Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 2211/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1779/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. März 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger am 5. September 2006 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1950 geborene Kläger war im streitigen Zeitraum als Student der Zahnmedizin an der Universität H. immatrikuliert. Vom 19. Juli bis 16. Oktober 2006 waren Semesterferien.
Im H-Arzt-Bericht vom 11. September 2006 teilten die Ärzte Drs. K.und Gast der Beklagten mit, der Kläger habe sich am 11. September 2006 um 15.00 Uhr vorgestellt und geltend gemacht, er habe am 5. September 2006 um 19.50 Uhr einen Zahnschaden erlitten, als er auf dem Weg zum Kopierer in einem Kaufhaus von einem Detektiven festgehalten worden sei und vor Schreck fest zugebissen habe. Ein Zahnarztbefund liege nicht vor, der Kläger habe massiv auf bg-liche Behandlung gedrängt. Nach Angaben des Klägers sei die Erstbehandlung im Krankenhaus Weinheim erfolgt.
Auf telefonische Anfrage teilte Dr. L. vom Krankenhaus Weinheim mit, der Kläger habe sich am 5. September 2006 wegen Thoraxbeschwerden und einem verdrehten Arm vorgestellt. Von einem Unfall und einem Zahnschaden habe er nichts erwähnt.
Gegenüber der AOK R.-N. gab der Kläger an, bei der Verletzung seien die Zähne 21 und 22 gebrochen. Gegenüber der Beklagten gab er an, er sei aus der Universitätsbibliothek gekommen und habe auf dem Weg zu seiner Ehefrau nach Hause in dem Kaufhaus Kopien für sein Zahnmedizinstudium anfertigen wollen. Bei einer Rangelei mit dem Kaufhausdetektiven habe er eine Hüftzerrung rechts und Zahnschäden bei 21 (Stift herausgebrochen), 22 (Krone heraus- gebrochen/abgebrochen) und 23 (Stift noch vorhanden) zugezogen.
Die Beklagte zog die Akten der Staatsanwaltschaft H. bei (14 Js 18696/06). Nach dem darin enthaltenen Bericht der Polizeimeisterin M. teilte der Kaufhausdetektiv Y. der Polizei am 5. September 2006 um 19.55 Uhr telefonisch mit, dass er den Kläger momentan festhalten würde, da durch ihn der Diebstahlsensor am Haupteingang ausgelöst worden sei. Bei Eintreffen der Polizei habe der Kläger unter Beobachtung von Y. an einem Kopiergerät gestanden, habe sich sehr aufbrausend gegeben und alle Angaben verweigert. Als der Kläger plötzlich habe gehen wollen, hätten sich die beiden Polizisten ihm in den Weg gestellt und hätten seine vorläufige Festnahme erklärt. Der Kläger sei noch aggressiver geworden, habe geschrien, sich dann über seinen Gesundheitszustand beklagt und an die frische Luft gewollt. Diesem Wunsch sei, nachdem er sich etwas beruhigt gehabt habe, nachgekommen worden. Beim Verlassen des Kaufhauses sei der Diebstahlsensor durch den Kläger wieder ausgelöst worden. Der Kläger sei schließlich freiwillig mit zur Sonderwache gegangen und habe sich und seine Tasche mit negativem Ergebnis durchsuchen lassen. Ein Ladendiebstahl habe somit nicht bestätigt werden können. Anschließend sei der Kläger entlassen worden.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass es sich bei dem Ereignis vom 5. September 2006 nicht um einen Versicherungsfall handele. Das beabsichtigte Kopieren von Unterlagen außerhalb der Universität, selbst wenn diese zum Studium benötigt würden, stehe in keinem inneren Zusammenhang zum originären studentischen Tätigkeitsbereich. Zudem habe sich der Unfall in der vorlesungsfreien Zeit ereignet und sei auch von der Universität nicht gemeldet worden.
Hiergegen legte der Kläger am 19. Januar 2007 Widerspruch ein. Am 2. Januar 2007 hatte er der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BG) im Rahmen der Geltendmachung weiterer Arbeitsunfälle am 17. November 2006 und am 20. Dezember 2006 mitgeteilt, er habe am 5. September 2006 gegen 19.50 Uhr von der Sophienstrasse durch den Seiteneingang den Kaufhof am Bismarckplatz durchquert, um von der Haltestelle der OEG nach Weinheim von der Universität H. kommend nach Hause zu fahren. Auch habe er beabsichtigt Kopien zu fertigen, da die Qualifizierungsmaßnahme der Agentur für Arbeit nicht, wie beabsichtigt, am 4. September 2006 stattgefunden habe. Beim Verlassen des Untergeschosses auf der Rolltreppe habe ihm eine fremde männliche Person den Weg versperrt. Dieser habe versucht ihn am linken Arm bzw. der linken Körperseite festzuhalten. Er sei erschrocken und habe sich losgerissen. Dabei habe er diverse Prellungen erlitten, habe die Zahnkrone 22 verloren und der Stift des Zahns 21 sei gebrochen.
Am 4. Januar 2007 begehrte der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG), die BG und die Beklagte im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, für die Unfälle am 5. September 2006, 17. November 2006 und 20. Dezember 2006 Behandlungskosten, Verletztengeld und Sozialversicherungsbeiträge zu übernehmen (S 1 U 48/07 ER und S 1 U 246/07 ER). Er benötige dringend die Übernahme der Behandlungskosten aufgrund der erheblichen Verletzungen der Zähne 21-23 wie des Provisoriums im Oberkiefer rechts. Das vorläufige Rechtsschutzverfahren blieb erfolglos (Beschlüsse des SG vom 25. Januar 2007 und vom 5. Februar 2007; Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 15. März 2007 L 10 U 1345/07 ER-B).
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 21. Juni 2007 Klage zum SG.
Mit Gerichtsbescheid vom 7. März 2008 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, führte es aus, Unfallversicherungsschutz sei nicht zu bejahen, da das Anfertigen von Kopien aus einem Lehrbuch während der Semesterferien nicht dem organisatorischen Verantwortungsbereich einer Hochschule zuzuordnen sei. Auch sei es nicht erwiesen, dass sich der Kläger bei dem Ereignis vom 5. September 2006 Verletzungen zugezogen habe. Insbesondere sei es wenig glaubhaft, dass er Zahnverletzungen davon getragen habe. Insoweit sei darauf aufmerksam zu machen, dass sich der Kläger dieselben Zähne auch bei geltend gemachten Arbeitsunfällen aus den Jahren 1980, 2001 und 2006 sowie bei einem vermeintlichen Arbeitsunfall am 20. Dezember 2006 verletzt, abgebrochen oder ausgeschlagen haben wolle, was nach der Überzeugung der Kammer ausschließlich vor dem Hintergrund geschehe, einen Kostenträger für eine aufwendige Zahnsanierung zu finden, die der Kläger als Langzeitstudent nicht aus eigenen Mitteln finanzieren könne. Schließlich käme eine Leistungsverpflichtung der Beklagten auch dann nicht in Betracht, wenn ein versichertes Ereignis angenommen würde. Wenn der Zahnschaden - wie vom Kläger vorgetragen - dadurch entstanden sein sollte, dass er vor Schreck fest zugebissen habe, zeige dies nur, dass der Zahnstatus des Klägers so marode sei, dass auch jedes andere alltägliche Ereignis zu Zahnschäden hätte führen können, sodass kein Kausalzusammenhang herstellbar wäre.
Gegen den am 20. März 2008 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers, die am 14. April 2008 beim LSG eingegangen ist. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2009 hat der Kläger erklärt, er habe, nachdem er den Kaufhof betreten habe, zunächst im Untergeschoss die Toilette aufgesucht. Nach dem Verlassen der Toilette sei er mit der Rolltreppe ins Erdgeschoss gefahren, um zu dem Kopierer zu gelangen. Er habe aus einem Buch die Formen der Zähne kopieren wollen. Dies habe er für die Vorbereitung einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Maßnahme benötigt, die am 18. September 2006 begonnen habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. März 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2007 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 5. September 2006 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Zu weiteren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die SG-Akten und die Senatsakte. Beim Senat sind - neben weiteren Verfahren des Klägers - auch das Berufungsverfahren gegen die BG in Bezug auf die geltend gemachten Arbeitsunfälle vom 17. November 2006 und 20. Dezember 2006 (L 9 U 1682/09) und die Berufungsverfahren gegen die Beklagte wegen eines geltend gemachten Arbeitsunfalls vom 16. Mai 2001 (L 9 U 2353/09) und eines anerkannten Arbeitsunfalls vom 16. Juli 2001 anhängig (L 9 U 208/08). Im Verfahren L 9 U 2353/09 macht der Kläger eine Beschädigung des Zahnes 21 am 16. Mai 2001 im Rahmen eines praktischen Kurses an der Universität Heidelberg geltend. Auf die Akten dieser Verfahren wird ebenfalls Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Das auch in der Berufungsinstanz verfolgte Begehren des Klägers ist als Anfechtungs- und Feststellungsklage anzusehen (BSG, Urt. vom 20.3.2007 - B 2 U 19/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 23; Urteil vom 15.2.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 12; LSG Baden-Württemberg, Urt. vom 19.9.2008 - L 1 U 2116/08), mit der die Feststellung des Ereignisses vom 5. September 2006 als Arbeitsunfall begehrt wird.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet, da er keinen Anspruch auf Feststellung hat, dass es sich bei dem Ereignis vom 5. September 2006 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 c) SGB VII sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen. Grundsätzlich sind Studierende versichert, wenn sie Unterrichtsveranstaltungen in der Universität oder andere Hochschuleinrichtungen wie Universitätsbibliotheken, Seminare und Institute zu Studienzwecken aufsuchen oder sich an Exkursionen der Universität beteiligen. Nicht in den organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule gehören die typischerweise eigenverantwortlichen und selbständigen Tätigkeiten, die Studierende außerhalb der Hochschule in wesentlich eigenem Interesse während des Studiums und zur Vorbereitung von universitären Prüfungen entfalten (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 1993 - 2 RU 13/92, in JURIS m. w. N.).
Nach dem zeitnahen Vorbringen des Klägers gegenüber der BG vom 2. Januar 2007 wurde ihm im Kaufhof beim Verlassen des Untergeschosses auf der Rolltreppe der Weg durch eine männliche Person versperrt, die versuchte, den Kläger am linken Arm bzw. an der linken Körperhälfte festzuhalten. Hierbei hat der Kläger nach eigenen Angaben vor Schreck so fest zugebissen, dass ein Zahnschaden entstanden sei. Bei dieser Person handelte es sich nach dem Bericht der Polizeimeisterin M. vom 5. September 2006 um den Kaufhausdetektiven Y ... Nach den ergänzenden Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2009 hatte sich der Kläger nach dem Betreten des Kaufhauses zunächst in das Untergeschoss zu der dort befindlichen Toilette begeben. Nach dieser Sachverhaltsdarstellung des Klägers scheidet ein Versicherungsschutz schon deshalb aus, weil sich der Kläger im Zeitpunkt des Schadensereignisses auf der Rolltreppe vom Untergeschoss in das Erdgeschoss auf dem Rückweg von einer persönlichen und damit unversicherten Verrichtung (Toilettenbesuch) befand.
Nach dem Sachverhalt, den das SG seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat, dass nämlich der Kläger das Kaufhaus aufgesucht hatte, um aus einem Buch aus der Universitätsbibliothek Kopien zu fertigen, und er auf dem Weg zum Kopierer von dem Detektiven aufgehalten wurde und zu Schaden gekommen ist, ist ebenfalls kein Versicherungsschutz gegeben, da das Fertigen von Kopien in einem Kaufhaus unter keinem Gesichtspunkt dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule, an der der Kläger als Student eingeschrieben war, zugerechnet werden kann. Vielmehr gehört das Fertigen von Kopien in vorlesungsfreien Zeiten an Kopierern in Kaufhäusern in den Bereich der typischerweise eigenverantwortlichen und selbständigen Tätigkeiten, die Studierende außerhalb der Hochschule in wesentlich eigenem Interesse während des Studiums entfalten.
Im Übrigen beruhen die Feststellungen zu den beiden vorgenannten Sachverhalten nahezu ausschließlich auf den Angaben des Klägers, die wechselnd und auch nicht nachgewiesen sind. Dies gilt auch für den Zweck der beabsichtigten Kopien. Nach seiner ursprünglichen Angabe wollte der Kläger die Kopien für das Zahnmedizinstudium anfertigen (schriftliche Angaben vom 14. Dezember 2006), während er später behauptete, die beabsichtigten Kopien hätten der Vorbereitung einer Maßnahme der Agentur für Arbeit dienen sollen. Letztlich kann der Zweck der beabsichtigten Kopien dahinstehen, weil auch das Fertigen von Kopien zur Vorbereitung einer Maßnahme der Arbeitsverwaltung nicht unter Versicherungsschutz stünde. § 2 Abs. 1 Nr. 15 b) SGB VII stellt nur Personen unter Versicherungsschutz, die zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit diese oder eine andere Stelle aufsuchen. Um einen solchen Sachverhalt handelt es sich hier ebenfalls nicht.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger am 5. September 2006 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1950 geborene Kläger war im streitigen Zeitraum als Student der Zahnmedizin an der Universität H. immatrikuliert. Vom 19. Juli bis 16. Oktober 2006 waren Semesterferien.
Im H-Arzt-Bericht vom 11. September 2006 teilten die Ärzte Drs. K.und Gast der Beklagten mit, der Kläger habe sich am 11. September 2006 um 15.00 Uhr vorgestellt und geltend gemacht, er habe am 5. September 2006 um 19.50 Uhr einen Zahnschaden erlitten, als er auf dem Weg zum Kopierer in einem Kaufhaus von einem Detektiven festgehalten worden sei und vor Schreck fest zugebissen habe. Ein Zahnarztbefund liege nicht vor, der Kläger habe massiv auf bg-liche Behandlung gedrängt. Nach Angaben des Klägers sei die Erstbehandlung im Krankenhaus Weinheim erfolgt.
Auf telefonische Anfrage teilte Dr. L. vom Krankenhaus Weinheim mit, der Kläger habe sich am 5. September 2006 wegen Thoraxbeschwerden und einem verdrehten Arm vorgestellt. Von einem Unfall und einem Zahnschaden habe er nichts erwähnt.
Gegenüber der AOK R.-N. gab der Kläger an, bei der Verletzung seien die Zähne 21 und 22 gebrochen. Gegenüber der Beklagten gab er an, er sei aus der Universitätsbibliothek gekommen und habe auf dem Weg zu seiner Ehefrau nach Hause in dem Kaufhaus Kopien für sein Zahnmedizinstudium anfertigen wollen. Bei einer Rangelei mit dem Kaufhausdetektiven habe er eine Hüftzerrung rechts und Zahnschäden bei 21 (Stift herausgebrochen), 22 (Krone heraus- gebrochen/abgebrochen) und 23 (Stift noch vorhanden) zugezogen.
Die Beklagte zog die Akten der Staatsanwaltschaft H. bei (14 Js 18696/06). Nach dem darin enthaltenen Bericht der Polizeimeisterin M. teilte der Kaufhausdetektiv Y. der Polizei am 5. September 2006 um 19.55 Uhr telefonisch mit, dass er den Kläger momentan festhalten würde, da durch ihn der Diebstahlsensor am Haupteingang ausgelöst worden sei. Bei Eintreffen der Polizei habe der Kläger unter Beobachtung von Y. an einem Kopiergerät gestanden, habe sich sehr aufbrausend gegeben und alle Angaben verweigert. Als der Kläger plötzlich habe gehen wollen, hätten sich die beiden Polizisten ihm in den Weg gestellt und hätten seine vorläufige Festnahme erklärt. Der Kläger sei noch aggressiver geworden, habe geschrien, sich dann über seinen Gesundheitszustand beklagt und an die frische Luft gewollt. Diesem Wunsch sei, nachdem er sich etwas beruhigt gehabt habe, nachgekommen worden. Beim Verlassen des Kaufhauses sei der Diebstahlsensor durch den Kläger wieder ausgelöst worden. Der Kläger sei schließlich freiwillig mit zur Sonderwache gegangen und habe sich und seine Tasche mit negativem Ergebnis durchsuchen lassen. Ein Ladendiebstahl habe somit nicht bestätigt werden können. Anschließend sei der Kläger entlassen worden.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass es sich bei dem Ereignis vom 5. September 2006 nicht um einen Versicherungsfall handele. Das beabsichtigte Kopieren von Unterlagen außerhalb der Universität, selbst wenn diese zum Studium benötigt würden, stehe in keinem inneren Zusammenhang zum originären studentischen Tätigkeitsbereich. Zudem habe sich der Unfall in der vorlesungsfreien Zeit ereignet und sei auch von der Universität nicht gemeldet worden.
Hiergegen legte der Kläger am 19. Januar 2007 Widerspruch ein. Am 2. Januar 2007 hatte er der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BG) im Rahmen der Geltendmachung weiterer Arbeitsunfälle am 17. November 2006 und am 20. Dezember 2006 mitgeteilt, er habe am 5. September 2006 gegen 19.50 Uhr von der Sophienstrasse durch den Seiteneingang den Kaufhof am Bismarckplatz durchquert, um von der Haltestelle der OEG nach Weinheim von der Universität H. kommend nach Hause zu fahren. Auch habe er beabsichtigt Kopien zu fertigen, da die Qualifizierungsmaßnahme der Agentur für Arbeit nicht, wie beabsichtigt, am 4. September 2006 stattgefunden habe. Beim Verlassen des Untergeschosses auf der Rolltreppe habe ihm eine fremde männliche Person den Weg versperrt. Dieser habe versucht ihn am linken Arm bzw. der linken Körperseite festzuhalten. Er sei erschrocken und habe sich losgerissen. Dabei habe er diverse Prellungen erlitten, habe die Zahnkrone 22 verloren und der Stift des Zahns 21 sei gebrochen.
Am 4. Januar 2007 begehrte der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG), die BG und die Beklagte im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, für die Unfälle am 5. September 2006, 17. November 2006 und 20. Dezember 2006 Behandlungskosten, Verletztengeld und Sozialversicherungsbeiträge zu übernehmen (S 1 U 48/07 ER und S 1 U 246/07 ER). Er benötige dringend die Übernahme der Behandlungskosten aufgrund der erheblichen Verletzungen der Zähne 21-23 wie des Provisoriums im Oberkiefer rechts. Das vorläufige Rechtsschutzverfahren blieb erfolglos (Beschlüsse des SG vom 25. Januar 2007 und vom 5. Februar 2007; Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 15. März 2007 L 10 U 1345/07 ER-B).
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 21. Juni 2007 Klage zum SG.
Mit Gerichtsbescheid vom 7. März 2008 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, führte es aus, Unfallversicherungsschutz sei nicht zu bejahen, da das Anfertigen von Kopien aus einem Lehrbuch während der Semesterferien nicht dem organisatorischen Verantwortungsbereich einer Hochschule zuzuordnen sei. Auch sei es nicht erwiesen, dass sich der Kläger bei dem Ereignis vom 5. September 2006 Verletzungen zugezogen habe. Insbesondere sei es wenig glaubhaft, dass er Zahnverletzungen davon getragen habe. Insoweit sei darauf aufmerksam zu machen, dass sich der Kläger dieselben Zähne auch bei geltend gemachten Arbeitsunfällen aus den Jahren 1980, 2001 und 2006 sowie bei einem vermeintlichen Arbeitsunfall am 20. Dezember 2006 verletzt, abgebrochen oder ausgeschlagen haben wolle, was nach der Überzeugung der Kammer ausschließlich vor dem Hintergrund geschehe, einen Kostenträger für eine aufwendige Zahnsanierung zu finden, die der Kläger als Langzeitstudent nicht aus eigenen Mitteln finanzieren könne. Schließlich käme eine Leistungsverpflichtung der Beklagten auch dann nicht in Betracht, wenn ein versichertes Ereignis angenommen würde. Wenn der Zahnschaden - wie vom Kläger vorgetragen - dadurch entstanden sein sollte, dass er vor Schreck fest zugebissen habe, zeige dies nur, dass der Zahnstatus des Klägers so marode sei, dass auch jedes andere alltägliche Ereignis zu Zahnschäden hätte führen können, sodass kein Kausalzusammenhang herstellbar wäre.
Gegen den am 20. März 2008 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers, die am 14. April 2008 beim LSG eingegangen ist. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2009 hat der Kläger erklärt, er habe, nachdem er den Kaufhof betreten habe, zunächst im Untergeschoss die Toilette aufgesucht. Nach dem Verlassen der Toilette sei er mit der Rolltreppe ins Erdgeschoss gefahren, um zu dem Kopierer zu gelangen. Er habe aus einem Buch die Formen der Zähne kopieren wollen. Dies habe er für die Vorbereitung einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Maßnahme benötigt, die am 18. September 2006 begonnen habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. März 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2007 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 5. September 2006 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Zu weiteren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die SG-Akten und die Senatsakte. Beim Senat sind - neben weiteren Verfahren des Klägers - auch das Berufungsverfahren gegen die BG in Bezug auf die geltend gemachten Arbeitsunfälle vom 17. November 2006 und 20. Dezember 2006 (L 9 U 1682/09) und die Berufungsverfahren gegen die Beklagte wegen eines geltend gemachten Arbeitsunfalls vom 16. Mai 2001 (L 9 U 2353/09) und eines anerkannten Arbeitsunfalls vom 16. Juli 2001 anhängig (L 9 U 208/08). Im Verfahren L 9 U 2353/09 macht der Kläger eine Beschädigung des Zahnes 21 am 16. Mai 2001 im Rahmen eines praktischen Kurses an der Universität Heidelberg geltend. Auf die Akten dieser Verfahren wird ebenfalls Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Das auch in der Berufungsinstanz verfolgte Begehren des Klägers ist als Anfechtungs- und Feststellungsklage anzusehen (BSG, Urt. vom 20.3.2007 - B 2 U 19/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 23; Urteil vom 15.2.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 12; LSG Baden-Württemberg, Urt. vom 19.9.2008 - L 1 U 2116/08), mit der die Feststellung des Ereignisses vom 5. September 2006 als Arbeitsunfall begehrt wird.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet, da er keinen Anspruch auf Feststellung hat, dass es sich bei dem Ereignis vom 5. September 2006 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 c) SGB VII sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen. Grundsätzlich sind Studierende versichert, wenn sie Unterrichtsveranstaltungen in der Universität oder andere Hochschuleinrichtungen wie Universitätsbibliotheken, Seminare und Institute zu Studienzwecken aufsuchen oder sich an Exkursionen der Universität beteiligen. Nicht in den organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule gehören die typischerweise eigenverantwortlichen und selbständigen Tätigkeiten, die Studierende außerhalb der Hochschule in wesentlich eigenem Interesse während des Studiums und zur Vorbereitung von universitären Prüfungen entfalten (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 1993 - 2 RU 13/92, in JURIS m. w. N.).
Nach dem zeitnahen Vorbringen des Klägers gegenüber der BG vom 2. Januar 2007 wurde ihm im Kaufhof beim Verlassen des Untergeschosses auf der Rolltreppe der Weg durch eine männliche Person versperrt, die versuchte, den Kläger am linken Arm bzw. an der linken Körperhälfte festzuhalten. Hierbei hat der Kläger nach eigenen Angaben vor Schreck so fest zugebissen, dass ein Zahnschaden entstanden sei. Bei dieser Person handelte es sich nach dem Bericht der Polizeimeisterin M. vom 5. September 2006 um den Kaufhausdetektiven Y ... Nach den ergänzenden Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2009 hatte sich der Kläger nach dem Betreten des Kaufhauses zunächst in das Untergeschoss zu der dort befindlichen Toilette begeben. Nach dieser Sachverhaltsdarstellung des Klägers scheidet ein Versicherungsschutz schon deshalb aus, weil sich der Kläger im Zeitpunkt des Schadensereignisses auf der Rolltreppe vom Untergeschoss in das Erdgeschoss auf dem Rückweg von einer persönlichen und damit unversicherten Verrichtung (Toilettenbesuch) befand.
Nach dem Sachverhalt, den das SG seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat, dass nämlich der Kläger das Kaufhaus aufgesucht hatte, um aus einem Buch aus der Universitätsbibliothek Kopien zu fertigen, und er auf dem Weg zum Kopierer von dem Detektiven aufgehalten wurde und zu Schaden gekommen ist, ist ebenfalls kein Versicherungsschutz gegeben, da das Fertigen von Kopien in einem Kaufhaus unter keinem Gesichtspunkt dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule, an der der Kläger als Student eingeschrieben war, zugerechnet werden kann. Vielmehr gehört das Fertigen von Kopien in vorlesungsfreien Zeiten an Kopierern in Kaufhäusern in den Bereich der typischerweise eigenverantwortlichen und selbständigen Tätigkeiten, die Studierende außerhalb der Hochschule in wesentlich eigenem Interesse während des Studiums entfalten.
Im Übrigen beruhen die Feststellungen zu den beiden vorgenannten Sachverhalten nahezu ausschließlich auf den Angaben des Klägers, die wechselnd und auch nicht nachgewiesen sind. Dies gilt auch für den Zweck der beabsichtigten Kopien. Nach seiner ursprünglichen Angabe wollte der Kläger die Kopien für das Zahnmedizinstudium anfertigen (schriftliche Angaben vom 14. Dezember 2006), während er später behauptete, die beabsichtigten Kopien hätten der Vorbereitung einer Maßnahme der Agentur für Arbeit dienen sollen. Letztlich kann der Zweck der beabsichtigten Kopien dahinstehen, weil auch das Fertigen von Kopien zur Vorbereitung einer Maßnahme der Arbeitsverwaltung nicht unter Versicherungsschutz stünde. § 2 Abs. 1 Nr. 15 b) SGB VII stellt nur Personen unter Versicherungsschutz, die zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit diese oder eine andere Stelle aufsuchen. Um einen solchen Sachverhalt handelt es sich hier ebenfalls nicht.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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