Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 4356/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 6013/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Sanktionsbescheid.
Der 1953 geborene Kläger bezog bis zum 02.07.2006 Arbeitslosengeld und zusätzlich ab 23.01.2006 Arbeitslosengeld II (Alg II). Für den Zeitraum 01.08.2006 bis 31.01.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 03.08.2006 zunächst Leistungen in Höhe von 692,20 EUR (Regelleistung 345 EUR; Kosten der Unterkunft [KdU] 347,20 EUR). Nachdem der Kläger Nebeneinkommensbescheinigungen der Firma D. in G. in Höhe von monatlich 165 EUR ab März 2006 vorgelegt hatte, hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2006 bis 30.09.2006 in Höhe von monatlich 52 EUR teilweise auf und forderte die Erstattung eines Betrags in Höhe von 312 EUR (Bescheid vom 19.09.2006).
Am 19.12.2006 erfuhr die Beklagte ausweislich eines am selben Tag erstellten Vermerks von einem Mitarbeiter der Firma M. in E., dass der Kläger dort seit 01.12.2006 als Thekenkraft in Vollzeit arbeitet. Die Firma M. kündigte das Arbeitsverhältnis am 15.01.2007 zunächst zum 30.01.2007 und am 23.01.2007 fristlos. Für den Monat Dezember 2006 wurden dem Kläger im Dezember 2006 1400 EUR ausbezahlt. Für den Monat Januar 2007 erhielt er am 12.03.2007 einen Betrag in Höhe von 636,68 EUR.
Am 08.02.2007 stellte der Kläger einen Antrag auf Fortzahlung des Alg II. Im Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verneinte er ein arbeitsvertragswidriges Verhalten; die Kündigung sei wegen Krankheit erfolgt. Ein Mitarbeiter der Firma M. teilte der Beklagten telefonisch mit, der Kläger habe die Arbeit nach einer Erkrankung nicht mehr aufgenommen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe er erst nach zwei Wochen Fehlzeit vorgelegt. Die Kündigung sei erfolgt, weil eine Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrages aufgrund der Unzuverlässigkeit des Klägers unmöglich erscheine. Ergänzend teilte die Firma M. der Beklagten mit, dass sich die Arbeitsauffassung des Klägers nicht mit ihren Erwartungen decke. Sie seien von Gästen mehrfach auf seinen unfreundlichen Ton angesprochen worden. Er habe sein Verhalten auch nach Aufforderung immer nur sehr kurz geändert.
Mit Bescheid vom 09.05.2007 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.12. bis 31.12.2006 in Höhe von insgesamt 633,38 EUR aufgrund des Zuflusses des Lohnes für den Monat Dezember 2006 im Monat Dezember 2006 teilweise auf. Sie forderte die Erstattung eines Betrags in Höhe von 581,38 EUR, ein Betrag in Höhe von 52 EUR wurde mit einer Nachzahlung verrechnet. Mit weiterem Bescheid vom 09.05.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 08.02.2007 bis 28.02.2007 in Höhe von 484,54 EUR. Mit Aufhebungsbescheid ebenfalls vom 09.05.2007 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.03. bis 31.03.2007 ganz auf, da durch den Zufluss des im Monat März 2007 erzielten Einkommens für den Monat Januar 2007 das Einkommen den Gesamtbedarf überstiegen habe.
Mit Bescheid vom 09.05.2007 teilte die Beklagte dem Kläger außerdem mit, der ihm zustehende Anteil des Alg II werde für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.08.2007 um 30 v.H. der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm zustehenden Gesamtauszahlungsbetrages, abgesenkt. Daraus ergebe sich eine Absenkung in Höhe von maximal 104 EUR monatlich. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung werde ab 01.06.2007 gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger habe sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert, eine nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II zumutbare Arbeit auszuführen. Sanktionsnorm sei § 31 Abs. 1 Nr. 1 d SGB II.
Mit weiterem Bescheid vom 09.05.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.04. bis 31.07.2007 in Höhe von 691,90 EUR monatlich für die Monate April und Mai 2007 und - in Ausführung der Sanktion - in Höhe von 587,90 EUR für die Monate Juni und Juli 2007. Nach Eingang der Lohnabrechnung für den Monat Mai 2007 (brutto/netto 160 EUR) bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19.06.2007 unter Aufhebung der in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen für den Monat Juli 2007 Leistungen in Höhe von 541,90 EUR. Hierbei wurde ein Anrechnungsbetrag wegen des Nebenverdienstes im Monat Juli 2007 und die Absenkung der Regelleistung auf Grund des Sanktionstatbestands berücksichtigt (Regelleistung 347 EUR minus 48 EUR; KdU 346,90 EUR, Gesamtanspruch 645,90 EUR abzüglich Sanktionsbetrag in Höhe von 104 EUR). Im weiteren Verlauf hob die Beklagte mit Bescheid vom 15.08.2007 außerdem die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.06. bis 30.06.2007 wegen anzurechnenden Nebeneinkommens in Höhe von 48 EUR teilweise auf und forderte die Erstattung dieses Betrags. Mit einem zweiten Bescheid vom 15.08.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum 01.08.2007 bis 31.01.2008 in Höhe von 541,90 EUR für den Monat August 2007 (Regelleistung 299 EUR; KdU 346,90 EUR; Minderungsbetrag auf Grund von Sanktionen 104 EUR) und in Höhe von 645,90 EUR für die Folgemonate (Regelleistung 299 EUR; KdU 346,90 EUR).
Gegen den Sanktionsbescheid vom 09.05.2007 erhob der Kläger Widerspruch. Er machte geltend, die Beklagte habe ihm keine Arbeit vorgeschlagen. Die Kündigung sei von der Firma M. ausgesprochen worden, obwohl er ab dem 09.01.2007 krank geschrieben gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe sein Arbeitsverhältnis bei der Firma M. durch arbeitsvertragswidriges Verhalten verloren. Einen wichtigen Grund habe er nicht nachgewiesen. Die im SGB III genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit, die das Ruhen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen würden, seien somit erfüllt. Die Voraussetzungen für die Absenkung des Alg II um 30 v.H. der maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts seien ebenfalls erfüllt (§ 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II). Für den Kläger betrage die nach § 20 SGB II maßgebende Regelleistung monatlich 345 EUR. Hieraus ergebe sich ein Absenkungsbetrag in Höhe von monatlich 104 EUR.
Hiergegen hat der Kläger am 13.08.2007 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er habe von der Beklagten keine Arbeit vorgeschlagen bekommen und habe sich deshalb auch nicht geweigert, eine Arbeit auszuführen (§ 31 Abs. 1 Nr. 1d SGB II). Im Übrigen habe er die Arbeit nicht wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens verloren, da er vom 09.01. bis 23.01.2007 krank geschrieben gewesen sei. Auch seine Arbeitsleistung sei nicht ungenügend gewesen. Zurückgemeldet nach Ende der Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber habe er sich deshalb nicht, weil er während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit zwei Kündigungen bekommen habe.
Das SG hat den Orthopäden Dr. F. als sachverständigen Zeugen gehört. Dr. F. hat am 29.05.2008 mitgeteilt, dass sich der Kläger vom 12.01. bis 24.02.2007 in seiner Behandlung befunden habe. Er habe ihm Arbeitsunfähigkeit vom 02.02. bis zum 21.02.2007, nicht jedoch für den Monat Januar 2007, bescheinigt.
Mit Urteil vom 16.10.2008 hat das SG den Bescheid vom 09.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2007 aufgehoben. Die Voraussetzungen für eine Absenkung des Alg II seien beim Kläger nicht gegeben. Die Ermächtigungsgrundlage des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c SGB II scheitere daran, dass vor der Weigerung der Aufnahme bzw. Fortführung einer zumutbaren Arbeit keine Belehrung über die Rechtsfolgen erfolgt sei. Auch § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II scheide als Ermächtigungsgrundlage aus. Nr. 3a der Vorschrift sei bereits deshalb nicht erfüllt, weil diese Norm einen grundsätzlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III und eine Sperrzeitentscheidung der Agentur für Arbeit voraussetze. Auch Nr. 3b des § 31 Abs. 4 SGB II sei nicht einschlägig. Es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen einer Sperrzeit erfüllt seien, denn die Norm sei nicht anwendbar für Zeiträume, in denen ein Sperrzeittatbestand während des Bezugs von Alg II verwirklicht werde. Der Kläger sei auch während der Beschäftigung bei der Firma M. im laufenden Leistungsbezug bei der Beklagten gestanden. In diesen Fallkonstellationen sei die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II lex specialis und damit auch abschließende Vorschrift. Die Qualifizierung des § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II als genereller Auffangtatbestand lasse sich gesetzessystematisch nicht begründen. Ließe man § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II als Auffangtatbestand zu, würde die Anordnung, wonach entsprechend Abs. 1 der Norm eine Sanktionierung erst nach Rechtsfolgenbelehrung erfolgen dürfe, ausgehebelt und somit auch das ausdifferenzierte System der Sanktionsvoraussetzungen von § 31 Abs. 1 SGB II. Es wäre in Fällen wie dem vorliegenden damit praktisch immer möglich auf Abs. 4 Nr. 3b SGB II zu verweisen. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, hätte er ohne Ausdifferenzierung in Abs. 1 global auf das Sperrzeitrecht des SGB III verweisen können. Dies habe er gerade nicht getan. Des Weiteren würde die Anwendung als Auffangtatbestand im Ergebnis zu erheblichen Doppelsanktionen führen (nämlich nach Abs. 1 und Abs. 4). Konsequenz der hier vertretenen Auslegung sei, dass allen Beschäftigten, die während der Beschäftigung weiterhin im Leistungsbezug nach dem SGB II stünden, eine Rechtsfolgenbelehrung unterbreitet werden müsse, um bei ggf. späterer Obliegenheitsverletzung eine Absenkung vornehmen zu können. Der laufende Leistungsbezug wirke sich damit vom Ergebnis her privilegierend aus. Relativiert werde dies jedoch dadurch, dass Leistungen nach dem SGB II der Existenzsicherung dienten und der zuständige Leistungsträger bei laufenden Leistungsbeziehern sowohl Kenntnis von deren Erwerbstätigkeit habe als auch ständig mit diesen in Kontakt stehe und in diesem Zusammenhang Rechtsfolgenbelehrungen aussprechen könne. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das der Beklagten am 26.11.2008 zugestellte Urteil richtet sich deren am 22.12.2008 eingelegte Berufung. Sie ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II einschlägig ist. Bei der genannten Vorschrift handele es sich um eine Auffangvorschrift. § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II sei neben Abs. 1 parallel anwendbar. Dadurch sei ein Rückgriff auf § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III möglich. Hierfür spreche insbesondere, dass eine andere Sichtweise zur Besserstellung von Beziehern von Alg II gegenüber Leistungsberechtigten nach dem SGB III führe. Für eine derartige Besserstellung fehle es an sachlichen Gründen. Dies sei insbesondere deshalb von Bedeutung, weil es sich sowohl bei Leistungen nach dem SGB II als auch bei solchen nach dem SGB III um Leistungen wegen Arbeitslosigkeit handele und somit eine besondere Sachnähe zu den beiden Leistungen vorliege. Des weiteren spreche sowohl Systematik, Wortlaut und Sinn und Zweck der Norm gegen eine Vorrangigkeit des Abs. 1 gegenüber Abs. 4. Es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber einen Unterschied zwischen den Pflichtverstößen des § 144 Abs. 1 SGB III und den in § 31 Abs. 1 SGB II bezeichneten Pflichtverstößen habe machen wollen. Durch die uneingeschränkte Bezugnahme auf die Absätze 1 und 3 in § 31 Abs. 4 SGB II verdeutliche der Gesetzgeber ebenfalls, dass er beide Vorschriften nebeneinander angewendet sehen wolle. Die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III seien im vorliegenden Fall gegeben, denn der Kläger habe durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
Der Senat hat auf seine Entscheidung vom 18.02.2009 - L 3 AS 3530/08 - verwiesen.
Anlässlich der mündlichen Verhandlung hat sich die Beklagte verpflichtet, dem Kläger nachträglich den einbehaltenen Betrag in Höhe von 104,- EUR für die Monate Juni bis August 2007 zu gewähren, wenn der Bescheid vom 09.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2007 durch formell rechtskräftige Entscheidung aufgehoben worden ist.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch das SG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur der Sanktionsbescheid vom 09.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2007. Zwar steht dem Kläger nach Aufhebung allein des Sanktionsbescheids der gekürzte Sanktionsbetrag noch nicht zu, da die Beklagte mit Bescheiden vom 09.05.2007, 19.06.2007 und 15.08.2007 dem Kläger für die Zeit vom 01.06. bis 31.08.2007 jeweils nur u.a. um den Sanktionsbetrag gekürzte Leistungen bewilligt hat. Nachdem die Beklagte jedoch zu Protokoll erklärt hat, dass sie dem Kläger für den Fall, dass der Bescheid vom 09.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2007 durch formell rechtskräftige Entscheidung aufgehoben ist, den gekürzten Sanktionsbetrag gewähren wird, ist eine zusätzliche Leistungsklage und Anfechtungsklage bezüglich der Bewilligungsbescheide nicht erforderlich. Im Übrigen hat der Kläger den Streitgegenstand insoweit wirksam beschränkt, als er die Verfügungen über Unterkunfts- und Heizungskosten für den genannten Zeitraum in diesem Verfahren nicht angefochten hat. Er will "nur" nicht um den Sanktionsbetrag gekürzte Regelleistungen. Insoweit handelt es sich um nach der Rechtsprechung des BSG abgrenzbare Verfügungen, so dass eine Beschränkung des Streitgegenstandes zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008 B 4 AS 60/07 R - in Juris).
In der Sache ist die Berufung der Beklagten nicht begründet.
Wie das SG ist der Senat der Überzeugung, dass der nunmehr von der Beklagten allein noch geltend gemachte § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II nicht als Anspruchsgrundlage für die mit Bescheid vom 09.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2007 verhängte Sanktion herangezogen werden kann. Über die in den Entscheidungsgründen des SG genannten Ausführungen hinaus, auf die der Senat auch im Hinblick auf die genannten Literaturnachweise zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt und auf deren erneute Darstellung verzichtet, ist insoweit zur Klarstellung noch ein Mal auszuführen, dass für den Fall, dass die Aufgabe einer Beschäftigung sowohl die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II als auch des § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II erfüllen würde, die Beklagte die Möglichkeit hätte, immer dann auf die Sperrzeitregelung des § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II zurückzugreifen, wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Dies könnte z.B. dann der Fall sein, wenn - wie hier - eine Absenkung nach Abs. 1 an der mangelnden Rechtsfolgenbelehrung, die § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II nicht vorsieht, scheitern würde. In dem Fall, in dem ein Bedürftiger zum Zeitpunkt der Aufnahme einer Tätigkeit und während der Obliegenheitsverletzung im Leistungsbezug der Beklagten steht, ist dem Leistungsträger jedoch die Vornahme einer ordnungsgemäßen Belehrung im Sinne des § 31 Abs. 1 SGB II möglich und kann und muss ihm - wenn die Voraussetzungen vorliegen - abverlangt werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil es sich hier um Leistungen handelt, die das Existenzminimum betreffen. Die Beklagte soll nach § 1 SGB II den Hilfebedürftigen fördern. Sie soll ihn bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Hierzu gehört, dass sie den Hilfebedürftigen, der eine Arbeit aufnimmt bzw. innehat, explizit noch ein Mal darauf hinweist, welche Folgen die Aufgabe der Tätigkeit hat. Dies wäre der Beklagten hier auch möglich gewesen, nachdem sie - zwar nach Aufnahme der Tätigkeit, aber noch vor dem vom Arbeitgeber beanstandeten Verhalten des Klägers - am 19.12.2006 von der Aufnahme der Tätigkeit Kenntnis erlangt hat. § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II kann deshalb, auch wenn Ziffer 31.37 der Dienstanweisung der BA zu § 31 SGB II wohl nicht so zu verstehen ist, keinen Auffangtatbestand darstellen. Anders würde sich die Sachlage nur dann darstellen, wenn der Betroffene im Zeitpunkt der Obliegenheitsverletzung keine Leistungen nach dem SGB II bezogen hätte, was hier nicht der Fall war. Denn in diesem Fall hätte der SGB II - Leistungsträger nicht die Möglichkeit, den Betroffenen über die Rechtsfolgen der Aufgabe einer zumutbaren Arbeit zu belehren. Dies wäre dann ein Fall des § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II. Hieraus ist zu folgern, dass § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II nur Obliegenheitsverletzungen erfassen soll, die zeitlich dem Bezug von Alg II vorgelagert sind. Eine Pflichtverletzung, die wie hier während des reinen Alg II-Bezugs erfolgt, wird - wie das SG in nicht zu beanstandender Weise und umfassend ausgeführt hat unter weiterer Bezugnahme auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 18.02.2009 (L 3 AS 2530/08) - dagegen nur über § 31 Abs. 1 SGB II sanktioniert. Dies erschließt sich auch aus dem Sinn und Zweck von § 31 Abs. 4 Nr. 3a und b SGB II, der darin zu sehen ist, dass die Norm sicherstellen soll, dass ein nach dem SGB III-Nichtberechtigter seinen Bedarf nicht über das SGB II ersatzweise bzw. unsanktioniert decken kann. Die Wirkung des Sperrzeitrechts soll auf diesem Weg vor Umgehungen geschützt werden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass eine Sperrzeit tatsächlich verhängt wurde (Nr. 3a) oder vom SGB III - Träger hätte verhängt werden können (Nr. 3b) und der Betroffene zum Zeitpunkt der Obliegenheitsverletzung (Sperrzeittatbestand) nicht in Bezug von Alg II stand.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Beklagten, wonach diese Ansicht zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Besserstellung des SGB II-Leistungsempfängers gegenüber dem Leistungsberechtigten nach dem SGB III führen würde. Ein sachlicher Grund hierfür ist darin zu sehen, dass SGB II-Leistungen der Existenzsicherung dienen und der zuständige Leistungsträger bei laufenden Leistungsbeziehern mit diesen in Kontakt steht, wie sich auch aus dem bereits erwähnten § 1 SGB II ergibt. Es gilt der Grundsatz des Forderns, aber auch des Förderns und hierzu gehört auch die besondere Betreuung des Hilfebedürftigen und die hieraus folgende Erforderlichkeit der Belehrung über die Folgen eines Handelns vor Eintritt einer Sanktion.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Nr. 1 SGG).
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Sanktionsbescheid.
Der 1953 geborene Kläger bezog bis zum 02.07.2006 Arbeitslosengeld und zusätzlich ab 23.01.2006 Arbeitslosengeld II (Alg II). Für den Zeitraum 01.08.2006 bis 31.01.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 03.08.2006 zunächst Leistungen in Höhe von 692,20 EUR (Regelleistung 345 EUR; Kosten der Unterkunft [KdU] 347,20 EUR). Nachdem der Kläger Nebeneinkommensbescheinigungen der Firma D. in G. in Höhe von monatlich 165 EUR ab März 2006 vorgelegt hatte, hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2006 bis 30.09.2006 in Höhe von monatlich 52 EUR teilweise auf und forderte die Erstattung eines Betrags in Höhe von 312 EUR (Bescheid vom 19.09.2006).
Am 19.12.2006 erfuhr die Beklagte ausweislich eines am selben Tag erstellten Vermerks von einem Mitarbeiter der Firma M. in E., dass der Kläger dort seit 01.12.2006 als Thekenkraft in Vollzeit arbeitet. Die Firma M. kündigte das Arbeitsverhältnis am 15.01.2007 zunächst zum 30.01.2007 und am 23.01.2007 fristlos. Für den Monat Dezember 2006 wurden dem Kläger im Dezember 2006 1400 EUR ausbezahlt. Für den Monat Januar 2007 erhielt er am 12.03.2007 einen Betrag in Höhe von 636,68 EUR.
Am 08.02.2007 stellte der Kläger einen Antrag auf Fortzahlung des Alg II. Im Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verneinte er ein arbeitsvertragswidriges Verhalten; die Kündigung sei wegen Krankheit erfolgt. Ein Mitarbeiter der Firma M. teilte der Beklagten telefonisch mit, der Kläger habe die Arbeit nach einer Erkrankung nicht mehr aufgenommen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe er erst nach zwei Wochen Fehlzeit vorgelegt. Die Kündigung sei erfolgt, weil eine Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrages aufgrund der Unzuverlässigkeit des Klägers unmöglich erscheine. Ergänzend teilte die Firma M. der Beklagten mit, dass sich die Arbeitsauffassung des Klägers nicht mit ihren Erwartungen decke. Sie seien von Gästen mehrfach auf seinen unfreundlichen Ton angesprochen worden. Er habe sein Verhalten auch nach Aufforderung immer nur sehr kurz geändert.
Mit Bescheid vom 09.05.2007 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.12. bis 31.12.2006 in Höhe von insgesamt 633,38 EUR aufgrund des Zuflusses des Lohnes für den Monat Dezember 2006 im Monat Dezember 2006 teilweise auf. Sie forderte die Erstattung eines Betrags in Höhe von 581,38 EUR, ein Betrag in Höhe von 52 EUR wurde mit einer Nachzahlung verrechnet. Mit weiterem Bescheid vom 09.05.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 08.02.2007 bis 28.02.2007 in Höhe von 484,54 EUR. Mit Aufhebungsbescheid ebenfalls vom 09.05.2007 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.03. bis 31.03.2007 ganz auf, da durch den Zufluss des im Monat März 2007 erzielten Einkommens für den Monat Januar 2007 das Einkommen den Gesamtbedarf überstiegen habe.
Mit Bescheid vom 09.05.2007 teilte die Beklagte dem Kläger außerdem mit, der ihm zustehende Anteil des Alg II werde für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.08.2007 um 30 v.H. der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm zustehenden Gesamtauszahlungsbetrages, abgesenkt. Daraus ergebe sich eine Absenkung in Höhe von maximal 104 EUR monatlich. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung werde ab 01.06.2007 gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger habe sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert, eine nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II zumutbare Arbeit auszuführen. Sanktionsnorm sei § 31 Abs. 1 Nr. 1 d SGB II.
Mit weiterem Bescheid vom 09.05.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.04. bis 31.07.2007 in Höhe von 691,90 EUR monatlich für die Monate April und Mai 2007 und - in Ausführung der Sanktion - in Höhe von 587,90 EUR für die Monate Juni und Juli 2007. Nach Eingang der Lohnabrechnung für den Monat Mai 2007 (brutto/netto 160 EUR) bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19.06.2007 unter Aufhebung der in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen für den Monat Juli 2007 Leistungen in Höhe von 541,90 EUR. Hierbei wurde ein Anrechnungsbetrag wegen des Nebenverdienstes im Monat Juli 2007 und die Absenkung der Regelleistung auf Grund des Sanktionstatbestands berücksichtigt (Regelleistung 347 EUR minus 48 EUR; KdU 346,90 EUR, Gesamtanspruch 645,90 EUR abzüglich Sanktionsbetrag in Höhe von 104 EUR). Im weiteren Verlauf hob die Beklagte mit Bescheid vom 15.08.2007 außerdem die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.06. bis 30.06.2007 wegen anzurechnenden Nebeneinkommens in Höhe von 48 EUR teilweise auf und forderte die Erstattung dieses Betrags. Mit einem zweiten Bescheid vom 15.08.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum 01.08.2007 bis 31.01.2008 in Höhe von 541,90 EUR für den Monat August 2007 (Regelleistung 299 EUR; KdU 346,90 EUR; Minderungsbetrag auf Grund von Sanktionen 104 EUR) und in Höhe von 645,90 EUR für die Folgemonate (Regelleistung 299 EUR; KdU 346,90 EUR).
Gegen den Sanktionsbescheid vom 09.05.2007 erhob der Kläger Widerspruch. Er machte geltend, die Beklagte habe ihm keine Arbeit vorgeschlagen. Die Kündigung sei von der Firma M. ausgesprochen worden, obwohl er ab dem 09.01.2007 krank geschrieben gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe sein Arbeitsverhältnis bei der Firma M. durch arbeitsvertragswidriges Verhalten verloren. Einen wichtigen Grund habe er nicht nachgewiesen. Die im SGB III genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit, die das Ruhen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen würden, seien somit erfüllt. Die Voraussetzungen für die Absenkung des Alg II um 30 v.H. der maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts seien ebenfalls erfüllt (§ 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II). Für den Kläger betrage die nach § 20 SGB II maßgebende Regelleistung monatlich 345 EUR. Hieraus ergebe sich ein Absenkungsbetrag in Höhe von monatlich 104 EUR.
Hiergegen hat der Kläger am 13.08.2007 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er habe von der Beklagten keine Arbeit vorgeschlagen bekommen und habe sich deshalb auch nicht geweigert, eine Arbeit auszuführen (§ 31 Abs. 1 Nr. 1d SGB II). Im Übrigen habe er die Arbeit nicht wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens verloren, da er vom 09.01. bis 23.01.2007 krank geschrieben gewesen sei. Auch seine Arbeitsleistung sei nicht ungenügend gewesen. Zurückgemeldet nach Ende der Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber habe er sich deshalb nicht, weil er während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit zwei Kündigungen bekommen habe.
Das SG hat den Orthopäden Dr. F. als sachverständigen Zeugen gehört. Dr. F. hat am 29.05.2008 mitgeteilt, dass sich der Kläger vom 12.01. bis 24.02.2007 in seiner Behandlung befunden habe. Er habe ihm Arbeitsunfähigkeit vom 02.02. bis zum 21.02.2007, nicht jedoch für den Monat Januar 2007, bescheinigt.
Mit Urteil vom 16.10.2008 hat das SG den Bescheid vom 09.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2007 aufgehoben. Die Voraussetzungen für eine Absenkung des Alg II seien beim Kläger nicht gegeben. Die Ermächtigungsgrundlage des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c SGB II scheitere daran, dass vor der Weigerung der Aufnahme bzw. Fortführung einer zumutbaren Arbeit keine Belehrung über die Rechtsfolgen erfolgt sei. Auch § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II scheide als Ermächtigungsgrundlage aus. Nr. 3a der Vorschrift sei bereits deshalb nicht erfüllt, weil diese Norm einen grundsätzlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III und eine Sperrzeitentscheidung der Agentur für Arbeit voraussetze. Auch Nr. 3b des § 31 Abs. 4 SGB II sei nicht einschlägig. Es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen einer Sperrzeit erfüllt seien, denn die Norm sei nicht anwendbar für Zeiträume, in denen ein Sperrzeittatbestand während des Bezugs von Alg II verwirklicht werde. Der Kläger sei auch während der Beschäftigung bei der Firma M. im laufenden Leistungsbezug bei der Beklagten gestanden. In diesen Fallkonstellationen sei die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II lex specialis und damit auch abschließende Vorschrift. Die Qualifizierung des § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II als genereller Auffangtatbestand lasse sich gesetzessystematisch nicht begründen. Ließe man § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II als Auffangtatbestand zu, würde die Anordnung, wonach entsprechend Abs. 1 der Norm eine Sanktionierung erst nach Rechtsfolgenbelehrung erfolgen dürfe, ausgehebelt und somit auch das ausdifferenzierte System der Sanktionsvoraussetzungen von § 31 Abs. 1 SGB II. Es wäre in Fällen wie dem vorliegenden damit praktisch immer möglich auf Abs. 4 Nr. 3b SGB II zu verweisen. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, hätte er ohne Ausdifferenzierung in Abs. 1 global auf das Sperrzeitrecht des SGB III verweisen können. Dies habe er gerade nicht getan. Des Weiteren würde die Anwendung als Auffangtatbestand im Ergebnis zu erheblichen Doppelsanktionen führen (nämlich nach Abs. 1 und Abs. 4). Konsequenz der hier vertretenen Auslegung sei, dass allen Beschäftigten, die während der Beschäftigung weiterhin im Leistungsbezug nach dem SGB II stünden, eine Rechtsfolgenbelehrung unterbreitet werden müsse, um bei ggf. späterer Obliegenheitsverletzung eine Absenkung vornehmen zu können. Der laufende Leistungsbezug wirke sich damit vom Ergebnis her privilegierend aus. Relativiert werde dies jedoch dadurch, dass Leistungen nach dem SGB II der Existenzsicherung dienten und der zuständige Leistungsträger bei laufenden Leistungsbeziehern sowohl Kenntnis von deren Erwerbstätigkeit habe als auch ständig mit diesen in Kontakt stehe und in diesem Zusammenhang Rechtsfolgenbelehrungen aussprechen könne. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das der Beklagten am 26.11.2008 zugestellte Urteil richtet sich deren am 22.12.2008 eingelegte Berufung. Sie ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II einschlägig ist. Bei der genannten Vorschrift handele es sich um eine Auffangvorschrift. § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II sei neben Abs. 1 parallel anwendbar. Dadurch sei ein Rückgriff auf § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III möglich. Hierfür spreche insbesondere, dass eine andere Sichtweise zur Besserstellung von Beziehern von Alg II gegenüber Leistungsberechtigten nach dem SGB III führe. Für eine derartige Besserstellung fehle es an sachlichen Gründen. Dies sei insbesondere deshalb von Bedeutung, weil es sich sowohl bei Leistungen nach dem SGB II als auch bei solchen nach dem SGB III um Leistungen wegen Arbeitslosigkeit handele und somit eine besondere Sachnähe zu den beiden Leistungen vorliege. Des weiteren spreche sowohl Systematik, Wortlaut und Sinn und Zweck der Norm gegen eine Vorrangigkeit des Abs. 1 gegenüber Abs. 4. Es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber einen Unterschied zwischen den Pflichtverstößen des § 144 Abs. 1 SGB III und den in § 31 Abs. 1 SGB II bezeichneten Pflichtverstößen habe machen wollen. Durch die uneingeschränkte Bezugnahme auf die Absätze 1 und 3 in § 31 Abs. 4 SGB II verdeutliche der Gesetzgeber ebenfalls, dass er beide Vorschriften nebeneinander angewendet sehen wolle. Die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III seien im vorliegenden Fall gegeben, denn der Kläger habe durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
Der Senat hat auf seine Entscheidung vom 18.02.2009 - L 3 AS 3530/08 - verwiesen.
Anlässlich der mündlichen Verhandlung hat sich die Beklagte verpflichtet, dem Kläger nachträglich den einbehaltenen Betrag in Höhe von 104,- EUR für die Monate Juni bis August 2007 zu gewähren, wenn der Bescheid vom 09.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2007 durch formell rechtskräftige Entscheidung aufgehoben worden ist.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch das SG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nur der Sanktionsbescheid vom 09.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2007. Zwar steht dem Kläger nach Aufhebung allein des Sanktionsbescheids der gekürzte Sanktionsbetrag noch nicht zu, da die Beklagte mit Bescheiden vom 09.05.2007, 19.06.2007 und 15.08.2007 dem Kläger für die Zeit vom 01.06. bis 31.08.2007 jeweils nur u.a. um den Sanktionsbetrag gekürzte Leistungen bewilligt hat. Nachdem die Beklagte jedoch zu Protokoll erklärt hat, dass sie dem Kläger für den Fall, dass der Bescheid vom 09.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2007 durch formell rechtskräftige Entscheidung aufgehoben ist, den gekürzten Sanktionsbetrag gewähren wird, ist eine zusätzliche Leistungsklage und Anfechtungsklage bezüglich der Bewilligungsbescheide nicht erforderlich. Im Übrigen hat der Kläger den Streitgegenstand insoweit wirksam beschränkt, als er die Verfügungen über Unterkunfts- und Heizungskosten für den genannten Zeitraum in diesem Verfahren nicht angefochten hat. Er will "nur" nicht um den Sanktionsbetrag gekürzte Regelleistungen. Insoweit handelt es sich um nach der Rechtsprechung des BSG abgrenzbare Verfügungen, so dass eine Beschränkung des Streitgegenstandes zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008 B 4 AS 60/07 R - in Juris).
In der Sache ist die Berufung der Beklagten nicht begründet.
Wie das SG ist der Senat der Überzeugung, dass der nunmehr von der Beklagten allein noch geltend gemachte § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II nicht als Anspruchsgrundlage für die mit Bescheid vom 09.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2007 verhängte Sanktion herangezogen werden kann. Über die in den Entscheidungsgründen des SG genannten Ausführungen hinaus, auf die der Senat auch im Hinblick auf die genannten Literaturnachweise zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt und auf deren erneute Darstellung verzichtet, ist insoweit zur Klarstellung noch ein Mal auszuführen, dass für den Fall, dass die Aufgabe einer Beschäftigung sowohl die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II als auch des § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II erfüllen würde, die Beklagte die Möglichkeit hätte, immer dann auf die Sperrzeitregelung des § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II zurückzugreifen, wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Dies könnte z.B. dann der Fall sein, wenn - wie hier - eine Absenkung nach Abs. 1 an der mangelnden Rechtsfolgenbelehrung, die § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II nicht vorsieht, scheitern würde. In dem Fall, in dem ein Bedürftiger zum Zeitpunkt der Aufnahme einer Tätigkeit und während der Obliegenheitsverletzung im Leistungsbezug der Beklagten steht, ist dem Leistungsträger jedoch die Vornahme einer ordnungsgemäßen Belehrung im Sinne des § 31 Abs. 1 SGB II möglich und kann und muss ihm - wenn die Voraussetzungen vorliegen - abverlangt werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil es sich hier um Leistungen handelt, die das Existenzminimum betreffen. Die Beklagte soll nach § 1 SGB II den Hilfebedürftigen fördern. Sie soll ihn bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Hierzu gehört, dass sie den Hilfebedürftigen, der eine Arbeit aufnimmt bzw. innehat, explizit noch ein Mal darauf hinweist, welche Folgen die Aufgabe der Tätigkeit hat. Dies wäre der Beklagten hier auch möglich gewesen, nachdem sie - zwar nach Aufnahme der Tätigkeit, aber noch vor dem vom Arbeitgeber beanstandeten Verhalten des Klägers - am 19.12.2006 von der Aufnahme der Tätigkeit Kenntnis erlangt hat. § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II kann deshalb, auch wenn Ziffer 31.37 der Dienstanweisung der BA zu § 31 SGB II wohl nicht so zu verstehen ist, keinen Auffangtatbestand darstellen. Anders würde sich die Sachlage nur dann darstellen, wenn der Betroffene im Zeitpunkt der Obliegenheitsverletzung keine Leistungen nach dem SGB II bezogen hätte, was hier nicht der Fall war. Denn in diesem Fall hätte der SGB II - Leistungsträger nicht die Möglichkeit, den Betroffenen über die Rechtsfolgen der Aufgabe einer zumutbaren Arbeit zu belehren. Dies wäre dann ein Fall des § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II. Hieraus ist zu folgern, dass § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II nur Obliegenheitsverletzungen erfassen soll, die zeitlich dem Bezug von Alg II vorgelagert sind. Eine Pflichtverletzung, die wie hier während des reinen Alg II-Bezugs erfolgt, wird - wie das SG in nicht zu beanstandender Weise und umfassend ausgeführt hat unter weiterer Bezugnahme auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 18.02.2009 (L 3 AS 2530/08) - dagegen nur über § 31 Abs. 1 SGB II sanktioniert. Dies erschließt sich auch aus dem Sinn und Zweck von § 31 Abs. 4 Nr. 3a und b SGB II, der darin zu sehen ist, dass die Norm sicherstellen soll, dass ein nach dem SGB III-Nichtberechtigter seinen Bedarf nicht über das SGB II ersatzweise bzw. unsanktioniert decken kann. Die Wirkung des Sperrzeitrechts soll auf diesem Weg vor Umgehungen geschützt werden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass eine Sperrzeit tatsächlich verhängt wurde (Nr. 3a) oder vom SGB III - Träger hätte verhängt werden können (Nr. 3b) und der Betroffene zum Zeitpunkt der Obliegenheitsverletzung (Sperrzeittatbestand) nicht in Bezug von Alg II stand.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Beklagten, wonach diese Ansicht zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Besserstellung des SGB II-Leistungsempfängers gegenüber dem Leistungsberechtigten nach dem SGB III führen würde. Ein sachlicher Grund hierfür ist darin zu sehen, dass SGB II-Leistungen der Existenzsicherung dienen und der zuständige Leistungsträger bei laufenden Leistungsbeziehern mit diesen in Kontakt steht, wie sich auch aus dem bereits erwähnten § 1 SGB II ergibt. Es gilt der Grundsatz des Forderns, aber auch des Förderns und hierzu gehört auch die besondere Betreuung des Hilfebedürftigen und die hieraus folgende Erforderlichkeit der Belehrung über die Folgen eines Handelns vor Eintritt einer Sanktion.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved