Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 2446/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3777/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 6. August 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 275 EUR Kaltmiete zuzüglich 80 EUR Nebenkosten.
Die 1990 geborene Antragstellerin lebte bis April 2008 bei ihrer Großmutter, anschließend bei ihrer Mutter und deren neuem Ehemann, zuletzt nach eigenen Angaben bei einer Freundin.
Am 11. Dezember 2008 schloss die Antragstellerin einen Mietvertrag zum 1. Januar 2009 über eine Ein-Zimmer-Wohnung zu einer Kaltmiete von 300 EUR zuzüglich Nebenkosten (inklusive Heizung) in Höhe von 80 EUR. Der Mietvertrag wurde neben der Antragstellerin auch von ihrer Mutter und deren Ehemann unterschrieben. In einer vom Vermieter unterschriebenen Erklärung wird ausgeführt, dass die Antragstellerin alleinige Mieterin sei, die Mutter und deren Ehemann seien nur im Sinne von Bürgen als Sicherheit für den Vermieter im Vertrag genannt.
Das JobCenter H. erteilte mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 eine Zusicherung und bestätigte die grundsätzliche Notwendigkeit des Umzugs. Der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für den Besuch einer Werkrealschule (voraussichtlicher Abschluss Ende Schuljahr 2008/2009) wurde mit Bescheid vom 2. April 2009 abgelehnt. Die Agentur für Arbeit H. bewilligte mit Bescheid vom 3. Juni 2009 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 25. Mai bis 31. Oktober 2009 in Höhe von 217 EUR monatlich.
Am 7. April 2009 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner u.a. die Übernahme der Unterkunftskosten. Sie teilte ergänzend mit, das Verhältnis zu ihrer Mutter sei sehr problematisch, so dass ihr vom Jugendamt geraten worden sei, auszuziehen.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2009 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab mit der Begründung, die Antragstellerin sei offensichtlich in der Absicht umgezogen, die Voraussetzungen für einen Leistungsbezug herbeizuführen. Im Übrigen sei der Mietvertrag ohne die vorherige Zusicherung des zuständigen Leistungsträgers abgeschlossen worden. Nicht zuletzt stehe auch die von der Mutter und deren Ehemann übernommene Bürgschaft einem Leistungsanspruch entgegen.
Am 24. Juli 2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Mannheim (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und vorgetragen, dass sie derzeit die Abschlussklasse der Werkrealschule besuche, so dass ein Härtefall nach § 7 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vorliege.
Mit Beschluss vom 6. August 2009 hat das SG den Antrag abgelehnt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setze nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zwingend voraus, dass der Antragsteller sowohl das in Streit stehende materielle Recht, den Anordnungsanspruch, als auch die besondere Eilbedürftigkeit, den Anordnungsgrund, glaubhaft mache. Vorliegend fehle jedenfalls der Anordnungsgrund. Der Antragsgegner weise zu Recht darauf hin, dass die Mietzahlung durch die Bürgschaft sichergestellt sei. Im Übrigen dürfte sogar eine vertragliche gesamtschuldnerische Haftung für die Mietzahlung bestehen. Vor diesem Hintergrund sei nicht ersichtlich, dass das Mietverhältnis der Antragstellerin gefährdet sein könnte. Dem Vermieter stehe es frei, auch die Mutter bzw. deren Ehemann in Anspruch zu nehmen. Bei dieser Sachlage bestehe keine Eilbedürftigkeit, die es rechtfertigen könnte, dem Antragsgegner aufzugeben, aus öffentlichen Fürsorgemitteln die Miete der Antragstellerin vorläufig zu übernehmen. Dies folge aus der Subsidiarität der Leistungen des SGB II. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn auch die Bürgen offenkundig nicht in der Lage sein sollten, die Mietzahlung tatsächlich sicherzustellen und das Mietverhältnis daher in seinem Bestand konkret gefährdet wäre, so dass der Antragstellerin Obdachlosigkeit drohen würde. Die Frage, ob die Antragstellerin die Übernahme der Unterkunftskosten beanspruchen könne, könne im Rahmen des Widerspruchsverfahrens bzw. eines Hauptsacheverfahrens geklärt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2009 hat der Antragsgegner den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 10. Juni 2009 zurückgewiesen. Diesbezüglich ist beim SG eine Klage anhängig.
Am 20. August 2009 hat die Antragstellerin gegen den Beschluss des SG Beschwerde eingelegt und für das Beschwerdeverfahren die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Die Antragstellerin habe vor ihrem Umzug keinerlei Leistungen nach dem SGB II bezogen und auch keiner Haushaltsgemeinschaft angehört, die Leistungen bezogen habe. Ihr Anspruch sei nicht nach § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II ausgeschlossen. Sie sei aus der Wohnung ausgezogen, weil sich das schon bisher problematische Verhältnis mit der Mutter weiter verschlechtert habe und das Jugendamt H. habe erneut eingeschaltet werden müssen. Es sei ihr auch nicht zumutbar gewesen, sich weiter bei der Freundin aufzuhalten. Diese habe nur ein 1-Zimmer-Appartment mit 30qm und habe keinen weiteren Aufenthalt der Antragstellerin bei ihr gewünscht. Das SG habe zu Unrecht einen Anordnungsgrund verneint. Aus der Mitunterschrift der Mutter und deren Ehemann habe nur eine Bürgenstellung folgen sollen. Die Bürgen seien nicht mehr in der Lage, die Mietzahlungen tatsächlich sicherzustellen. Die Mutter der Antragstellerin habe einen monatlichen Nettoverdienst von 1.027,12 EUR; die Finanzlage ihres selbstständigen Ehemannes habe sich so verschlechtert, dass das vorläufige Insolvenzverfahren am 3. Juli 2009 eröffnet worden sei. Die Miete für Juli und August 2009 sei nicht gezahlt worden, der Vermieter habe mit Schreiben vom 14. August 2009 die fristlose Kündigung angedroht.
Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegen getreten und hat ausgeführt, nach wie vor sei ein Anordnungsgrund, eine drohende Wohnungslosigkeit nicht dargetan. Es sei nicht ersichtlich, dass der Vermieter bislang überhaupt versucht habe, den ausstehenden Mietzins von der Mutter oder deren Ehemann einzutreiben. In jedem Falle hätte eine zivilgerichtliche Herausgabeklage der Vermieter ohne vorausgegangene erfolglose Inanspruchnahme der Bürgen bzw. Mitschuldner mangels Rechtsschutzbedürfnis keine Erfolgsaussicht. Es sei auch nicht zwingend, dass die Mutter oder deren Ehemann der mietvertraglich übernommenen Leistungspflicht nicht gerecht werden könnten. Neben Einkommen seien auch etwa angesparte Vermögenswerte durch den Bürgen bzw. Mitschuldner einzusetzen. Zudem bestehe kein Anordnungsanspruch. Gemäß § 22 Abs. 2a SGB II wäre die Antragstellerin vor Abschluss des Mietvertrags verpflichtet gewesen, eine Zusicherung einzuholen. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin habe eine Nachfrage beim JobCenter H. ergeben, dass dort die erste Kontaktaufnahme am 17. Dezember 2008, also sechs Tage nach Abschluss des Mietvertrags erfolgt sei. Es liege auch kein wichtiger Grund i.S.v. § 22 Abs. 2a Satz 3 SGB II vor, wonach die Einholung einer vorherigen Zusicherung nicht zumutbar gewesen wäre. Der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2a SGB II sei vorliegend auch eröffnet. Weder Wortlaut noch Gesetzessystematik beschränkten den Anwendungsbereich auf Personen, die bereits im Zeitpunkt des Antrags Leistungen erhielten oder beantragt hätten. Maßgeblich sei, dass eine Reduktion des § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II die Intention des Gesetzgebers leer laufen lassen würde, welcher der Entstehung hoher Kosten entgegen wirken wollte, die durch den Erstbezug einer eigenen Wohnung von Personen, die bislang wegen Unterstützung innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft keinen Anspruch hatten oder als Teil der Bedarfsgemeinschaft niedrigere Leistungen bezogen hätten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere wäre im Hinblick auf die geltend gemachten Leistungen auch in der Hauptsache die Berufung zulässig, da die Berufungssumme von 750 EUR überschritten würde (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG). In der Sache ist die Beschwerde jedoch unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 - FEVS 57, 72 und 164).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist jedenfalls ein Anordnungsgrund derzeit noch nicht glaubhaft gemacht, denn eine konkret drohende Obdachlosigkeit der Antragstellerin ist nicht ersichtlich. Zwar hat die Antragstellerin einen Zahlungsrückstand von zwei Monatsmieten glaubhaft gemacht und versichert, auch die Miete für September 2009 nicht zahlen zu können. Bislang ist jedoch weder die Wohnung tatsächlich vom Vermieter gekündigt, noch stünde im Falle einer Kündigung absehbar eine erfolgreiche Räumungsklage im Raum. Ob die - als Bürgen oder Mitschuldner - vom Vermieter ebenfalls in Anspruch zu nehmende Mutter der Antragstellerin und ihr Ehemann tatsächlich die Mietzahlungen nicht leisten könnten, ist trotz der vorgelegten Unterlagen unklar. Soweit ersichtlich, wurden sie bisher vom Vermieter nicht in Anspruch genommen. Bei dieser Konstellation hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass es angesichts des Nachrangs der Grundsicherungsleistungen nicht geboten erscheint, dem kommunalen Träger die vorläufige Übernahme der Mietkosten aufzugeben.
Die Gewährung von PKH für das Beschwerdeverfahren kommt nicht in Betracht.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG NJW 1997, 2102, 2103). Erfolgsaussichten im dargestellten Sinn liegen hier nicht vor, insoweit wird auf die oben gemachten Ausführungen Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 275 EUR Kaltmiete zuzüglich 80 EUR Nebenkosten.
Die 1990 geborene Antragstellerin lebte bis April 2008 bei ihrer Großmutter, anschließend bei ihrer Mutter und deren neuem Ehemann, zuletzt nach eigenen Angaben bei einer Freundin.
Am 11. Dezember 2008 schloss die Antragstellerin einen Mietvertrag zum 1. Januar 2009 über eine Ein-Zimmer-Wohnung zu einer Kaltmiete von 300 EUR zuzüglich Nebenkosten (inklusive Heizung) in Höhe von 80 EUR. Der Mietvertrag wurde neben der Antragstellerin auch von ihrer Mutter und deren Ehemann unterschrieben. In einer vom Vermieter unterschriebenen Erklärung wird ausgeführt, dass die Antragstellerin alleinige Mieterin sei, die Mutter und deren Ehemann seien nur im Sinne von Bürgen als Sicherheit für den Vermieter im Vertrag genannt.
Das JobCenter H. erteilte mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 eine Zusicherung und bestätigte die grundsätzliche Notwendigkeit des Umzugs. Der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für den Besuch einer Werkrealschule (voraussichtlicher Abschluss Ende Schuljahr 2008/2009) wurde mit Bescheid vom 2. April 2009 abgelehnt. Die Agentur für Arbeit H. bewilligte mit Bescheid vom 3. Juni 2009 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 25. Mai bis 31. Oktober 2009 in Höhe von 217 EUR monatlich.
Am 7. April 2009 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner u.a. die Übernahme der Unterkunftskosten. Sie teilte ergänzend mit, das Verhältnis zu ihrer Mutter sei sehr problematisch, so dass ihr vom Jugendamt geraten worden sei, auszuziehen.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2009 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab mit der Begründung, die Antragstellerin sei offensichtlich in der Absicht umgezogen, die Voraussetzungen für einen Leistungsbezug herbeizuführen. Im Übrigen sei der Mietvertrag ohne die vorherige Zusicherung des zuständigen Leistungsträgers abgeschlossen worden. Nicht zuletzt stehe auch die von der Mutter und deren Ehemann übernommene Bürgschaft einem Leistungsanspruch entgegen.
Am 24. Juli 2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Mannheim (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und vorgetragen, dass sie derzeit die Abschlussklasse der Werkrealschule besuche, so dass ein Härtefall nach § 7 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vorliege.
Mit Beschluss vom 6. August 2009 hat das SG den Antrag abgelehnt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setze nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zwingend voraus, dass der Antragsteller sowohl das in Streit stehende materielle Recht, den Anordnungsanspruch, als auch die besondere Eilbedürftigkeit, den Anordnungsgrund, glaubhaft mache. Vorliegend fehle jedenfalls der Anordnungsgrund. Der Antragsgegner weise zu Recht darauf hin, dass die Mietzahlung durch die Bürgschaft sichergestellt sei. Im Übrigen dürfte sogar eine vertragliche gesamtschuldnerische Haftung für die Mietzahlung bestehen. Vor diesem Hintergrund sei nicht ersichtlich, dass das Mietverhältnis der Antragstellerin gefährdet sein könnte. Dem Vermieter stehe es frei, auch die Mutter bzw. deren Ehemann in Anspruch zu nehmen. Bei dieser Sachlage bestehe keine Eilbedürftigkeit, die es rechtfertigen könnte, dem Antragsgegner aufzugeben, aus öffentlichen Fürsorgemitteln die Miete der Antragstellerin vorläufig zu übernehmen. Dies folge aus der Subsidiarität der Leistungen des SGB II. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn auch die Bürgen offenkundig nicht in der Lage sein sollten, die Mietzahlung tatsächlich sicherzustellen und das Mietverhältnis daher in seinem Bestand konkret gefährdet wäre, so dass der Antragstellerin Obdachlosigkeit drohen würde. Die Frage, ob die Antragstellerin die Übernahme der Unterkunftskosten beanspruchen könne, könne im Rahmen des Widerspruchsverfahrens bzw. eines Hauptsacheverfahrens geklärt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2009 hat der Antragsgegner den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 10. Juni 2009 zurückgewiesen. Diesbezüglich ist beim SG eine Klage anhängig.
Am 20. August 2009 hat die Antragstellerin gegen den Beschluss des SG Beschwerde eingelegt und für das Beschwerdeverfahren die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Die Antragstellerin habe vor ihrem Umzug keinerlei Leistungen nach dem SGB II bezogen und auch keiner Haushaltsgemeinschaft angehört, die Leistungen bezogen habe. Ihr Anspruch sei nicht nach § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II ausgeschlossen. Sie sei aus der Wohnung ausgezogen, weil sich das schon bisher problematische Verhältnis mit der Mutter weiter verschlechtert habe und das Jugendamt H. habe erneut eingeschaltet werden müssen. Es sei ihr auch nicht zumutbar gewesen, sich weiter bei der Freundin aufzuhalten. Diese habe nur ein 1-Zimmer-Appartment mit 30qm und habe keinen weiteren Aufenthalt der Antragstellerin bei ihr gewünscht. Das SG habe zu Unrecht einen Anordnungsgrund verneint. Aus der Mitunterschrift der Mutter und deren Ehemann habe nur eine Bürgenstellung folgen sollen. Die Bürgen seien nicht mehr in der Lage, die Mietzahlungen tatsächlich sicherzustellen. Die Mutter der Antragstellerin habe einen monatlichen Nettoverdienst von 1.027,12 EUR; die Finanzlage ihres selbstständigen Ehemannes habe sich so verschlechtert, dass das vorläufige Insolvenzverfahren am 3. Juli 2009 eröffnet worden sei. Die Miete für Juli und August 2009 sei nicht gezahlt worden, der Vermieter habe mit Schreiben vom 14. August 2009 die fristlose Kündigung angedroht.
Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegen getreten und hat ausgeführt, nach wie vor sei ein Anordnungsgrund, eine drohende Wohnungslosigkeit nicht dargetan. Es sei nicht ersichtlich, dass der Vermieter bislang überhaupt versucht habe, den ausstehenden Mietzins von der Mutter oder deren Ehemann einzutreiben. In jedem Falle hätte eine zivilgerichtliche Herausgabeklage der Vermieter ohne vorausgegangene erfolglose Inanspruchnahme der Bürgen bzw. Mitschuldner mangels Rechtsschutzbedürfnis keine Erfolgsaussicht. Es sei auch nicht zwingend, dass die Mutter oder deren Ehemann der mietvertraglich übernommenen Leistungspflicht nicht gerecht werden könnten. Neben Einkommen seien auch etwa angesparte Vermögenswerte durch den Bürgen bzw. Mitschuldner einzusetzen. Zudem bestehe kein Anordnungsanspruch. Gemäß § 22 Abs. 2a SGB II wäre die Antragstellerin vor Abschluss des Mietvertrags verpflichtet gewesen, eine Zusicherung einzuholen. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin habe eine Nachfrage beim JobCenter H. ergeben, dass dort die erste Kontaktaufnahme am 17. Dezember 2008, also sechs Tage nach Abschluss des Mietvertrags erfolgt sei. Es liege auch kein wichtiger Grund i.S.v. § 22 Abs. 2a Satz 3 SGB II vor, wonach die Einholung einer vorherigen Zusicherung nicht zumutbar gewesen wäre. Der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2a SGB II sei vorliegend auch eröffnet. Weder Wortlaut noch Gesetzessystematik beschränkten den Anwendungsbereich auf Personen, die bereits im Zeitpunkt des Antrags Leistungen erhielten oder beantragt hätten. Maßgeblich sei, dass eine Reduktion des § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II die Intention des Gesetzgebers leer laufen lassen würde, welcher der Entstehung hoher Kosten entgegen wirken wollte, die durch den Erstbezug einer eigenen Wohnung von Personen, die bislang wegen Unterstützung innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft keinen Anspruch hatten oder als Teil der Bedarfsgemeinschaft niedrigere Leistungen bezogen hätten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere wäre im Hinblick auf die geltend gemachten Leistungen auch in der Hauptsache die Berufung zulässig, da die Berufungssumme von 750 EUR überschritten würde (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG). In der Sache ist die Beschwerde jedoch unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 - FEVS 57, 72 und 164).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist jedenfalls ein Anordnungsgrund derzeit noch nicht glaubhaft gemacht, denn eine konkret drohende Obdachlosigkeit der Antragstellerin ist nicht ersichtlich. Zwar hat die Antragstellerin einen Zahlungsrückstand von zwei Monatsmieten glaubhaft gemacht und versichert, auch die Miete für September 2009 nicht zahlen zu können. Bislang ist jedoch weder die Wohnung tatsächlich vom Vermieter gekündigt, noch stünde im Falle einer Kündigung absehbar eine erfolgreiche Räumungsklage im Raum. Ob die - als Bürgen oder Mitschuldner - vom Vermieter ebenfalls in Anspruch zu nehmende Mutter der Antragstellerin und ihr Ehemann tatsächlich die Mietzahlungen nicht leisten könnten, ist trotz der vorgelegten Unterlagen unklar. Soweit ersichtlich, wurden sie bisher vom Vermieter nicht in Anspruch genommen. Bei dieser Konstellation hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass es angesichts des Nachrangs der Grundsicherungsleistungen nicht geboten erscheint, dem kommunalen Träger die vorläufige Übernahme der Mietkosten aufzugeben.
Die Gewährung von PKH für das Beschwerdeverfahren kommt nicht in Betracht.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG NJW 1997, 2102, 2103). Erfolgsaussichten im dargestellten Sinn liegen hier nicht vor, insoweit wird auf die oben gemachten Ausführungen Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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