Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 2842/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat.
Die am 1956 in der Türkei geborene, mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit 16. Oktober 2003 wegen orthopädischer Beschwerden als Schwerbehinderte anerkannte Klägerin hat weder eine Schule besucht noch einen Beruf erlernt; sie ist jedoch in der Lage, in türkischer Sprache zu lesen. Nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1974 war die Klägerin ab 1978 mit Unterbrechungen wegen Mutterschaft, Kindererziehung und Sozialleistungsbezugs als Fabrikarbeiterin bis zuletzt November 1997 beschäftigt. Anschließend bezog sie durchgehend Krankengeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe sowie seit 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld II.
Am 21. April 2005 stellte die Klägerin ihren mittlerweile zweiten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, den sie mit einem Bandscheibenleiden begründete. In dem daraufhin von der Beklagten eingeholten internistischen Gutachten vom 17. Mai 2005 diagnostizierte Dr. R. ein chronisches Lumbalsyndrom, eine Lumboischialgie links, degenerative Veränderungen mit sekundären Engen, Zustand nach Bandscheibenoperation, Bluthochdruck und Übergewicht. Leichte Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen und häufiges Bücken könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Mit Bescheid vom 25. Mai 2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Während des dagegen angestrengten Widerspruchsverfahrens befand sich die Klägerin vom 16. August bis 6. September 2005 in stationärer Rehabilitationsbehandlung mit orthopädischem Schwerpunkt in der Rehabilitationsklinik Klausenbach in Nordrach. Der Entlassungsbericht vom 19. September 2005 beschreibt ein rezidivierendes Lumbalsyndrom bei degenerativen Diskopathien der gesamten Lendenwirbelsäule und Spinalkanalstenosen an LWK 1/2, 2/3 und 3/4, ein rezidivierendes Cervikalsyndrom bei breitbasiger Bandscheibenprotrusion HWK 3 bis 7 und BWK 2/3, einen Verdacht auf Fibromyalgiesyndrom bei muskulärer Dysbalance, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, sowie eine arterielle Hypertonie. Der Klägerin seien körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Ausgeschlossen seien Arbeiten mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufigem Bücken, Heben und Tragen über fünf kg, häufigem Steigen auf Treppen oder Leitern sowie Nachtschicht und übermäßigem Zeitdruck. Nach Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen durch ihren Prüfarzt wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 als unbegründet zurück. Aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit sei die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, auf dem sie noch für mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 2. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Dieses hat nach der Beiziehung medizinischer Unterlagen der behandelnden Ärzte zunächst ein orthopädisches Fachgutachten eingeholt, das Dr. J. am 13. April 2006 erstattet hat. Dieser hat eine deutliche Fehlstatik der Wirbelsäule bei freier Beweglichkeit ohne Hinweise auf Nervenwurzelreiz und sichere neurologische Ausfälle beschrieben. An den oberen und unteren Extremitäten bestehe eine diffuse Druckschmerzhaftigkeit bei jeweils freier Beweglichkeit. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin noch leichte und kurzzeitig mittelschwere körperliche Tätigkeiten verrichten mit Heben und Tragen von Gegenständen bis zu acht kg. Die Tätigkeit solle vorwiegend im Sitzen erfolgen mit der Möglichkeit zum Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen. Gemieden werden müssten Arbeiten in vornüber gebeugter Körperhaltung und in Wirbelsäulenzwangshaltungen. Von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in der Hocke oder im Knien müsse abgesehen werden. Bei Beachtung dieser Einschränkungen sei der Klägerin eine Tätigkeit noch im Umfange von acht Stunden täglich zumutbar. In ihrem nervenärztlich-schmerztherapeutischen Gutachten vom 28. Juli 2006 hat Dr. Sch. die Diagnose eines chronischen Kreuz- und Beinschmerzes nach Bandscheibenoperation mit Überlagerung durch eine chronische Dysthymie in auswegloser psychosozialer Situation gestellt. Zu vermeiden seien mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über fünf kg, mit überwiegendem Stehen, gleichförmiger Körperhaltung, häufigem Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie Akkord- und Nachtarbeit, Arbeiten unter Einwirkung von Kälte, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe sowie Arbeiten unter erhöhter nervlicher Belastung. Leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zu kurzen Pausen und zum Haltungswechsel seien jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar, wobei betriebsunübliche Arbeitsbedingungen nicht erforderlich seien.
Mit Urteil vom 21. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Den Gutachten von Dr. J. und Dr. Sch. folgend sei die Klägerin noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der in den Gutachten genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Es liege daher weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Berufsschutz genieße die Klägerin nicht, sodass eine Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 4. Mai 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, die am 24. Mai 2007 beim SG eingegangen ist. Zu deren Begründung hat sie vorgetragen, die vom SG zugrunde gelegten ärztlichen Feststellungen seien unzutreffend. Dies ergebe sich aus dem im Berufungsverfahren vorgelegten amtsärztlichen Gutachten der Agentur für Arbeit vom 15. Juni 2007. Des Weiteren habe sich ihr psychischer Zustand kontinuierlich verschlechtert.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2005 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. April 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat zunächst den behandelnden Neurologen Dr. U. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen; wegen des Ergebnisses dieser Befragung wird auf Bl. 41, 43/46 der Senatsakte Bezug genommen. Des Weiteren hat der Senat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein orthopädisches Gutachten vom 9. Januar 2008 eingeholt. In diesem hat Dr. Bö. folgende Gesundheitsstörungen beschrieben: chronisches Halswirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik und Gefügestörung mit Funktionseinschränkungen und wechselseitigen Gefühlsminderungen unter funktioneller Beanspruchung in beiden Armen sowie Wirbelgelenksblockierungen mit Kopfschmerzattacken; chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik und multisegmentaler Gefügestörung bei Verschleißerscheinungen mit Funktionseinschränkungen, funktioneller Nervenirritation und anhaltender Belastungsinsuffizienz; beginnendes Verschleißgeschehen an beiden Hüftgelenken mit Funktionseinschränkung; Verschleißgeschehen an beiden Kniegelenken mit leichter Funktionseinschränkung; Knick-Senkfuß-Fehlstatik; chronische Lymphangitis an beiden Armen und Beinen bei Adipositas; chronisches somatoformes Schmerzsyndrom mit multilokulären Tendomyopathien und depressiver Stimmungslage. Die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet, überlagert von der somatoformen Schmerzstörung, schlössen eine berufliche Restleistungsfähigkeit der Klägerin derzeit völlig aus; die Klägerin sei daher derzeit nicht in der Lage, auch nur leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. An dieser Einschätzung hat Dr. Bö. in seiner aufgrund von Einwendungen der Beklagten vom Senat angeforderten Stellungnahme vom 11. Juni 2008 festgehalten.
In seinem von Amts wegen eingeholten weiteren orthopädischen Fachgutachten vom 15. September 2008 hat Dr. W. ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung und einer sensiblen Nervenwurzelreizsymptomatik am linken Bein beschrieben. Des Weiteren bestünden mäßig- bis mittelgradige Kniegelenksarthrosen mit noch zufriedenstellender Beweglichkeit, Schulterfunktionsstörungen mit noch zufriedenstellender Kraftentfaltung und Beweglichkeit sowie ein rezidivierendes Halswirbelsäulensyndrom ohne Bewegungseinschränkung, periphere Wurzelreizsymptomatik oder dem Alter vorauseilende Abnutzungserscheinungen. Der Klägerin seien leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu acht kg überwiegend im Sitzen oder im Wechselrhythmus von Stehen, Gehen und Sitzen noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Dies gelte unter orthopädischen Gesichtspunkten auch für Arbeiten in Kälte und unter Wärmeeinfluss sowie im Freien beim Tragen entsprechender Kleidung sowie für die Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen. Nicht mehr zumutbar seien Arbeiten in regelmäßigen Wirbelsäulenzwangshaltungen (Überkopfarbeiten, im Bücken, mit verdrehtem Oberkörper), Akkord- und getaktete Fließbandarbeiten, Arbeiten ausschließlich im Sitzen oder überwiegend im Stehen oder Gehen, regelmäßige Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, im Knien oder in der tiefen Hocke, mit häufigem Treppensteigen oder mit Armvorhalten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung des Senats vom 18. Dezember 2008 hat die Klägerin ein im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung eines GdB von mehr als 50 vom SG eingeholtes nervenärztliches Zusatzgutachten des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. Br. vom 17. November 2008 vorgelegt. Hierin wird ausgeführt, die Klägerin habe im Rahmen ihrer Untersuchung am 23. Oktober 2008 u.a. vorgetragen, sie habe zwar in der Türkei keine schulische Ausbildung erfahren, könne aber dennoch lesen und auch etwas schreiben. Ihren Tagesablauf habe sie dahingehend beschrieben, zwischen 6.00 und 7.00 Uhr morgens aufzustehen, selbstständig die Morgentoilette durchzuführen und anschließend oft wie ein Kind einfach zu sitzen oder herum zu stehen. Aufgrund ihrer Schmerzen könne sie im Haushalt fast nichts mehr machen, nur ab und zu helfe sie mit beim Abwaschen. Früher habe sie gerne gestrickt oder sonstige Handarbeiten verrichtet; hierzu sei sie heute jedoch nicht mehr in der Lage. Sie sei im Besitz eines Führerscheines, fahre allerdings selbst nicht mehr Auto. Sie müsse allerdings bestätigen, genügend viele Freunde und Bekannte zu haben, mit denen sie einen Umgang pflege. Letztmals sei sie im August 2008 für dreieinhalb Wochen mit ihrem Mann im Urlaub gewesen. Als Untersuchungsergebnis wird u.a. festgestellt, bei der Klägerin sei von histrionischen, aber auch von labilen Merkmalen auszugehen. Außerdem bestehe ein massiver sekundärer Krankheitsgewinn, d. h. die Klägerin erfahre aus den Symptomen insofern eine Befriedigung, als sie gerade deshalb mehr Anerkennung und Zuwendung von Seiten Anderer bekomme. Es liege eine schwere und anhaltend somatoforme Schmerzstörung vor, ein weiteres neurologisches Defizit habe nicht validiert werden können.
Schließlich hat der Senat die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K.-C. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Nach ausführlicher, unter Zuhilfenahme eines gerichtssachverständigen Dolmetschers für die türkische Sprache durchgeführter fachpsychiatrischer Exploration und Untersuchung der Klägerin am 12. Mai 2009 hat diese in ihrem Gutachten vom 15. August 2009 die Diagnosen anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie dysthyme Störung, später Beginn, gestellt. Bei letztgenannter Störung handele es sich um eine anhaltende affektive Störung i.S. einer chronisch depressiven Verstimmung, die im höheren Lebensalter begonnen und sich im Rahmen der Schmerzsymptomatik schleichend entwickelt habe. Die depressive Verstimmung erfülle nach Schweregrad und Dauer nicht die Kriterien für eine depressive Episode. Beide Störungen würden zu chronischem Verlauf neigen. Sie führten zu einer Beeinträchtigung der Fähigkeit zu adäquater Stressbewältigung sowie der emotionalen Regulationsfähigkeit. Es seien daher Tätigkeiten zu meiden, die zu erhöhter Stressbelastung führten, zum Beispiel durch erhöhten Zeitdruck oder durch unphysiologische Stressbelastung (z.B. Nachtschichttätigkeit). Körperlich mittelschwere und schwer belastende Tätigkeiten sollten ebenso gemieden werden wie Tätigkeiten, welche den Aktionsradius nennenswert einengen. Unbedingt zu vermeiden seien Lärmbelästigungen auch in Form von Hintergrundmusik (wie in Kaufhäusern üblich). Eine hinreichende Möglichkeit, bei der Arbeit die Körperposition zu wechseln, sollte ebenso gegeben sein wie die Möglichkeit, eine Pause zu nehmen; außerdem sollte eine Rückzugsmöglichkeit bei unerwarteter Reizüberflutung gegeben sein. Unter Beachtung dieser Einschränkungen sei der Klägerin eine Arbeit von täglich mindestens sechs Stunden zumutbar. Die genannten Störungen führten nicht zu einer besonderen Einschränkung des Arbeitsweges.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der beigezogenen Akte der Agentur für Arbeit Bretten, der Akten des SG sowie der Verfahrensakten des Senats und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich beide Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 153 Abs. 1 SGG).
Die nach § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des SG ist zutreffend; das SG hat einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu Recht verneint. Ausdrücklich klar gestellt hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2008 vor dem Senat, dass die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
Maßgeblich für die beanspruchte Rente ist das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)). Nach § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben bei Erfüllung hier nichtstreitiger versicherungsrechtlicher Voraussetzungen Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht unter den genannten Voraussetzungen bei einem Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich (Abs. 2). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 3).
Zutreffend hat das SG ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bejaht, da qualitative Einschränkungen ausreichen, um den gesundheitlichen Leiden der Klägerin gerecht zu werden, sodass die Voraussetzungen einer Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht vorliegen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG wird nach eigener Prüfung durch den Senat verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch der Senat ist der Überzeugung, dass die bei der Klägerin tatsächlich bestehenden Gesundheitsstörungen eine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht nicht zu begründen vermögen. Dies steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung des Senates fest, der sich hierbei auf die im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. W. und Frau K.-C. sowie die bereits im sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten von Dr. Sch. und Dr. J. stützt. Bestätigt wird dieses Ergebnis darüber hinaus durch das bereits im Verwaltungsverfahren von Dr. R. erstattete Gutachten sowie den Reha-Entlassungsbericht vom 19. September 2005, die im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden können.
Bei der Beurteilung des Leistungsvermögens stehen im Vordergrund zunächst die Gesundheitsstörungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet. Die Klägerin leidet hier an einem chronischen Lendenwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen und einem Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung und einer sensiblen Nervenwurzelreizsymptomatik am linken Bein. Des Weiteren besteht ein rezidivierendes Halswirbelsäulensyndrom ohne Bewegungseinschränkung und periphere Nervenwurzelreizsymptomatik. Mäßig- bis mittelgradige Kniegelenksarthrosen haben bei Fehlen äußerer Reizerscheinungen noch nicht zu einer erheblichen Bewegungseinschränkung geführt. Funktionsstörungen bestehen bei degenerativen Veränderungen seitens der Schulter, jedoch ohne wesentliche Bewegungseinschränkung mit noch ausreichender Kraftentfaltung. Dies ergibt sich aus der überzeugenden Darstellung von Dr. W., der aus den von ihm umfangreich erhobenen und im Einzelnen dargestellten Befunden die sich hieraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen schlüssig abgeleitet hat. Neben der Auswertung der Ergebnisse der bildgebenden Verfahren stützt sich der Gutachter auch auf die Ergebnisse der bei ihm durchgeführten klinischen Untersuchung der Klägerin und der von dieser gemachten eigenen Angaben. In Übereinstimmung mit Dr. J. kommt Dr. W. nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass der Klägerin die Wirbelsäule belastende Tätigkeiten nicht mehr zugemutet werden können. Ausgeschlossen sind daher mittelschwere bis schwere körperliche Arbeiten mit regelmäßigem Heben und Tragen von Lasten über acht kg, Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen (Überkopf, gebückt oder mit verdrehtem Oberkörper), ausschließlich sitzende oder überwiegend im Stehen ausgeübte Tätigkeiten. Ausgeschlossen sind des Weiteren Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten. Aufgrund der Gesundheitsstörungen an den Kniegelenken sind regelmäßige Arbeiten im Knien oder in der tiefen Hocke, mit gehäuftem Treppensteigen oder überwiegend im Gehen nicht mehr leidensgerecht. Von Seiten der Schultern sind darüber hinaus auch Arbeiten mit regelmäßigen Armvorhalten nicht mehr möglich. Bei Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen lässt sich jedoch eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens auch für körperlich leichte Tätigkeiten nicht begründen.
Der abweichenden Leistungsbeurteilung im amtsärztlichen Gutachten der Bundesagentur für Arbeit vom 15. Juni 2007 sowie insbesondere der Einschätzung von Dr. Bö. vermag der Senat nicht zu folgen. Dessen Gutachten ist bereits nicht deutlich zu entnehmen, worauf die von ihm angenommene Leistungsunfähigkeit der Klägerin letztlich beruhen soll, ob in erster Linie auf den orthopädischen Einschränkungen oder Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet (Schmerzsyndrom, Depression) oder einer Zusammenschau beider Fachgebiete. Eine nachvollziehbare Begründung wird diesbezüglich nicht gegeben, insbesondere da auf keinem der genannten Gebiete solche Befunde vorliegen, die eine gravierende Einschränkung nahelegten. Auf nervenärztlichem und schmerztherapeutischem Fachgebiet urteilt Dr. Bö. nicht nur fachfremd, sondern benennt auch keine konkreten Befunde, die seine Beurteilung stützen. Die von ihm auf orthopädischem Fachgebiet dargestellten Einschränkungen haben sich in der Begutachtung durch Dr. W. nicht bestätigt; sie lagen aber auch bereits bei den vorherigen Begutachtungen von Dr. J. und Dr. R. nicht vor.
Auf orthopädischem Fachgebiet werden von Dr. Bö. zunächst umfangreich Befunde der bildgebenden Verfahren dargestellt und diskutiert. Diese sind aber für die Leistungsbeurteilung nur eingeschränkt von Wert. Maßgeblich ist in erster Linie, inwieweit sich die dort zutage tretenden Veränderungen überhaupt klinisch auswirken. Zwar hat Dr. Bö. auch solche Befunde dargestellt, die Einschränkungen zeigen; er diskutiert jedoch nicht, wie aussagekräftig diese von ihm erhobenen - zu einem wesentlichen Teil mitwirkungsabhängigen - Befunde tatsächlich sind. Bereits Dr. J. hatte im sozialgerichtlichen Verfahren eine erhebliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin angegebenen Beschwerden und dem klinischen Befund angegeben. Auch die nervenärztliche Gutachterin Dr. Sch. hatte darauf hingewiesen, dass sich die Klägerin beim Weggehen nach der Begutachtung flüssiger bewegt habe als in der Untersuchungssituation selbst. Die gleiche Beobachtung gibt im Berufungsverfahren Dr. W. wieder, wenn er darauf hinweist, dass die Klägerin sich in der Untersuchungssituation beim Gehen mit beiden Händen im Kreuz abstütze, nicht jedoch später auf dem Gehweg, wo sie sogar eine Handtasche in der rechten Hand getragen habe. Das im Untersuchungszimmer demonstrierte, extrem langsame Gangbild wurde sowohl beim Gang vom Untersuchungszimmer zur Röntgenkabine als auch nach Verlassen der gutachterlichen Untersuchung auf dem Gehweg nicht beibehalten. Dr. W. verweist ausdrücklich auf eine sehr auffallende und ausgeprägte Verdeutlichung der Symptomatik sowie eine teils erheblich eingeschränkte Mitarbeit der Klägerin. Im Gutachten von Dr. Bö. wird nicht deutlich, dass er seine Befunderhebung daraufhin kritisch hinterfragt hätte. So fällt des Weiteren auf, dass die von Dr. Bö. wiedergegebenen Befunde, insbesondere hinsichtlich der Entfaltbarkeit und Beweglichkeit der Wirbelsäule, durch die spätere Begutachtung bei Dr. W. nicht bestätigt wurden. Dr. Bö. beschreibt einen Finger-Fußbodenabstand von 50 cm, Dr. W. hingegen einen Finger-Boden-Abstand von 32 cm, der sich im problemlos durchgeführten Langsitz auf fünf cm verkürzen ließ. Die von Dr. W. gemessenen Zeichen nach Ott und Schober (30 - 33 cm bzw. 10 - 13,5 cm) zeigen eine wesentlich bessere Entfaltbarkeit der Wirbelsäule der Klägerin als von Dr. Bö. angegeben (30 - 32 cm bzw. 10 - 12 cm). Gleiches gilt für die Seitdrehung. Während Dr. W. insoweit Bewegungsmaße von 40-0-40 feststellte, fand Dr. Bö. nur Bewegungsmaße von 20-0-20. Die Klägerin war bei Dr. W. in der Lage, die Strümpfe eigenständig anzuziehen, wobei sie sich vorbeugte und mit beiden Händen sicher zugriff. Der Langsitz wurde von Dr. Bö. nicht dokumentiert. Einen Nervendehnungsschmerz konnte Dr. W. sicher ausschließen; er beschreibt lediglich einen Pseudolasègue. Soweit in den von Dr. U. vorgelegten Arztbriefen durchweg ein bei 30 ° positives Zeichen nach Lasègue links angegeben wird, wird nicht deutlich, dass dieser Befund dauerhaft bei jeweils neuen und eigenständigen Untersuchungen erhoben worden wäre. Vielmehr hatte die Klägerin gegenüber der nervenärztlichen Gutachterin im sozialgerichtlichen Verfahren selbst angegeben, dass Dr. U. sie in letzter Zeit nicht untersuche, sondern lediglich mit ihr spreche. Zwar geht auch Dr. W. aufgrund der Angaben der Klägerin von einer sensiblen Wurzelreizung entsprechend dem Dermatom S1 aus. Eindeutige lähmungstypische Störungen der Motorik konnten jedoch nicht festgestellt werden. Der Zehen- und Hackengang konnte sicher demonstriert werden. In Rückenlage konnten die Füße und Großzehen mit zufriedenstellender Kraftentfaltung sicher nach oben gezogen werden. Gleiches galt für die Fußinnen- und Fußaußenrandanhebung sowie für die Fußsenkung. Die von Dr. Bö. angegebene Fußheberschwäche links konnte daher nicht verifiziert werden; bereits im nervenärztlichen Gutachten von Dr. Sch. war eine solche nicht erwähnt worden. Die von Dr. W. wiedergegebenen Befunde und Bewegungsmaße entsprechen im Wesentlichen denen, die Dr. J. bereits im sozialgerichtlichen Verfahren erhoben hatte. Schließlich hat Dr. W. schlüssig darauf hingewiesen, dass Wirbelsäulenblockierungen aufgrund ihrer vorübergehenden Natur keine dauerhafte Erwerbsminderung begründen können.
Die Kniegelenke zeigten sich bei der Untersuchung durch Dr. W. äußerlich reizlos; bei freier Streckung war die Beugung lediglich endgradig eingeschränkt, was in erster Linie auf die Adipositas zurückgeführt werden kann. Die Kniegelenke waren bandstabil geführt, die Meniskuszeichen negativ. Nachvollziehbar führt Dr. W. daher aus, dass sich bei Beachtung der oben genannten qualitativen Ausschlüsse keine weitere Leistungseinschränkung diesbezüglich begründen lässt. Gleiches gilt für die Gesundheitsstörungen an den Schultergelenken. Die klinischen Tests gaben zwar Hinweise auf eine Engpasssymptomatik; auch zeigten sich Hinweise auf Arthrosen im Schultergelenk. Entzündungen bestanden jedoch nicht. Insgesamt fand sich aktiv und passiv eine noch gute Schultergelenksbeweglichkeit beidseits. Zwar beschreibt Dr. W. einen schmerzhaften Bogen; die Kraftentfaltung gibt er jedoch noch als zufriedenstellend an. Der Nacken- und Schürzengriff konnte von der Klägerin beidseits durchgeführt werden. Eine chronische Lymphangitis hat Dr. W. überzeugend ausgeschlossen, zumal keine Fußrückenödeme bei der Klägerin nachgewiesen werden können, wie sie bei einer Lymphangitis regelmäßig anzutreffen sind. Schlüssig geht Dr. W. daher von einer adipositasbedingten Umfangvermehrung der oberen und unteren Extremitäten aus. Mit körperlichen Funktionseinschränkungen lässt sich die von Dr. Bö. angegebene Leistungsunfähigkeit daher nach Überzeugung des Senats nicht begründen.
Die Dauer der täglichen Leistungsfähigkeit der Klägerin wird auch nicht durch deren psychische Beeinträchtigungen auf weniger als sechs Stunden reduziert. Dies ergibt sich aus der fachpsychiatrischen Begutachtung der Klägerin durch Frau K.-C., deren nachvollziehbare und überzeugende Ausführungen sowohl diagnostisch als auch hinsichtlich der Leistungsbewertung durch das bereits im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholte nervenärztlich-schmerztherapeutische Fachgutachten von Dr. Sch. bestätigt werden. Danach leidet die Klägerin an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und an einer erst im höheren Lebensalter aufgetretenen chronisch depressiven Verstimmung (dysthyme Störung), die allerdings nicht schon als depressive Episode zu bewerten ist. In psychopathologischer Hinsicht dominiert allerdings das umfassende Schmerzsyndrom. Quantitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten verursachen diese Störungen indes nicht. Dr. Sch. fand keinen Anhalt für Antriebsmangel, pathologische Herabgestimmtheit oder Einengung der emotionalen Schwingungsfähigkeit. Eine schwere chronische Schmerzsituation konnte nicht objektiviert werden. Hiergegen sprach bereits die unsystematische Handhabung der Verordnung von Medikamenten durch die behandelnden Ärzte, die unglaubwürdigen Angaben der Klägerin zu der angeblichen Einnahme von Schmerzmedikamenten in nicht mehr verträglicher Dosierung sowie der Umstand, dass die Klägerin in der Lage war, regelmäßig Walking zu betreiben. In seinem urkundlich zu verwertenden Gutachten hat Prof. Dr. Br. zwar eine schwere und anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert und auf Widersprüche im Gutachten von Dr. Sch. hingewiesen. Es fehlt jedoch an Ausführungen zum Versuch der Objektivierung der Schmerzempfindung. Letztlich schließt der Gutachter hier aus dem Auftreten der Klägerin bei der Untersuchung und ihren hier gemachten Angaben auf den Grad der Schmerzen, macht aber gleichzeitig deutlich, dass es sich um eine histrionische Persönlichkeit handelt, bei der von einem massiven subjektiven Krankheitsgewinn ausgegangen werden muss. Dies hätte dann aber bei der Würdigung der Einlassungen der Klägerin zum Ausdruck kommen müssen, insbesondere da die Klägerin auch nach Auffassung des Gutachters sehr unscharfe und teils auch widersprüchliche Äußerungen gemacht hat (vgl. Seite 23 des Gutachtens). Die Untersuchung durch Frau K.-C. am 12. Mai 2009 bestätigt, dass eine differenzierte Analyse der Schmerzsymptomatik der Klägerin nicht möglich ist. Die Schmerzintensität wurde von ihr selbst auf einer virtuellen visuellen Analogskala von 0 (schmerzfrei) bis 10 (denkbar stärkster Schmerz) dauerhaft mit 10/10tel angegeben. Typische, für die Fibromyalgie beschriebene tender points (engl. empfindliche Stellen) konnten bei der körperlichen Untersuchung jedoch nicht festgestellt werden. Eine ausgeprägte Modulation des konkreten Schmerzerlebnisses durch situative psychosoziale Stressfaktoren war ebenfalls nicht zu eruieren. Andererseits war eine Diskrepanz zwischen der konkreten Schmerzartikulation einerseits und dem nonverbalen Schmerzverhalten der Klägerin und der Spontanmotorik andererseits im Verlauf der Untersuchung immer wieder zu beobachten. Trotz der angegebenen hohen Schmerzintensität von 10/10tel zeigte sie noch eine Beweglichkeit, welche alltagsrelevante Bewegungsmodulationen zuließ. Insgesamt waren alle gutachterlichen Untersuchungen der Klägerin erschwert durch eine teilweise erheblich eingeschränkte Mitarbeit der Klägerin und durch eine auffallende und ausgeprägte Verdeutlichung der Symptomatik. Darüber hinaus zeigen die gegenüber Dr. W. nur ca. sechs Wochen vor ihrer Untersuchung durch Prof. Dr. Br. gemachten Angaben der Klägerin, dass diese noch zu beträchtlichen Aktivitäten im Tagesablauf in der Lage ist. Wenn sie sich auch von ihrer Tochter helfen lässt, übernimmt die Klägerin nach wie vor Hausarbeiten. So hat sie selbst vorgetragen, noch die Wäsche zu waschen bzw. die Waschmaschine zu füllen und die Wäsche aufzuhängen. Letzteres sei zumindest auf Wäscheständern möglich, nicht jedoch auf der Wäscheleine. Dies passt jedoch zu den Einschränkungen wegen der orthopädischen Gesundheitsstörungen, wonach Überkopfarbeiten gerade ausgeschlossen werden. Die insoweit gemachten Angaben hat die Klägerin bei der Untersuchung durch Frau K.-C. nicht zurückgenommen oder eingeschränkt. Bei Dr. W. hat sie weiter dargelegt, auch beim Kochen mit Hilfe der Tochter mitzuarbeiten. In Begleitung ihrer Nachbarin gehe sie weiterhin einkaufen, wobei sie die Wegstrecke von ca. 500 m zu Fuß zurücklege. Mit dieser Nachbarin unternehme sie des Weiteren Spaziergänge. Auch im Rahmen der Exploration durch Frau K.-C. hat sie angegeben, sie versuche meist etwas zu kochen, wobei ihr Mann die meisten Handgriffe mache. Putzen und Bettenmachen gehe nicht mehr, sie räume aber manchmal etwas auf, wobei sie sich nicht mehr bücken könne, um etwas aufzuheben, was am Boden liege. Trotz Nachfrage hat sie keine weiteren Ausführungen zu den früheren Handarbeiten gemacht. Insgesamt zeigt dies, dass die Klägerin, die im August 2008 mit ihrem Ehemann eine dreieinhalb wöchige Urlaubsreise unternommen hat, zumindest mit der ihr zur Verfügung stehenden Unterstützung durch ihre nächsten Angehörigen (Ehemann, Tochter) in der Lage ist, den Anforderungen des täglichen Lebens gerecht zu werden. Ein sozialer Rückzug wird hierin ebenfalls nicht deutlich, zumal sie nicht nur Kontakt zur Nachbarin, sondern auch zu weiteren Freunden und Bekannten pflegt und in das Familienleben integriert ist. So wird sie u. a. von ihrem Sohn und den Enkelkindern besucht. Dass ihr der hierbei verursachte Lärm rasch zuviel wird, ist mit der durch qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigenden geringen Fähigkeit zu adäquater Stressbewältigung zu erklären. Ein gestörter Tagesablauf wird nicht wiedergegeben. Angesichts der beschriebenen Tagesstrukturierung und des Umfangs der noch ausgeführten Hausarbeiten vermag der Senat auch unter Berücksichtigung des angegebenen Schmerzsyndroms und der Dysthymia eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten nicht nachzuvollziehen. Auch im durchgeführten Rehabilitationsverfahren trat keine so gravierende psychische oder affektive Störung zutage, die Anlass für die Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht hätte geben können.
Die Klägerin ist somit noch in der Lage, eine körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen oder im Wechselrhythmus von Stehen, Gehen und Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Wegen der orthopädischen Beschwerden sind Arbeiten mit den bereits oben genannten qualitativen Anforderungen ausgeschlossen. Aufgrund der psychischen Störungen sind außerdem Tätigkeiten ausgeschlossen, die zu erhöhter Stressbelastung führen, sodass beispielsweise Akkordarbeit oder Nachtschichttätigkeit nicht in Betracht kommt. Da schon wegen der orthopädischen Erkrankungen körperlich mittelschwere und schwer belastende Tätigkeiten zu vermeiden sind, ergeben sich aus der erhöhten Disposition für Schmerzerleben sowie der dysthymie-bedingten Anfälligkeit für negative Affektschwankungen insoweit keine weiteren Einschränkungen. Diese Störungen begründen jedoch, dass auch Tätigkeiten zu vermeiden sind, bei denen der Aktionsradius nennenswert eingeengt wird und die mit Lärmbelastungen verbunden sind. Die genannten qualitativen Einschränkungen sind weder in ihrer Gesamtheit noch ihrer Art nach geeignet, die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Eine relevant eingeschränkte Wegefähigkeit kann nicht festgestellt werden. Lähmungserscheinungen an den unteren Extremitäten bestehen gerade nicht. Auch die mäßig- bis mittelgradig ausgeprägte Kniegelenksarthrose führt nach anschaulicher Darstellung von Dr. W. nicht zu einer relevanten Einschränkung. Dies zeigt sich insbesondere in dem Gangbild der Klägerin in vermeintlich unbeobachteten Situationen und entspricht ihren eigenen Angaben, regelmäßig mit der Nachbarin spazieren zu gehen. Die Nutzung öffentlicher Nahverkehrsmittel wird durch die beschriebenen Einschränkungen ebenfalls nicht in Frage gestellt. Die auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen führen ebenfalls nicht zu einer besonderen Einschränkung des Arbeitsweges. Die Klägerin ist entgegen der Annahme von Prof. Dr. Br. nicht Analphabetin. Schon bei ihrer damaligen Untersuchung hatte sie angegeben, zwar keine schulische Ausbildung in der Türkei erfahren zu haben, dennoch lesen und auch etwas schreiben zu können. Auch der Erwerb der Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland und ihre Erklärung gegenüber Dr. W., ein bisschen Türkisch lesen zu können, erlauben diese Annahme nicht. Dies wird bestätigt durch die Untersuchung von Frau K.-C., wo sie sich in der Lage zeigte, eine ihr vorgelegte Leseprobe auf Deutsch mühsam und langsam zu entziffern. Es bedarf daher keiner weiteren Prüfung, ob und inwieweit ein vollständiger Analphabetismus die Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt einschränken könnte (vgl. BSG, Urteil vom 4. November 1998 - B 13 RJ 13/98 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 62).
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat.
Die am 1956 in der Türkei geborene, mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit 16. Oktober 2003 wegen orthopädischer Beschwerden als Schwerbehinderte anerkannte Klägerin hat weder eine Schule besucht noch einen Beruf erlernt; sie ist jedoch in der Lage, in türkischer Sprache zu lesen. Nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1974 war die Klägerin ab 1978 mit Unterbrechungen wegen Mutterschaft, Kindererziehung und Sozialleistungsbezugs als Fabrikarbeiterin bis zuletzt November 1997 beschäftigt. Anschließend bezog sie durchgehend Krankengeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe sowie seit 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld II.
Am 21. April 2005 stellte die Klägerin ihren mittlerweile zweiten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, den sie mit einem Bandscheibenleiden begründete. In dem daraufhin von der Beklagten eingeholten internistischen Gutachten vom 17. Mai 2005 diagnostizierte Dr. R. ein chronisches Lumbalsyndrom, eine Lumboischialgie links, degenerative Veränderungen mit sekundären Engen, Zustand nach Bandscheibenoperation, Bluthochdruck und Übergewicht. Leichte Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen und häufiges Bücken könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Mit Bescheid vom 25. Mai 2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Während des dagegen angestrengten Widerspruchsverfahrens befand sich die Klägerin vom 16. August bis 6. September 2005 in stationärer Rehabilitationsbehandlung mit orthopädischem Schwerpunkt in der Rehabilitationsklinik Klausenbach in Nordrach. Der Entlassungsbericht vom 19. September 2005 beschreibt ein rezidivierendes Lumbalsyndrom bei degenerativen Diskopathien der gesamten Lendenwirbelsäule und Spinalkanalstenosen an LWK 1/2, 2/3 und 3/4, ein rezidivierendes Cervikalsyndrom bei breitbasiger Bandscheibenprotrusion HWK 3 bis 7 und BWK 2/3, einen Verdacht auf Fibromyalgiesyndrom bei muskulärer Dysbalance, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, sowie eine arterielle Hypertonie. Der Klägerin seien körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Ausgeschlossen seien Arbeiten mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufigem Bücken, Heben und Tragen über fünf kg, häufigem Steigen auf Treppen oder Leitern sowie Nachtschicht und übermäßigem Zeitdruck. Nach Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen durch ihren Prüfarzt wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 als unbegründet zurück. Aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit sei die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, auf dem sie noch für mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 2. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Dieses hat nach der Beiziehung medizinischer Unterlagen der behandelnden Ärzte zunächst ein orthopädisches Fachgutachten eingeholt, das Dr. J. am 13. April 2006 erstattet hat. Dieser hat eine deutliche Fehlstatik der Wirbelsäule bei freier Beweglichkeit ohne Hinweise auf Nervenwurzelreiz und sichere neurologische Ausfälle beschrieben. An den oberen und unteren Extremitäten bestehe eine diffuse Druckschmerzhaftigkeit bei jeweils freier Beweglichkeit. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin noch leichte und kurzzeitig mittelschwere körperliche Tätigkeiten verrichten mit Heben und Tragen von Gegenständen bis zu acht kg. Die Tätigkeit solle vorwiegend im Sitzen erfolgen mit der Möglichkeit zum Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen. Gemieden werden müssten Arbeiten in vornüber gebeugter Körperhaltung und in Wirbelsäulenzwangshaltungen. Von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in der Hocke oder im Knien müsse abgesehen werden. Bei Beachtung dieser Einschränkungen sei der Klägerin eine Tätigkeit noch im Umfange von acht Stunden täglich zumutbar. In ihrem nervenärztlich-schmerztherapeutischen Gutachten vom 28. Juli 2006 hat Dr. Sch. die Diagnose eines chronischen Kreuz- und Beinschmerzes nach Bandscheibenoperation mit Überlagerung durch eine chronische Dysthymie in auswegloser psychosozialer Situation gestellt. Zu vermeiden seien mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über fünf kg, mit überwiegendem Stehen, gleichförmiger Körperhaltung, häufigem Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie Akkord- und Nachtarbeit, Arbeiten unter Einwirkung von Kälte, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe sowie Arbeiten unter erhöhter nervlicher Belastung. Leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zu kurzen Pausen und zum Haltungswechsel seien jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar, wobei betriebsunübliche Arbeitsbedingungen nicht erforderlich seien.
Mit Urteil vom 21. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Den Gutachten von Dr. J. und Dr. Sch. folgend sei die Klägerin noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der in den Gutachten genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Es liege daher weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Berufsschutz genieße die Klägerin nicht, sodass eine Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 4. Mai 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, die am 24. Mai 2007 beim SG eingegangen ist. Zu deren Begründung hat sie vorgetragen, die vom SG zugrunde gelegten ärztlichen Feststellungen seien unzutreffend. Dies ergebe sich aus dem im Berufungsverfahren vorgelegten amtsärztlichen Gutachten der Agentur für Arbeit vom 15. Juni 2007. Des Weiteren habe sich ihr psychischer Zustand kontinuierlich verschlechtert.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2005 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. April 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat zunächst den behandelnden Neurologen Dr. U. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen; wegen des Ergebnisses dieser Befragung wird auf Bl. 41, 43/46 der Senatsakte Bezug genommen. Des Weiteren hat der Senat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein orthopädisches Gutachten vom 9. Januar 2008 eingeholt. In diesem hat Dr. Bö. folgende Gesundheitsstörungen beschrieben: chronisches Halswirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik und Gefügestörung mit Funktionseinschränkungen und wechselseitigen Gefühlsminderungen unter funktioneller Beanspruchung in beiden Armen sowie Wirbelgelenksblockierungen mit Kopfschmerzattacken; chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik und multisegmentaler Gefügestörung bei Verschleißerscheinungen mit Funktionseinschränkungen, funktioneller Nervenirritation und anhaltender Belastungsinsuffizienz; beginnendes Verschleißgeschehen an beiden Hüftgelenken mit Funktionseinschränkung; Verschleißgeschehen an beiden Kniegelenken mit leichter Funktionseinschränkung; Knick-Senkfuß-Fehlstatik; chronische Lymphangitis an beiden Armen und Beinen bei Adipositas; chronisches somatoformes Schmerzsyndrom mit multilokulären Tendomyopathien und depressiver Stimmungslage. Die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet, überlagert von der somatoformen Schmerzstörung, schlössen eine berufliche Restleistungsfähigkeit der Klägerin derzeit völlig aus; die Klägerin sei daher derzeit nicht in der Lage, auch nur leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. An dieser Einschätzung hat Dr. Bö. in seiner aufgrund von Einwendungen der Beklagten vom Senat angeforderten Stellungnahme vom 11. Juni 2008 festgehalten.
In seinem von Amts wegen eingeholten weiteren orthopädischen Fachgutachten vom 15. September 2008 hat Dr. W. ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung und einer sensiblen Nervenwurzelreizsymptomatik am linken Bein beschrieben. Des Weiteren bestünden mäßig- bis mittelgradige Kniegelenksarthrosen mit noch zufriedenstellender Beweglichkeit, Schulterfunktionsstörungen mit noch zufriedenstellender Kraftentfaltung und Beweglichkeit sowie ein rezidivierendes Halswirbelsäulensyndrom ohne Bewegungseinschränkung, periphere Wurzelreizsymptomatik oder dem Alter vorauseilende Abnutzungserscheinungen. Der Klägerin seien leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu acht kg überwiegend im Sitzen oder im Wechselrhythmus von Stehen, Gehen und Sitzen noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Dies gelte unter orthopädischen Gesichtspunkten auch für Arbeiten in Kälte und unter Wärmeeinfluss sowie im Freien beim Tragen entsprechender Kleidung sowie für die Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen. Nicht mehr zumutbar seien Arbeiten in regelmäßigen Wirbelsäulenzwangshaltungen (Überkopfarbeiten, im Bücken, mit verdrehtem Oberkörper), Akkord- und getaktete Fließbandarbeiten, Arbeiten ausschließlich im Sitzen oder überwiegend im Stehen oder Gehen, regelmäßige Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, im Knien oder in der tiefen Hocke, mit häufigem Treppensteigen oder mit Armvorhalten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung des Senats vom 18. Dezember 2008 hat die Klägerin ein im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung eines GdB von mehr als 50 vom SG eingeholtes nervenärztliches Zusatzgutachten des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. Br. vom 17. November 2008 vorgelegt. Hierin wird ausgeführt, die Klägerin habe im Rahmen ihrer Untersuchung am 23. Oktober 2008 u.a. vorgetragen, sie habe zwar in der Türkei keine schulische Ausbildung erfahren, könne aber dennoch lesen und auch etwas schreiben. Ihren Tagesablauf habe sie dahingehend beschrieben, zwischen 6.00 und 7.00 Uhr morgens aufzustehen, selbstständig die Morgentoilette durchzuführen und anschließend oft wie ein Kind einfach zu sitzen oder herum zu stehen. Aufgrund ihrer Schmerzen könne sie im Haushalt fast nichts mehr machen, nur ab und zu helfe sie mit beim Abwaschen. Früher habe sie gerne gestrickt oder sonstige Handarbeiten verrichtet; hierzu sei sie heute jedoch nicht mehr in der Lage. Sie sei im Besitz eines Führerscheines, fahre allerdings selbst nicht mehr Auto. Sie müsse allerdings bestätigen, genügend viele Freunde und Bekannte zu haben, mit denen sie einen Umgang pflege. Letztmals sei sie im August 2008 für dreieinhalb Wochen mit ihrem Mann im Urlaub gewesen. Als Untersuchungsergebnis wird u.a. festgestellt, bei der Klägerin sei von histrionischen, aber auch von labilen Merkmalen auszugehen. Außerdem bestehe ein massiver sekundärer Krankheitsgewinn, d. h. die Klägerin erfahre aus den Symptomen insofern eine Befriedigung, als sie gerade deshalb mehr Anerkennung und Zuwendung von Seiten Anderer bekomme. Es liege eine schwere und anhaltend somatoforme Schmerzstörung vor, ein weiteres neurologisches Defizit habe nicht validiert werden können.
Schließlich hat der Senat die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K.-C. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Nach ausführlicher, unter Zuhilfenahme eines gerichtssachverständigen Dolmetschers für die türkische Sprache durchgeführter fachpsychiatrischer Exploration und Untersuchung der Klägerin am 12. Mai 2009 hat diese in ihrem Gutachten vom 15. August 2009 die Diagnosen anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie dysthyme Störung, später Beginn, gestellt. Bei letztgenannter Störung handele es sich um eine anhaltende affektive Störung i.S. einer chronisch depressiven Verstimmung, die im höheren Lebensalter begonnen und sich im Rahmen der Schmerzsymptomatik schleichend entwickelt habe. Die depressive Verstimmung erfülle nach Schweregrad und Dauer nicht die Kriterien für eine depressive Episode. Beide Störungen würden zu chronischem Verlauf neigen. Sie führten zu einer Beeinträchtigung der Fähigkeit zu adäquater Stressbewältigung sowie der emotionalen Regulationsfähigkeit. Es seien daher Tätigkeiten zu meiden, die zu erhöhter Stressbelastung führten, zum Beispiel durch erhöhten Zeitdruck oder durch unphysiologische Stressbelastung (z.B. Nachtschichttätigkeit). Körperlich mittelschwere und schwer belastende Tätigkeiten sollten ebenso gemieden werden wie Tätigkeiten, welche den Aktionsradius nennenswert einengen. Unbedingt zu vermeiden seien Lärmbelästigungen auch in Form von Hintergrundmusik (wie in Kaufhäusern üblich). Eine hinreichende Möglichkeit, bei der Arbeit die Körperposition zu wechseln, sollte ebenso gegeben sein wie die Möglichkeit, eine Pause zu nehmen; außerdem sollte eine Rückzugsmöglichkeit bei unerwarteter Reizüberflutung gegeben sein. Unter Beachtung dieser Einschränkungen sei der Klägerin eine Arbeit von täglich mindestens sechs Stunden zumutbar. Die genannten Störungen führten nicht zu einer besonderen Einschränkung des Arbeitsweges.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der beigezogenen Akte der Agentur für Arbeit Bretten, der Akten des SG sowie der Verfahrensakten des Senats und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich beide Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 153 Abs. 1 SGG).
Die nach § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des SG ist zutreffend; das SG hat einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu Recht verneint. Ausdrücklich klar gestellt hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2008 vor dem Senat, dass die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
Maßgeblich für die beanspruchte Rente ist das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)). Nach § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben bei Erfüllung hier nichtstreitiger versicherungsrechtlicher Voraussetzungen Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht unter den genannten Voraussetzungen bei einem Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich (Abs. 2). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 3).
Zutreffend hat das SG ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bejaht, da qualitative Einschränkungen ausreichen, um den gesundheitlichen Leiden der Klägerin gerecht zu werden, sodass die Voraussetzungen einer Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht vorliegen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG wird nach eigener Prüfung durch den Senat verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch der Senat ist der Überzeugung, dass die bei der Klägerin tatsächlich bestehenden Gesundheitsstörungen eine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht nicht zu begründen vermögen. Dies steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung des Senates fest, der sich hierbei auf die im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. W. und Frau K.-C. sowie die bereits im sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten von Dr. Sch. und Dr. J. stützt. Bestätigt wird dieses Ergebnis darüber hinaus durch das bereits im Verwaltungsverfahren von Dr. R. erstattete Gutachten sowie den Reha-Entlassungsbericht vom 19. September 2005, die im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden können.
Bei der Beurteilung des Leistungsvermögens stehen im Vordergrund zunächst die Gesundheitsstörungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet. Die Klägerin leidet hier an einem chronischen Lendenwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen und einem Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung und einer sensiblen Nervenwurzelreizsymptomatik am linken Bein. Des Weiteren besteht ein rezidivierendes Halswirbelsäulensyndrom ohne Bewegungseinschränkung und periphere Nervenwurzelreizsymptomatik. Mäßig- bis mittelgradige Kniegelenksarthrosen haben bei Fehlen äußerer Reizerscheinungen noch nicht zu einer erheblichen Bewegungseinschränkung geführt. Funktionsstörungen bestehen bei degenerativen Veränderungen seitens der Schulter, jedoch ohne wesentliche Bewegungseinschränkung mit noch ausreichender Kraftentfaltung. Dies ergibt sich aus der überzeugenden Darstellung von Dr. W., der aus den von ihm umfangreich erhobenen und im Einzelnen dargestellten Befunden die sich hieraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen schlüssig abgeleitet hat. Neben der Auswertung der Ergebnisse der bildgebenden Verfahren stützt sich der Gutachter auch auf die Ergebnisse der bei ihm durchgeführten klinischen Untersuchung der Klägerin und der von dieser gemachten eigenen Angaben. In Übereinstimmung mit Dr. J. kommt Dr. W. nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass der Klägerin die Wirbelsäule belastende Tätigkeiten nicht mehr zugemutet werden können. Ausgeschlossen sind daher mittelschwere bis schwere körperliche Arbeiten mit regelmäßigem Heben und Tragen von Lasten über acht kg, Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen (Überkopf, gebückt oder mit verdrehtem Oberkörper), ausschließlich sitzende oder überwiegend im Stehen ausgeübte Tätigkeiten. Ausgeschlossen sind des Weiteren Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten. Aufgrund der Gesundheitsstörungen an den Kniegelenken sind regelmäßige Arbeiten im Knien oder in der tiefen Hocke, mit gehäuftem Treppensteigen oder überwiegend im Gehen nicht mehr leidensgerecht. Von Seiten der Schultern sind darüber hinaus auch Arbeiten mit regelmäßigen Armvorhalten nicht mehr möglich. Bei Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen lässt sich jedoch eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens auch für körperlich leichte Tätigkeiten nicht begründen.
Der abweichenden Leistungsbeurteilung im amtsärztlichen Gutachten der Bundesagentur für Arbeit vom 15. Juni 2007 sowie insbesondere der Einschätzung von Dr. Bö. vermag der Senat nicht zu folgen. Dessen Gutachten ist bereits nicht deutlich zu entnehmen, worauf die von ihm angenommene Leistungsunfähigkeit der Klägerin letztlich beruhen soll, ob in erster Linie auf den orthopädischen Einschränkungen oder Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet (Schmerzsyndrom, Depression) oder einer Zusammenschau beider Fachgebiete. Eine nachvollziehbare Begründung wird diesbezüglich nicht gegeben, insbesondere da auf keinem der genannten Gebiete solche Befunde vorliegen, die eine gravierende Einschränkung nahelegten. Auf nervenärztlichem und schmerztherapeutischem Fachgebiet urteilt Dr. Bö. nicht nur fachfremd, sondern benennt auch keine konkreten Befunde, die seine Beurteilung stützen. Die von ihm auf orthopädischem Fachgebiet dargestellten Einschränkungen haben sich in der Begutachtung durch Dr. W. nicht bestätigt; sie lagen aber auch bereits bei den vorherigen Begutachtungen von Dr. J. und Dr. R. nicht vor.
Auf orthopädischem Fachgebiet werden von Dr. Bö. zunächst umfangreich Befunde der bildgebenden Verfahren dargestellt und diskutiert. Diese sind aber für die Leistungsbeurteilung nur eingeschränkt von Wert. Maßgeblich ist in erster Linie, inwieweit sich die dort zutage tretenden Veränderungen überhaupt klinisch auswirken. Zwar hat Dr. Bö. auch solche Befunde dargestellt, die Einschränkungen zeigen; er diskutiert jedoch nicht, wie aussagekräftig diese von ihm erhobenen - zu einem wesentlichen Teil mitwirkungsabhängigen - Befunde tatsächlich sind. Bereits Dr. J. hatte im sozialgerichtlichen Verfahren eine erhebliche Diskrepanz zwischen den von der Klägerin angegebenen Beschwerden und dem klinischen Befund angegeben. Auch die nervenärztliche Gutachterin Dr. Sch. hatte darauf hingewiesen, dass sich die Klägerin beim Weggehen nach der Begutachtung flüssiger bewegt habe als in der Untersuchungssituation selbst. Die gleiche Beobachtung gibt im Berufungsverfahren Dr. W. wieder, wenn er darauf hinweist, dass die Klägerin sich in der Untersuchungssituation beim Gehen mit beiden Händen im Kreuz abstütze, nicht jedoch später auf dem Gehweg, wo sie sogar eine Handtasche in der rechten Hand getragen habe. Das im Untersuchungszimmer demonstrierte, extrem langsame Gangbild wurde sowohl beim Gang vom Untersuchungszimmer zur Röntgenkabine als auch nach Verlassen der gutachterlichen Untersuchung auf dem Gehweg nicht beibehalten. Dr. W. verweist ausdrücklich auf eine sehr auffallende und ausgeprägte Verdeutlichung der Symptomatik sowie eine teils erheblich eingeschränkte Mitarbeit der Klägerin. Im Gutachten von Dr. Bö. wird nicht deutlich, dass er seine Befunderhebung daraufhin kritisch hinterfragt hätte. So fällt des Weiteren auf, dass die von Dr. Bö. wiedergegebenen Befunde, insbesondere hinsichtlich der Entfaltbarkeit und Beweglichkeit der Wirbelsäule, durch die spätere Begutachtung bei Dr. W. nicht bestätigt wurden. Dr. Bö. beschreibt einen Finger-Fußbodenabstand von 50 cm, Dr. W. hingegen einen Finger-Boden-Abstand von 32 cm, der sich im problemlos durchgeführten Langsitz auf fünf cm verkürzen ließ. Die von Dr. W. gemessenen Zeichen nach Ott und Schober (30 - 33 cm bzw. 10 - 13,5 cm) zeigen eine wesentlich bessere Entfaltbarkeit der Wirbelsäule der Klägerin als von Dr. Bö. angegeben (30 - 32 cm bzw. 10 - 12 cm). Gleiches gilt für die Seitdrehung. Während Dr. W. insoweit Bewegungsmaße von 40-0-40 feststellte, fand Dr. Bö. nur Bewegungsmaße von 20-0-20. Die Klägerin war bei Dr. W. in der Lage, die Strümpfe eigenständig anzuziehen, wobei sie sich vorbeugte und mit beiden Händen sicher zugriff. Der Langsitz wurde von Dr. Bö. nicht dokumentiert. Einen Nervendehnungsschmerz konnte Dr. W. sicher ausschließen; er beschreibt lediglich einen Pseudolasègue. Soweit in den von Dr. U. vorgelegten Arztbriefen durchweg ein bei 30 ° positives Zeichen nach Lasègue links angegeben wird, wird nicht deutlich, dass dieser Befund dauerhaft bei jeweils neuen und eigenständigen Untersuchungen erhoben worden wäre. Vielmehr hatte die Klägerin gegenüber der nervenärztlichen Gutachterin im sozialgerichtlichen Verfahren selbst angegeben, dass Dr. U. sie in letzter Zeit nicht untersuche, sondern lediglich mit ihr spreche. Zwar geht auch Dr. W. aufgrund der Angaben der Klägerin von einer sensiblen Wurzelreizung entsprechend dem Dermatom S1 aus. Eindeutige lähmungstypische Störungen der Motorik konnten jedoch nicht festgestellt werden. Der Zehen- und Hackengang konnte sicher demonstriert werden. In Rückenlage konnten die Füße und Großzehen mit zufriedenstellender Kraftentfaltung sicher nach oben gezogen werden. Gleiches galt für die Fußinnen- und Fußaußenrandanhebung sowie für die Fußsenkung. Die von Dr. Bö. angegebene Fußheberschwäche links konnte daher nicht verifiziert werden; bereits im nervenärztlichen Gutachten von Dr. Sch. war eine solche nicht erwähnt worden. Die von Dr. W. wiedergegebenen Befunde und Bewegungsmaße entsprechen im Wesentlichen denen, die Dr. J. bereits im sozialgerichtlichen Verfahren erhoben hatte. Schließlich hat Dr. W. schlüssig darauf hingewiesen, dass Wirbelsäulenblockierungen aufgrund ihrer vorübergehenden Natur keine dauerhafte Erwerbsminderung begründen können.
Die Kniegelenke zeigten sich bei der Untersuchung durch Dr. W. äußerlich reizlos; bei freier Streckung war die Beugung lediglich endgradig eingeschränkt, was in erster Linie auf die Adipositas zurückgeführt werden kann. Die Kniegelenke waren bandstabil geführt, die Meniskuszeichen negativ. Nachvollziehbar führt Dr. W. daher aus, dass sich bei Beachtung der oben genannten qualitativen Ausschlüsse keine weitere Leistungseinschränkung diesbezüglich begründen lässt. Gleiches gilt für die Gesundheitsstörungen an den Schultergelenken. Die klinischen Tests gaben zwar Hinweise auf eine Engpasssymptomatik; auch zeigten sich Hinweise auf Arthrosen im Schultergelenk. Entzündungen bestanden jedoch nicht. Insgesamt fand sich aktiv und passiv eine noch gute Schultergelenksbeweglichkeit beidseits. Zwar beschreibt Dr. W. einen schmerzhaften Bogen; die Kraftentfaltung gibt er jedoch noch als zufriedenstellend an. Der Nacken- und Schürzengriff konnte von der Klägerin beidseits durchgeführt werden. Eine chronische Lymphangitis hat Dr. W. überzeugend ausgeschlossen, zumal keine Fußrückenödeme bei der Klägerin nachgewiesen werden können, wie sie bei einer Lymphangitis regelmäßig anzutreffen sind. Schlüssig geht Dr. W. daher von einer adipositasbedingten Umfangvermehrung der oberen und unteren Extremitäten aus. Mit körperlichen Funktionseinschränkungen lässt sich die von Dr. Bö. angegebene Leistungsunfähigkeit daher nach Überzeugung des Senats nicht begründen.
Die Dauer der täglichen Leistungsfähigkeit der Klägerin wird auch nicht durch deren psychische Beeinträchtigungen auf weniger als sechs Stunden reduziert. Dies ergibt sich aus der fachpsychiatrischen Begutachtung der Klägerin durch Frau K.-C., deren nachvollziehbare und überzeugende Ausführungen sowohl diagnostisch als auch hinsichtlich der Leistungsbewertung durch das bereits im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholte nervenärztlich-schmerztherapeutische Fachgutachten von Dr. Sch. bestätigt werden. Danach leidet die Klägerin an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und an einer erst im höheren Lebensalter aufgetretenen chronisch depressiven Verstimmung (dysthyme Störung), die allerdings nicht schon als depressive Episode zu bewerten ist. In psychopathologischer Hinsicht dominiert allerdings das umfassende Schmerzsyndrom. Quantitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten verursachen diese Störungen indes nicht. Dr. Sch. fand keinen Anhalt für Antriebsmangel, pathologische Herabgestimmtheit oder Einengung der emotionalen Schwingungsfähigkeit. Eine schwere chronische Schmerzsituation konnte nicht objektiviert werden. Hiergegen sprach bereits die unsystematische Handhabung der Verordnung von Medikamenten durch die behandelnden Ärzte, die unglaubwürdigen Angaben der Klägerin zu der angeblichen Einnahme von Schmerzmedikamenten in nicht mehr verträglicher Dosierung sowie der Umstand, dass die Klägerin in der Lage war, regelmäßig Walking zu betreiben. In seinem urkundlich zu verwertenden Gutachten hat Prof. Dr. Br. zwar eine schwere und anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert und auf Widersprüche im Gutachten von Dr. Sch. hingewiesen. Es fehlt jedoch an Ausführungen zum Versuch der Objektivierung der Schmerzempfindung. Letztlich schließt der Gutachter hier aus dem Auftreten der Klägerin bei der Untersuchung und ihren hier gemachten Angaben auf den Grad der Schmerzen, macht aber gleichzeitig deutlich, dass es sich um eine histrionische Persönlichkeit handelt, bei der von einem massiven subjektiven Krankheitsgewinn ausgegangen werden muss. Dies hätte dann aber bei der Würdigung der Einlassungen der Klägerin zum Ausdruck kommen müssen, insbesondere da die Klägerin auch nach Auffassung des Gutachters sehr unscharfe und teils auch widersprüchliche Äußerungen gemacht hat (vgl. Seite 23 des Gutachtens). Die Untersuchung durch Frau K.-C. am 12. Mai 2009 bestätigt, dass eine differenzierte Analyse der Schmerzsymptomatik der Klägerin nicht möglich ist. Die Schmerzintensität wurde von ihr selbst auf einer virtuellen visuellen Analogskala von 0 (schmerzfrei) bis 10 (denkbar stärkster Schmerz) dauerhaft mit 10/10tel angegeben. Typische, für die Fibromyalgie beschriebene tender points (engl. empfindliche Stellen) konnten bei der körperlichen Untersuchung jedoch nicht festgestellt werden. Eine ausgeprägte Modulation des konkreten Schmerzerlebnisses durch situative psychosoziale Stressfaktoren war ebenfalls nicht zu eruieren. Andererseits war eine Diskrepanz zwischen der konkreten Schmerzartikulation einerseits und dem nonverbalen Schmerzverhalten der Klägerin und der Spontanmotorik andererseits im Verlauf der Untersuchung immer wieder zu beobachten. Trotz der angegebenen hohen Schmerzintensität von 10/10tel zeigte sie noch eine Beweglichkeit, welche alltagsrelevante Bewegungsmodulationen zuließ. Insgesamt waren alle gutachterlichen Untersuchungen der Klägerin erschwert durch eine teilweise erheblich eingeschränkte Mitarbeit der Klägerin und durch eine auffallende und ausgeprägte Verdeutlichung der Symptomatik. Darüber hinaus zeigen die gegenüber Dr. W. nur ca. sechs Wochen vor ihrer Untersuchung durch Prof. Dr. Br. gemachten Angaben der Klägerin, dass diese noch zu beträchtlichen Aktivitäten im Tagesablauf in der Lage ist. Wenn sie sich auch von ihrer Tochter helfen lässt, übernimmt die Klägerin nach wie vor Hausarbeiten. So hat sie selbst vorgetragen, noch die Wäsche zu waschen bzw. die Waschmaschine zu füllen und die Wäsche aufzuhängen. Letzteres sei zumindest auf Wäscheständern möglich, nicht jedoch auf der Wäscheleine. Dies passt jedoch zu den Einschränkungen wegen der orthopädischen Gesundheitsstörungen, wonach Überkopfarbeiten gerade ausgeschlossen werden. Die insoweit gemachten Angaben hat die Klägerin bei der Untersuchung durch Frau K.-C. nicht zurückgenommen oder eingeschränkt. Bei Dr. W. hat sie weiter dargelegt, auch beim Kochen mit Hilfe der Tochter mitzuarbeiten. In Begleitung ihrer Nachbarin gehe sie weiterhin einkaufen, wobei sie die Wegstrecke von ca. 500 m zu Fuß zurücklege. Mit dieser Nachbarin unternehme sie des Weiteren Spaziergänge. Auch im Rahmen der Exploration durch Frau K.-C. hat sie angegeben, sie versuche meist etwas zu kochen, wobei ihr Mann die meisten Handgriffe mache. Putzen und Bettenmachen gehe nicht mehr, sie räume aber manchmal etwas auf, wobei sie sich nicht mehr bücken könne, um etwas aufzuheben, was am Boden liege. Trotz Nachfrage hat sie keine weiteren Ausführungen zu den früheren Handarbeiten gemacht. Insgesamt zeigt dies, dass die Klägerin, die im August 2008 mit ihrem Ehemann eine dreieinhalb wöchige Urlaubsreise unternommen hat, zumindest mit der ihr zur Verfügung stehenden Unterstützung durch ihre nächsten Angehörigen (Ehemann, Tochter) in der Lage ist, den Anforderungen des täglichen Lebens gerecht zu werden. Ein sozialer Rückzug wird hierin ebenfalls nicht deutlich, zumal sie nicht nur Kontakt zur Nachbarin, sondern auch zu weiteren Freunden und Bekannten pflegt und in das Familienleben integriert ist. So wird sie u. a. von ihrem Sohn und den Enkelkindern besucht. Dass ihr der hierbei verursachte Lärm rasch zuviel wird, ist mit der durch qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigenden geringen Fähigkeit zu adäquater Stressbewältigung zu erklären. Ein gestörter Tagesablauf wird nicht wiedergegeben. Angesichts der beschriebenen Tagesstrukturierung und des Umfangs der noch ausgeführten Hausarbeiten vermag der Senat auch unter Berücksichtigung des angegebenen Schmerzsyndroms und der Dysthymia eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten nicht nachzuvollziehen. Auch im durchgeführten Rehabilitationsverfahren trat keine so gravierende psychische oder affektive Störung zutage, die Anlass für die Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht hätte geben können.
Die Klägerin ist somit noch in der Lage, eine körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen oder im Wechselrhythmus von Stehen, Gehen und Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Wegen der orthopädischen Beschwerden sind Arbeiten mit den bereits oben genannten qualitativen Anforderungen ausgeschlossen. Aufgrund der psychischen Störungen sind außerdem Tätigkeiten ausgeschlossen, die zu erhöhter Stressbelastung führen, sodass beispielsweise Akkordarbeit oder Nachtschichttätigkeit nicht in Betracht kommt. Da schon wegen der orthopädischen Erkrankungen körperlich mittelschwere und schwer belastende Tätigkeiten zu vermeiden sind, ergeben sich aus der erhöhten Disposition für Schmerzerleben sowie der dysthymie-bedingten Anfälligkeit für negative Affektschwankungen insoweit keine weiteren Einschränkungen. Diese Störungen begründen jedoch, dass auch Tätigkeiten zu vermeiden sind, bei denen der Aktionsradius nennenswert eingeengt wird und die mit Lärmbelastungen verbunden sind. Die genannten qualitativen Einschränkungen sind weder in ihrer Gesamtheit noch ihrer Art nach geeignet, die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Eine relevant eingeschränkte Wegefähigkeit kann nicht festgestellt werden. Lähmungserscheinungen an den unteren Extremitäten bestehen gerade nicht. Auch die mäßig- bis mittelgradig ausgeprägte Kniegelenksarthrose führt nach anschaulicher Darstellung von Dr. W. nicht zu einer relevanten Einschränkung. Dies zeigt sich insbesondere in dem Gangbild der Klägerin in vermeintlich unbeobachteten Situationen und entspricht ihren eigenen Angaben, regelmäßig mit der Nachbarin spazieren zu gehen. Die Nutzung öffentlicher Nahverkehrsmittel wird durch die beschriebenen Einschränkungen ebenfalls nicht in Frage gestellt. Die auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen führen ebenfalls nicht zu einer besonderen Einschränkung des Arbeitsweges. Die Klägerin ist entgegen der Annahme von Prof. Dr. Br. nicht Analphabetin. Schon bei ihrer damaligen Untersuchung hatte sie angegeben, zwar keine schulische Ausbildung in der Türkei erfahren zu haben, dennoch lesen und auch etwas schreiben zu können. Auch der Erwerb der Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland und ihre Erklärung gegenüber Dr. W., ein bisschen Türkisch lesen zu können, erlauben diese Annahme nicht. Dies wird bestätigt durch die Untersuchung von Frau K.-C., wo sie sich in der Lage zeigte, eine ihr vorgelegte Leseprobe auf Deutsch mühsam und langsam zu entziffern. Es bedarf daher keiner weiteren Prüfung, ob und inwieweit ein vollständiger Analphabetismus die Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt einschränken könnte (vgl. BSG, Urteil vom 4. November 1998 - B 13 RJ 13/98 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 62).
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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