Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 3834/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 4938/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.09.2009 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Streit.
Der 1966 geborene Beschwerdeführer (Bf.), der syrischer Staatsangehöriger ist, beantragte nach unanfechtbarer Feststellung eines Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz am 23.01.2007 bei der Beschwerdegegnerin (Bg.) Leistungen nach dem SGB II. Zuvor hatte er als Asylbewerber Leistungen des Landratsamtes nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz erhalten. Bei seiner Antragstellung gab er als Wohnadresse "c/o K., O." in M. an. Der Bf. erhielt zunächst antragsgemäß Leistungen der Bg. nach dem SGB II.
Der Bg. fiel in der Folgezeit auf, dass sich der Bf. telefonisch öfters aus dem Elsass meldete und in Begleitung einer Person mit französischen Akzent vorstellig wurde. Da die dem Bf. mehrfach zur Verfügung gestellten Lebensmittelgutscheine zudem im Raum R. und Umgebung (Grenzgebiet zu Frankreich) und nicht in der angegebenen Wohngemeinde M. eingelöst wurden, veranlasste die Bg. eine Überprüfung des tatsächlichen Aufenthalts durch ihren Ermittlungsdienst. Bei Besuchen der Mitarbeiter der Bg. zu unterschiedlichen Tageszeiten am 13.05.2009, 14.05.2009, 18.05.2009 und 19.05.2009 wurde niemand an der angegebenen Wohnanschrift angetroffen. Auf eine am 18.05.2009 im Briefkasten hinterlassene Bitte um Rückruf reagierte der Bf. erst am 20.05.2009. Bei dem für den gleichen Tag vereinbarten Hausbesuch gab der Bf. an, er besitze neben der Kleidung in seinem Reisekoffer und einer kleineren Reisetasche nur einige Winterpullis (in einer Kommode im Wohnzimmer) sowie einige Herren-Hemden (in einem Schrank von Frau K.). Einen eigenen Kleiderschrank oder eine Kommode habe er in der Wohnung nicht. Auf weitere Kleidungsstücke angesprochen, erklärte der Bf., nur im Besitz von zwei bis drei Unterhosen zu sein, und im Übrigen keinen Kontakt zu anderen Hausbewohnern zu haben. Als festgestellt wurde, dass sich keine Lebensmittel oder Vorräte des Bf. in der Wohnung befanden, erklärte dieser, vom Wasserhahn zu leben und für Lebensmittel sowie so kein Geld zu haben. Zu den im Raum R. gelösten Lebensmittelgutscheinen machte er keine Angaben, räumte jedoch ein, eine Freundin in L./Elsass zu haben, bei welcher er sich auch von Freitag bis Sonntag aufhalte. Frau K. lebe dauerhaft nicht mehr in dieser Wohnung. Auch bei einer Vorsprache am 27.05.2009 wurde der Ast. wieder mit seiner Begleiterin mit französischem Akzent vorstellig, deren Fahrzeug ein französisches Kennzeichen (geparkt auf dem Parkplatz) hatte.
Mit Bescheid vom 08.06.2009 lehnte die Bg. die Bewilligung von Leistungen mit der Begründung ab, der Bf. halte sich nicht innerhalb des in der Erreichbarkeitsanordnung genannten Bereiches auf und sei somit nicht in angemessener Zeit erreichbar.
Im Widerspruchsverfahren gab der Bf. an, er wohne in M. und übernachte nur 2 bis 3 Mal im Monat bei seiner Freundin. In Frankreich könne er sich nicht melden, da er dort nicht arbeiten dürfe. Eine Mitarbeiterin des Ausländeramtes erklärte gegenüber der Bg., dass der Bf. dort auch schon aus Frankreich angerufen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2009 wies die Bg. den Widerspruch mit Verweis auf § 7 Abs. 4 a SGB II als unbegründet zurück, weil davon auszugehen sei, dass der Bf. sich dauerhaft in Frankreich aufhalte.
Der Bf. hat am 02.09.2009 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und gleichzeitig die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Er halte sich seit mindestens sechs Jahren dauernd in der von Frau K. zur Verfügung gestellten Wohnung in M. auf und melde sich regelmäßig bei der Bg ... Sofern er nicht zu Hause angetroffen worden sei, habe er gerade nach Arbeit gesucht.
Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 14.09.2009 als unbegründet abgelehnt. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II würden Leistungen nach dem SGB II nur Personen gewährt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Der gewöhnliche Aufenthalt werde nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) dort begründet, wo sich jemand unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesen Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Maßgebend sei der in die Tat umgesetzte Wille, einen bestimmten Ort bis auf Weiteres zu seinem Lebensmittelpunkt zu machen. Der Bf. habe nicht glaubhaft gemacht, seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der von ihm angegebenen Adresse in M. "c/o K." zu haben. Nach den von der Bg. festgestellten Umständen bestünden auch unter Berücksichtigung des bisherigen Vorbringens des Bf. keine ernsthaften Zweifel daran, dass dieser seinen Lebensmittelpunkt in Frankreich habe. Gerade wenn die Inhaberin der Wohnung Frau K. die Wohnung angeblich seit mehreren Jahren nicht mehr nutze, sei es nicht plausibel, dass der Bf. keinen Schrank und keine Kommode für seine persönlichen Sachen zur Verfügung gehabt habe und aus seinem Koffer und seiner Reisetasche lebe. Das gänzliche Fehlen von Lebensmitteln und Lebensmittelvorräten belege, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt in der Wohnung nicht bestehe, ebenso wie das Nichtantreffen des Klägers an den vier Ortsterminen der Mitarbeiter der Bg. an der angegebenen Wohnung. Der Bf. habe auch eingeräumt, eine Freundin in Frankreich zu haben, bei der er sich öfter aufhalte. Es sei auch bekannt, dass diese Freundin den Bf. regelmäßig zu Terminen bei der Bg. in Deutschland begleite, was darauf hinweise, dass die Anreise aus Frankreich erfolge. Ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland sei damit nicht ausreichend glaubhaft gemacht.
Am 05.10.2009 hat der Bf. beim SG Beschwerde eingelegt. Ihm werde durch die Verweigerung von Leistungen für den täglichen Bedarf die Möglichkeit verwehrt, sein eigenes Leben zu führen. Er habe derzeit weder Lebensmittel zum Lebensunterhalt noch eine Krankenversicherung. Er halte sich in L./Elsass an der Grenze bei seinen Freunden lediglich aus Not auf, weil er kein Geld habe.
Der Bf. beantragt,
den Beschwerdegegner unter Aufhebung des Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.09.2009 zu verpflichten, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu zahlen und ihn in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern.
Die Bg. hat keinen Antrag gestellt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
II.
Die nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, 2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, 3. in den Fällen des § 86 a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Soweit ein Fall des Abs. 1 der Vorschrift nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift sieht vor, dass einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Vorliegend kommt nur der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht. Eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt einen Anordnungsanspruch (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) und einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Der Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn bei der im Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ein Erfolg in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist, wobei auch wegen der mit der einstweiligen Regelung verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache ein strenger Maßstab anzulegen ist (Bundesverwaltungsgericht, Buchholz 310 § 123 Nr. 15). Denn grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG -), ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 , 74 m.w.N.).
Leistungen nach dem SGB II werden nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II nur an Personen gewährt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person besteht dort, wo jemand sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt, § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I.
Nach den überzeugenden Ausführungen des SG, auf welche zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, liegen zahlreiche Hinweis dafür vor, dass der Ast. sich nicht regelmäßig in der Wohnung in M. aufhält, sondern in Frankreich bzw. im Grenzgebiet zu Frankreich. Insbesondere die mehrfache Nichterreichbarkeit des Bf. durch den Außendienst der Bg. in der angegebenen Wohnung bei den Ortsterminen im Mai 2009 (Blatt 403 ff. der Verwaltungsakte) und die fehlende Einrichtung der Wohnung durch den Bf. (Fehlen von Kleidung mit Ausnahme dessen, was in eine Reisetasche passt; völliges Fehlen von Nahrungsmitteln) sprechen dafür, dass der Bf. die angegebene Wohnung in M. nur gelegentlich aufgesucht hat und dort nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies legen insbesondere auch die bereits zuvor beobachteten Anrufe aus Frankreich, die Einlösung von Lebensmittelgutscheinen im Grenzgebiet zu Frankreich und nicht zuletzt die zahlreichen Meldeversäumnisse des Bf. nahe.
Zusätzlich zu den Feststellungen des SG ist auch noch darauf hinzuweisen, dass der Bf. bei einer Wohnungsbesichtigung durch Mitarbeiter der Bg. am 02.10.2007 noch ein eigenes Zimmer und einen eigenen Kleiderschrank nachweisen konnte (Bl. 77 der Verwaltungsakte), was ihm bei der letzten Wohnungsbesichtigung durch die Mitarbeiter der Bg. nicht mehr gelang. Der Bf. hatte zudem selbst am 16.04.2008 mitgeteilt, ins Ausland verreisen zu wollen (Bl. 134 der Verwaltungsakte).
Der Bf. hat den ständigen Aufenthalt in Frankreich inzwischen auch eingeräumt, wenngleich er dies mit wegen der Weigerung der Bg. fehlenden Mitteln begründet. Nach den zahlreichen Hinweisen, welche das SG zutreffend aufgeführt hat, ist jedoch davon auszugehen, dass bereits zu Beginn des vorliegend streitgegenständlichen Zeitraums ein gewöhnlicher Aufenthalt in Frankreich vorgelegen hat.
Damit sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Streit.
Der 1966 geborene Beschwerdeführer (Bf.), der syrischer Staatsangehöriger ist, beantragte nach unanfechtbarer Feststellung eines Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz am 23.01.2007 bei der Beschwerdegegnerin (Bg.) Leistungen nach dem SGB II. Zuvor hatte er als Asylbewerber Leistungen des Landratsamtes nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz erhalten. Bei seiner Antragstellung gab er als Wohnadresse "c/o K., O." in M. an. Der Bf. erhielt zunächst antragsgemäß Leistungen der Bg. nach dem SGB II.
Der Bg. fiel in der Folgezeit auf, dass sich der Bf. telefonisch öfters aus dem Elsass meldete und in Begleitung einer Person mit französischen Akzent vorstellig wurde. Da die dem Bf. mehrfach zur Verfügung gestellten Lebensmittelgutscheine zudem im Raum R. und Umgebung (Grenzgebiet zu Frankreich) und nicht in der angegebenen Wohngemeinde M. eingelöst wurden, veranlasste die Bg. eine Überprüfung des tatsächlichen Aufenthalts durch ihren Ermittlungsdienst. Bei Besuchen der Mitarbeiter der Bg. zu unterschiedlichen Tageszeiten am 13.05.2009, 14.05.2009, 18.05.2009 und 19.05.2009 wurde niemand an der angegebenen Wohnanschrift angetroffen. Auf eine am 18.05.2009 im Briefkasten hinterlassene Bitte um Rückruf reagierte der Bf. erst am 20.05.2009. Bei dem für den gleichen Tag vereinbarten Hausbesuch gab der Bf. an, er besitze neben der Kleidung in seinem Reisekoffer und einer kleineren Reisetasche nur einige Winterpullis (in einer Kommode im Wohnzimmer) sowie einige Herren-Hemden (in einem Schrank von Frau K.). Einen eigenen Kleiderschrank oder eine Kommode habe er in der Wohnung nicht. Auf weitere Kleidungsstücke angesprochen, erklärte der Bf., nur im Besitz von zwei bis drei Unterhosen zu sein, und im Übrigen keinen Kontakt zu anderen Hausbewohnern zu haben. Als festgestellt wurde, dass sich keine Lebensmittel oder Vorräte des Bf. in der Wohnung befanden, erklärte dieser, vom Wasserhahn zu leben und für Lebensmittel sowie so kein Geld zu haben. Zu den im Raum R. gelösten Lebensmittelgutscheinen machte er keine Angaben, räumte jedoch ein, eine Freundin in L./Elsass zu haben, bei welcher er sich auch von Freitag bis Sonntag aufhalte. Frau K. lebe dauerhaft nicht mehr in dieser Wohnung. Auch bei einer Vorsprache am 27.05.2009 wurde der Ast. wieder mit seiner Begleiterin mit französischem Akzent vorstellig, deren Fahrzeug ein französisches Kennzeichen (geparkt auf dem Parkplatz) hatte.
Mit Bescheid vom 08.06.2009 lehnte die Bg. die Bewilligung von Leistungen mit der Begründung ab, der Bf. halte sich nicht innerhalb des in der Erreichbarkeitsanordnung genannten Bereiches auf und sei somit nicht in angemessener Zeit erreichbar.
Im Widerspruchsverfahren gab der Bf. an, er wohne in M. und übernachte nur 2 bis 3 Mal im Monat bei seiner Freundin. In Frankreich könne er sich nicht melden, da er dort nicht arbeiten dürfe. Eine Mitarbeiterin des Ausländeramtes erklärte gegenüber der Bg., dass der Bf. dort auch schon aus Frankreich angerufen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2009 wies die Bg. den Widerspruch mit Verweis auf § 7 Abs. 4 a SGB II als unbegründet zurück, weil davon auszugehen sei, dass der Bf. sich dauerhaft in Frankreich aufhalte.
Der Bf. hat am 02.09.2009 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und gleichzeitig die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Er halte sich seit mindestens sechs Jahren dauernd in der von Frau K. zur Verfügung gestellten Wohnung in M. auf und melde sich regelmäßig bei der Bg ... Sofern er nicht zu Hause angetroffen worden sei, habe er gerade nach Arbeit gesucht.
Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 14.09.2009 als unbegründet abgelehnt. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II würden Leistungen nach dem SGB II nur Personen gewährt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Der gewöhnliche Aufenthalt werde nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) dort begründet, wo sich jemand unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesen Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Maßgebend sei der in die Tat umgesetzte Wille, einen bestimmten Ort bis auf Weiteres zu seinem Lebensmittelpunkt zu machen. Der Bf. habe nicht glaubhaft gemacht, seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der von ihm angegebenen Adresse in M. "c/o K." zu haben. Nach den von der Bg. festgestellten Umständen bestünden auch unter Berücksichtigung des bisherigen Vorbringens des Bf. keine ernsthaften Zweifel daran, dass dieser seinen Lebensmittelpunkt in Frankreich habe. Gerade wenn die Inhaberin der Wohnung Frau K. die Wohnung angeblich seit mehreren Jahren nicht mehr nutze, sei es nicht plausibel, dass der Bf. keinen Schrank und keine Kommode für seine persönlichen Sachen zur Verfügung gehabt habe und aus seinem Koffer und seiner Reisetasche lebe. Das gänzliche Fehlen von Lebensmitteln und Lebensmittelvorräten belege, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt in der Wohnung nicht bestehe, ebenso wie das Nichtantreffen des Klägers an den vier Ortsterminen der Mitarbeiter der Bg. an der angegebenen Wohnung. Der Bf. habe auch eingeräumt, eine Freundin in Frankreich zu haben, bei der er sich öfter aufhalte. Es sei auch bekannt, dass diese Freundin den Bf. regelmäßig zu Terminen bei der Bg. in Deutschland begleite, was darauf hinweise, dass die Anreise aus Frankreich erfolge. Ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland sei damit nicht ausreichend glaubhaft gemacht.
Am 05.10.2009 hat der Bf. beim SG Beschwerde eingelegt. Ihm werde durch die Verweigerung von Leistungen für den täglichen Bedarf die Möglichkeit verwehrt, sein eigenes Leben zu führen. Er habe derzeit weder Lebensmittel zum Lebensunterhalt noch eine Krankenversicherung. Er halte sich in L./Elsass an der Grenze bei seinen Freunden lediglich aus Not auf, weil er kein Geld habe.
Der Bf. beantragt,
den Beschwerdegegner unter Aufhebung des Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.09.2009 zu verpflichten, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu zahlen und ihn in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern.
Die Bg. hat keinen Antrag gestellt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
II.
Die nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, 2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, 3. in den Fällen des § 86 a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Soweit ein Fall des Abs. 1 der Vorschrift nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift sieht vor, dass einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Vorliegend kommt nur der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht. Eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt einen Anordnungsanspruch (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) und einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Der Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn bei der im Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ein Erfolg in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist, wobei auch wegen der mit der einstweiligen Regelung verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache ein strenger Maßstab anzulegen ist (Bundesverwaltungsgericht, Buchholz 310 § 123 Nr. 15). Denn grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG -), ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 , 74 m.w.N.).
Leistungen nach dem SGB II werden nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II nur an Personen gewährt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person besteht dort, wo jemand sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt, § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I.
Nach den überzeugenden Ausführungen des SG, auf welche zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, liegen zahlreiche Hinweis dafür vor, dass der Ast. sich nicht regelmäßig in der Wohnung in M. aufhält, sondern in Frankreich bzw. im Grenzgebiet zu Frankreich. Insbesondere die mehrfache Nichterreichbarkeit des Bf. durch den Außendienst der Bg. in der angegebenen Wohnung bei den Ortsterminen im Mai 2009 (Blatt 403 ff. der Verwaltungsakte) und die fehlende Einrichtung der Wohnung durch den Bf. (Fehlen von Kleidung mit Ausnahme dessen, was in eine Reisetasche passt; völliges Fehlen von Nahrungsmitteln) sprechen dafür, dass der Bf. die angegebene Wohnung in M. nur gelegentlich aufgesucht hat und dort nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies legen insbesondere auch die bereits zuvor beobachteten Anrufe aus Frankreich, die Einlösung von Lebensmittelgutscheinen im Grenzgebiet zu Frankreich und nicht zuletzt die zahlreichen Meldeversäumnisse des Bf. nahe.
Zusätzlich zu den Feststellungen des SG ist auch noch darauf hinzuweisen, dass der Bf. bei einer Wohnungsbesichtigung durch Mitarbeiter der Bg. am 02.10.2007 noch ein eigenes Zimmer und einen eigenen Kleiderschrank nachweisen konnte (Bl. 77 der Verwaltungsakte), was ihm bei der letzten Wohnungsbesichtigung durch die Mitarbeiter der Bg. nicht mehr gelang. Der Bf. hatte zudem selbst am 16.04.2008 mitgeteilt, ins Ausland verreisen zu wollen (Bl. 134 der Verwaltungsakte).
Der Bf. hat den ständigen Aufenthalt in Frankreich inzwischen auch eingeräumt, wenngleich er dies mit wegen der Weigerung der Bg. fehlenden Mitteln begründet. Nach den zahlreichen Hinweisen, welche das SG zutreffend aufgeführt hat, ist jedoch davon auszugehen, dass bereits zu Beginn des vorliegend streitgegenständlichen Zeitraums ein gewöhnlicher Aufenthalt in Frankreich vorgelegen hat.
Damit sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved