L 5 R 4290/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 4196/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4290/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 4. August 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der verstorbene Kläger begehrte die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Der 1950 geborene und zwischen dem 15. und 20. November 2008 verstorbene Kläger absolvierte von 1966 bis 1970 eine Ausbildung als Matrose in der Seeschifffahrt. Nach dem von 1973 bis 1974 geleisteten Wehrdienst übte er bis 1987 eine Tätigkeit als Textilarbeiter aus, seit 1987 war er Metallarbeiter und zuletzt als Staplerfahrer beschäftigt.

Vom 22. Februar 2005 bis 22. März 2005 befand sich der Kläger in der Römerbergklinik Badenweiler zur medizinischen Rehabilitation. Ausweislich des Entlassberichtes vom 5. April 2005 wurden als Diagnose ein chronifiziertes lumbales Schmerzsyndrom mit Wurzelirritation S 1 links bei Rezidivprolaps bei Zustand nach Bandscheibenvorfall-OP L 5/S 1 11/01, ein fortgeschrittenes degeneratives Zervikalsyndrom, ein Impingementsyndrom beider Schultern bei Verdacht auf AC-Gelenkarthrose, Diabetes mellitus Typ II sowie eine reaktive depressive Verstimmung nach dem Tod der Ehefrau im Vorjahr gestellt. Das Leistungsvermögen war dahingehend eingeschätzt worden, dass der Kläger sowohl die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Metallarbeiter als auch im Übrigen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte Tätigkeiten vollschichtig ausüben könne. Zu vermeiden seien Arbeiten in Zwangspositionen, mit Rüttel- und Stoßbelastungen, auf Leitern und Gerüsten und ständiger Kälte-Nässe-Exposition (siehe Gutachtensmappe).

Am 3. Juni 2005 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies er auf einen Bandscheibenvorfall.

Der Facharzt für Orthopädie Dr. M. ist in seinem daraufhin von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 21. November 2006 (Bl. 48 ff. Gutachtensakte der Beklagten) zu folgenden Diagnosen gelangt:

1. Status nach dreifacher Bandscheibenoperation L 5/S 1 mit Restbeschwerden und verbliebenem Taubheitsgefühl im linken Bein 2. Spondylarthrosen L 5/S 1 beidseits mit rezidivierenden Lumbalgien 3. Neuropatische Hypästhesien in beiden Unterschenkel und Füßen bei Diabetes mellitus und Leberschaden 4. Verdacht auf Vitamin B 12 Mangel 5. Impingement beidseits Schultern bei deutlicher Muskelatrophie und Malrotation des Schulterblattes

Das Leistungsvermögen schätzte Dr. M. auf der Grundlage der von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen dahingehend ein, dass der Kläger die letzte Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer und Arbeiter in einem Stanzwerk nur noch für die Dauer von weniger als drei Stunden täglich verrichten könne. Körperlich leichte Tätigkeiten könnten aber noch für sechs Stunden und mehr täglich ausgeübt werden. Es müsse dabei ein regelmäßiger Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen möglich sein. Heben und Tragen von Gegenständen über 7 bis 10 kg sei zu vermeiden. Auch Zwangshaltungen seien nicht mehr möglich. Unzumutbar sei ferner häufiges Bücken, sowie Bück-/Drehbewegungen, das Besteigen von Leitern und Gerüsten, das Arbeiten in Nässe, Zugluft und bei extrem schwankenden Temperaturen. Wegen des Diabetes mellitus sei Nachtarbeit und das Arbeiten bei wechselnden Arbeitszeiten nicht ratsam.

Mit Bescheid vom 9. Januar 2007 lehnte die Beklagte sodann den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Kläger sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert, noch würden die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorliegen. Der Kläger sei auch unter Berücksichtigung der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Dagegen erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch, mit dem geltend gemacht wurde, die umfangreiche und einschneidende Krankengeschichte des Klägers mit drei Wirbelsäulenoperationen und einer massiven Gehbehinderung sowie Schmerzen im BWS- und HWS-Bereich und Schulter-Arm-Syndrom sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der Kläger sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mehr leistungsfähig.

Die Beklagte hat daraufhin bei dem Facharzt für Innere Medizin Kraft das weitere internistische Gutachten vom 18. Juni 2007 eingeholt. Als Diagnosen hat der Facharzt für Innere Medizin Kraft eine COPD, ein Lungenemphysem, Diabetes mellitus Typ II bei Insulintherapie und eine Fettleber gestellt. Der Kläger habe nach Auffassung des Internisten Kraft aufgrund der auf internistischem Gebiet bestehenden Erkrankungen seine letzte berufliche Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer nicht mehr ausüben können. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei ihm jedoch eine leichte körperliche Tätigkeit überwiegend im Sitzen in geschlossenen Räumen vollschichtig möglich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2007 wies daraufhin die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger könne zwar als Staplerfahrer nicht mehr beschäftigt sein, es bestehe aber noch die Möglichkeit, einer Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen.

Hiergegen hat der Kläger am 2. August 2007 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sein Bevollmächtigter vorgetragen, beim Kläger liege eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, ein Bandscheibenschaden, ein chronisches Schmerzsyndrom, ein Schulter-Arm-Syndrom, eine Teillähmung des linken Wadenbeinnervs, ein Diabetes mellitus und eine chronische Bronchitis vor. Deswegen sei bei ihm ein GdB von 50 festgestellt. Die Annahme der Beklagten, es bestehe eine ausreichende Leistungsfähigkeit für eine körperlich leichte Berufstätigkeit in einem Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich, sei nicht nachvollziehbar.

Das SG hat bei dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chirotherapie und Sportmedizin Dr. G. das Gutachten vom 3. März 2008 (Bl. 41 ff. SG-Akte) eingeholt. Dr. G. hat auf orthopädischem Gebiet folgende Diagnosen gestellt:

1. Chronisches Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach dreimaliger Bandscheibenoperation L 5/S 1 mit mittelschwerer Osteochondrose L 5/S 1 2. Langbogige, eingesteifte Brustkyphose 3. Mechanisches Outlet-Impingement der linken Schulter bei Tendinosis calcarea 4. Rezidivierendes Cervikalsyndrom 5. Flexible Krallenzehe D II und D III rechts 6. Verdacht auf Polyneuropathie

Unter Berücksichtigung der beim Kläger diagnostizierten Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet hat Dr. G. das Leistungsvermögen dahingehend eingeschätzt, dass er den Kläger noch für in der Lage hielt, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich durchzuführen. Die Tätigkeiten sollten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen erfolgen. Das Heben von Lasten über 10 kg sollte vermieden werden, Zwangshaltungen seien nicht möglich. Aufgrund der internistischen Begleiterkrankungen entfielen des Weiteren auch Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Durch die Tätigkeit in Nässe, Zugluft oder extrem schwankenden Temperaturen könnte es im Übrigen zu einer Verschlimmerung der Rückenproblematik kommen, weshalb auch diese zu vermeiden seien. Er schließe sich insoweit auch im Übrigen der Leistungsbeurteilung der Vorgutachter Kraft und Dr. M. an.

Mit Gerichtsbescheid vom 4. August 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass beim Kläger weder die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung noch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorliegen würden. Der Kläger könne vielmehr unter Berücksichtigung der bei ihm vorliegenden Leiden auf orthopädischem und internistischem Gebiet körperlich leichte Tätigkeiten unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen noch vollschichtig sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit lägen nicht vor, da der Kläger sich von seinem erlernten Beruf des Matrosen gelöst und nach seinem Wehrdienst ungelernte Berufstätigkeiten, zuletzt die des Staplerfahrers ausgeübt habe. Als ungelernter Arbeiter müsse er sich jedoch auf Berufstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen.

Der Kläger hat gegen den seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 6. August 2008 zugestellten Gerichtsbescheid am 8. September 2008 (Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Bevollmächtigte geltend, zum einen sei der Kläger schwerbehindert (GdB 50) und könne unter Berücksichtigung der hier anerkanntermaßen vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht mehr arbeiten. In dem Betrieb, in dem er bereits mehrere Jahrzehnte beschäftigt gewesen sei, habe ihm der Betriebsarzt ein Beschäftigungsverbot erteilt. Insoweit könne der Einschätzung von Dr. M., wonach der Kläger noch eine leichte Tätigkeit vollschichtig verrichten könne, nicht gefolgt werden. Auch unter Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen sei dem Kläger nicht einmal eine Arbeit von drei Stunden täglich möglich.

Nachdem der Kläger in der Zeit zwischen dem 15. und 20. November 2008 verstorben war, haben seine Erben und Rechtsnachfolger, seine Geschwister Brigitte King, geb. Mutter, Nagold und Gerhard Mutter, Kutenholz (siehe Erbschein vom 17. Februar 2009 - Blatt 62 Senatsakte) über den Bevollmächtigten erklären lassen, das Verfahren fortführen zu wollen.

Die Rechtsnachfolger des Klägers beantragen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 4. August 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, antragsgemäß Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Der behandelnde Arzt für Hals- Nasen- Ohrenkrankheiten Dr. M. hat in der noch ergänzend eingeholten Auskunft vom 19. November 2008 mitgeteilt, dass der Kläger letztmals im September 2002 bei ihm in Behandlung gewesen sei und seinerzeit u. a. festgestellt worden sei, dass bei der Prüfung der peripheren Gleichgewichtsorgane sich eine leichte Unterfunktion links gegenüber rechts gezeigt habe sowie das Tonaudiogramm eine etwa mittel- bis hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit rechts bzw. leichte Hochtonschwerhörigkeit links zeige. Hinsichtlich der Diagnose Vertigo (Schwindel) sei eine vestibuläre Störung nicht auszuschließen. Im Hinblick auf Störungen der Gleichgewichtsorgane sollte nicht auf Leitern gearbeitet werden. Das gleiche gelte für Tätigkeiten an Maschinen, die keine ausreichende Schutzvorrichtung bei einem möglichen Sturz bieten würden. Hinsichtlich des beim Kläger noch bestehenden Kehlkopfbefundes sollten keine zu große Hitze, aber auch keine zu trockene Luft oder Dämpfe/Stäube am Arbeitsplatz vorhanden sein. Eine Einschränkung der Tätigkeit sei zeitlich nicht erforderlich, das gleiche gelte für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 2. April 2009 und 29. Juli 2009 jeweils mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten gemäß den §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Der verstorbene Kläger begehrte die dauerhafte Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Geschwister des verstorbenen Klägers sind auch als Rechtsnachfolger gem. §§ 58,59 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) i. V. m. den §§ 1922 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) berechtigt, das Verfahren fortzuführen.

III.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für eine Rente wegen (voller bzw. teilweiser) Erwerbsminderung nicht vorliegen.

1.

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI (in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl I, 1827) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1).

Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen der Beklagten beim Kläger vor, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge und der Wartezeit. Der Kläger war jedoch nicht im Sinne der obigen gesetzlichen Regelung erwerbsgemindert.

Der wesentliche Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen des Klägers lag auf orthopädischem und internistischem Gebiet.

Auf der Grundlage der im Urkundenbeweis zu verwertenden Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren des Orthopäden Dr. M. und des Internisten Kraft, der beigezogenen Auskünfte der behandelnden Ärzte sowie des im SG-Verfahren eingeholten weiteren orthopädischen Gutachtens von Dr. G. konnte der Kläger im Ergebnis unter Beachtung qualitativer Einschränkungen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig ausüben.

Auf orthopädischem Gebiet haben die Gutachter übereinstimmend als wesentliche Gesundheitsstörungen das chronische Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach dreimaliger Bandscheibenoperation L 5/S 1 sowie das Impingementsyndrom der Schultern festgestellt. Während Dr. M. das Impingementsyndrom beidseits mit deutlicher Muskelatrophie und Malrotation des Schulterblatts beschrieben hat, hat Dr. G. hier nur ein mechanisches Outlet-Impingement der linken Schulter bei Tendinosis calcarea beschrieben. Übereinstimmend gelangen beide Gutachter aber auf der Grundlage der von ihnen erhobenen Befunde und Funktionsbehinderungen zu der Einschätzung, dass der Kläger zwar die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer und Arbeiter in einem Stanzwerk nicht mehr ausüben konnte, er aber sehr wohl noch in der Lage gewesen war, leichte körperliche Tätigkeiten für sechs Stunden und mehr täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (Tätigkeit wechselnd stehend, sitzend, gehend, kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, keine Zwangshaltungen, keine Tätigkeiten in Nässe, Zugluft oder extrem schwankenden Temperaturen) auszuüben.

Auf internistischem Gebiet kommen noch die vom Internisten Kraft festgestellten Erkrankungen, COPD, Lungenemphysem, Diabetes mellitus II bei Insulintherapie und Fettleber dazu. Der Internist Kraft geht in Verbindung mit den orthopädischen Leiden ebenfalls davon aus, dass der Kläger die letzte berufliche Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer nicht mehr ausüben konnte. Auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bezogen ist aber auch er zu der Einschätzung gelangt, dass der Kläger noch in der Lage gewesen war, leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen und in geschlossenen Räumen vollschichtig auszuüben.

Bezüglich der noch von Klägerseite angesprochenen Hörstörung bzw. Schwerhörigkeit hat die Auskunft von Dr. M. vom 19. November 2008 ergeben, dass hier zwar beim Kläger nach dem Tonaudiogramm eine mittel- bis hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit rechts und eine leichte Hochtonschwerhörigkeit links bestand, ebenso hinsichtlich des peripheren Gleichgewichtsorgans eine leichte Unterfunktion links gegenüber rechts. Diese Erkrankungen führen allerdings nicht zu einer Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens, sondern allenfalls noch zu zusätzlich zu beachtenden qualitativen Einschränkungen, sodass etwa im Hinblick auf die Störungen der Gleichgewichtsorgane hier keine Arbeiten auf Leitern ausgeübt werden können, ebenso wenig Tätigkeiten an offenen und laufenden Maschinen. Hinsichtlich des daneben noch von Dr. M. beschriebenen Kehlkopfbefundes sollte zusätzlich keine zu große Hitze auch keine zu trockene Luft oder Dämpfe/Stäube am Arbeitsplatz vorhanden sein.

Insgesamt kann sich der Senat damit nicht davon überzeugen, dass beim (verstorbenen) Kläger neben den insoweit unstreitigen Einschränkungen auch quantitativ eine Beschränkung des Leistungsvermögens dahingehend bestand, dass er nicht mehr in der Lage war, sechs Stunden und mehr täglich leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausführen zu können. Damit bestand für die streitige Zeit ab Juni 2005 bis zu seinem Tod im November 2008 kein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, ebenso wenig wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI). Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 in BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch zuletzt BSG im Urteil vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 6/05 R - in SozR 4-2600 § 43 Nr.5).

2. Der Kläger war auch nicht berufsunfähig.

Gem. § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind.

Berufsunfähig sind gem. § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (Satz 3). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Wie bereits vom SG zutreffend ausgeführt, hatte sich der Kläger von seinem erlernten Beruf des Matrosen gelöst und nach seinem Wehrdienst diesen nicht mehr ausgeübt, sondern stattdessen verschiedene ungelernte Berufstätigkeiten, zuletzt die des Staplerfahrers ausgeübt. Damit war der Kläger nach dem Mehrstufenschema der Rechtsprechung des BSG als ungelernter Arbeiter bzw. allenfalls unterer angelernter Arbeiter einzustufen mit der Folge, dass er auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar war und Verweisungstätigkeiten nicht zu benennen waren.

Damit war der Kläger auch nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 SGB VI und bestand auch kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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