sich die Werte jetzt bei Medikation auf 130 - 140/80 mmHG eingependelt hätten. Weder Organveränderungen noch Augenhintergrundveränderungen seien nachgewiesen. Die depressive Phase des Klägers bestehe seit 1994, als ihn die Ehefrau mit den Kindern verlassen habe. Er sei insoweit in psychiatrischer Behandlung und werde mit Trimipramin behandelt. Es bestehe eine rezidivierende Schmerzsymptomatik im linken Kniegelenk, wobei Messungen nach der Neutral-Null-Methode bisher nicht dokumentiert seien.
Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 28.10.2005 die Neufeststellung mit der Begründung ab, es sei keine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, da die Gesundheitsbeeinträchtigungen nach wie vor mit einem GdB von 50 zu bewerten seien.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, mit der er die Erhöhung des GdB auf 75 geltend machte. Zur Begründung gab er an, er könne jede Sekunde von einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt getroffen werden. Auch sei ihm am 03.05.2005 der Blutzuckerwert derart entgleist, dass er den Notarzt habe rufen müssen. Der Beklagte habe zu berücksichtigen, dass man ihm auch schon zum zweiten Mal ein Muttermal entfernt habe, was die Schwächung seines Immunsystems belege. Auch leide er an Hämorrhoiden und Nasenbluten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Gegen den am 04.04.2006 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 03.05.2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er sich im Wesentlichen auf die bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Argumente gestützt. Ergänzend hat er geltend gemacht, unter krummen Füßen und Beschwerden beim Treppensteigen zu leiden. Zur weiteren Begründung hat er zahlreiche Arztberichte aus den Jahren 1995 bis 2002 übersandt sowie einen Notfallbericht des Klinikums am S. in Reutlingen vom 23.06.2006, dem zu entnehmen ist, dass der Kläger am 23.06.2006 um 22.00 Uhr wegen fehlender Nahrungsaufnahme in den Unterzucker (99 mg/dl) gefallen und daher von einem Arbeitskollegen der Notdienst gerufen worden war. Hinsichtlich der Einzelheiten der vom Kläger vorgelegten medizinischen Unterlagen wird auf Bl. 6 - 20 und Bl. 35 - 61 der SG-Akte verwiesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Arztauskünfte von Dr. G., Facharzt für Allgemeinmedizin und Diabetologe, vom 26.08.2006 und Herrn K. vom 29.11.2006.
Dr. G. hat mitgeteilt, der Kläger leide unter einem Typ II-Diabetes, der jedoch klinisch einem Typ I-Diabetikes entspreche. Daher sei die Einstellung des Klägers schwieriger und er leide ebenso oft wie ein Typ I-Diabetiker unter häufigen Unterzuckerungen. Der Kläger sei mit einem HBA1c am 28.03.2006 mit 7,6 % noch befriedigend gut eingestellt. Es bestehe eine Polyneuropathie, andere Folgeerscheinungen seien nicht bekannt. Beim Kläger bestünden häufige Unterzuckerungen, weswegen seiner Ansicht nach eine MdE von 50 gerechtfertigt sei.
Herr K. hat berichtet, der Kläger habe bei seinem letzten Besuch bei ihm im November 2006 einen HBA1c-Wert von 7,5 % gehabt. Da er zuletzt ein Vibrationsempfinden von 4/8 gehabt habe, bestehe der Verdacht auf eine diabetische Polyneuropathie. Eine diabetische Retinopathie und Nephropathie bestünden nicht. Die Blutdruckwerte seien schwankend, aber ordentlich eingestellt. Der Kläger habe Senk/Spreizfüße mit einer Hallux valgus-Fehlstellung rechts mehr als links. Die depressive Verstimmung bestehe noch immer. Es bestehe derzeit kein Rezidivverdacht im Hinblick auf das Melanom, welches 1997 entfernt worden sei. Die Beschwerden des Klägers hätten sich nicht wesentlich gebessert, weswegen beim Kläger weiterhin ein GdB von 50 bestehe. In Ergänzung seiner Ausführungen hat Herr K. eigene und fremde Befundberichte übersandt, die jedoch keine weiteren Befunde enthalten. Hinsichtlich deren Inhalt wird auf Bl. 82 - 94 der SG-Akte Bezug genommen.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 15.01.2007 eine Verordnung für eine Lesebrille bei einer Sphäre von + 2,5 rechts und + 2,75 links und einen Arztbrief der Augenärztin Dr. N. vorgelegt, wonach keine diabetische Retinopathie besteht.
Im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahren hat der Kläger mit Schreiben vom 06.06.2007 vorgetragen, seinen Aufzeichnungen der Blutzuckerwerte sei zu entnehmen, dass er mehrmals pro Woche an Unterzuckerung leide. Er habe am 03.05.2005 auch wieder den Notarzt in Anspruch nehmen müssen. Hinsichtlich dieser handschriftlichen Aufzeichnungen des Klägers wird auf Bl. 111 der SG-Akte verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.03.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse liege nicht vor. Die Behinderungen des Klägers seien mit einem GdB von 50 ausreichend bewertet, insbesondere sei den Arztauskünften von Dr. G. und Herrn K. keine Neigung zu ausgeprägten Hypoglykämien (Unterzuckerungen) zu entnehmen, die einen höheren Teil-GdB für die Diabeteserkrankung rechtfertigen könnten.
Gegen das Urteil hat der Kläger am 25.04.2008 Berufung eingelegt. Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und erneut eine Aufzeichnung seiner Blutzuckerwerte vom 01.03. bis 01.04.2008 vorgelegt. Darin werden Unterzuckerwerte am 01.03., 03.03., 05.03., 11.03., 24.03., 26.03., 31.01. und 01.04. angegeben.
Weiterhin hat der Kläger eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 23.04.2008 über mehrmals aufgetretene Unterzuckerung sowie einen Unfallbericht über einen Sturz am 11.05.2008 vorlegt, bei dem er sich eine Schürfwunde am linken Knie, eine Prellung des linken Knies und eine Prellung der Hüfte zugezogen hat.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachinternistischen Gutachtens durch Dr. U., Internist, vom 24.01.2009. Der Gutachter hat folgende Diagnosen gestellt:
1. Diabetes mellitus 2. Hypertonie 3. Funktionsbehinderungen des linken Kniegelenks.
Auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des BSG ist der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger der Diabetes mit einem GdB von 10 zu bewerten sei. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Kläger bei einer präoperativen Untersuchung am 02.09.2008 angegeben habe, dass seine Blutzuckerwerte gut seien. Zudem seien schwerwiegende Unterzuckerungen seit dem Jahr 2005 nur in zwei Fällen objektiviert. Die Behandlung am 12.07.2008 im Krankenhaus sei wegen einer hypertensiven Entgleisung bei normalen Blutzuckerwerten erfolgt. Der Therapieaufwand für die Behandlung der Zuckerkrankheit sei mit ein paar Minuten täglich minimal. Für den erhöhten Blutdruck und die Funktionsbehinderung am linken Kniegelenk hat der Gutachter ebenfalls nur einen Teil-GdB von jeweils 10 für notwendig erachtet. Eine Herpesinfektion am Penis stelle keine Behinderung dar, da sie lediglich dreimal jährlich auftrete und gut behandelbar sei. Auch eine depressive Verstimmung könne beim Kläger nicht objektiviert werden. Insgesamt hat der Gutachter den GdB mit 10 angegeben.
Der Kläger hat die Feststellungen des Gutachters bestritten und ergänzend Unterlagen über eine Meniskusresektion am rechten Knie im September 2008 vorgelegt. In dem Entlassungsbericht der Ermstalklinik vom 11.09.2008 (Bl. 64 der Senatsakte) ist als Diagnose u.a. ein Diabetes ohne Komplikationen (nicht als entgleist bezeichnet) angegeben.
Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Beiziehung des endgültigen Entlassberichtes der Ermstalklinik vom 20.09.2008/02.02.2009. Dort hat sich der Kläger am 10.09.2008 einer Arthroskopie mit Innenmeniskusteilresektion und subtotaler Resektion des Hinterhornes rechts unterzogen.
Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Auskunft des behandelnden Orthopäden Rechenbach.
Dieser hat mitgeteilt, dass beim Kläger eine Varusgonarthrose rechts vorliege. Die Kniegelenkbeweglichkeit sei anlässlich der letzten Untersuchung am 26.03.2009 frei gewesen. Es hätten sich keine Ergusszeichen gezeigt. Die Gonarthrose sei seiner Auffassung nach mit einem GdB von 20 zu bewerten. Ergänzend hat er einen MRT-Befund vom 26.08.2008 vorgelegt, wonach beim Kläger eine Chondromalazia patellae Grad II/III vorgelegt hat.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. März 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm ab 09. Februar 2005 einen höheren Grad der Behinderung als 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet den Gerichtsbescheid wie auch seine eigene Festsetzung eines GdBs von 50 für zutreffend. Die Bewertung des GdB für den Diabetes mit lediglich 10 durch den Gutachter Dr. U. sei mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG) nicht zu vereinbaren. Auch verbleibe es bei dem festgesetzten GdB für die depressive Verstimmung und die Herpesinfektion. Im Übrigen stimme er mit den Einschätzungen von Dr. U. überein.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die dem Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Verfahrensakten beider Instanzen haben dem Senat vorgelegen. Auf den Inhalt dieser Akten sowie auf den Inhalt des Protokolls des Erörterungstermins vom 25.06.2009 wird zur näheren Darstellung des Sachverhaltes verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe im Sinne von § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist indessen nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des SG ist zutreffend, die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) liegt nicht vor, denn beim Kläger besteht nach wie vor lediglich ein GdB von 50.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Gründe des Gerichtsbescheides des SG Bezug und macht sich diese zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist anzumerken, dass ab 01.01.2009 gem. § 69 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) anstelle der AHP 2008 nunmehr auf der Grundlage der Ermächtigung in § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetz die Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 und die dazugehörige Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VMG) Anwendung findet.
Bezugnehmend auf Teil B Nr. 15.1 (S. 74) der VMG erachtet der Senat die Einstufung des Diabetes mellitus mit dem höchsten Teil-GdB von 40 beim Kläger für angemessen und ausreichend.
Nach Teil B Nr. 15.1 VMG ist die Zuckerkrankheit (unabhängig davon, welcher Typ vorliegt) unter Insulintherapie mit stabiler oder mäßig schwankender Stoffwechsellage mit einem GdB von 30 - 40 zu bewerten. Lediglich bei instabiler Stoffwechsellage mit schweren Hypoglykämien ist ein GdB von 50 anzusetzen, wobei nach den VMG Hypoglykämien nur dann als schwer anzusehen sind, wenn die Inanspruchnahme von ärztlicher Hilfe erforderlich ist.
Beim Kläger liegt nach der Überzeugung des Senates eine stabile Stoffwechsellage vor. Seine Überzeugung stützt der Senat insoweit auf die vom Sachverständigen Dr. U. erhobenen Befunde sowie auf die vom Kläger selbst zahlreich vorgelegten Arztberichte und auch auf die Angaben der behandelnden Ärzte K. und Dr. G. im erstinstanzlichen Verfahren.
Der Diabetes ist beim Kläger befriedigend eingestellt und er leidet allenfalls gelegentlich unter geringfügigen Unterzuckerungen, die dabei weder als häufig, als ausgeprägt oder gar als schwer zu bezeichnen sind.
So ist der Kläger seit dem Jahr 2005 lediglich zweimal wegen Unterzuckerung notfallmäßig behandelt worden. Auch aus den Notarztberichten lässt sich jedoch nicht zwingend entnehmen, dass ärztliche Hilfe notwendig gewesen wäre, da der Kläger beim Eintreffen des Notarztes jeweils schon mittels Cola einen relativ normalen Blutzuckerwert hergestellt hatte. Zugunsten des Klägers ist daher von einem GdB von 40 auszugehen, wobei die gelegentlichen Hypoglykämien insoweit berücksichtigt sind. Der Auffassung des Gutachters Dr. U., diese Erkrankung sei nur mit einem GdB von 10 zu bewerten, folgt der Senat angesichts der oben genannten VMG, die als Rechtsverordnung normativen und bindenden Charakter haben, nicht. Zwar hat das BSG in seinem Urteil vom 24.04.2008 (B 9/9a SB 10/06 R - in juris.de) entschieden, dass für die Bewertung des GdB nicht allein die Bewertungsvorschläge in den AHP (damals Ausgabe 1996) maßgeblich seien, sondern insbesondere die erreichte Stoffwechsellage und der dabei erforderliche Therapieaufwand. Die nach diesem Urteil erlassene Versorgungsmedizinverordnung und die VMG berücksichtigen jedoch gerade die Vorgaben des BSG im Hinblick auf die Stoffwechsellage (so BSG , Urteil vom 11.12.2008 - B 9/9a SB 4/07 R - in juris.de), weswegen in deren Anwendung ein GdB von 40 und nicht von 10, wie vom Gutachter vorgeschlagen, festzusetzen ist. Im Hinblick auf den vom Kläger zu betreibenden Therapieaufwand finden sich auch in den VMG keine Vorgaben (BSG, a. a. O.), hier ist aber in Übereinstimmung mit Dr. U. nur von wenigen Minuten täglich für die Messung und die Insulingabe auszugehen. Damit verbleibt es bei einem GdB von 40.
Hinsichtlich des psychovegetativen Erschöpfungssyndroms erachtet der Senat ebenfalls den von dem Beklagten festgestellten GdB von 20 für angemessen, notwendig und auch ausreichend.
Nach Nr. 26.3 (Seite 48) der AHP und Teil B Nr. 3.7 (S. 27) der VMG ist eine leichtere psychovegetative Störung mit einem GdB von bis zu 20 zu bewerten. Aus den Schriftsätzen des Klägers und seinem Verhalten im Erörterungstermin vor dem LSG ist noch immer eine gedrückte Grundstimmung zu entnehmen. Der Kläger nimmt nach wie vor seine Antidepressiva. Er lebt nach der Trennung von seiner Frau nach wie vor alleine. Insoweit ist ein GdB von 20 weiterhin angemessen. Der Auffassung des Gutachters Dr. U. kann daher nicht gefolgt werden, zumal er insoweit als Internist fachfremd beurteilt.
Entsprechendes gilt auch für die rund dreimal jährlich auftretende Herpesinfektion. Teil B Nr. 17.10 (S. 84 f.) VMG sieht bei rezidivierenden Herpes simplex-Erkrankungen bis dreimal im Jahr einen GdB von 0 - 10 vor, nach den Vorbemerkungen zu Nr. 17 (S. 81) ist jedoch der Sitz und die Art der Hauterkrankung zu berücksichtigen. Da sich die Hauterkrankung des Klägers im Genitalbereich befindet und daher mit Juckreiz und Brennen einhergeht, erscheint dem Senat insoweit ein (höherer) GdB von 20 als durchaus angemessen und nachvollziehbar.
Für die Kniebeschwerden des Klägers, die sich zunächst im Jahr 1999 links und nunmehr rechts manifestiert haben, ist lediglich ein GdB von 10 anzusetzen. Nach Teil B Nr. 18.14 (S. 100) der VMG ist für ausgeprägte Knorpelschäden des Kniegelenks (z.B. Chondromalacia patellae Stadium II - IV) ohne Bewegungseinschränkungen ein GdB von 10 bis 30 anzusetzen. Da der Kläger jeweils nur über einseitige Beschwerden klagt und die rechtsseitigen Beschwerden zuletzt auf einen Meniskusriss zurückzuführen waren, der jedoch durch die OP vom September 2008 behoben worden ist, Bewegungseinschränkungen und Ergüsse nicht bestehen, erachtet der Senat einen GdB von 10 für ausreichend. Dem vom behandelnden Orthopäden Rechenbach vorgeschlagenen GdB von 20 steht das Fehlen von Funktionseinbußen entgegen.
Für die vom Kläger weiterhin geltend gemachten Beschwerden Zustand nach Melanom, Hämorrhoiden, gelegentliches Lymphödem in den Beinen, Bluthochdruck und erhöhtes Cholesterin kann nach der Überzeugung des Senats kein GdB angesetzt werden.
Da das Melanom bereits im Jahr 1997 entfernt worden ist und, wie der behandelnde Allgemeinarzt K. bestätigt, kein Rezidiv aufgetreten ist, kommt nach Teil B Nr. 17.13 (S. 85) VMG hier kein GdB in Betracht.
Nach Teil B Nr. 10.2.4 (S. 56) VMG sind Hämorrhoiden ohne erhebliche Beschwerden lediglich mit einem GdB von 0 - 10 zu bewerten. Konkrete Beschwerden hat der Kläger insoweit nicht geltend gemacht, so dass insoweit auch kein GdB festzusetzen ist.
Die im Erörterungstermin vom Kläger thematisierten Lymphödeme an den Beinen, die gelegentlich auftreten, sind nach Teil B Nr. 9.2.3 (S. 50) VMG mit einem GdB von 0 - 10 einzustufen. Da das Ödem unter Medikamenteneinnahme nicht auftritt, ist insoweit ebenfalls kein GdB anzusetzen.
Auch im Hinblick auf den Bluthochdruck ist entgegen der Einschätzung des Gutachters Dr. U. kein GdB anzunehmen, da weder die behandelnden Ärzte noch der Gutachter selbst insoweit irgendwelche Leistungsbeeinträchtigungen mitgeteilt haben. Der Kläger ist insoweit medikamentös gut eingestellt und weist noch keine Augenhintergrundveränderungen auf. Mithin ist auch hier kein GdB anzusetzen.
Dies gilt auch für die beim Kläger bestehende Weitsichtigkeit. Nach Teil B Nr. 4 (S. 29) VMG ist für die Beurteilung des Sehvermögens die korrigierte Sehschärfe maßgebend. Nachdem die Weitsichtigkeit des Klägers mit einer Lesebrille korrigiert ist, ist insoweit kein GdB anzusetzen.
Eine diabetische Polyneuropathie ist bislang nicht nachgewiesen. Dr. G. behauptet diese, legt jedoch keinen Nachweis diesbezüglich vor und auch der den Kläger am häufigsten behandelnde Allgemeinarzt K. spricht lediglich von einem Verdacht auf Polyneuropathie. Der Kläger, der sonst seine Beschwerden wortreich und ausführlich darlegt, hat Beschwerden im Sinne einer Polyneuropathie nicht geschildert. Insoweit kann ein GdB daher nicht angesetzt werden.
Insgesamt ergibt sich damit unter Anwendung der Kriterien von Teil A Nr. 3c und d aa) VMG ein GdB von 50, nicht aber ein höherer GdB, wie vom Kläger begehrt.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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