L 2 U 5322/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 2935/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 5322/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. Juli 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob es sich bei der tätlichen Auseinandersetzung am Arbeitsplatz um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. Der am 15.01.1961 geborene Kläger, gebürtiger Kosovo-Albaner, arbeitete beim Autohaus S. GmbH & Co. KG, E. als Lagerist. Am 10.05.2004 versetzte ihm sein damaliger Arbeitskollege, der Hausmeister M. M. (im Folgenden M.), ein kroatischer Bosnier, im Lager gegen Arbeitsende um ca. 17.30 Uhr einen Faustschlag auf die Nase. Umstände und Hintergründe der Auseinandersetzung sind auch nach einem unmittelbaren Nachstellen der Situation am Tatort mit den Mitarbeitern M. und H. umstritten, die Beteiligten beschuldigen sich wechselseitig, Zeugen waren nicht zugegen. Der Kläger war anschließend wegen depressiver Anpassungsstörung bei Arbeitsplatzkonflikt arbeitsunfähig krank und wurde zum 31.07.2004 ordentlich gekündigt. Die Beklagte erhielt von dem Vorfall durch den Bericht des Hals-Nasen-Ohrenarztes Dr. O. vom 11.05.2004 Kenntnis, der beim Kläger eine Nasenbeinprellung mit Weichteilverletzung diagnostizierte. Eine Fraktur schloss er röntgenologisch aus. Die Beklagte leitete Ermittlungen ein. Der Kläger schilderte das Ereignis gegenüber der Beklagten sinngemäß wie folgt: Er habe auf Anweisung des Vorarbeiters Reifen einlagern wollen. Der Hausmeister M., habe sich in der Neuwerkstatt eingeschlossen und telefoniert, obwohl er gewusst habe, dass der Kläger noch Reifen einzulagern gehabt habe und der direkte Weg ins Reifenlager dort durchführte. Der Kläger habe geflucht, als er dies bemerkt habe und schließlich einen Umweg nehmen müssen. Im Reifenlager sei M. aufgeregt zu ihm gekommen und habe gesagt: "Was willst du von mir, ich werde dich jetzt erledigen." Der Kläger habe entgegnet, dass er mit ihm nichts zu tun haben wolle. Daraufhin habe M. ihn grundlos geschlagen. M. habe schon früher üble Gerüchte über ihn verbreitet, ihn beleidigt und provoziert, systematisch drangsaliert (Schreiben vom 03.06.2004 und vom 09.11.2004). Der Arbeitgeber teilte auf Nachfrage mit, dass der Kläger bei einer Auseinandersetzung, deren genaue Entstehung und Verlauf nicht definitiv geklärt werden konnte, einen Schlag ins Gesicht bekommen habe (Schreiben vom 20.07.2004). Der Lagerleiter W. M. berichtete in einem Protokoll vom 15.05.2004 u.a., der Kläger sei am 10.05.2004 mit blutverschmiertem Gesicht in sein Büro gekommen. Er habe gesagt: "Schau her, was mir M. getan hat, jetzt habe ich genug ...er oder ich ...mit M. kann ich nicht mehr weiterarbeiten ...". Vorausgegangen seien starke wechselseitige Beleidigungen. M. habe anschließend angegeben, er habe sich nur verteidigt, da der Kläger ihn mit einem Doppstadt-Keil in der Hand und den Worten "ich bringe dich um" bedroht habe. Es sei schon seit längerer Zeit zu beobachten gewesen, dass beide Personen zueinander ein gestörtes Verhältnis gehabt hätten, immer wieder hätten heftige Streitgespräche stattgefunden. Hintergrund seien politische beziehungsweise religiöse Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Balkankonflikt. Serviceleiter G. H. teilte unter dem 13.06.2005 mit, zum Streitschlichten herbeigerufen worden zu sein. Der Kläger habe M. mit politischen Parolen und dem Satz " ich ficke deine Mutter" gereizt, woraufhin es zur Schlägerei gekommen sei. Er habe seine politische Meinung stets hart vertreten. Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme von Prof. Dr. S., T. vom 13.03.2006 ein, der Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet in Folge des Ereignisses vom 10.05.2004 nicht festgestellt hat. In dem wegen des Vorfalls eingeleiteten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Freiburg (Az.: 350 Js 17037/04) sowohl gegen den Kläger als auch gegen M. als Beschuldigte wurden die an dem Konflikt Beteiligten und die hinzugezogenen Vorgesetzten H. und M. von der Polizei vernommen. Wegen der Einzelheiten ihrer Aussagen wird auf die beigezogene Akte der Staatsanwaltschaft Freiburg i. Breisgau verwiesen. Die Verfahren wurden mangels öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung eingestellt. Mit Bescheid vom 14.08.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 10.05.2004 als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, dass bei bereits vorausgegangenen Auseinandersetzungen wegen unterschiedlicher privater Auffassungen und nun bei ungeklärtem Anlass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der tätlichen Auseinandersetzung nicht vorgelegen habe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 03.05.2007). Am 24.05.2007 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgebracht, dass ein sachlicher Zusammenhang vorliege, da die Vermutung der Beklagten über einen ethnischen Konflikt zwischen ihm und M. unzutreffend sei. Kosovo-Albaner und Bosnier seien gleichermaßen Opfer des Milosevic-Regimes geworden, was sie gerade verbinde. Beide an dem Konflikt Beteiligte hätten gegenüber der Polizei arbeitsplatzbezogene Gründe angegeben. So habe der Kläger angegeben, M. habe ihn von seinem Arbeitsplatz entfernen wollen. M. habe angenommen, der Kläger wolle seinen Job. Zu konkreten Konflikten sei es gekommen, wenn M. seine Macht als Hausmeister ausgespielt habe. Die Beklagte hat dem entgegengehalten, dass das berufliche Geschehen belanglos gewesen sei, während private Meinungsverschiedenheiten u.a. zu den Themen Religion und Politik wesentlicher Grund für die Eskalation des schon länger schwelenden Konflikts gewesen seien, wie von den Arbeitskollegen und dem Arbeitgeber bestätigt. Auch das Streitigmachen des Arbeitsplatzes begründe keinen inneren Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit. Selbst wenn der Kläger durch seinen Widersacher an der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im konkreten Fall gehindert worden sein sollte, seien die Gründe hierfür nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit in der betrieblichen Tätigkeit zu sehen. Das SG hat in der Sitzung vom 15.07.2008 den Kläger gehört und den Zeugen M. vernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten ihrer Aussagen wird auf die Niederschrift verwiesen. Mit Urteil vom 15.07.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es habe nicht die Überzeugung gewonnen werden können, der Zeuge habe den Kläger aus Gründen geschlagen, die mit der betrieblichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen. Das Motiv für den Schlag lasse sich nicht aufklären. Ungeklärt sei ferner, ob der Zeuge den Kläger bei Verrichtung einer versicherten Tätigkeit angegriffen oder auf einen unmittelbar vorangegangenen tätlichen Angriff des Klägers reagiert habe. Von den unterstellten politischen bzw. ethnisch-religiösen Differenzen gehe es zwar nicht aus, da sowohl der Kläger als auch der Zeuge dies verneint hätten und der Arbeitgeber bzw. die deutschen Vorgesetzten kaum den Inhalt der in kroatischer Sprache geführten Verständigung zwischen dem Kläger und dem Zeugen hätten erfassen können. Die Version des Zeugen, er habe sich nach einem Angriff des Klägers lediglich verteidigt, hielt das SG nicht für glaubwürdig, weil der Zeuge keinen nachvollziehbaren Grund oder Anlass für die behauptete Attacke des Klägers zu nennen vermocht habe und entgegen der Auskunft der Arbeitgeber frühere Konflikte ausdrücklich verneint habe. Daraus folge nicht im Umkehrschluss das Vorhandensein eines betrieblichen Grundes. Aus der mangelnden Glaubwürdigkeit des Zeugen könne nicht geschlossen werden, dass der Kläger den Sachverhalt wahrheitsgemäß dargestellt habe. Seine Darstellung, der Zeuge habe ihm seinen Arbeitsplatz im Lager geneidet, könne angesichts der Wertigkeit der Tätigkeiten des Klägers und des Zeugen (ungelernter Lagerarbeiter einerseits, Hausmeister von Hauptsitz und Niederlassung andererseits) nicht nachvollzogen werden. Ebenso wenig sei nachvollziehbar, dass der Zeuge allein durch den vergleichsweise harmlosen Fluch "Scheiße" vor der verschlossenen Tür - wie vom Kläger eingeräumt - zu einem derart heftigen körperlichen Angriff gereizt worden sein könnte. Im übrigen seien sowohl die Angaben des Klägers als auch des Zeugen gegenüber der Polizei und im Termin der Kammer nicht vollständig kongruent und teils ausweichend gewesen. Das SG hielt es für naheliegend, dass sowohl der Kläger als auch der Zeuge entscheidende Tatsachen für die Eskalation des Streits verschwiegen haben, da der Übergang einer rein verbalen Auseinandersetzung zu Tätlichkeiten nach beiden Versionen so nicht erklärbar sei. Möglich seien auch bisher verschwiegene betriebsfremde Motive, die mit dem unmittelbar vor dem Streit geführten Telefonat mit einer angeblichen Kundin zusammenhängen könnten, auf dessen Erwähnung Kläger und Zeuge stark emotional erregt reagiert hätten. Diesbezügliche Fragen hätten aber weder beim Kläger noch beim Zeugen zu einem Ergebnis geführt, so dass insoweit eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht möglich gewesen sei. Zusammenfassend erschienen daher verschiedene Gründe und Anlässe für den Schlag des Zeugen sowie verschiedene unmittelbar zuvor vom Kläger vorgenommene Verrichtungen möglich, wenn auch in unterschiedlichem Maße wahrscheinlich, wobei allein die vom Kläger vorgetragen Variante geeignet wäre, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu begründen. Diese könne nicht als bewiesen angesehen werden. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 18.10.2008 zugestellte Urteil hat dieser am 18.11.2008 Berufung eingelegt und das Begehren weiterverfolgt. Das SG habe zu Unrecht die Zuverlässigkeit der Aussage des Klägers, die die Annahme eines Arbeitsunfalls rechtfertige, in Zweifel gezogen und die Beweislast verkannt. Da die Auseinandersetzung am Arbeitsplatz erfolgt sei, sei die Beklagte für das Vorliegen privater Gründe beweispflichtig. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. Juli 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Mai 2007 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 10. Mai 2004 um einen Arbeitsunfall des Klägers gehandelt hat. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat die Akte der Staatsanwaltschaft Freiburg Az. 350 Js 17037/04 sowie die Akten des Arbeitsgerichts Freiburg Az. 14 Ca 520/07 und des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg Az. 10 Sa 56/08 über die Schadensersatzklage des Klägers gegen M. beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die o.g. Akten der Staatsanwaltschaft und der Arbeitsgerichtsbarkeit sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die gem. § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gem. §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass das Ereignis vom 10.05.2004 ein Arbeitsunfall war.

Richtige Klageart zur Verfolgung des klägerischen Begehrens auf Feststellung eines Arbeitsunfalls ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Die auf Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten und Feststellung eines Arbeitsunfalls gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann ein Versicherter, dem gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass ein Arbeitsunfall nicht gegeben ist, dessen Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1, § 55 Abs 1 Nr. 1 SGG klären lassen (BSG, Beschluss vom 27. Juni 2006 - B 2 U 77/06 B - SozR 4-1500 § 55 Nr. 4 RdNr. 8 f.; Urteil vom 15. Februar 2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 12 RdNr. 5; Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 45/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 2 RdNr. 4, jeweils m.w.N.).

Die zulässige Anfechtungs- und Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII). Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).Voraussetzung hierfür ist, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist, und dass die Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (vgl. BSGE 58, 56, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92); zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz versicherten Tätigkeit bestehen, der so genannte innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Innerhalb der Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten (BSG SozR 3-2200 § 550 Nrn. 4 und 17), so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90).

Dies gilt auch für tätliche Auseinandersetzungen, Überfälle, Raufhändeln (BSG, Urteil v. 04.11.1981 - 2 RU 51/80). An dem erforderlichen inneren Zusammenhang wird es regelmäßig fehlen, wenn erwachsene Betriebsangehörige sich im Betrieb necken oder auch streiten und hierbei verunglücken. Dies gilt sowohl für den Unfall des "Täters" als auch für denjenigen des "Opfers" der Neckerei jedenfalls dann, wenn bei keinem der beiden die Handlungstendenz auf die Ausübung einer betriebsdienlichen Tätigkeit gerichtet ist. In diesem Fall sind Neckerei oder Streit für beide eine privatnützige Tätigkeit, die folglich in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht versichert ist. Streit und Tätlichkeiten stehen nur dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie unmittelbar aus der Arbeit erwachsen (Ricke in Kasseler Kommentar § 8 SGB VII, Rn. 105). Ein innerer Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit besteht in diesen Fällen dann, wenn betriebliche Vorgänge die wesentliche Ursache zu dem Streit und den Beweggrund für das Handeln des Schädigers gebildet haben (BSG Urt. v. 19.06.1975, Az. 8 RU 70/74 (juris)). Solche sind etwa gegeben, wenn der Streit wegen Beanstandung der Arbeitsleistung , wegen der Benutzung bestimmter Betriebseinrichtungen oder Handwerkszeuge, wegen Nichteinhaltung der Arbeitszeit oder aus ähnlichen Gründen entstanden ist (BSG, Urteil v. 19.06.1975, Az. 8 RU 70/74; Schwerdtfeger in Lauterbach, SGB VII, 4. Aufl. § 8 Rn. 274; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 Rn. 68 m.w.N.).

Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1; BSGE 61, 127, 128); es muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, dass zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (vgl. BSG, Urt. v. 22. 08.2000, Az. B 2 U 18/99 R (veröffentlicht in JURIS)).

Dass der Kläger bei der Auseinandersetzung am 10.05.2004 einen Unfall und in der Folge dessen eine Nasenverletzung erlitten hat, steht fest. Bei der zum Unfall führenden Auseinandersetzung mit M. stand er jedoch nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, da der volle Nachweis dafür, dass für den Streit betriebsbezogene Umstände der Anlass waren, nicht erbracht worden ist, was dem Kläger zum Nachteil gereicht. Das SG hat die hierfür maßgeblichen Überlegungen anhand der verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten angestellt und schlüssig begründet, warum das Motiv, die Handlungstendenz bei der Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und M und der Tatablauf, der darauf Rückschlüsse geben könnte, im Dunkeln bleiben. Hierauf nimmt der Senat Bezug und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch für den Senat der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem SG nun detailliert beschriebene Ablauf des Vorfalls vom 10.05.2004, bei dem er hinterlistig und grundlos angegriffen worden sein will, nachdem er sich vorher durch die verschlossene Tür und das Verhalten des M. provoziert gefühlt hat, nicht glaubhaft ist. Es entspricht nicht der Lebenserfahrung, dass M. als der danach Provozierende den Kläger grundlos geschlagen haben soll, obwohl stark beleidigende Äußerungen durchaus nach beider Aussagen gefallen sind. Bei natürlicher Betrachtungsweise des Geschehensablaufs mit Morddrohung und Bedrohung mit einem schweren Metallkeil hat sich das Unfallgeschehen allenfalls vor dem Hintergrund des - möglichen - Versperrens des Arbeitsweges ereignet. Diese heftige Reaktion ist allein aus der vorangegangenen Situation, wie sie in der jeweiligen Version geschildert wird, nicht nachvollziehbar. Die wesentliche Ursache für den tätlichen Angriff bilden die andauernden Spannungen der beiden Kontrahenten, die als private Beziehungen einzustufen sind.

Dass es bereits vor dem Vorfall zwischen dem Kläger und M. heftige Streitereien gegeben hat, ist durch die Auskünfte der Mitarbeiter H. und M. belegt. Die andauernden Spannungen dürften auch für die deutschen Arbeitskollegen erkennbar gewesen sein, da sich der Kläger und M., wie aus der Auskunft des Mitarbeiters H. bei seiner polizeilichen Vernehmung belegt, auch in deutscher Sprache übel beschimpft haben. Zudem teilt sich die Art der Kommunikation Außenstehenden nicht nur über den Wortinhalt, sondern auch über Gesten und den Tonfall mit. Anders als das SG misst der Senat den Angaben der beiden Mitarbeiter insofern einen Beweiswert bei, als sie zwar nicht unmittelbare Zeugen des Vorfalls gewesen sind, aber direkt im Anschluss daran die Situation noch einmal nachgestellt haben und somit zeitnah die Stimmungslage eingefangen haben, aus der sich nicht nur eine unbeteiligte Opferrolle des Klägers ergab, sondern unklar geblieben ist, ob eine Provokation des Klägers und aus welchem Grund vorausgegangen war. Unter Würdigung aller Umstände lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass die Streitigkeit ihren unmittelbaren Ursprung in der betrieblichen Tätigkeit des Klägers als Lagerist oder des M. als Hausmeister hatte. oder die dauernden Spannungen maßgebend für die Verletzung geworden sind. Auch letztere sind als privat einzustufen, selbst wenn der Kläger und M. außerhalb des Betriebs keinen Kontakt gehabt haben. Denn nachvollziehbare betriebliche Umstände, wie etwa Neid um den Arbeitsplatz, Unzufriedenheit mit der Arbeitsleistung des anderen o.ä., haben sich hierfür nicht finden lassen, wie das SG zu Recht ausgeführt hat.

Weitere objektive Erkenntnismöglichkeiten, die die Motive des Handelns beleuchten könnten, werden bei dem mehrere Jahre zurückliegenden Ereignis, für das es keine Zeugen gegeben hat und für die der Kläger und M. im Laufe der verschiedenen Verfahren variierende Angaben zum Hergang des Geschehens gemacht haben, nicht gesehen. Auch aus den beigezogenen Akten haben sich keine neuen Erkenntnisse gewinnen lassen. Vor den Arbeitsgerichten wurden vielmehr von beiden Beteiligten weitere detaillierte Varianten des Geschehens beschrieben, die gegenüber den zeitnahen Angaben einen geringeren Beweiswert haben. Der Kläger verkennt die Beweislast, wenn er diese bei der Beklagten sieht. Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr ein Recht oder einen rechtlichen Vorteil herleiten will. Während denjenigen, der einen Anspruch erhebt, die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen trifft, ist derjenige, der das geltend gemachte Recht bestreitet, für die rechtshindernden, rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Tatsachen beweispflichtig. Die Verteilung der Beweislast bestimmt sich nach den für den Anspruch maßgeblichen materiell-rechtlichen Normen (BSG Urteil v. 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R m.w.N.). Ist unklärbar, ob eine Lösung vom Unternehmen durch unternehmensbezogene Umstände wesentlich verursacht worden ist, so sind die Folgen der Ungewissheit nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast von demjenigen zu tragen, der Entschädigungsansprüche geltend macht (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 24.01.2002, Az. L 7 U 645/00 (juris); Schwerdtfeger in Lauterbach, aaO. Rn. 354 m.w.N.). Danach ist der Kläger beweispflichtig für den inneren Zusammenhang des Schlages mit einer betrieblichen Verrichtung und nicht die Beklagte dafür, dass ein anderer als ein betrieblicher Zusammenhang bestand. Daraus, dass sich der Vorfall auf dem Betriebsgelände ereignet hat, kann der Kläger für sich nichts herleiten, da es einen sog. Betriebsbann in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gibt (ständige Rspr. des BSG, vgl. Urteil v. 05.08.1993 - 2 BU 37/93). Die dagegen vom Kläger benannte Rechtsprechung (Hessisches Landessozialgericht, Urt. v. 12.02.2008, Az. L 3 U 82/06 - Überfall auf dem Arbeitsweg - ; BSG Urt. v. 04.09.2007, Az. B 2 U 28/06 R - Sturz vom Kran bei möglicher Selbstmordabsicht - , BSG Urt. v. 30.01.2007, Az. B 2 U 8/06 R - anaphylaktischer Schock bei Geschäftsessen - ; BSG Urt. v. 17.02.2009, Az. B 2 U 18/07 R - Sturz eines Rettungssanitäters aus möglicher innerer Ursache - ) betrifft andere Sachverhalte, die Rückschlüsse für den vorliegenden Fall, in dem grundsätzlich zunächst vom Ausschluss eines Streits unter Arbeitskollegen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auszugehen ist, nicht zulässt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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