Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 4303/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1884/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. März 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat.
Der am 1944 geborene Kläger ist seit 9. Januar 2007 schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50. Vom 1. April 1959 bis 31. März 1980 entrichtete er Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach eigenen Angaben vom 1. Januar 1979 bis 28. Februar 2006 Beiträge zur Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK). Seit 1. März 2006 bezieht er von dort eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 9. September 2009 bewilligte die Beklagte ihm ab 1. Dezember 2009 eine Regelaltersrente von monatlich 512,87 EUR.
Am 24. Juli 2007 beantragte er bei der Beklagten Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Mit Bescheid vom 14. August 2007 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, da anstatt der erforderlichen Wartezeit von 35 Jahren (420 Kalendermonate) nur 252 Kalendermonate vorhanden seien. Außerdem seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt, da der Kläger in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung keine drei Jahre Pflichtbeitragszeiten gehabt habe. In seinem dagegen eingelegten Widerspruch stellte der Kläger die Frage, ob er dafür bestraft werden solle, dass er im Jahre 1980 seine Beschäftigung bei A ... N ... aufgegeben habe, um einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Wein- und Obstbau weiterzuführen. Er habe daraufhin seine Rentenbeiträge zur gesetzlichen LAK und nicht zur LVA weiterbezahlten müssen. Es könne doch nicht sein, dass er gleichzeitig in zwei deutsche Rentenversicherungen Beiträge bezahle, um bei einem unvorhersehbaren früheren Rentenbeginn, durch Krankheit bedingt, seine Anwartschaft zu verlieren. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2007 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die für den Altersrentenanspruch erforderlichen 35 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten seien nicht vorhanden. Der Widerspruchsbescheid enthielt den Hinweis, dass die Wartezeit für die Regelaltersrente mit Vollendung des 65. Lebensjahres erfüllt sei und er zu gegebener Zeit einen entsprechenden Rentenantrag stellen könne.
Hiergegen hat der Kläger am 29. November 2007 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage mit der Begründung erhoben, er sei vor März 1980 und auch danach als Landwirt tätig gewesen. Durch die Errichtung der LAK sei er dort Pflichtmitglied geworden und habe keine Möglichkeit gehabt, bei der Beklagten weiterhin rentenversichert zu sein. Die Aufgabe seiner abhängigen Beschäftigung bei der Firma A ... AG und die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Landwirt hätte an sich die Rentenversicherungspflicht beendet. Er hätte aber die Möglichkeit gehabt, bei der Beklagten einen Antrag nach § 4 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu stellen. Die bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Anwartschaften bei der Beklagten wären damit in voller Höhe erhalten geblieben. Diese Möglichkeit sei ihm durch die Versicherungspflicht bei der LAK entzogen worden. Hätte er nicht eine selbstständige Tätigkeit als Landwirt, sondern als Maurer, Maler usw. aufgenommen, hätte ihm die Möglichkeit der Versicherungspflicht auf Antrag oder aber auf freiwillige Versicherung nach § 7 SGB VI offen gestanden. Die bei der Beklagten erworbenen Anwartschaften seien durch die Gesetzesänderung und durch die Rentenversicherung bei der LAK entzogen worden. Dies sei ein Verstoß gegen Art. 14 Grundgesetz (GG). Mit Gerichtsbescheid vom 24. März 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass mangels Einhaltung der Wartezeit von 35 Jahren ein Anspruch nach § 236a Abs. 1 Satz 1 SGB VI nicht bestehe. Die Beiträge zur LAK könnten nicht zusätzlich als Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden. Hieraus ergebe sich kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG, da eine entschädigungspflichtige Enteignung nicht gegeben sei. Denn die Rentenanwartschaft des Klägers bestehe nach wie vor. Die Wartezeit für die Regelaltersrente sei mit Vollendung des 65. Lebensjahres erfüllt, worauf die Beklagte auch hingewiesen habe. Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG liege auch nicht darin, dass der Kläger keine vorzeitige Altersrente bzw. Altersrente für schwerbehinderte Menschen erhalte. Der Kläger hätte gemäß § 1227 Abs. 9 Reichsversicherungsordnung (RVO) eine Pflichtversicherung beantragen können oder nach § 1233 RVO bzw. ab 1. Januar 1992 nach § 7 SGB VI freiwillig Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung entrichten können. Dies sei jedoch nicht geschehen.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 26. März 2009 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 23. April 2009 zum Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung, mit der der Kläger sein bisheriges Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass ihm die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung nach § 1233 RVO bzw. § 7 SGB VI nicht offen gestanden habe. Diese Möglichkeit bestehe nur für Personen, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit seien. Die eingetretene Pflichtversicherung bei der LAK habe dem jedoch entgegen gestanden, da es ohne Bedeutung sei, bei welchem Versicherungszweig eine Versicherungspflicht bestehe. Ein unzulässiger Eingriff in Art. 14 GG ergebe sich um so mehr, weil es der Gesetzgeber bei Einführung der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung unterlassen habe, Übergangsvorschriften zu schaffen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. März 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2007 zu verurteilen, ihm Altersrente für schwerbehinderte Menschen vom 1. Dezember 2007 bis 30. November 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung darauf hingewiesen, dass die LAK kein Versicherungszweig der gesetzlichen Rentenversicherung sei und dem Kläger deshalb trotz Versicherungspflicht in der LAK die Möglichkeit der Antragspflichtversicherung bzw. freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung offen gestanden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich beide Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte und ihr folgend das SG haben zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen verneint.
Nach § 236a Satz 1 SGB VI in der hier maßgeblichen, z. Zt. der Antragstellung gültigen Fassung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754, ber. S. 1404, S. 3384) haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie (1.) das 60. Lebensjahr vollendet haben, (2.) bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX)) anerkannt, berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und (3.) die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Nach § 236a Satz 2 SGB VI wird die Altersgrenze von 60 Jahren für Versicherte angehoben, die - wie der Kläger - nach dem 31. Dezember 1940 geboren sind. Wie sich aus der Anlage 22 zu § 236a SGB VI ergibt, wird die Altersgrenze bei schwerbehinderten Menschen, die zwischen 1944 bis 1950 geboren sind, um 36 Monate auf 63 Jahre angehoben. Da der am 1944 geborene Kläger erst für die Zeit ab 1. Dezember 2007 die Altersrente beantragt hat, kann die Frage offen bleiben, ob eine Anhebung vorliegend nach § 236a Satz 5 Nr. 1 SGB VI hätte unterbleiben müssen, weil der bis zum 16. November 1950 geborene Kläger am 16. November 2000 möglicherweise berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht gewesen war. Unstreitig ist, dass der Kläger als Schwerbehinderter i. S. des § 2 Abs. 2 SGB IX mit einem GdB vom wenigstens 50 seit 9. Januar 2007 anerkannt ist. Ebenso offensichtlich ist indes, dass die Voraussetzungen des § 236a Satz 1 Nr. 3 SGB VI vorliegend nicht gegeben sind, da der Kläger nicht die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt hat. Auf die Wartezeit werden gemäß § 51 Abs. 3 SGB VI grundsätzlich alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet. Als solche definiert § 54 Abs. 1 SGB VI Beitragszeiten (Nr.1), beitragsfreie Zeiten (Nr. 2) und Berücksichtigungszeiten (Nr. 3). Beitragszeiten sind nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Bis zum 14. August 2007 hatte der Kläger ausweislich des streitbefangenen Bescheids Pflichtbeitragszeiten von 252 Monaten oder 21 Jahren belegt. Die bei der LAK ab 1. Januar 1979 bis 28. Februar 2006 entrichteten Pflichtbeiträge können nicht als Beitragszeiten anerkannt werden, da nur Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung, d. h. der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten und der knappschaftlichen Rentenversicherung, maßgeblich sind. Dies bedeutet, dass weder Beiträge in berufsständische Versorgungseinrichtungen noch Beiträge aufgrund einer Versicherungspflicht nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte -ALG - (früher: Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte - GAL -) der Beitrags- und damit Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung hinzugerechnet werden können. Eine solche Trennung zwischen Beiträgen zur landwirtschaftlichen Altersversorgung und Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung ist aufgrund der übergreifenden sozialrechtlichen Rechtssystematik gerechtfertigt. Die Altershilfe für Landwirte ist ein auf Sondergesetz beruhendes, gegenüber der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten sowie der knappschaftlichen Rentenversicherung selbstständiges und berufsstandsbezogenes Alterssicherungssystem für Landwirte, ihre Ehegatten und mitarbeitenden Familienangehörigen. Es dient sozial- und agrarpolitischen Zielen und ist auf die Bedürfnisse der landwirtschaftlichen Bevölkerung zugeschnitten (Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 3 und 6). Es weist nach versichertem Personenkreis, Organisation, Verfahren, Beitragsbemessung und Leistungen derart wesentliche Abweichungen von der gesetzlichen Rentenversicherung auf, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass gleichzeitig und nebeneinander Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung und Beitragspflicht in der landwirtschaftlichen Altershilfe bestehen können (§ 14 GAL; Bundesverfassungsgericht (BVerfG) BVerfGE 78, 232, 245 ff = SozR 5850 § 14 Nr.11). Auch aus § 23 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und aus den §§ 1 Abs 1, 2 Abs 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist daher nicht zu folgern, dass die Altershilfe für Landwirte ein Bestandteil der gesetzlichen Rentenversicherung ist. Mit der Nebeneinanderstellung in den genannten Vorschriften wird vielmehr deutlich gemacht, dass zwischen den dort genannten Einzelbereichen der sozialen Sicherung rechtssystematisch zu unterscheiden ist und die für die einzelnen Bereiche getroffenen spezifischen Regelungen nicht außer acht gelassen werden dürfen. In Übereinstimmung hiermit ist durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung - Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) - vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261) die Altershilfe für Landwirte nicht in das Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) "Gesetzliche Rentenversicherung" übernommen worden (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 6.). Da beitragsfreie Zeiten i. S. des § 54 Abs. 4 SGB VI ebenso wenig wie Berücksichtigungszeiten ersichtlich sind und auch nicht von Seiten des Klägers geltend gemacht wurden, hat der Kläger bei anzurechnenden Beitragszeiten von 252 Monaten die Wartezeit von 35 Jahren nicht erfüllt.
Zu Recht hat das SG hierin keinen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Bestimmungen gesehen. Für Rentenansprüche und Rentenanwartschaften, die im Geltungsbereich des GG erworben worden sind, ist der Eigentumsschutz zwar seit langem anerkannt (vgl. BVerfG, BVerfGE 53, 257 (289ff); Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 - SozR 3-8570 § 10 Nr. 3). Dieser Grundrechtsschutz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. So hat das BVerfG bindend und mit Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 1 und 2 Satz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes - BVerfGG) entschieden (BVerfGE 75, 78, 96 = SozR 2200 § 1246 Nr. 142), dass u.a. § 23 Abs. 2a Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), der § 1246 Abs. 2a Satz 1 RVO (seit 1. Januar 1992 § 43 SGB VI) entspricht und verlangt, dass für einen Rentenanspruch wegen Berufsunfähigkeit von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Berufsunfähigkeit mindestens 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind (§ 23 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 AVG, § 1246 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1), mit Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit nach Art. 2 § 7b Abs. 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungs-gesetzes (AnVNG) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1984 eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt haben, ihre Rentenanwartschaften nur durch Weiterzahlung von Beiträgen aufrecht erhalten können. Hieraus kann die grundlegende Auffassung des BVerfG abgeleitet werden, dass jedenfalls dann, wenn durch weitere Beitragsentrichtung des Versicherten das Erstarken der Anwartschaft zum Vollrecht erreicht werden kann, die Abhängigkeit des Rentenanspruchs von Wartezeiten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dass vorliegend die vom Kläger durch Zahlung von 252 Monatsbeiträgen erworbene Rentenanwartschaft in ihrem Bestand nicht reduziert wurde, zeigt schon der Umstand, dass der Kläger aufgrund dieser Beiträge ab 1. Dezember 2009 eine Regelaltersrente von der Beklagten erhält (vgl. deren Rentenbescheid vom 7. September 2009, Senatsakte Bl. 17). Zutreffend hat die Beklagte jedoch auch darauf hingewiesen, dass die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung zwar zum 31. März 1980 geendet hat, er aber gemäß § 1227 Abs. 1 Nr. 9 RVO eine Pflichtversicherung hätte beantragen können oder nach § 1233 RVO bzw. ab 1. Januar 1992 nach § 7 SGB VI freiwillig Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung hätte leisten können. Nach § 1227 Abs. 1 Nr. 9 RVO in der bis zum 31. Dezember 1991 gültigen Fassung vom 18. Dezember 1989 wurden in der Rentenversicherung der Arbeiter alle Personen versichert, die nicht nach den Nrn. 1 bis 7 versicherungspflichtig sind und nicht nur vorübergehend im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, wenn sie innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit oder dem Ende der Versicherungspflicht die Versicherung beantragen und ihren letzten wirksamen Beitrag zur Rentenversicherung der Arbeiter geleistet haben. Da der Kläger nach Aufgabe seiner abhängigen Beschäftigung bei der Audi AG nicht mehr einem der in Nrn. 1 bis 7 der Vorschrift aufgezählten Personenkreis zuzurechnen war, sondern ab März 1980 als Selbstständiger einen landwirtschaftlichen Betrieb führte, hätte er innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit die (Weiter-)Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Folge beantragen können, nach weiteren 14 Jahren ununterbrochener Beitragsleistung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen beantragen können.
Ob er sich darüber hinaus auch hätte weiter in der gesetzlichen Rentenversicherung freiwillig versichern können, bedarf daher letztlich keiner Entscheidung. Die seitens des Prozessbevollmächtigten insoweit erhobenen Bedenken, teilt der Senat allerdings nicht. Nach § 1233 RVO (für Angestellte gilt mit vergleichbarem Inhalt § 10 AVG) konnte derjenige, der weder nach diesem Gesetz noch nach dem Angestelltenversicherungsgesetz, dem Reichsknappschaftsgesetz, dem Handwerkerversicherungsgesetz oder dem Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter in geschützten Einrichtungen versicherungspflichtig ist und seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, für Zeiten nach Vollendung des 16. Lebensbereichs freiwillig Beiträge entrichten. Danach war der Kläger eindeutig berechtigt, sich freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung zu versichern. An die Stelle des § 1233 RVO bzw. § 10 AVG ist mit Wirkung vom 1. Januar 1992 § 7 SGB VI getreten (vgl. Art. 1 Rentenreformgesetz vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261)). Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI können sich Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Das Recht zur freiwilligen Versicherung steht daher nur Personen zu, die nicht bereits in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, wobei ohne Bedeutung ist, in welchem Versicherungszweig der gesetzlichen Rentenversicherung die Versicherungspflicht besteht (vgl. KassKomm-Gürtner, Stand September 2007, § 7 SGB VI Rdnr. 4). Wie oben bereits dargestellt, ist die Alterssicherung der Landwirte jedoch kein Zweig der gesetzlichen Rentenversicherung. Als selbstständig erwerbstätiger Landwirt war der Kläger weder nach § 2 Satz 1 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig noch bestand nach § 5 SGB VI Versicherungsfreiheit, sodass für eine freiwillige Versicherung auch nicht die allgemeine Wartezeit nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI hätte erfüllt sein müssen. Dem steht auch nicht das Urteil des BSG vom 9. Dezember 1982 (- 12 RK 8/82 - SozR 2200 § 1233 Nr. 21) entgegen, auf das der Kläger Bezug genommen hat. Denn dort war der Kläger neben seiner selbstständigen Tätigkeit auch als Lehrer für das Fach Kunsterziehung als Angestellter abhängig beschäftigt und hatte Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet. In der genannten Entscheidung hat das BSG auf den eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 AVG verwiesen, der ebenso wie § 1233 RVO enumerativ die Zweige der gesetzlichen Rentenversicherung aufzählt. Da der dortige Kläger in der Angestelltenversicherung als Zweig der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert war, bestand für ihn kein Anspruch auf freiwillige Versicherung. Der Kläger hingegen hätte hier als nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherter von dieser Möglichkeit nach § 1233 RVO und ab 1. Januar 1992 nach § 7 Abs. 1 SGB VI Gebrauch machen können. Da er somit durch weitere Beitragsentrichtung ein früheres Erstarken der Anwartschaft zum Vollrecht hätte erwirken können, bestehen auch insoweit keine Zweifel des Senats an der Verfassungsmäßigkeit des § 236a SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat.
Der am 1944 geborene Kläger ist seit 9. Januar 2007 schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50. Vom 1. April 1959 bis 31. März 1980 entrichtete er Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach eigenen Angaben vom 1. Januar 1979 bis 28. Februar 2006 Beiträge zur Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK). Seit 1. März 2006 bezieht er von dort eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 9. September 2009 bewilligte die Beklagte ihm ab 1. Dezember 2009 eine Regelaltersrente von monatlich 512,87 EUR.
Am 24. Juli 2007 beantragte er bei der Beklagten Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Mit Bescheid vom 14. August 2007 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, da anstatt der erforderlichen Wartezeit von 35 Jahren (420 Kalendermonate) nur 252 Kalendermonate vorhanden seien. Außerdem seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt, da der Kläger in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung keine drei Jahre Pflichtbeitragszeiten gehabt habe. In seinem dagegen eingelegten Widerspruch stellte der Kläger die Frage, ob er dafür bestraft werden solle, dass er im Jahre 1980 seine Beschäftigung bei A ... N ... aufgegeben habe, um einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Wein- und Obstbau weiterzuführen. Er habe daraufhin seine Rentenbeiträge zur gesetzlichen LAK und nicht zur LVA weiterbezahlten müssen. Es könne doch nicht sein, dass er gleichzeitig in zwei deutsche Rentenversicherungen Beiträge bezahle, um bei einem unvorhersehbaren früheren Rentenbeginn, durch Krankheit bedingt, seine Anwartschaft zu verlieren. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2007 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die für den Altersrentenanspruch erforderlichen 35 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten seien nicht vorhanden. Der Widerspruchsbescheid enthielt den Hinweis, dass die Wartezeit für die Regelaltersrente mit Vollendung des 65. Lebensjahres erfüllt sei und er zu gegebener Zeit einen entsprechenden Rentenantrag stellen könne.
Hiergegen hat der Kläger am 29. November 2007 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage mit der Begründung erhoben, er sei vor März 1980 und auch danach als Landwirt tätig gewesen. Durch die Errichtung der LAK sei er dort Pflichtmitglied geworden und habe keine Möglichkeit gehabt, bei der Beklagten weiterhin rentenversichert zu sein. Die Aufgabe seiner abhängigen Beschäftigung bei der Firma A ... AG und die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Landwirt hätte an sich die Rentenversicherungspflicht beendet. Er hätte aber die Möglichkeit gehabt, bei der Beklagten einen Antrag nach § 4 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu stellen. Die bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Anwartschaften bei der Beklagten wären damit in voller Höhe erhalten geblieben. Diese Möglichkeit sei ihm durch die Versicherungspflicht bei der LAK entzogen worden. Hätte er nicht eine selbstständige Tätigkeit als Landwirt, sondern als Maurer, Maler usw. aufgenommen, hätte ihm die Möglichkeit der Versicherungspflicht auf Antrag oder aber auf freiwillige Versicherung nach § 7 SGB VI offen gestanden. Die bei der Beklagten erworbenen Anwartschaften seien durch die Gesetzesänderung und durch die Rentenversicherung bei der LAK entzogen worden. Dies sei ein Verstoß gegen Art. 14 Grundgesetz (GG). Mit Gerichtsbescheid vom 24. März 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass mangels Einhaltung der Wartezeit von 35 Jahren ein Anspruch nach § 236a Abs. 1 Satz 1 SGB VI nicht bestehe. Die Beiträge zur LAK könnten nicht zusätzlich als Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden. Hieraus ergebe sich kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG, da eine entschädigungspflichtige Enteignung nicht gegeben sei. Denn die Rentenanwartschaft des Klägers bestehe nach wie vor. Die Wartezeit für die Regelaltersrente sei mit Vollendung des 65. Lebensjahres erfüllt, worauf die Beklagte auch hingewiesen habe. Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG liege auch nicht darin, dass der Kläger keine vorzeitige Altersrente bzw. Altersrente für schwerbehinderte Menschen erhalte. Der Kläger hätte gemäß § 1227 Abs. 9 Reichsversicherungsordnung (RVO) eine Pflichtversicherung beantragen können oder nach § 1233 RVO bzw. ab 1. Januar 1992 nach § 7 SGB VI freiwillig Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung entrichten können. Dies sei jedoch nicht geschehen.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 26. März 2009 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 23. April 2009 zum Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung, mit der der Kläger sein bisheriges Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass ihm die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung nach § 1233 RVO bzw. § 7 SGB VI nicht offen gestanden habe. Diese Möglichkeit bestehe nur für Personen, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit seien. Die eingetretene Pflichtversicherung bei der LAK habe dem jedoch entgegen gestanden, da es ohne Bedeutung sei, bei welchem Versicherungszweig eine Versicherungspflicht bestehe. Ein unzulässiger Eingriff in Art. 14 GG ergebe sich um so mehr, weil es der Gesetzgeber bei Einführung der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung unterlassen habe, Übergangsvorschriften zu schaffen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. März 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2007 zu verurteilen, ihm Altersrente für schwerbehinderte Menschen vom 1. Dezember 2007 bis 30. November 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung darauf hingewiesen, dass die LAK kein Versicherungszweig der gesetzlichen Rentenversicherung sei und dem Kläger deshalb trotz Versicherungspflicht in der LAK die Möglichkeit der Antragspflichtversicherung bzw. freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung offen gestanden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich beide Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte und ihr folgend das SG haben zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen verneint.
Nach § 236a Satz 1 SGB VI in der hier maßgeblichen, z. Zt. der Antragstellung gültigen Fassung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754, ber. S. 1404, S. 3384) haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie (1.) das 60. Lebensjahr vollendet haben, (2.) bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX)) anerkannt, berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und (3.) die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Nach § 236a Satz 2 SGB VI wird die Altersgrenze von 60 Jahren für Versicherte angehoben, die - wie der Kläger - nach dem 31. Dezember 1940 geboren sind. Wie sich aus der Anlage 22 zu § 236a SGB VI ergibt, wird die Altersgrenze bei schwerbehinderten Menschen, die zwischen 1944 bis 1950 geboren sind, um 36 Monate auf 63 Jahre angehoben. Da der am 1944 geborene Kläger erst für die Zeit ab 1. Dezember 2007 die Altersrente beantragt hat, kann die Frage offen bleiben, ob eine Anhebung vorliegend nach § 236a Satz 5 Nr. 1 SGB VI hätte unterbleiben müssen, weil der bis zum 16. November 1950 geborene Kläger am 16. November 2000 möglicherweise berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht gewesen war. Unstreitig ist, dass der Kläger als Schwerbehinderter i. S. des § 2 Abs. 2 SGB IX mit einem GdB vom wenigstens 50 seit 9. Januar 2007 anerkannt ist. Ebenso offensichtlich ist indes, dass die Voraussetzungen des § 236a Satz 1 Nr. 3 SGB VI vorliegend nicht gegeben sind, da der Kläger nicht die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt hat. Auf die Wartezeit werden gemäß § 51 Abs. 3 SGB VI grundsätzlich alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet. Als solche definiert § 54 Abs. 1 SGB VI Beitragszeiten (Nr.1), beitragsfreie Zeiten (Nr. 2) und Berücksichtigungszeiten (Nr. 3). Beitragszeiten sind nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Bis zum 14. August 2007 hatte der Kläger ausweislich des streitbefangenen Bescheids Pflichtbeitragszeiten von 252 Monaten oder 21 Jahren belegt. Die bei der LAK ab 1. Januar 1979 bis 28. Februar 2006 entrichteten Pflichtbeiträge können nicht als Beitragszeiten anerkannt werden, da nur Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung, d. h. der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten und der knappschaftlichen Rentenversicherung, maßgeblich sind. Dies bedeutet, dass weder Beiträge in berufsständische Versorgungseinrichtungen noch Beiträge aufgrund einer Versicherungspflicht nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte -ALG - (früher: Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte - GAL -) der Beitrags- und damit Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung hinzugerechnet werden können. Eine solche Trennung zwischen Beiträgen zur landwirtschaftlichen Altersversorgung und Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung ist aufgrund der übergreifenden sozialrechtlichen Rechtssystematik gerechtfertigt. Die Altershilfe für Landwirte ist ein auf Sondergesetz beruhendes, gegenüber der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten sowie der knappschaftlichen Rentenversicherung selbstständiges und berufsstandsbezogenes Alterssicherungssystem für Landwirte, ihre Ehegatten und mitarbeitenden Familienangehörigen. Es dient sozial- und agrarpolitischen Zielen und ist auf die Bedürfnisse der landwirtschaftlichen Bevölkerung zugeschnitten (Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 3 und 6). Es weist nach versichertem Personenkreis, Organisation, Verfahren, Beitragsbemessung und Leistungen derart wesentliche Abweichungen von der gesetzlichen Rentenversicherung auf, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass gleichzeitig und nebeneinander Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung und Beitragspflicht in der landwirtschaftlichen Altershilfe bestehen können (§ 14 GAL; Bundesverfassungsgericht (BVerfG) BVerfGE 78, 232, 245 ff = SozR 5850 § 14 Nr.11). Auch aus § 23 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und aus den §§ 1 Abs 1, 2 Abs 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist daher nicht zu folgern, dass die Altershilfe für Landwirte ein Bestandteil der gesetzlichen Rentenversicherung ist. Mit der Nebeneinanderstellung in den genannten Vorschriften wird vielmehr deutlich gemacht, dass zwischen den dort genannten Einzelbereichen der sozialen Sicherung rechtssystematisch zu unterscheiden ist und die für die einzelnen Bereiche getroffenen spezifischen Regelungen nicht außer acht gelassen werden dürfen. In Übereinstimmung hiermit ist durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung - Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) - vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261) die Altershilfe für Landwirte nicht in das Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) "Gesetzliche Rentenversicherung" übernommen worden (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 6.). Da beitragsfreie Zeiten i. S. des § 54 Abs. 4 SGB VI ebenso wenig wie Berücksichtigungszeiten ersichtlich sind und auch nicht von Seiten des Klägers geltend gemacht wurden, hat der Kläger bei anzurechnenden Beitragszeiten von 252 Monaten die Wartezeit von 35 Jahren nicht erfüllt.
Zu Recht hat das SG hierin keinen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Bestimmungen gesehen. Für Rentenansprüche und Rentenanwartschaften, die im Geltungsbereich des GG erworben worden sind, ist der Eigentumsschutz zwar seit langem anerkannt (vgl. BVerfG, BVerfGE 53, 257 (289ff); Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 - SozR 3-8570 § 10 Nr. 3). Dieser Grundrechtsschutz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. So hat das BVerfG bindend und mit Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 1 und 2 Satz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes - BVerfGG) entschieden (BVerfGE 75, 78, 96 = SozR 2200 § 1246 Nr. 142), dass u.a. § 23 Abs. 2a Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), der § 1246 Abs. 2a Satz 1 RVO (seit 1. Januar 1992 § 43 SGB VI) entspricht und verlangt, dass für einen Rentenanspruch wegen Berufsunfähigkeit von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Berufsunfähigkeit mindestens 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind (§ 23 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 AVG, § 1246 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1), mit Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit nach Art. 2 § 7b Abs. 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungs-gesetzes (AnVNG) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1984 eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt haben, ihre Rentenanwartschaften nur durch Weiterzahlung von Beiträgen aufrecht erhalten können. Hieraus kann die grundlegende Auffassung des BVerfG abgeleitet werden, dass jedenfalls dann, wenn durch weitere Beitragsentrichtung des Versicherten das Erstarken der Anwartschaft zum Vollrecht erreicht werden kann, die Abhängigkeit des Rentenanspruchs von Wartezeiten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dass vorliegend die vom Kläger durch Zahlung von 252 Monatsbeiträgen erworbene Rentenanwartschaft in ihrem Bestand nicht reduziert wurde, zeigt schon der Umstand, dass der Kläger aufgrund dieser Beiträge ab 1. Dezember 2009 eine Regelaltersrente von der Beklagten erhält (vgl. deren Rentenbescheid vom 7. September 2009, Senatsakte Bl. 17). Zutreffend hat die Beklagte jedoch auch darauf hingewiesen, dass die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung zwar zum 31. März 1980 geendet hat, er aber gemäß § 1227 Abs. 1 Nr. 9 RVO eine Pflichtversicherung hätte beantragen können oder nach § 1233 RVO bzw. ab 1. Januar 1992 nach § 7 SGB VI freiwillig Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung hätte leisten können. Nach § 1227 Abs. 1 Nr. 9 RVO in der bis zum 31. Dezember 1991 gültigen Fassung vom 18. Dezember 1989 wurden in der Rentenversicherung der Arbeiter alle Personen versichert, die nicht nach den Nrn. 1 bis 7 versicherungspflichtig sind und nicht nur vorübergehend im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, wenn sie innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit oder dem Ende der Versicherungspflicht die Versicherung beantragen und ihren letzten wirksamen Beitrag zur Rentenversicherung der Arbeiter geleistet haben. Da der Kläger nach Aufgabe seiner abhängigen Beschäftigung bei der Audi AG nicht mehr einem der in Nrn. 1 bis 7 der Vorschrift aufgezählten Personenkreis zuzurechnen war, sondern ab März 1980 als Selbstständiger einen landwirtschaftlichen Betrieb führte, hätte er innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit die (Weiter-)Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Folge beantragen können, nach weiteren 14 Jahren ununterbrochener Beitragsleistung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen beantragen können.
Ob er sich darüber hinaus auch hätte weiter in der gesetzlichen Rentenversicherung freiwillig versichern können, bedarf daher letztlich keiner Entscheidung. Die seitens des Prozessbevollmächtigten insoweit erhobenen Bedenken, teilt der Senat allerdings nicht. Nach § 1233 RVO (für Angestellte gilt mit vergleichbarem Inhalt § 10 AVG) konnte derjenige, der weder nach diesem Gesetz noch nach dem Angestelltenversicherungsgesetz, dem Reichsknappschaftsgesetz, dem Handwerkerversicherungsgesetz oder dem Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter in geschützten Einrichtungen versicherungspflichtig ist und seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, für Zeiten nach Vollendung des 16. Lebensbereichs freiwillig Beiträge entrichten. Danach war der Kläger eindeutig berechtigt, sich freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung zu versichern. An die Stelle des § 1233 RVO bzw. § 10 AVG ist mit Wirkung vom 1. Januar 1992 § 7 SGB VI getreten (vgl. Art. 1 Rentenreformgesetz vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261)). Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI können sich Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Das Recht zur freiwilligen Versicherung steht daher nur Personen zu, die nicht bereits in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, wobei ohne Bedeutung ist, in welchem Versicherungszweig der gesetzlichen Rentenversicherung die Versicherungspflicht besteht (vgl. KassKomm-Gürtner, Stand September 2007, § 7 SGB VI Rdnr. 4). Wie oben bereits dargestellt, ist die Alterssicherung der Landwirte jedoch kein Zweig der gesetzlichen Rentenversicherung. Als selbstständig erwerbstätiger Landwirt war der Kläger weder nach § 2 Satz 1 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig noch bestand nach § 5 SGB VI Versicherungsfreiheit, sodass für eine freiwillige Versicherung auch nicht die allgemeine Wartezeit nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI hätte erfüllt sein müssen. Dem steht auch nicht das Urteil des BSG vom 9. Dezember 1982 (- 12 RK 8/82 - SozR 2200 § 1233 Nr. 21) entgegen, auf das der Kläger Bezug genommen hat. Denn dort war der Kläger neben seiner selbstständigen Tätigkeit auch als Lehrer für das Fach Kunsterziehung als Angestellter abhängig beschäftigt und hatte Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet. In der genannten Entscheidung hat das BSG auf den eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 AVG verwiesen, der ebenso wie § 1233 RVO enumerativ die Zweige der gesetzlichen Rentenversicherung aufzählt. Da der dortige Kläger in der Angestelltenversicherung als Zweig der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert war, bestand für ihn kein Anspruch auf freiwillige Versicherung. Der Kläger hingegen hätte hier als nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherter von dieser Möglichkeit nach § 1233 RVO und ab 1. Januar 1992 nach § 7 Abs. 1 SGB VI Gebrauch machen können. Da er somit durch weitere Beitragsentrichtung ein früheres Erstarken der Anwartschaft zum Vollrecht hätte erwirken können, bestehen auch insoweit keine Zweifel des Senats an der Verfassungsmäßigkeit des § 236a SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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