L 1 AS 4090/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AS 5371/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 4090/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers und des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. August 2009 abgeändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller darlehensweise vorläufig ab 10. August 2009 bis 30. April 2010, längstens jedoch bis zur Bestandskraft des Bescheids vom 7. August 2009, einen Betrag von monatlich 272,71 EUR zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers trägt der Antragsgegner auch für das Beschwerdeverfahren.

Gründe:

Im Streit steht ein Anspruch des Antragstellers (Ast.) auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der 1988 geborene Ast. nimmt seit 5. März 2009 an einer Ausbildung zum Eurokaufmann beim Berufsförderungswerk H. (BFW) teil. Diese Ausbildung wird mit der IHK-Prüfung abgeschlossen. Er erhält von der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit S., Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 97 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) i.V.m. §§ 33, 44 ff. Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) für die Zeit vom 5. März 2009 bis voraussichtlich 2. März 2011. Für die Zeit vom 5. März 2009 bis 4. September 2010 erhält er Ausbildungsgeld in Höhe von 102,- EUR monatlich nach § 105 Abs. 1 Nr. 2 SGB III. Für die besuchte Maßnahme übernimmt die Bundesagentur weiter Lehrgangskosten (inklusive der Kosten der internatsmäßigen Unterbringung in H.) sowie Reisekosten für Familienheimfahrten von monatlich 81,60 EUR. Das BFW verlangt von den Maßnahmeteilnehmern bei Beginn der Maßnahme die Angabe eines Erstwohnsitzes an dem die Maßnahmeteilnehmer jedes 2. Wochenende (Familienheimfahrtswochenende) und die Ferien verbringen können, da das Internat in diesen Zeiträumen geschlossen hat. Der Ast. lebt seit 1. Januar 2009 zusammen mit seinem Bruder in einer WG in S. und bezahlt für sein Zimmer 220,- EUR Miete plus 22,- EUR Nebenkostenpauschale monatlich.

Zuvor erhielt der Ast. vom 1. September 2008 bis Maßnahmebeginn Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II vom Ag. Mit Bescheid zuletzt vom 5. März 2009 wurden ihm Leistungen für die Zeit vom 1. bis 4. März 2009 bewilligt und zugleich mitgeteilt, dass aufgrund der ab 5. März 2009 beginnenden Ausbildung ein Ausschlussgrund nach § 7 Abs. 5 und 6 SGB II für SGB II-Leistungen bestehe. Gegebenenfalls bestehe aber ein Anspruch auf Mietzuschuss. Mit Schreiben vom 7. August 2009 wandte sich der Ast. an den Ag. und beantragte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie die Übernahme der Kosten der Unterkunft. Er könne vom Ausbildungsgeld in Höhe von 102,- EUR monatlich weder die laufenden Unterkunftskosten noch die Lebenshaltungskosten während seiner Aufenthalte in S. an mindestens 2 Wochenenden im Monat sowie in den Ferien bestreiten, Mietkostenzuschuss sei ihm abgelehnt worden. Mit Bescheid vom 7. August 2009 lehnte der Ag. den Antrag ab. Ein Leistungsanspruch bestehe nicht, da er in Ausbildung stehe und es sich dabei um eine grundsätzlich förderungsfähige Ausbildung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) handle. Über den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch ist noch nicht entschieden. Mit Bescheid vom 21. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. August 2009 hat der Ag. auch den Antrag des Ast. auf Mietzuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II abgelehnt. Diesbezüglich ist ein Klageverfahren beim Sozialgericht Stuttgart anhängig (Az.: S 18 AS 5524/09). Am 10. August 2009 hat der Ast. beim Sozialgericht Stuttgart (SG) beantragt, ihm im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen nach dem SGB II vorläufig zu gewähren. Er trägt vor, im Internat keinen ersten Wohnsitz nehmen zu können, da der Internatsbetrieb in den Ferien geschlossen sei und der Träger auch die Angabe eines Erstwohnsitzes verlange. Er wolle seinen Wohnsitz in S. auch nicht aufgeben, da er hier seinen Lebensmittelpunkt und die familiären Beziehungen zu seinen Verwandten, insbesondere seinem Bruder habe. Die Eltern lebten in Nordfriesland. Sein Bruder erhalte von den Eltern derzeit u.a. das für ihn gewährte Kindergeld, insgesamt ca. 250,- EUR, damit er die Kosten der Unterkunft sowie die Versorgung sicherstellen könne. Der Ag. hat erwidert, es mangle schon am Anordnungsgrund, da der Ast. Leistungen für die Vergangenheit beanspruche. Es fehle aber auch der Anordnungsanspruch, da der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II greife. Es greife auch nicht die Härtefallregelung des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II, da der Abschluss seiner Ausbildung nicht unmittelbar bevorstehe und nicht zu erwarten stehe, dass die Ausbildung kurz vorher wegen der unterbliebenen Zahlung von Leistungen nach dem SGB II abgebrochen werden müsse. Auch greife § 22 Abs. 7 SGB II nicht, da keiner der in der Norm abschließend aufgezählten Bedarfe vorliege. Mit Beschluss vom 12. August 2009 hat das SG die Agentur für Arbeit S. zum Verfahren notwendig beigeladen. Mit Beschluss vom 24. August 2009 hat das SG den Ag. verpflichtet, dem Ast. vorläufig für die Zeit ab 10. August 2009 bis 31. Januar 2010, längstens jedoch bis zur Bestandskraft des Bescheids vom 7. August 2009 einen Betrag von monatlich 365,- EUR als Darlehen zu bezahlen. Der Ast. habe den Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es liege ein besonderer Härtefall im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vor, auch wenn der Ast. grundsätzlich nach § 7 Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Das Vorliegen eines Härtefalls sei unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Diese seien vorliegend zu bejahen. Das Ausbildungsgeld solle zwar nach Sinn und Zweck der Vorschrift den während der Ausbildung bestehenden Bedarf für den Lebensunterhalt umfassend abdecken. Dabei gehe die Vorschrift aber davon aus, dass der Unterkunftsbedarf während der Ausbildung vollständig gedeckt sei und nur noch ein geringer Betrag, der über die Verpflegung hinausgehe, benötigt werde. § 105 SGB III ermögliche jedoch keine Berücksichtigung der besonderen Situation des Ast., wonach außerhalb des Internats ein Wohnsitz vorgehalten werden müsse und auch dort Kosten anfallen, die gedeckt werden müssten. Auszubildende, die außerhalb des Internats bei ihren Eltern wohnen, erhielten 310,- EUR monatlich (§ 105 Abs. 1 Nr. 1 SGB III), bei anderweitiger Unterbringung und Verpflegung 225,- und bei anderweitiger Unterbringung ohne Kostenerstattung für Unterbringung und Verpflegung 341,- EUR zuzüglich bis zu 218,- EUR für die Unterkunft. Da für den Ast. auch § 22 Abs. 7 SGB II nicht greife, weiche der zu beurteilende Sachverhalt völlig von der vom Gesetz berücksichtigten Konstellation, nämlich dass Kosten der Unterkunft und Heizung durch die internatsmäßige Unterbringung vollständig gedeckt seien, ab. Ausgehend von einem Härtefall sei von einem Bedarf des Ast. von monatlich 601,- EUR auszugehen (359,- EUR Regelleistung plus Kosten der Unterkunft und Heizung von 242,- EUR). Darauf sei das Kindergeld in Höhe von 164,- EUR sowie das Ausbildungsgeld von 102,- EUR anzurechnen. Vom Einkommen sei noch die Versicherungspauschale von monatlich 30,- EUR abzusetzen, so dass sich anzurechnendes Einkommen in Höhe von 236,- EUR ergebe. Es bestehe ein ungedeckter Bedarf in Höhe von 365,- EUR, der darlehensweise vom Ag. zu erbringen sei.

Auch der Anordnungsgrund sei glaubhaft gemacht, da der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Sicherstellung des Existenzminimums des Ast. geboten sei. Ein Abwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache sei dem Ast. daher nicht zumutbar. Die Verpflichtung des Ag. sei nach § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II auf sechs Monate zu beschränken gewesen, längstens jedoch bis zum Eintritt der Bestandskraft des ablehnenden Bescheids vom 7. August 2009.

Gegen den ihm am 24. August 2009 zugestellten Beschluss hat der Ag. am 7. September 2009 Beschwerde eingelegt. Er trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, das SG habe verkannt, dass eine besondere Härte nicht vorliege. Insbesondere habe es unberücksichtigt gelassen, dass eine vorrangige Leistungspflicht des Beigeladenen nach § 99 SGB III i.V.m. § 68 Abs. 3 Satz 2 SGB III bestehe oder § 111 SGB III eingreife. Nicht zuletzt sei er schon nicht örtlich zuständig, da der gewöhnliche Aufenthalt des Ast. nicht in S., sondern in H. liege. Auch habe das SG bei seiner Berechnung nicht berücksichtigt, dass nach der Alg II-VO unentgeltlich

zur Verfügung gestellte sonstige Einnahmen zu berücksichtigen seien. Dies sei beim Ausbildungsgeld und der Leistungsgewährung durch das Internat anzunehmen.

Der Ast. hat in Bezug auf den Leistungszeitraum Anschlussbeschwerde eingelegt.

Im Beschwerdeverfahren hat der Senat das Job-Center H. zum Verfahren beigeladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Ag. gegen den Beschluss des SG ist zulässig, allerdings nur in geringem Umfang begründet. Dem Ast. sind Leistungen nach dem SGB II vorläufig darlehensweise zu gewähren, wenn auch in geringerer Höhe als vom SG zugesprochen.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die einstweilige Anordnung dient lediglich der Sicherung von Rechten eines Antragstellers, nicht aber ihrer Befriedigung. Sie darf deshalb grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung ein wirksamer Rechtsschutz nicht erreicht werden kann und dieser Zustand dem Antragsteller unzumutbar ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 9. Auflage 2008, § 86b Rdnr. 28 f). Der Erlass einer derartigen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrten Leistungen besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht viel-mehr eine Wechselbeziehung der Art, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt.

Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.0. § 86b Rn. 29 mwN). Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Dabei sind grundrechtliche Belange des Antragstellers umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern, ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - info also 2005, 166 unter Hinweis auf BVerfGE 82, 60, 80). Denn im Rahmen der gebotenen Folgeabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers, ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden, gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (vgl. insoweit Hessisches LSG vom 27. Juli 2005 — L 7 AS 18/05 ER). Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Beschwerde des Ag. nur in geringem Umfang Erfolg, da das SG Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund im Ergebnis zu Recht bejaht hat. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit für die beantragten Leistungen kann der Senat im Beschwerdeverfahren offen lassen, wobei angesichts der den Beteiligten bekannten Entscheidung des Senats vom 15. Juni 2009 (L 1 AS 2216/08) auch im vorliegenden Fall die für die Frage des gewöhnlichen Aufenthalts maßgeblichen objektiven Kriterien dafür sprechen, dass der beigeladene Job Center H. örtlich zuständiger Träger für die begehrten Leistungen ist. Als erstangegangener Träger ist jedoch hier der Ag. vorläufig zur Leistung zu verpflichten (§ 43 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I]; hierzu ergänzend Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, § 36 Rn. 27, 31, 32).

Der Ast. hat als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Sinne des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, da der Ausschlussgrund nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht erfüllt ist. Auf das Vorliegen einer besonderen Härte nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II kommt es deshalb nicht an. Der Leistungsgewährung steht nicht entgegen, dass der Ast. eine nach den Vorschriften des § 97 ff SGB III geförderte Ausbildung mit internatsmäßiger Unterbringung macht, noch, dass er Ausbildungsgeld erhält bzw. während der Unterrichtstage unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung in H ...

Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BaföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Bei der Ausbildung zum Eurokaufmann handelt es sich wohl nicht um eine nach dem BaföG grundsätzlich förderungsfähige Ausbildung. Die Förderungsfähigkeit dürfte nach den im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eingeholten telefonischen Auskünften des Studentenwerks Heidelberg und des Landratsamts daran scheitern, dass es sich nicht um eine schulische Ausbildung im Sinne des § 2 BaföG handelt, weil die Ausbildung mit der IHK-Abschlussprüfung endet. Einer Förderung als schulische Ausbildung dürfte entgegen stehen, dass es sich bei der SRH-Hochschule (BFW-Heidelberg) nicht um eine Schule im Sinne des Landesrechts handelt.

Ob es sich bei der Ausbildung zum Eurokaufmann um eine nach den §§ 60 bis 62 SGB III grundsätzlich förderungsfähige Ausbildung handelt, kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ebenfalls nicht abschließend beantwortet werden. Allerdings spricht mehr dagegen als dafür.

Es könnte bereits fraglich sein, ob bei Maßnahmen, die nach den §§ 97 ff SGB III gefördert werden, überhaupt auf die Vorschriften der §§ 60 bis 62 SGB III abgestellt werden kann (dazu LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Februar 2008 - L 5 B 10/08 R).

Doch selbst wenn insoweit keine Kompatibilitätsprobleme bestünden, käme allenfalls ein Förderungsausschluss über § 60 Abs. 1 SGB III (berufliche Ausbildung) in Betracht. Danach ist eine berufliche Ausbildung nur dann förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgesehene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Ihrer Intention nach ist die Förderungsfähigkeit einer Ausbildung nach § 60 Abs. 1 SGB III daher an die Angliederung der Ausbildung an einen Ausbildungsbetrieb/-unternehmen geknüpft, mit dem der Auszubildende einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen hat. Der Ast. hat einen solchen jedoch nicht abgeschlossen. Vielmehr nimmt er an einer Ausbildung teil, die lediglich auf das Ablegen des IHK-Abschlusses vorbereitet (vgl. dazu auch Wagner in NK-SGB III § 60 Rn. 33 ff), ohne dass dies in einem regulären Ausbildungsverhältnis geschieht. Es kann daher offen bleiben, ob mit dem LSG Berlin-Brandenburg davon auszugehen ist, dass selbst bei einer grundsätzlichen Förderungsfähigkeit nach § 60 SGB III der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II nicht greift, wenn die Förderung nach den für behinderte Menschen geltenden Vorschriften der §§ 97 ff SGB III erfolgt.

Da der Ausschlussgrund des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nach vorläufiger Prüfung damit nicht erfüllt sein dürfte, hat der Ast. als erwerbsfähiger, vermögensloser Hilfebedürftiger grundsätzlich Anspruch auf Grundsicherungsleistungen, d.h. auf Arbeitslosengeld II und die Übernahme der Kosten der Unterkunft.

Soweit der Ag. ergänzend vorbringt, der Ast. habe möglicherweise Anspruch auf höhere Leistungen des SGB III-Trägers, die Leistungen nach dem SGB II vorgingen, und insoweit auf die Ermessensnorm des § 68 Abs. 3 Satz 2 SGB III verweist, ist dies im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu entscheiden, da hier existenzsichernde Leistungen vorrangig zu erbringen sind, jedenfalls dann, wenn eine einschlägige Anspruchsnorm im SGB III nicht ohne weitere intensive Prüfung bejaht werden kann. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, wie durch die vom Ag. in Bezug genommene Vorschrift des § 68 Abs. 3 Satz 2 SGB III die Kosten der Unterkunft des Ast. in S. gedeckt werden sollten, da sich die dort aufgeführten "sonstigen Bedarfe" auf unmittelbar durch die Ausbildung begründete Bedarfe beziehen und § 68 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht als allgemeine Auffangklausel für alle denkbaren sonstigen Bedarfe verstanden werden kann (so auch Wagner in NK-SGB III § 68 Rn. 17). § 111 SGB III erfasst den vorliegenden Fall schon nach seinem Tatbestand nicht, da er voraussetzt, dass der behinderte Mensch auswärtig, aber gerade nicht in einem Internat untergebracht ist. Ob und inwieweit, möglicherweise durch die kumulative Anwendung von § 105 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB III, der Rehabilitationsträger seiner Gesamtverantwortung für das Gelingen der Maßnahme Rechnung zu tragen hat und ob die Förderung einer Maßnahme, die tatsächlich nicht den Bedarf des Rehabilitanten deckt, ermessensfehlerfrei ist (vgl. Keller in NK-SGB III vor §§ 97-115 Rn. 33), ist deshalb ebenfalls der Entscheidung in der Hauptsache zu überlassen.

Im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II angemessene Kosten der Unterkunft entstehen dem Ast. in Höhe von 220,- EUR monatlicher Miete zuzüglich 22,- Nebenkosten für das 14 qm große WGZimmer. Von den Kosten der Unterkunft sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG allerdings die Kosten der Warmwasserbereitung abzuziehen, da diese bereits im Regelsatz enthalten sind (BSG vom 27. Februar 2008 - B 14/1 AS 15/07 R). Diese belaufen sich für die Zeit ab Antragstellung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (August 2009) auf 6,79 EUR monatlich (vgl. zur Höhe und zur Berechnung Schwabe, Zeitschrift für das Fürsorgewesen 2009 S. 145, 148). Ob eventuell unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG (a.a.0.) zur Berechnung des Warmwasserkostenabzugs auf einen anderen, niedrigeren Eckwert (20,74 anstelle von 21,75 EUR ) abzustellen ist (auch wenn das BSG möglicherweise die Ergebnisse der EVS 2003 in seinen weiterführenden Überlegungen nicht berücksichtigt hat) und deshalb anstelle von 6,79 EUR nur 6,47 EUR abzuziehen wären, konnte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes offen bleiben, da auch bei einem Abzug von 6,79 EUR existenzsichernde Leistungen zum Erhalt des Wohnraums in Stuttgart zur Verfügung stehen.

Als Einkommen des Ast. ist nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II jedenfalls das Kindergeld in Höhe von 164,- EUR in Abzug zu bringen, was derzeit zwar dem Bruder des Ast., aber zur Bedarfsdeckung des Ast. selbst, von den Kindergeldberechtigten weitergeleitet wird. Soweit das Ausbildungsgeld im Streit steht, ist der Senat der vorläufigen Auffassung, dass das Ausbildungsgeld in vollem Umfang als privilegiertes Einkommen anzusehen und daher nicht auf die Grundsicherungsleistungen anzurechnen ist. Denn seinem Zweck nach soll es ganz überwiegend nur der Deckung des ausbildungsbedingten Mehrbedarfs, nicht jedoch der Finanzierung des Lebensunterhalts dienen. Dies jedenfalls dann, wenn wie hier das Ausbildungsgeld bei internatsmäßiger Unterbringung nach § 105 Abs. 1 Nr. 2 SGB III gewährt wird (vgl. dazu auch BSG vom 17. März 2009 - B 14 AS 63/07 R). Übereinstimmend mit dem SG ist der Senat der Auffassung, dass die dem Ast. in H. gewährte Unterkunft und Verpflegung als reine Sachleistungen nicht als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 2 Abs. 5 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) zu berücksichtigen sind. Denn § 2 Alg II-V regelt ausdrücklich nur die Berechnung von Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit. Die dem Ast. gewährte Vollverpflegung ist jedoch nicht der Gegenwert einer von ihm geleisteten Arbeit, sondern Teil der Förderung seiner Ausbildung im Rahmen der §§ 97 ff SGB III. Nicht ausgeschlossen ist dadurch jedoch die anderweitige Berücksichtigung der Vollverpflegung, auf die unten eingegangen wird.

Der grundsätzlich bestehende Anspruch des Ast. auf Leistungen nach dem SGB II kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes daher wie folgt berechnet werden:

Vom Bedarf von grundsätzlich 359,- EUR Regelleistung sowie 242,- EUR Kosten der Unterkunft und Heizung ist zunächst die Warmwasserpauschale von 6,79 EUR in Abzug zu bringen, so dass ein Bedarf von 594,21 EUR verbleibt. Davon sind als Einkommen das Kindergeld in Höhe von 164,- EUR abzüglich einer Versicherungspauschale von 30,- EUR (BSG vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 39/08 R) abzusetzen, so dass sich der Gesamtbedarf zunächst auf 460,21 EUR beziffern lässt. Der Beschwerde war allerdings insoweit stattzugeben als das SG nicht in seine Erwägungen eingestellt hat, dass dem Ast. nur während seines tatsächlichen Aufenthalts in S. Kosten zur Bestreitung des Lebensunterhalts (im Gegensatz zu den Kosten der Unterkunft, die von seinem tatsächlichen Aufenthalt unabhängig anfallen) entstehen. Dies unterscheidet ihn von den übrigen Beziehern von Grundsicherungsleistungen, die mit der Regelleistung von 359,- ihre Lebenshaltungskosten für den gesamten Monat bestreiten müssen. Eine Besserstellung des Ast. gegenüber sonstigen Empfängern von Grundsicherungsleistungen ist jedoch auch durch die Nichterwähnung des § 105 Abs. 1 Nr. 2 SGB III in dem Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht beabsichtigt gewesen.

Auf die Situation des Ast. kann deshalb der Rechtsgedanke der zeitweiligen Bedarfsgemeinschaft (vgl. dazu BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1) übertragen werden, der durch den vorübergehenden Aufenthalt weiterer Personen Mehraufwendungen entstehen, die vom SGB II-Leistungsträger zu erstatten sind, aber auch nur die während und anlässlich des Aufenthalts entstehenden Aufwendungen. Daher erachtet es der Senat zumindest im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für geboten, dem Ast. von dem grundsätzlich errechneten Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts nur den Teil zuzusprechen, die seinem tatsächlichen Aufenthalt in S. entspricht.

Wie der Ast. in seiner zuletzt bei Gericht eingegangenen Stellungnahme ausgeführt hat, hält er sich in den Schulferien (55 Kalendertage in 2009) und jedenfalls jedes zweite Wochenende im Jahr in S. auf. Soweit er vorbringt, auch die weiteren Wochenenden nach Möglichkeit in S. zu verbringen, ist dieses Vorbringen für die Berechnung der ihm zustehenden Grundsicherungsleistungen nicht erheblich. Denn in dieser Zeit steht dem Ast., da es sich um NichtFamilienheimfahrtwochenenden handelt, freie Verpflegung im Internat zur Verfügung. Die Konsequenz seiner Entscheidung, dieses Angebot nicht wahrzunehmen, sondern nach S. zu fahren, kann jedoch nicht der Staatskasse überbürdet werden. Daher ist von monatlich 4 weiteren vollen Tagen der Anwesenheit in S. auszugehen, in denen auch Kosten für den Lebensunterhalt anfallen. Errechnet man daher überschlägig, ausgehend von 55 Kalendertagen Urlaub (in die auch Wochenenden fallen), die tatsächliche Anwesenheit in S., ist von monatlich durchschnittlich 5 Kalendertagen auszugehen, die sich der Ast. pro Monat in S. aufhält (55 Kalendertage Urlaub entspricht bei 52 Wochen/Jahr rund 1 Kalendertag pro Woche, zuzüglich 4 Kalendertage/Monat Familienheimfahrtwochenenden). Um die Notwendigkeit monatlicher Meldungen des Ast. in S. bezüglich der Familienheimfahrten oder der Urlaubstage auch aus verwaltungspraktischen Gesichtspunkten zu vermeiden, erachtet es der Senat als sinnvoll und geboten an, die Urlaubstage rechnerisch gleichmäßig auf das Jahr zu verteilen, auch wenn der Ast. damit in der tatsächlichen Urlaubszeit faktisch nicht mehr Leistungen vom Ag. erhält als in den übrigen Monaten.

Gemäß § 41 SGB II ist bei einer anteiligen Leistungsgewährung, von der vorliegend auszugehen ist, der Monat mit 30 Tagen anzusetzen, so dass bei einem Anspruch auf Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 225,- EUR (359,- EUR % 164,- EUR zuzüglich Versicherungspauschale von 30,- EUR) auf jeden Kalendertag 7,50 EUR entfallen, was auf 5 Kalendertage monatlich hochgerechnet einen Anspruch auf Alg II von 37,50 monatlich bedeutet. Im Hinblick auf die Berechnung der Leistung war der Beschluss des SG deshalb abzuändern. Den Anordnungsgrund hat das SG zutreffend ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht am 10. August 2009 bejaht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss verwiesen.

Der Anspruch des Antragstellers war zeitlich zu begrenzen. Zum einen im Hinblick auf die Bestandskraft des Bescheids vom 7. August 2009; zum anderen längstens bis 30. April 2010. Dabei geht der Senat von der Grundregel des § 41 Abs. 4 SGB II aus, wonach grundsätzlich von einem Bewilligungszeitraum von 6 Monaten auszugehen ist, der bis zu 12 Monate verlängert werden kann (§ 41 Satz 5 SGB II), wenn eine Veränderung der Verhältnisse in diesem Zeitraum nicht zu erwarten ist. Ausgehend von einer Antragstellung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Anfang August 2009 wäre ein sechsmonatiger Zeitraum bereits Ende Januar 2010 abgelaufen, gerechnet vom Zeitpunkt des vorliegenden Beschlusses daher in knapp 3 Monaten. Angesichts der zahlreichen noch im Hauptsacheverfahren zu klärenden Sachfragen erachtet der Senat diesen Zeitraum als unzureichend an. Da nicht zu erwarten steht, dass sich in den tatsächlichen Verhältnissen in nächster Zeit etwas ändern wird, war der Zeitraum angemessen zu verlängern und daher eine Leistungsbewilligung bis längstens 30. April 2010 auszusprechen (ca. 6 Monate, ausgehend vom Zeitpunkt des vorliegenden Beschlusses). Da die Bevollmächtigte des Ast. Anschlussbeschwerde eingelegt hat, konnte der Senat insoweit über den Ausspruch des SG hinaus gehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved