L 11 KR 1468/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 1810/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1468/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Krankengeld (Krg) über den 15. November 2007 hinaus streitig.

Der 1958 geborene Kläger war seit dem 1. Januar 2006 als Empfänger von Arbeitslosengeld (Alg) in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA) bei der Beklagten pflichtversichert. Sein Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung vom 1. Juni 2007 blieb erfolglos (Bescheid vom 30. August 2007). Wegen einer von dem Orthopäden Dr. S. diagnostizierten Ischialgie war der Kläger seit dem 23. März 2007 arbeitsunfähig (AU) und bezog von der Beklagten vom 4. Mai 2007 bis zum 15. November 2007 Krg. Vom 16. November bis 27. Dezember 2007 bezog er Alg und war weiter in der KVdA versichert. Ab 28. Dezember 2007 war er in der Krankenversicherung der Rentner (KVdA) bei der Beklagten versichert.

Nachdem der Rentenantrag des Klägers abgelehnt worden war, veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dr. G. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 7. November 2007 ein Lumbalsyndrom, eine Adipositas, einen Hypertonus, einen Diabetes sowie eine Hyperthyreose. Die Mobilitätsstörung des Klägers sei vorrangig der ausgeprägten Adipositas und nachrangig einem Lumbalsyndrom zuzuordnen. Es bestehe eine begrenzte psychische Funktionseinschränkung. Das Leistungsvermögen lasse eine leichte Tätigkeit in wechselnder Position in Vollzeit zu.

Nach Unterrichtung des behandelnden Arztes Dr. S. teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 9. November 2007 mit, sein Anspruch auf Krg ende mit dem 15. November 2007.

Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch. Der Allgemeinarzt Dr. M. stellte dem Kläger am 16. November 2007 eine Erstbescheinigung über AU bis 7. Dezember 2007 wegen Depression aus. Die Beklagte holte hierzu eine weitere Stellungnahme von Dr. G. ein. Dieser teilte mit, dass der Kläger keine relevante Veränderung seines Befundes angegeben habe. In diesem Zusammenhang sei die mit der AU-Erst-Bescheinigung vom 16. November implizit gemachte Aussage, es liege eine so schwere psychische Funktionseinschränkung vor, dass auch eine leichte Tätigkeit mit weiteren Einschränkungen verunmöglicht sei, nicht plausibel und auch medizinisch nicht begründbar. In einer weiteren Begutachtung führte Dr. H. vom MDK aus, in einem ergänzend vorgelegten neurologischen Bericht werde mitgeteilt, dass eine weitere Abklärung der rezidivierenden lumbalen Rückenbeschwerden veranlasst werde. Dem Kläger seien Krankengymnastik und Fango verordnet worden. Zur Behandlung der depressiven Symptomatik werde eine medikamentöse Therapie durchgeführt. Die im Bericht beschriebenen Funktionseinschränkungen und Beeinträchtigungen schlössen ein positives Leistungsbild unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht aus. Es bestünde daher eine Leistungsfähigkeit für mindestens leichte körperliche Tätigkeiten ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie ohne erhöhte Stressbelastung und Zeitdruck.

Der Kläger führte vom 10. bis 31. Januar 2008 ein stationäres Rehabilitationsverfahren in Trägerschaft der Deutschen Rentenversicherung (DRV) B. in der A.klinik I.-N. durch. Der Kläger wurde als arbeitsunfähig mit den Diagnosen 1. Bewegungs- und Belastungsdefizit der LWS bei degenerativen Veränderungen, rezidivierenden Lumboischialgien, 2. Bewegungs-/Belastungsdefizit der HWS bei degenerativen Veränderungen, rezidivierenden Cervicocephalgien und Cervicobrachialgien, 3. metabolisches Syndrom und 4. Angst und depressive Stimmung, gemischt, entlassen. Der Kläger habe sich in reduziertem Allgemein- und sehr adipösem Ernährungszustand (BMI 42 kg/m2) befunden. Bereits bei geringer körperlicher Belastung habe eine Belastungsdynope bestanden. Aus psychologischer Sicht erscheine der Kläger als arbeits- und leistungsfähig. Eine ambulante Psychotherapie sei indessen indiziert, der Kläger stehe dem prinzipiell aufgeschlossen gegenüber. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen, diese ärztliche Einschätzung zur Leistungsfähigkeit teile der Kläger nicht. Er müsse noch die erforderlichen diagnostischen Maßnahmen durchführen und stehe dann voraussichtlich in vier bis sechs Wochen dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung.

In dem beim Sozialgericht Ulm (SG) am 18. Februar 2008 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (S 9 KR 566/08) legte der Kläger das arbeitsamtsärztliche Gutachten von Dr. W. vor. Diese hatte ausgeführt, dass bei dem Kläger ein multiples Beschwerdebild bestehe, wobei im Vordergrund die seit vielen Jahren anhaltenden Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule stünden. Es bestehe daher derzeit und bis auf Weiteres voraussichtlich bis zu sechs Monate keine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (Gutachten vom 9. Juli 2007).

Das SG befragte im Rahmen des Eilverfahrens die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Der Neurologe Dr. K. teilte mit, der Kläger habe sich am 6. Dezember 2007 und dann wieder am 14. Februar 2008 in seine Behandlung begeben. Er habe an rezidivierenden lumbalen Rückenbeschwerden gelitten, eine depressive Symptomatik habe vorgelegen. Deswegen habe er eine medikamentöse Behandlung eingeleitet. Das MRT der LWS habe keinen Nachweis eines Bandscheibenvorfalls oder Zeichen einer radikulären Kompression erbracht. Es liege eine mäßige Protrusio bei L3/4 und L4/5 sowie beginnende Spondylarthrosen L3/4 bis L5/S1 und eine leichte Spondylosis deformans in den gleichen Höhen vor. Einhergehend damit habe er bei der neurologischen Kontrolle keine Paresen gefunden. Der Zehen- und Fersengang sei möglich gewesen. Seiltänzer- und Blindgang wären recht sicher gelungen. Stand und Koordination seien unauffällig. Dies gelte auch für die Sensibilität für Berührung und Schmerz. Dr. M., Facharzt für Allgemeinmedizin, hat den Kläger am 16. November, dann wieder am 6., 13. und 21. Dezember 2007 behandelt. Der Kläger sei durchgehend depressiv gewesen und habe über Schlafstörungen geklagt. Die Behandlung habe aber Dr. L. durchgeführt. Seines Erachtens habe durchgehende AU wegen der Depression bestanden. Diese sei freilich in ihrer Schwere nicht einfach einzuschätzen und damit in ihrer Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit auch nur begrenzt beurteilbar.

Das SG lehnte daraufhin den Eilantrag mit Beschluss vom 20. März 2008 mit der Begründung ab, die Diagnose des Lumbalsyndroms, die Dr. S. gestellt habe, sei von Dr. G. nicht bestätigt worden. Die Diagnose einer zur AU führenden Depression des Allgemeinarztes Dr. M. habe andererseits Dr. K. nicht bestätigt. Mit Beschluss vom 14. Juli 2008 wies der Senat die Beschwerde des Klägers als unbegründet zurück (L 11 KR 2154/08 ER-B).

Während des beim LSG anhängigen Beschwerdeverfahrens wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2008 zurückgewiesen. Die Beklagte führte ergänzend aus, dass es bei einem Arbeitslosen auf die Arbeiten ankomme, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt habe. Krg sei nur dann zu zahlen, wenn die Vermittelbarkeit krankheitsbedingt nicht gegeben sei. Dies sei bei dem Kläger nach den Ausführungen des SG nicht der Fall.

Mit seiner dagegen am 21. Mai 2008 beim SG erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung von Krg weiterverfolgt. Er hat die Ansicht vertreten, der Sachverhalt sei sowohl durch die Beklagte, das SG wie das LSG nur ungenügend bzw. gar nicht aufgeklärt worden. Man hätte ihn untersuchen und durch einen Sachverständigen begutachten lassen müssen.

Mit Gerichtsbescheid vom 24. Februar 2009, dem Kläger zugestellt am 28. Februar 2009, hat das SG nach voriger Anhörung des Klägers die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe über den 15. November 2007 hinaus keinen Anspruch auf Krg. Einer Untersuchung und Begutachtung habe es nicht bedurft, denn der Sachverhalt sei aufgeklärt. Maßgebend sei allein, ob der Kläger noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten könne. Dies habe er durch eine Bescheinigung nachzuweisen. Dass der Kläger über den 15. November 2007 hinaus an einem Lumbalsyndrom gelitten habe, habe in der sozialmedizinischen Untersuchung durch Dr. G. nicht bestätigt werden können. Dr. S. habe dieser Feststellung nicht widersprochen, sodass nach § 7 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien das Gutachten des Dr. G. verbindlich geworden sei. Soweit der Kläger ab dem 16. November 2007 an Depressionen gelitten habe, werde diese Einschätzung von Dr. M. durch die sachverständige Zeugenauskunft von Dr. K. nicht bestätigt. Eine regelmäßige und gegebenenfalls auch engmaschige psychiatrische Behandlung habe nicht stattgefunden. Es wäre zu erwarten gewesen, dass Dr. K., wenn der Kläger denn an solchen Beschwerden gelitten hätte, diese einer regelmäßigen gegebenenfalls auch engmaschigeren psychiatrischen und medizinischen Behandlung zugeführt hätte, wenn diese einen Schweregrad erreicht hätten, dass sie selbstständig AU begründeten. Außerdem habe Dr. M. seine Diagnose selbst in Frage gestellt. Somit stehe nicht fest, dass der Kläger weiter AU gewesen sei. Dem stehe auch das Gutachten der Arbeitsamtsärztin nicht entgegen, denn diese habe den Kläger im November 2007 nicht untersucht und für diese Zeit auch keine konkret verwertbaren Befunde erhoben. Ihre im Juli 2007 geäußerte Prognose weise keine AU nach. Soweit es im Reha-Entlassungsbericht heiße, dass der Kläger erst nach Durchführung der diagnostischen Maßnahmen dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stehen werde, vermöge dies nicht zu überzeugen, da im November nachgewiesenermaßen keine Funktionseinschränkungen vorgelegen hätten, die einer Arbeitsaufnahme entgegenstünden.

Hiergegen hat der Kläger am 30. März 2009 Berufung mit der Begründung eingelegt, die Aussage von Dr. H. könne deswegen nicht maßgebend sein, weil diese ihn nicht persönlich begutachtet habe. Dr. G. habe keinen Befundbericht eingeholt. Dr. K. sei nicht ausdrücklich nach der Einschätzung seiner Arbeitsfähigkeit gefragt worden. Außerdem liege ein HWS-Bandscheibenvorfall vor. Nach dem 31. Dezember 2007 habe er keine Sozialleistungen mit Ausnahme des Übergangsgeldes für die Reha-Maßnahme bezogen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 24. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 15. November 2007 hinaus Krankengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat dem Senat weitere AU-Bescheinigungen vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Krg über den 15. November 2007 hinaus. Der Senat stützt sich insoweit auf die sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. M. und Dr. K., die im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. G. und Dr. H., den Rehabilitationsentlassungsbericht, die arbeitsamtsärztlichen Gutachten von Dr. W. und den Befundbericht über die am 17. Dezember 2007 durchgeführte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule.

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 44 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Nach dieser Vorschrift haben Versicherte u.a. dann Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das Krg wird ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, gezahlt (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB V).

Da der Kläger aufgrund des Alg-Bezugs bei der Beklagten nach § 5 Abs 1 Nr 2 iVm § 44 Abs 1 SGB V mit Anspruch auf Krg versichert war, ist Maßstab für die AU die Arbeit, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat, hier der allgemeine Arbeitsmarkt. Denn die Fähigkeit und Bereitschaft zur Ausübung zumutbarer Beschäftigungen ist Voraussetzung für die Gewährung von Alg (§ 121 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III); die gesundheitliche Fähigkeit, diese Verpflichtung zu erfüllen, ist wesentlicher Versicherungstatbestand der KVdA.

Dass der Kläger wegen der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB III Anspruch auf Alg hatte und dieses auch bezogen hat, steht dem Anspruch auf Krg wegen AU nicht grundsätzlich entgegen (BSG, Urteil vom 03. Juni 2004, B 11 AL 55/03 R, SozR 4 - 4300 § 125 Nr 1). Zwar benötigen die in der KVdA Versicherten einen Versicherungsschutz mit Krg ausschließlich für den Fall, dass sie die Geldleistungen der Arbeitslosenversicherung nicht mehr erhalten können. Da diese solange zu zahlen sind, wie der Arbeitslose für eine Vermittlung in eine neue Tätigkeit zur Verfügung steht, kann ein Schutzbedürfnis nicht schon dann angenommen werden, wenn die Einsatzfähigkeit im früheren Beruf bzw. für die zuletzt ausgeübten Arbeiten nicht mehr gegeben ist, sondern erst dann, wenn die Vermittelbarkeit krankheitsbedingt aufgehoben ist (BSG, Urteil vom 22. März 2005, B 1 KR 22/04 R, BSGE 94, 247). Stellt sich der Arbeitslose der Arbeitsverwaltung ohne ausdrücklichen Hinweis auf gesundheitliche Einschränkungen zur Verfügung, beruht sein Anspruch auf Alg darauf, dass die Arbeitsverwaltung nicht in der Lage ist, ihm eine diesem umfassenden und sich insbesondere auch auf leichte (vollschichtige) Arbeiten erstreckenden Leistungsvermögen entsprechende Beschäftigung anzubieten (so BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 21/05 R, SozR 4 - 2500 § 44 Nr 5).

Ein Versicherter hat seine AU wegen Krankheit durch eine ärztliche Bescheinigung gegenüber der Krankenkasse nachzuweisen. Der Begriff der AU ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Voraussetzungen im Zweifelsfall anhand ärztlich erhobener Befunde allein von der Krankenkasse und im Rechtsstreit von den Gerichten festzustellen sind, nicht jedoch letztverbindlich vom behandelnden Arzt. Dem Attest mit der ärztlichen Feststellung der AU kommt nur die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu, der die Grundlage für den über den Krg-Bezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2005, B 1 KR 18/04 R, SozR 4 - 2500 § 44 Nr 7).

Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger ab dem 16. November 2007 wieder in der Lage war, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig auszuüben und es deswegen an der erforderlichen AU gefehlt hat.

Der Orthopäde Dr. S. hat dem Kläger auf Nachfrage der Beklagten letztmalig am 24. Oktober 2007 AU wegen der Lumboischialgie bis auf Weiteres attestiert (Bl 44 der Verwaltungsakte). Nach dem Ergebnis der Begutachtung durch Dr. G. lag diese Erkrankung zwar bei dem Kläger noch immer vor, nicht jedoch in einem Ausmaß, dass er daran gehindert gewesen wäre, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in wechselnder Position in Vollzeit auszuüben. Diese Einschätzung stimmt mit dem Ergebnis der Begutachtung im Rahmen des Rentenverfahrens, der Rentenantrag des Klägers wurde deswegen abgelehnt, überein. Dr. S. hat dieser Feststellung von Dr. G. nicht widersprochen und dem Kläger auch keine weitere AU-Bescheinigung wegen dieser Erkrankung ausgestellt. Für die Richtigkeit der Beurteilung von Dr. G. spricht weiter, dass bei der nachfolgenden Untersuchung durch Prof. Dr. B. zwar ebenfalls eine rezidivierende Lumbalgie diagnostiziert wurde, jedoch kein Nachweis eines Bandscheibenvorfalls oder Zeichen einer radikulären Kompression. Die Protrusion bei L3/4 und L4/5 wurde als mäßig, die Chondrose als geringfügig und die Spondylarthrosen als beginnend bzw. leichte Spondylosis bewertet. Dieser radiologischer Befund bestätigt, dass die Erkrankung in dem streitbefangenen Zeitpunkt nicht so ausgeprägt war, dass dadurch AU begründet wurde. Dem steht auch nicht das Gutachten von Dr. W. entgegen, welches im Juni 2007 eine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verneinte. Denn bei der weiteren Untersuchung vom 3. Juli 2007 hat Dr. W. ein rasches flottes Aufstehen und flüssiges Gangbild beschrieben, die Seitneigung und Drehung war ohne Befund, das Hinlegen auf die Liege ohne Wirbelsäulenschonhaltung schwungvoll, ebenso das Aufrichten. Auch die Reflexe zeigten sich seitengleich unauffällig, das Lasigue’sche Zeichen war negativ. Schließlich hat die Untersuchung bei Dr. K. am 6. Dezember 2007 eine unauffällige neurologische Kontrolle ergeben. Paresen waren nicht zu finden, der Zehen- und Fersengang war möglich, Seiltänzer- und Blindgang recht sicher, Stand und Koordination unauffällig. Somit haben alle anderen Untersuchungen dieses Ergebnis bestätigt. Es mag sein, dass sich der Befund bei Antritt der Reha-Maßnahme verschlimmerte. Dafür spricht, dass der Kläger schon seit Jahren an Lumbalgie leidet und diese immer wieder Phasen der AU zur Folge hatte. Dieser Befund erlaubt aber keinerlei Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des Klägers im November 2007. Die AU wegen der Rückbeschwerden endete daher am 15. November 2007.

Der Kläger ist nach der Überzeugung des Senats am 16. November 2007 auch nicht wegen einer Depression AU geworden. Dies ergibt eine Auswertung der vorliegenden Befunde. Die von Dr. M. ab 16. November 2007 beschriebene Depression hat nicht den Grad erreicht, dass sie eigenständig AU begründet hat. Dr. M. hat zwar auf ausdrückliche Nachfrage eine durchgehende AU wegen der Depression bestätigt, diese aber in ihre Schwere als nicht einfach einschätzbar eingeordnet und in ihrer Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit als nur begrenzt beurteilbar bewertet. Damit hat er, wie das SG zutreffend festgestellt hat, seine anfängliche Aussage selbst relativiert. Bei der Untersuchung durch Dr. K. am 6. November 2007 hat der Kläger zwar eine zunehmende Depressivität geschildert. Dr. K. hat dann auch die affektive Schwingungsfähigkeit als reduziert befundet, formale oder inhaltliche Denkstörungen aber nicht gefunden. Aufmerksamkeit, Auffassung, Gedächtnis und Konzentration waren ungestört. Eine akute Suzialidität bestand nicht. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass die Depression nicht in einer stärkeren, eine AU bedingenden Schwere vorgelegen hat. Auch während der Reha-Maßnahme wurde die Diagnose einer Depression als nicht richtungsführend beschrieben, der Kläger vielmehr von Seiten dieses Krankheitsbildes für in der Lage erachtet, noch vollschichtig Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Des Weiteren fehlt es ab dem 27. Dezember 2007 an jeglicher Feststellung der AU (§ 46 Abs 1 Nr 2 SGB V), eine solche wurde erst wieder während der Reha-Maßnahme getroffen, während derer der Kläger aber Übergangsgeld bezog, also ebenfalls keine Zuständigkeit der Beklagten vorlag (§ 49 Abs 1 Nr 3 SGB V). Davor und danach war der Kläger nur als Rentenantragsteller bei der Beklagten versichert, somit nach § 44 Abs 2 Nr 1 SGB V ohne Anspruch auf Krg. Ob ein Versicherter aber Krg beanspruchen kann, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krg vorliegt (BSG Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 37/06 R, SozR 4 - 2500 § 46 Nr 2).

Ein Anspruch auf Krg besteht auch dann nicht, wenn der Kläger in der Zeit vom 16. November bis 27. Dezember 2007 tatsächlich AU gewesen sein sollte. Denn die Bundesagentur für Arbeit zahlte dem Kläger im genannten Zeitraum Alg auf der Grundlage des § 126 SGB III. Dies folgt aus dem Aufhebungsbescheid vom 18. Januar 2008 (Bl 15 der Akte L 11 KR2154/08 ER-B). Ein Anspruch auf Krg hätte deshalb nach § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V geruht (vgl BSG, Urteil vom 3. Juni 2004, B 11 AL 55/03, SozR 4-4300 § 125 Nr 1).

Die Berufung des Klägers ist deswegen als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SG beruft.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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