Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 5110/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 3192/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21.4.2009 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung der Kosten eines Widerspruchsverfahrens im Streit.
Der Kläger erhielt während des Leistungsbezugs nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nach einer persönlichen Vorsprache mit Schreiben vom 29.05.2007 eine Meldeaufforderung für die Zeit nach der Rückkehr aus einer genehmigten Ortsabwesenheit. Das Schreiben (vgl. Blatt 27 der Akte des Sozialgerichts) hatte in den hier relevanten Passagen folgenden Wortlaut:
"Sehr geehrter Herr ... bitte kommen Sie am 11.06.2007 in die ARGE F., ... Str ... Bitte melden Sie sich persönlich an der Kundentheke ... aus der Ortsabwesenheit zurück. Dies ist eine Einladung nach § 59 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Verbindung mit § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch. Beachten Sie bitte unbedingt auch die Rechtsfolgenbelehrung und die weiteren Hinweise auf Blatt 2. ( ...) Mit freundlichen Grüßen, ..."
Dem Schreiben war auf Blatt 2 eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt, wonach im Falle des Nichterscheinens ohne wichtigen Grund mit einer Sanktion nach § 31 Abs. 2 SGB II gerechnet werden müsse.
Am 05.06.2007 legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten gegen das Schreiben vom 29.05.2007 Widerspruch ein. Es handele sich um einen Verwaltungsakt nach § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), welcher im vorliegenden Fall rechtswidrig sei. Da er SGB II-Leistungen lediglich aufstockend beziehe und nicht arbeitslos sei, sei bereits fraglich, ob er überhaupt nach § 309 SGB III zur Vorsprache aufgefordert werden könne. Der Beklagten sei außerdem bekannt gewesen, dass er am 11.06.2007 arbeiten müsse. Seine Arbeitsstelle befinde sich in O. und damit in einer Entfernung, die ihm eine Vorsprache in F. am selben Tag unmöglich mache. Hierauf habe er bereits während des Gesprächs am 29.05.2007 ausdrücklich hingewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Berechtigung zur Aufforderung zur Vorsprache ergebe sich aus § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III. Die Erstattung von Kosten für das Widerspruchsverfahren wurde abgelehnt.
Der Kläger hat am 11.06.2007 nicht bei der Beklagten vorgesprochen. Die Beklagte verhängte in der Folgezeit keine Sanktionen aufgrund des Nichterscheinens.
Am 26.9.2007 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, mit der er die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens begehrt hat. Der Bevollmächtigte des Klägers hat vorgetragen, dass sich nach Erledigung des Einladungsschreibens das Rechtsschutzbedürfnis auf die Kosten des Widerspruchsverfahrens beschränke. Die Meldeaufforderung sei ein Verwaltungsakt und nur dann rechtmäßig, wenn sie zur Erreichung des konkreten Meldezwecks erforderlich, geeignet und angemessen sei. Ein Meldezweck sei weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Es sei auch fraglich, ob die Meldepflicht den Kläger überhaupt treffe, da er weder arbeitslos noch selbst bedürftig sei, sondern nur aufgrund der Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Familie aufstockende Leistungen nach dem SGB II beziehe.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.4.2009 als unbegründet abgewiesen. Streitgegenstand sei allein die Kostenentscheidung der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 31.8.2007. Diese stelle einen Verwaltungsakt dar, der mit einer Klage selbstständig und ohne Vorverfahren angefochten werden könne, was auch dann gelte, wenn die Widerspruchsentscheidung in der Sache selbst nicht oder nicht mehr angefochten werde (unter Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19.1.2005 - B 11a /11 AL 39/04 R -). Die Klage sei unbegründet, da die Kostenentscheidung der Beklagten in dem Widerspruchsbescheid rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des Vorverfahrens bestehe nach § 63 SGB X nicht, da es an einem erfolgreichen Vorverfahren fehle. Der Widerspruch gegen das Einladungsschreiben sei bereits nicht statthaft gewesen, da es sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S. 1 SGB X handele. Eine Regelung im Sinne von § 31 S. 1 SGB X liege dann vor, wenn die Behörde eine potenziell verbindliche Rechtsfolge gesetzt habe, d.h. durch die Maßnahme ohne weitere Umsetzungsakte Recht begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt worden oder eben dieses abgelehnt worden sei. Die Regelung müsse die Rechtsstellung des Adressaten ohne weiteren Umsetzungsakt betreffen (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 31 Rdnr. 24 m.w.N.; Blüggel in Eicher / Spellbrink, SGB II,
§ 59 Rdnr. 11). Die Auslegung ergebe im vorliegenden Falle, dass eine Regelung noch nicht vorgelegen habe. Aus der maßgeblichen objektiven Empfängersicht sei keine verbindliche Rechtsfolge getroffen worden, was bereits aus der von der Beklagten verwendeten Formulierung "bitte" folge. Zwar halte dies den Empfänger zu konkretem Handeln an, jedoch fehle eine im Wege des Verwaltungszwangs durchsetzbare Verpflichtung (unter Hinweis auf eine andere Auffassung des Bayerischen Landessozialgerichts, Urteil vom 27.3.2003 - L 9 AL 175/01 -). Es handele sich lediglich um eine Aufforderung zur Erfüllung einer Obliegenheit, verbunden mit dem Hinweis, bei Nichtbefolgen könnten Nachteile entstehen. Damit fehle es jedoch an einem Regelungscharakter im Sinne von § 31 S. 1 SGB X, weil nur eine behördliche Verfahrenshandlung im Sinne der Vorbereitung einer eigentlichen Sachentscheidung nach § 31 Abs. 2 SGB II vorliege (unter Hinweis auf LSG Berlin, Urteil vom 13.2.2004 - L 4 AL 54/02 -). Außerdem habe es auch an einer einen Verwaltungsakt gegebenenfalls indizierenden Rechtsbehelfsbelehrung gefehlt. Die dem Schreiben beigefügte Rechtsfolgenbelehrung mache zudem deutlich, dass es für die Entstehung konkreter rechtlicher Folgen erst noch eines weiteren Umsetzungsaktes der Beklagten, nämlich eines Absenkungsbescheides nach § 31 SGB II, bedurft hätte (unter Hinweis auf BSG, a.a.O.). Auch die Regelung des § 39 Nr. 4 SGB II, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit einer Aufforderung zur Meldung nach § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III keine aufschiebende Wirkung haben, könne nicht die Verwaltungsaktsqualität begründen. Zwar sei die Regelung des § 309 SGB III mit der darin enthaltenen allgemeinen Meldepflicht gemäß § 59 SGB II auch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende anwendbar. Jedoch sei die Frage, ob ein Verwaltungsakt vorliege, eine im Einzelfall und nach dem objektiven Empfängerhorizont zu beurteilende Frage, die nicht durch eine gesetzliche Anordnung ersetzt werden könne. Ein Eingriff unmittelbarer Art in die Rechtsstellung des Erklärungsempfängers liege auch in diesem Zusammenhang nicht vor. Das SG hat die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Das Urteil des SG wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 15.6.2009 zugestellt.
Am 15.7.2009 hat der Bevollmächtigte des Klägers beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Bei der Einladung der Beklagten vom 29.5.2007 habe es sich um einen Verwaltungsakt gehandelt, der in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig gewesen sei. Die Beklagte habe die Rechtswidrigkeit ihrer Einladung inzident eingeräumt, indem sie auf den Erlass eines Sanktionsbescheides gemäß § 31 SGB II verzichtet habe. Damit habe der Widerspruch im Ergebnis zum Erfolg geführt, und seiner anderweitigen Erledigung könne nicht entgegen gehalten werden, dass eine Kostenerstattung nach § 63 SGB X nicht erfolgen könne (unter Hinweis auf LSG Hessen, Urteil vom 26.9.2007 - L 4 KA 15/07 -). Das Bundessozialgericht habe eine Meldeaufforderung als Verwaltungsakt qualifiziert (Urteil vom 27.3.1980 - SozR 4100 § 132 Nr. 5, Seite 7), in späteren Entscheidungen hingegen die Frage der Verwaltungsaktsqualität einer Meldeaufforderung offen gelassen (unter Hinweis auf das vom SG zitierte Urteil des BSG). Das Bayerische Landessozialgericht habe hingegen zu Recht auch in jüngerer Zeit die Verwaltungsaktsqualität einer Meldeaufforderung bejaht, weil mit der Meldeaufforderung die Verpflichtung des Aufforderungsempfängers zur Vorsprache an einem bestimmten Termin unter Hinweis auf Rechtsfolgen festgelegt und somit ein Einzelfall hoheitlich und mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen geregelt werde (Bayerisches LSG, Urteil vom 27.3.2003- L 7 AL 175/01 -). Eine entsprechende Rechtsfolgenbelehrung habe die Beklagte auch gegenüber dem Kläger erteilt, in der ein ausdrücklicher Hinweis auf die Absenkung der Regelleistung erfolgt sei. Durch die Formulierung "bei einer Verletzung der Meldepflicht wird das Arbeitslosengeld II abgesenkt" werde deutlich gemacht, dass die Absenkung im Fall des Meldeversäumnisses ein Automatismus sei, der ohne weitere Prüfung eintrete. Dies entspreche auch der geltenden Rechtslage, denn § 31 SGB II lasse der Berufungsbeklagten keinen Ermessensspielraum. Da der Kläger auf seinen Verhinderungsgrund bereits bei der Vorsprache hingewiesen habe und damit der Verhinderungsgrund der Beklagten bereits bekannt gewesen sei, habe der Kläger davon ausgehen müssen, dass aufgrund seiner beruflichen Verhinderung kein wichtiger Grund anerkannt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21.4.2009 sowie die Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid der Berufungsbeklagten vom 31.8.2007 aufzuheben sowie die Berufungsbeklagte zu verurteilen, ihm die Auslagen im Widerspruchsverfahren gegen den Verwaltungsakt vom 29.5.2007 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig.
Der Kläger hat im Berufungsverfahren auf Aufforderung des Berichterstatters eine vollständige Kopie der Meldeaufforderung sowie den Stundenplan für seine mit dem 11.06.2007 beginnende Arbeitswoche vorgelegt. Danach hatte der Kläger am 11.06.2007 am O.gymnasium in O. Unterrichtsverpflichtungen von 10:20 bis 11:05 Uhr und von 12:15 bis 13:00 Uhr. Der Kläger hat hierzu ausgeführt, dass er regelmäßig frühmorgens seine Arbeit begonnen habe, um den Unterricht vorzubereiten, und dass er an Montagnachmittagen für einige Stunden die Physiksammlung zur Vorbereitung von Experimenten zur Verfügung gehabt habe.
Die Beklagte hat mitgeteilt, dass ihre Kundentheke zum damaligen Zeitpunkt vormittags von 7:45 bis 12:30 Uhr geöffnet gewesen sei und eine Rückmeldung bei berufstätigen Leistungsempfängern nach Rücksprache auch am Donnerstag von 13:00 bis 18:00 Uhr möglich gewesen wäre.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Daraus folgt, dass für die Kostenerstattung ein Verwaltungsakt vorgelegen und ein Vorverfahren nach den §§ 78 ff. SGG stattgefunden haben muss (vgl. BSG SozR 3-1300 § 63 Nr. 1). Die erstmalige Entscheidung über die Kostenlast des Widerspruchsverfahrens im Widerspruchsbescheid ist ein Verwaltungsakt, der mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) selbstständig angefochten werden kann (vgl. BSG SozR 3-1500 § 144 Nr. 13, S. 32).
Ob die ursprünglich zwischen den Beteiligten umstrittene Aufforderung zur Meldung nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III einen Verwaltungsakt darstellte, kann vorliegend offengelassen werden, weil jedenfalls Gründe für die Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung nicht ersichtlich sind.
Ein Verwaltungsakt ist nach § 31 Satz 1 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Ob das Einladungsschreiben der Beklagten bereits eine Regelung darstellt, oder ob insofern lediglich eine einen eventuellen späteren Verwaltungsakt vorbereitende Handlung vorliegt, entscheidet sich danach, ob die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat, das heißt durch die Maßnahme ohne weiteren Umsetzungsakt Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt hat oder im Gegenteil hierzu die Setzung einer entsprechenden Rechtsfolge abgelehnt hat (BSGE 75, 97, 107 = SozR 3-4100 § 116 Nr. 2). Eine Regelung setzt voraus, dass die Behörde auch den Willen hat, verbindlich festzulegen, was für den Einzelnen rechtens sein soll; dies kennzeichnet den Verwaltungsakt als verwaltungsrechtliche Willenserklärung (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 31 Rdnr. 24).
Die sogenannte Meldeaufforderung ist vom BSG zunächst (Urteil vom 20.03.1980 - 7 RAr 21/79 - = SozR 4100 § 132 Nr. 1 S. 7) als Verwaltungsakt qualifiziert worden, weil sie die allgemeine Mitwirkungspflicht für den Einzelfall mit Verpflichtungswirkung gegenüber dem Adressaten konkretisiere. In einer späteren Entscheidung desselben Senats des BSG (Urteil vom 29.09.1087 = BSGE 62, 173, , SozR 4100 § 132 Nr. 4) ist die Qualifizierung der Meldeaufforderung nach § 132 AFG als Verwaltungsakt jedoch ausdrücklich offen gelassen worden (ebenso in BSGE 87, 31, 38 = SozR 3-4100 § 134 Nr. 22).
Das Bundessozialgericht hat zuletzt weiterhin offen gelassen, ob es sich bei der Meldeaufforderung nach § 309 SGB III um einen Verwaltungsakt handelt. Zu dem vergleichbaren Vorschlag einer Trainingsmaßnahme nach den §§ 48 ff. SGB III hat das BSG indes entschieden, dass es sich bei dem Angebot einer Trainingsmaßnahme nicht um einen Verwaltungsakt handelt, weswegen die Aufwendungen für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Widerspruchsverfahren gegen ein solches Angebot nicht zu erstatten sind. Das BSG hat dies damit begründet, dass ein "Angebot" bzw. "Vorschlag" bereits nach dem Wortlaut noch nicht die eigentliche Regelung in Gestalt eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 31 SGB X darstellt. Es handele sich nur um eine behördliche Verfahrenshandlung, die der Vorbereitung der eigentlichen Sachentscheidung diene, und welche wie auch die auf die Arbeitsvermittlung eines Arbeitslosen insgesamt gerichtete Tätigkeit der Arbeitsagenturen grundsätzlich nicht auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet sei, sondern schlichtes Verwaltungshandeln darstelle. Die dem Angebot beigefügte Rechtsfolgenbelehrung mit dem Hinweis auf die Sanktionsregelung des § 144 SGB III weise nicht auf einen Verwaltungsakt hin, sondern mache gerade deutlich, dass es sich bei den Maßnahmeangeboten nicht um Verwaltungsakte handele; denn bei allen Tatbeständen sei jeweils ersichtlich, dass eine Sachentscheidung noch ausstehe. Diese könne gegebenenfalls in der Aufhebung der Leistungsbewilligung bestehen, wenn der Arbeitslose sich ohne wichtigen Grund weigere, an der ihm angebotenen Maßnahme teilzunehmen. Die gesetzliche Obliegenheit zur Teilnahme setze allerdings eine geeignete und zumutbare Maßnahme voraus. In die Prüfung des Eintritts einer Sperrzeit bei Ablehnung der Teilnahme an der angebotenen Maßnahme sei deshalb notwendigerweise auch die Frage der Eignung und Zumutbarkeit der Arbeitsstelle oder der Maßnahme für den Arbeitslosen einzubeziehen. Die Teilnahmeobliegenheit als solche sei nicht durch Verwaltungszwang durchsetzbar (BSG, Urteil vom 19.01.2005 - B 11a/11 AL 39/04 R - = SozR 4-1300 § 63 Nr. 2, SGb 2005, 594, m.w.N.).
Das SG weist zutreffend darauf hin, dass vorliegend nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont eine Aufforderung ("bitte") an den Kläger vorliegt, die aufgrund des Hinweises in der Rechtsfolgenbelehrung als Obliegenheit zu verstehen war. Dementsprechend war dem Schreiben auch nicht eine Rechtsmittelbelehrung, sondern eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt, womit nach dem objektiven Empfängerhorizont noch nicht von einer verbindlichen Regelung ausgegangen werden konnte. Demnach kann dem Klägerbevollmächtigten in seiner Auffassung, die Meldeaufforderung sei im Sinne eines Automatismus zu verstehen gewesen, dass beim Nichterscheinen eine Sanktion eintrete, nicht gefolgt werden. Aus der Formulierung "bei einer Verletzung der Meldepflicht wird das Arbeitslosengeld II abgesenkt" wird im Gegenteil deutlich, dass ein Nichterscheinen noch keine Verletzung darstellt, sondern nur das Nichterscheinen ohne wichtigen Grund; denn nur dann liegt eine "Verletzung" der Meldepflicht vor.
Unabhängig von ihrer Qualifikation als Verwaltungsakt war die Meldeaufforderung der Beklagten vom 29.05.2007 vorliegend jedenfalls zulässig, weil nach der genehmigten Ortsabwesenheit des Klägers die Voraussetzungen für eine Meldeaufforderung gegeben waren und auch nach dem Ergebnis der weiteren Sachverhaltsaufklärung im Berufungsverfahren nicht erkennbar ist, weshalb der Kläger am 11.06.2007 nicht bei der Beklagten hätte vorstellig werden können.
Nach § 309 Abs. 2 SGB III kann die Aufforderung zur Meldung zum Zwecke der Berufsberatung (Nr. 1), der Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit (Nr. 2), der Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistungen (Nr. 3), der Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren (Nr. 4) und der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch (Nr. 5) erfolgen. Jedenfalls der Meldezweck der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch nach § 309 Abs. 2 SGB III war erfüllt, da nach der Ortsabwesenheit des Klägers dessen erneute Ortsanwesenheit als Voraussetzung für die Gewährung von SGB II-Leistungen überprüft werden sollte, was in der Meldeaufforderung als Meldezweck ausdrücklich benannt ist. Demnach kann offen gelassen werden, ob auch weitere der genannten Meldezwecke vorliegend erfüllt waren und von der Beklagten verfolgt wurden.
Gemäß § 309 Abs. 1 Satz 3 SGB III besteht die allgemeine Meldepflicht auch in Zeiten, in denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Deswegen kann der Kläger nicht mit seinem Einwand gehört werden, er selbst sei nicht arbeitslos und beziehe Leistungen nach dem SGB II nur wegen der Bedürftigkeit seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Familie. Auch Gründe für eine Unzumutbarkeit der Meldeaufforderung sind nicht ersichtlich. In § 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III ist geregelt, dass eine auf einen bestimmten Tag festgelegte Aufforderung zur Meldung an diesem Tag zu jeder Tageszeit - also auch nachmittags - erfüllt werden kann, sofern der Meldezweck hierdurch erreicht wird.
Es ist nicht ersichtlich, weswegen der in F. wohnende Kläger sich jedenfalls Donnerstagnachmittags nicht bei der Beklagten in F. aus der Ortsabwesenheit hätte zurückmelden können; die Beklagte hat hierzu ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Möglichkeit bestanden hätte. Sofern der Kläger auf die an Montagen bestehende Möglichkeit verweist, die Physiksammlung zur Vorbereitung Experimenten zu nutzen, ist zunächst festzustellen, dass der Kläger laut seinem Wochenarbeitsplan lediglich eine einzige Physikstunde vorzubereiten hatte, welche er in der Woche des 11.06.2007 auch zu einem anderen Zeitpunkt hätte vorbereiten können. Nach dem Stundenplan des Klägers wäre es auch nicht ausgeschlossen gewesen, sich frühmorgens vor seinem Unterricht bei der Beklagten zu melden, die bereits um 7:45 Uhr ihre Diensträume für Leistungsempfänger geöffnet hatte.
Da jedenfalls eine rechtmäßige Meldeaufforderung vorlag, ist eine Kostenerstattung nach § 63 SGB X wegen der Erfolglosigkeit der Einwände des Klägers gegen die Meldeaufforderung ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die grundsätzliche Frage, ob eine Meldeaufforderung nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III eine Verwaltungsakt darstellt, ist für die Entscheidung über die vorliegende Berufung nicht streitentscheidend gewesen, weil unabhängig hiervon eine zulässige Meldeaufforderung vorlag und demnach auch bei zulässiger Einlegung eines Widerspruchs ein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht bestanden hätte. Insoweit schließt die für die Zulassung der Revision erforderliche Klärungsfähigkeit auch die Entscheidungserheblichkeit ein (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 60 Rdnr. 9).
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung der Kosten eines Widerspruchsverfahrens im Streit.
Der Kläger erhielt während des Leistungsbezugs nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nach einer persönlichen Vorsprache mit Schreiben vom 29.05.2007 eine Meldeaufforderung für die Zeit nach der Rückkehr aus einer genehmigten Ortsabwesenheit. Das Schreiben (vgl. Blatt 27 der Akte des Sozialgerichts) hatte in den hier relevanten Passagen folgenden Wortlaut:
"Sehr geehrter Herr ... bitte kommen Sie am 11.06.2007 in die ARGE F., ... Str ... Bitte melden Sie sich persönlich an der Kundentheke ... aus der Ortsabwesenheit zurück. Dies ist eine Einladung nach § 59 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Verbindung mit § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch. Beachten Sie bitte unbedingt auch die Rechtsfolgenbelehrung und die weiteren Hinweise auf Blatt 2. ( ...) Mit freundlichen Grüßen, ..."
Dem Schreiben war auf Blatt 2 eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt, wonach im Falle des Nichterscheinens ohne wichtigen Grund mit einer Sanktion nach § 31 Abs. 2 SGB II gerechnet werden müsse.
Am 05.06.2007 legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten gegen das Schreiben vom 29.05.2007 Widerspruch ein. Es handele sich um einen Verwaltungsakt nach § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), welcher im vorliegenden Fall rechtswidrig sei. Da er SGB II-Leistungen lediglich aufstockend beziehe und nicht arbeitslos sei, sei bereits fraglich, ob er überhaupt nach § 309 SGB III zur Vorsprache aufgefordert werden könne. Der Beklagten sei außerdem bekannt gewesen, dass er am 11.06.2007 arbeiten müsse. Seine Arbeitsstelle befinde sich in O. und damit in einer Entfernung, die ihm eine Vorsprache in F. am selben Tag unmöglich mache. Hierauf habe er bereits während des Gesprächs am 29.05.2007 ausdrücklich hingewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Berechtigung zur Aufforderung zur Vorsprache ergebe sich aus § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III. Die Erstattung von Kosten für das Widerspruchsverfahren wurde abgelehnt.
Der Kläger hat am 11.06.2007 nicht bei der Beklagten vorgesprochen. Die Beklagte verhängte in der Folgezeit keine Sanktionen aufgrund des Nichterscheinens.
Am 26.9.2007 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, mit der er die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens begehrt hat. Der Bevollmächtigte des Klägers hat vorgetragen, dass sich nach Erledigung des Einladungsschreibens das Rechtsschutzbedürfnis auf die Kosten des Widerspruchsverfahrens beschränke. Die Meldeaufforderung sei ein Verwaltungsakt und nur dann rechtmäßig, wenn sie zur Erreichung des konkreten Meldezwecks erforderlich, geeignet und angemessen sei. Ein Meldezweck sei weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Es sei auch fraglich, ob die Meldepflicht den Kläger überhaupt treffe, da er weder arbeitslos noch selbst bedürftig sei, sondern nur aufgrund der Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Familie aufstockende Leistungen nach dem SGB II beziehe.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.4.2009 als unbegründet abgewiesen. Streitgegenstand sei allein die Kostenentscheidung der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 31.8.2007. Diese stelle einen Verwaltungsakt dar, der mit einer Klage selbstständig und ohne Vorverfahren angefochten werden könne, was auch dann gelte, wenn die Widerspruchsentscheidung in der Sache selbst nicht oder nicht mehr angefochten werde (unter Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19.1.2005 - B 11a /11 AL 39/04 R -). Die Klage sei unbegründet, da die Kostenentscheidung der Beklagten in dem Widerspruchsbescheid rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des Vorverfahrens bestehe nach § 63 SGB X nicht, da es an einem erfolgreichen Vorverfahren fehle. Der Widerspruch gegen das Einladungsschreiben sei bereits nicht statthaft gewesen, da es sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S. 1 SGB X handele. Eine Regelung im Sinne von § 31 S. 1 SGB X liege dann vor, wenn die Behörde eine potenziell verbindliche Rechtsfolge gesetzt habe, d.h. durch die Maßnahme ohne weitere Umsetzungsakte Recht begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt worden oder eben dieses abgelehnt worden sei. Die Regelung müsse die Rechtsstellung des Adressaten ohne weiteren Umsetzungsakt betreffen (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 31 Rdnr. 24 m.w.N.; Blüggel in Eicher / Spellbrink, SGB II,
§ 59 Rdnr. 11). Die Auslegung ergebe im vorliegenden Falle, dass eine Regelung noch nicht vorgelegen habe. Aus der maßgeblichen objektiven Empfängersicht sei keine verbindliche Rechtsfolge getroffen worden, was bereits aus der von der Beklagten verwendeten Formulierung "bitte" folge. Zwar halte dies den Empfänger zu konkretem Handeln an, jedoch fehle eine im Wege des Verwaltungszwangs durchsetzbare Verpflichtung (unter Hinweis auf eine andere Auffassung des Bayerischen Landessozialgerichts, Urteil vom 27.3.2003 - L 9 AL 175/01 -). Es handele sich lediglich um eine Aufforderung zur Erfüllung einer Obliegenheit, verbunden mit dem Hinweis, bei Nichtbefolgen könnten Nachteile entstehen. Damit fehle es jedoch an einem Regelungscharakter im Sinne von § 31 S. 1 SGB X, weil nur eine behördliche Verfahrenshandlung im Sinne der Vorbereitung einer eigentlichen Sachentscheidung nach § 31 Abs. 2 SGB II vorliege (unter Hinweis auf LSG Berlin, Urteil vom 13.2.2004 - L 4 AL 54/02 -). Außerdem habe es auch an einer einen Verwaltungsakt gegebenenfalls indizierenden Rechtsbehelfsbelehrung gefehlt. Die dem Schreiben beigefügte Rechtsfolgenbelehrung mache zudem deutlich, dass es für die Entstehung konkreter rechtlicher Folgen erst noch eines weiteren Umsetzungsaktes der Beklagten, nämlich eines Absenkungsbescheides nach § 31 SGB II, bedurft hätte (unter Hinweis auf BSG, a.a.O.). Auch die Regelung des § 39 Nr. 4 SGB II, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit einer Aufforderung zur Meldung nach § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III keine aufschiebende Wirkung haben, könne nicht die Verwaltungsaktsqualität begründen. Zwar sei die Regelung des § 309 SGB III mit der darin enthaltenen allgemeinen Meldepflicht gemäß § 59 SGB II auch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende anwendbar. Jedoch sei die Frage, ob ein Verwaltungsakt vorliege, eine im Einzelfall und nach dem objektiven Empfängerhorizont zu beurteilende Frage, die nicht durch eine gesetzliche Anordnung ersetzt werden könne. Ein Eingriff unmittelbarer Art in die Rechtsstellung des Erklärungsempfängers liege auch in diesem Zusammenhang nicht vor. Das SG hat die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Das Urteil des SG wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 15.6.2009 zugestellt.
Am 15.7.2009 hat der Bevollmächtigte des Klägers beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Bei der Einladung der Beklagten vom 29.5.2007 habe es sich um einen Verwaltungsakt gehandelt, der in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig gewesen sei. Die Beklagte habe die Rechtswidrigkeit ihrer Einladung inzident eingeräumt, indem sie auf den Erlass eines Sanktionsbescheides gemäß § 31 SGB II verzichtet habe. Damit habe der Widerspruch im Ergebnis zum Erfolg geführt, und seiner anderweitigen Erledigung könne nicht entgegen gehalten werden, dass eine Kostenerstattung nach § 63 SGB X nicht erfolgen könne (unter Hinweis auf LSG Hessen, Urteil vom 26.9.2007 - L 4 KA 15/07 -). Das Bundessozialgericht habe eine Meldeaufforderung als Verwaltungsakt qualifiziert (Urteil vom 27.3.1980 - SozR 4100 § 132 Nr. 5, Seite 7), in späteren Entscheidungen hingegen die Frage der Verwaltungsaktsqualität einer Meldeaufforderung offen gelassen (unter Hinweis auf das vom SG zitierte Urteil des BSG). Das Bayerische Landessozialgericht habe hingegen zu Recht auch in jüngerer Zeit die Verwaltungsaktsqualität einer Meldeaufforderung bejaht, weil mit der Meldeaufforderung die Verpflichtung des Aufforderungsempfängers zur Vorsprache an einem bestimmten Termin unter Hinweis auf Rechtsfolgen festgelegt und somit ein Einzelfall hoheitlich und mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen geregelt werde (Bayerisches LSG, Urteil vom 27.3.2003- L 7 AL 175/01 -). Eine entsprechende Rechtsfolgenbelehrung habe die Beklagte auch gegenüber dem Kläger erteilt, in der ein ausdrücklicher Hinweis auf die Absenkung der Regelleistung erfolgt sei. Durch die Formulierung "bei einer Verletzung der Meldepflicht wird das Arbeitslosengeld II abgesenkt" werde deutlich gemacht, dass die Absenkung im Fall des Meldeversäumnisses ein Automatismus sei, der ohne weitere Prüfung eintrete. Dies entspreche auch der geltenden Rechtslage, denn § 31 SGB II lasse der Berufungsbeklagten keinen Ermessensspielraum. Da der Kläger auf seinen Verhinderungsgrund bereits bei der Vorsprache hingewiesen habe und damit der Verhinderungsgrund der Beklagten bereits bekannt gewesen sei, habe der Kläger davon ausgehen müssen, dass aufgrund seiner beruflichen Verhinderung kein wichtiger Grund anerkannt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21.4.2009 sowie die Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid der Berufungsbeklagten vom 31.8.2007 aufzuheben sowie die Berufungsbeklagte zu verurteilen, ihm die Auslagen im Widerspruchsverfahren gegen den Verwaltungsakt vom 29.5.2007 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig.
Der Kläger hat im Berufungsverfahren auf Aufforderung des Berichterstatters eine vollständige Kopie der Meldeaufforderung sowie den Stundenplan für seine mit dem 11.06.2007 beginnende Arbeitswoche vorgelegt. Danach hatte der Kläger am 11.06.2007 am O.gymnasium in O. Unterrichtsverpflichtungen von 10:20 bis 11:05 Uhr und von 12:15 bis 13:00 Uhr. Der Kläger hat hierzu ausgeführt, dass er regelmäßig frühmorgens seine Arbeit begonnen habe, um den Unterricht vorzubereiten, und dass er an Montagnachmittagen für einige Stunden die Physiksammlung zur Vorbereitung von Experimenten zur Verfügung gehabt habe.
Die Beklagte hat mitgeteilt, dass ihre Kundentheke zum damaligen Zeitpunkt vormittags von 7:45 bis 12:30 Uhr geöffnet gewesen sei und eine Rückmeldung bei berufstätigen Leistungsempfängern nach Rücksprache auch am Donnerstag von 13:00 bis 18:00 Uhr möglich gewesen wäre.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Daraus folgt, dass für die Kostenerstattung ein Verwaltungsakt vorgelegen und ein Vorverfahren nach den §§ 78 ff. SGG stattgefunden haben muss (vgl. BSG SozR 3-1300 § 63 Nr. 1). Die erstmalige Entscheidung über die Kostenlast des Widerspruchsverfahrens im Widerspruchsbescheid ist ein Verwaltungsakt, der mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) selbstständig angefochten werden kann (vgl. BSG SozR 3-1500 § 144 Nr. 13, S. 32).
Ob die ursprünglich zwischen den Beteiligten umstrittene Aufforderung zur Meldung nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III einen Verwaltungsakt darstellte, kann vorliegend offengelassen werden, weil jedenfalls Gründe für die Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung nicht ersichtlich sind.
Ein Verwaltungsakt ist nach § 31 Satz 1 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Ob das Einladungsschreiben der Beklagten bereits eine Regelung darstellt, oder ob insofern lediglich eine einen eventuellen späteren Verwaltungsakt vorbereitende Handlung vorliegt, entscheidet sich danach, ob die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat, das heißt durch die Maßnahme ohne weiteren Umsetzungsakt Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt hat oder im Gegenteil hierzu die Setzung einer entsprechenden Rechtsfolge abgelehnt hat (BSGE 75, 97, 107 = SozR 3-4100 § 116 Nr. 2). Eine Regelung setzt voraus, dass die Behörde auch den Willen hat, verbindlich festzulegen, was für den Einzelnen rechtens sein soll; dies kennzeichnet den Verwaltungsakt als verwaltungsrechtliche Willenserklärung (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 31 Rdnr. 24).
Die sogenannte Meldeaufforderung ist vom BSG zunächst (Urteil vom 20.03.1980 - 7 RAr 21/79 - = SozR 4100 § 132 Nr. 1 S. 7) als Verwaltungsakt qualifiziert worden, weil sie die allgemeine Mitwirkungspflicht für den Einzelfall mit Verpflichtungswirkung gegenüber dem Adressaten konkretisiere. In einer späteren Entscheidung desselben Senats des BSG (Urteil vom 29.09.1087 = BSGE 62, 173, , SozR 4100 § 132 Nr. 4) ist die Qualifizierung der Meldeaufforderung nach § 132 AFG als Verwaltungsakt jedoch ausdrücklich offen gelassen worden (ebenso in BSGE 87, 31, 38 = SozR 3-4100 § 134 Nr. 22).
Das Bundessozialgericht hat zuletzt weiterhin offen gelassen, ob es sich bei der Meldeaufforderung nach § 309 SGB III um einen Verwaltungsakt handelt. Zu dem vergleichbaren Vorschlag einer Trainingsmaßnahme nach den §§ 48 ff. SGB III hat das BSG indes entschieden, dass es sich bei dem Angebot einer Trainingsmaßnahme nicht um einen Verwaltungsakt handelt, weswegen die Aufwendungen für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Widerspruchsverfahren gegen ein solches Angebot nicht zu erstatten sind. Das BSG hat dies damit begründet, dass ein "Angebot" bzw. "Vorschlag" bereits nach dem Wortlaut noch nicht die eigentliche Regelung in Gestalt eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 31 SGB X darstellt. Es handele sich nur um eine behördliche Verfahrenshandlung, die der Vorbereitung der eigentlichen Sachentscheidung diene, und welche wie auch die auf die Arbeitsvermittlung eines Arbeitslosen insgesamt gerichtete Tätigkeit der Arbeitsagenturen grundsätzlich nicht auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet sei, sondern schlichtes Verwaltungshandeln darstelle. Die dem Angebot beigefügte Rechtsfolgenbelehrung mit dem Hinweis auf die Sanktionsregelung des § 144 SGB III weise nicht auf einen Verwaltungsakt hin, sondern mache gerade deutlich, dass es sich bei den Maßnahmeangeboten nicht um Verwaltungsakte handele; denn bei allen Tatbeständen sei jeweils ersichtlich, dass eine Sachentscheidung noch ausstehe. Diese könne gegebenenfalls in der Aufhebung der Leistungsbewilligung bestehen, wenn der Arbeitslose sich ohne wichtigen Grund weigere, an der ihm angebotenen Maßnahme teilzunehmen. Die gesetzliche Obliegenheit zur Teilnahme setze allerdings eine geeignete und zumutbare Maßnahme voraus. In die Prüfung des Eintritts einer Sperrzeit bei Ablehnung der Teilnahme an der angebotenen Maßnahme sei deshalb notwendigerweise auch die Frage der Eignung und Zumutbarkeit der Arbeitsstelle oder der Maßnahme für den Arbeitslosen einzubeziehen. Die Teilnahmeobliegenheit als solche sei nicht durch Verwaltungszwang durchsetzbar (BSG, Urteil vom 19.01.2005 - B 11a/11 AL 39/04 R - = SozR 4-1300 § 63 Nr. 2, SGb 2005, 594, m.w.N.).
Das SG weist zutreffend darauf hin, dass vorliegend nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont eine Aufforderung ("bitte") an den Kläger vorliegt, die aufgrund des Hinweises in der Rechtsfolgenbelehrung als Obliegenheit zu verstehen war. Dementsprechend war dem Schreiben auch nicht eine Rechtsmittelbelehrung, sondern eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt, womit nach dem objektiven Empfängerhorizont noch nicht von einer verbindlichen Regelung ausgegangen werden konnte. Demnach kann dem Klägerbevollmächtigten in seiner Auffassung, die Meldeaufforderung sei im Sinne eines Automatismus zu verstehen gewesen, dass beim Nichterscheinen eine Sanktion eintrete, nicht gefolgt werden. Aus der Formulierung "bei einer Verletzung der Meldepflicht wird das Arbeitslosengeld II abgesenkt" wird im Gegenteil deutlich, dass ein Nichterscheinen noch keine Verletzung darstellt, sondern nur das Nichterscheinen ohne wichtigen Grund; denn nur dann liegt eine "Verletzung" der Meldepflicht vor.
Unabhängig von ihrer Qualifikation als Verwaltungsakt war die Meldeaufforderung der Beklagten vom 29.05.2007 vorliegend jedenfalls zulässig, weil nach der genehmigten Ortsabwesenheit des Klägers die Voraussetzungen für eine Meldeaufforderung gegeben waren und auch nach dem Ergebnis der weiteren Sachverhaltsaufklärung im Berufungsverfahren nicht erkennbar ist, weshalb der Kläger am 11.06.2007 nicht bei der Beklagten hätte vorstellig werden können.
Nach § 309 Abs. 2 SGB III kann die Aufforderung zur Meldung zum Zwecke der Berufsberatung (Nr. 1), der Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit (Nr. 2), der Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistungen (Nr. 3), der Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren (Nr. 4) und der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch (Nr. 5) erfolgen. Jedenfalls der Meldezweck der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch nach § 309 Abs. 2 SGB III war erfüllt, da nach der Ortsabwesenheit des Klägers dessen erneute Ortsanwesenheit als Voraussetzung für die Gewährung von SGB II-Leistungen überprüft werden sollte, was in der Meldeaufforderung als Meldezweck ausdrücklich benannt ist. Demnach kann offen gelassen werden, ob auch weitere der genannten Meldezwecke vorliegend erfüllt waren und von der Beklagten verfolgt wurden.
Gemäß § 309 Abs. 1 Satz 3 SGB III besteht die allgemeine Meldepflicht auch in Zeiten, in denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Deswegen kann der Kläger nicht mit seinem Einwand gehört werden, er selbst sei nicht arbeitslos und beziehe Leistungen nach dem SGB II nur wegen der Bedürftigkeit seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Familie. Auch Gründe für eine Unzumutbarkeit der Meldeaufforderung sind nicht ersichtlich. In § 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III ist geregelt, dass eine auf einen bestimmten Tag festgelegte Aufforderung zur Meldung an diesem Tag zu jeder Tageszeit - also auch nachmittags - erfüllt werden kann, sofern der Meldezweck hierdurch erreicht wird.
Es ist nicht ersichtlich, weswegen der in F. wohnende Kläger sich jedenfalls Donnerstagnachmittags nicht bei der Beklagten in F. aus der Ortsabwesenheit hätte zurückmelden können; die Beklagte hat hierzu ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Möglichkeit bestanden hätte. Sofern der Kläger auf die an Montagen bestehende Möglichkeit verweist, die Physiksammlung zur Vorbereitung Experimenten zu nutzen, ist zunächst festzustellen, dass der Kläger laut seinem Wochenarbeitsplan lediglich eine einzige Physikstunde vorzubereiten hatte, welche er in der Woche des 11.06.2007 auch zu einem anderen Zeitpunkt hätte vorbereiten können. Nach dem Stundenplan des Klägers wäre es auch nicht ausgeschlossen gewesen, sich frühmorgens vor seinem Unterricht bei der Beklagten zu melden, die bereits um 7:45 Uhr ihre Diensträume für Leistungsempfänger geöffnet hatte.
Da jedenfalls eine rechtmäßige Meldeaufforderung vorlag, ist eine Kostenerstattung nach § 63 SGB X wegen der Erfolglosigkeit der Einwände des Klägers gegen die Meldeaufforderung ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die grundsätzliche Frage, ob eine Meldeaufforderung nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III eine Verwaltungsakt darstellt, ist für die Entscheidung über die vorliegende Berufung nicht streitentscheidend gewesen, weil unabhängig hiervon eine zulässige Meldeaufforderung vorlag und demnach auch bei zulässiger Einlegung eines Widerspruchs ein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht bestanden hätte. Insoweit schließt die für die Zulassung der Revision erforderliche Klärungsfähigkeit auch die Entscheidungserheblichkeit ein (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 60 Rdnr. 9).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved