L 3 AL 842/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 4118/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 842/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer von der Beklagten festgesetzten Sperrzeit streitig.

Der 1954 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er war zumindest vom 01.03.2002 bis zum 10.11.2006 bei der K. W.- und S.gesellschaft B. mbH und Co. KG (B.) als Wachmann beschäftigt. Ab 07.11.2006 arbeitete der Kläger erneut im Bewachungsobjekt "K. Schloss". Dort versah er zusammen mit dem Objektleiter P. R. (P.R.) den Wachdienst zwischen 19.00 Uhr abends und 07.00 Uhr morgens. Beide Wachmänner hatten im Wechsel Rundgänge durchzuführen und sich im Übrigen in der Sicherheitszentrale im Eingangsbereich aufzuhalten.

Mit Schreiben vom 10.11.2006 kündigte B. das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Zur Begründung berief sich die Arbeitgeberin auf vier Vorfälle zwischen dem 07.11. und 10.11.2006: 1. eine verbale Auseinandersetzung des Klägers mit P.R., dienstliche Unzulänglichkeiten des Klägers und eine Aussperrung von P.R. durch den Kläger mit der Folge einer Abmahnung, 2. ein Gespräch zwischen dem Kläger, P.R. und Frau B., in dessen Verlauf der Kläger P.R. beleidigt und ihm unwahre Handlungsweisen und Aussagen unterstellt, Frau B. gestoßen und die Außenklingel beschädigt habe, 3. ein weiteres erfolgloses Gespräch mit dem Kläger und 4. massive Beschimpfungen und Bedrohungen des Klägers gegenüber P.R. sowie Verstöße gegen die Dienstvorschriften. Hinsichtlich der Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf Bl. 6-9 der Verwaltungsakte verwiesen. Die Kündigung wurde dem Kläger spätestens am 16.11.2006 per Einschreiben zugestellt.

Gegen die Kündigung erhob der Kläger am 22.11.2006 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht K. (Az: 3 Ca 240/06). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren bestritt der Kläger die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Er habe P.R. nicht bewusst ausgesperrt. Er habe ihn, als er die Tür abgeschlossen habe, nicht gesehen. Beim zweiten Gespräch habe er sich nicht aggressiv verhalten und insbesondere Frau B. weder angegriffen noch verletzt und auch die Klingel nicht beschädigt. Er habe sich auch im weiteren Verlauf P.R. gegenüber nicht aggressiv verhalten. Eine Abmahnung habe er damals nicht erhalten. Mit Urteil vom 23.10.2007 wies das Arbeitsgericht K. die Kündigungsschutzklage des Klägers ab. Zur Begründung führte es aus, das Verhalten des Klägers habe "an sich" einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dargestellt. Die Kammer sei überzeugt, dass der Kläger am 10.11.2006 zunächst einen Stuhl angehoben, dann auf den Boden gestoßen und anschließend mit dem Stuhl ausgeholt und diesen vor die Füße des Zeugen R. geworfen habe. Dabei habe er dem Zeugen R. gedroht, er mache ihn fertig. Auch in Zukunft wäre mit Gewalttätigkeiten des Klägers zu rechnen gewesen. Ein Abwarten der Kündigungsfrist sei der Arbeitgeberin nicht zumutbar gewesen. Hiergegen legte der Kläger Berufung zum Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Az: 12 Sa 94/07) ein. Mit Urteil vom 23.04.2008 änderte das Landesarbeitgericht bei Klagabweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe teilweise ab und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Arbeitgeberin vom 10.11.2006 nicht aufgelöst worden sei, sondern bis zum 31.12.2006 fortbestanden habe. Im Tatbestand des Urteils wurde ein Fax des Klägers zitiert, in dem er sich u.a. wegen des Vorfalls am 08.11.2006 mit Fr. B. entschuldigte. In den Gründen heißt es, das Verhalten des Klägers habe noch nicht für den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung ausgereicht. Im Ergebnis habe es sich zwar um eine sich über mehrere Arbeitstage hinziehende schwere Vertragsverletzung des Klägers gehandelt, Auslöser hierfür sei nach Lage der Dinge neben einer dem Grunde nach wohl berechtigten Kritik am Kläger aber auch eine persönliche Unverträglichkeit mit P.R. gewesen. Wenngleich dies die Verhaltensweise des Klägers in keiner Weise rechtfertige, so erscheine sie doch in einem etwas milderen Licht. Zugunsten des Klägers sei im Rahmen der Interessenabwägung nicht nur dies, sondern auch die mehrjährige Dauer des ungestörten Verlaufes des Arbeitsverhältnisses, das fortgeschrittene Alter des Klägers und seine zweifache Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen. Die ordentliche Kündigung der Arbeitgeberin sei als verhaltensbedingte sozial gerechtfertigt. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf die Kopien aus den Gerichtsakten des Arbeitsgerichts K. 3 Ca 240/06 und das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 23.04.2008 (Bl. 40 bis 58 der SG-Akte) verwiesen.

Noch vor dem arbeitsgerichtlichen Verfahren meldete sich der Kläger am 13.11.2006 bei der Beklagten arbeitsuchend und am 20.11.2006 mit Wirkung zum 11.11.2006 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Er berief sich darauf, dass er sich nicht arbeitsvertragswidrig verhalten habe, und legte den vorläufigen Dienstplan für den Monat November 2006, wonach er am 07. und 09.11.2006 Schichtführer gewesen sei, vor.

B. legte eine Arbeitsbescheinigung vor, nach welcher der Kläger im Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.10.2006 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 22.846,45 EUR erzielt hatte.

Mit Bescheid vom 13.12.2006/Widerspruchsbescheid vom 02.01.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann vorläufig Alg ab dem 11.11.2006 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 0,00 EUR und ab 03.02.2007 nach Ablauf einer 12-wöchigen Sperrfrist unter Zugrundelegung eines täglichen Bemessungsentgelts von 62,59 EUR, der Lohnsteuerklasse IV, Lohnsteuertabelle 2006 im Umfang von 67 % in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 27,78 EUR für die Dauer von 360 Tagen. Der Kläger bezog Alg bis zur Aufnahme einer Beschäftigung am 05.03.2007. Mit Änderungsbescheiden vom 22.05.2007 und vom 27.07.2007/Widerspruchsbescheid vom 10.08.2007 wurde Alg in der bisherigen Höhe von 03.02.3004 bis 04.03.2007 endgültig gewährt.

Mit Bescheid vom 22.05.2007 stellte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit vom 11.11.2006 bis 02.02.2007 und die Minderung des Anspruchs um ein Viertel der Anspruchsdauer fest. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie aus, der Kläger habe seine Beschäftigung bei B. verloren, weil er einen Mitarbeiter bedroht und eine Mitarbeiterin gewaltsam gestoßen habe. Nachdem er bereits eine Abmahnung erhalten habe, habe er voraussehen müssen, dass ihm aufgrund seines Verhaltens gekündigt werde. Der Einwand des Klägers, P.R. sage die Unwahrheit, könne bei Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden. Frau B. habe die Vorgänge bestätigt. Auch aus den Unterlagen ergäben sich keine Anhaltspunkte, die das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne der Sperrzeitregelung erkennen ließen.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den er damit begründete, dass er weder einen Mitarbeiter bedroht noch eine Mitarbeiterin gewaltsam gestoßen habe. Auch eine Abmahnung habe er nicht erhalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie hielt daran fest, dass vertragswidriges Verhalten des Klägers zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses geführt habe. Der Kläger habe auch gewusst, dass der Arbeitgeber das Verhalten nicht weiter hinnehmen würde. Die Arbeitslosigkeit sei daher zumindest grob fahrlässig herbeigeführt worden. Ein wichtiger Grund sei nicht erkennbar. Nach Abwägung der Interessen des Klägers mit den Interessen der Beitragszahler sei ein vertragsgemäßes Verhalten zumutbar gewesen. Die Dauer der Sperrzeit von zwölf Wochen sei nicht zu verkürzen.

Hiergegen hat der Kläger am 16.08.2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens vorgetragen, die fristlose Kündigung sei ungerecht. Sie beruhe auf Falschaussagen des ehemaligen Arbeitskollegen P.R ... Frau B. habe durch ihre eigene Geschäftsführungsart für Arbeitswidrigkeiten gesorgt. Sie habe Entscheidungen getroffen, die gegen das Gleichberechtigungsgesetz verstoßen hätten. Der Kläger hat u.a. den anwaltlichen Klageschriftsatz im Zusammenhang mit der Kündigungsschutzklage, die Niederschrift über die öffentliche Sitzung vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg vom 23.04.2008 und das Urteil des Gerichts vom selben Tag vorgelegt und ergänzend vorgetragen, dass er mit dem Urteil nicht einverstanden sei, eine Revision aber aus finanziellen Gründen nicht in Betracht komme.

Das SG hat die Akten des Arbeitsgerichts K. 3 Ca 240/06 beigezogen und hieraus Kopien gefertigt.

Mit Gerichtsbescheid vom 21.01.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es ist gestützt auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, dem es sich in vollem Umfang angeschlossen hat, davon ausgegangen, dass der Kläger "im Ergebnis eine über mehrere Arbeitstage sich hinziehende Vertragsverletzung" begangen habe. Dass ein solchermaßen gezeigtes Verhalten zu einer, wenn nicht außerordentlichen so doch ordentlichen Kündigung führen könne, hätte der Kläger ohne weiteres erkennen müssen, zumal er bereits zuvor schriftlich abgemahnt worden sei, wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls festgestellt habe. Der Kläger habe dadurch seine Arbeitslosigkeit auch grob fahrlässig herbeigeführt. Für sein Verhalten könne er sich auf keinen objektiv wichtigen Grund berufen. Die Dauer der Sperrzeit von 12 Wochen sei nicht zu beanstanden.

Dagegen hat der Kläger am 16.02.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, das SG habe mehrere Ereignisse des Geschehens übersehen und einige falsch interpretiert. U.a. habe er weder eine schriftliche Abmahnung erhalten noch eine "im Ergebnis über mehrere Arbeitstage sich hinziehende schwere Vertragsverletzung" begangen. P.R. habe ihn allein wegen seiner Herkunft missachtet.

Anlässlich eines am 08.07.2009 von der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermins hat der Kläger u.a. noch einmal darauf hingewiesen, dass es weder einen Vorfall mit einem Stuhl noch mit Frau B. gegeben habe. Mit P.R. habe es von Anfang an Probleme gegeben. Ergänzend hat der Kläger u.a. ein Schreiben der D. R. GmbH vom 08.04.2009, das Protokoll über die öffentliche Sitzung des Arbeitsgerichts K. vom 03.04.2009 (3 Ca 301/08), wonach sich B. in einem Vergleich verpflichtete, dem Kläger für die Monate November und Dezember 2006 eine Lohnabrechnung zu erteilen und die sich ergebenden Nettobeträge an den Kläger auszubezahlen, und eine Auskunft der Gewerbedatei, ausweislich derer B. zum 01.04.2009 abgemeldet wurde, vorgelegt.

Nach Zusendung der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung hat der Kläger noch vorgetragen, dass diese hinsichtlich des Vorfalls mit P.R. gravierende Ungenauigkeiten enthalte. Der Kläger hat seine Sicht der Dinge noch ein Mal dargestellt. Auf den Schriftsatz des Klägers vom 17.07.2009 wird insoweit verwiesen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Januar 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2007 zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 01. Januar 2007 bis 02. Februar 2007 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, der Gerichtsbescheid des SG sei nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Beteiligtenvorbringens, wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die beigezogenen Akten des Arbeitsgerichts K. (Az: 3 Ca 240/06) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 22.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2007 ist bezüglich der vom Kläger nur noch gerügten Festsetzung einer Sperrzeit vom 01.01.2007 bis 02.02.2007 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat in dieser Zeit in nicht zu beanstandender Weise den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt.

Gegenstand des Rechtsstreits ist nur der Sperrzeitbescheid vom 22.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2007. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der Bewilligungsbescheid vom 13.12.2006, mit welchem dem Kläger vorläufig Alg ab 03.02.2007 bewilligt wurde. Hiergegen hat der Kläger gesondert Einwendungen erhoben, über die die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.01.2007 entschieden hat. Auch nicht Streitgegenstand sind die Änderungsbescheide vom 22.05.2007 und 27.07.2007/Widerspruchsbescheid vom 10.08.2007, mit denen dem Kläger Alg endgültig bewilligt wurde. Mit dem hier streitgegenständlichen Widerspruch und in dem nachfolgenden Klage- und Berufungsverfahren hat der Kläger nur Einwendungen gegen die festgestellte Sperrzeit erhoben. Die Regelungen der Bewilligungsbescheide sind daher weder Gegenstand dieses Verwaltungs- noch des gerichtlichen Verfahrens geworden. Sie haben den Sperrzeitbescheid nicht ersetzt. Für die Einbeziehung der Bewilligungsbescheide besteht auch keine Notwendigkeit, weil die Beklagte für den Fall des Obsiegens des Klägers verpflichtet wäre, ihm Alg ab Antragstellung bzw. nach Ende der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit zu gewähren und entsprechend auch die Anspruchsdauer zu korrigieren hätte.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit. Eine Sperrzeit tritt ein, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe). Unter arbeitsvertragswidrigem Verhalten ist jede schuldhafte Verletzung der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Pflichten im Leistungsbereich gegen die betriebliche Ordnung (betriebliche und außerbetriebliche Verhaltenspflichten), im persönlichen Vertrauensbereich oder gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten zu verstehen. Bei Sperrzeiten nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III ist das die Sperrzeit begründende Ereignis grundsätzlich das rechtliche Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Die Sperrzeit beginnt daher am Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Abweichend hiervon ist jedoch nicht auf das Ende des (tatsächlichen) Beschäftigungsverhältnisses abzustellen, wenn eine auf arbeitsvertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers gestützte Arbeitgeberkündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist erfolgte, obwohl das Verhalten des Arbeitnehmers nur zu einer fristgerechten Kündigung berechtigt hätte. Die Sperrzeit beginnt in diesen Fällen erst nach Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist. Stellt das Arbeitsgericht in einem Kündigungsschutzprozess erst nachträglich fest, dass eine fristlose Kündigung unwirksam ist, kann der Beginn der Sperrzeit nicht vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist liegen (vgl. Niesel, SGB III, § 144 Rd. 145, 147). Nach einhelliger arbeitsrechtlicher Auffassung (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.03.1987, Aktenzeichen 2 AZR 176/86; Urteil vom 31.03.1993, Az: 2 AZR 492/92) kommen strafbare Handlungen in Betrieben, insbesondere Tätlichkeiten, Beleidigungen und Bedrohungen gegenüber Vorgesetzten und Arbeitskollegen sogar als Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht. Die Bedrohung eines Arbeitskollegen ist eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten. Der Arbeitgeber ist nicht nur allen Arbeitnehmern gegenüber verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie keinen Bedrohungen ausgesetzt sind, sondern hat auch ein eigenes Interesse daran, dass die betriebliche Zusammenarbeit nicht durch tätliche Auseinandersetzungen oder Bedrohungen beeinträchtigt wird. Der Arbeitgeber darf berücksichtigen, wie es sich auf das Verhalten der übrigen Arbeitnehmer auswirkt, wenn er von einer Kündigung absieht. Auch insoweit handelt es sich noch um Folgen des Fehlverhaltens, für das der Arbeitnehmer einzustehen hat. Schon ein einmaliger tätlicher Angriff oder eine einmalige Drohung kann deshalb arbeitsrechtlich die Kündigung rechtfertigen, auch wenn der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, zur Frage der Wiederholungsgefahr vorzutragen (BAG, Urteil vom 24.10.1996, Az 2 a ZR 900/95). Da es sich bei solchen Verletzungen von Nebenpflichten um Störungen im Betriebsbereich handelt, bedarf es grundsätzlich für die Beurteilung der arbeitsrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Kündigung keiner Abmahnung, es sei denn, das Arbeitsverhältnis ist durch die Vertragsverletzung noch nicht zu stark belastet und der Arbeitgeber kann damit rechnen, die Abmahnung werde zu einem vertragsgemäßen Verhalten führen (BAG, Urteil vom 12.07.1984, Az: 2 a ZR 320/83; Urteil vom 12.03.1987, Az: 2 a ZR 176/86).

Der Senat ist unter Berücksichtigung der vorliegenden Akteninhalte und hierbei insbesondere der Unterlagen aus den arbeitsgerichtlichen Verfahren zu der Überzeugung gelangt, dass zwar nicht nachgewiesen ist, dass der Kläger P.R. massiv bedroht, verletzt oder ausgesperrt hat. Auch ist nicht belegt, dass der Kläger Frau B. bewusst und gewollt angerempelt hat. Belegt ist jedoch, dass der Kläger zumindest teilweise nicht gesprächsbereit war, nicht bereit war, P.R. als Vorgesetzten zu akzeptieren und eine Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und P.R. nicht möglich war. Aufgrund der massiven Differenzen mit P.R. war dem dadurch sehr erregten Kläger die Erfüllung seiner Wachaufgaben nicht möglich. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass es sich nicht nur um einen einmaligen Vorgang handelte, sondern sich diese Auseinandersetzungen und Spannungen über vier Tage erstreckten. Der Senat gründet seine Überzeugung, wie das SG, auf die persönliche Einvernahme von P.R. vor dem Landesarbeitsgericht am 23.04.2008 und die Vernehmung von F. H. und P.R. vor dem Arbeitsgericht K. am 10.07.2007 und die hierüber jeweils gefertigten Niederschriften, ausweislich derer insbesondere P.R. die äußerst gereizte Stimmung des Klägers und die Zusammenarbeit mit ihm geschildert hat. Auch der Zeuge H. hat auf die "bedrohliche Situation" am 08.11.2006 hingewiesen. Eine nochmalige Vernehmung der Zeugen durch den Senat ist nicht notwendig, nachdem auch der Kläger bestätigt hat, dass es gleich Auseinandersetzungen mit P.R. gab und eine Zusammenarbeit mit ihm nicht möglich gewesen sei. Dass es am 08.11.2006 zu einem Vorfall mit Frau B. kam, ist auch durch das vom Landesarbeitsgericht im Tatbestand des Urteils erwähnte Fax des Klägers, in dem sich der Kläger wegen des Vorfalls am 08.11.2006 entschuldigt hat, belegt.

Damit ist dem Kläger zwar keine strafbare Handlung, die nach den obigen Ausführungen nach arbeitsrechtlicher Auffassung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde, nachgewiesen. Belegt ist indessen, dass der Kläger den Betriebsfrieden gefährdet hat und P.R. die Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr zumutbar war. Dies ist, insbesondere wenn es sich über mehrere Tage erstreckt, als versicherungswidriges Verhalten zu werten. Eine Bestätigung findet diese Überzeugung des Senats im Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, in dem festgestellt wurde, dass die ordentliche Kündigung von B. als verhaltensbedingte Kündigung zum 31.12.2006 sozial gerechtfertigt war.

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Umstand, dass der Kläger den Erhalt einer Abmahnung bestreitet. Bei den Vorfällen zwischen dem 07. und 10.11.2006 handelte es sich um eine Krise des Arbeitsverhältnisses und Spannung des Klägers, die über den ganzen Zeitraum anhielt, so dass, wovon auch das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 23.04.2008 ausgeht, die schriftliche Abmahnung am 09.11.2006 nicht zur Warnung hätte dienen können. Der sich über mehrere Tage erstreckende gestörte Verlauf des Arbeitsverhältnisses ist ein einheitlicher Vorgang, der insgesamt den Arbeitsfrieden gestört hat und zur Kündigung berechtigte, ohne dass es vorher einer Abmahnung bedurfte.

Der Umstand, dass auch das Verhalten von P.R. mitursächlich für die Eskalationen am Arbeitsplatz durch den Kläger gewesen sein durfte, vermag ebenfalls keine andere Entscheidung zu begründen. Auch wenn es sich so verhielt, rechtfertigt dies die sich über vier Tage erstreckende Verhaltensweise des Klägers nicht.

Der Kläger hat auch jedenfalls grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Ihm war, auch wenn ihm keine schriftliche Abmahnung erteilt worden ist, bekannt, dass er mit einem solchen Verhalten gegen den Betriebsfrieden verstößt und mit einer Kündigung zu rechnen hat. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Arbeitgeberin B. am 08.11.2006 einen Gesprächsversuch mit dem Kläger unternahm, auf den der Kläger mit einem am 09.11.2006 übersandten Fax reagierte, in dem er sich entschuldigte. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nach seiner persönlichen Einsicht- und Kritikfähigkeit die Tragweite weiterer Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten nicht hätte erkennen können, sind dem Senat nicht ersichtlich.

Auch kann sich der Kläger nicht auf einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 SGB III berufen. Ein solcher kann, vom Sinn und Zweck des § 144 SGB III ausgehend, dass sich die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muss, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft, nur dann angenommen werden, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.1998 - B 11 AL 49/97 R; Urteil vom 03.05.2001, Az: B 11 AL 80/00 R). Einen wichtigen Grund im beschriebenen Sinne vermag der Senat nicht zu erkennen. Zwar kann ein wichtiger Grund beispielsweise dann vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer gemobbt wurde. Ob der Kläger jedoch, wie vorgetragen, nachhaltigen Schikanen von P.R. mit dem Ziel, ihn aus dem Betrieb hinaus zu ekeln, ausgesetzt war, ist weder substantiiert vorgetragen noch ergibt sich dies aus den vorliegenden Unterlagen.

Überdies kann ein wichtiger Grund, wie oben angeführt, nur unter Berücksichtigung einer Abwägung der Interessen des Arbeitslosen mit denen der Versichertengemeinschaft angenommen werden. Vor dem tatsächlichen Hintergrund der Kündigung des Klägers durch B. vermag sich der Senat jedoch nicht von überwiegenden Interessen zugunsten des Klägers zu überzeugen. Hierbei berücksichtigt der Senat insbesondere, dass in Ansehung der Akteninhalte und des dort zum Ausdruck kommenden Verhaltens des Klägers im Umgang mit den Geschehnissen nicht ersichtlich ist, dass der Kläger, nachdem es zu den ersten Eskalationen kam, ein Unrechtsbewusstsein im Hinblick auf sein Verhalten gezeigt hätte. Er hat weiterhin so reagiert wie zu Beginn.

Die Dauer der Sperrzeit ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III beträgt die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe 12 Wochen. Sie verkürzt sich gemäß § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 b SGB III auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von 12 Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach den Gesamtumständen des Einzelfalles der Eintritt einer Sperrzeit mit einer Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (BSG, Urteil vom 21.07.1988, Az: 7 RAr 41/86; Urteil vom 26.02.1998, Az: B 11 AL 49/97 R). Maßgebend sind allein die für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen. Außerhalb des Sperrzeittatbestands liegende sowie nach Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses eintretende Umstände können keine Berücksichtigung finden. Dies gilt im besonderen für die wirtschaftlichen Folgen der Sperrzeit für den Arbeitslosen (Niesel, SGB III, § 144 Rd 106 m.w.N.). Tatsachen, die die Regelsperrzeitdauer von 12 Wochen zu reduzieren vermögen, sind dem Senat jedoch nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.

Die zwölfwöchige Sperrzeit beginnt jedoch, nachdem das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg die außerordentliche Kündigung für unwirksam und nur die ordentliche Kündigung zum 31.12.2006 für wirksam erklärt hat, unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen erst am 01.01.2007. Der von der Beklagten festgelegte Beginn am 11.11.2006 war nicht korrekt. Hierauf kommt es jedoch nicht mehr an, nachdem der Kläger sich nur noch gegen die vom 01.01.2007 bis 02.02.2007 festgesetzte Sperrzeit wendet. Grundsätzlich hätte die Sperrzeit erst nach 12 Wochen geendet. Das von der Beklagten festgesetzte Ende der Sperrzeit am 02.02.2007 lag innerhalb dieser 12 Wochen und ist deshalb nicht zu beanstanden.

Mithin ist die vom 01.01.2007 bis 02.02.2007 festgestellte Sperrzeit weder dem Grunde, noch ihrer Lage und Dauer nach rechtlich zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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