L 6 U 3110/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 100/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3110/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.04.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der 1982 geborene Kläger begehrt Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Auf dem Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause am 22.10.2005 wurde das vom Kläger gelenkte Fahrzeug von einem entgegenkommenden Auto frontal gerammt.

Noch am Unfalltag diagnostizierte Prof. Dr. S., Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums am Gesundbrunnen H., eine Nackenmuskelzerrung, eine Brustwirbelsäulenzerrung sowie eine Knieprellung beidseits und äußerte den Verdacht auf eine Commotio cerebri (Durchgangsarztbericht vom 22.10.2005). Im Rahmen der stationären Behandlung im Klinikum am Gesundbrunnen H. vom 23.10.2005 bis zum 25.10.2005 wurde der Verdacht auf eine Commotio cerebri bestätigt. Der Kläger wurde mit Nackenbeschwerden und ansonsten beschwerdefrei entlassen (Zwischenbericht vom 28.10.2005). Die weitere ambulante Behandlung erfolgte beim (Unfall-)Chirurgen Dr. B. (Zwischenberichte vom 26.10.2005, 11.11.2005 und 28.11.2005). Dieser veranlasste eine magnetresonanztomographische Untersuchung der Halswirbelsäule durch den Radiologen Dr. W. (Arztbrief vom 18.11.2005) und eine Vorstellung beim Neurologen und Psychiater Dr. G., der einen Zustand nach einer Commotio cerebri und einer Halswirbelsäulendistorsion, einen vertebragenen muskulären Kopfschmerz sowie ein muskuläres Halswirbelsäulensyndrom diagnostizierte und ferner ausführte, der Kläger sei im Hinblick auf das Unfallereignis und der bestehenden Beschwerden erheblich besorgt (Befundbericht vom 30.11.2005). Auch in der Folgezeit stellte sich der Kläger bei Dr. B. vor (Zwischenberichte vom 12.01.2006 und 17.01.2006). Die Beklagte zog das Erkrankungsverzeichnis der A. - Die Gesundheitskasse - H. bei. Die Weiterbehandlung des Klägers erfolgte durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. St. und den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. I ... Dr. St. diagnostizierte einen Zustand nach Commotio cerebri sowie Halswirbelsäulendistorsion und führte aus, bei der neurologischen Untersuchung hätten sich keine eindeutigen Hinweise für eine radikuläre Läsion, aber eine diskrete Halbseitensymptomatik links gezeigt (Arztbrief vom 01.03.2006). Dr. I. führte aus, der Kläger klage über Abgeschlagenheit, eine posttraumatische Belastungsreaktion, Nervosität sowie ein Ziehen vom Nackenbereich ausgehend nach frontal (Befundbericht vom 24.03.2006). Sodann stellte sich der Kläger erneut im Klinikum am Gesundbrunnen H. vor. Prof. Dr. S. diagnostizierte persistierende Beschwerden nach einer Halswirbelsäulenzerrung und führte aus, der Kläger wirke psychisch alteriert und habe über Angstzustände geklagt (Zwischenbericht vom 23.03.2006). Sodann wurde eine magnetresonanztomographische Untersuchung des Neurocraniums nativ veranlasst. Prof. Dr. P., Klinik für Strahlendiagnostik und Nuklearmedizin im Klinikum am Gesundbrunnen H., führte aus, es habe eine unauffällige Darstellung des Neurocraniums vorgelegen (Arztbrief vom 22.03.2006). Ferner wurde der Kläger am 23.03.2006 und 10.04.2006 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. untersucht. Prof. Dr. W. diagnostizierte einen Zustand nach Commotio cerebri sowie persistierende Halswirbelsäulenbeschwerden, führte aus, auf unfallchirurgischem Fachgebiet lägen keine Unfallfolgen mehr vor, und äußerte den Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung. Der Kläger habe über dauerhafte Kopfschmerzen, belastungsabhängige Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule, Alpträume, Unausgeglichenheit, Aggressivität, Konzentrationsstörungen und eine Wesensveränderung berichtet (Zwischenberichte vom 07.04.2006 und 12.04.2006). Daraufhin wurde der Kläger am 20.04.2006 vom Neurologen und Psychiater Prof. Dr. St. untersucht. Dieser führte aus, seitens des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets bestehe keine Arbeitsunfähigkeit und habe auch nicht bestanden (Befundbericht vom 28.04.2006). Aufgrund dessen und der am 25.04.2006 erfolgten Untersuchung führte Prof. Dr. W. aus, vollschichtige Arbeitsfähigkeit von unfallchirurgischer Seite sei weiterhin gegeben. Vollschichtige Arbeitsfähigkeit sei somit zum 26.04.2006 gegeben (Befundbericht vom 27.04.2006).

Mit Bescheid vom 10.05.2006 anerkannte die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalls Prellungen des Schädels und beider Kniegelenke sowie Zerrungen der Nackenmuskulatur und der Brustwirbelsäule, welche ohne wesentliche Folgen zu hinterlassen, ausgeheilt seien. Wegen der Unfallfolgen sei über den 23.03.2006 hinaus kein Verletztengeld zu zahlen. Ferner bestehe auf Grund der Unfallfolgen kein Anspruch auf Rente.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und fügte zur Begründung die ärztliche Bescheinigung des Dr. I. vom 12.10.2006, wonach weiterhin posttraumatische Belastungsreaktionen, eine innerliche Unruhe, Schlafstörungen, rezidivierende Cervikocephalgien und Spannungskopfschmerzen vorlägen, bei. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 05.01.2007 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Unter anderem wurde ausgeführt, es sei rätselhaft, wie Prof. Dr. St. beurteilen könne, dass in neurologisch-psychiatrischer Hinsicht seit dem Unfallereignis zu keinem Zeitpunkt Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Denn Prof. Dr. St. habe den Kläger erstmals am 20.04.2006 und mithin sechs Monate nach dem Unfallereignis untersucht. Der Kläger legte den für die D.-Versicherungen K. erstellten Befundbericht des Prof. Dr. S. vom 04.10.2006 vor. Darin führte dieser aus, der Kläger sei wegen der Unfallfolgen vom 22.10.2005 bis zum 25.10.2005 zu 100 %, vom 26.10.2005 bis zum 08.01.2006 zu 60 %, vom 09.01.2006 bis zum 18.01.2006 zu 20 %, vom 19.01.2006 bis zum 22.01.2006 zu 40 %, vom 23.01.2006 bis zum 25.01.2006 zu 20 % und vom 26.01.2006 bis zum 25.04.2006 zu 40 % in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt gewesen" und seit 26.04.2006 arbeitsfähig. Die Beklagte trug vor, eine posttraumatische Belastungsstörung sei nicht gegeben. Die für eine solche Diagnose geforderten Symptome, wie insbesondere intrusive Nachhallerinnerungen und themenbezogene Alpträume, seien von Dr. I. nicht beschrieben worden. Außerdem habe sich der Kläger bei Dr. I. erstmals am 06.03.2006 und mithin 4½ Monate nach dem Unfallereignis in Behandlung begeben. Ferner habe Prof. Dr. St. keine psychische Gesundheitsstörung feststellen können. Auch bei der Untersuchung durch Dr. G. am 28.11.2005 seien noch keine neuropsychologischen Auffälligkeiten festzustellen gewesen. Ferner fehle für die Diagnose einer Commotio cerebri der Vollbeweis für eine initiale Bewusstlosigkeit oder Amnesie. Die Ausführungen des Prof. Dr. S. in seinem Bericht vom 04.10.2006, Arbeitsfähigkeit bestehe erst seit 26.04.2006, widerspreche seinen Darlegungen, dass in Übereinstimmung mit dem Untersuchungsbericht des Prof. Dr. W. vom 25.04.2006 "weiterhin" vollschichtige Arbeitsfähigkeit bestehe.

Mit Urteil vom 23.04.2008 wies das SG die Klage ab. Die Angaben des Dr. I. seien nicht überzeugend, da nicht erkennbar sei, auf welcher Basis dieser zu seiner Diagnose gelangt sei. Auch habe der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren keinen behandelnden Facharzt auf neurologischem oder psychiatrischem Fachgebiet angegeben, sodass davon auszugehen sei, dass er sich nicht in fachärztlicher Behandlung befunden habe oder befinde. Auch auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet sei die Einschätzung des Prof. Dr. S. und des Prof. Dr. W. plausibel.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 13.06.2008 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 19.06.2008 Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.04.2008 aufzuheben, den Bescheid vom 10.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 23.03.2006 hinaus Verletztengeld sowie anschließend Verletztenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Dr. St. vom 15.12.2008 eingeholt. Der Sachverständige ist zu der Beurteilung gelangt, auf psychiatrischem Gebiet sei eine posttraumatische Belastungsstörung festzustellen. Seit dem Unfallereignis leide der Kläger immer wieder unter Stimmungsschwankungen, Zukunftsängsten, Schlafstörungen, Grübelzwängen und hypochondrischen Befürchtungen als Folge der immer wieder auftretenden Schmerzen, Verspannungen und Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule. Psychopathologisch zeige sich eine ängstliche Verunsicherung, emotionale Labilität und innere Unruhe. Das Denken sei inhaltlich eingeengt. Beherrscht werde das Denken zeitweise von den angstbesetzten Erinnerungen an das Unfallereignis sowie Zukunftsängsten und anhaltenden Befürchtungen bezüglich der unfallbedingten Beschwerden auf somatischem Gebiet, der Angst, dass er nicht mehr gesund werde oder dass noch weitere Komplikationen als Folge der unfallbedingten Beschwerden auftreten könnten. Auf neurologischem Gebiet seien jetzt keine unfallbedingten Ausfälle festzustellen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 25.04.2006 bestanden. Hinsichtlich der Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) hat der Sachverständige ausgeführt, beim Kläger handle es sich um ein unvollständig ausgeprägtes Störungsbild. Die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sei nur zeitweise eingeschränkt. Situationsabhängig könne sich der Kläger auch ganz gut ablenken. Er sei am Arbeitsplatz voll rehabilitiert und nach eigenen Angaben überall einsetzbar. Es falle ihm zeitweise in der Freizeit schwer, sich zu Aktivitäten zu überwinden. Ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten oder größere sozialkommunikative Beeinträchtigungen lägen nicht vor. Trotz anhaltender Beschwerden habe sich der Kläger nicht um eine Behandlung auf psychiatrischem Fachgebiet bemüht, was auch dafür sprechen könne, dass der Leidensdruck nicht ausreichend groß gewesen sei. Es handle sich daher um eine leichter ausgeprägte posttraumatische Belastungsstörung, die mit einer MdE um 20 vom Hundert (v. H.) zu bewerten sei.

Hierzu hat die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. St. vom 04.02.2009 vorgelegt. Er hat ausgeführt, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung sei nicht nachzuvollziehen. Der aktuelle psychiatrische Befund sei bis auf den Umstand, dass der Kläger etwas angespannt gewirkt habe, unauffällig. Zwar sei das Unfallereignis geeignet gewesen, zu einer Gesundheitsgefährdung zu führen. Eine außerordentliche psychische Initialreaktion sei jedoch sicher nicht gegeben. Dies ergebe sich aus den Berichten der erstbehandelnden Ärzte. Auch aus den Nachschauberichten einschließlich der neurologischen und psychiatrischen Berichte sei zu ersehen, dass psychische Beschwerden anfangs gar nicht geltend gemacht worden seien. Auch ihm gegenüber habe der Kläger keinerlei Beschwerden, die einer posttraumatischen Belastungsstörung ähnelten, vorgetragen. Auch die weiteren Kriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung, wie anhaltendes und intensives Wiedererleben des Unfalls in sich aufdrängenden Bildern und Gedanken, seien während der Exploration nicht festgestellt worden. Ob wiederkehrende Träume von dem Ereignis vorlägen, sei nicht bekannt. In dem Gutachten werde leidglich mitgeteilt, dass der Kläger unter wiederkehrenden Alpträumen leide. Dies könne ein Hinweis auf das differenzialdiagnostisch zu erwägende Vorliegen einer Alptraumstörung sein, die weitaus häufiger sei, als eine posttraumatische Belastungsstörung. Vom Sachverständigen sei weder der Inhalt der Träume noch deren Häufigkeit exploriert worden. Ferner handle es sich bei den Alpträumen um ein relativ schwaches Kriterium für eine posttraumatische Belastungsstörung, da es der Befunderhebung kaum zugänglich sei. Auch ein Handeln oder Fühlen, als ob sich das Unfallereignis wiederholen würde, sei niemals geltend gemacht und auch nie beobachtet worden. Eine intensive psychische oder körperliche Belastung bei der Konfrontation mit Hinweisreizen sei weder geltend gemacht noch bei der Exploration beobachtet worden. Auch liege ein bewusstes Vermeiden von Gedanken, Gesprächen oder Aktivitäten, die mit dem Unfall in Verbindung stünden, nicht vor. Dass der Kläger Ängste vor einem erneuten Verkehrsunfall beklage, sei nicht krankhaft. Vielmehr handle es sich dabei um eine nachvollziehbare und vernünftige Erwägung, die auch nicht einer krankhaften Angststörung zuzurechnen sei. Das Gefühl der Entfremdung von anderen Menschen bestehe nicht. Eine eingeschränkte Bandbreite des Affekts bestehe laut Befundmitteilungen des Sachverständigen ebenso wenig. Das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft sei nicht exploriert worden. Schwierigkeiten, sich durchzusetzen, Wutausbrüche und Konzentrationsschwierigkeiten lägen ebenfalls nicht vor. Dasselbe gelte für das Vorliegen von vermehrter Wachsamkeit und übertriebener Schreckhaftigkeit. Außerdem habe sich der Sachverständige nicht dazu geäußert, ob Simulation oder Aggravation ausschließbar seien. Im Übrigen habe der Sachverständige nicht konkret dargelegt, welche Funktions- und Teilhabestörungen beim Kläger vorlägen und wie sich diese auf die Erwerbsfähigkeit unter Berücksichtigung des allgemeinen Arbeitsmarktes mindernd auswirkten.

Hierzu hat der Kläger die Stellungnahme des Dr. St. vom 19.10.2009 vorgelegt. Er hat unter anderem ausgeführt, eine posttraumatische Belastungsstörung sei nicht objektiv messbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Kläger hat wegen des Arbeitsunfalls vom 22.10.2005 keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztenrente sowie von Verletztengeld über den 23.03.2006 hinaus.

Rechtsgrundlage sind die §§ 7, 8, 45 und 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Ein Anspruch auf Verletztengeld setzt unter anderem voraus, dass der Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII).

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), das heißt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).

Aus diesen gesetzlichen Vorgaben hat die Rechtsprechung (zuletzt in BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R) die folgenden Grundsätze entwickelt:

Für die Feststellung eines Arbeitsunfalls ist erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem Unfallereignis als einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkendem Ereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Erforderlich ist für die Gewährung von Verletztengeld, dass die zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung durch den Gesundheitserstschaden bedingt ist, und für die Gewährung einer Verletztenrente, dass längerandauernde Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens entstanden sind (haftungsausfüllende Kausalität) und eine hierdurch bedingte MdE um mindestens 20 v. H. erreicht wird.

Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitserstschaden und die hierdurch verursachten länger andauernden Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Lässt sich ein Nachweis nicht führen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten.

Für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Der wissenschaftliche Erkenntnisstand ist die Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte sei so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes.

Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Ist die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen, so ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte.

Bei dieser Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne Weiteres zu unterstellen ist. Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache beziehungsweise dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, ferner das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein.

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung gegebenenfalls in einem oder mehreren Schritten zu prüfende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache das angeschuldigte Ereignis eine Ursache ist oder die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellte versicherte Ursache im naturwissenschaftlichen Sinn automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass infolge des Arbeitsunfalls vom 22.10.2005 Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht über den 23.03.2006 hinaus vorlag und die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert war oder gar ist. Vielmehr ist der Arbeitsunfall nur für die mit Bescheid vom 10.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2006 als Unfallfolgen festgestellten folgenlos verheilten Prellungen des Schädels und beider Kniegelenke sowie Zerrungen der Nackenmuskulatur und der Brustwirbelsäule wesentlich ursächlich.

Der Kläger leidet nach Überzeugung des Senats nicht an einer posttraumatischen Belastungsstörung infolge des Unfallereignisses vom 22.10.2005.

Zur Beurteilung der Frage, ob beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, berücksichtigt der Senat die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision - (ICD 10) und das Diagnostische und Statistische Manual psychischer Störungen - Textrevision - (DSM-IV-TR).

Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81.

Nach ICD-10 F 43.1 gelten folgende Grundsätze: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.

Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "Flashbacks" bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie der aktenkundigen medizinischen Unterlagen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger keine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt.

Der Senat stützt sich dabei im Wesentlichen auf die in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen des Prof. Dr. St. in dessen beratungsärztlicher Stellungnahme vom 04.02.2009. Dieser hat überzeugend dargelegt, dass und warum die Kriterien A2, B1 bis B5, C1 bis C7 und D1 bis D4 der DSM-IV-TR-309.81 beim Kläger nicht vorliegen.

Eine Reaktion des Klägers auf das Unfallereignis mit intensiver Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen im Sinne des Kriteriums A2 hat nicht vorgelegen Eine außerordentliche psychische Initialreaktion ergibt sich nicht aus den Befundberichten des Prof. Dr. S., Dr. B., Dr. St. und Dr. G ... Sofern Letzterer ausgeführt hat, der Kläger sei im Hinblick auf das Unfallereignis und der bestehenden Beschwerden erheblich besorgt, ergibt sich hieraus lediglich eine verständliche Reaktion auf die Unfallfolgen, nicht aber eine dem Kriterium A2 entsprechende "intensive" Reaktion. Dasselbe gilt für die Angaben des Dr. I., der Kläger habe über Abgeschlagenheit, eine posttraumatische Belastungsreaktion und Nervosität geklagt, und des Prof. Dr. S., der Kläger habe psychisch alteriert gewirkt. Auch anhaltendes und intensives Wiedererleben des Unfalls in sich aufdrängenden Bildern und Gedanken, wiederkehrende Träume von dem Unfall, ein Handeln oder Fühlen, als ob sich das Unfallereignis wiederholen würde, eine intensive psychische oder körperliche Belastung bei der Konfrontation mit Hinweisreizen für den Unfall oder ein bewusstes Vermeiden von mit dem Unfall in Verbindung stehenden Gedanken, Gesprächen oder Aktivitäten ist nicht gegeben. Prof. Dr. St. hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht aktenkundig sei, ob die vom Kläger angegebenen Alpträume mit dem Unfallereignis in Zusammenhang stünden. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an, sodass auch die B-Kriterien der DSM-IV-TR-309.81 nicht gegeben sind. Gleiches gilt für die C- und D-Kriterien der DSM-IV-TR-309.81. Auch dies hat Prof. Dr. St. überzeugend dargelegt. Der Senat folgt daher nicht der Einschätzung des Dr. St. in dessen Gutachten vom 15.12.2008.

Im Übrigen sind die von Dr. St. in seinem Gutachten vom 15.12.2008 beschriebenen Funktionsbeeinträchtigungen nicht geeignet, die vom ihm vorgenommene Bewertung der MdE mit 20 v. H. zu rechtfertigen. Nach der unfallmedizinischen Fachliteratur ist die MdE erst ab stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit 20 v. H. zu beurteilen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 246 und 247). Die im Gutachten des Dr. St. vom 15.12.2008 beschriebenen Beeinträchtigungen erreichen nach Überzeugung des Senats dieses Ausmaß nicht. An Beeinträchtigungen hat der weiterhin seine Berufstätigkeit als Maschinenbediener beziehungsweise Staplerfahrer ausübende Kläger gegenüber dem Gutachter lediglich angegeben, er leide an diffusen Kopf- und Nackenschmerzen, Verspannungen im Nackenbereich, Magenkrämpfen bei Stresssitautionen, Beunruhigtsein bei Bewegunseinschränkungen der Halswirbelsäule, Ein- und Durchschlafstörungen, Angst vor einem weiteren Unfall, innerer Unruhe und Lustlosigkeit. Dabei handelt es sich, auch in Anbetracht dessen, dass sich der Kläger bislang nicht in psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung begeben hat, nicht um stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, sondern - einen wesentlich ursächlichen Kausalzusammenhang mit dem Unfall unterstellt - allenfalls um eine leichte reaktive Verstimmung nicht rentenberechtigenden Grades.

Mithin hat der Kläger keinen Anspruch auf Verletztenrente.

Da somit auf psychiatrischem Fachgebiet keine unfallbedingten Folgen rentenberechtigenden Grades vorlagen und vorliegen und ausweislich des aufgrund der Untersuchung vom 23.03.2006 erstellten - den Senat überzeugenden - Befundberichts des Prof. Dr. W. vom 07.04.2006 auf unfallchirurgischem Fachgebiet keine Unfallfolgen mehr vorlagen, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Verletztengeld über den 23.03.2006 hinaus. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass Prof. Dr. S. in seinem für die D.-Versicherungen K. erstellten Befundbericht vom 04.10.2006 angegeben hat, der Kläger sei vom 26.01.2006 bis zum 25.04.2006 zu 40 % beschränkt arbeitsfähig und seit 26.04.2006 arbeitsfähig gewesen. Denn der Kläger hatte sich letztmals am 21.03.2006 in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums am Gesundbrunnen H. vorgestellt, sodass die Angaben des Prof. Dr. S. nicht auf einer eigener Untersuchung, sondern lediglich auf dem Befundbericht des Prof. Dr. W. vom 27.04.2006 beruhen können. Dort wurde aber nicht nur ausgeführt, vollschichtige Arbeitsfähigkeit sei zum 26.04.2006 gegeben, sondern auch, vollschichtige Arbeitsfähigkeit von unfallchirurgischer Seite sei "weiterhin", damit also nach Überzeugung des Senats mindestens seit der diesbezüglich erstmaligen Festlegung durch Prof. Dr. W. am 23.03.2006, gegeben.

Mithin haben die Beklagte und das SG die Gewährung von Verletztenrente und Verletztengeld über den 23.03.2006 zu Recht abgelehnt.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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