L 12 AS 3700/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3700/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Wiederaufnahmeklage des Klägers wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Gerichtsverfahrens.

In einem Verfahren S 7 AS 3377/07 vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) war die Höhe von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Streit. In der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2008 gab die die Beklagte ein Anerkenntnis ab, welches der Kläger annahm.

Am 08.02.2008 beantragte der Kläger vor dem SG (S 7 AS 792/08) die Wiederaufnahme dieses Verfahrens wegen Verfahrensfehlern. Er habe den Kammervorsitzenden vor der Verhandlung wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und der Beendigung des Verfahrens nicht zugestimmt.

Aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung des SG ergibt sich, dass der Kläger das Anerkenntnis angenommen hat und zuvor sein Befangenheitsgesuch gegen den Kammervorsitzenden zurückgezogen hatte. Das erneut vorgebrachte Ablehnungsgesuch gegen den Kammervorsitzenden wurde vom 7. Senat des LSG durch Beschluss vom 5.3.2008 (L 7 SF 834/08 A) zurückgewiesen. Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und auf Wiederaufnahme des Verfahrens sowie die sofortige Beschwerde und die Anhörungsrüge des Klägers gegen diesen Beschluss wurden vom 7. Senat durch Beschluss vom 13.3.2008 (L 7 SF 1156/08) verworfen.

Zudem legte der Kläger am 07.04.2008 in der Sache S 7 AS 3377/07 auch Berufung ein. Diese wurde vom erkennenden Senat durch Beschluss vom 28.4.2008 (L 12 AS 1871/08) als unzulässig verworfen, weil die Berufung nur gegen Urteile oder Gerichtsbescheide zulässig sei und hier weder ein Urteil noch ein Gerichtsbescheid des SG vorliege.

Im Verfahren S 7 AS 792/08 hat das SG nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 11.7.2008 die Klage abgewiesen. Die Klage sei nicht begründet. Das Verfahren S 7 AS 3377/07 habe durch ein vom Kläger angenommenes Anerkenntnis der Beklagten geendet.

Gegen diesen am 14.7.2008 zugestellten Gerichtsbescheid legte der Kläger am 13.8.2008 Berufung ein (L 12 AS 4017/08). Er wiederholte sein bisheriges Vorbringen, er habe den Richter vor der Verhandlung abgelehnt, dieser habe das Gesetz ignoriert, sich über das Gesetz gestellt und die Verhandlung durchgeführt. Der Gerichtsbescheid enthalte auch Verfahrensfehler im Tatbestand. Vorgänge seien vereitelt, verdunkelt, unterschlagen und Sachverhalte falsch dargestellt worden. Das Verfahren sei eine Intrige mit Falschaussage der Zeugin W., deswegen beantragte er die Ladung und Vernehmung der Zeugin W ... Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.5.2009 stellte der persönlich anwesende Kläger den Antrag, den Gerichtsbescheid des SG vom 11.7.2008 aufzuheben und das Verfahren S 7 AS 3377/07 fortzusetzen. Durch Urteil vom 26.5.2009 hat der Senat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger rüge als Verfahrensfehler, die Zeugin Weber habe am 5.2.2008 eine Falschaussage gemacht. Dies sei jedoch unerheblich, weil die Beklagte nach der Zeugenvernehmung den vom Kläger angefochtenen Bescheid vom 20.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.8.2007 aufgehoben habe. Dieses Anerkenntnis habe der Kläger ausdrücklich angenommen. Diese Erklärung des Klägers sei "vorläufig aufgezeichnet, abgespielt und genehmigt" worden, der Kl. sei damit in vollem Umfang klaglos gestellt.

Die gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist vom Bundessozialgericht (BSG) durch Beschluss vom 30.7.2009 (B 14 AS 84/09 B) als unzulässig verworfen worden.

Mit Schreiben vom 29.6.2009 und vom 11.8.2009 hat der Kläger die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Die Richter D., V., B., S. u. a. seien bereits wegen Befangenheit, falsch erstellten Urkunden, Prozessbetrugs, Verdunkelung, Fälschen des Sachverhalts, Begünstigung, Strafvereitelung u. a. abgelehnt. Der Vergleich müsse zurückgenommen werden, ferner sämtliche Urteile, Beschlüsse und Bescheide aufgehoben. In dem Verfahren S 7 AS 3377/07 gehe es um die Überprüfung seiner Erwerbsfähigkeit, "durch den Widerspruchsbescheid vom 30.8.2007 kann eine Überprüfung der Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2005 bis 19.6.2006 nicht mehr nachvollzogen werden, eine Überprüfung der Erwerbsfähigkeit ist unbegründet, der Verwaltungsakt ist nichtig, weil er nicht mehr ausgeführt werden kann".

Der Kläger stellt damit sinngemäß den Antrag,

das Urteil des Landessozialgerichts vom 26.5.2009 aufzuheben und das Verfahren wiederaufzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Wiederaufnahmeklage zu verwerfen, hilfsweise abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Wiederaufnahmeklage des Klägers ist nicht zulässig.

Der Senat kann in unveränderter Besetzung entscheiden, weil das Ablehnungsgesuch des Klägers, wenn nicht gar offensichtlich rechtsmissbräuchlich (vgl. hierzu BSG SozR 4 - 1500 § 60 Nr. 4), so aber jedenfalls unzulässig ist. Zur Zulässigkeit eines Befangenheitsantrags nach § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) bedarf es der Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes (§ 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO); dieser ist durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise zu substantiieren. Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Klägers in keiner Weise. Das Vorbringen des Klägers, die erkennenden Richter "u.a." seien bereits wegen Befangenheit, falsch erstellten Urkunden, Prozessbetrugs, Verdunkelung, Fälschen des Sachverhalts, Begünstigung, Strafvereitelung, "u.a." abgelehnt, kann weder einem Richter konkret zugeordnet werden, noch ist es inhaltlich auch nur ansatzweise substantiiert, noch hat es keinerlei konkret erkennbaren Bezug zum vorliegenden Verfahren.

Nach § 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung wieder aufgenommen werden.

Im Buch 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist in § 578 Abs. 1 geregelt, dass die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage (§ 579) und durch Restitutionsklage (§ 580) erfolgen kann.

Einen Nichtigkeitsgrund bringt der Kläger ersichtlich nicht vor, er rügt weder die Besetzung des Gerichts noch die Mitwirkung eines ausgeschlossenen oder befangenen Richters oder die Vertretungsbefugnis eines Beteiligten.

Nach § 580 ZPO findet die Restitutionsklage statt, 1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; 2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; 3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; 4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; 5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; 6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; 7. wenn die Partei a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde; 8. wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Soweit der Kläger sich auf § 580 Nr. 5 ZPO als Restitutionsgrund beruft, ist er darauf hinzuweisen, dass nach § 581 Abs. 1 ZPO in diesem Fall die Restitutionsklage nur statthaft ist, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis erfolgen kann. Eine strafrechtliche rechtskräftige Verurteilung eines Richters, eines Beteiligten oder auch nur eines Zeugen ist vom Kläger weder behauptet noch aus den Akten ersichtlich.

Danach kommt nach Lage der Dinge von den genannten Restitutionsgründen lediglich § 580 Nr. 7b) ZPO in Betracht, alle anderen Restitutionsgründe sind dem Vorbringen des Klägers von vornherein nicht zu entnehmen.

Nach § 589 Abs. 1 ZPO hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Klage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben sei. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage als unzulässig zu verwerfen.

Zur Statthaftigkeit der Restitutionsklage gehört, dass ein zulässiger Anfechtungsgrund schlüssig behauptet wird (BSG 81,46). Bei dem Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7b) ZPO ist also eine schlüssiger Vortrag erforderlich, welche Urkunde aufgefunden oder zu benutzen in den Stand gesetzt wurde und inwieweit diese eine dem Kläger günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Diesem Erfordernis genügt das Vorbringen des Klägers in keiner Weise. Der Kläger benennt keine bisher nicht bekannte Urkunde, nicht einmal ein bisher nicht vorliegendes Beweismittel. Sein Vorbringen erschöpft sich in dem schon bisher geäußerten Vorwurf der unrichtigen Sachbearbeitung durch die Beklagte und die Gerichte. Dies kann für ein zulässiges Wiederaufnahmeverfahren nicht genügen. Lediglich zur nochmaligen Erläuterung weist der Senat darauf hin, dass der Widerspruchsbescheid vom 30.8.2007, auf den er sich stets beruft, von der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 5.2.2008 ausdrücklich aufgehoben worden ist. Er ist damit nicht mehr existent. Auch weil der Kläger im Verfahren S 7 AS 3377/00 beim SG durch das angenommene Anerkenntnis vollständig klaglos gestellt worden ist, erschließt sich dem Senat nicht, warum der Kläger jetzt die Wiederaufnahme des Verfahrens betreibt.

Die Wiederaufnahmeklage des Klägers ist damit nicht statthaft. Sie ist als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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