L 12 AS 4379/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 2805/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4379/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Reutlingen vom 15.09.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes darüber, ob dem Antragsteller und seiner in Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau sowie der gemeinsamen Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen. Diese bezogen laufend Leistungen zum Lebensunterhalt von der Beklagten nach SGB II.

Zuletzt wurden ihnen mit Bescheid vom 22.01.2009 Leistungen in der Zeit vom 01.02.2009 bis 31.03.2009 in Höhe von 795,67 EUR bewilligt. Hierbei wurden beim Antragsteller Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit berücksichtigt. Am 26.03.2009 stellten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Weiterbewilligung der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach SGB II. Aus der Verwaltungsakte lässt sich entnehmen, dass der Antragsteller zumindest bis zum Ende des letzten Bewilligungsabschnittes Einkommen aus einer selbständigen Tätigkeit hatte. Dies ergibt sich aus der Anlage EKS, die bei der Antragsgegnerin am 22. Januar 2009 vorgelegt wurde. In seinem Weiterbewilligungsantrag vom 26.03.2009 hat der Antragsteller jedoch keine Angaben zum Erwerbseinkommen aus selbständiger Tätigkeit gemacht und hat auch die Anlage EKS nicht abgegeben. In der abgegebenen Anlage EK hat er hinsichtlich der Fragestellung, ob Einkommen aus einer selbständigen Tätigkeit erzielt wird, keinerlei Angaben gemacht.

Am 7. April 2009 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, über den Antrag könne leider noch nicht entschieden werden, weil weder die Anlage EKS für den Zeitraum Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 mit den entsprechenden Belegen über Einnahmen und Ausgaben vorliegen würden. Des weiteren werde eine Anlage EKS für den Zeitraum ab April 2009 benötigt. Der Antragsteller wurde in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass er seiner Mitwirkungspflicht bis spätestens 30.04.2009 nachkommen müsse, ansonsten die Leistungen gänzlich versagt blieben. Da die Antragsgegnerin keinerlei Reaktionen auf ihre Anfrage erhielt, schickte sie am 05.05.2009 ein Erinnerungsschreiben an den Antragsteller und machte ihn darauf aufmerksam, dass seine Mitwirkung erforderlich sei, weil ohne die erbetenen Angaben nicht festgestellt werden könne, ob dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zustünden. Das Schreiben sei daher bis zum 22.05.2009 zu erledigen. Sollte der Antragsteller bis zu diesem Termin die geforderten Unterlagen nicht vorgelegt bzw. das Schreiben nicht beantwortet haben, seien die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bis zur Nachholung der Mitwirkung gemäß §§ 60 und 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) für den Antragsteller und die mit ihm in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu versagen.

Der Antragsteller teilte daraufhin mit, dass, entgegen der Annahme der Antragsgegnerin, kein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit vorhanden sei, weshalb der Bescheid vom 22.01.2009 abzuändern sei. Weil er seine Miete nicht mehr bezahlen könne, sei eine Räumungsklage gegen ihn anhängig, desgleichen werde er von der B.-W. Bank wegen der Rückzahlung von Schulden in Höhe 85.000 EUR verklagt. Er und seine Familie hätten derzeit keinen Cent mehr zum Lebensunterhalt.

Mit Bescheid vom 18.06.2009 wurden die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I ab dem 01.04.2009 ganz versagt. Die mit Schreiben vom 07.04.2009 und 05.05.2009 angeforderten fehlenden Unterlagen seien trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt worden. Dadurch sei der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Die Anspruchsvoraussetzungen hätten deshalb nicht geprüft werden können.

Gegen diesen Bescheid wurde am 30. Juni 2009 mit der Begründung Widerspruch eingelegt, dass seit dem 01.03.2009 aus der selbständigen Tätigkeit keine Einnahmen mehr verbucht worden seien, weshalb eine vollständige Hilfebedürftigkeit vorliege.

Mit Bescheid vom 30.07.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Am 26. August 2009 beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht Reutlingen (SG) die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Ziel ihm und den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Labensunterhals zu gewähren und erhob gleichzeitig Klage.

Die Antragsgegnerin trug ergänzend noch vor, es bestünde derzeit gemäß § 7 Abs. 4a SGB II kein Leistungsanspruch, da sich die Bedarfsgemeinschaft seit 01.08.2009 ohne vorherige Zustimmung seitens der Antragsgegnerin außerhalb des zeitnahen und ortsnahen Bereichs der Antragsgegnerin aufhalte.

Mit Beschluss vom 15.09.2009 lehnte das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Es führte in den Gründen aus, es besteht bereits kein Anordnungsanspruch im Sinne von § 86 b Abs. 2 SGG. Der Antragsteller habe seine Hilfebedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht. Der Nachweis bzw. im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz die Glaubhaftmachung der Hilfebedürftigkeit obliege dem Antragsteller. Vorliegend könne nicht von einer Glaubhaftmachung in diesem Sinne ausgegangen werden. Für eine glaubhaft gemachte Bedürftigkeit sei vielmehr maßgeblich, dass der Antragsteller die für den geltend gemachten Anspruch erforderlichen Tatsachen umfassend, vollständig und nachprüfbar vortrage. Voraussetzung für eine glaubhaft gemachte Bedürftigkeit wäre ein in sich schlüssiger Vortrag dahingehend, dass die selbständige Tätigkeit, die nachweislich zumindest bis März 2009 ausgeübt wurde, nicht mehr ausgeübt werde oder sich aus der Tätigkeit kein nennenswertes Einkommen mehr ergeben habe. Der Antragsteller trage zwar vor, dass er seine selbständige Tätigkeit im März 2009 aufgegeben und dies auch der Antragsgegnerin mitgeteilt habe, jedoch habe er über die Aufgabe seiner Tätigkeit keine Nachweise erbracht. Weder seien diese in Form der Anlage EKS (Einkommen selbständige Tätigkeit) für den Zeitraum ab 01.12.2008 bis 31.03.2009 vorgelegt worden, noch sei der Nachweis einer Gewerbeabmeldung erfolgt. Auch auf Nachfrage des Gerichts habe der Antragsteller telefonisch erklärt, er habe das Gewerbe bislang nicht abmelden können. Dies sei auf die schwierige finanzielle Situation zurückzuführen. Auch sei es ihm nicht möglich gewesen Unterlagen bei seinem ehemaligen Steuerberater zu erbitten, da er diesen nicht mehr habe bezahlen können. Ausgehend von einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren, hätte abschließend nicht geklärt werden können, ob Hilfebedürftigkeit gemäß § 9 Abs. 1 SBG II bestehe. Ein Anordnungsanspruch bestehe nicht. Obwohl er von der Antragsgegnerin mehrfach aufgefordert worden sei seinen Mitwirkungspflichten gemäß § 60 Abs. 1 SGB I nachzukommen, sei er dieser Pflicht bis zum heutigen Zeitpunkt nicht nach nachgekommen. Gemäß § 60 Abs. 1 SGB I habe, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, (1) alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen, (2) Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen, (3) Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Um festzustellen, ob tatsächlich Hilfebedürftigkeit bestehe, seien die von der Beklagten angeforderten Unterlagen notwendig gewesen.

Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller am 23.09.2009 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschwerde ein. Er hat dabei angekündigt diese binnen 3 Wochen zu begründen. Trotz Erinnerung mit Fristsetzung zum 1.11.2009 ging diese Begründung nicht ein.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die tatsächlichen und rechtlichen Vorraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend ausgeführt und die beantragte einstweiligen Anordnung zu Recht nicht erlassen. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der sozialgerichtlichen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der eingelegten Beschwerde fehlt es sowohl am glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch sowie insbesonders auch am glaubhaft gemachten Anordnungsgrund.

Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes setzt die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 -1 BvR 569/05 -, NVwZ 2005, S. 927). Dieser Anordnungsgrund könnte nach dem Vorbringen des Antragstellers gegeben sein, jedoch muss auch dieser glaubhaft gemacht werden. An dieser Glaubhaftmachung fehlt es im vorliegenden Fall. Es ist absolut nicht nachvollziehbar, warum sich der Antragsteller nicht in der Lage sah zu seinem Weiterbewilligungsantrag Unterlagen vorzulegen, die er bis dahin immer beibringen konnte. Diese Mitwirkung war zur Entscheidung über die Leistung erforderlich und dem Antragsteller zumutbar. Er hat auch keine plausiblen Gründe genannt mit denen die Nichtvorlage der angeforderten Unterlagen erklärt werden könnte. Die angekündigte Beschwerdebegründung hat er trotz zweimaliger Fristsetzung nicht vorgelegt. Dem Antragsteller ist daher ein Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zumutbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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