L 7 AS 4893/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 6566/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 4893/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444)) eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da der Beschwerdewert 750,00 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt von den Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) sowie der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung aufgrund Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) ab (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Anordnungsvoraussetzungen sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 und vom 17. August 2005 - jeweils a.a.O.).

Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen hat der Antrag in der Sache keinen Erfolg. Denn die Antragstellerin wird durch die Ablehnung der beantragten Leistungen schon deshalb nicht in eigenen Rechten verletzt, weil sie solche nicht geltend gemacht hat. Mit beim Sozialgericht Stuttgart (SG) am 1. Oktober 2009 eingegangenem Schreiben hat die Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verschiedene Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) begehrt, die allesamt ihre am 18. Januar 1991 geborene Tochter Anke B. und deren Besuch des Berufskollegs für Agrar- und Umweltanalytik an der Staatsschule für Gartenbau und Landwirtschaft in Stuttgart seit dem 15. September 2009 betreffen. Beantragt wurde die Übernahme der Kosten für die Schülermonatskarte in Höhe von 125,- EUR/Monat, eines an die Schule am 22. September 2009 entrichteten Wohlfahrtsbeitrages in Höhe von 37,20 EUR, der Kosten für einen Chemielaborkittel in Höhe von 25,- EUR, einer Schutzbrille in Höhe von 2,90 EUR und einer Schülerzusatzversicherung in Höhe von 1,- EUR für das Schuljahr 2009/2010. Obwohl die genannten Aufwendungen ausschließlich dem Hilfebedarf von Anke B. zuzurechnen sind (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II), hat nicht sie, sondern deren Mutter Chr. Sch.-B. einstweiligen Rechtsschutz beim SG beantragt, und zwar im eigenen und nicht im Namen ihrer Tochter. Dementsprechend wurde ins Rubrum des angefochtenen Beschlusses auch Chr. Sch.-B. als Antragstellerin und nicht etwa lediglich als Vertreterin ihrer Tochter aufgenommen. Folgerichtig hat die Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) am 26. Oktober 2009 ebenfalls Chr. Sch.-B. und nicht Anke B. eingelegt. Zwar bilden sie und ihre Mutter eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 und 4 SGB II. Auch innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft stehen die Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II aber jedem einzelnen Mitglied der Gemeinschaft und nicht etwa der Bedarfsgemeinschaft als solcher zu (st. Rspr., vgl. nur Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 Rdnr. 12). Die Tochter der Antragstellerin wurde auch nicht nach § 38 SGB II Beteiligte des gerichtlichen Verfahrens. Leben mehrere erwerbsfähige Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft, wird nach § 38 SGB II vermutet, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige, der die Leistungen beantragt, bevollmächtigt ist, Leistungen nach dem SGB II auch für die anderen erwerbsfähigen Personen der Bedarfsgemeinschaft zu beantragen und entgegenzunehmen. Zum einen gilt § 38 SGB II jedoch nur für das Verwaltungs- und nicht für das Gerichtsverfahren (vgl. Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 38 Rdnrn. 18, 24 m.w.N.), zum anderen normiert § 38 SGB II nur eine Vollmachtsvermutung, führt bei Vorliegen der Voraussetzungen aber nicht - auch nicht im Verwaltungsverfahren - zum Beteiligtenwechsel (vgl. Link a.a.O., Rdnr. 10). Ein solcher ergibt sich auch nicht aus § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGG, wonach volljährige Familienangehörige i.S. des § 15 der Abgabenordnung als Bevollmächtigte vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht vertretungsbefugt sind. Auch in den Fällen des § 73 Abs. 2 Satz 2 SGG handelt der Vertreter nicht im eigenen, sondern im Namen des Vertretenen, der Beteiligter des gerichtlichen Verfahrens ist.

Der Senat hat die Antragstellerin auf die fehlende Aktivlegitimation für die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 26. Oktober 2009 hingewiesen. Die daraufhin übersandte Vollmacht ihrer Tochter vom 13. November 2009, mit der die Antragstellerin bevollmächtigt wird, sie in den Angelegenheiten Schüler-BaföG, Fahrkosten, verbleibende 87,00 EUR sowohl vor dem Stuttgarter Sozialgericht als auch bei der ARGE Rems-Murr-Kreis zu vertreten, lässt zum einen nicht erkennen, ob die Vollmacht auch für die Vergangenheit Geltung besitzt, bislang vollmachtloses Handeln also nachträglich genehmigt wird, zum anderen erfasst die Vollmacht nicht Verfahren vor dem LSG. Schließlich würde aber auch die Erteilung einer Vollmacht nichts daran ändern, dass das Antrags- und Beschwerdeverfahren nicht von Anke B., sondern von der nicht aktiv legitimierten Antragstellerin geführt worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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