Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3365/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 948/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1955 geborene Kläger hat nach seiner 1974 abgeschlossenen Ausbildung zum Kfz-Mechaniker zunächst seinen Wehrdienst absolviert und war dann für verschiedene Speditionsfirmen als Kraftfahrer tätig. Am 16. Februar 1989 legte er nach verkürzter Ausbildung die Prüfung zum Berufskraftfahrer/Güterverkehr nach § 34 Bundesbildungsgesetz (BBiG) ab (Prüfungszeugnis der IKK N. vom 16. Februar 1989). Von 1990 bis zum 31. Dezember 1999 war er als Kraftfahrer bei der Deutschen Bundeswehr beschäftigt, wobei er bis zum 30. Juli 1994 nach der Lohngruppe III MTB II, aus Anlass einer Aufgabenänderung zum 1. Juni 1994 in die Lohngruppe IV Fallgruppe 5.10 des Manteltarifvertrages für Arbeiter/Arbeiterinnen des Bundes (MRArb) eingestuft wurde. Ab dem 16. September 1994 erfolgte die Entlohnung im Rahmen des Zeitaufstiegs in die Lohngruppe IV a Fallgruppe 5.10. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Auskunft der Standortverwaltung B. sowie die von der Beklagten im Verfahren (L 4 R 244/03) vorgelegten Tarifvertrags-Unterlagen Bezug genommen.
Der erste Rentenantrag des Klägers vom 9. November 2001 wurde nach den medizinischen Ermittlungen (Internistisches Gutachten von Dr. C., Diagnosen: Lumbalsyndrom, Diabetes mellitus; Leistungsvermögen: leichte und mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr) von der Beklagten mit Bescheid vom 5. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2002 abgelehnt. Die hiergegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil vom 16. Dezember 2002, S 8 RJ 1905/02). Im anschließenden Berufungsverfahren wurde der Kläger nervenärztlich begutachtet. Der Neurologe und Psychiater Dr. F. kam zu dem Ergebnis, bei dem Kläger lägen eine somatoforme Funktionsstörung sowie Angst und depressive Störung gemischt vor. Es handele sich um milde ausgeprägte Gesundheitsstörungen. Geistige Funktionsstörungen hätten sich nicht gefunden, diese seien auch klinisch-psychologisch nicht zu objektivieren. Aufgrund der Befunde und Diagnosen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sei das berufliche Leistungsvermögen nicht reduziert. Der Kläger sei quantitativ nicht eingeschränkt.
Mit Vergleich vom 21. Februar 2006 verpflichtete sich die Beklagte, dem Kläger eine stationäre medizinische Rehabilitation im Sinne einer Belastungserprobung zu gewähren. Für den Fall, dass die Belastungserprobung eine einschränkte Leistungsfähigkeit des Klägers ergebe, werde sie den Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente nach Maßstab des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) überprüfen (Bl. 221 ff. der LSG-Akte L 9 R 244/03).
Der Kläger führte daraufhin vom 14. Juni bis 12. Juli 2006 ein stationäres Rehabilitationsverfahren in der S.klinik B. B. durch. Er wurde als vollschichtig leistungsfähig auf dem Arbeitsmarkt mit den Diagnosen "Anpassungsprobleme, akzentuierte Persönlichkeit, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und Wirbelsäulen-Syndrom" entlassen. Er sei zu Beginn des Heilverfahrens an der Erarbeitung einer beruflichen Perspektive interessiert gewesen und mit der Reha-Einrichtung in Kontakt getreten. Im weiteren Verlauf des Heilverfahren sei die Rentenmotivation immer deutlicher geworden, so dass er nicht mehr aktiv an der Entwicklung einer weiteren beruflichen Perspektive mitgearbeitet und seine Beschwerden verdeutlicht habe. Über diese Motivationslage sei es zu einem konflikthaften Verlauf gekommen, in dem sich der Kläger zunehmend über die von ihm empfundene Behandlung beschwert habe. Die Situation habe sich insbesondere um den Zeitpunkt der arbeitstherapeutischen Belastungserprobung und Besprechung des Leistungsbildes zugespitzt. Eine psychische Störung im Sinne der ICD-10F scheide aus, sie liege aus psychotherapeutischer Sicht nicht vor, wohl aber akzentuierte Persönlichkeitszüge, jedoch nicht im Sinne einer Diagnose. Die Symptome der somatoformen autonomen Funktionsstörung, welche Dr. F. diagnostiziert habe, seien vom Kläger im Verlauf der Maßnahme nicht geschildert worden. Auch Anhaltspunkte für Störungen aus dem Angst- oder Depressionsbereich lägen nicht vor. Der Kläger müsse lediglich Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen vermeiden und sei angesichts leicht unterdurchschnittlicher Testergebnisse in Bezug auf das Aufmerksamkeits- und Reaktionsvermögen für eine Fahrertätigkeit ungeeignet. Er könne noch leichte Tätigkeiten in überwiegend wechselnder Arbeitshaltung unter Vermeidung von Akkordarbeit, Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten sowie überwiegende Zwangshaltungen der Wirbelsäule verrichten.
Ab dem 16. Januar 2007 nahm der Kläger an einer berufsfördernden Maßnahme im Bildungs- und Rehabilitationszentrum K.-L. teil. Dabei handelte es sich um eine Qualifizierungsmaßnahme zur "Auftragsbearbeitung mit EDV" mit dem IHK-Zertifikat "Fachkraft für Einkauf und Logistik". Die Maßnahme sollte ursprünglich bis zum 14. September 2007 dauern. Mit Bescheid vom 16. April 2007 stimmte die Beklagte einer von der Reha-Einrichtung beantragten Verlängerung der Maßnahme bis zum 9. Oktober 2007 zu. Durch Bescheid vom 24. Juli 2007 brach die Beklagte die Ausbildung des Klägers zum 31. Juli 2007 ab.
Nach dem Bericht über die Durchführung der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben des beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrums S., K.-L., hat der Kläger an den Qualifizierungsmaßnahmen zunächst ohne nennenswerte Fehlzeiten teilgenommen. Im weiteren Verlauf hätten sich die hauptsächlich medizinisch entschuldigten Fehlzeiten in einem Umfang erhöht, dass Ende Juli 2007 die versäumten Lehrinhalte nicht mehr aufzuholen gewesen seien. Der Kläger habe über Konzentrations- und Belastungsprobleme aufgrund eines aus einem früheren Beruf herrührenden Schlafrhythmusses geklagt. Angebotene medizinische Hilfe des ärztlichen Dienstes des Hauses habe er als inkompetent abgelehnt und dem Haus die Schweigepflichtentbindung entzogen. Es habe dann mehrere Gruppen- und Einzelgespräche gegeben, die nicht zu einer Klärung der Situation geführt hätten. Ab dem 11. Juni 2007 habe er bis Praktikumsbeginn am 2. Juli 2007 ganz gefehlt, sich dann aber beim Praktikumsbeginn gemeldet, sei jedoch ab dem Folgetag wieder krank gewesen und habe bis zum 27. Juli 2007 gefehlt.
Am 27. Juli 2007 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte zog einen ärztlichen Befundbericht des behandelnden Facharztes für Innere Medizin Dr. B. bei. Danach sei der Diabetes mellitus Typ IIa oral eingestellt, der Kläger leide darüber hinaus an einer arteriellen Hypertonie, einer Hypercholesterinämie, einem Zustand nach Sulcus-Ulinaris-Syndrom rechts und einem Zustand nach eitriger Pleuritis links. Aktuelle Beschwerden seien ihm nicht bekannt. Der Diabetes mellitus Typ II sei seit 1988 bekannt, werde seit Oktober 2002 behandelt, wobei bislang keine Folgeerkrankungen bekannt seien. Die Hypertonie sei gut eingestellt, ebenfalls die Hypercholesterinämie. Die eitrige Pleuritis sei folgenlos verheilt. Die mitgeteilten Laborwerte (HbA1C) bewegten sich in dem Zeitraum vom 28. April 2006 bis zum 14. Dezember 2007 zwischen 6,7 und 8,1.
Nach dem beigezogenen Gutachten des Arztes für Arbeitsmedizin G., Ärztlicher Dienst der Agentur für Arbeit K., sei der Kläger vollschichtig leistungsfähig für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen.
Die Beklagte holte ferner einen Befundbericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. ein, der über eine einmalige Konsultation vom 30. Mai 2007 berichtete.
Die Beklagte veranlasste eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. S., der zu dem Ergebnis kam, es bestünden lediglich Einschränkungen hinsichtlich körperlicher Schwerarbeiten und häufig und unregelmäßig wechselnder Schichtzeiten, längeren Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie häufigem schweren Heben und Tragen, jedoch keine Minderung des zeitlichen Leistungsvermögens. Die Diabeteserkrankung stehe einer Tätigkeit als Kraftfahrer selbst dann nicht entgegen, wenn diese durch Insulin behandelt werde. Eine relevante Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit sei nie nachgewiesen worden, weshalb auch diesbezüglich kein belegbarer Grund gegen eine Tätigkeit als Kraftfahrer bestehe.
Mit Bescheiden vom 18. Februar 2008 lehnte die Beklagte daraufhin sowohl den Überprüfungsantrag sowie den neuen Rentenantrag des Klägers mit der Begründung ab, er könne in seinem erlernten Beruf als Kraftfahrer noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei damit nicht erwerbsgemindert.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, es lägen pathologische Blutwerte bei Bestehen einer Stoffwechselerkrankung (Diabetes mellitus) vor. Bei körperlicher und psychischer Belastung komme es zu Blutzuckerentgleisungen. Auch aufgrund seiner Wirbelsäulenerkrankung könne er nicht dauerhaft als Fahrer sitzen. Wegen seiner psychischen Beeinträchtigung sei er nicht mehr in der Lage einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Er habe die berufliche Rehabilitationsmaßnahme aus gesundheitlichen Gründen abbrechen müssen, weil er nicht dauerhaft belastbar gewesen sei.
Nach Einholung einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. S. wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. Juli 2008 den Widerspruch mit der Begründung zurück, dem Kläger sei eine Tätigkeit als Kraftfahrer mehr als sechs Stunden täglich möglich, weshalb er weder berufungsfähig noch erwerbsgemindert sei.
Mit seiner dagegen am 29. Juli 2008 beim SG erhobenen Klage hat der Kläger auf seine fortbestehende Blutzucker- und Wirbelsäulenerkrankung verwiesen. Auch die dauerhafte Tagesmüdigkeit mit eingeschränkter Konzentration stehe einer Berufstätigkeit entgegen. Sowohl die Befunde der Blutzuckererkrankung sowie auch das Sulcus-Ulinaris-Syndrom hätten sich verschlechtert. Außerdem bestehe Berufsschutz als Facharbeiter in seinem erlernten Beruf als Kraftfahrer.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt, die Karteieinträge und Laborwerte bei Dr. B. eingeholt und den Verweisungsberuf eines Registrators oder Poststellenmitarbeiters BAT VIII in das Verfahren eingeführt.
Der Neurologe und Psychologe Dr. R. hat im Hinblick auf die nur einmalige Konsultation durch den Kläger vom 30. Mai 2007 darauf hingewiesen, dass er Fragen zum zeitlichen Leistungsvermögen nicht beantworten könne. Der Orthopäde Dr. B. hat den Kläger für noch in der Lage erachtet, sechsstündig als Kraftfahrer tätig zu sein, wenn hierbei schweres Heben und Tragen vermieden werden könne, etwa durch mechanische Hilfen beim Be- und Entladen. Dr. B. hat eine ständige Besserung der Werte dokumentiert.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2009 hat das SG die Klage nach vorheriger Anhörung mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Er könne nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme mindestens sechs Stunden leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne schweres Heben und Tragen, ohne länger dauernde Wirbelsäulenzwangshaltungen und unter Ausschluss von Schichtarbeit (häufig und unregelmäßig wechselnde Schichtzeiten) arbeiten. Er sei auch nicht berufsunfähig, da er die Tätigkeit eines Kraftfahrers ebenso wie die für einen Facharbeiter zumutbare Verweisungstätigkeit eines Poststellenmitarbeiters BAT VIII mit den bestehenden Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden verrichten könne. Dabei bestehe seit der erstmaligen Rentenantragsstellung am 09. November 2001 ein im Wesentlichen gleichbleibender Gesundheitszustand, weshalb weder im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X noch auf den neuerlichen Rentenantrag vom 27. Juli 2007 ein Anspruch auf die Gewährung der begehrten Rente wegen Erwerbsminderung bestehe. Das Klagebegehren sei dahingehend auszulegen, dass er die rückwirkende Bewilligung von Erwerbsminderung im Zugunstenverfahren auf seinen erstmaligen Rentenantrag vom 09. November 2001, der mit Bescheid vom 17. Februar 2002 abgelehnt worden sei, begehre, hilfsweise die Gewährung von Erwerbsminderungsrente auf den neuerlichen Antrag vom 27. Juli 2007. Gestützt auf die sozialmedizinischen Stellungnahmen des Facharztes für Chirurgie Dr. S. sowie unter Würdigung der von den behandelnden Ärzten übermittelten aktuellen Befunde sei das Gericht davon überzeugt, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers seit erstmaliger Rentenantragstellung nicht wesentlich geändert habe und er mit den objektivierbaren Gesundheitsstörungen durchaus noch in der Lage sei, als Kraftfahrer zu arbeiten. Die Diabeteserkrankung sei unter lediglich oral-medikamentöser Behandlung zufriedenstellend eingestellt mit einem HbA-1C-Wert, der in den letzen Jahren maximal 8,1 betragen und sich zuletzt auf 6,5 am 29. August 2008 gebessert habe. Hypo- oder Hyperglykämien würden von Dr. B. nicht berichtet, diabetische Folgeerkrankungen bestünden nicht. Die vom Kläger seit Jahren geklagten Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen seien nicht nachgewiesen. Sie hätten im Rahmen der Begutachtung durch Dr. F. nicht verifiziert werden können. Soweit er selbst vorzeitige Ermüdbarkeit und Aufmerksamkeitsstörungen auf einen nicht der Üblichkeit entsprechenden Rhythmus (der Kläger stehe um 2:30 Uhr morgens auf) zurückführe, sei dies einer willentlichen Beeinflussung zugänglich. Gleichzeitig werde im Entlassungsbericht der S.klinik B. B. von einer nur sehr eingeschränkten Motivation des Klägers zur Mitarbeit und einem im Lauf der Behandlung immer stärker in den Vordergrund getretenen Rentenbegehren berichtet, wodurch die dort ebenfalls beschriebene leicht unterdurchschnittliche Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit relativiert würden, da insoweit im Rahmen der Befunderhebung eine besondere Mitarbeitsabhängigkeit bestehe. Insgesamt seien keine über einen längeren Zeitraum andauernden behandlungsbedürftigen Gesundheitsstörungen auf psychiatrischen oder neurologischen Fachgebiet nachgewiesen, so dass quantitative Leistungseinschränkungen insoweit nicht vorlägen, wie dies sowohl der Gutachter Dr. F. als auch Dr. S. für das Gericht schlüssig und nachvollziehbar im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt hätten. Die auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen in Gestalt eines degenerativen Cervikal-Syndroms bei Bandscheibenschaden C5/6, chronischen Schulter-Arm-Syndroms rechts betont, einer Ellenbogengelenksathralgie und Epicondylopathie rechts bei bestehendem Sulcus-Ulinaris-Sydrom am rechten Ellenbogen und chronischen Lumbalsyndroms mit überlastungsbedinger Bandscheibenreizung stünden einer Kraftfahrertätigkeit nicht entgegen. Insoweit stütze sich das Gericht auf die Einschätzung von Dr. S. und dem behandelnden Orthopäden Dr. B ... Kraftfahrertätigkeiten seien nicht zwangsläufig mit dem Be- und Entladen von Lkw verbunden; reine Fahrertätigkeiten seien mit dem Gesundheitszustand noch zu vereinbaren. Der Kläger sei deswegen nicht berufsunfähig. Ergänzend hat das SG ausgeführt, dass selbst wenn der Kläger die Kraftfahrertätigkeit nicht mehr verrichten könne, er zwar aufgrund seiner zuletzt erfolgten tarifvertraglichen Entlohnung nach Lohngruppe IV des Manteltarifvertrages für Arbeiter/innen des Bundes als Facharbeiter anzusehen sei, er aber dennoch nicht berufsunfähig wäre, da er auf eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter BAT VIII sozial zumutbar verwiesen und derartige Tätigkeiten mit den bestehenden Gesundheitsstörungen noch mindestens sechsstündig verrichten könne. Die Tätigkeit auf einer Poststelle umfasse das Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen des Kuvertier- und Frankiermaschinen und Beschriften der ausgehenden Aktenpost. Es handele sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen in wechselnder Körperhaltung. Es könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über 10 kg gehoben bzw. getragen werden müssten. Solche Transporttätigkeiten seien jedoch in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst vom und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle dort nur von wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen werde. Die Mehrheit der Mitarbeiter der Poststelle sei hingegen ausschließlich mit dem Fertigmachen der auslaufenden Post und mit der Bearbeitung der eingehenden Post betraut, so dass die zu verrichtenden Arbeiten nicht den Schweregrad leichter körperlicher Arbeiten überstiegen. Diese Tätigkeiten seien dem Kläger auch noch ohne Weiteres zuzumuten. Eine solche Tätigkeit stelle weder besondere Anforderungen an das Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsvermögen, noch seien damit lang dauernde Über-Kopf-Arbeiten oder andauernde Wirbelsäulenzwangshaltungen verbunden. Der Kläger sei deswegen auch nicht erwerbsgemindert. Da dieses Leistungsvermögen bereits seit erstmaliger Rentenantragstellung im November 2004 bestanden habe, sei weder der Ablehnungsbescheid vom 18. Februar 2008 hinsichtlich des Überprüfungsantrages betreffend den Bescheid vom 17. Mai 2002 noch der Bescheid vom 18. Februar 2008 betreffend den nochmaligen Rentenantrag des Klägers aus dem Jahr 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2008 rechtlich zu beanstanden.
Mit seiner dagegen am 27. Februar 2009 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, dass er aufgrund seines angegriffenen Gesundheitszustandes weder einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen noch im Bezugsberuf als Berufskraftfahrer arbeiten könne und ihm deshalb die beantragte Erwerbsminderungsrente bislang zu Unrecht versagt worden sei. Die Arbeitsvermittlerin R. habe eindeutig mitgeteilt, dass er nicht mehr als Berufskraftfahrer arbeiten dürfe und momentan auf der Reha-Schiene "nichts möglich sei". Zu der Kündigung des Rehabilitationsvertrages sei es allein aus gesundheitlichen Gründen gekommen. Er habe deswegen die Reha-Maßnahme vorzeitig abbrechen müssen. Es erschließe sich ihm deswegen nicht, weshalb das Vordergericht von Motivationsproblemen als Ursache für den Abbruch der Maßnahme ausgegangen sei. Er sei nur mit zusätzlichen Pausen und unter ärztlicher Aufsicht überhaupt in der Lage gewesen, länger zu arbeiten. Bei der Maßnahme seien auch zweifelsfrei die Konzentrations- und Reaktionsschwächen festgestellt worden. Auch die Entwicklung des HbA1C-Wertes sei unzutreffend dargestellt worden. Während der durchgeführten Maßnahme seien seine Werte immer schlechter geworden, weil der Dozent ihm verboten habe zusätzliche Pausen einzuhalten. Während seiner Berufstätigkeit sei er fast nie dazu gekommen, länger als vier Stunden am Stück zu schlafen. Die Umstellung des Schlafverhaltens dauere etwa ebenso lange wie die Zeit der unregelmäßigen Schlafzeiten, in seinem Fall also um 30 Jahre. Wegen seiner Ganztagsmüdigkeit und der gesundheitlichen Einschränkungen sei der Busführerschein und der Lkw-Führerschein nicht verlängert worden, so dass er überhaupt keine Qualifikation mehr habe. Für die genannte Verweisungstätigkeit einer Bürohilfe sei eine kaufmännische Ausbildung erforderlich, über die er nicht verfüge. Die jahrelange Verschleppung seines Rentenantrages und die Machenschaften seitens der Beklagten belasteten sein Psyche sehr. Zu Dr. F. wolle er bemerken, dass dieser sein Gutachten aus dem Krankenbett im Krankenhaus unter Druck verfasst habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Februar 2009 sowie die Bescheide vom 18. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 5. Februar 2002 zurückzunehmen und ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 9. November 2001, hilfsweise ab 1. Juli 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat dem Kläger bestätigt, dass er unter Berücksichtigung der beruflichen Reha-Maßnahme bzw. des Bezuges von Übergangsgeld von Januar bis Juli 2007 und der Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit vom August 2007 bis Dezember 2007 und ab Januar 2009 laufend bei Annahme eines Leistungsfalles am 4. September 2009 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente erfülle (Schreiben vom 17. September 2009).
Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 11. August 2009 erörtert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und die beigezogenen Gerichtsakten S 8 RJ 3858/00, S 8 RJ 1905/02, S 8 RJ 332/04, L 9 R 244/03 und L 9 R 4578/04 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, da er Leistungen von mehr als einem Jahr begehrt (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die Gewährung von Erwerbsminderungsrente unter Rücknahme des Bescheides vom 5. Februar 2002 im Zugunstenverfahren noch aufgrund seines jetzigen Rentenantrages, denn er ist bei einem im Wesentlichen gleichbleibenden Gesundheitszustand weder damals noch heute erwerbsgemindert.
Nach § 44 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Die Beklagte hat zu Recht den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 5. Februar 2002 abgelehnt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I S. 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Nach § 43 Abs 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 61 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I S 554) haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Die Voraussetzungen liegen bei dem Kläger in Auswertung der vorliegenden Gutachten sowie der sachverständigen Zeugenaussagen nicht vor. Dies hat das SG ausführlich begründet dargelegt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen in vollem Umfang an und sieht deswegen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass der Kläger zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung sowohl hinsichtlich seines ersten Rentenantrages vom 9. November 2001 als auch in Bezug auf seinen zweiten Rentenantrag vom 27. Juni 2007 erfüllt. Der Senat stützt sich insoweit auf den von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 9. Juni 2009 sowie das Schreiben der Beklagten vom 17. September 2009, wonach die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sogar noch bei Annahme eines Leistungsfalles am 4. September 2009 erfüllt sind. Der Kläger ist aber nicht erwerbsgemindert. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Entscheidung. Soweit er darauf hinweist, dass er bereits bei der Untersuchung durch Dr. F. an starken Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen gelitten hat, so sind diese gerade durch den von Dr. F. erhobenen Tagesablauf nicht belegt. Danach ist der Kläger noch in der Lage, seinen Haushalt eigenständig zu versorgen, zweimal wöchentlich ein Fitnessstudio aufzusuchen, morgens eine dreiviertel Stunde spazieren zu gehen, regelmäßig Urlaube durchzuführen und auch Arbeitsplatzrecherchen am Computer vorzunehmen. All dies belegt, dass der Kläger durch das von ihm geschilderte Schlafdefizit nicht, wie dies zu erwarten gewesen wäre, nennenswert in seinen Alltagsaktivitäten einschränkt ist, vielmehr seinen Tag noch genau strukturieren und sein Rentenbegehren zielgerichtet verfolgen kann, sich also noch sehr wohl behauptet. Das deckt sich mit dem von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2009 getroffenen Eindruck. Insofern hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass die während der Rehabilitationsmaßnahme festgestellten diesbezüglichen Einschränkungen sehr wohl auf die beschriebene fehlende Mitwirkung zurückzuführen sind. Ob und in welchem Umfang diese zum Abbruch der Maßnahme beigetragen haben, hat das SG nicht ausgeführt, war und ist auch nicht Gegenstand der Ablehnung des Rentenantrags, sondern hatte nur Bedeutung für die Rechtsfolgen aus dem Reha-Abbruch. Dass der Kläger schließlich die Reha-Maßnahme ohne berufliche Reintegration abgebrochen hat, führt ebenfalls nicht zu einem Anspruch auf die begehrte Rente, denn die Beklagte hat sich in dem Vergleich vom 21. Februar 2006 nur verpflichtet, über den Rentenantrag neu zu entscheiden. Schließlich konnte den Senat auch die abweichende Beurteilung des Agentur für Arbeit nicht überzeugen, denn diese wurde gerade auf das angeblich fehlende Konzentrations- und Merkvermögen gestützt. Die akzentuierte Persönlichkeit des Klägers hat während seines Erwerbslebens einer Berufstätigkeit nicht entgegengestanden und begründet deswegen keine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens.
Soweit der Kläger auf die schwierige Einstellung seines Diabetes hingewiesen hat, so ist dies durch die mitgeteilten Befunde von Dr. B. in keiner Weise belegt. Dieser hat bereits gegenüber der Beklagten geschildert, dass der Diabetes mellitus gut eingestellt sei und dass eine Behandlung in allein oraler Form ausreichend ist. Für die Richtigkeit dieser Einschätzung spricht auch zur Überzeugung des Senats, dass bislang trotz der sehr langen Vorerkrankung keine Folgeschäden eingetreten sind. Diese Beurteilung wird durch die im SG-Verfahren vorgelegten Karteieinträge und aktenkundigen Laborwerte bestätigt, die eine stetige Besserung der Werte dokumentieren.
Die orthopädischen Befunde bedingen lediglich, dass der Kläger nicht mehr schwer Heben und Tragen kann, mithin ausschließlich qualitative Einschränkungen. Dass der Kläger durch die dadurch begründeten Beschwerden nicht nennenswert belastet ist, wird auch dadurch belegt, dass seit anderthalb Jahren kein Arzt-Patientenkontakt zu verzeichnen war. Die von Dr. B. geschilderten Einschränkungen sind auch mit der Tätigkeit eines Kraftfahrers nicht zwangsläufig verbunden, worauf das SG zutreffend verwiesen hat. Seinen Beruf als Kraftfahrer kann der Kläger daher aus gesundheitlichen Gründen noch weiterhin zumutbar ausüben.
Der Kläger ist daher gesundheitlich sowohl noch in der Lage, in seinem erlernten Beruf als Kraftfahrer sechs Stunden und mehr zu arbeiten wie in dem ihm benannten Verweisungsberuf als Poststellenmitarbeiter. Diese sogenannte Verweisungstätigkeit verlangt keine kaufmännische Ausbildung, sondern ist innerhalb einer Einarbeitungszeit von mindestens drei Monaten erlernbar. Insofern bringt der Kläger, der sich in seiner Freizeit mit Arbeitsplatzrecherchen am Computer beschäftigt, auch die erforderlichen Vorkenntnisse mit, um die Einweisung in der erforderlichen Zeit zu bewältigen. Der Kläger ist daher nicht berufsunfähig und deswegen erst recht nicht erwerbsgemindert.
Weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung von Gutachten, sind nicht erforderlich. Die aktuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen - soweit überhaupt vorhanden - ergeben sich vollständig aus dem vom SG eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenauskünften der behandelnden Ärzte.
Die Berufung des Klägers ist daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1955 geborene Kläger hat nach seiner 1974 abgeschlossenen Ausbildung zum Kfz-Mechaniker zunächst seinen Wehrdienst absolviert und war dann für verschiedene Speditionsfirmen als Kraftfahrer tätig. Am 16. Februar 1989 legte er nach verkürzter Ausbildung die Prüfung zum Berufskraftfahrer/Güterverkehr nach § 34 Bundesbildungsgesetz (BBiG) ab (Prüfungszeugnis der IKK N. vom 16. Februar 1989). Von 1990 bis zum 31. Dezember 1999 war er als Kraftfahrer bei der Deutschen Bundeswehr beschäftigt, wobei er bis zum 30. Juli 1994 nach der Lohngruppe III MTB II, aus Anlass einer Aufgabenänderung zum 1. Juni 1994 in die Lohngruppe IV Fallgruppe 5.10 des Manteltarifvertrages für Arbeiter/Arbeiterinnen des Bundes (MRArb) eingestuft wurde. Ab dem 16. September 1994 erfolgte die Entlohnung im Rahmen des Zeitaufstiegs in die Lohngruppe IV a Fallgruppe 5.10. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Auskunft der Standortverwaltung B. sowie die von der Beklagten im Verfahren (L 4 R 244/03) vorgelegten Tarifvertrags-Unterlagen Bezug genommen.
Der erste Rentenantrag des Klägers vom 9. November 2001 wurde nach den medizinischen Ermittlungen (Internistisches Gutachten von Dr. C., Diagnosen: Lumbalsyndrom, Diabetes mellitus; Leistungsvermögen: leichte und mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr) von der Beklagten mit Bescheid vom 5. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2002 abgelehnt. Die hiergegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil vom 16. Dezember 2002, S 8 RJ 1905/02). Im anschließenden Berufungsverfahren wurde der Kläger nervenärztlich begutachtet. Der Neurologe und Psychiater Dr. F. kam zu dem Ergebnis, bei dem Kläger lägen eine somatoforme Funktionsstörung sowie Angst und depressive Störung gemischt vor. Es handele sich um milde ausgeprägte Gesundheitsstörungen. Geistige Funktionsstörungen hätten sich nicht gefunden, diese seien auch klinisch-psychologisch nicht zu objektivieren. Aufgrund der Befunde und Diagnosen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sei das berufliche Leistungsvermögen nicht reduziert. Der Kläger sei quantitativ nicht eingeschränkt.
Mit Vergleich vom 21. Februar 2006 verpflichtete sich die Beklagte, dem Kläger eine stationäre medizinische Rehabilitation im Sinne einer Belastungserprobung zu gewähren. Für den Fall, dass die Belastungserprobung eine einschränkte Leistungsfähigkeit des Klägers ergebe, werde sie den Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente nach Maßstab des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) überprüfen (Bl. 221 ff. der LSG-Akte L 9 R 244/03).
Der Kläger führte daraufhin vom 14. Juni bis 12. Juli 2006 ein stationäres Rehabilitationsverfahren in der S.klinik B. B. durch. Er wurde als vollschichtig leistungsfähig auf dem Arbeitsmarkt mit den Diagnosen "Anpassungsprobleme, akzentuierte Persönlichkeit, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und Wirbelsäulen-Syndrom" entlassen. Er sei zu Beginn des Heilverfahrens an der Erarbeitung einer beruflichen Perspektive interessiert gewesen und mit der Reha-Einrichtung in Kontakt getreten. Im weiteren Verlauf des Heilverfahren sei die Rentenmotivation immer deutlicher geworden, so dass er nicht mehr aktiv an der Entwicklung einer weiteren beruflichen Perspektive mitgearbeitet und seine Beschwerden verdeutlicht habe. Über diese Motivationslage sei es zu einem konflikthaften Verlauf gekommen, in dem sich der Kläger zunehmend über die von ihm empfundene Behandlung beschwert habe. Die Situation habe sich insbesondere um den Zeitpunkt der arbeitstherapeutischen Belastungserprobung und Besprechung des Leistungsbildes zugespitzt. Eine psychische Störung im Sinne der ICD-10F scheide aus, sie liege aus psychotherapeutischer Sicht nicht vor, wohl aber akzentuierte Persönlichkeitszüge, jedoch nicht im Sinne einer Diagnose. Die Symptome der somatoformen autonomen Funktionsstörung, welche Dr. F. diagnostiziert habe, seien vom Kläger im Verlauf der Maßnahme nicht geschildert worden. Auch Anhaltspunkte für Störungen aus dem Angst- oder Depressionsbereich lägen nicht vor. Der Kläger müsse lediglich Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen vermeiden und sei angesichts leicht unterdurchschnittlicher Testergebnisse in Bezug auf das Aufmerksamkeits- und Reaktionsvermögen für eine Fahrertätigkeit ungeeignet. Er könne noch leichte Tätigkeiten in überwiegend wechselnder Arbeitshaltung unter Vermeidung von Akkordarbeit, Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten sowie überwiegende Zwangshaltungen der Wirbelsäule verrichten.
Ab dem 16. Januar 2007 nahm der Kläger an einer berufsfördernden Maßnahme im Bildungs- und Rehabilitationszentrum K.-L. teil. Dabei handelte es sich um eine Qualifizierungsmaßnahme zur "Auftragsbearbeitung mit EDV" mit dem IHK-Zertifikat "Fachkraft für Einkauf und Logistik". Die Maßnahme sollte ursprünglich bis zum 14. September 2007 dauern. Mit Bescheid vom 16. April 2007 stimmte die Beklagte einer von der Reha-Einrichtung beantragten Verlängerung der Maßnahme bis zum 9. Oktober 2007 zu. Durch Bescheid vom 24. Juli 2007 brach die Beklagte die Ausbildung des Klägers zum 31. Juli 2007 ab.
Nach dem Bericht über die Durchführung der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben des beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrums S., K.-L., hat der Kläger an den Qualifizierungsmaßnahmen zunächst ohne nennenswerte Fehlzeiten teilgenommen. Im weiteren Verlauf hätten sich die hauptsächlich medizinisch entschuldigten Fehlzeiten in einem Umfang erhöht, dass Ende Juli 2007 die versäumten Lehrinhalte nicht mehr aufzuholen gewesen seien. Der Kläger habe über Konzentrations- und Belastungsprobleme aufgrund eines aus einem früheren Beruf herrührenden Schlafrhythmusses geklagt. Angebotene medizinische Hilfe des ärztlichen Dienstes des Hauses habe er als inkompetent abgelehnt und dem Haus die Schweigepflichtentbindung entzogen. Es habe dann mehrere Gruppen- und Einzelgespräche gegeben, die nicht zu einer Klärung der Situation geführt hätten. Ab dem 11. Juni 2007 habe er bis Praktikumsbeginn am 2. Juli 2007 ganz gefehlt, sich dann aber beim Praktikumsbeginn gemeldet, sei jedoch ab dem Folgetag wieder krank gewesen und habe bis zum 27. Juli 2007 gefehlt.
Am 27. Juli 2007 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte zog einen ärztlichen Befundbericht des behandelnden Facharztes für Innere Medizin Dr. B. bei. Danach sei der Diabetes mellitus Typ IIa oral eingestellt, der Kläger leide darüber hinaus an einer arteriellen Hypertonie, einer Hypercholesterinämie, einem Zustand nach Sulcus-Ulinaris-Syndrom rechts und einem Zustand nach eitriger Pleuritis links. Aktuelle Beschwerden seien ihm nicht bekannt. Der Diabetes mellitus Typ II sei seit 1988 bekannt, werde seit Oktober 2002 behandelt, wobei bislang keine Folgeerkrankungen bekannt seien. Die Hypertonie sei gut eingestellt, ebenfalls die Hypercholesterinämie. Die eitrige Pleuritis sei folgenlos verheilt. Die mitgeteilten Laborwerte (HbA1C) bewegten sich in dem Zeitraum vom 28. April 2006 bis zum 14. Dezember 2007 zwischen 6,7 und 8,1.
Nach dem beigezogenen Gutachten des Arztes für Arbeitsmedizin G., Ärztlicher Dienst der Agentur für Arbeit K., sei der Kläger vollschichtig leistungsfähig für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen.
Die Beklagte holte ferner einen Befundbericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. ein, der über eine einmalige Konsultation vom 30. Mai 2007 berichtete.
Die Beklagte veranlasste eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. S., der zu dem Ergebnis kam, es bestünden lediglich Einschränkungen hinsichtlich körperlicher Schwerarbeiten und häufig und unregelmäßig wechselnder Schichtzeiten, längeren Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie häufigem schweren Heben und Tragen, jedoch keine Minderung des zeitlichen Leistungsvermögens. Die Diabeteserkrankung stehe einer Tätigkeit als Kraftfahrer selbst dann nicht entgegen, wenn diese durch Insulin behandelt werde. Eine relevante Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit sei nie nachgewiesen worden, weshalb auch diesbezüglich kein belegbarer Grund gegen eine Tätigkeit als Kraftfahrer bestehe.
Mit Bescheiden vom 18. Februar 2008 lehnte die Beklagte daraufhin sowohl den Überprüfungsantrag sowie den neuen Rentenantrag des Klägers mit der Begründung ab, er könne in seinem erlernten Beruf als Kraftfahrer noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei damit nicht erwerbsgemindert.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, es lägen pathologische Blutwerte bei Bestehen einer Stoffwechselerkrankung (Diabetes mellitus) vor. Bei körperlicher und psychischer Belastung komme es zu Blutzuckerentgleisungen. Auch aufgrund seiner Wirbelsäulenerkrankung könne er nicht dauerhaft als Fahrer sitzen. Wegen seiner psychischen Beeinträchtigung sei er nicht mehr in der Lage einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Er habe die berufliche Rehabilitationsmaßnahme aus gesundheitlichen Gründen abbrechen müssen, weil er nicht dauerhaft belastbar gewesen sei.
Nach Einholung einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. S. wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. Juli 2008 den Widerspruch mit der Begründung zurück, dem Kläger sei eine Tätigkeit als Kraftfahrer mehr als sechs Stunden täglich möglich, weshalb er weder berufungsfähig noch erwerbsgemindert sei.
Mit seiner dagegen am 29. Juli 2008 beim SG erhobenen Klage hat der Kläger auf seine fortbestehende Blutzucker- und Wirbelsäulenerkrankung verwiesen. Auch die dauerhafte Tagesmüdigkeit mit eingeschränkter Konzentration stehe einer Berufstätigkeit entgegen. Sowohl die Befunde der Blutzuckererkrankung sowie auch das Sulcus-Ulinaris-Syndrom hätten sich verschlechtert. Außerdem bestehe Berufsschutz als Facharbeiter in seinem erlernten Beruf als Kraftfahrer.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt, die Karteieinträge und Laborwerte bei Dr. B. eingeholt und den Verweisungsberuf eines Registrators oder Poststellenmitarbeiters BAT VIII in das Verfahren eingeführt.
Der Neurologe und Psychologe Dr. R. hat im Hinblick auf die nur einmalige Konsultation durch den Kläger vom 30. Mai 2007 darauf hingewiesen, dass er Fragen zum zeitlichen Leistungsvermögen nicht beantworten könne. Der Orthopäde Dr. B. hat den Kläger für noch in der Lage erachtet, sechsstündig als Kraftfahrer tätig zu sein, wenn hierbei schweres Heben und Tragen vermieden werden könne, etwa durch mechanische Hilfen beim Be- und Entladen. Dr. B. hat eine ständige Besserung der Werte dokumentiert.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2009 hat das SG die Klage nach vorheriger Anhörung mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Er könne nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme mindestens sechs Stunden leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne schweres Heben und Tragen, ohne länger dauernde Wirbelsäulenzwangshaltungen und unter Ausschluss von Schichtarbeit (häufig und unregelmäßig wechselnde Schichtzeiten) arbeiten. Er sei auch nicht berufsunfähig, da er die Tätigkeit eines Kraftfahrers ebenso wie die für einen Facharbeiter zumutbare Verweisungstätigkeit eines Poststellenmitarbeiters BAT VIII mit den bestehenden Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden verrichten könne. Dabei bestehe seit der erstmaligen Rentenantragsstellung am 09. November 2001 ein im Wesentlichen gleichbleibender Gesundheitszustand, weshalb weder im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X noch auf den neuerlichen Rentenantrag vom 27. Juli 2007 ein Anspruch auf die Gewährung der begehrten Rente wegen Erwerbsminderung bestehe. Das Klagebegehren sei dahingehend auszulegen, dass er die rückwirkende Bewilligung von Erwerbsminderung im Zugunstenverfahren auf seinen erstmaligen Rentenantrag vom 09. November 2001, der mit Bescheid vom 17. Februar 2002 abgelehnt worden sei, begehre, hilfsweise die Gewährung von Erwerbsminderungsrente auf den neuerlichen Antrag vom 27. Juli 2007. Gestützt auf die sozialmedizinischen Stellungnahmen des Facharztes für Chirurgie Dr. S. sowie unter Würdigung der von den behandelnden Ärzten übermittelten aktuellen Befunde sei das Gericht davon überzeugt, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers seit erstmaliger Rentenantragstellung nicht wesentlich geändert habe und er mit den objektivierbaren Gesundheitsstörungen durchaus noch in der Lage sei, als Kraftfahrer zu arbeiten. Die Diabeteserkrankung sei unter lediglich oral-medikamentöser Behandlung zufriedenstellend eingestellt mit einem HbA-1C-Wert, der in den letzen Jahren maximal 8,1 betragen und sich zuletzt auf 6,5 am 29. August 2008 gebessert habe. Hypo- oder Hyperglykämien würden von Dr. B. nicht berichtet, diabetische Folgeerkrankungen bestünden nicht. Die vom Kläger seit Jahren geklagten Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen seien nicht nachgewiesen. Sie hätten im Rahmen der Begutachtung durch Dr. F. nicht verifiziert werden können. Soweit er selbst vorzeitige Ermüdbarkeit und Aufmerksamkeitsstörungen auf einen nicht der Üblichkeit entsprechenden Rhythmus (der Kläger stehe um 2:30 Uhr morgens auf) zurückführe, sei dies einer willentlichen Beeinflussung zugänglich. Gleichzeitig werde im Entlassungsbericht der S.klinik B. B. von einer nur sehr eingeschränkten Motivation des Klägers zur Mitarbeit und einem im Lauf der Behandlung immer stärker in den Vordergrund getretenen Rentenbegehren berichtet, wodurch die dort ebenfalls beschriebene leicht unterdurchschnittliche Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit relativiert würden, da insoweit im Rahmen der Befunderhebung eine besondere Mitarbeitsabhängigkeit bestehe. Insgesamt seien keine über einen längeren Zeitraum andauernden behandlungsbedürftigen Gesundheitsstörungen auf psychiatrischen oder neurologischen Fachgebiet nachgewiesen, so dass quantitative Leistungseinschränkungen insoweit nicht vorlägen, wie dies sowohl der Gutachter Dr. F. als auch Dr. S. für das Gericht schlüssig und nachvollziehbar im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt hätten. Die auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen in Gestalt eines degenerativen Cervikal-Syndroms bei Bandscheibenschaden C5/6, chronischen Schulter-Arm-Syndroms rechts betont, einer Ellenbogengelenksathralgie und Epicondylopathie rechts bei bestehendem Sulcus-Ulinaris-Sydrom am rechten Ellenbogen und chronischen Lumbalsyndroms mit überlastungsbedinger Bandscheibenreizung stünden einer Kraftfahrertätigkeit nicht entgegen. Insoweit stütze sich das Gericht auf die Einschätzung von Dr. S. und dem behandelnden Orthopäden Dr. B ... Kraftfahrertätigkeiten seien nicht zwangsläufig mit dem Be- und Entladen von Lkw verbunden; reine Fahrertätigkeiten seien mit dem Gesundheitszustand noch zu vereinbaren. Der Kläger sei deswegen nicht berufsunfähig. Ergänzend hat das SG ausgeführt, dass selbst wenn der Kläger die Kraftfahrertätigkeit nicht mehr verrichten könne, er zwar aufgrund seiner zuletzt erfolgten tarifvertraglichen Entlohnung nach Lohngruppe IV des Manteltarifvertrages für Arbeiter/innen des Bundes als Facharbeiter anzusehen sei, er aber dennoch nicht berufsunfähig wäre, da er auf eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter BAT VIII sozial zumutbar verwiesen und derartige Tätigkeiten mit den bestehenden Gesundheitsstörungen noch mindestens sechsstündig verrichten könne. Die Tätigkeit auf einer Poststelle umfasse das Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen des Kuvertier- und Frankiermaschinen und Beschriften der ausgehenden Aktenpost. Es handele sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen in wechselnder Körperhaltung. Es könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über 10 kg gehoben bzw. getragen werden müssten. Solche Transporttätigkeiten seien jedoch in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst vom und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle dort nur von wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen werde. Die Mehrheit der Mitarbeiter der Poststelle sei hingegen ausschließlich mit dem Fertigmachen der auslaufenden Post und mit der Bearbeitung der eingehenden Post betraut, so dass die zu verrichtenden Arbeiten nicht den Schweregrad leichter körperlicher Arbeiten überstiegen. Diese Tätigkeiten seien dem Kläger auch noch ohne Weiteres zuzumuten. Eine solche Tätigkeit stelle weder besondere Anforderungen an das Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsvermögen, noch seien damit lang dauernde Über-Kopf-Arbeiten oder andauernde Wirbelsäulenzwangshaltungen verbunden. Der Kläger sei deswegen auch nicht erwerbsgemindert. Da dieses Leistungsvermögen bereits seit erstmaliger Rentenantragstellung im November 2004 bestanden habe, sei weder der Ablehnungsbescheid vom 18. Februar 2008 hinsichtlich des Überprüfungsantrages betreffend den Bescheid vom 17. Mai 2002 noch der Bescheid vom 18. Februar 2008 betreffend den nochmaligen Rentenantrag des Klägers aus dem Jahr 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2008 rechtlich zu beanstanden.
Mit seiner dagegen am 27. Februar 2009 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, dass er aufgrund seines angegriffenen Gesundheitszustandes weder einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen noch im Bezugsberuf als Berufskraftfahrer arbeiten könne und ihm deshalb die beantragte Erwerbsminderungsrente bislang zu Unrecht versagt worden sei. Die Arbeitsvermittlerin R. habe eindeutig mitgeteilt, dass er nicht mehr als Berufskraftfahrer arbeiten dürfe und momentan auf der Reha-Schiene "nichts möglich sei". Zu der Kündigung des Rehabilitationsvertrages sei es allein aus gesundheitlichen Gründen gekommen. Er habe deswegen die Reha-Maßnahme vorzeitig abbrechen müssen. Es erschließe sich ihm deswegen nicht, weshalb das Vordergericht von Motivationsproblemen als Ursache für den Abbruch der Maßnahme ausgegangen sei. Er sei nur mit zusätzlichen Pausen und unter ärztlicher Aufsicht überhaupt in der Lage gewesen, länger zu arbeiten. Bei der Maßnahme seien auch zweifelsfrei die Konzentrations- und Reaktionsschwächen festgestellt worden. Auch die Entwicklung des HbA1C-Wertes sei unzutreffend dargestellt worden. Während der durchgeführten Maßnahme seien seine Werte immer schlechter geworden, weil der Dozent ihm verboten habe zusätzliche Pausen einzuhalten. Während seiner Berufstätigkeit sei er fast nie dazu gekommen, länger als vier Stunden am Stück zu schlafen. Die Umstellung des Schlafverhaltens dauere etwa ebenso lange wie die Zeit der unregelmäßigen Schlafzeiten, in seinem Fall also um 30 Jahre. Wegen seiner Ganztagsmüdigkeit und der gesundheitlichen Einschränkungen sei der Busführerschein und der Lkw-Führerschein nicht verlängert worden, so dass er überhaupt keine Qualifikation mehr habe. Für die genannte Verweisungstätigkeit einer Bürohilfe sei eine kaufmännische Ausbildung erforderlich, über die er nicht verfüge. Die jahrelange Verschleppung seines Rentenantrages und die Machenschaften seitens der Beklagten belasteten sein Psyche sehr. Zu Dr. F. wolle er bemerken, dass dieser sein Gutachten aus dem Krankenbett im Krankenhaus unter Druck verfasst habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Februar 2009 sowie die Bescheide vom 18. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 5. Februar 2002 zurückzunehmen und ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 9. November 2001, hilfsweise ab 1. Juli 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat dem Kläger bestätigt, dass er unter Berücksichtigung der beruflichen Reha-Maßnahme bzw. des Bezuges von Übergangsgeld von Januar bis Juli 2007 und der Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit vom August 2007 bis Dezember 2007 und ab Januar 2009 laufend bei Annahme eines Leistungsfalles am 4. September 2009 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente erfülle (Schreiben vom 17. September 2009).
Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 11. August 2009 erörtert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und die beigezogenen Gerichtsakten S 8 RJ 3858/00, S 8 RJ 1905/02, S 8 RJ 332/04, L 9 R 244/03 und L 9 R 4578/04 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, da er Leistungen von mehr als einem Jahr begehrt (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die Gewährung von Erwerbsminderungsrente unter Rücknahme des Bescheides vom 5. Februar 2002 im Zugunstenverfahren noch aufgrund seines jetzigen Rentenantrages, denn er ist bei einem im Wesentlichen gleichbleibenden Gesundheitszustand weder damals noch heute erwerbsgemindert.
Nach § 44 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Die Beklagte hat zu Recht den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 5. Februar 2002 abgelehnt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I S. 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Nach § 43 Abs 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 61 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I S 554) haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Die Voraussetzungen liegen bei dem Kläger in Auswertung der vorliegenden Gutachten sowie der sachverständigen Zeugenaussagen nicht vor. Dies hat das SG ausführlich begründet dargelegt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen in vollem Umfang an und sieht deswegen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass der Kläger zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung sowohl hinsichtlich seines ersten Rentenantrages vom 9. November 2001 als auch in Bezug auf seinen zweiten Rentenantrag vom 27. Juni 2007 erfüllt. Der Senat stützt sich insoweit auf den von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 9. Juni 2009 sowie das Schreiben der Beklagten vom 17. September 2009, wonach die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sogar noch bei Annahme eines Leistungsfalles am 4. September 2009 erfüllt sind. Der Kläger ist aber nicht erwerbsgemindert. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Entscheidung. Soweit er darauf hinweist, dass er bereits bei der Untersuchung durch Dr. F. an starken Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen gelitten hat, so sind diese gerade durch den von Dr. F. erhobenen Tagesablauf nicht belegt. Danach ist der Kläger noch in der Lage, seinen Haushalt eigenständig zu versorgen, zweimal wöchentlich ein Fitnessstudio aufzusuchen, morgens eine dreiviertel Stunde spazieren zu gehen, regelmäßig Urlaube durchzuführen und auch Arbeitsplatzrecherchen am Computer vorzunehmen. All dies belegt, dass der Kläger durch das von ihm geschilderte Schlafdefizit nicht, wie dies zu erwarten gewesen wäre, nennenswert in seinen Alltagsaktivitäten einschränkt ist, vielmehr seinen Tag noch genau strukturieren und sein Rentenbegehren zielgerichtet verfolgen kann, sich also noch sehr wohl behauptet. Das deckt sich mit dem von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2009 getroffenen Eindruck. Insofern hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass die während der Rehabilitationsmaßnahme festgestellten diesbezüglichen Einschränkungen sehr wohl auf die beschriebene fehlende Mitwirkung zurückzuführen sind. Ob und in welchem Umfang diese zum Abbruch der Maßnahme beigetragen haben, hat das SG nicht ausgeführt, war und ist auch nicht Gegenstand der Ablehnung des Rentenantrags, sondern hatte nur Bedeutung für die Rechtsfolgen aus dem Reha-Abbruch. Dass der Kläger schließlich die Reha-Maßnahme ohne berufliche Reintegration abgebrochen hat, führt ebenfalls nicht zu einem Anspruch auf die begehrte Rente, denn die Beklagte hat sich in dem Vergleich vom 21. Februar 2006 nur verpflichtet, über den Rentenantrag neu zu entscheiden. Schließlich konnte den Senat auch die abweichende Beurteilung des Agentur für Arbeit nicht überzeugen, denn diese wurde gerade auf das angeblich fehlende Konzentrations- und Merkvermögen gestützt. Die akzentuierte Persönlichkeit des Klägers hat während seines Erwerbslebens einer Berufstätigkeit nicht entgegengestanden und begründet deswegen keine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens.
Soweit der Kläger auf die schwierige Einstellung seines Diabetes hingewiesen hat, so ist dies durch die mitgeteilten Befunde von Dr. B. in keiner Weise belegt. Dieser hat bereits gegenüber der Beklagten geschildert, dass der Diabetes mellitus gut eingestellt sei und dass eine Behandlung in allein oraler Form ausreichend ist. Für die Richtigkeit dieser Einschätzung spricht auch zur Überzeugung des Senats, dass bislang trotz der sehr langen Vorerkrankung keine Folgeschäden eingetreten sind. Diese Beurteilung wird durch die im SG-Verfahren vorgelegten Karteieinträge und aktenkundigen Laborwerte bestätigt, die eine stetige Besserung der Werte dokumentieren.
Die orthopädischen Befunde bedingen lediglich, dass der Kläger nicht mehr schwer Heben und Tragen kann, mithin ausschließlich qualitative Einschränkungen. Dass der Kläger durch die dadurch begründeten Beschwerden nicht nennenswert belastet ist, wird auch dadurch belegt, dass seit anderthalb Jahren kein Arzt-Patientenkontakt zu verzeichnen war. Die von Dr. B. geschilderten Einschränkungen sind auch mit der Tätigkeit eines Kraftfahrers nicht zwangsläufig verbunden, worauf das SG zutreffend verwiesen hat. Seinen Beruf als Kraftfahrer kann der Kläger daher aus gesundheitlichen Gründen noch weiterhin zumutbar ausüben.
Der Kläger ist daher gesundheitlich sowohl noch in der Lage, in seinem erlernten Beruf als Kraftfahrer sechs Stunden und mehr zu arbeiten wie in dem ihm benannten Verweisungsberuf als Poststellenmitarbeiter. Diese sogenannte Verweisungstätigkeit verlangt keine kaufmännische Ausbildung, sondern ist innerhalb einer Einarbeitungszeit von mindestens drei Monaten erlernbar. Insofern bringt der Kläger, der sich in seiner Freizeit mit Arbeitsplatzrecherchen am Computer beschäftigt, auch die erforderlichen Vorkenntnisse mit, um die Einweisung in der erforderlichen Zeit zu bewältigen. Der Kläger ist daher nicht berufsunfähig und deswegen erst recht nicht erwerbsgemindert.
Weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung von Gutachten, sind nicht erforderlich. Die aktuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen - soweit überhaupt vorhanden - ergeben sich vollständig aus dem vom SG eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenauskünften der behandelnden Ärzte.
Die Berufung des Klägers ist daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen liegen nicht vor.
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