Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 1746/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 3408/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 24. Juni 2009 aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg.
Sie ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Auch ist sie begründet. Das Sozialgericht Ulm (SG) bewertet die Sach- und Rechtslage im Hinblick auf vom Antragsteller zu übernehmende Mietrückstände der Antragstellerin in Höhe von 4.674,55 EUR nicht zutreffend.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO)). Die betreffende Eilentscheidung kann, wie das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung im Zusammenhang mit Leistungen nach dem SGB II bzw. Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) betont hat (Beschluss vom 12. Mai 2005, NVwZ 2005, S. 927 ff), sowohl auf eine Folgenabwägung (Folgen einer Stattgabe gegenüber den Folgen bei Ablehnen des Eilantrages) als auch alternativ auf eine Überprüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache (Anordnungsanspruch), ergänzt um das Merkmal der Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund), ist das Gericht verpflichtet, die Sach- und Rechtslage summarisch zu prüfen; an den Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs sind umso niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (Bundesverfassungsgericht a.a.O.). Zwar soll eine Entscheidung im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens grundsätzlich nicht die Hauptsache vorwegnehmen (vgl. Keller in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Aufl., § 86 b Rdnr. 31 m.w.N). Von diesem Grundsatz ist jedoch dann abzuweichen, wenn die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) dies erfordert, z.B. bei Leistungen nach dem SGB II etwa dann, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 18. November 2008 - L 2 AS 4704/08 ER-B -). Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt dann vor, wenn die angeordnete Maßnahme nachträglich nicht mehr mit Wirkung für die Vergangenheit korrigierbar ist (vgl. Keller, a.a.O., § 86 b Rdnr. 31). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antrag beim SG auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war bereits unzulässig. Ihm steht bereits entgegen, dass die Antragstellerin kein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis hat. Hieran fehlt es vorliegend, weil die Antragstellerin bis heute beim Antragsgegner keinen Antrag (§ 37 Abs. 1 SGB II) auf Übernahme der Mietrückstände in Höhe von 4.674,55 EUR gestellt hat, und eine Befassung des Antragsgegners im Verwaltungsverfahren damit noch nicht vorgelegen hat. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner lediglich im Januar 2009 mitgeteilt, dass wieder 800 EUR an Mietschulden angefallen sind. Als Ursache hierfür wurden Falschüberweisungen (Zahlendreher im Überweisungsbeleg) vermutet und zur Vermeidung weiterer Rückstände die Überweisung des Anteils des Antragsgegners an der Miete direkt an den Vermieter vereinbart. Von weiteren Mietschulden war nicht die Rede. Auch wenn der Antragsgegner mittlerweile zu erkennen gegeben hat, dass eine Übernahme der Mietrückstände voraussichtlich nicht in Betracht kommt, ist die Sache auf Grund eines noch nicht vorliegenden Räumungstitels des Vermieters nicht so sehr eilig, als dass nicht eine Entscheidung des Antragstellers - die in dessen Ermessen steht (s. dazu unten) - abgewartet werden könnte (vgl. hierzu Hk- SGG/Binder, 3. Aufl., 2009, § 86b Rnr.32 m.w.Nw.).
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin aber auch in der Sache selbst einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat. Der Senat hält es nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsgegner in der Hauptsache verpflichtet werden wird, die von der Antragstellerin geltend gemachten Mietschulden in Höhe von 4.674,55 EUR (darlehensweise) zu übernehmen. Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt nur § 22 Abs. 5 SGB II (in der Fassung des Artikels 1 Nr. 6c des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006, BGBl. I S. 558) in Betracht. Sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, können danach auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (Satz 1). Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II eröffnet dem Leistungsträger mithin Ermessen, das im Falle bereits drohender Wohnungslosigkeit eingeschränkt ist. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen nach Satz 2 vor, ist die Übernahme von Schulden der Regelfall; der Träger der Grundsicherung kann nur in atypischen Einzelfällen von Leistungen (nach § 22 Abs. 5 Satz 4 SGB II zumeist in Form eines Darlehens) zur Mietschuldentilgung absehen. Auch wenn vorliegend Wohnungslosigkeit einzutreten droht, liegen die Voraussetzungen für die Übernahme der Mietschulden nicht vor.
Der Senat hält die Übernahme der Mietschulden zur Sicherung der Unterkunft nicht für gerechtfertigt. Zweifel an einem entsprechenden Anspruch der Antragstellerin bestehen schon im Hinblick darauf, ob die Wohnung zukünftig noch als angemessen angesehen werden kann. Es ist zumindest fraglich, ob der in einem Jugendheim untergebrachte Sohn Daniel trotz Familienheimfahrten an Wochenenden und teilweise in den Ferien noch zur Bedarfsgemeinschaft gem. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gehört oder davon nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II (Unterbringung in einer stationären Einrichtung) ausgeschlossen ist, und wie dementsprechend sein Wohnbedarf für die Aufenthalte zu Hause zu berücksichtigen ist. Für nurmehr 2 Personen dürfte die 4 Zimmer-Wohnung mit 85 m² unangemessen sein, aber auch für 3 Personen wird der Wohnraumbedarf von 75 m² überschritten. Eine Leistung nach § 22 Abs. 5 SGB II zur Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 25.02.2009, L 20 B 130/08 AS ER mit weiteren Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen). Ein langfristiger Erhalt einer unangemessen teuren Wohnung ist nicht erwünscht.
Darüber hinaus ist ein langfristiger Erhalt der Wohnung durch die Übernahme der Mietschulden nicht abzusehen. Die Mietschulden sind nicht auf Grund einer Notlage, sondern allein durch ein unwirtschaftliches Verhalten der Antragstellerin entstanden. Auch nach dem plötzlichen Tod ihres Ehemannes im Januar 2008 hat sie durchgängig für sich und ihre Kinder Leistungen der Agentur für Arbeit in Bezug auf die Regelleistung und des Antragsgegners in Bezug auf die Kosten der Unterkunft in voller Höhe erhalten. Der Antragsgegner hat auch nach dem Wegfall des Sohnes Daniel aus der Bedarfsgemeinschaft noch mit Bescheid vom 30.3.2009 die vollen - ihm bekannten - Wohnkosten auch für 2 Personen gewährt. Von daher weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass sich Mietschulden in dieser Höhe - die Antragstellerin hat für 7 Monate im Jahr 2008 überhaupt keine Miete bezahlt - nicht durch einen zusätzlichen Bedarf an Kleidung für sich und ihren Sohn Tobias erklären lassen. Die Antragstellerin hat auch nachdem der Antragsgegner den von ihm zu leistenden überwiegenden Teil der Miete an den Vermieter direkt überweist und die von ihr benannten Rechtfertigungsgründe weggefallen sind, die Mietzahlungen an den Vermieter in Höhe des von ihr - durch den Einkommensüberhang - zu übernehmenden Anteils nicht wieder aufgenommen, sondern die Schulden weiter anwachsen lassen. Einen Selbsthilfewillen hat sie damit vermissen lassen. Nachdem eine direkte Überweisung der vollen Miete durch den Antragsteller auf Grund der geringeren Leistungspflicht nicht in Betracht kommt, steht damit zu befürchten, dass auch zukünftig wieder Mietschulden entstehen werden und die Unterkunft durch eine Schuldübernahme nicht auf Dauer gesichert werden kann. Weiter ist ungewiss, wie lange die Antragstellerin überhaupt noch in Dietenheim wohnen bleiben will. Auch wenn sie im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht einen Umzug derzeit ausschließt, hat sie im Verwaltungsverfahren mitgeteilt, dass sie lieber nach Ulm umziehen möchte und ihr die jetzige Wohnung auch psychische Probleme bereitet. Auch im Hinblick darauf erscheint die Übernahme der erheblichen Mietschulden nicht gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg.
Sie ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Auch ist sie begründet. Das Sozialgericht Ulm (SG) bewertet die Sach- und Rechtslage im Hinblick auf vom Antragsteller zu übernehmende Mietrückstände der Antragstellerin in Höhe von 4.674,55 EUR nicht zutreffend.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO)). Die betreffende Eilentscheidung kann, wie das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung im Zusammenhang mit Leistungen nach dem SGB II bzw. Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) betont hat (Beschluss vom 12. Mai 2005, NVwZ 2005, S. 927 ff), sowohl auf eine Folgenabwägung (Folgen einer Stattgabe gegenüber den Folgen bei Ablehnen des Eilantrages) als auch alternativ auf eine Überprüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache (Anordnungsanspruch), ergänzt um das Merkmal der Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund), ist das Gericht verpflichtet, die Sach- und Rechtslage summarisch zu prüfen; an den Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs sind umso niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (Bundesverfassungsgericht a.a.O.). Zwar soll eine Entscheidung im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens grundsätzlich nicht die Hauptsache vorwegnehmen (vgl. Keller in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Aufl., § 86 b Rdnr. 31 m.w.N). Von diesem Grundsatz ist jedoch dann abzuweichen, wenn die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) dies erfordert, z.B. bei Leistungen nach dem SGB II etwa dann, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 18. November 2008 - L 2 AS 4704/08 ER-B -). Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt dann vor, wenn die angeordnete Maßnahme nachträglich nicht mehr mit Wirkung für die Vergangenheit korrigierbar ist (vgl. Keller, a.a.O., § 86 b Rdnr. 31). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antrag beim SG auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war bereits unzulässig. Ihm steht bereits entgegen, dass die Antragstellerin kein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis hat. Hieran fehlt es vorliegend, weil die Antragstellerin bis heute beim Antragsgegner keinen Antrag (§ 37 Abs. 1 SGB II) auf Übernahme der Mietrückstände in Höhe von 4.674,55 EUR gestellt hat, und eine Befassung des Antragsgegners im Verwaltungsverfahren damit noch nicht vorgelegen hat. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner lediglich im Januar 2009 mitgeteilt, dass wieder 800 EUR an Mietschulden angefallen sind. Als Ursache hierfür wurden Falschüberweisungen (Zahlendreher im Überweisungsbeleg) vermutet und zur Vermeidung weiterer Rückstände die Überweisung des Anteils des Antragsgegners an der Miete direkt an den Vermieter vereinbart. Von weiteren Mietschulden war nicht die Rede. Auch wenn der Antragsgegner mittlerweile zu erkennen gegeben hat, dass eine Übernahme der Mietrückstände voraussichtlich nicht in Betracht kommt, ist die Sache auf Grund eines noch nicht vorliegenden Räumungstitels des Vermieters nicht so sehr eilig, als dass nicht eine Entscheidung des Antragstellers - die in dessen Ermessen steht (s. dazu unten) - abgewartet werden könnte (vgl. hierzu Hk- SGG/Binder, 3. Aufl., 2009, § 86b Rnr.32 m.w.Nw.).
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin aber auch in der Sache selbst einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat. Der Senat hält es nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsgegner in der Hauptsache verpflichtet werden wird, die von der Antragstellerin geltend gemachten Mietschulden in Höhe von 4.674,55 EUR (darlehensweise) zu übernehmen. Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt nur § 22 Abs. 5 SGB II (in der Fassung des Artikels 1 Nr. 6c des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006, BGBl. I S. 558) in Betracht. Sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, können danach auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (Satz 1). Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II eröffnet dem Leistungsträger mithin Ermessen, das im Falle bereits drohender Wohnungslosigkeit eingeschränkt ist. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen nach Satz 2 vor, ist die Übernahme von Schulden der Regelfall; der Träger der Grundsicherung kann nur in atypischen Einzelfällen von Leistungen (nach § 22 Abs. 5 Satz 4 SGB II zumeist in Form eines Darlehens) zur Mietschuldentilgung absehen. Auch wenn vorliegend Wohnungslosigkeit einzutreten droht, liegen die Voraussetzungen für die Übernahme der Mietschulden nicht vor.
Der Senat hält die Übernahme der Mietschulden zur Sicherung der Unterkunft nicht für gerechtfertigt. Zweifel an einem entsprechenden Anspruch der Antragstellerin bestehen schon im Hinblick darauf, ob die Wohnung zukünftig noch als angemessen angesehen werden kann. Es ist zumindest fraglich, ob der in einem Jugendheim untergebrachte Sohn Daniel trotz Familienheimfahrten an Wochenenden und teilweise in den Ferien noch zur Bedarfsgemeinschaft gem. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gehört oder davon nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II (Unterbringung in einer stationären Einrichtung) ausgeschlossen ist, und wie dementsprechend sein Wohnbedarf für die Aufenthalte zu Hause zu berücksichtigen ist. Für nurmehr 2 Personen dürfte die 4 Zimmer-Wohnung mit 85 m² unangemessen sein, aber auch für 3 Personen wird der Wohnraumbedarf von 75 m² überschritten. Eine Leistung nach § 22 Abs. 5 SGB II zur Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 25.02.2009, L 20 B 130/08 AS ER mit weiteren Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen). Ein langfristiger Erhalt einer unangemessen teuren Wohnung ist nicht erwünscht.
Darüber hinaus ist ein langfristiger Erhalt der Wohnung durch die Übernahme der Mietschulden nicht abzusehen. Die Mietschulden sind nicht auf Grund einer Notlage, sondern allein durch ein unwirtschaftliches Verhalten der Antragstellerin entstanden. Auch nach dem plötzlichen Tod ihres Ehemannes im Januar 2008 hat sie durchgängig für sich und ihre Kinder Leistungen der Agentur für Arbeit in Bezug auf die Regelleistung und des Antragsgegners in Bezug auf die Kosten der Unterkunft in voller Höhe erhalten. Der Antragsgegner hat auch nach dem Wegfall des Sohnes Daniel aus der Bedarfsgemeinschaft noch mit Bescheid vom 30.3.2009 die vollen - ihm bekannten - Wohnkosten auch für 2 Personen gewährt. Von daher weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass sich Mietschulden in dieser Höhe - die Antragstellerin hat für 7 Monate im Jahr 2008 überhaupt keine Miete bezahlt - nicht durch einen zusätzlichen Bedarf an Kleidung für sich und ihren Sohn Tobias erklären lassen. Die Antragstellerin hat auch nachdem der Antragsgegner den von ihm zu leistenden überwiegenden Teil der Miete an den Vermieter direkt überweist und die von ihr benannten Rechtfertigungsgründe weggefallen sind, die Mietzahlungen an den Vermieter in Höhe des von ihr - durch den Einkommensüberhang - zu übernehmenden Anteils nicht wieder aufgenommen, sondern die Schulden weiter anwachsen lassen. Einen Selbsthilfewillen hat sie damit vermissen lassen. Nachdem eine direkte Überweisung der vollen Miete durch den Antragsteller auf Grund der geringeren Leistungspflicht nicht in Betracht kommt, steht damit zu befürchten, dass auch zukünftig wieder Mietschulden entstehen werden und die Unterkunft durch eine Schuldübernahme nicht auf Dauer gesichert werden kann. Weiter ist ungewiss, wie lange die Antragstellerin überhaupt noch in Dietenheim wohnen bleiben will. Auch wenn sie im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht einen Umzug derzeit ausschließt, hat sie im Verwaltungsverfahren mitgeteilt, dass sie lieber nach Ulm umziehen möchte und ihr die jetzige Wohnung auch psychische Probleme bereitet. Auch im Hinblick darauf erscheint die Übernahme der erheblichen Mietschulden nicht gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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