Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KNU 2804/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 U 1451/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt, eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen als Folge des Wegeunfalls vom 11. Oktober 2001 anzuerkennen und ihr ab 20. Juni 2006 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v.H. zu zahlen.
Die 1969 geborene Klägerin war bis 31. August 2002 als Sachbearbeiterin in der Versandabteilung eines Salzbergwerkunternehmens in Teilzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 80 v.H. befristet beschäftigt. Auf dem Weg von ihrer Arbeitsstelle nach Hause fuhr die (angeschnallte) Klägerin am 11. Oktober 2001 mit dem von ihr gesteuerten PKW auf einen vor ihr stehenden PKW, der verkehrsbedingt angehalten hatte, auf und schob diesen PKW auf zwei vor ihm stehende Fahrzeuge. Nach sofortiger Einlieferung in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. beschrieb Prof. Dr. W. in seinem Durchgangsarztbericht vom 30. Oktober 2001 eine schmerzbedingte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, einen diskreten Druckschmerz im Bereich der Muskulatur der Halswirbelsäule rechtsseitig und eine freie Beweglichkeit der Schultern. Er fand keine Sensibilitätsstörungen und neurologischen Auffälligkeiten. Er diagnostizierte eine Distorsion der Halswirbelsäule, behandelte die Klägerin ambulant (Anlegen einer Halskrawatte und Verordnung von Physiotherapie sowie Voltaren und Ranitic) und bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis 22. Oktober 2001. Nach Angaben des Arbeitgebers, der die Unfallanzeige unter dem 27. November 2001 erstattete, nahm die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit am 26. November 2001 wieder auf, zunächst im Rahmen einer Wiedereingliederung mit einer täglichen Arbeitszeit bis 24. Dezember 2001 von vier Stunden, vom 11. bis 17. Februar 2002 von zwei Stunden, anschließend bis 24. Februar 2002 erneut von vier Stunden, danach bis 1. März 2002 von sechs Stunden. Ab 4. März 2002 übte die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit wieder in vollem Umfang aus.
Neurologe und Psychiater Dr. Dr. Z. diagnostizierte nach einer Untersuchung am 19. Dezember 2001 eine Distorsion der Halswirbelsäule Grad I sowie eine unspezifische Zervikobrachialgie rechts ohne Hinweis auf eine aktuelle zervikale Wurzelkompression und empfahl eine krankengymnastische Übungsbehandlung der Halswirbelsäule (Arztbrief vom 19. Dezember 2001). Wegen persistierender starker Beschwerden im Bereich der rechtsseitigen Halswirbelsäule sowie der rechten Schulter empfahl Prof. Dr. W. nach der ambulanten Untersuchung am 7. Januar 2002 die Weiterführung der krankengymnastischen Übungsbehandlung sowie eine medikamentöse Analgesie (Bericht vom 28. Januar 2002). Eine von der Klägerin veranlasste kernspintomographische Untersuchung zeigte einen Normalbefund (Bericht des Prof. Dr. W. vom 19. Februar 2002). Nach einer weiteren ambulanten Untersuchung am 28. Februar 2002 schloss Prof. Dr. W. das (berufsgenossenschaftliche) Heilverfahren zum 3. März 2002 ab und ging von Arbeitsfähigkeit im alten Beruf ab dem 4. März 2002 aus (Bericht vom 5. März 2002). Die Beklagte zahlte Verletztengeld vom 23. November 2001 bis 3. März 2002 und teilte der Klägerin unter dem 24. Mai 2002 mit, bei dem Unfall vom 11. Oktober 2001 handle es sich um einen Wegeunfall gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII).
Die Klägerin stellte sich am 1. Juli 2002 erneut in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vor und gab an, nach einem relativ beschwerdefreien Intervall jetzt wieder Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und der rechten Schulter zu verspüren. Prof. Dr. K. verordnete nochmals krankengymnastische Übungsbehandlungen und führte aus, die jetzt geklagten Beschwerden seien nicht auf den Unfall zurückzuführen (Bericht vom 12. Juli 2002). Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Prof. Dr. K. aufgrund der Untersuchung vom 9. Oktober 2002 das chirurgische Gutachten vom 10. Oktober 2002. Bei der Untersuchung hätten keine Folgen des Unfalls vom 11. Oktober 2001 festgestellt werden können. Die noch geklagten Beschwerden im Bereich des Musculus trapezius-Oberrands rechtsseitig seien nicht mit dem Unfall in Einklang zu bringen. Die MdE werde vom 4. März bis 9. Oktober 2002 auf 10 v.H., danach auf 0 v.H. eingeschätzt. Es sei eine Einmündung in den Vorzustand eingetreten. Die Beklagte lehnte unter Verweis auf dieses Gutachten die Gewährung einer Entschädigung wegen des Arbeitsunfalls vom 11. Oktober 2001 ab (Bescheid vom 13. November 2002).
Auf Antrag der Klägerin vom 13. Januar 2003 bewilligte die damalige Bundesknappschaft (heute Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See) der Klägerin eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation (Bescheid vom 22. April 2003), die vom 17. Juni bis 22. Juli 2003 im Stimm- und Sprachheilzentrum der Klinik am O. durchgeführt wurde. Dr. Ke. nannte im Entlassungsbericht vom 25. Juli 2003 als Diagnosen eine funktionelle Dysphonie mit psychogener Komponente, eine Anpassungsstörung, ein Zervikalsyndrom mit Blockierung C 1 bis C 3, einen Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule (Oktober 2001) sowie eine Refluxlaryngitis. Sie führte u.a. aus, bei der Klägerin hätten sich die Zeichen einer Anpassungsstörung nach Verkehrsunfall und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie einer rezidivierenden depressiven Störung gezeigt. Die Klägerin sei für die Tätigkeit der Disponentin im Salzbergwerk sechs Stunden und mehr leistungsfähig, jedoch psychisch zur Zeit durch Erfahrungen in der Kindheit bis an die Grenzen belastet.
Am 26. September 2003 bat die - mittlerweile arbeitslos gewordene - Klägerin die Beklagte, Ansprüche auf eine Rente zu prüfen. Auf Anfrage der Beklagten teilte die neue bkk mit, dass Arbeitsunfähigkeit vom 17. Juni bis 22. Juli 2003 wegen Zervikalsyndrom mit Blockierung C 1 bis C 3 und der ersten Rippe bei Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule und wegen Refluxlaryngitis sowie vom 29. August bis 15. September 2003 wegen sonstigen Schulterläsionen und Schulterschmerzen bestanden habe. Die damalige Bundesknappschaft (jetzt Knappschaft) gab als Zeit der Arbeitsunfähigkeit neben dem Zeitraum vom 12. Oktober 2001 bis 3. März 2002 die Zeit vom 4. bis 14. Juni 2002 wegen Zervikalneuralgie und vom 16. bis 31. August 2002 wegen Kreuzschmerzen an. Des Weiteren erhob die Beklagte bei behandelnden Ärzten Befundberichte. Allgemeinarzt Dr. St. gab an, die Klägerin in der Zeit vom 12. Oktober 2001 bis 3. März 2002 achtmal wegen des erlittenen Schleudertraumas der Halswirbelsäule behandelt zu haben (Schreiben vom 3. Mai 2004). Prof. Dr. H., Zentrum für Chirurgie des K.-hospitals S., berichtete über eine einmalige Vorstellung der Klägerin am 12. Juni 2003 wegen einer geringen costaclavikulären Kompression rechts (Schreiben vom 5. Mai 2004).
Prof. Dr. Ho. erstattete das unfallchirurgische Gutachten vom 11. September 2004. Am ehesten sei eine primäre Problematik der rechten Schulter anzunehmen, nämlich eine leichtgradige Impingement-Symptomatik und eine Fehlbildung des Schulterdachs, was in Verbindung mit einer muskulären Dysbalance zu entsprechenden Beschwerden führen könne. Die multiplen muskulären Druckpunkte an der Wirbelsäule im Bereich der mittleren Brustwirbelsäule, der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule seien sicherlich nicht mehr auf die Unfalleinwirkung zurückzuführen, sondern unfallunabhängig verursacht. Entsprechend dem Gutachten des Prof. Dr. K. vom 10. Oktober 2002 müsse ab diesem Tag eine MdE von unter 10 v.H. angenommen werden. Des Weiteren erstattete Neurologe und Psychiater Dr. F. das neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 24. August 2004. Auf neurologischem Gebiet liege eine eindeutige Unfallfolge nicht vor. Die von der Klägerin glaubhaft vorgebrachten Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule mit Einschlaferscheinungen des rechten Arms und auch der Langfinger, insbesondere nachts, sowie mit deutlicheren sensiblen Störungen ulnarwärts seien überwiegend durch eine muskuläre Dysbalance bedingt und müssten von unfallchirurgisch-orthopädischer Seite bewertet und behandelt werden.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 2004 lehnte die Beklagte es erneut ab, wegen des Arbeitsunfalls vom 11. Oktober 2001 eine Entschädigung zu gewähren. Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch.
Chirurg und Unfallchirurgen Dr. Bl., den die Klägerin am 5. April 2005 aufgesucht hatte, diagnostizierte in seinem Nachschaubericht vom 18. April 2005 eine Distorsion der Halswirbelsäule Stadium I, ein chronisches Schmerzsyndrom nach Distorsion der Halswirbelsäule, eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine funktionelle, wahrscheinlich traumatisch bedingte Sprach- und Stimmstörung. Weiter führte er aus, die beiden Gutachten vom 10. Oktober 2002 und 11. September 2004 erfüllten nicht die Kriterien für ein Zusammenhangsgutachten, weil der Gesamtzustand der Klägerin nicht transparent werde und nicht eindeutig festgestellt worden sei, in welchem körperlichen Zustand die Klägerin sich knapp vor dem Unfall befunden habe. Die beiden Gutachten übersähen auch die erheblichen psychischen Veränderungen, die sich u.a. in der funktionellen Sprachstörung zeigten. Auch wenn sich die Beschwerden in der letzten Zeit gebessert hätten, sollte dringendst eine stationäre psychotherapeutische Behandlung zu Lasten der Beklagten durchgeführt werden. In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten nach Aktenlage vom 11. Juli 2005 stimmte Chirurg Dr. T. den Gutachten vom 10. Oktober 2002 und 11. September 2004 zu. Der Unfall vom 11. Oktober 2001 habe keinen objektivierbaren, mit Funktionsstörungen verbundenen Körperschaden hinterlassen.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 17. November 2005). Es lägen keine Folgen des Unfalls vom 11. Oktober 2001 mehr vor.
Die Klägerin erhob am 19.Dezember 2005 (Montag) gegen den am 17. November 2005 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid Klage beim Sozialgericht Reutlingen, das den Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht Freiburg (SG) verwies (Beschluss vom 6. Juni 2006). Im Laufe der Zeit hätten sich Beschwerden an der rechten Schulter und am rechten Arm gebildet. Als Folge des Unfalls habe sich eine sekundäre psychogene Fixierung aus dem Schleudertrauma entwickelt sowie eine somatoforme Schmerzstörung gebildet. In der mündlichen Verhandlung des SG legte sie den Bericht der Heilpraktikerin Reuter vom 2. April 2007 vor, wonach sie die Klägerin in der Zeit vom 6. Juli 2005 bis 24. Oktober 2006 wegen Schulter-Arm-Syndrom, Kieferschmerzen, Schleudertrauma, Ischialgie, Bronchitis, Blockierung der Hals- und Brustwirbelsäule mit Beckenschiefstand, Muskelverspannungen, Depressionen sowie Kopfschmerz und Schwindel behandelt habe.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
Das SG zog den Bericht des Prof. Dr. Z., Universitätsklinikum T. - Krankenhaus R. -, vom 15. November 2006 über die stationäre psychosomatische Behandlung vom 20. Juni bis 29. August 2006 mit der Hauptdiagnose anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei. Psychodynamisch liege ein unbewusster Konflikt im Bereich Versorgung/Autarkie mit einem hauptsächlich aktiven Verarbeitungsmechanismus vor, der durch das Unfallgeschehen reaktiviert worden sei. Weiter hörte das SG den Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin Dr. Sa. und Prof. Dr. Z. als sachverständige Zeugen. Dr. Sa. gab in seiner Auskunft vom 7. Februar 2007 als Diagnosen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie rezidivierende Depressionen, die sich sekundär auf dem Hintergrund der Einschränkungen durch die Schmerzen und die Stimmstörung entwickelt hätten und zeitweise so stark ausgeprägt gewesen seien, dass auch immer wieder Suizidgedanken aufgetreten seien, an. Die Klägerin sei erstmals am 19. Dezember 2005 in seine Sprechstunde gekommen. Bis zum 2. Februar 2006 seien insgesamt fünf probatorische Sitzungen durchgeführt worden. Er habe der Klägerin dringend zu einer stationären psychosomatischen Behandlung geraten, die nach ausführlichen Vorgesprächen vom 20. Juni bis 29. August 2006 erfolgt sei. Seit 28. September 2006 werde im Rahmen einer Kurzzeittherapie geklärt, wie weit ein Konflikte klärendes Vorgehen eine Besserung bringen könne. Die vorliegenden Störungen gingen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 11. Oktober 2001 zurück. Prof. Dr. Z. berichtete in seiner Auskunft vom 2. Februar 2007 über die stationäre Behandlung. Seines Wissens sei der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Beginn der Symptomatik und dem Unfall eindeutig. Außerdem sei der Unfall subjektiv ausreichend einschneidend erlebt worden, um als auslösender Faktor für die Symptomatik gelten zu können.
Auf Veranlassung des SG erstattete Dr. D. das unfallchirurgische Gutachten vom 5. März 2007 (ambulante Untersuchung am 13. Februar 2007). Da sämtliche durchgeführten bildgebenden Verfahren weder eine knöcherne Verletzung noch eine Weichteilverletzung hätten objektivieren können und auch die neurologischen Untersuchungen altersentsprechende Normalbefunde zeigten, stünden den von der Klägerin geklagten multiplen subjektiven Beschwerden keine objektiven pathologischen Befunde gegenüber. Auf unfallchirurgischem Gebiet lägen keine objektivierbaren Gesundheitsstörungen vor. Aufgrund der Synopsis der erhobenen Befunde könne allenfalls eine Distorsion der Halswirbelsäule Schweregrad II nach der so genannten Quebec-Klassifikation angenommen werden. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe maximal bis 8. November 2001 bestanden. Die MdE werde vom 9. November 2001 bis 10. April 2002 mit 20 v.H., danach bis 9. Oktober 2002 mit 10 v.H. und anschließend mit 0 v.H. eingeschätzt. Er verstehe das Unfallereignis als Gelegenheitsursache für das Offensichtlichwerden des psychodynamischen unbewussten Konflikts im Bereich Versorgung/Autarkie bzw. der belastenden Faktoren in der Biografie. Weiter erhob das SG das nervenärztliche Gutachten des Prof. Dr. Tä. vom 11. Juni 2007 (ambulante Untersuchung am 4. Juni 2007). Auf psychiatrischem Gebiet liege eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen (ICD-Diagnose F 45.0) vor, die durch den Unfall vom 11. Oktober 2001 verursacht sei. Das Eintreten der Somatisierungsstörung sei direkte Folge des Unfallereignisses mit der schmerzhaften Distorsion der Halswirbelsäule im Zusammenspiel mit den äußeren Umständen und auch der dadurch eintretenden wirtschaftlichen Veränderung. Ein solches Ereignis sei allgemein geeignet, eine solche Gesundheitsstörung hervorzurufen. Das Auftreten solcher Störungen werde zusätzlich durch bestimmte Persönlichkeitsstrukturen gefördert, wobei sich in der Zeit vor dem Unfall keine Hinweise auf eine prädisponierende Persönlichkeitsstruktur eruieren ließen. Er könne nicht mit Sicherheit klären, ob eine einzelne der Ursachen von überragender Bedeutung für die Entstehung der Somatisierungsstörung sei. Die MdE durch die Somatisierungsstörung werde aktuell auf 10 v.H. eingeschätzt. Eine Einschätzung rückblickend bis zum Unfallzeitpunkt könne nicht gemacht werden, da die Kenntnisse über den psychischen Zustand der Klägerin in diesem Zeitraum zu ungenau seien.
Zu dem Gutachten des Prof. Dr. Tä. legte die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme nach Aktenlage des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. Ra. vom 13. August 2007 vor. Insbesondere unter Berücksichtigung, dass schon kurz nach dem Unfallereignis im Dezember 2001 durch Dr. Dr. Z. eine nervenärztliche Untersuchung erfolgt sei, in der dieser weder einen psychopathologisch auffälligen Befund beschrieben noch von neurologischer Seite eine behandlungsbedürftige Symptomatik festgehalten habe, sowie dass seitens der Psychosomatischen Abteilung der Universitätsklinik "Freiburg" (gemeint T.) eine eindeutige psychoneurotische Symptomatik beschrieben worden sei, könne ein Kausalzusammenhang der vorliegenden Beschwerden mit dem schädigenden Ereignis ausgeschlossen werden. Bei einem psychoneurotischen Konflikt handle es sich um eine psychische Störung, die in der Persönlichkeitsstruktur eines Probanden gründe. Das Unfallereignis stelle lediglich eine Gelegenheitsursache für das Manifestwerden einer neurotischen Fehlhaltung dar. Die MdE von nervenärztlicher Seite betrage 0 v.H ...
In seiner auf Veranlassung des SG hierzu abgegebenen ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 15. Oktober 2007 führte Prof. Dr. Tä. aus, das Unfallereignis sei eine wesentliche Ursache für die seit dem Unfall bestehenden Beschwerden. Die Klägerin sei bis zum Unfall gesund gewesen, insbesondere seien bis dahin keine psychischen Erkrankungen aufgetreten. In der Literatur sei beschrieben, dass eine Distorsion der Halswirbelsäule zu psychogenen Unfallfolgen oder zu einem posttraumatischen Schmerzsyndrom, welches häufig erst nach einem beschwerdefreien Intervall auftrete, führen könne. Biografisch ergebe sich eine spezielle Vulnerabilität durch den Unfall im Kindesalter, als die Klägerin sich ohne Betäubung habe die Zunge nähen lassen müssen und dem Arzt hilflos ausgeliefert gewesen sei. Die MdE auf psychiatrischem Gebiet betrage 10 v.H ...
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 17. Januar 2008 ab. Es seien weder auf orthopädischem noch auf nervenärztlichem Gebiet dauerhafte Gesundheitsstörungen vorhanden, die auf den Unfall vom 11. Oktober 2001 zurückzuführen seien. Auf orthopädischem Gebiet folge das Gericht der Einschätzung des "Prof. Dr. Di." (gemeint Dr. D.) im Gutachten vom 5. März 2007. Auf nervenärztlichem Gebiet liege bei der Klägerin ein psychosomatischer Beschwerdekomplex vor, was sich zum einen aus dem Gutachten des "Prof. Dr. Di." (gemeint Dr. D.) und zum anderen aus dem Gutachten des Prof. Dr. Tä. vom 11. Juli 2007, der die Diagnose einer Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen gestellt habe, ergebe. Das Gericht könne Prof. Dr. Tä. nicht darin folgen, dass die Beschwerden wahrscheinlich durch das Unfallereignis vom 11. Oktober 2001 hervorgerufen worden seien. Zwar könnten grundsätzlich (entgegen der Auffassung des Dr. Ra. in seiner Stellungnahme vom 13. August 2007) psychosomatische Krankheitsbilder Folgen eines Arbeitsunfalls sein. Allerdings könne im konkreten Fall Prof. Dr. Tä. in der Rückführung der psychosomatischen Beeinträchtigungen der Klägerin auf das Unfallereignis vom 11. Oktober 2001 nicht gefolgt werden. Er lasse mit dem Verweis darauf, dass vor dem Unfall keine, nun aber nachweislich psychogene Störungen vorhanden seien, den Krankheitsverlauf nach dem Unfallereignis außer Betracht. Die Beschwerden seien im Nachgang zu dem Unfallereignis zunächst abgeklungen gewesen und dann nach beachtlicher Zwischenzeit erst wieder erneut eingetreten. Selbst wenn man den Unfall als konkreten Auslöser für die heutigen Gesundheitsstörungen betrachte, käme gleichwohl ein Rentenanspruch nicht in Betracht, weil sich eine Wahrscheinlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für den Kausalzusammenhang der Erstursachen mit den heutigen psychosomatischen Beschwerden nicht bejahen lasse. Vor dem Hintergrund des von Prof. Dr. Tä. erwähnten Traumatisierungserlebnisses der Klägerin im Zusammenhang mit einer ärztlichen Behandlung spreche einiges dafür, dass jedes andere Ereignis, welches die Klägerin mit dem Medizinbetrieb in Kontakt habe bringen müssen, ebenfalls zu einem entsprechenden psychosomatischen Befund geführt haben könnte.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten erster Instanz am 15. Februar 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. März 2008 Berufung eingelegt. Das SG habe den medizinischen Sachverhalt nicht abschließend geklärt. Spätestens seit der Untersuchung durch Prof. Dr. Tä. stehe fest, dass bei ihr eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen vorliege. Im unmittelbaren Anschluss an das Unfallereignis habe sie tagelang in ihrer Wohnung gesessen und sei unfähig gewesen, soziale Kontakte aufzunehmen. Dies erkläre, dass sie damals keinen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aufgesucht habe, so dass eine entsprechende ärztliche Dokumentation des psychischen Primärschadens nicht habe erfolgen können. Sie leide auch unter einer generellen Ärztephobie. Ihre familiären Probleme mit ihrem (früheren) Ehemann hätten nicht zeitgleich mit dem Unfall begonnen und sich über viele Jahre hinweg gezogen. erst im Jahre 2006 sei es zum Bruch zwischen ihr und ihrem (früheren) Ehemann gekommen. Nicht nur unmittelbar nach dem Unfall sondern Monate und Jahre danach sei sie in hohem Maße pflegebedürftig gewesen und von ihrem (früheren) Ehemann gepflegt worden. Die Klägerin hat die ärztliche Bescheinigung des Dr. Sa. vom 17. Juli 2008 vorgelegt, wonach sie weiterhin an der somatoformen Schmerzstörung und an immer wieder auftretenden depressiven Verstimmungen leide sowie ihre Belastbarkeit deutlich eingeschränkt sei. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14. Juli 2008 hat sie die Verurteilung der Beklagten begehrt, eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen als Unfallfolge anzuerkennen und ihr ab 11. Juni 2007 eine Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu zahlen. Mit weiterem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24. Juli 2008 hat sie begehrt, die Rente ab 20. Juni 2006 zu zahlen und insoweit auf den Bericht des Prof. Dr. Z. vom 15. November 2006 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Januar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen als Unfallfolge anzuerkennen und ihr ab 11. Juni 2007 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Entlassungsbericht der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. Se. vom "4. Dezember 2007" über die auf weiteren Antrag der Klägerin vom 2. Mai 2007 von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See bewilligten stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Bescheid vom 6. Juli 2007) vom 9. Oktober bis 4. Dezember 2007 stationär und anschließend bis 3. Januar 2008 teilstationär durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme beigezogen. Dr. Se. hat folgende Diagnosen gestellt: depressive Anpassungsstörung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Eisenmangelanämie, Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule und Laktoseintoleranz. Des Weiteren hat der Senat bei der AOK Baden-Württemberg die Auskunft vom 12. November 2008 über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit während der dortigen Mitgliedschaft vom 1. September 1989 bis 31. Dezember 1997 eingeholt sowie die Rehabilitationsakten der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See beigezogen. Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr. Dr. Wi. das neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 7. Juli 2009 erstattet. Auf psychiatrischem Gebiet bestehe eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen auf dem Boden traumatischer Kindheits- und Jugenderlebnisse. Es spreche wesentlich mehr gegen als für die Annahme, dass die jetzt erkennbare Symptomatik in quantitativ und/oder qualitativ wesentlichem Umfang auf das Unfallereignis des Jahres 2001 zurückzuführen wäre. Weit überwiegend im Vordergrund stünden alltägliche Lebensereignisse, die auf dem Boden einer bereits sehr ausgeprägten und leicht ansprechbaren Schadensanlage zur Entwicklung der genannten Gesundheitsstörungen geführt hätten. Weder die Frage des initialen psychischen Primärschadens noch die der weit reichenden konkurrierenden Faktoren seien im Gutachten des Prof. Dr. Tä. ausreichend berücksichtigt worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch, dass die Beklagte eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen als Folge des Arbeitsunfalls vom 11. Oktober 2001 anerkennt und ihr ab 11. Juni 2007 eine Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zahlt.
1. Angesichts der Begründungen des angefochtenen Bescheids vom 25. Oktober 2004 und des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2005 geht der Senat davon aus, dass die Beklagte trotz des allgemeinen gefassten Verfügungssatzes des angefochtenen Bescheids vom 25. Oktober 2004 ("die Gewährung einer Entschädigung wegen des Arbeitsunfalls vom 11.10.2001 wird abgelehnt") mit diesem Bescheid ausschließlich darüber entschieden hat, ob Unfallfolgen vorliegen sowie die Klägerin Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat und damit Streitgegenstand lediglich die Frage ist, ob die Klägerin Anspruch auf Feststellung von Unfallfolgen sowie auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.
2. Nach § 56 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeiten sind nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Das Unfallereignis am 11. Oktober 2001 war ein Wegeunfall. Denn die Klägerin war auf dem Weg von ihrer Arbeitsstelle nach Hause, was zwischen den Beteiligten nicht umstritten und auch mit dem Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2002 bestandskräftig festgestellt ist.
Bei dem Wegeunfall erlitt die Klägerin eine Distorsion der Halswirbelsäule. Eine knöcherne Verletzung der Halswirbelsäule trat nicht ein. Dies ergibt sich aus dem Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. W. vom 30. Oktober 2001. Folgen der erlittenen Distorsion der Halswirbelsäule sind nicht verblieben.
Bei der Klägerin besteht jetzt eine Somatisierungsstörung mit ängstlich depressiven Zügen. Dies ergibt sich aus den Gutachten des Prof. Dr. Tä. und des Prof. Dr. Dr. Wi ... Auch Prof. Dr. Z. (sachverständige Zeugenauskunft vom 2. Februar 2007 und Bericht vom 15. November 2006), Dr. St. (sachverständige Zeugenauskunft vom 7. Februar 2007) und Dr. Se. (Entlassungsbericht vom "4. Dezember 2007") diagnostizierten eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit depressiver Symptomatik bzw. depressiver Anpassungsstörung. Schließlich beschrieb Dr. Ke. im Entlassungsbericht vom 25. Juli 2003 (S. 4) neben Zeichen einer Anpassungsstörung auch Zeichen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie einer rezidivierenden depressiven Störung. Die Somatisierungsstörung mit ängstlich depressiven Zügen ist nicht Folge des Wegeunfalls vom 11. Oktober 2001.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der eingetretenen bzw. bestehenden Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität). Für die Beurteilung der haftungsausfüllenden Kausalität gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, die Theorie der wesentlichen Bedingung. Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung sind Ursachen im Rechtssinne danach diejenigen Bedingungen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff "wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Ist allerdings eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur sie "wesentlich" und damit Ursache im Rechtssinn. Ist die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Für psychische Krankheiten gelten insoweit keine Besonderheiten (zum Ganzen: BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 40/05 R -, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Der Senat folgt der Beurteilung des Prof. Dr. Dr. Wi. im Gutachten vom 7. Juli 2009. Er geht unter Auswertung der in den Akten vorhandenen ärztlichen Berichten zutreffend davon aus, dass ein initialer psychischer Primärschaden nicht vorlag. Aus den Berichten der behandelnden Ärzte ergibt sich, dass ein beschwerdefreies Intervall nach Abschluss der Behandlung der Unfallfolgen Ende Februar 2002 vorlag und die Klägerin ihre vor dem Unfall ausgeübte (Teilzeit-)Tätigkeit als Sachbearbeiterin in der Versandabteilung eines Salzbergwerkunternehmens wieder aufgenommen hatte. Für psychische Erkrankungen, insbesondere für eine akute posttraumatische Belastungsreaktion, gab es vom Unfalltag bis zu diesem Zeitpunkt (Wiederaufnahme der Arbeit) und auch danach bis Dezember 2005 in ärztlichen Berichten keinen Anhalt. In keinem ärztlichen Bericht ist entsprechendes dokumentiert, insbesondere nicht in dem Arztbrief des Dr. Dr. Z. vom 19. Dezember 2001, der als erster Neurologe und Psychiater die Klägerin nach dem Unfall untersuchte. Entsprechende Beschwerden machte die Klägerin gegenüber Dr. Dr. Z. nicht geltend, ebenso wenig im Rahmen der Vorstellungen in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. im Januar und Februar 2002. Zwar nennt Dr. Ke. im Entlassungsbericht vom 25. Juli 2003 über die stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 17. Juni bis 22. Juli 2003 Zeichen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Im Vordergrund dieser Rehabilitationsmaßnahme stand damals allerdings die Stimmstörung. Auch bei den von der Beklagten erhobenen Gutachten des Dr. F. vom 24. August 2004 und des Prof. Dr. Ho. vom 11. September 2004 wurden Beschwerden, die auf eine Somatisierungsstörung hindeuten könnten, ebenfalls nicht vorgetragen und demgemäß insbesondere im neurologisch-psychiatrischen Gutachten des Dr. F. vom 24. August 2004 auch nicht diagnostiziert. Eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostizierte erstmals Dr. Sa., nachdem die Klägerin sich bei ihm ab 19. Dezember 2005 in Behandlung begeben hatte. Weiter bestehen als konkurrierende Faktoren über Jahre bis zur Trennung im Jahr 2006 andauernde Probleme mit dem Ehemann, die geeignet sind, das Beschwerdebild aufrecht zu erhalten. Auch aus dem Entlassungsbericht der Dr. Se. vom "4. Dezember 2007" ergibt sich, dass nach 2001 u.a. ein Partnerschaftskonflikt auftrat und bei der Klägerin auch andere Ursachen (wie die Bewältigung der Trennung vom Ehemann) als der Wegeunfall vorhanden sind, die die Somatisierungsstörung mit depressiven Zügen ausgelöst haben können. Zudem ist diese Somatisierungsstörung erst mehrere Jahre nach dem Unfallereignis eingetreten. Unter Berücksichtigung dessen vermag der Senat nicht festzustellen, dass der Arbeitsunfall vom 11. Oktober 2001 wesentliche Bedingung für die seit Ende 2005 bestehende Somatisierungsstörung ist.
Die Einwände der Klägerin gegen das Gutachten des Prof. Dr. Dr. Wi. greifen nicht durch. Die Erklärung der Klägerin für die fehlende ärztliche Dokumentation einer primären akuten posttraumatischen Belastungsreaktionen, sie habe im unmittelbaren Anschluss an das Unfallereignis tagelang in ihrer Wohnung gesessen und sei unfähig gewesen, soziale Kontakte aufzunehmen und dementsprechend auch keinen Arzt für Neurologie und Psychiatrie aufgesucht, kann jedenfalls für die Zeit ab der Wiederaufnahme der Arbeit am 26. November 2001, zunächst im Rahmen einer Wiedereingliederung mit einer reduzierten täglichen Arbeitszeit, nicht überzeugen und vermag die Beurteilung von Prof. Dr. Dr. Wi. nicht zu erschüttern. Allein schon um an die Arbeitsstelle zu gelangen, musste die Klägerin ihre Wohnung verlassen. Des Weiteren ist diese Behauptung schon dadurch widerlegt, dass die Klägerin in der Zeit vom 12. Oktober 2001 bis zum 3. März 2002 achtmal Dr. St. wegen des erlittenen Schleudertrauma der Halswirbelsäule und am 19. Dezember 2001 Dr. Dr. Z. aufsuchte sowie sich im Januar und Februar 2002 mehrmals wegen anhaltender Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule zu Nachuntersuchungen in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vorstellte. Im Rahmen der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung erfolgte zudem in der Zeit vom 22. November 2001 bis 13. März 2002 physikalische Therapie (Krankengymnastik, Manuelle Therapie, Wärmebehandlung). Sowohl die Strecke zur Arbeitsstelle als auch die Strecke zu den Behandlungen der physikalischen Therapie legte die Klägerin mit dem Pkw zurück, was sich daraus ergibt, dass sie gegenüber der Beklagten die Erstattung von Fahrkosten hierfür geltend gemacht hatte (u.a. Schreiben vom 30. April 2002). Nach den Angaben der Klägerin gegenüber der Beklagten betrug die Strecke zur Arbeitsstelle täglich insgesamt 82 km (siehe Bl. 104 der Verwaltungsakte der Beklagten) und die Strecke zu den Behandlungen der physikalischen Therapie bis zu 30 km (Bl. 86/90 der Verwaltungsakte der Beklagten). Schließlich begab sich die Klägerin bis zur erstmaligen Diagnose der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung durch Dr. Sa. im Dezember 2005 regelmäßig in ärztliche Behandlung. Die weitere Behauptung der Klägerin, sie sei (auch) nach dem Unfall Monate und Jahre in hohem Maße pflegebedürftig gewesen, ist für die Zeit unmittelbar nach dem Unfallereignis unschlüssig. Auch dies lässt sich schon nicht damit vereinbaren, dass die Klägerin ab 26. November 2001 wieder ihre Beschäftigung aufgenommen hatte. Ferner widerspricht der Vortrag, sie sei wegen der angeblichen Pflegebedürftigkeit ausschließlich von ihrem Ehemann gepflegt worden, ihren Angaben anlässlich der stationären Behandlung vom 20. Juni bis 29. August 2006. Dort hatte sie angegeben, ihr Ehemann sei zum Zeitpunkt des Unfalls psychosomatisch erkrankt gewesen und habe sie wenig unterstützen können (S. 3 des Berichts des Prof. Dr. Z. vom 15. November 2006). Auch gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. Wi. berichtete die Klägerin von einer Erkrankung ihres damaligen Ehemanns, ohne hierzu nähere Angaben zu machen, wegen der dieser zwei Wochen nach dem Unfallereignis eine Rehabilitationsmaßnahme angetreten habe sowie weiter, dass sie in der Folgezeit gar keine Zeit zum Kranksein gehabt habe, da sie für ihren damaligen Ehemann habe da sein müssen. Schließlich geht auch der Einwand, Prof. Dr. Dr. Wi. gehe von der falschen Prämisse aus, die familiären Probleme mit dem Ehemann hätten etwa zeitgleich mit dem Unfall begonnen und sich über viele Jahre hinweg gezogen, fehle. Prof. Dr. Dr. Wi. ging in seinen Sachverständigengutachten entsprechend den Angaben der Klägerin (S. 20 des Gutachtens) davon aus, dass die Trennung im Herbst 2006 erfolgte, zuvor ab dem Jahr 2001 jedoch verschiedene andere Probleme wie Krankheit des Ehemanns und finanzielle Schwierigkeiten wegen des Aufbaus einer selbstständigen Tätigkeit bestanden (S. 36 und 43 des Gutachtens).
Die Beurteilung des Zusammenhangs durch Prof. Dr. Tä. vermag auch den Senat nicht zu überzeugen. Er hat - wie Prof. Dr. Dr. Wi. - u.a. dargelegt, das Auftreten einer Somatisierungsstörung werde zusätzlich durch bestimmte Persönlichkeitsstrukturen gefördert. Eine Abwägung dieser unfallunabhängigen Ursachen einerseits und dem Unfallereignis andererseits erfolgte durch Dr. Tä. jedoch nicht. Nur der Hinweis, dass vorbestehende psychische Auffälligkeiten nicht erkennbar seien, reicht nicht, das Unfallereignis als wesentliche Bedingung anzusehen. Zutreffend hat das SG auch dargelegt, dass Prof. Dr. Tä. sich mit dem - zuvor dargestellten - zeitlichen Ablauf der Beschwerden der Klägerin nach dem Unfallereignis nicht auseinandergesetzt hat. Selbst wenn die Klägerin sich bei der Erstversorgung am Unfalltag nicht ernst genommen gefühlt haben sollte, setzt er sich nicht damit auseinander, dass ein beschwerdefreies Intervall vorhanden war und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung erstmals Dr. Sa. diagnostizierte, nachdem die Klägerin sich bei ihm ab 19. Dezember 2005 in Behandlung begeben hatte. Schließlich standen Prof. Dr. Tä. für die Erstellung seines Gutachtens nicht die Behandlungsberichte zur Verfügung, die Prof. Dr. Dr. Wi. der Beurteilung in seinem Gutachten zugrundelegen konnte, weil einige Behandlungsberichte erst im Berufungsverfahren zu den Akten gelangten.
Auf orthopädischem Gebiet bestehen ab 11. Juni 2007 keine objektivierbaren Gesundheitsstörungen. Der Senat stützt sich insoweit auf das orthopädische Gutachten des Dr. D. vom 5. März 2007. Insoweit macht die Klägerin auch keine Unfallfolgen geltend. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils unter 2.a).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt, eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen als Folge des Wegeunfalls vom 11. Oktober 2001 anzuerkennen und ihr ab 20. Juni 2006 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v.H. zu zahlen.
Die 1969 geborene Klägerin war bis 31. August 2002 als Sachbearbeiterin in der Versandabteilung eines Salzbergwerkunternehmens in Teilzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 80 v.H. befristet beschäftigt. Auf dem Weg von ihrer Arbeitsstelle nach Hause fuhr die (angeschnallte) Klägerin am 11. Oktober 2001 mit dem von ihr gesteuerten PKW auf einen vor ihr stehenden PKW, der verkehrsbedingt angehalten hatte, auf und schob diesen PKW auf zwei vor ihm stehende Fahrzeuge. Nach sofortiger Einlieferung in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. beschrieb Prof. Dr. W. in seinem Durchgangsarztbericht vom 30. Oktober 2001 eine schmerzbedingte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, einen diskreten Druckschmerz im Bereich der Muskulatur der Halswirbelsäule rechtsseitig und eine freie Beweglichkeit der Schultern. Er fand keine Sensibilitätsstörungen und neurologischen Auffälligkeiten. Er diagnostizierte eine Distorsion der Halswirbelsäule, behandelte die Klägerin ambulant (Anlegen einer Halskrawatte und Verordnung von Physiotherapie sowie Voltaren und Ranitic) und bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis 22. Oktober 2001. Nach Angaben des Arbeitgebers, der die Unfallanzeige unter dem 27. November 2001 erstattete, nahm die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit am 26. November 2001 wieder auf, zunächst im Rahmen einer Wiedereingliederung mit einer täglichen Arbeitszeit bis 24. Dezember 2001 von vier Stunden, vom 11. bis 17. Februar 2002 von zwei Stunden, anschließend bis 24. Februar 2002 erneut von vier Stunden, danach bis 1. März 2002 von sechs Stunden. Ab 4. März 2002 übte die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit wieder in vollem Umfang aus.
Neurologe und Psychiater Dr. Dr. Z. diagnostizierte nach einer Untersuchung am 19. Dezember 2001 eine Distorsion der Halswirbelsäule Grad I sowie eine unspezifische Zervikobrachialgie rechts ohne Hinweis auf eine aktuelle zervikale Wurzelkompression und empfahl eine krankengymnastische Übungsbehandlung der Halswirbelsäule (Arztbrief vom 19. Dezember 2001). Wegen persistierender starker Beschwerden im Bereich der rechtsseitigen Halswirbelsäule sowie der rechten Schulter empfahl Prof. Dr. W. nach der ambulanten Untersuchung am 7. Januar 2002 die Weiterführung der krankengymnastischen Übungsbehandlung sowie eine medikamentöse Analgesie (Bericht vom 28. Januar 2002). Eine von der Klägerin veranlasste kernspintomographische Untersuchung zeigte einen Normalbefund (Bericht des Prof. Dr. W. vom 19. Februar 2002). Nach einer weiteren ambulanten Untersuchung am 28. Februar 2002 schloss Prof. Dr. W. das (berufsgenossenschaftliche) Heilverfahren zum 3. März 2002 ab und ging von Arbeitsfähigkeit im alten Beruf ab dem 4. März 2002 aus (Bericht vom 5. März 2002). Die Beklagte zahlte Verletztengeld vom 23. November 2001 bis 3. März 2002 und teilte der Klägerin unter dem 24. Mai 2002 mit, bei dem Unfall vom 11. Oktober 2001 handle es sich um einen Wegeunfall gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII).
Die Klägerin stellte sich am 1. Juli 2002 erneut in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vor und gab an, nach einem relativ beschwerdefreien Intervall jetzt wieder Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und der rechten Schulter zu verspüren. Prof. Dr. K. verordnete nochmals krankengymnastische Übungsbehandlungen und führte aus, die jetzt geklagten Beschwerden seien nicht auf den Unfall zurückzuführen (Bericht vom 12. Juli 2002). Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Prof. Dr. K. aufgrund der Untersuchung vom 9. Oktober 2002 das chirurgische Gutachten vom 10. Oktober 2002. Bei der Untersuchung hätten keine Folgen des Unfalls vom 11. Oktober 2001 festgestellt werden können. Die noch geklagten Beschwerden im Bereich des Musculus trapezius-Oberrands rechtsseitig seien nicht mit dem Unfall in Einklang zu bringen. Die MdE werde vom 4. März bis 9. Oktober 2002 auf 10 v.H., danach auf 0 v.H. eingeschätzt. Es sei eine Einmündung in den Vorzustand eingetreten. Die Beklagte lehnte unter Verweis auf dieses Gutachten die Gewährung einer Entschädigung wegen des Arbeitsunfalls vom 11. Oktober 2001 ab (Bescheid vom 13. November 2002).
Auf Antrag der Klägerin vom 13. Januar 2003 bewilligte die damalige Bundesknappschaft (heute Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See) der Klägerin eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation (Bescheid vom 22. April 2003), die vom 17. Juni bis 22. Juli 2003 im Stimm- und Sprachheilzentrum der Klinik am O. durchgeführt wurde. Dr. Ke. nannte im Entlassungsbericht vom 25. Juli 2003 als Diagnosen eine funktionelle Dysphonie mit psychogener Komponente, eine Anpassungsstörung, ein Zervikalsyndrom mit Blockierung C 1 bis C 3, einen Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule (Oktober 2001) sowie eine Refluxlaryngitis. Sie führte u.a. aus, bei der Klägerin hätten sich die Zeichen einer Anpassungsstörung nach Verkehrsunfall und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie einer rezidivierenden depressiven Störung gezeigt. Die Klägerin sei für die Tätigkeit der Disponentin im Salzbergwerk sechs Stunden und mehr leistungsfähig, jedoch psychisch zur Zeit durch Erfahrungen in der Kindheit bis an die Grenzen belastet.
Am 26. September 2003 bat die - mittlerweile arbeitslos gewordene - Klägerin die Beklagte, Ansprüche auf eine Rente zu prüfen. Auf Anfrage der Beklagten teilte die neue bkk mit, dass Arbeitsunfähigkeit vom 17. Juni bis 22. Juli 2003 wegen Zervikalsyndrom mit Blockierung C 1 bis C 3 und der ersten Rippe bei Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule und wegen Refluxlaryngitis sowie vom 29. August bis 15. September 2003 wegen sonstigen Schulterläsionen und Schulterschmerzen bestanden habe. Die damalige Bundesknappschaft (jetzt Knappschaft) gab als Zeit der Arbeitsunfähigkeit neben dem Zeitraum vom 12. Oktober 2001 bis 3. März 2002 die Zeit vom 4. bis 14. Juni 2002 wegen Zervikalneuralgie und vom 16. bis 31. August 2002 wegen Kreuzschmerzen an. Des Weiteren erhob die Beklagte bei behandelnden Ärzten Befundberichte. Allgemeinarzt Dr. St. gab an, die Klägerin in der Zeit vom 12. Oktober 2001 bis 3. März 2002 achtmal wegen des erlittenen Schleudertraumas der Halswirbelsäule behandelt zu haben (Schreiben vom 3. Mai 2004). Prof. Dr. H., Zentrum für Chirurgie des K.-hospitals S., berichtete über eine einmalige Vorstellung der Klägerin am 12. Juni 2003 wegen einer geringen costaclavikulären Kompression rechts (Schreiben vom 5. Mai 2004).
Prof. Dr. Ho. erstattete das unfallchirurgische Gutachten vom 11. September 2004. Am ehesten sei eine primäre Problematik der rechten Schulter anzunehmen, nämlich eine leichtgradige Impingement-Symptomatik und eine Fehlbildung des Schulterdachs, was in Verbindung mit einer muskulären Dysbalance zu entsprechenden Beschwerden führen könne. Die multiplen muskulären Druckpunkte an der Wirbelsäule im Bereich der mittleren Brustwirbelsäule, der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule seien sicherlich nicht mehr auf die Unfalleinwirkung zurückzuführen, sondern unfallunabhängig verursacht. Entsprechend dem Gutachten des Prof. Dr. K. vom 10. Oktober 2002 müsse ab diesem Tag eine MdE von unter 10 v.H. angenommen werden. Des Weiteren erstattete Neurologe und Psychiater Dr. F. das neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 24. August 2004. Auf neurologischem Gebiet liege eine eindeutige Unfallfolge nicht vor. Die von der Klägerin glaubhaft vorgebrachten Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule mit Einschlaferscheinungen des rechten Arms und auch der Langfinger, insbesondere nachts, sowie mit deutlicheren sensiblen Störungen ulnarwärts seien überwiegend durch eine muskuläre Dysbalance bedingt und müssten von unfallchirurgisch-orthopädischer Seite bewertet und behandelt werden.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 2004 lehnte die Beklagte es erneut ab, wegen des Arbeitsunfalls vom 11. Oktober 2001 eine Entschädigung zu gewähren. Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch.
Chirurg und Unfallchirurgen Dr. Bl., den die Klägerin am 5. April 2005 aufgesucht hatte, diagnostizierte in seinem Nachschaubericht vom 18. April 2005 eine Distorsion der Halswirbelsäule Stadium I, ein chronisches Schmerzsyndrom nach Distorsion der Halswirbelsäule, eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine funktionelle, wahrscheinlich traumatisch bedingte Sprach- und Stimmstörung. Weiter führte er aus, die beiden Gutachten vom 10. Oktober 2002 und 11. September 2004 erfüllten nicht die Kriterien für ein Zusammenhangsgutachten, weil der Gesamtzustand der Klägerin nicht transparent werde und nicht eindeutig festgestellt worden sei, in welchem körperlichen Zustand die Klägerin sich knapp vor dem Unfall befunden habe. Die beiden Gutachten übersähen auch die erheblichen psychischen Veränderungen, die sich u.a. in der funktionellen Sprachstörung zeigten. Auch wenn sich die Beschwerden in der letzten Zeit gebessert hätten, sollte dringendst eine stationäre psychotherapeutische Behandlung zu Lasten der Beklagten durchgeführt werden. In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten nach Aktenlage vom 11. Juli 2005 stimmte Chirurg Dr. T. den Gutachten vom 10. Oktober 2002 und 11. September 2004 zu. Der Unfall vom 11. Oktober 2001 habe keinen objektivierbaren, mit Funktionsstörungen verbundenen Körperschaden hinterlassen.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 17. November 2005). Es lägen keine Folgen des Unfalls vom 11. Oktober 2001 mehr vor.
Die Klägerin erhob am 19.Dezember 2005 (Montag) gegen den am 17. November 2005 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid Klage beim Sozialgericht Reutlingen, das den Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht Freiburg (SG) verwies (Beschluss vom 6. Juni 2006). Im Laufe der Zeit hätten sich Beschwerden an der rechten Schulter und am rechten Arm gebildet. Als Folge des Unfalls habe sich eine sekundäre psychogene Fixierung aus dem Schleudertrauma entwickelt sowie eine somatoforme Schmerzstörung gebildet. In der mündlichen Verhandlung des SG legte sie den Bericht der Heilpraktikerin Reuter vom 2. April 2007 vor, wonach sie die Klägerin in der Zeit vom 6. Juli 2005 bis 24. Oktober 2006 wegen Schulter-Arm-Syndrom, Kieferschmerzen, Schleudertrauma, Ischialgie, Bronchitis, Blockierung der Hals- und Brustwirbelsäule mit Beckenschiefstand, Muskelverspannungen, Depressionen sowie Kopfschmerz und Schwindel behandelt habe.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
Das SG zog den Bericht des Prof. Dr. Z., Universitätsklinikum T. - Krankenhaus R. -, vom 15. November 2006 über die stationäre psychosomatische Behandlung vom 20. Juni bis 29. August 2006 mit der Hauptdiagnose anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei. Psychodynamisch liege ein unbewusster Konflikt im Bereich Versorgung/Autarkie mit einem hauptsächlich aktiven Verarbeitungsmechanismus vor, der durch das Unfallgeschehen reaktiviert worden sei. Weiter hörte das SG den Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin Dr. Sa. und Prof. Dr. Z. als sachverständige Zeugen. Dr. Sa. gab in seiner Auskunft vom 7. Februar 2007 als Diagnosen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie rezidivierende Depressionen, die sich sekundär auf dem Hintergrund der Einschränkungen durch die Schmerzen und die Stimmstörung entwickelt hätten und zeitweise so stark ausgeprägt gewesen seien, dass auch immer wieder Suizidgedanken aufgetreten seien, an. Die Klägerin sei erstmals am 19. Dezember 2005 in seine Sprechstunde gekommen. Bis zum 2. Februar 2006 seien insgesamt fünf probatorische Sitzungen durchgeführt worden. Er habe der Klägerin dringend zu einer stationären psychosomatischen Behandlung geraten, die nach ausführlichen Vorgesprächen vom 20. Juni bis 29. August 2006 erfolgt sei. Seit 28. September 2006 werde im Rahmen einer Kurzzeittherapie geklärt, wie weit ein Konflikte klärendes Vorgehen eine Besserung bringen könne. Die vorliegenden Störungen gingen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 11. Oktober 2001 zurück. Prof. Dr. Z. berichtete in seiner Auskunft vom 2. Februar 2007 über die stationäre Behandlung. Seines Wissens sei der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Beginn der Symptomatik und dem Unfall eindeutig. Außerdem sei der Unfall subjektiv ausreichend einschneidend erlebt worden, um als auslösender Faktor für die Symptomatik gelten zu können.
Auf Veranlassung des SG erstattete Dr. D. das unfallchirurgische Gutachten vom 5. März 2007 (ambulante Untersuchung am 13. Februar 2007). Da sämtliche durchgeführten bildgebenden Verfahren weder eine knöcherne Verletzung noch eine Weichteilverletzung hätten objektivieren können und auch die neurologischen Untersuchungen altersentsprechende Normalbefunde zeigten, stünden den von der Klägerin geklagten multiplen subjektiven Beschwerden keine objektiven pathologischen Befunde gegenüber. Auf unfallchirurgischem Gebiet lägen keine objektivierbaren Gesundheitsstörungen vor. Aufgrund der Synopsis der erhobenen Befunde könne allenfalls eine Distorsion der Halswirbelsäule Schweregrad II nach der so genannten Quebec-Klassifikation angenommen werden. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe maximal bis 8. November 2001 bestanden. Die MdE werde vom 9. November 2001 bis 10. April 2002 mit 20 v.H., danach bis 9. Oktober 2002 mit 10 v.H. und anschließend mit 0 v.H. eingeschätzt. Er verstehe das Unfallereignis als Gelegenheitsursache für das Offensichtlichwerden des psychodynamischen unbewussten Konflikts im Bereich Versorgung/Autarkie bzw. der belastenden Faktoren in der Biografie. Weiter erhob das SG das nervenärztliche Gutachten des Prof. Dr. Tä. vom 11. Juni 2007 (ambulante Untersuchung am 4. Juni 2007). Auf psychiatrischem Gebiet liege eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen (ICD-Diagnose F 45.0) vor, die durch den Unfall vom 11. Oktober 2001 verursacht sei. Das Eintreten der Somatisierungsstörung sei direkte Folge des Unfallereignisses mit der schmerzhaften Distorsion der Halswirbelsäule im Zusammenspiel mit den äußeren Umständen und auch der dadurch eintretenden wirtschaftlichen Veränderung. Ein solches Ereignis sei allgemein geeignet, eine solche Gesundheitsstörung hervorzurufen. Das Auftreten solcher Störungen werde zusätzlich durch bestimmte Persönlichkeitsstrukturen gefördert, wobei sich in der Zeit vor dem Unfall keine Hinweise auf eine prädisponierende Persönlichkeitsstruktur eruieren ließen. Er könne nicht mit Sicherheit klären, ob eine einzelne der Ursachen von überragender Bedeutung für die Entstehung der Somatisierungsstörung sei. Die MdE durch die Somatisierungsstörung werde aktuell auf 10 v.H. eingeschätzt. Eine Einschätzung rückblickend bis zum Unfallzeitpunkt könne nicht gemacht werden, da die Kenntnisse über den psychischen Zustand der Klägerin in diesem Zeitraum zu ungenau seien.
Zu dem Gutachten des Prof. Dr. Tä. legte die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme nach Aktenlage des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. Ra. vom 13. August 2007 vor. Insbesondere unter Berücksichtigung, dass schon kurz nach dem Unfallereignis im Dezember 2001 durch Dr. Dr. Z. eine nervenärztliche Untersuchung erfolgt sei, in der dieser weder einen psychopathologisch auffälligen Befund beschrieben noch von neurologischer Seite eine behandlungsbedürftige Symptomatik festgehalten habe, sowie dass seitens der Psychosomatischen Abteilung der Universitätsklinik "Freiburg" (gemeint T.) eine eindeutige psychoneurotische Symptomatik beschrieben worden sei, könne ein Kausalzusammenhang der vorliegenden Beschwerden mit dem schädigenden Ereignis ausgeschlossen werden. Bei einem psychoneurotischen Konflikt handle es sich um eine psychische Störung, die in der Persönlichkeitsstruktur eines Probanden gründe. Das Unfallereignis stelle lediglich eine Gelegenheitsursache für das Manifestwerden einer neurotischen Fehlhaltung dar. Die MdE von nervenärztlicher Seite betrage 0 v.H ...
In seiner auf Veranlassung des SG hierzu abgegebenen ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 15. Oktober 2007 führte Prof. Dr. Tä. aus, das Unfallereignis sei eine wesentliche Ursache für die seit dem Unfall bestehenden Beschwerden. Die Klägerin sei bis zum Unfall gesund gewesen, insbesondere seien bis dahin keine psychischen Erkrankungen aufgetreten. In der Literatur sei beschrieben, dass eine Distorsion der Halswirbelsäule zu psychogenen Unfallfolgen oder zu einem posttraumatischen Schmerzsyndrom, welches häufig erst nach einem beschwerdefreien Intervall auftrete, führen könne. Biografisch ergebe sich eine spezielle Vulnerabilität durch den Unfall im Kindesalter, als die Klägerin sich ohne Betäubung habe die Zunge nähen lassen müssen und dem Arzt hilflos ausgeliefert gewesen sei. Die MdE auf psychiatrischem Gebiet betrage 10 v.H ...
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 17. Januar 2008 ab. Es seien weder auf orthopädischem noch auf nervenärztlichem Gebiet dauerhafte Gesundheitsstörungen vorhanden, die auf den Unfall vom 11. Oktober 2001 zurückzuführen seien. Auf orthopädischem Gebiet folge das Gericht der Einschätzung des "Prof. Dr. Di." (gemeint Dr. D.) im Gutachten vom 5. März 2007. Auf nervenärztlichem Gebiet liege bei der Klägerin ein psychosomatischer Beschwerdekomplex vor, was sich zum einen aus dem Gutachten des "Prof. Dr. Di." (gemeint Dr. D.) und zum anderen aus dem Gutachten des Prof. Dr. Tä. vom 11. Juli 2007, der die Diagnose einer Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen gestellt habe, ergebe. Das Gericht könne Prof. Dr. Tä. nicht darin folgen, dass die Beschwerden wahrscheinlich durch das Unfallereignis vom 11. Oktober 2001 hervorgerufen worden seien. Zwar könnten grundsätzlich (entgegen der Auffassung des Dr. Ra. in seiner Stellungnahme vom 13. August 2007) psychosomatische Krankheitsbilder Folgen eines Arbeitsunfalls sein. Allerdings könne im konkreten Fall Prof. Dr. Tä. in der Rückführung der psychosomatischen Beeinträchtigungen der Klägerin auf das Unfallereignis vom 11. Oktober 2001 nicht gefolgt werden. Er lasse mit dem Verweis darauf, dass vor dem Unfall keine, nun aber nachweislich psychogene Störungen vorhanden seien, den Krankheitsverlauf nach dem Unfallereignis außer Betracht. Die Beschwerden seien im Nachgang zu dem Unfallereignis zunächst abgeklungen gewesen und dann nach beachtlicher Zwischenzeit erst wieder erneut eingetreten. Selbst wenn man den Unfall als konkreten Auslöser für die heutigen Gesundheitsstörungen betrachte, käme gleichwohl ein Rentenanspruch nicht in Betracht, weil sich eine Wahrscheinlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für den Kausalzusammenhang der Erstursachen mit den heutigen psychosomatischen Beschwerden nicht bejahen lasse. Vor dem Hintergrund des von Prof. Dr. Tä. erwähnten Traumatisierungserlebnisses der Klägerin im Zusammenhang mit einer ärztlichen Behandlung spreche einiges dafür, dass jedes andere Ereignis, welches die Klägerin mit dem Medizinbetrieb in Kontakt habe bringen müssen, ebenfalls zu einem entsprechenden psychosomatischen Befund geführt haben könnte.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten erster Instanz am 15. Februar 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. März 2008 Berufung eingelegt. Das SG habe den medizinischen Sachverhalt nicht abschließend geklärt. Spätestens seit der Untersuchung durch Prof. Dr. Tä. stehe fest, dass bei ihr eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen vorliege. Im unmittelbaren Anschluss an das Unfallereignis habe sie tagelang in ihrer Wohnung gesessen und sei unfähig gewesen, soziale Kontakte aufzunehmen. Dies erkläre, dass sie damals keinen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aufgesucht habe, so dass eine entsprechende ärztliche Dokumentation des psychischen Primärschadens nicht habe erfolgen können. Sie leide auch unter einer generellen Ärztephobie. Ihre familiären Probleme mit ihrem (früheren) Ehemann hätten nicht zeitgleich mit dem Unfall begonnen und sich über viele Jahre hinweg gezogen. erst im Jahre 2006 sei es zum Bruch zwischen ihr und ihrem (früheren) Ehemann gekommen. Nicht nur unmittelbar nach dem Unfall sondern Monate und Jahre danach sei sie in hohem Maße pflegebedürftig gewesen und von ihrem (früheren) Ehemann gepflegt worden. Die Klägerin hat die ärztliche Bescheinigung des Dr. Sa. vom 17. Juli 2008 vorgelegt, wonach sie weiterhin an der somatoformen Schmerzstörung und an immer wieder auftretenden depressiven Verstimmungen leide sowie ihre Belastbarkeit deutlich eingeschränkt sei. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14. Juli 2008 hat sie die Verurteilung der Beklagten begehrt, eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen als Unfallfolge anzuerkennen und ihr ab 11. Juni 2007 eine Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu zahlen. Mit weiterem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24. Juli 2008 hat sie begehrt, die Rente ab 20. Juni 2006 zu zahlen und insoweit auf den Bericht des Prof. Dr. Z. vom 15. November 2006 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Januar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen als Unfallfolge anzuerkennen und ihr ab 11. Juni 2007 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Entlassungsbericht der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. Se. vom "4. Dezember 2007" über die auf weiteren Antrag der Klägerin vom 2. Mai 2007 von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See bewilligten stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Bescheid vom 6. Juli 2007) vom 9. Oktober bis 4. Dezember 2007 stationär und anschließend bis 3. Januar 2008 teilstationär durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme beigezogen. Dr. Se. hat folgende Diagnosen gestellt: depressive Anpassungsstörung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Eisenmangelanämie, Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule und Laktoseintoleranz. Des Weiteren hat der Senat bei der AOK Baden-Württemberg die Auskunft vom 12. November 2008 über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit während der dortigen Mitgliedschaft vom 1. September 1989 bis 31. Dezember 1997 eingeholt sowie die Rehabilitationsakten der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See beigezogen. Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr. Dr. Wi. das neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 7. Juli 2009 erstattet. Auf psychiatrischem Gebiet bestehe eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen auf dem Boden traumatischer Kindheits- und Jugenderlebnisse. Es spreche wesentlich mehr gegen als für die Annahme, dass die jetzt erkennbare Symptomatik in quantitativ und/oder qualitativ wesentlichem Umfang auf das Unfallereignis des Jahres 2001 zurückzuführen wäre. Weit überwiegend im Vordergrund stünden alltägliche Lebensereignisse, die auf dem Boden einer bereits sehr ausgeprägten und leicht ansprechbaren Schadensanlage zur Entwicklung der genannten Gesundheitsstörungen geführt hätten. Weder die Frage des initialen psychischen Primärschadens noch die der weit reichenden konkurrierenden Faktoren seien im Gutachten des Prof. Dr. Tä. ausreichend berücksichtigt worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch, dass die Beklagte eine Somatisierungsstörung mit ängstlich-depressiven Zügen als Folge des Arbeitsunfalls vom 11. Oktober 2001 anerkennt und ihr ab 11. Juni 2007 eine Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zahlt.
1. Angesichts der Begründungen des angefochtenen Bescheids vom 25. Oktober 2004 und des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2005 geht der Senat davon aus, dass die Beklagte trotz des allgemeinen gefassten Verfügungssatzes des angefochtenen Bescheids vom 25. Oktober 2004 ("die Gewährung einer Entschädigung wegen des Arbeitsunfalls vom 11.10.2001 wird abgelehnt") mit diesem Bescheid ausschließlich darüber entschieden hat, ob Unfallfolgen vorliegen sowie die Klägerin Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat und damit Streitgegenstand lediglich die Frage ist, ob die Klägerin Anspruch auf Feststellung von Unfallfolgen sowie auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.
2. Nach § 56 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeiten sind nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Das Unfallereignis am 11. Oktober 2001 war ein Wegeunfall. Denn die Klägerin war auf dem Weg von ihrer Arbeitsstelle nach Hause, was zwischen den Beteiligten nicht umstritten und auch mit dem Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2002 bestandskräftig festgestellt ist.
Bei dem Wegeunfall erlitt die Klägerin eine Distorsion der Halswirbelsäule. Eine knöcherne Verletzung der Halswirbelsäule trat nicht ein. Dies ergibt sich aus dem Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. W. vom 30. Oktober 2001. Folgen der erlittenen Distorsion der Halswirbelsäule sind nicht verblieben.
Bei der Klägerin besteht jetzt eine Somatisierungsstörung mit ängstlich depressiven Zügen. Dies ergibt sich aus den Gutachten des Prof. Dr. Tä. und des Prof. Dr. Dr. Wi ... Auch Prof. Dr. Z. (sachverständige Zeugenauskunft vom 2. Februar 2007 und Bericht vom 15. November 2006), Dr. St. (sachverständige Zeugenauskunft vom 7. Februar 2007) und Dr. Se. (Entlassungsbericht vom "4. Dezember 2007") diagnostizierten eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit depressiver Symptomatik bzw. depressiver Anpassungsstörung. Schließlich beschrieb Dr. Ke. im Entlassungsbericht vom 25. Juli 2003 (S. 4) neben Zeichen einer Anpassungsstörung auch Zeichen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie einer rezidivierenden depressiven Störung. Die Somatisierungsstörung mit ängstlich depressiven Zügen ist nicht Folge des Wegeunfalls vom 11. Oktober 2001.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der eingetretenen bzw. bestehenden Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität). Für die Beurteilung der haftungsausfüllenden Kausalität gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, die Theorie der wesentlichen Bedingung. Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung sind Ursachen im Rechtssinne danach diejenigen Bedingungen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff "wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Ist allerdings eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur sie "wesentlich" und damit Ursache im Rechtssinn. Ist die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Für psychische Krankheiten gelten insoweit keine Besonderheiten (zum Ganzen: BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 40/05 R -, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Der Senat folgt der Beurteilung des Prof. Dr. Dr. Wi. im Gutachten vom 7. Juli 2009. Er geht unter Auswertung der in den Akten vorhandenen ärztlichen Berichten zutreffend davon aus, dass ein initialer psychischer Primärschaden nicht vorlag. Aus den Berichten der behandelnden Ärzte ergibt sich, dass ein beschwerdefreies Intervall nach Abschluss der Behandlung der Unfallfolgen Ende Februar 2002 vorlag und die Klägerin ihre vor dem Unfall ausgeübte (Teilzeit-)Tätigkeit als Sachbearbeiterin in der Versandabteilung eines Salzbergwerkunternehmens wieder aufgenommen hatte. Für psychische Erkrankungen, insbesondere für eine akute posttraumatische Belastungsreaktion, gab es vom Unfalltag bis zu diesem Zeitpunkt (Wiederaufnahme der Arbeit) und auch danach bis Dezember 2005 in ärztlichen Berichten keinen Anhalt. In keinem ärztlichen Bericht ist entsprechendes dokumentiert, insbesondere nicht in dem Arztbrief des Dr. Dr. Z. vom 19. Dezember 2001, der als erster Neurologe und Psychiater die Klägerin nach dem Unfall untersuchte. Entsprechende Beschwerden machte die Klägerin gegenüber Dr. Dr. Z. nicht geltend, ebenso wenig im Rahmen der Vorstellungen in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. im Januar und Februar 2002. Zwar nennt Dr. Ke. im Entlassungsbericht vom 25. Juli 2003 über die stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 17. Juni bis 22. Juli 2003 Zeichen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Im Vordergrund dieser Rehabilitationsmaßnahme stand damals allerdings die Stimmstörung. Auch bei den von der Beklagten erhobenen Gutachten des Dr. F. vom 24. August 2004 und des Prof. Dr. Ho. vom 11. September 2004 wurden Beschwerden, die auf eine Somatisierungsstörung hindeuten könnten, ebenfalls nicht vorgetragen und demgemäß insbesondere im neurologisch-psychiatrischen Gutachten des Dr. F. vom 24. August 2004 auch nicht diagnostiziert. Eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostizierte erstmals Dr. Sa., nachdem die Klägerin sich bei ihm ab 19. Dezember 2005 in Behandlung begeben hatte. Weiter bestehen als konkurrierende Faktoren über Jahre bis zur Trennung im Jahr 2006 andauernde Probleme mit dem Ehemann, die geeignet sind, das Beschwerdebild aufrecht zu erhalten. Auch aus dem Entlassungsbericht der Dr. Se. vom "4. Dezember 2007" ergibt sich, dass nach 2001 u.a. ein Partnerschaftskonflikt auftrat und bei der Klägerin auch andere Ursachen (wie die Bewältigung der Trennung vom Ehemann) als der Wegeunfall vorhanden sind, die die Somatisierungsstörung mit depressiven Zügen ausgelöst haben können. Zudem ist diese Somatisierungsstörung erst mehrere Jahre nach dem Unfallereignis eingetreten. Unter Berücksichtigung dessen vermag der Senat nicht festzustellen, dass der Arbeitsunfall vom 11. Oktober 2001 wesentliche Bedingung für die seit Ende 2005 bestehende Somatisierungsstörung ist.
Die Einwände der Klägerin gegen das Gutachten des Prof. Dr. Dr. Wi. greifen nicht durch. Die Erklärung der Klägerin für die fehlende ärztliche Dokumentation einer primären akuten posttraumatischen Belastungsreaktionen, sie habe im unmittelbaren Anschluss an das Unfallereignis tagelang in ihrer Wohnung gesessen und sei unfähig gewesen, soziale Kontakte aufzunehmen und dementsprechend auch keinen Arzt für Neurologie und Psychiatrie aufgesucht, kann jedenfalls für die Zeit ab der Wiederaufnahme der Arbeit am 26. November 2001, zunächst im Rahmen einer Wiedereingliederung mit einer reduzierten täglichen Arbeitszeit, nicht überzeugen und vermag die Beurteilung von Prof. Dr. Dr. Wi. nicht zu erschüttern. Allein schon um an die Arbeitsstelle zu gelangen, musste die Klägerin ihre Wohnung verlassen. Des Weiteren ist diese Behauptung schon dadurch widerlegt, dass die Klägerin in der Zeit vom 12. Oktober 2001 bis zum 3. März 2002 achtmal Dr. St. wegen des erlittenen Schleudertrauma der Halswirbelsäule und am 19. Dezember 2001 Dr. Dr. Z. aufsuchte sowie sich im Januar und Februar 2002 mehrmals wegen anhaltender Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule zu Nachuntersuchungen in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vorstellte. Im Rahmen der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung erfolgte zudem in der Zeit vom 22. November 2001 bis 13. März 2002 physikalische Therapie (Krankengymnastik, Manuelle Therapie, Wärmebehandlung). Sowohl die Strecke zur Arbeitsstelle als auch die Strecke zu den Behandlungen der physikalischen Therapie legte die Klägerin mit dem Pkw zurück, was sich daraus ergibt, dass sie gegenüber der Beklagten die Erstattung von Fahrkosten hierfür geltend gemacht hatte (u.a. Schreiben vom 30. April 2002). Nach den Angaben der Klägerin gegenüber der Beklagten betrug die Strecke zur Arbeitsstelle täglich insgesamt 82 km (siehe Bl. 104 der Verwaltungsakte der Beklagten) und die Strecke zu den Behandlungen der physikalischen Therapie bis zu 30 km (Bl. 86/90 der Verwaltungsakte der Beklagten). Schließlich begab sich die Klägerin bis zur erstmaligen Diagnose der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung durch Dr. Sa. im Dezember 2005 regelmäßig in ärztliche Behandlung. Die weitere Behauptung der Klägerin, sie sei (auch) nach dem Unfall Monate und Jahre in hohem Maße pflegebedürftig gewesen, ist für die Zeit unmittelbar nach dem Unfallereignis unschlüssig. Auch dies lässt sich schon nicht damit vereinbaren, dass die Klägerin ab 26. November 2001 wieder ihre Beschäftigung aufgenommen hatte. Ferner widerspricht der Vortrag, sie sei wegen der angeblichen Pflegebedürftigkeit ausschließlich von ihrem Ehemann gepflegt worden, ihren Angaben anlässlich der stationären Behandlung vom 20. Juni bis 29. August 2006. Dort hatte sie angegeben, ihr Ehemann sei zum Zeitpunkt des Unfalls psychosomatisch erkrankt gewesen und habe sie wenig unterstützen können (S. 3 des Berichts des Prof. Dr. Z. vom 15. November 2006). Auch gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. Wi. berichtete die Klägerin von einer Erkrankung ihres damaligen Ehemanns, ohne hierzu nähere Angaben zu machen, wegen der dieser zwei Wochen nach dem Unfallereignis eine Rehabilitationsmaßnahme angetreten habe sowie weiter, dass sie in der Folgezeit gar keine Zeit zum Kranksein gehabt habe, da sie für ihren damaligen Ehemann habe da sein müssen. Schließlich geht auch der Einwand, Prof. Dr. Dr. Wi. gehe von der falschen Prämisse aus, die familiären Probleme mit dem Ehemann hätten etwa zeitgleich mit dem Unfall begonnen und sich über viele Jahre hinweg gezogen, fehle. Prof. Dr. Dr. Wi. ging in seinen Sachverständigengutachten entsprechend den Angaben der Klägerin (S. 20 des Gutachtens) davon aus, dass die Trennung im Herbst 2006 erfolgte, zuvor ab dem Jahr 2001 jedoch verschiedene andere Probleme wie Krankheit des Ehemanns und finanzielle Schwierigkeiten wegen des Aufbaus einer selbstständigen Tätigkeit bestanden (S. 36 und 43 des Gutachtens).
Die Beurteilung des Zusammenhangs durch Prof. Dr. Tä. vermag auch den Senat nicht zu überzeugen. Er hat - wie Prof. Dr. Dr. Wi. - u.a. dargelegt, das Auftreten einer Somatisierungsstörung werde zusätzlich durch bestimmte Persönlichkeitsstrukturen gefördert. Eine Abwägung dieser unfallunabhängigen Ursachen einerseits und dem Unfallereignis andererseits erfolgte durch Dr. Tä. jedoch nicht. Nur der Hinweis, dass vorbestehende psychische Auffälligkeiten nicht erkennbar seien, reicht nicht, das Unfallereignis als wesentliche Bedingung anzusehen. Zutreffend hat das SG auch dargelegt, dass Prof. Dr. Tä. sich mit dem - zuvor dargestellten - zeitlichen Ablauf der Beschwerden der Klägerin nach dem Unfallereignis nicht auseinandergesetzt hat. Selbst wenn die Klägerin sich bei der Erstversorgung am Unfalltag nicht ernst genommen gefühlt haben sollte, setzt er sich nicht damit auseinander, dass ein beschwerdefreies Intervall vorhanden war und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung erstmals Dr. Sa. diagnostizierte, nachdem die Klägerin sich bei ihm ab 19. Dezember 2005 in Behandlung begeben hatte. Schließlich standen Prof. Dr. Tä. für die Erstellung seines Gutachtens nicht die Behandlungsberichte zur Verfügung, die Prof. Dr. Dr. Wi. der Beurteilung in seinem Gutachten zugrundelegen konnte, weil einige Behandlungsberichte erst im Berufungsverfahren zu den Akten gelangten.
Auf orthopädischem Gebiet bestehen ab 11. Juni 2007 keine objektivierbaren Gesundheitsstörungen. Der Senat stützt sich insoweit auf das orthopädische Gutachten des Dr. D. vom 5. März 2007. Insoweit macht die Klägerin auch keine Unfallfolgen geltend. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils unter 2.a).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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