Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 P 5784/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 3391/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 06. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Klägerin auch vom 26. Februar 2007 bis 18. Juli 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe II zusteht.
Die am 1922 geborene Klägerin ist bei der Beklagten als Rentnerin pflegepflichtversichert. Am 21. Februar 2005 beantragte sie bei der Beklagten Geldleistungen aus der Pflegeversicherung. Es wurde Hilfebedarf bei der Ernährung, der Körperpflege und bei der Bewegung angegeben, wozu eine Hilfebedarfsermittlung vom 21. Februar 2005 vorgelegt wurde. Darin wurden als Krankheiten Zwerchfell-Lähmung (totaler Ausfall des linken Lungenflügels), beiderseitig schwerste Arthrose und Invalidität durch Oberschenkelfraktur genannt. Seit zwei Jahren könne sie die Wohnung nicht mehr verlassen. Als Pflegepersonen wurden ihre Kinder (M. E. und T. R., die Prozessbevollmächtigte der Klägerin) genannt. Die Beklagte veranlasste die Begutachtung der Klägerin durch dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Im am 27. April 2005 erstatteten Gutachten der Pflegefachkraft K. (Untersuchung in der häuslichen Umgebung am 20. April 2005) wurden als Pflege begründende Diagnosen Minderbelastbarkeit bei Herz-Lungenerkrankung und Bewegungseinschränkungen bei Arthrose genannt. Der Hilfebedarf bei der Grundpflege wurde auf täglich insgesamt 47 Minuten geschätzt (29 Minuten bei der Körperpflege, drei Minuten bei der Ernährung und 15 Minuten bei der Mobilität). Mit Bescheid vom 03. Mai 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin danach ab 01. Februar 2005 Pflegegeld nach Pflegestufe I.
Vom 26. Februar bis 06. März 2007 wurde die Klägerin stationär im O.-Klinikum (Klinik für Unfall-, Orthopädische und Wirbelsäulenchirurgie) behandelt. Im Entlassungsbericht des Chefarztes Prof. Dr. V. vom 06. März 2007 wurden als Diagnosen Commotio cerebri, Rippenfraktur 10. Rippe rechts, multiple Schürfwunden und Prellungen im Gesicht, multiple Hämatome im Gesicht, Monockelhämatom und Pleuraerguss rechts genannt. Nach der Entlassung erschien die Verordnung von intensiver krankengymnastischer Übungsbehandlung, Atemgymnastik und Gangschulung erforderlich. Im Hinblick auf die im Rahmen eines Sturzes erlittenen Verletzungen beantragte die Klägerin dann am 19. März 2007 bei der Beklagten bei den Geldleistungen eine Höherstufung in Pflegestufe III. Es wurde dazu eine Hilfebedarfsermittlung, von den Pflegepersonen erstellt, vom 19. März 2007 vorgelegt. Darin wurde Hilfebedarf rund um die Uhr genannt. Die Klägern sei zurzeit bettlägerig. Hilfebedarf bestehe auch nachts bei der Benutzung des Nachtstuhls zum Toilettengang. Die Beklagte erhob zunächst das MDK-Gutachten nach Aktenlage der Pflegefachkraft Kn. vom 24. Mai 2007. Darin wurde ausgeführt, der grundpflegerische Hilfebedarf habe seit dem Vorgutachten vom April 2005 vor allem seit einem Sturz im März 2007 mit Knieprellung rechts und Rippenfraktur mit derzeitiger Bettlägerigkeit deutlich zugenommen. Dieser liege mit 98 Minuten pro Tag (Körperpflege 62 Minuten, Ernährung sechs Minuten und Mobilität 30 Minuten) jedoch nach wie vor noch im Bereich der Pflegestufe I. Mit Bescheid vom 30. Mai 2007 lehnte daraufhin die Beklagte die Höherstufung ab, weil der MDK bei der Klägerin derzeit einen Hilfebedarf im Umfang der Pflegestufe II nicht habe feststellen können.
Dagegen ließ die Klägerin Widerspruch einlegen und machte geltend, sie sei nach dem Krankenhausaufenthalt schwerst krank, weshalb die Pflegestufe I nicht mehr zutreffe. Diese sei zu erhöhen. Insoweit sei ein erneuter Hausbesuch anzuordnen. Daraufhin erstattete im Auftrag der Beklagten die Pflegefachkraft S. vom MDK das Gutachten vom 08. August 2007, nachdem sie die Klägerin am 30. Juli 2007 in ihrer häuslichen Umgebung untersucht hatte. Als Pflege begründende Diagnosen wurden darin Minderbelastbarkeit bei Herz/Lungenerkrankung mit intermittierender O2-Abhängigkeit, erhebliche Bewegungseinschränkung bei Arthrose in allen großen Gelenken genannt. Die Klägerin sei derzeit überwiegend bettlägerig. Die Körperpflege werde am Bettrand sitzend ausgeführt. Bei Anwesenheit einer Pflegeperson erhalte die Klägerin Unterstützung beim Benutzen des Toilettenstuhls. Dieser stehe neben ihrem Bett. Wenn die Versicherte sich alleine in ihrer häuslichen Umgebung befinde, erfolge die Durchführung des Toilettengangs, die Reinigung nach dem Stuhlgang und das Richten der Bekleidung nach dem Toilettengang selbstständig. Bei Anwesenheit der Pflegeperson erhalte die Klägerin auch Unterstützung beim Aufstehen und Zubettgehen sowie beim Umsetzen in den Toilettenstuhl. Ansonsten führe die Klägerin dies mühsam selbstständig durch. Die Mahlzeiten müssten mundgerecht zubereitet werden. Der tägliche Hilfebedarf bei der Grundpflege wurde auf insgesamt 91 Minuten geschätzt (Körperpflege 55 Minuten, Ernährung acht Minuten und Mobilität 28 Minuten). Die Beklagte unterrichtete die Klägerin mit Schreiben vom 23. August 2007 über das Ergebnis dieser Begutachtung. Die Klägerin verwies erneut darauf, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert und der Pflegeaufwand erheblich größer geworden sei. Dies sei auch bei einem Beratungseinsatz nach § 37 Abs. 3 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) am 19. Juni 2007 festgestellt worden. Der Pflegeaufwand betrage bei ihr weit mehr als drei Stunden und liege auch nachts vor. Aufgrund von ihr bekannten Vergleichsfällen habe sie die Einstufung in die Pflegestufe III beantragt. Mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Pflegekasse-Widerspruchsausschuss vom 08. Oktober 2007 wurde der Widerspruch unter Bezugnahme auf die Gutachten des MDK zurückgewiesen.
Deswegen erhob die Klägerin durch ihre Tochter am 07. November 2007 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Sie machte geltend, bis zum Unfall am 26. Februar 2007 habe die Pflegestufe I bestanden. Nach der Krankenhausentlassung sei eine 24-Stunden-Versorgung angesagt gewesen, und zwar für ungefähr drei Monate. Durch tägliche Übung sei der Zustand dann wieder gebessert worden. Derzeit sei die Pflegestufe II gerechtfertigt. Bis zum Unfall im Februar 2007 habe sie, wenn auch sehr langsam, mit dem Rollator das Schlafzimmer verlassen können. Derzeit gehe nichts mehr ohne Hilfe. Dies beziehe sich auf das Aufstehen, Waschen, Anziehen, Fortbewegen, den Versuch, die Toilette bzw. wenigstens den Nachtstuhl zu erreichen. Beim Beratungseinsatz am 19. Juni 2007 habe der Pflegedienst die wesentliche Erhöhung des Pflegeaufwands bestätigt und eine Höherstufung angeregt. Nicht überzeugend sei, dass der gerichtliche Sachverständige Dr. M., Arzt für Allgemeinmedizin, im Gutachten vom 31. Januar 2008 lediglich einen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 114 Minuten pro Tag festgestellt habe, wobei er für einzelne Verrichtungen nur eine oder zwei Minuten veranschlagt habe. Dies werde ihrem Zustand im Alter von 86 Jahren unter Berücksichtigung ihrer Gesundheitsstörungen und zweier Stürze nicht gerecht.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der MDK habe in zwei Gutachten einen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 91 bzw. 98 Minuten pro Tag festgestellt. Ein konkreter Vortrag, in welchen Punkten von den Feststellungen des MDK habe abgewichen werden sollen, liege nicht vor.
Das SG erhob das Sachverständigengutachten des Dr. M. vom 31. Januar 2008, das dieser nach einer Untersuchung der Klägerin in ihrer häuslichen Umgebung vom 18. Januar 2008 erstattete. Der Sachverständige schätzte den Hilfebedarf bei der Grundpflege auf täglich insgesamt 114 Minuten (Körperpflege 77 Minuten, Ernährung zehn Minuten und Mobilität 27 Minuten). Er führte aus, die Klägerin werde am Bettrand gewaschen. Insoweit sei nur eine Teilwäsche (Waschen des Rückens und das Unterkörpers) notwendig. Für das Waschen ergebe sich ein täglicher durchschnittlicher Zeitbedarf von 30 Minuten. Teilhilfe sei auch beim einmal wöchentlichen Baden, bei der Zahnpflege und beim Kämmen mit jeweils anteilig durchschnittlich vier Minuten täglich erforderlich. Die Klägerin sei harn- und auch überwiegend stuhlkontinent. Windeln würden nicht angelegt. Die Klägerin mache alle Verrichtungen insoweit auf dem Toilettenstuhl, der neben dem Bett stehe. Prinzipiell könne die Klägerin bei Nichtanwesenheit einer Pflegeperson sehr beschwerlich, aber doch alleine noch selbst auf den Toilettenstuhl gelangen. Bei Anwesenheit der Tochter werde sie dann beaufsichtigt und unterstützt. Bei sechs Toilettengängen und Beaufsichtigung, gegebenenfalls einer Handreichung, seien zwölf Verrichtungen von jeweils einer knappen Minute sehr großzügig bemessen und damit zwölf Minuten zu berücksichtigen. Für einen Stuhlgang einmal täglich sei die Hilfe zur Intimhygiene mit zwei Minuten zu bemessen. Für das Richten der Bekleidung könne bei Anwesenheit der Tochter ein Zeitaufwand von jeweils einer Minute bemessen werden, d.h. bei sieben Verrichtungen entstünden sieben Minuten Zeitaufwand pro Tag. Dieser Zeitaufwand sei ebenfalls durchaus großzügig bemessen. Es gebe noch Pflegeressourcen bei der Klägerin. Die Klägerin könne sich bei leicht reduzierter Feinfingermotorik der Hände nicht mehr eigenständig Fleisch klein schneiden, Flaschen öffnen und Brote schneiden; sie könne sich aber dann weiter selbst behelfen. Fünf Verrichtungen pro Tag während dreier Hauptmahlzeiten und zweier Zwischenmahlzeiten einschließlich der nach unterschiedlichen Tagessituationen entweder gereichten Zwischenmahlzeit oder gereichten Getränke entstehe im Tagesdurchschnitt jeweils pro Verrichtung ein Zeitaufwand von zwei Minuten und damit insgesamt von zehn Minuten pro Tag. Die Klägerin habe demonstriert, dass sie sich prinzipiell zwar sehr beschwerlich, aber noch alleine aufrichten und an den Bettrand setzen könne. Sie verbringe prinzipiell ihren Tag jedoch im Bett. In ganz überwiegendem Maße trage die Klägerin im Bett nur leichte Nachtbekleidung und Nachtjäckchen. Die Klägerin verlasse das Bett, um den Toilettenstuhl aufzusuchen, der neben dem Bett stehe. Aus prinzipieller Sicht könne sich die Klägerin noch selbst beschwerlich erheben, was sich je nach Tagesform ändern könne. Bei sieben Toilettengängen entstünden 14 Verrichtungen bei Transfer, dieses jedoch nur für kurze Zeit. Daher seien ungefähr 30 Sekunden und bei 14 Verrichtungen sieben Minuten bemessungsfähig. Zum Toilettenstuhl hin seien einzelne Schritte noch unterstützungsbedürftig. Bei 14 Verrichtungen zum Weg auf den Toilettenstuhl entstünden erneut allenfalls sieben Minuten Zeitaufwand pro Tag. Der Einstieg in die Badewanne sei zu unterstützen. Für den Ein- und Ausstieg in die Badewanne sei unter Zuhilfenahme des Badewannenlifters nur eine kurze Handreichung notwendig, daher sei insgesamt ein Zeitaufwand von einer Minute pro Tag durchaus angemessen. Im Rahmen der hauswirtschaftlichen Versorgung seien alle Verrichtungen zu übernehmen.
Mit Gerichtsbescheid vom 06. Juni 2008 wies das SG die Klage ab. Der zeitliche Hilfebedarf erreiche noch nicht den für die Pflegestufe II erforderlichen Umfang von 120 Minuten pro Tag. Zu dieser Überzeugung gelange das Gericht unter Würdigung der sehr ausführlichen und insgesamt schlüssigen und einleuchtenden Feststellungen des erfahrenen und vom Gericht regelmäßig herangezogenen Sachverständigen Dr. M ... Soweit die Klägerin die minutengenaue Einstufung des Hilfebedarfs für die einzelnen Grundpflegeverrichtungen beanstande, richteten sich diese Vorwürfe im Grunde gegen die vom Gesetz vorgegebene Konstruktion der Bemessung der einzelnen Pflegestufen selbst. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 13. Juni 2008 zugestellt.
Am 08. Juli 2008 hat die Klägerin dagegen Berufung beim SG zum Landessozialgericht (LSG) einlegen lassen.
Bei einem Sturz am 19. Juli 2008 im häuslichen Bereich hat die Klägerin eine vordere Beckenringfraktur rechts erlitten. Sie hat sich deswegen vom 22. Juli bis 05. August 2008 in stationärer Krankenhausbehandlung im O.-Klinikum, danach bis 26. August 2008 in einer Anschlussheilbehandlung in der Geriatrischen Rehabilitationsklinik des P.-G.-Werk e.V. befunden. Auf Veranlassung der Beklagten hat Pflegefachkraft St. vom MDK das Gutachten nach Aktenlage vom 21. Januar 2009 erstattetet und einen täglichen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 140 Minuten angenommen (Körperpflege 80 Minuten, Ernährung 20 Minuten und Mobilität 40 Minuten). Die Beklagte hat der Klägerin ab 19. Juli 2008 Leistungen nach Pflegestufe II gewährt (Schriftsatz vom 27. Januar 2009).
Die Klägerin macht geltend, die Voraussetzungen der Pflegestufe II lägen nicht erst ab dem am 19. Juli 2008 erlittenen weiteren Sturz vor, wie die Beklagte jetzt anerkannt habe. Vielmehr hätten die Voraussetzungen der Pflegestufe II auch schon ab 26. Februar 2007 vorgelegen. An sich wäre seinerzeit für vier Monate auch die Pflegestufe III zu bejahen gewesen. Bei ihr sei auch unbemerkt Stuhlgang abgegangen. Es gehe nicht an, dass ihr die Pflegestufe II verweigert worden sei, weil lediglich täglich sechs Minuten gefehlt hätten. Der Sachverständige Dr. M. habe nicht berücksichtigt, dass je nach Bedarf täglich ein zusätzlicher Waschvorgang notwendig gewesen sei, sei es mit der Waschschüssel oder in der Badewanne, woraus sich allein mindestens weitere 90 Pflegeminuten pro Woche ergeben würden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 06. Juni 2008 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Oktober 2007 zu verurteilen, ihr Pflegegeld nach Pflegestufe II auch vom 26. Februar 2007 bis 18. Juli 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Bis zum 18. Juli 2008 hätten die Voraussetzungen der Pflegestufe II nicht vorgelegen, was ebenfalls der Gerichtssachverständige Dr. M. festgestellt habe. Die allgemeine Erwägung, in einem Fall wie bei ihr komme es nicht auf den minutenweise festgesetzten Hilfebedarf an, weshalb die vorliegende Differenz von mindestens sechs Minuten Pflegezeit pro Tag übergangen werden könne, finde im Gesetz keine Rechtfertigung. Erst aufgrund des erneuten Sturzes vom 19. Juli 2008 ergebe sich eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands der Klägerin, sodass auch die Zunahme des Hilfebedarfs bei der Grundpflege gegeben sei. Die Beklagte hat das Gutachten der Pflegefachkraft St. vom 21. Januar 2009 sowie den Selbstauskunftsbogen für den grundpflegerischen Hilfebedarf, von der Tochter der Klägerin ausgefüllt, vom 04. Januar 2009 eingereicht.
Der Berichterstatter des Senats hat vom O.-Klinikum die Arztbriefe des Prof. V. vom 06. März 2007 und 05. August 2008 beigezogen, ferner vom P.-G.-Werk e.V. (Geriatrische Rehabilitationsklinik) den Entlassungsbericht des Leitenden Arztes, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Geriatrie, F., vom 29. August 2008.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von dem Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, denn sie erstrebte zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung höheres Pflegegeld nach Pflegestufe II für die Zeit vom 26. Februar 2007 auf unbestimmte Zeit, also für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Streitig ist, nachdem die Beklagte aufgrund der von der Klägerin am 19. Juli 2008 erlittenen Beckenringfraktur unter Berücksichtigung des Klinikberichts des Prof. Dr. V. vom 05. August 2008, des Rehabilitationsberichts des Arztes F. vom 29. August 2008, des von der Tochter der Klägerin am 04. Januar 2009 ausgefüllten Selbstauskunftsbogen für den grundpflegerischen Hilfebedarf und des Gutachtens nach Aktenlage der Pflegefachkraft St. vom MDK vom 21. Januar 2009 mit Schriftsatz vom 27. Januar 2009 erklärt hat, sie gewähre der Klägerin ohne Vorbehalt ab 19. Juli 2008 Leistungen (Pflegegeld) nach Pflegestufe II, nur noch der Anspruch auf Pflegegeld nach Pflegestufe II auch vom 26. Februar 2007 bis 18. Juli 2008. Soweit dieser Anspruch in den angegriffenen Bescheiden für die streitige Zeit verneint worden ist, sind diese Bescheide nicht rechtswidrig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
1. Auch der Senat vermag, ebenso wie das SG, nicht festzustellen, dass sich der Hilfebedarf der Klägerin im Bereich der Grundpflege im Vergleich zu denjenigen Verhältnissen, die bei der letzten bescheidmäßigen Feststellung der Beklagten vom 03. Mai 2008, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I seit 01. Februar 2005 gegeben seien, vorgelegen hatten, nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) in der Weise geändert hat, dass schon in der Zeit vom 26. Februar 2007 bis 18. Juli 2008 im Hinblick auf die bei dem ersten Sturz im Februar 2007 erlittenen Verletzungen, die einen stationären Aufenthalt im O.-Klinikum vom 26. Februar bis 06. März 2007 erforderlich gemacht hatten (vgl. Klinikbericht des Prof. Dr. V. vom 06. März 2007), der tägliche Hilfebedarf bei den einstufungsrelevanten Verrichtungen der Grundpflege mindestens 120 Minuten betragen hat.
2.1. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung (hier Bescheid vom 03. Mai 2005 über die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe I ab 01. Februar 2005), eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift). Dies verlangt den vom Versicherten zu führenden Nachweis, dass sich im Vergleich zu dem Hilfebedarf bei der Grundpflege, wie er sich aus dem als Vergleichsgutachten heranzuziehenden Gutachten der Pflegefachkraft K. vom MDK vom 27. April 2005 ergibt, von täglich 47 auf mindestens 120 Minuten erhöht hätte.
2.2. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegefachkraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden (240 Minuten) entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 3 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Für die Ermittlung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den Pflegestufen kommt es zudem allein auf den Hilfebedarf bei den in § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI aufgeführten Verrichtungen der Grundpflege an. Der Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI ist abschließend; sonstige dort nicht genannte Tätigkeiten können keine Berücksichtigung finden. Die Zeitkorridore, die die auf der Ermächtigung des § 17 SGB XI beruhenden Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) vom 21. März 1997 in der Fassung vom 11. Mai 2006 enthalten, können für die dem Normalfall entsprechenden Pflegemaßnahmen als "Orientierungswerte" zur Pflegezeitbemessung dienen (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 15). Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft.
2.3. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat das SG zutreffend entschieden, dass bei der Klägerin ab 26. Februar 2007 (bis 18. Juli 2008) kein mindestens sechs Monate - weshalb eine Vermehrung des Hilfebedarfs nur für einen Zeitraum von drei oder vier Monaten, wie von der Klägerin für die Zeit ab 26. Februar 2007 geltend gemacht, ohnehin nicht ausreichen würde - bestehender Hilfebedarf bei der Grundpflege von mindestens 120 Minuten pro Tag, mithin im Umfang der Pflegestufe II, bestand. Zwar entnimmt der Senat dem Klinikbericht des Prof. Dr. V. vom 06. März 2007, dass bei der Klägerin im Hinblick auf einen im Februar 2007 erlittenen Sturz bei der Entlassung aus der stationären Behandlung folgende Diagnosen bestanden: Commotio cerebri, Rippenfraktur zehnte Rippe rechts, multiple Schürfwunden und Prellungen im Gesicht, multiple Hämatome im Gesicht, Monokelhämatom und Pleuraerguss rechts. Nach dem Klinikbericht war die Klägerin am 06. März 2007 nach einer Remobilisation während des Klinikaufenthalts in wieder deutlich gebessertem Zustand nach Hause entlassen worden. Es war jedoch weiterhin zu verordnende intensive krankengymnastische Übungsbehandlung, Atemgymnastik und Gangschulung erforderlich. Der bei der Krankenhausentlassung bestehende Befund war ersichtlich dann auch der Anlass für die Klägerin, am 19. März 2007 mit der Hilfebedarfsermittlung von diesem Tag, in der die Klägerin als "z.Zt. bettlägerig" bezeichnet wurde, aber Harn- und Stuhlinkontinenz verneint wurden, zu stellen. Auch der Senat vermag jedoch im Hinblick auf die urkundenbeweislich zu verwertenden MDK-Gutachten vom 24. Mai 2007 (Pflegefachkraft Kn., Gutachten nach Aktenlage) und vom 08. August 2007 (Pflegefachkraft S., Untersuchung am 30. Juli 2007), in denen der aktuelle Hilfebedarf mit täglich 98 bzw. 91 Minuten eingeschätzt wurde, sowie im Hinblick auf das Sachverständigengutachten des Dr. M. vom 31. Januar 2008 (Untersuchung am 18. Januar 2008), in welchem der grundpflegerische Hilfebedarf mit nun täglich 114 Minuten eingeschätzt wurde, nicht festzustellen, dass der Hilfebedarf bei der Klägerin im Bereich der Grundpflege ab 26. Februar 2007 bzw. ab 03. März 2007 (Entlassung aus der stationären Behandlung) oder ab einem späteren Zeitpunkt, der vor dem 19. Juli 2009 lag, schon prognostisch für mindestens sechs Monate einen Zeitbedarf von mindestens 120 Minuten pro Tag erreichte.
Nach den nachvollziehbaren und schlüssigen Einschätzungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M. bestand auch noch am 18. Januar 2008 (Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen) nur ein Hilfebedarf von täglich 114 Minuten. Insoweit war der Umfang des Hilfebedarfs von täglich 140 Minuten, wie er sich im Hinblick auf den weiteren Sturz der Klägerin am 19. Juli 2008 und die sich daraus ergebenden Verletzungen und Funktionsbeeinträchtigungen ergab, noch nicht erreicht. Jedenfalls am Tag der Untersuchung durch Dr. M. bestanden noch Selbstpflegeressourcen der Klägerin. Dabei hat Dr. M. beispielsweise im Hinblick auf die notwendige Unterstützung berücksichtigt, dass die Klägerin gezeigt hatte, dass sie sich prinzipiell noch alleine, wenn auch sehr beschwerlich, aufrichten und an den Bettrand setzen konnte. Danach war die Klägerin auch in der Lage, bei Nichtanwesenheit der Pflegeperson alleine auf den neben dem Bett stehenden Toilettenstuhl zu gelangen. Dass vor dem Sturz am 19. Juli 2008 der Toilettengang selbstständig möglich war, ergibt sich auch aus dem Bericht des Arztes F. vom 29. August 2008. Der von der Klägerin gegen das Sachverständigengutachten des Dr. M., der zwar gegenüber den MDK-Gutachten eine weitere Erhöhung des Hilfebedarfs im Januar 2008 festgestellt, die jedoch noch nicht den zeitlichen Umfang von 120 Minuten erreicht hatte, erhobenen Einwendungen greifen, wie bereits das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausgeführt hat, nicht durch. Eine Aufrundung des durch den gerichtlichen Sachverständigen geschätzten täglichen Hilfebedarfs bei der Grundpflege von 114 Minuten auf den Mindestwert der Pflegestufe II von 120 Minuten sieht das Gesetz auch im Hinblick auf das Alter der Klägerin nicht vor, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass Dr. M. selbst zum Teil einen großzügigen Maßstab für die Bewertung der Unterstützungszeiten angelegt hat. Dass schon ab 26. Februar 2007 eine für mindestens sechs Monate bestehende Erhöhung des täglichen Hilfebedarfs auf mindestens 120 Minuten vorgelegen hat, vermag der Senat auch nicht daraus herzuleiten, dass bei dem am 19. Juni 2007 bei der Klägerin durchgeführten Beratungseinsatz nach § 37 Abs. 3 SGB XI von dem Pflegedienst angegeben worden war, dass sich der Pflegebedarf bei der Klägerin im Vergleich zum letzten Besuch wesentlich erhöht habe, weshalb eine Höherstufung angeregt werde. Auch soweit die Klägerin weiter geltend gemacht hat, dass je nach Bedarf täglich ein zusätzlicher Waschgang nötig sei, sei es mit der Waschschüssel oder in der Badewanne, sodass sich ein zusätzlicher Hilfebedarf von mindestens 90 Minuten ergebe, rechtfertigt dies nicht die Annahme einer Pflegezeit von mindestens 120 Minuten pro Tag bereits vor dem 19. Juli 2008. Es ist nicht feststellbar, dass ein solcher zusätzlicher Waschvorgang regelmäßig täglich anfiel. Auch wäre der angegebene Hilfebedarf für einen solchen zusätzlichen Waschvorgang mit 90 Minuten pro Tag nicht nachvollziehbar. Der von der Klägerin angegebene Vorgang der Sauerstoffversorgung ist bei der Grundpflege nicht zu berücksichtigen, denn es handelt sich insoweit um Behandlungspflege. Die Erhebung eines weiteren Gutachtens, die Zeit bis zum 19. Juli 2008 betreffend, war danach nicht geboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Klägerin auch vom 26. Februar 2007 bis 18. Juli 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe II zusteht.
Die am 1922 geborene Klägerin ist bei der Beklagten als Rentnerin pflegepflichtversichert. Am 21. Februar 2005 beantragte sie bei der Beklagten Geldleistungen aus der Pflegeversicherung. Es wurde Hilfebedarf bei der Ernährung, der Körperpflege und bei der Bewegung angegeben, wozu eine Hilfebedarfsermittlung vom 21. Februar 2005 vorgelegt wurde. Darin wurden als Krankheiten Zwerchfell-Lähmung (totaler Ausfall des linken Lungenflügels), beiderseitig schwerste Arthrose und Invalidität durch Oberschenkelfraktur genannt. Seit zwei Jahren könne sie die Wohnung nicht mehr verlassen. Als Pflegepersonen wurden ihre Kinder (M. E. und T. R., die Prozessbevollmächtigte der Klägerin) genannt. Die Beklagte veranlasste die Begutachtung der Klägerin durch dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Im am 27. April 2005 erstatteten Gutachten der Pflegefachkraft K. (Untersuchung in der häuslichen Umgebung am 20. April 2005) wurden als Pflege begründende Diagnosen Minderbelastbarkeit bei Herz-Lungenerkrankung und Bewegungseinschränkungen bei Arthrose genannt. Der Hilfebedarf bei der Grundpflege wurde auf täglich insgesamt 47 Minuten geschätzt (29 Minuten bei der Körperpflege, drei Minuten bei der Ernährung und 15 Minuten bei der Mobilität). Mit Bescheid vom 03. Mai 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin danach ab 01. Februar 2005 Pflegegeld nach Pflegestufe I.
Vom 26. Februar bis 06. März 2007 wurde die Klägerin stationär im O.-Klinikum (Klinik für Unfall-, Orthopädische und Wirbelsäulenchirurgie) behandelt. Im Entlassungsbericht des Chefarztes Prof. Dr. V. vom 06. März 2007 wurden als Diagnosen Commotio cerebri, Rippenfraktur 10. Rippe rechts, multiple Schürfwunden und Prellungen im Gesicht, multiple Hämatome im Gesicht, Monockelhämatom und Pleuraerguss rechts genannt. Nach der Entlassung erschien die Verordnung von intensiver krankengymnastischer Übungsbehandlung, Atemgymnastik und Gangschulung erforderlich. Im Hinblick auf die im Rahmen eines Sturzes erlittenen Verletzungen beantragte die Klägerin dann am 19. März 2007 bei der Beklagten bei den Geldleistungen eine Höherstufung in Pflegestufe III. Es wurde dazu eine Hilfebedarfsermittlung, von den Pflegepersonen erstellt, vom 19. März 2007 vorgelegt. Darin wurde Hilfebedarf rund um die Uhr genannt. Die Klägern sei zurzeit bettlägerig. Hilfebedarf bestehe auch nachts bei der Benutzung des Nachtstuhls zum Toilettengang. Die Beklagte erhob zunächst das MDK-Gutachten nach Aktenlage der Pflegefachkraft Kn. vom 24. Mai 2007. Darin wurde ausgeführt, der grundpflegerische Hilfebedarf habe seit dem Vorgutachten vom April 2005 vor allem seit einem Sturz im März 2007 mit Knieprellung rechts und Rippenfraktur mit derzeitiger Bettlägerigkeit deutlich zugenommen. Dieser liege mit 98 Minuten pro Tag (Körperpflege 62 Minuten, Ernährung sechs Minuten und Mobilität 30 Minuten) jedoch nach wie vor noch im Bereich der Pflegestufe I. Mit Bescheid vom 30. Mai 2007 lehnte daraufhin die Beklagte die Höherstufung ab, weil der MDK bei der Klägerin derzeit einen Hilfebedarf im Umfang der Pflegestufe II nicht habe feststellen können.
Dagegen ließ die Klägerin Widerspruch einlegen und machte geltend, sie sei nach dem Krankenhausaufenthalt schwerst krank, weshalb die Pflegestufe I nicht mehr zutreffe. Diese sei zu erhöhen. Insoweit sei ein erneuter Hausbesuch anzuordnen. Daraufhin erstattete im Auftrag der Beklagten die Pflegefachkraft S. vom MDK das Gutachten vom 08. August 2007, nachdem sie die Klägerin am 30. Juli 2007 in ihrer häuslichen Umgebung untersucht hatte. Als Pflege begründende Diagnosen wurden darin Minderbelastbarkeit bei Herz/Lungenerkrankung mit intermittierender O2-Abhängigkeit, erhebliche Bewegungseinschränkung bei Arthrose in allen großen Gelenken genannt. Die Klägerin sei derzeit überwiegend bettlägerig. Die Körperpflege werde am Bettrand sitzend ausgeführt. Bei Anwesenheit einer Pflegeperson erhalte die Klägerin Unterstützung beim Benutzen des Toilettenstuhls. Dieser stehe neben ihrem Bett. Wenn die Versicherte sich alleine in ihrer häuslichen Umgebung befinde, erfolge die Durchführung des Toilettengangs, die Reinigung nach dem Stuhlgang und das Richten der Bekleidung nach dem Toilettengang selbstständig. Bei Anwesenheit der Pflegeperson erhalte die Klägerin auch Unterstützung beim Aufstehen und Zubettgehen sowie beim Umsetzen in den Toilettenstuhl. Ansonsten führe die Klägerin dies mühsam selbstständig durch. Die Mahlzeiten müssten mundgerecht zubereitet werden. Der tägliche Hilfebedarf bei der Grundpflege wurde auf insgesamt 91 Minuten geschätzt (Körperpflege 55 Minuten, Ernährung acht Minuten und Mobilität 28 Minuten). Die Beklagte unterrichtete die Klägerin mit Schreiben vom 23. August 2007 über das Ergebnis dieser Begutachtung. Die Klägerin verwies erneut darauf, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert und der Pflegeaufwand erheblich größer geworden sei. Dies sei auch bei einem Beratungseinsatz nach § 37 Abs. 3 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) am 19. Juni 2007 festgestellt worden. Der Pflegeaufwand betrage bei ihr weit mehr als drei Stunden und liege auch nachts vor. Aufgrund von ihr bekannten Vergleichsfällen habe sie die Einstufung in die Pflegestufe III beantragt. Mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Pflegekasse-Widerspruchsausschuss vom 08. Oktober 2007 wurde der Widerspruch unter Bezugnahme auf die Gutachten des MDK zurückgewiesen.
Deswegen erhob die Klägerin durch ihre Tochter am 07. November 2007 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Sie machte geltend, bis zum Unfall am 26. Februar 2007 habe die Pflegestufe I bestanden. Nach der Krankenhausentlassung sei eine 24-Stunden-Versorgung angesagt gewesen, und zwar für ungefähr drei Monate. Durch tägliche Übung sei der Zustand dann wieder gebessert worden. Derzeit sei die Pflegestufe II gerechtfertigt. Bis zum Unfall im Februar 2007 habe sie, wenn auch sehr langsam, mit dem Rollator das Schlafzimmer verlassen können. Derzeit gehe nichts mehr ohne Hilfe. Dies beziehe sich auf das Aufstehen, Waschen, Anziehen, Fortbewegen, den Versuch, die Toilette bzw. wenigstens den Nachtstuhl zu erreichen. Beim Beratungseinsatz am 19. Juni 2007 habe der Pflegedienst die wesentliche Erhöhung des Pflegeaufwands bestätigt und eine Höherstufung angeregt. Nicht überzeugend sei, dass der gerichtliche Sachverständige Dr. M., Arzt für Allgemeinmedizin, im Gutachten vom 31. Januar 2008 lediglich einen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 114 Minuten pro Tag festgestellt habe, wobei er für einzelne Verrichtungen nur eine oder zwei Minuten veranschlagt habe. Dies werde ihrem Zustand im Alter von 86 Jahren unter Berücksichtigung ihrer Gesundheitsstörungen und zweier Stürze nicht gerecht.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der MDK habe in zwei Gutachten einen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 91 bzw. 98 Minuten pro Tag festgestellt. Ein konkreter Vortrag, in welchen Punkten von den Feststellungen des MDK habe abgewichen werden sollen, liege nicht vor.
Das SG erhob das Sachverständigengutachten des Dr. M. vom 31. Januar 2008, das dieser nach einer Untersuchung der Klägerin in ihrer häuslichen Umgebung vom 18. Januar 2008 erstattete. Der Sachverständige schätzte den Hilfebedarf bei der Grundpflege auf täglich insgesamt 114 Minuten (Körperpflege 77 Minuten, Ernährung zehn Minuten und Mobilität 27 Minuten). Er führte aus, die Klägerin werde am Bettrand gewaschen. Insoweit sei nur eine Teilwäsche (Waschen des Rückens und das Unterkörpers) notwendig. Für das Waschen ergebe sich ein täglicher durchschnittlicher Zeitbedarf von 30 Minuten. Teilhilfe sei auch beim einmal wöchentlichen Baden, bei der Zahnpflege und beim Kämmen mit jeweils anteilig durchschnittlich vier Minuten täglich erforderlich. Die Klägerin sei harn- und auch überwiegend stuhlkontinent. Windeln würden nicht angelegt. Die Klägerin mache alle Verrichtungen insoweit auf dem Toilettenstuhl, der neben dem Bett stehe. Prinzipiell könne die Klägerin bei Nichtanwesenheit einer Pflegeperson sehr beschwerlich, aber doch alleine noch selbst auf den Toilettenstuhl gelangen. Bei Anwesenheit der Tochter werde sie dann beaufsichtigt und unterstützt. Bei sechs Toilettengängen und Beaufsichtigung, gegebenenfalls einer Handreichung, seien zwölf Verrichtungen von jeweils einer knappen Minute sehr großzügig bemessen und damit zwölf Minuten zu berücksichtigen. Für einen Stuhlgang einmal täglich sei die Hilfe zur Intimhygiene mit zwei Minuten zu bemessen. Für das Richten der Bekleidung könne bei Anwesenheit der Tochter ein Zeitaufwand von jeweils einer Minute bemessen werden, d.h. bei sieben Verrichtungen entstünden sieben Minuten Zeitaufwand pro Tag. Dieser Zeitaufwand sei ebenfalls durchaus großzügig bemessen. Es gebe noch Pflegeressourcen bei der Klägerin. Die Klägerin könne sich bei leicht reduzierter Feinfingermotorik der Hände nicht mehr eigenständig Fleisch klein schneiden, Flaschen öffnen und Brote schneiden; sie könne sich aber dann weiter selbst behelfen. Fünf Verrichtungen pro Tag während dreier Hauptmahlzeiten und zweier Zwischenmahlzeiten einschließlich der nach unterschiedlichen Tagessituationen entweder gereichten Zwischenmahlzeit oder gereichten Getränke entstehe im Tagesdurchschnitt jeweils pro Verrichtung ein Zeitaufwand von zwei Minuten und damit insgesamt von zehn Minuten pro Tag. Die Klägerin habe demonstriert, dass sie sich prinzipiell zwar sehr beschwerlich, aber noch alleine aufrichten und an den Bettrand setzen könne. Sie verbringe prinzipiell ihren Tag jedoch im Bett. In ganz überwiegendem Maße trage die Klägerin im Bett nur leichte Nachtbekleidung und Nachtjäckchen. Die Klägerin verlasse das Bett, um den Toilettenstuhl aufzusuchen, der neben dem Bett stehe. Aus prinzipieller Sicht könne sich die Klägerin noch selbst beschwerlich erheben, was sich je nach Tagesform ändern könne. Bei sieben Toilettengängen entstünden 14 Verrichtungen bei Transfer, dieses jedoch nur für kurze Zeit. Daher seien ungefähr 30 Sekunden und bei 14 Verrichtungen sieben Minuten bemessungsfähig. Zum Toilettenstuhl hin seien einzelne Schritte noch unterstützungsbedürftig. Bei 14 Verrichtungen zum Weg auf den Toilettenstuhl entstünden erneut allenfalls sieben Minuten Zeitaufwand pro Tag. Der Einstieg in die Badewanne sei zu unterstützen. Für den Ein- und Ausstieg in die Badewanne sei unter Zuhilfenahme des Badewannenlifters nur eine kurze Handreichung notwendig, daher sei insgesamt ein Zeitaufwand von einer Minute pro Tag durchaus angemessen. Im Rahmen der hauswirtschaftlichen Versorgung seien alle Verrichtungen zu übernehmen.
Mit Gerichtsbescheid vom 06. Juni 2008 wies das SG die Klage ab. Der zeitliche Hilfebedarf erreiche noch nicht den für die Pflegestufe II erforderlichen Umfang von 120 Minuten pro Tag. Zu dieser Überzeugung gelange das Gericht unter Würdigung der sehr ausführlichen und insgesamt schlüssigen und einleuchtenden Feststellungen des erfahrenen und vom Gericht regelmäßig herangezogenen Sachverständigen Dr. M ... Soweit die Klägerin die minutengenaue Einstufung des Hilfebedarfs für die einzelnen Grundpflegeverrichtungen beanstande, richteten sich diese Vorwürfe im Grunde gegen die vom Gesetz vorgegebene Konstruktion der Bemessung der einzelnen Pflegestufen selbst. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 13. Juni 2008 zugestellt.
Am 08. Juli 2008 hat die Klägerin dagegen Berufung beim SG zum Landessozialgericht (LSG) einlegen lassen.
Bei einem Sturz am 19. Juli 2008 im häuslichen Bereich hat die Klägerin eine vordere Beckenringfraktur rechts erlitten. Sie hat sich deswegen vom 22. Juli bis 05. August 2008 in stationärer Krankenhausbehandlung im O.-Klinikum, danach bis 26. August 2008 in einer Anschlussheilbehandlung in der Geriatrischen Rehabilitationsklinik des P.-G.-Werk e.V. befunden. Auf Veranlassung der Beklagten hat Pflegefachkraft St. vom MDK das Gutachten nach Aktenlage vom 21. Januar 2009 erstattetet und einen täglichen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 140 Minuten angenommen (Körperpflege 80 Minuten, Ernährung 20 Minuten und Mobilität 40 Minuten). Die Beklagte hat der Klägerin ab 19. Juli 2008 Leistungen nach Pflegestufe II gewährt (Schriftsatz vom 27. Januar 2009).
Die Klägerin macht geltend, die Voraussetzungen der Pflegestufe II lägen nicht erst ab dem am 19. Juli 2008 erlittenen weiteren Sturz vor, wie die Beklagte jetzt anerkannt habe. Vielmehr hätten die Voraussetzungen der Pflegestufe II auch schon ab 26. Februar 2007 vorgelegen. An sich wäre seinerzeit für vier Monate auch die Pflegestufe III zu bejahen gewesen. Bei ihr sei auch unbemerkt Stuhlgang abgegangen. Es gehe nicht an, dass ihr die Pflegestufe II verweigert worden sei, weil lediglich täglich sechs Minuten gefehlt hätten. Der Sachverständige Dr. M. habe nicht berücksichtigt, dass je nach Bedarf täglich ein zusätzlicher Waschvorgang notwendig gewesen sei, sei es mit der Waschschüssel oder in der Badewanne, woraus sich allein mindestens weitere 90 Pflegeminuten pro Woche ergeben würden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 06. Juni 2008 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Oktober 2007 zu verurteilen, ihr Pflegegeld nach Pflegestufe II auch vom 26. Februar 2007 bis 18. Juli 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Bis zum 18. Juli 2008 hätten die Voraussetzungen der Pflegestufe II nicht vorgelegen, was ebenfalls der Gerichtssachverständige Dr. M. festgestellt habe. Die allgemeine Erwägung, in einem Fall wie bei ihr komme es nicht auf den minutenweise festgesetzten Hilfebedarf an, weshalb die vorliegende Differenz von mindestens sechs Minuten Pflegezeit pro Tag übergangen werden könne, finde im Gesetz keine Rechtfertigung. Erst aufgrund des erneuten Sturzes vom 19. Juli 2008 ergebe sich eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands der Klägerin, sodass auch die Zunahme des Hilfebedarfs bei der Grundpflege gegeben sei. Die Beklagte hat das Gutachten der Pflegefachkraft St. vom 21. Januar 2009 sowie den Selbstauskunftsbogen für den grundpflegerischen Hilfebedarf, von der Tochter der Klägerin ausgefüllt, vom 04. Januar 2009 eingereicht.
Der Berichterstatter des Senats hat vom O.-Klinikum die Arztbriefe des Prof. V. vom 06. März 2007 und 05. August 2008 beigezogen, ferner vom P.-G.-Werk e.V. (Geriatrische Rehabilitationsklinik) den Entlassungsbericht des Leitenden Arztes, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Geriatrie, F., vom 29. August 2008.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von dem Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, denn sie erstrebte zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung höheres Pflegegeld nach Pflegestufe II für die Zeit vom 26. Februar 2007 auf unbestimmte Zeit, also für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Streitig ist, nachdem die Beklagte aufgrund der von der Klägerin am 19. Juli 2008 erlittenen Beckenringfraktur unter Berücksichtigung des Klinikberichts des Prof. Dr. V. vom 05. August 2008, des Rehabilitationsberichts des Arztes F. vom 29. August 2008, des von der Tochter der Klägerin am 04. Januar 2009 ausgefüllten Selbstauskunftsbogen für den grundpflegerischen Hilfebedarf und des Gutachtens nach Aktenlage der Pflegefachkraft St. vom MDK vom 21. Januar 2009 mit Schriftsatz vom 27. Januar 2009 erklärt hat, sie gewähre der Klägerin ohne Vorbehalt ab 19. Juli 2008 Leistungen (Pflegegeld) nach Pflegestufe II, nur noch der Anspruch auf Pflegegeld nach Pflegestufe II auch vom 26. Februar 2007 bis 18. Juli 2008. Soweit dieser Anspruch in den angegriffenen Bescheiden für die streitige Zeit verneint worden ist, sind diese Bescheide nicht rechtswidrig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
1. Auch der Senat vermag, ebenso wie das SG, nicht festzustellen, dass sich der Hilfebedarf der Klägerin im Bereich der Grundpflege im Vergleich zu denjenigen Verhältnissen, die bei der letzten bescheidmäßigen Feststellung der Beklagten vom 03. Mai 2008, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I seit 01. Februar 2005 gegeben seien, vorgelegen hatten, nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) in der Weise geändert hat, dass schon in der Zeit vom 26. Februar 2007 bis 18. Juli 2008 im Hinblick auf die bei dem ersten Sturz im Februar 2007 erlittenen Verletzungen, die einen stationären Aufenthalt im O.-Klinikum vom 26. Februar bis 06. März 2007 erforderlich gemacht hatten (vgl. Klinikbericht des Prof. Dr. V. vom 06. März 2007), der tägliche Hilfebedarf bei den einstufungsrelevanten Verrichtungen der Grundpflege mindestens 120 Minuten betragen hat.
2.1. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung (hier Bescheid vom 03. Mai 2005 über die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe I ab 01. Februar 2005), eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift). Dies verlangt den vom Versicherten zu führenden Nachweis, dass sich im Vergleich zu dem Hilfebedarf bei der Grundpflege, wie er sich aus dem als Vergleichsgutachten heranzuziehenden Gutachten der Pflegefachkraft K. vom MDK vom 27. April 2005 ergibt, von täglich 47 auf mindestens 120 Minuten erhöht hätte.
2.2. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegefachkraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden (240 Minuten) entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 3 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Für die Ermittlung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den Pflegestufen kommt es zudem allein auf den Hilfebedarf bei den in § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI aufgeführten Verrichtungen der Grundpflege an. Der Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI ist abschließend; sonstige dort nicht genannte Tätigkeiten können keine Berücksichtigung finden. Die Zeitkorridore, die die auf der Ermächtigung des § 17 SGB XI beruhenden Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) vom 21. März 1997 in der Fassung vom 11. Mai 2006 enthalten, können für die dem Normalfall entsprechenden Pflegemaßnahmen als "Orientierungswerte" zur Pflegezeitbemessung dienen (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 15). Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft.
2.3. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat das SG zutreffend entschieden, dass bei der Klägerin ab 26. Februar 2007 (bis 18. Juli 2008) kein mindestens sechs Monate - weshalb eine Vermehrung des Hilfebedarfs nur für einen Zeitraum von drei oder vier Monaten, wie von der Klägerin für die Zeit ab 26. Februar 2007 geltend gemacht, ohnehin nicht ausreichen würde - bestehender Hilfebedarf bei der Grundpflege von mindestens 120 Minuten pro Tag, mithin im Umfang der Pflegestufe II, bestand. Zwar entnimmt der Senat dem Klinikbericht des Prof. Dr. V. vom 06. März 2007, dass bei der Klägerin im Hinblick auf einen im Februar 2007 erlittenen Sturz bei der Entlassung aus der stationären Behandlung folgende Diagnosen bestanden: Commotio cerebri, Rippenfraktur zehnte Rippe rechts, multiple Schürfwunden und Prellungen im Gesicht, multiple Hämatome im Gesicht, Monokelhämatom und Pleuraerguss rechts. Nach dem Klinikbericht war die Klägerin am 06. März 2007 nach einer Remobilisation während des Klinikaufenthalts in wieder deutlich gebessertem Zustand nach Hause entlassen worden. Es war jedoch weiterhin zu verordnende intensive krankengymnastische Übungsbehandlung, Atemgymnastik und Gangschulung erforderlich. Der bei der Krankenhausentlassung bestehende Befund war ersichtlich dann auch der Anlass für die Klägerin, am 19. März 2007 mit der Hilfebedarfsermittlung von diesem Tag, in der die Klägerin als "z.Zt. bettlägerig" bezeichnet wurde, aber Harn- und Stuhlinkontinenz verneint wurden, zu stellen. Auch der Senat vermag jedoch im Hinblick auf die urkundenbeweislich zu verwertenden MDK-Gutachten vom 24. Mai 2007 (Pflegefachkraft Kn., Gutachten nach Aktenlage) und vom 08. August 2007 (Pflegefachkraft S., Untersuchung am 30. Juli 2007), in denen der aktuelle Hilfebedarf mit täglich 98 bzw. 91 Minuten eingeschätzt wurde, sowie im Hinblick auf das Sachverständigengutachten des Dr. M. vom 31. Januar 2008 (Untersuchung am 18. Januar 2008), in welchem der grundpflegerische Hilfebedarf mit nun täglich 114 Minuten eingeschätzt wurde, nicht festzustellen, dass der Hilfebedarf bei der Klägerin im Bereich der Grundpflege ab 26. Februar 2007 bzw. ab 03. März 2007 (Entlassung aus der stationären Behandlung) oder ab einem späteren Zeitpunkt, der vor dem 19. Juli 2009 lag, schon prognostisch für mindestens sechs Monate einen Zeitbedarf von mindestens 120 Minuten pro Tag erreichte.
Nach den nachvollziehbaren und schlüssigen Einschätzungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M. bestand auch noch am 18. Januar 2008 (Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen) nur ein Hilfebedarf von täglich 114 Minuten. Insoweit war der Umfang des Hilfebedarfs von täglich 140 Minuten, wie er sich im Hinblick auf den weiteren Sturz der Klägerin am 19. Juli 2008 und die sich daraus ergebenden Verletzungen und Funktionsbeeinträchtigungen ergab, noch nicht erreicht. Jedenfalls am Tag der Untersuchung durch Dr. M. bestanden noch Selbstpflegeressourcen der Klägerin. Dabei hat Dr. M. beispielsweise im Hinblick auf die notwendige Unterstützung berücksichtigt, dass die Klägerin gezeigt hatte, dass sie sich prinzipiell noch alleine, wenn auch sehr beschwerlich, aufrichten und an den Bettrand setzen konnte. Danach war die Klägerin auch in der Lage, bei Nichtanwesenheit der Pflegeperson alleine auf den neben dem Bett stehenden Toilettenstuhl zu gelangen. Dass vor dem Sturz am 19. Juli 2008 der Toilettengang selbstständig möglich war, ergibt sich auch aus dem Bericht des Arztes F. vom 29. August 2008. Der von der Klägerin gegen das Sachverständigengutachten des Dr. M., der zwar gegenüber den MDK-Gutachten eine weitere Erhöhung des Hilfebedarfs im Januar 2008 festgestellt, die jedoch noch nicht den zeitlichen Umfang von 120 Minuten erreicht hatte, erhobenen Einwendungen greifen, wie bereits das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausgeführt hat, nicht durch. Eine Aufrundung des durch den gerichtlichen Sachverständigen geschätzten täglichen Hilfebedarfs bei der Grundpflege von 114 Minuten auf den Mindestwert der Pflegestufe II von 120 Minuten sieht das Gesetz auch im Hinblick auf das Alter der Klägerin nicht vor, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass Dr. M. selbst zum Teil einen großzügigen Maßstab für die Bewertung der Unterstützungszeiten angelegt hat. Dass schon ab 26. Februar 2007 eine für mindestens sechs Monate bestehende Erhöhung des täglichen Hilfebedarfs auf mindestens 120 Minuten vorgelegen hat, vermag der Senat auch nicht daraus herzuleiten, dass bei dem am 19. Juni 2007 bei der Klägerin durchgeführten Beratungseinsatz nach § 37 Abs. 3 SGB XI von dem Pflegedienst angegeben worden war, dass sich der Pflegebedarf bei der Klägerin im Vergleich zum letzten Besuch wesentlich erhöht habe, weshalb eine Höherstufung angeregt werde. Auch soweit die Klägerin weiter geltend gemacht hat, dass je nach Bedarf täglich ein zusätzlicher Waschgang nötig sei, sei es mit der Waschschüssel oder in der Badewanne, sodass sich ein zusätzlicher Hilfebedarf von mindestens 90 Minuten ergebe, rechtfertigt dies nicht die Annahme einer Pflegezeit von mindestens 120 Minuten pro Tag bereits vor dem 19. Juli 2008. Es ist nicht feststellbar, dass ein solcher zusätzlicher Waschvorgang regelmäßig täglich anfiel. Auch wäre der angegebene Hilfebedarf für einen solchen zusätzlichen Waschvorgang mit 90 Minuten pro Tag nicht nachvollziehbar. Der von der Klägerin angegebene Vorgang der Sauerstoffversorgung ist bei der Grundpflege nicht zu berücksichtigen, denn es handelt sich insoweit um Behandlungspflege. Die Erhebung eines weiteren Gutachtens, die Zeit bis zum 19. Juli 2008 betreffend, war danach nicht geboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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