Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2492/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 5798/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.10.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Weitergewährung einer bis zum 31.01.2007 befristeten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Die am 1956 in der T. geborene und seit 1970 in Deutschland lebende Klägerin war zuletzt als Montagearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Sie bezog - insbesondere wegen einer psychischen Erkrankung mit depressiven Zuständen und Ängsten - ab dem 01.10.1999 eine mehrmals, zuletzt bis zum 31.01.2007, befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Ihren Weitergewährungsantrag vom 05.12.2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.02.2007 und Widerspruchsbescheid vom 19.06.2007 nach Einholung eines Gutachtens durch den Internisten Dr. Br. (leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zumutbar bei arterieller Hypertonie mit beginnender hypertensiver Herzerkrankung, Adipositas Grad II, Zustand nach aorto-renaler Bypass-Operation rechts 11/90 und Nierenpolresektion ohne Einschränkung der Nierenfunktion, Wirbelsäulenbeschwerden im HWS- und LWS-Bereich ohne bedeutsame Funktionsminderung und ohne radikuläre Symptomatik) ab, weil über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vorliege.
Die Klägerin hat am 04.07.2007 Klage zum Sozialgericht Heilbronn erhoben und darauf hingewiesen, dass sie auf Grund ihrer Nierenerkrankung dialysepflichtig sei.
Das Sozialgericht hat die Ärztin für Innere Medizin und Psychotherapie Dr. B. (aktuell hochgradige Stenose im distalen Ende des Nierenarterienbypasses aortorenal rechts bei funktionsloser Niere links, wegen kardialer und nephrologischer Erkrankungen Restleistungsvermögen von ein bis zwei Stunden täglich; die Klägerin könne wegen Wirbelsäulenbeschwerden vermutlich Wegstrecken von 500 m oder mehr auf Dauer nicht mehr bewältigen, aber öffentliche Verkehrsmittel benutzen), den Kardiologen Dr. Si. (nach letztem Belastungs-EKG von Juni 2006 leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von ca. sechs Stunden möglich, auf internistischem Fachgebiet keine qualitativen Einschränkungen) und den Orthopäden Dr. L. (partielle Minderung der Leistungsfähigkeit auf rein orthopädischem Fachgebiet bei Lumboischialgie links bei Bandscheibenprotrusion L 4/5, Adipositas per magna, unterem Cervikalsyndrom bei Chrondrose C 6/7, Coxarthrose I-II Grades beidseits, aber leichte körperliche Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich möglich; Wegefähigkeit bejaht) als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Kardiologie und Hypertensiologie Dr. M. hat als sachverständiger Zeuge angegeben, eine Bürotätigkeit erscheine ihm im Hinblick auf das von ihm fachärztlich untersuchte Krankheitsbild der Klägerin möglich. Der Blutdruck sei ordentlich reguliert, die Nierenfunktion altersentsprechend normal. Eine vierstündige Tätigkeit könnte zumindest versuchsweise möglich sein.
Der Oberarzt am Zentrum für Innere Medizin und Nephrologie des R. Krankenhauses S. , PD Dr. A. , hat für das Sozialgericht nach Untersuchung der Klägerin am 20.12.2007 und unter Berücksichtigung eines röntgenologischen Zusatzgutachtens durch Prof. Dr. G. (diskrete degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule, leichte Gelenkspaltverschmälerung des linken Hüftgelenks) ein Gutachten mit ergänzender Stellungnahme erstattet, in dem er rezidivierende Nierenarterienstenosen beidseits ohne Einschränkung der Nierenfunktion und eine leichte bis mittelschwere sekundäre arterielle Hypertonie in Folge der Nierenarterienstenosen mit Folgeschäden am Herzen in Form einer Myokardverdickung des linken Herzens bestätigt hat. Der von der Klägerin bei stärkerer körperlicher Belastung beklagten rezidivierenden Angina pectoris-Symptomatik entspreche keine manifeste koronare Herzerkrankung, die durchgeführten Untersuchungen hätten keinen Hinweis auf eine relevante Durchblutungsstörung am Herzen ergeben. Daneben bestünden eine periphere arterielle Verschlusskrankheit Stadium II a/b im linken Bein (MRT-Angiographie März 2007: hochgradige Stenose der Arteria poplitea links mit guter Kollateralisierung und Kontrastierung der nachgeschalteten Unterschenkelarterien) und leichtgradige degenerative Lendenwirbelsäulenveränderungen. Hieraus ergebe sich insgesamt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 % und damit eine Leistungsfähigkeit von mindestens drei Stunden täglich für leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Aufgrund der Untersuchungsbefunde und der anamnestischen Angaben der Klägerin sei davon auszugehen, dass sie täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 m zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne. Bei einer Gehstrecke von 500 m in 20 Minuten sei mit Beschwerden im linken Unterschenkel zu rechnen.
In seiner Stellungnahme für die Beklagte hat der Facharzt für Chirurgie Dr. St. die Auffassung vertreten, weder die angiologischen noch die kardialen oder orthopädischen Befunde sprächen gegen die Fähigkeit der Klägerin, die sozialrechtlich relevante Gehstrecke zu bewältigen.
In einem weiteren Gutachten für das Sozialgericht ist der Internist Dr. S. nach Untersuchung der Klägerin am 24.07.2008 und im Wesentlichen identischer Diagnosestellung wie PD Dr. A. zu dem Ergebnis gekommen, die Klägerin könne bei Beachtung qualitativer Einschränkungen noch leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt acht Stunden täglich verrichten. Einschränkungen, die üblichen Wege zu und von der Arbeitstelle zurückzulegen, bestünden bei der Klägerin nicht. Ein sechsminütiger Gehtest in der Ebene habe eine Gehstrecke von 330 Metern bei Angabe von - nicht objektivierbaren und einer Claudicatio intermittens nicht entsprechenden - Schmerzen im linken Bein ergeben. Eine - zum Nachweis eines Sauerstoffmangels im linken Bein auf Grund der arteriellen Verschlusskrankheit erforderliche - deutliche Überhöhung des Laktatspiegels (Überschreiten der anaeroben Schwelle) sei nicht eingetreten.
Mit Urteil vom 28.10.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit nach dem bis 31.12.2000 geltenden Recht. Aus dem Gutachten des Dr. S. ergebe sich, dass die Klägerin wieder in der Lage sei, eine Tätigkeit vollschichtig auszuüben. Als ungelernter Arbeiterin seien ihr alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar. PD Dr. A. hingegen habe keine Obergrenze für die tägliche Belastbarkeit der Klägerin angegeben, sondern eine MdE. Die behandelnden Ärzte hätten keine Befunde berichtet, die eine quantitative Leistungseinschränkung der Klägerin begründeten. Auch von einer Einschränkung der Wegefähigkeit der Klägerin sei das Gericht im Hinblick auf den von Dr. S. durchgeführten Gehtest nicht überzeugt.
Die Klägerin hat am 12.12.2008 Berufung gegen das ihrem Bevollmächtigten am 17.11.2008 zugestellte Urteil eingelegt und sich zur Begründung auf die von PD Dr. A. und Dr. B. bescheinigte Erwerbsminderung und Einschränkung ihrer Gehstrecke gestützt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.10.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 05.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 31.01.2007 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung eine Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie Dr. St. vorgelegt, in der er auf die Angabe einer regelrechten Nierenfunktion und einen ordentlich eingestellten Blutdruck durch den Nierenarzt Dr. M. verweist. Durch das Gutachten von Dr. S. sei nachgewiesen, dass eine sog. Schaufensterkrankheit nicht bestehe.
Die Klägerin hat einen Bericht des Facharztes für Orthopädie Dr. Sch. vom 11.02.2009 über eine aktivierte Gonarthrose links vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung der Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Berufsunfähigkeit über den 31.01.2007 hinaus durch Bescheid vom 05.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente (§ 302 b Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB VI] in Verbindung mit §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung - a. F. -) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin durch Dr. S. gefolgt ist, nicht aber der Einschätzung des PD Dr. A ... Denn eine Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit der Klägerin ergibt sich aus den von PD Dr. A. erhobenen Befunden ebenfalls nicht. Eine Einschränkung der Nierenfunktion und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen der Nierenerkrankungen hat er ausdrücklich verneint. Eine manifeste koronare Herzerkrankung hat er ebenso ausdrücklich ausgeschlossen und zumindest leichte körperliche Tätigkeiten für zumutbar gehalten, wie sich im Gegenschluss daraus ergibt, dass er im Hinblick auf die von der Klägerin vorgetragenen - auch nach seiner Auffassung nicht organisch erklärbaren - Angina-pectoris-Symptomatik bei stärkerer körperlicher Belastung eine Leistungsbeeinträchtigung lediglich bei mittelschweren Belastungen angegeben hat. Konkrete Leistungseinschränkungen wegen der von ihm diagnostizierten, medikamentös einstellbaren arteriellen Hypertonie mit der Folge einer linksventrikulären Hypertrophie hat er nicht berichtet. Solche Einschränkungen für leichte körperliche Tätigkeiten sind bei der von ihm angegebenen normalen linksventrikulären Funktion und Belastbarkeit beim Ergometertest bis 75 Watt auch nicht nachgewiesen. Als Leistungsminderung auf Grund der Durchblutungsstörung im linken Unterschenkel hat er nur eine Einschränkung der maximalen Gehstrecke aufgeführt. Dies ist im Hinblick auf die von PD Dr. A. berichteten geringen Auswirkungen der arteriellen Verschlusskrankheit Stadium II a/b (gute Kollateralisierung der hochgradig stenosierten Arteria poplitea und Kontrastierung der nachgeschalteten Unterschenkelarterien) und das Fehlen einer typischen Claudicatio intermittens-Symptomatik schlüssig. Schließlich hat er auch wegen der Lumboischialgien der Klägerin nur eine geringgradige Minderung der Leistungsfähigkeit angegeben, nicht aber Befunde, die eine quantitative Leistungsminderung rechtfertigen. Röntgenologisch hat er allenfalls leichte degenerative Veränderungen - ohne wesentliche Verschlechterung seit 1993 - und klinisch eine leichte Zunahme der Beschwerden seit 1993 bei aktuell weitgehend normalem Bewegungsausmaß der Wirbelsäule angenommen. Auch wegen der von ihm - ohne einen korrelierenden psychischen Befund anzugeben - bei den Diagnosen aufgeführten Depression, die von den behandelnden Ärzten und von Dr. S. nicht erwähnt worden ist und auf die sich die Klägerin zur Begründung ihres Rentenanspruchs auch nicht beruft, hat er keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit berichtet. Im Ergebnis hat PD Dr. A. jedenfalls leichte körperliche Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens drei Stunden täglich für zumutbar gehalten. Dass dies - bei dem von ihm angenommenen verbliebenen individuellen Leistungsvermögen von ca. 70 % - die Ausübung einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit ausschließt, vermag der Senat den Ergebnissen der gutachterlichen Untersuchung nicht zu entnehmen. Damit ist auch nicht darauf einzugehen, dass PD Dr. A. für seine Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin zunächst für jede Erkrankung eine MdE bestimmt, hieraus eine Gesamt-MdE von 30 v. H. gebildet und den Wert auf eine vollschichtige Tätigkeit hochgerechnet hat und trotz des Hinweises des Sozialgerichts, dass es im Rentenversicherungsrecht auf eine MdE nicht ankomme, bei dieser Berechnung verblieben ist.
Auch auf die Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit durch Dr. B. (Auschluss einer geregelten Berufstätigkeit wegen kardiologischer und nephrologischer Erkrankungen) kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg berufen. Diese Einschätzung ist angesichts der nicht eingeschränkten Nierenfunktion nicht überzeugend. Auch die von Dr. B. zur Begründung angeführte Beeinträchtigung der Herz-Kreislauf-Situation haben die internistischen Fachärzte nicht in einem Ausmaß bestätigt, das zu einer quantitativen Leistungsminderung führt. Die durch die internistischen Erkrankungen begründete Notwendigkeit einer kontinuierlichen klinischen und funktionellen Überprüfung der Gesundheitssituation der Klägerin, wie von der behandelnden Ärztin bescheinigt, begründet keinen Rentenanspruch.
Die Einschätzung von Dr. M. , eine (lediglich) vierstündige Bürotätigkeit könnte zumindest versuchsweise möglich sein, ist angesichts der von ihm angegebenen Befunde (ordentlich regulierter Blutdruck, altersentsprechend normale Nierenfunktion; Bericht vom 23.06.2007: Klägerin fühle sich wohl und äußere keine Beschwerden, keine Besonderheiten bzgl. Diurese und Miktion) ebenfalls nicht nachvollziehbar, worauf schon das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat.
Die Klägerin kann daher in der Zeit nach dem 31.01.2007 zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. S. genannten qualitativen Einschränkungen (keine Arbeiten mit Absturzgefahr, an Maschinen mit erhöhter Unfallgefahr oder mit häufigem Treppensteigen sowie Besteigen von Leitern und Gerüsten, keine häufiges Heben und Tragen von Lasten über 10 kg) acht Stunden täglich ausüben. Sie ist daher nicht erwerbsunfähig oder berufsunfähig. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI a.F. bzw. § 44 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 2 SGB VI a. F. die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich. Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos, das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung.
Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen eines Rentenanspruchs wegen Wegfalls der Wegefähigkeit, insbesondere im Hinblick auf die periphere arterielle Verschlusskrankheit im linken Unterschenkel, liegen nicht vor. So hat PD Dr. A. entgegen den Angaben der Klägerin, sie könne nur noch 200 Meter bzw. 20 Minuten gehen, eine Wegstrecke von 500 Meter zu Fuß in 20 Minuten noch für möglich gehalten, auch wenn hierbei Beschwerden auftreten. Auch Dr. L. hat aufgrund seiner Untersuchung der Klägerin am 01.10.2007 gegenüber dem Sozialgericht angegeben, diese könne noch Wegstrecken von über 500 Meter zu Fuß zurück legen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Im Übrigen hat das Sozialgericht zutreffend im angefochtenen Urteil darauf hingewiesen, dass die Klägerin bei Dr. S. in der Lage war, in sechs Minuten auf ebener Erde 330 Meter zu Fuß zurück zu legen und mit leichtem Gefälle in neun Minuten 490 Meter, ohne dass eine Sauerstoffmangelsituation eingetreten ist, die bei einer arteriellen Verschlusskrankheit zu erwarten wäre. Damit ist auch für den Senat die Bejahung der Wegefähigkeit durch Dr. S. nachvollziehbar.
Nichts anderes folgt aus der von Dr. Sch. diagnostizierten aktivierten Gonarthrose links. Denn hierbei handelt es sich um einen akuten Reizzustand, der ausweislich des vorgelegten Befundberichtes mit elektrophysikalischer Therapie behandelt wird und somit nicht dauerhaft besteht.
Aufgrund der umfassenden Sachaufklärung des Sozialgerichts ist der Sachverhalt geklärt. Eine weitere Sachaufklärung, insbesondere durch ein weiteres Gutachten, ist nicht erforderlich. Den diesbezüglichen Beweisantrag lehnt der Senat ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Weitergewährung einer bis zum 31.01.2007 befristeten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Die am 1956 in der T. geborene und seit 1970 in Deutschland lebende Klägerin war zuletzt als Montagearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Sie bezog - insbesondere wegen einer psychischen Erkrankung mit depressiven Zuständen und Ängsten - ab dem 01.10.1999 eine mehrmals, zuletzt bis zum 31.01.2007, befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Ihren Weitergewährungsantrag vom 05.12.2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.02.2007 und Widerspruchsbescheid vom 19.06.2007 nach Einholung eines Gutachtens durch den Internisten Dr. Br. (leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zumutbar bei arterieller Hypertonie mit beginnender hypertensiver Herzerkrankung, Adipositas Grad II, Zustand nach aorto-renaler Bypass-Operation rechts 11/90 und Nierenpolresektion ohne Einschränkung der Nierenfunktion, Wirbelsäulenbeschwerden im HWS- und LWS-Bereich ohne bedeutsame Funktionsminderung und ohne radikuläre Symptomatik) ab, weil über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vorliege.
Die Klägerin hat am 04.07.2007 Klage zum Sozialgericht Heilbronn erhoben und darauf hingewiesen, dass sie auf Grund ihrer Nierenerkrankung dialysepflichtig sei.
Das Sozialgericht hat die Ärztin für Innere Medizin und Psychotherapie Dr. B. (aktuell hochgradige Stenose im distalen Ende des Nierenarterienbypasses aortorenal rechts bei funktionsloser Niere links, wegen kardialer und nephrologischer Erkrankungen Restleistungsvermögen von ein bis zwei Stunden täglich; die Klägerin könne wegen Wirbelsäulenbeschwerden vermutlich Wegstrecken von 500 m oder mehr auf Dauer nicht mehr bewältigen, aber öffentliche Verkehrsmittel benutzen), den Kardiologen Dr. Si. (nach letztem Belastungs-EKG von Juni 2006 leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von ca. sechs Stunden möglich, auf internistischem Fachgebiet keine qualitativen Einschränkungen) und den Orthopäden Dr. L. (partielle Minderung der Leistungsfähigkeit auf rein orthopädischem Fachgebiet bei Lumboischialgie links bei Bandscheibenprotrusion L 4/5, Adipositas per magna, unterem Cervikalsyndrom bei Chrondrose C 6/7, Coxarthrose I-II Grades beidseits, aber leichte körperliche Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich möglich; Wegefähigkeit bejaht) als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Kardiologie und Hypertensiologie Dr. M. hat als sachverständiger Zeuge angegeben, eine Bürotätigkeit erscheine ihm im Hinblick auf das von ihm fachärztlich untersuchte Krankheitsbild der Klägerin möglich. Der Blutdruck sei ordentlich reguliert, die Nierenfunktion altersentsprechend normal. Eine vierstündige Tätigkeit könnte zumindest versuchsweise möglich sein.
Der Oberarzt am Zentrum für Innere Medizin und Nephrologie des R. Krankenhauses S. , PD Dr. A. , hat für das Sozialgericht nach Untersuchung der Klägerin am 20.12.2007 und unter Berücksichtigung eines röntgenologischen Zusatzgutachtens durch Prof. Dr. G. (diskrete degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule, leichte Gelenkspaltverschmälerung des linken Hüftgelenks) ein Gutachten mit ergänzender Stellungnahme erstattet, in dem er rezidivierende Nierenarterienstenosen beidseits ohne Einschränkung der Nierenfunktion und eine leichte bis mittelschwere sekundäre arterielle Hypertonie in Folge der Nierenarterienstenosen mit Folgeschäden am Herzen in Form einer Myokardverdickung des linken Herzens bestätigt hat. Der von der Klägerin bei stärkerer körperlicher Belastung beklagten rezidivierenden Angina pectoris-Symptomatik entspreche keine manifeste koronare Herzerkrankung, die durchgeführten Untersuchungen hätten keinen Hinweis auf eine relevante Durchblutungsstörung am Herzen ergeben. Daneben bestünden eine periphere arterielle Verschlusskrankheit Stadium II a/b im linken Bein (MRT-Angiographie März 2007: hochgradige Stenose der Arteria poplitea links mit guter Kollateralisierung und Kontrastierung der nachgeschalteten Unterschenkelarterien) und leichtgradige degenerative Lendenwirbelsäulenveränderungen. Hieraus ergebe sich insgesamt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 % und damit eine Leistungsfähigkeit von mindestens drei Stunden täglich für leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Aufgrund der Untersuchungsbefunde und der anamnestischen Angaben der Klägerin sei davon auszugehen, dass sie täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 m zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne. Bei einer Gehstrecke von 500 m in 20 Minuten sei mit Beschwerden im linken Unterschenkel zu rechnen.
In seiner Stellungnahme für die Beklagte hat der Facharzt für Chirurgie Dr. St. die Auffassung vertreten, weder die angiologischen noch die kardialen oder orthopädischen Befunde sprächen gegen die Fähigkeit der Klägerin, die sozialrechtlich relevante Gehstrecke zu bewältigen.
In einem weiteren Gutachten für das Sozialgericht ist der Internist Dr. S. nach Untersuchung der Klägerin am 24.07.2008 und im Wesentlichen identischer Diagnosestellung wie PD Dr. A. zu dem Ergebnis gekommen, die Klägerin könne bei Beachtung qualitativer Einschränkungen noch leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt acht Stunden täglich verrichten. Einschränkungen, die üblichen Wege zu und von der Arbeitstelle zurückzulegen, bestünden bei der Klägerin nicht. Ein sechsminütiger Gehtest in der Ebene habe eine Gehstrecke von 330 Metern bei Angabe von - nicht objektivierbaren und einer Claudicatio intermittens nicht entsprechenden - Schmerzen im linken Bein ergeben. Eine - zum Nachweis eines Sauerstoffmangels im linken Bein auf Grund der arteriellen Verschlusskrankheit erforderliche - deutliche Überhöhung des Laktatspiegels (Überschreiten der anaeroben Schwelle) sei nicht eingetreten.
Mit Urteil vom 28.10.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit nach dem bis 31.12.2000 geltenden Recht. Aus dem Gutachten des Dr. S. ergebe sich, dass die Klägerin wieder in der Lage sei, eine Tätigkeit vollschichtig auszuüben. Als ungelernter Arbeiterin seien ihr alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar. PD Dr. A. hingegen habe keine Obergrenze für die tägliche Belastbarkeit der Klägerin angegeben, sondern eine MdE. Die behandelnden Ärzte hätten keine Befunde berichtet, die eine quantitative Leistungseinschränkung der Klägerin begründeten. Auch von einer Einschränkung der Wegefähigkeit der Klägerin sei das Gericht im Hinblick auf den von Dr. S. durchgeführten Gehtest nicht überzeugt.
Die Klägerin hat am 12.12.2008 Berufung gegen das ihrem Bevollmächtigten am 17.11.2008 zugestellte Urteil eingelegt und sich zur Begründung auf die von PD Dr. A. und Dr. B. bescheinigte Erwerbsminderung und Einschränkung ihrer Gehstrecke gestützt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.10.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 05.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 31.01.2007 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung eine Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie Dr. St. vorgelegt, in der er auf die Angabe einer regelrechten Nierenfunktion und einen ordentlich eingestellten Blutdruck durch den Nierenarzt Dr. M. verweist. Durch das Gutachten von Dr. S. sei nachgewiesen, dass eine sog. Schaufensterkrankheit nicht bestehe.
Die Klägerin hat einen Bericht des Facharztes für Orthopädie Dr. Sch. vom 11.02.2009 über eine aktivierte Gonarthrose links vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung der Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Berufsunfähigkeit über den 31.01.2007 hinaus durch Bescheid vom 05.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente (§ 302 b Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB VI] in Verbindung mit §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung - a. F. -) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin durch Dr. S. gefolgt ist, nicht aber der Einschätzung des PD Dr. A ... Denn eine Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit der Klägerin ergibt sich aus den von PD Dr. A. erhobenen Befunden ebenfalls nicht. Eine Einschränkung der Nierenfunktion und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen der Nierenerkrankungen hat er ausdrücklich verneint. Eine manifeste koronare Herzerkrankung hat er ebenso ausdrücklich ausgeschlossen und zumindest leichte körperliche Tätigkeiten für zumutbar gehalten, wie sich im Gegenschluss daraus ergibt, dass er im Hinblick auf die von der Klägerin vorgetragenen - auch nach seiner Auffassung nicht organisch erklärbaren - Angina-pectoris-Symptomatik bei stärkerer körperlicher Belastung eine Leistungsbeeinträchtigung lediglich bei mittelschweren Belastungen angegeben hat. Konkrete Leistungseinschränkungen wegen der von ihm diagnostizierten, medikamentös einstellbaren arteriellen Hypertonie mit der Folge einer linksventrikulären Hypertrophie hat er nicht berichtet. Solche Einschränkungen für leichte körperliche Tätigkeiten sind bei der von ihm angegebenen normalen linksventrikulären Funktion und Belastbarkeit beim Ergometertest bis 75 Watt auch nicht nachgewiesen. Als Leistungsminderung auf Grund der Durchblutungsstörung im linken Unterschenkel hat er nur eine Einschränkung der maximalen Gehstrecke aufgeführt. Dies ist im Hinblick auf die von PD Dr. A. berichteten geringen Auswirkungen der arteriellen Verschlusskrankheit Stadium II a/b (gute Kollateralisierung der hochgradig stenosierten Arteria poplitea und Kontrastierung der nachgeschalteten Unterschenkelarterien) und das Fehlen einer typischen Claudicatio intermittens-Symptomatik schlüssig. Schließlich hat er auch wegen der Lumboischialgien der Klägerin nur eine geringgradige Minderung der Leistungsfähigkeit angegeben, nicht aber Befunde, die eine quantitative Leistungsminderung rechtfertigen. Röntgenologisch hat er allenfalls leichte degenerative Veränderungen - ohne wesentliche Verschlechterung seit 1993 - und klinisch eine leichte Zunahme der Beschwerden seit 1993 bei aktuell weitgehend normalem Bewegungsausmaß der Wirbelsäule angenommen. Auch wegen der von ihm - ohne einen korrelierenden psychischen Befund anzugeben - bei den Diagnosen aufgeführten Depression, die von den behandelnden Ärzten und von Dr. S. nicht erwähnt worden ist und auf die sich die Klägerin zur Begründung ihres Rentenanspruchs auch nicht beruft, hat er keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit berichtet. Im Ergebnis hat PD Dr. A. jedenfalls leichte körperliche Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens drei Stunden täglich für zumutbar gehalten. Dass dies - bei dem von ihm angenommenen verbliebenen individuellen Leistungsvermögen von ca. 70 % - die Ausübung einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit ausschließt, vermag der Senat den Ergebnissen der gutachterlichen Untersuchung nicht zu entnehmen. Damit ist auch nicht darauf einzugehen, dass PD Dr. A. für seine Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin zunächst für jede Erkrankung eine MdE bestimmt, hieraus eine Gesamt-MdE von 30 v. H. gebildet und den Wert auf eine vollschichtige Tätigkeit hochgerechnet hat und trotz des Hinweises des Sozialgerichts, dass es im Rentenversicherungsrecht auf eine MdE nicht ankomme, bei dieser Berechnung verblieben ist.
Auch auf die Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit durch Dr. B. (Auschluss einer geregelten Berufstätigkeit wegen kardiologischer und nephrologischer Erkrankungen) kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg berufen. Diese Einschätzung ist angesichts der nicht eingeschränkten Nierenfunktion nicht überzeugend. Auch die von Dr. B. zur Begründung angeführte Beeinträchtigung der Herz-Kreislauf-Situation haben die internistischen Fachärzte nicht in einem Ausmaß bestätigt, das zu einer quantitativen Leistungsminderung führt. Die durch die internistischen Erkrankungen begründete Notwendigkeit einer kontinuierlichen klinischen und funktionellen Überprüfung der Gesundheitssituation der Klägerin, wie von der behandelnden Ärztin bescheinigt, begründet keinen Rentenanspruch.
Die Einschätzung von Dr. M. , eine (lediglich) vierstündige Bürotätigkeit könnte zumindest versuchsweise möglich sein, ist angesichts der von ihm angegebenen Befunde (ordentlich regulierter Blutdruck, altersentsprechend normale Nierenfunktion; Bericht vom 23.06.2007: Klägerin fühle sich wohl und äußere keine Beschwerden, keine Besonderheiten bzgl. Diurese und Miktion) ebenfalls nicht nachvollziehbar, worauf schon das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat.
Die Klägerin kann daher in der Zeit nach dem 31.01.2007 zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. S. genannten qualitativen Einschränkungen (keine Arbeiten mit Absturzgefahr, an Maschinen mit erhöhter Unfallgefahr oder mit häufigem Treppensteigen sowie Besteigen von Leitern und Gerüsten, keine häufiges Heben und Tragen von Lasten über 10 kg) acht Stunden täglich ausüben. Sie ist daher nicht erwerbsunfähig oder berufsunfähig. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI a.F. bzw. § 44 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 2 SGB VI a. F. die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich. Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos, das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung.
Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen eines Rentenanspruchs wegen Wegfalls der Wegefähigkeit, insbesondere im Hinblick auf die periphere arterielle Verschlusskrankheit im linken Unterschenkel, liegen nicht vor. So hat PD Dr. A. entgegen den Angaben der Klägerin, sie könne nur noch 200 Meter bzw. 20 Minuten gehen, eine Wegstrecke von 500 Meter zu Fuß in 20 Minuten noch für möglich gehalten, auch wenn hierbei Beschwerden auftreten. Auch Dr. L. hat aufgrund seiner Untersuchung der Klägerin am 01.10.2007 gegenüber dem Sozialgericht angegeben, diese könne noch Wegstrecken von über 500 Meter zu Fuß zurück legen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Im Übrigen hat das Sozialgericht zutreffend im angefochtenen Urteil darauf hingewiesen, dass die Klägerin bei Dr. S. in der Lage war, in sechs Minuten auf ebener Erde 330 Meter zu Fuß zurück zu legen und mit leichtem Gefälle in neun Minuten 490 Meter, ohne dass eine Sauerstoffmangelsituation eingetreten ist, die bei einer arteriellen Verschlusskrankheit zu erwarten wäre. Damit ist auch für den Senat die Bejahung der Wegefähigkeit durch Dr. S. nachvollziehbar.
Nichts anderes folgt aus der von Dr. Sch. diagnostizierten aktivierten Gonarthrose links. Denn hierbei handelt es sich um einen akuten Reizzustand, der ausweislich des vorgelegten Befundberichtes mit elektrophysikalischer Therapie behandelt wird und somit nicht dauerhaft besteht.
Aufgrund der umfassenden Sachaufklärung des Sozialgerichts ist der Sachverhalt geklärt. Eine weitere Sachaufklärung, insbesondere durch ein weiteres Gutachten, ist nicht erforderlich. Den diesbezüglichen Beweisantrag lehnt der Senat ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved