L 11 SF 4819/09 A

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 SF 4819/09 A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen die Richterin am Sozialgericht Dr. D. wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin lehnt die Richterin am Sozialgericht Dr. D., Vorsitzende der ... (SG), wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

Die Klägerin hatte sich in dem Klageverfahren S 6 EG 1640/09 gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2009 gewandt. Die Beklagte hatte der Klägerin zuvor aufgrund ihres Antrags vom 16. Mai 2007 Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Kindes M. S., geboren am 22. Mai 2006, in Höhe von insgesamt 3.600,- EUR bewilligt. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2008 wurde die Bewilligung des Bundeserziehungsgeldes für das zweite Lebensjahr des Kindes ab dem 17. Lebensmonat aufgehoben, da die Klägerin ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt seit dem 03. September 2007 nicht mehr in Deutschland habe. Die Beklagte forderte deswegen zu Unrecht ausgezahltes Bundeserziehungsgeld in Höhe von 2.400,- EUR zurück. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Die Beklagte ging weiter davon aus, dass sich die Klägerin seit dem 03. September 2007 in Teneriffa (Spanien) aufhalte.

Mit ihrer am 19. Mai 2009 beim SG erhobenen Klage (Az: S 6 EG 1640/09) machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, sie habe ihren Wohnsitz in der G. Str. 19, 6 ... H ... Der Mietvertrag für die Wohnung in Spanien sei nur befristet. Der Aufenthalt in Spanien bestehe nur zeitweise, sie habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach wie vor in der Bundesrepublik Deutschland. Der Umstand, dass ihr Sohn D. in Spanien die Schule besuche, stehe dem nicht entgegen, zumal sie in Deutschland auch vollumfänglich steuerpflichtig sei.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 23. Juli 2009 vor dem SG wurde die Klägerin ausführlich gehört und die Zeugin M. (Mutter der Klägerin) vernommen. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2009 (Blatt 30 - 33 der SG-Akte in dem Verfahren S 6 EG 1640/09), erklärte die Klägerin - nach der Vernehmung der Zeugin -, dass sie die Klage zurücknehme.

Mit Schreiben vom 07. Oktober 2009, beim SG am 12. Oktober 2009 eingegangen, hat die Klägerin die "Wiederaufnahme bzw Weiterführung" ihrer am 23. Juli 2009 in der mündlichen Verhandlung zurückgenommenen Klage beantragt (Az.: S 6 EG 3480/09). Sie habe extreme Zweifel an den Äußerungen der Richterin am Sozialgericht Dr. D. in Bezug auf ihre Wohnungswahl. Sie sehe darin ihre Persönlichkeitsrechte beeinträchtigt. Die Androhung von Maßnahmen gegen ihre Mutter wegen Falschaussage, obwohl sie nur ihre bzw die Aussage ihres Ehemannes bestätigt habe, habe sie dermaßen eingeschüchtert, dass sie ohne weitere Überlegungen auf Vorschlag der Richterin am Sozialgericht Dr. D. die Klage zurückgenommen habe. Auch habe sie zwischenzeitlich eine Bestätigung ihrer uneingeschränkten Steuerpflicht beantragt, die nur ausgestellt werde, wenn ein Wohnsitz in Deutschland vorliege. In ihrem Schreiben vom 07. Oktober 2009 hat die Klägerin darüber hinaus beantragt ("wenn möglich"), einen anderen Richter oder Richterin mit dem Verfahren zu beauftragen.

Richterin am Sozialgericht Dr. D. hat in ihrem Schreiben vom 16. Oktober 2009 erklärt, sie halte sich nicht für befangen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG verwiesen.

II.

Das Ablehnungsgesuch der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 60 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm §§ 41, 42 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung seines Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die hier allein geltend gemachte Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach Abs 2 des § 42 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine Besorgnis der Befangenheit liegt nur vor, wenn ein objektiv vernünftiger Grund gegeben ist, der dem am Verfahren Beteiligten von seinem Standpunkt aus befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch und sachlich entscheiden. Eine rein subjektive unvernünftige Vorstellung ist unerheblich. Es kommt allerdings nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteiisch oder befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl BVerfGE 72, 350, 335; BSGE SozR 3-1500 § 60 Nr 1). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen eines Richters als solche grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund darstellen; etwas anderes kann nur gelten, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht (vgl LSG Niedersachsen, Beschluss vom 26. Juni 2001, L 3 B 133/01 KA). Der Ablehnungsgrund ist konkret vorzubringen und gemäß § 44 Abs 2 ZPO glaubhaft zu machen.

Das Vorbringen der Klägerin in ihrem Schreiben vom 07. Oktober 2009 enthält keine derartigen Gründe, die bei vernünftiger Betrachtung die Annahme einer unsachlichen Einstellung der abgelehnten Richterin rechtfertigen könnten. Die Klägerin hat weder einen Ablehnungsgrund konkret vorgebracht noch gemäß § 44 Abs 2 ZPO glaubhaft gemacht. Aus ihrem Schreiben ist allenfalls zu entnehmen, dass sie ihr Ablehnungsgesuch darauf stützt, dass Richterin am Sozialgericht Dr. D. "Maßnahmen" gegen ihre Mutter wegen Falschaussage angedroht habe und sie Zweifel an den Äußerungen hinsichtlich ihrer Wohnungswahl habe. Abgesehen davon, dass eine etwaige Strafanzeige wegen Falschaussage grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund darstellt (vgl OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10. März 2003, 3 W 46/00; OLG Koblenz, Urteil vom 10. April 2006, 12 U 309/05; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. Mai 2008, L 12 B 17/08 AL; jeweils veröffentlicht in juris), ist von der Klägerin weder vorgebracht noch ersichtlich, dass Richterin am Sozialgericht Dr. D. die Zeugin M. wegen Falschaussage bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hat. Hinsichtlich etwaiger Äußerungen der Richterin am Sozialgericht Dr. D. in Bezug auf die Wohnungswahl der Klägerin, die im übrigen durch die Niederschrift vom 23. Juli 2009 nicht belegt sind, wird darauf hingewiesen, dass weder Verfahrensverstöße noch fehlerhafte Entscheidungen eines Richters als solche grundsätzlich einen Ablehnungsgrund darstellen, soweit nicht die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht. Anhaltspunkte hierfür sind jedoch nicht ersichtlich.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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