L 6 SB 1123/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 SB 8283/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 1123/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.12.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der 1956 geborene Kläger begehrt die Erhöhung des bei ihm vorliegenden Grades der Behinderung (GdB) wegen einer Änderung der maßgeblichen Verhältnisse und die Feststellung der Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr).

Mit Bescheid vom 19.04.2004 hatte das ehemalige Versorgungsamt St. zuletzt den GdB des Klägers seit 23.01.2004 mit 60 festgestellt. Dabei hatte es auf der Grundlage der versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme von Dr. H. vom 13.04.2004 folgende Funktionsbeeinträchtigungen berücksichtigt:

Schwerhörigkeit beidseitig mit Ohrgeräuschen Teil-GdB 20 Teilverlust des Magens Teil-GdB 20 Funktionsbehinderung der Wirbelsäule Teil-GdB 30 Funktionsbehinderung des linken Schultergelenkes Teil-GdB 20 Depression, Polyneuropathie, chronisches Schmerzsyndrom Teil-GdB 30 chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse Teil-GdB 20

Am 11.02.2005 beantragte der Kläger unter Vorlage von Arztbriefen die Erhöhung seines GdB sowie die Feststellung des Merkzeichens "G". Das inzwischen zuständig gewordene LRA zog von der Klinik Sch. den Entlassungsbericht vom 21.02.2005 über die stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 28.12.2004 bis 28.01.2005 und von dem Orthopäden Dr. M.-B. mehrere Arztbriefe bei. Der HNO-Arzt Dr. B. erstattete am 15.04.2005 einen Befundbericht. In seiner vä Stellungnahme vom 16.05.2005 bewertete Dr. F. nach Auswertung dieser Unterlagen die Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen nur noch mit einem Teil-GdB von 10 und den Teilverlust des Magens und die chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse zusammenfassend mit einem Teil-GdB von 20. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, zu der Nervenwurzelreizerscheinungen hinzugetreten seien, bewertete er nach wie vor mit 30, die Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks mit 20 sowie die Depression, die Polyneuropathie und das chronische Schmerzsyndrom mit 30. Unter Mitberücksichtigung eines mit einem Teil-GdB von 10 bewerteten Bluthochdrucks gelangte er zu dem Ergebnis, der Gesamt-GdB betrage nach wie vor 60. Die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" lägen nicht vor. Hierauf gestützt lehnte das LRA mit Bescheid vom 24.05.2005 den Antrag ab.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, in seinem Magen-Darm-Trakt sei eine neue Gesundheitsstörung aufgetreten. Zudem hätten sich die bereits bestehenden Einschränkungen erheblich verschlimmert. Wegen Sensibilitätsstörungen in den Beinen könne er nur noch eine Gehstrecke von maximal 500 Metern zurücklegen. Seit 01.08.2005 sei er deshalb berentet. Wegen seiner Erkrankung könne er auch nicht mehr autofahren, so dass er seine Wohnung so gut wie nicht mehr verlassen könne. Die bestehenden Dauerschmerzen hätten auch negative Auswirkungen auf die anderen "Gesundheitsproblematiken", insbesondere auf die Schlafstörungen und die depressive Symptomatik, die sich deutlich verschlechtert habe. Das LRA holte von der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G. den Befundbericht vom 30.09.2005 ein, die unter anderem ausführte, das Gehen sei nur ca. 300 bis 500 Meter unter Schmerzen möglich. Sie fügte mehrere Arztbriefe bei. In seiner vä Stellungnahme vom 26.10.2005 kam Dr. G. zu dem Ergebnis, der GdB sei mit 60 nach wie vor angemessen bewertet. Der Nachteilsausgleich "G" stehe dem Kläger nicht zu. Hierauf gestützt wies der Beklagte den Widerspruch mit dem Widerspruchsbescheid vom 24.11.2005 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 23.12.2005 Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG). Er wiederholte und vertiefte sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Der Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG hörte Dr. B., den Gastroenterologen Dr. H., die Hausärztin Dr. G. und den Orthopäden Dr. B. jeweils schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. B. übersandte mit Schreiben vom 03.05.2006 zwei Tonaudiogramme und führte aus, er halte die Bewertung der Schwerhörigkeit mit einem Einzel-GdB von 10 für angemessen. Auch Dr. H. stimmte unter dem 28.04.2006 der vä Beurteilung in Bezug auf die Erkrankungen von Seiten seines Fachgebiets zu. Eine wesentliche Änderung sei seit Januar 2004 nicht eingetreten. Dr. G. schätzte die dem Kläger mögliche Gehstrecke unter dem 26.05.2006 auf 600 bis 700 Meter. Sie fügte fachärztliche Arztbriefe bei. Dr. B. führte unter dem 01.06.2006 aus, der GdB von Seiten der Wirbelsäule sei mit 40 einzuschätzen, weil zwei Abschnitte betroffen seien. Da beide Schultergelenke betroffen seien und die Abduktion nur bis 110 Grad möglich sei bei rezidivierender Subluxation rechts, sei insoweit ein GdB von 30 anzunehmen. Soweit der Kläger ihm gegenüber sein Gehvermögen mit momentan 500 Metern angegeben habe, könne er eine begründende Erkrankung für eine dauerhaft anhaltende Gehbehinderung in diesem Ausmaß nicht feststellen.

Nach Auswertung dieser Auskünfte führte Dr. W. in seiner vä Stellungnahme vom 23.08.2006 aus, mittelgradige bis schwere Funktionseinschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, welche den von Dr. B. angegebenen GdB von 40 für das Wirbelsäulenleiden begründen könnten, seien seiner Auskunft nicht zu entnehmen. Ebenso wenig könne der von Dr. B. angegebene Teil-GdB von 30 für die Funktionsminderung beider Schultergelenke nachvollzogen werden. Für eine abschließende Beurteilung der Schwerhörigkeit sei ein Sprachaudiogramm vonnöten. Nachdem der Kläger daraufhin den an ihn adressierten Bericht Dr. B.s vom 12.09.2006 über die an diesem Tag durchgeführte sprachaudiometrische Untersuchung vorgelegt hatte, führte Dr. B. in seiner vä Stellungnahme vom 04.12.2006 aus, nach dem Ergebnis der Sprachaudiometrie vom 12.09.2006 mit einem Hörverlust von 10 vom Hundert (v.H.) für das rechte Ohr und von 30 v.H. für das linke Ohr ergebe sich daraus ein GdB von 0. Lediglich unter Einbeziehung der zusätzlich bestehenden Ohrgeräusche sei der bisher vä vorgeschlagene GdB von 10 korrekt. Nachdem der Kläger hiergegen eingewandt hatte, die bei ihm bestehenden Ohrgeräusche, welche eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit darstellten, rechtfertigten die Zuerkennung eines GdB von 30 bis 40, hörte das SG unter dem 28.02.2007 noch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie A. schriftlich als sachverständige Zeugin. Sie gab an, der Kläger habe sich vom 09.09.2003 bis 31.08.2006 in ihrer ambulanten psychiatrischen Behandlung befunden. Die damalige psychische Störung sei mittelgradig gewesen. Die Polyneuropathie befinde sich seit Jahren in langsamer Rückbildung und sei Anfang 2006 nicht mehr nachweisbar gewesen. Die Somatisierungsstörung habe sich dagegen nicht wesentlich geändert. Organisch könne die Polyneuropathie keine große Einschränkung der Gehfähigkeit mehr bewirken. Lediglich im Rahmen der Somatisierungsstörung könne eine körperliche Fixierung angenommen werden. Auf Grund des aktuellen Befundes müsse der Kläger eine Gehstrecke von zwei Kilometern zurücklegen können. Allerdings komme ihr die Geschwindigkeit für eine untrainierte Person, die unter Schmerzen leide, etwas hoch vor, weshalb sie die in 30 Minuten zurücklegbare Strecke auf einen Kilometer korrigiere. In seiner vä Stellungnahme vom 30.05.2007 kam Dr. G. zu dem Ergebnis, für ein Abweichen von der bisherigen Beurteilung ergebe sich bei der derzeitigen Sachlage keine ausreichende Grundlage.

Das SG erhob weiteren Beweis durch Einholung des orthopädischen Gutachtens, das Dr. B.-Sch. am 04.11.2007 auf Grund einer ambulanten Untersuchung erstattete. Darin führte sie auf, das Gangbild mit Wanderschuhen sei beim Hereinlaufen in die Praxis nahezu unauffällig gewesen. Beim Gehen ohne Schuhe sei der Kläger auf Zehenspitzen mit deutlichem Hinken auf der rechten Seite gelaufen. Es finde sich jedoch eine normale Verhornung im Bereich beider Füße sowohl an der Ferse als auch den metatarsalen Köpfchen. Dies zeige, dass der Kläger beim normalen Laufen normal belaste. Die Symptomatik des Klägers sei im gezeigten Ausmaß nicht erklärbar. In ihrer Beurteilung bewertete Dr. B.-Sch. Schultergelenksbeschwerden links bei Zustand nach Schulterluxation und Einbringen eines Knochenspans mit degenerativen Veränderungen im Bereich der Schulterpfanne sowie des Acromioclavicular-Gelenks sowie die Schultergelenksbeschwerden rechts bei beginnender Acromioclavicular-Gelenksarthrose mit einem Teil-GdB von 20, Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule bei altersentsprechend geringen degenerativen Veränderungen ohne Nervenwurzelreizsymptome bei freier Beweglichkeit mit 10, Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule bei rechtskonvexer lumbaler Skoliose mit geringen degenerativen Veränderungen, jedoch immer wieder auftretenden muskulären Dysbalancen mit 20, Schmerzen im Bereich beider Füße bei geringem Spreizfuß beidseits, Achillessehnen-Reizung beidseits mit einem GdB von 10 und den GdB von Seiten des orthopädischen Gebiets insgesamt mit 20. Auf die Gehfähigkeit könnten sich lediglich die Beschwerden im Bereich der Füße auswirken, die sie jedoch orthopädisch nicht erklären könne. Aus orthopädischer Sicht könne der Kläger weiterhin ohne erhebliche Schwierigkeiten die ortsüblichen Wegstrecken im Ortsverkehr zu Fuß zurücklegen. Auf Rückfrage des SG führte Dr. B.-Sch. unter dem 13.12.2007 aus, da der Schultergelenksschaden links nur als gering einzustufen sei, betrage der diesbezügliche GdB nicht 20, sondern nur 10.

Mit Urteil vom 14.12.2007 - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 11.02.2008 - wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen legte es dar, seit Erlass des Bescheides vom 19.04.2004 sei im Gesundheitszustand des Klägers keine wesentliche Änderung eingetreten, die eine Erhöhung des Gesamt-GdB rechtfertigen würde. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" lägen nicht vor.

Mit seiner am 05.03.2008 bei dem Landessozialgericht (LSG) eingegangenen Berufung verfolgt der Kläger sein Ziel weiter. Er hat den Arztbrief der N. Universitätsklinik T. vom 28.01.2008 vorgelegt, wonach bei dem Kläger der Verdacht auf eine Small-fibre-Polyneuropathie und schmerzhafte Dysästhesien in der Fußsohle seit 2003 bestehen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.12.2007 und den Bescheid vom 24.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm ab 11.02.2005 den GdB mit mindestens 80 sowie die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf die Anträge des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat von dem Orthopäden Dr. A. das Gutachten vom 02.09.2008 und von PD Dr. B. vom Zentrum für Neurologie der N. Universitätsklinik T. das Gutachten vom 16.04.2009 eingeholt. Dr. A. hat in seinem Gutachten ein chronisches Hals- und Lendenwirbelsäulenschmerzsyndrom mit Bandscheibenerkrankung der letzten zwei Bandscheibenetagen der Halswirbelsäule ohne neurologische Ausfälle und mit starken Abnützungserscheinungen der Lendenwirbelsäule ohne neurologische Ausfälle beschrieben, das er mit einem Teil-GdB von 30 bewertet hat, ferner eine beginnende bis mittelgradige Dysplasiecoxarthrose mit Betroffenheit beider Hüftgelenke und deutlicher Einschränkung der Innenrotation beidseits (Teil-GdB 20) sowie einen Zustand nach operativer Revision einer Schulterluxation links, eine fortgeschrittene Acromioclavicular-Gelenksarthrose beider Schultergelenke mit Einschränkung der Abduktion am Untersuchungstag auf 90 Grad beidseits, der mit einem GdB von 20 zu bewerten sei. Die Funktionsbeeinträchtigungen an den unteren Gliedmaßen und an der Lendenwirbelsäule seien insgesamt mit 40 zu bewerten, der Gesamt-GdB unter Mitberücksichtigung sämtlicher Funktionsbeeinträchtigungen auch fremder Fachgebiete mit 70. Trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen sei der Kläger ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahr für sich und andere in der Lage, die üblichen Wegstrecken im Ortsverkehr zu Fuß zurückzulegen. Hierzu hat Dr. G. in seiner vä Stellungnahme vom 18.11.2008 kritisch ausgeführt, auf Grund der im Gutachten von Dr. A. beschriebenen objektivierbaren Befunde im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule seien mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten nicht belegt. Der bisher bereits angesetzte GdB von 30 für das Wirbelsäulensyndrom und die Polyneuropathie lasse sich bei der aktuellen Befundlage nur durch Berücksichtigung der chronischen Schmerzsymptomatik begründen. Die Beweglichkeit der Hüftgelenke sei mit 0/0/120 Grad noch gut und bedinge keinen GdB. Für eine Erhöhung des Gesamt-GdB ergebe sich bei derzeitiger Befundlage keine ausreichende Grundlage.

PD Dr. B. hat in seinem Gutachten von Seiten seines Fachgebiets die Diagnosen Depression, leichte sensible Polyneuropathie, degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule und Kopfschmerzen gestellt. Für eine Reihe weiterer in den Unterlagen erwähnter Diagnosen habe sich kein Anhalt gefunden. Die vom Kläger in der Anamnese angegebenen Schwächen im Bereich der Fußhebung beidseits hätten sich weder klinisch noch elektrophysiologisch objektivieren lassen, ebenso wenig die vom Kläger angegebenen Sensibilitätsstörungen an der ulnaren Handkante rechts. Eine Spinalkanalstenose bestehe nicht. Die bisherige Einschätzung der Depression mit einem GdB von 30 sei zutreffend. Die Polyneuropathie sei leicht ausgeprägt, führe nicht zu funktionellen Beeinträchtigungen und sei daher mit einem GdB von 0 zu bewerten. Die degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule führten weder zu einer relevanten Einengung des Spinalkanals noch zu einer relevanten Kompression von Nervenwurzeln und somit insgesamt zu keiner neurologischen Funktionsstörung. Sie seien mit einem GdB von 30 zutreffend bewertet. Insgesamt führten die neurologischen Störungen nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB, so dass in Zusammenschau mit dem orthopädischen Fachgutachten vom 02.09.2008 ein Gesamt-GdB von 70 vorliege. Die neurologischen Störungen führten zu keiner Beeinträchtigung der Gehfähigkeit, so dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" nicht gegeben seien. Der Beklagte hat hierzu die vä Stellungnahme vom Dr. W. vom 07.07.2009 vorgelegt, wonach der von PD Dr. B. angenommene Gesamt-GdB nicht vertretbar sei.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten des Senats, des SG und auf die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 24.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat weder Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB als 60 noch auf die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr.

Das SG hat in dem angefochtenen Urteil die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften zutreffend dargestellt und ausgeführt, weshalb seit dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 19.04.2004 in den für die Festsetzung des GdB maßgeblichen Verhältnissen keine wesentliche Änderung eingetreten ist, die eine Höherbewertung des Gesamt-GdB rechtfertigen würde. Ebenfalls zutreffend hat das SG ausgehend von der von ihm dargestellten Vorschrift des § 146 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) ausgeführt, dass der Kläger in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt ist. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist auszuführen, dass seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten ist. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB und weiterer gesundheitlicher Merkmale, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Rechten und Nachteilsausgleichen sind. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien ist hiermit - von wenigen hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - nicht verbunden. Vielmehr wurde an die seit Jahren bewährten Bewertungsgrundsätze und Verfahrensabläufe angeknüpft. In der Anlage zu § 2 VersMedV ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnistand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.

Auch unter Berücksichtigung der Beweisergebnisse des Berufungsverfahrens ist eine von der angefochtenen Entscheidung des SG abweichende Beurteilung nicht gerechtfertigt.

Der Gesamt-GdB ist nach wie vor mit 60 zu bewerten. Der abweichenden Beurteilung von Dr. A. im Gutachten vom 02.09.2008 und von PD Dr. B. im Gutachten vom 16.04.2009 kann nicht gefolgt werden. Hierbei kann nach Auffassung des Senats offen bleiben, ob die Funktionsbeeinträchtigung von Seiten der Wirbelsäule mit einem GdB von 20 zu bewerten ist, wie dies Dr. B.-Sch. in der Beurteilung ihres Gutachtens vom 04.11.2007 vertreten hat, oder mit 30, wozu Dr. A. und ihm folgend PD Dr. B. tendieren. Entgegen der Auffassung von Dr. A. liegt bei dem Kläger kein Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor. Dr. A. hat nämlich ausweislich der auf Seite 5 des Gutachtens dokumentierten Bewegungsausmaße keine wesentliche Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule erhoben. Beim Vor-/Rückneigen ergaben sich die Werte 40/0/50 Grad bei einem Normbereich von 35 - 45/0/35 - 60 Grad (vgl. Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage, S. 135), beim Seitneigen rechts/links die Werte 40/0/40 bei einem Normbereich von 45/0/45 Grad und beim Drehen rechts/links die Werte 60/0/70 Grad bei einem Normbereich von 60 - 80/0/60 - 80 Grad. Da auch keine neurologischen Ausfälle, insbesondere keine Nervenwurzelreizerscheinungen von Seiten der Halswirbelsäule bestanden, können die Halswirbelsäulenbeschwerden - so zutreffend Dr. B.-Sch. und Dr. G. in seiner vä Stellungnahme vom 18.11.2008 - nur als leicht eingestuft werden. Dass der Kläger über belastungsabhängige Beschwerden nicht nur im Bereich der Lenden-, sondern auch im Bereich der Halswirbelsäule klagt, lässt keine andere Beurteilung zu, weil diese anhand der objektivierbaren Befunde nicht belegt sind. Soweit Dr. A. eine Bandscheibenerkrankung der letzten zwei Bandscheibenetagen der Halswirbelsäule beschrieben hat, handelt es sich um Veränderungen, die mit bildgebenden Verfahren festgestellt worden sind und ohne entsprechende klinische Befunde nicht bei der Bemessung des GdB berücksichtigt werden können. Nur wenn man die bei dem Kläger vorliegende chronische Schmerzsymptomatik bei der Funktionseinschränkung von Seiten der Wirbelsäule mitberücksichtigt, gelangt man, wie Dr. G. in seiner vä Stellungnahme vom 18.11.2008 überzeugend aufgezeigt hat, zu einem GdB von 30 von Seiten der Hals- und Lendenwirbelsäule. Dies vorausgesetzt besteht jedoch eine ganz erhebliche Überschneidung zwischen der Funktionseinschränkung von Seiten der Wirbelsäule und der Funktionseinschränkung aufgrund der Depression mit funktionellen Organbeschwerden, worauf Dr. W. in seiner vä Stellungnahme vom 07.07.2009 zutreffend hingewiesen hat. Aus diesen beiden Teil-GdB-Werten könnte dann lediglich noch ein GdB von 40 gebildet werden.

Die Funktionseinschränkung von Seiten beider Hüftgelenke bedingt nach den Richtlinien auf Seite 124 der AHP bzw. Seite 98/99 der VG keinen GdB, weil die Bewegungsmaße in der wichtigsten Bewegungsrichtung der Streckung/Beugung rechts und links jeweils 0/0/120 Grad betrugen. Zu Unrecht hat sich Dr. A. für seine Bewertung der beidseitigen Dysplasiecoxarthrose mit einem GdB von 20 auf Seite 124 der AHP 2008 berufen. Dort wird nämlich für eine Bewegungseinschränkung geringen Grades gefordert, dass die Streckung/Beugung nur bis zu 0/10/90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich ist. Im Vergleich dazu ist der Befund beim Kläger wesentlich günstiger.

Hinsichtlich der Schultergelenke fällt auf, dass Dr. A. bei seiner Untersuchung vom 01.09.2008 die Bewegungsmaße im Schultergelenk in der Bewegungsrichtung armseitwärts/körperwärts rechts und links jeweils mit 90/0/30 Grad ermittelt hat, während Dr. B.-Sch. in ihrem Gutachten vom 04.11.2007 aufgrund der Untersuchung vom 31.08.2007 noch entsprechende Werte von jeweils 170/0/40 Grad angegeben hat. Von seinen Messergebnissen ausgehend hat Dr. A. den GdB von Seiten der Schultergelenke zutreffend mit 20 bewertet (vgl. AHP 2008, S. 119, VG S. 93). Die Ausführungen Dr. A.s auf Seite 17 seines Gutachtens sind lediglich insofern zu korrigieren, dass keine Übereinstimmung mit Dr. B.-Sch. besteht, die den GdB von Seiten des linken Schultergelenks ausweislich ihres Schreibens vom 13.12.2007, mit dem sie einen Schreibfehler auf Seite 23 ihres Gutachtens korrigiert hat, lediglich mit 10 bewertet hat.

Auf die Höhe des Gesamt-GdB wirkt sich diese Diskrepanz jedoch nicht aus. Der GdB von Seiten der Wirbelsäule und der Depression mit funktionellen Organbeschwerden ist wie dargelegt aufgrund der erheblichen Überschneidungen mit 40 anzusetzen. Die Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen und der Bluthochdruck (Teil-GdB jeweils 10) wirken sich, entsprechend den Grundsätzen der AHP 2008 und der VG nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus. Bewertet man sowohl den Teilverlust des Magens und die chronische Pankreatitis als auch die Funktionsbehinderung von Seiten beider Schultergelenke jeweils mit einem Teil-GdB von 20, so kann der Gesamt-GdB, wie zuletzt Dr. W. in seiner vä Stellungnahme vom 07.07.2009 zutreffend dargelegt hat, nicht höher als mit 60 festgesetzt werden.

Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr hat sowohl Dr. A. als auch PD Dr. B. in Übereinstimmung mit der Beurteilung des vä Dienstes des Beklagten und von Dr. B.-Sch. verneint. Insbesondere hat PD Dr. B. nochmals be¬stätigt, dass die bei dem Kläger vorliegende Polyneuropathie nur leicht ausgeprägt ist und zu keinen funktionellen Beeinträchtigungen führt. Der Kläger hat deshalb auch keinen Anspruch auf die Feststellung der Voraussetzung des Merkzeichens "G".

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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