L 6 VG 5163/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 VG 2917/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 5163/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.05.2007 wird zurückgewiesen.

Die Anträge aus der Beschwerdeschrift vom 16.09.2009 werden als unzulässig abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die am 30.01.1963 geborene Klägerin begehrt Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Seit dem Jahr 2002 lagen die Klägerin und ihre ehemalige Wohnungsnachbarin H. K. (K.) im Streit. Unter dem 03.02.2003 stellte die Klägerin gegen K. Strafanzeige. Seit zwei Jahren werde sie von K. verbal schikaniert. Am 02.02.2003 sei sie von K. im Keller des von ihnen bewohnten Hauses mit Fäusten und Fußtritten sowie mit einem Schrubber geschlagen worden. Am 03.02.2003 habe K. ihre Wohnungstür mit Kot beschmiert, sie beschimpft und sie während eines Gesprächs im Rathaus R. angefasst, gestoßen und mit Plastikrollen geschlagen. Die Klägerin legte das Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. J. vom 06.02.2003 (02.02.2003: Angriff im Keller durch K.; Schmerzen in der linken Gesichtshälfte, im linken Thorax und im linken Unterarm) vor. Polizeikommissar W. führte in seinem Schlussbericht vom 14.02.2003 aus, der genaue Hergang des Sachverhalts habe nicht in Erfahrung gebracht werden können. Unter dem 25.03.2003 stellte die Klägerin Strafanzeige gegen K. wegen diverser Beleidigungen. Unter dem 05.05.2003 beantragte die Klägerin unter Schilderung diverser Beleidigungen durch K. den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen K. Am 30.05.2003 stellte die Klägerin erneut Strafanzeige gegen K. Sie sei 30.05.2003 in ihrem Auto durch K. beleidigt worden. Der Polizist St. regte in seinem Abschlussvermerk vom 10.06.2003 an, die Klägerin auf den Privatklageweg zu verweisen. Die Klägerin stellte am 25.07.2003 erneut Strafanzeige gegen K. und führte aus, sie sei von K. am 24.07.2003 in der Bäckerei H. geschlagen worden. Vorgelegt wurde der Notfallbericht der Chirurgischen Ambulanz des Kreiskrankenhauses Bad S. vom 25.07.2003 (Druckschmerz links paravertebral, Halswirbelsäulen-Bewegung schmerzhaft möglich, versorgte Wunde an der Basis D II, Druck- und Bewegungsschmerz in der Hand). Der Zeuge B. gab bei seiner Vernehmung am 29.07.2003 an, K. sei, nachdem sie zuvor gesagt habe, die Klägerin habe ihr gegenüber Morddrohungen ausgesprochen, und die Klägerin ihr daraufhin das Wort verboten habe, auf die Klägerin losgegangen und habe auf diese eingeschlagen. Die Klägerin habe versucht, diese Schläge abzuwehren und teilweise auch zurückgeschlagen. Ferner teilte er mit, er habe den Eindruck, dass die Klägerin den Streit etwas inszeniert habe und sich hätte mehr wehren können. Die Zeugin H. gab bei ihrer Vernehmung am 13.08.2003 an, K. und die Klägerin seien aneinander geraten und hätten sich geschlagen. Nach ihrer Beurteilung hätte die Klägerin den Streit dadurch verhindern können, indem sie einfach die Bäckerei verlassen hätte. Die Zeugin Sch. gab in ihrer Vernehmung am 02.09.2003 an, K. habe begonnen, auf die Klägerin, nachdem sie sich zuvor angeschrien hätten, einzuschlagen. Mit Strafbefehl vom 05.11.2003 verhängte das Amtsgericht Bad S. gegen K. eine Geldstrafe wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Hiergegen legte K. Einspruch ein. Das Amtsgericht Bad S. hörte die Klägerin und die Zeugen Burger, H. und Sch. sowie den Sachverständigen H. Sodann sprach das Amtsgericht Bad S. K. mit Urteil vom 26.02.2004 mit der Begründung frei, der Vorwurf habe nach der durchgeführten Hauptverhandlung nicht aufrechterhalten werden können.

Die Klägerin beantragte am 16.02.2004 beim ehemaligen Versorgungsamt Freiburg/Außenstelle R. (VA) Beschädigtenversorgung. Sie führte eine Halswirbelsäulenverletzung mit Schwindel und Kopfschmerzen sowie psychosomatische Erkrankungen wie Panikattacken, auf das schädigende Ereignis vom 24.07.2003 zurück.

Das VA holte bei der Deutschen Angestellten-Krankenkasse Bad S. (DAK) das Krankheitsverzeichnis der Klägerin vom 19.03.2004 (unter anderem: 12.04.1996 bis 26.04.1996: Neurosen, 24.08.1999 bis 08.09.1999: nervöses Erschöpfungssyndrom, 20.01.2003 bis 26.01.2003: manische Episode, 04.08.2003: intrakranielle Verletzung, Gehirnerschütterung, Schwindel und Taumel, Rückenschmerzen, Cervikalneuralgie, 21.10.2003 bis 11.11.2003: rezidivierende depressive Erschöpfungszustände, Colitis ulcerosa seit 20 Jahren, Cervico-Brachialgien bei unklarer Dysbalance) ein und zog den Notfallbericht der Chirurgischen Ambulanz des Kreiskrankenhauses Bad S. vom 25.07.2003 sowie die strafrechtliche Ermittlungsakte (7 Cs 21 Js 8840/03) bei.

Daraufhin lehnte das VA den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 19.05.2004 ab. Die Klägerin habe die Gewährung von Beschädigtenversorgung wegen der aufgrund des Vorfalls vom 24.07.2003 erlittenen Gesundheitsstörungen beantragt. Die Prüfung habe ergeben, dass die anspruchsbegründenden Tatsachen eines vorsätzlichen, tätlichen Angriffs nicht nachgewiesen seien. K. sei freigesprochen worden. Aus den strafrechtlichen Ermittlungsakten könne ein Nachweis nicht hergeleitet werden. Im Übrigen ergebe sich aus diesen Akten, dass es zwischen der Klägerin und K. seit circa zwei Jahren immer wieder zu verbalen Auseinandersetzungen mit Handgreiflichkeiten komme und hätten von der Polizei gehörte Zeugen ausgeführt, die Klägerin hätte den Streit durchaus verhindern können.

Am 07.03.2005 beantragte die Klägerin erneut Leistungen nach dem OEG. Infolge des Psychoterrors habe sie ihre Vollzeittätigkeit verloren und sei ihre Ehe zerbrochen. Trotz ihres Umzuges sei sie weiterhin von K. belästigt worden, ehe diese in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen worden sei. Die Klägerin legte ihr an das Amtsgericht Bad S. gerichtetes Schreiben vom 06.11.2004 sowie die undatierten Erklärungen der Sabine Bellantuono (Beleidigungen durch K.) und des K.-H. E. (K. habe am 20.01.2004 auf die Klägerin losgehen wollen, diese habe im Schreibwarengeschäft K. Schutz gesucht, daher am selben Abend Blutsturz und Fehlgeburt), die Bescheinigung des Caritasverbandes Hochrhein e. V. vom 16.02.2005 (psychologische Beratung des Sohnes der Klägerin), die Atteste des Dr. J. vom 06.02.2003 und der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. W.-R. vom 02.03.2005 (28.05.2004: Facialisparese rechts wegen psychischer Belastungssituation) sowie die Arztbriefe der Geburtshilfe- und Gynäkologischen Abteilung des Kreiskrankenhauses Bad S. vom 23.01.2004 (Abortus incipiens haemorrhagicus in der achten Schwangerschaftswoche) vor.

Mit Bescheid vom 27.04.2005 lehnte das zuständig gewordene Landratsamt W. (LRA) eine Rücknahme des Bescheides vom 19.05.2004 ab. Die Klägerin habe in ihrem Antrag geltend gemacht, sie sei von K. über zwei Jahre hinweg terrorisiert und mehrmals tätlich angegriffen worden. Die jetzige Unterbringung der K. in einer psychiatrischen Anstalt ändere nichts daran, dass K. vom Amtsgericht Bad S. freigesprochen worden sei. Dass es zwischen der Klägerin und K. seit zwei Jahren immer wieder zu verbalen Auseinandersetzungen, auch mit Handgreiflichkeiten, gekommen sei, sei bei der Bescheiderteilung bekannt gewesen und berücksichtigt worden. Bei der gegebenen Sachlage müsse an der Bindung des Bescheides vom 19.05.2004 festgehalten werden.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Seit November 2002 habe K. diverse Aussagen gemacht, wonach diese vorgehabt habe, ihr Leben, ihre Existenz, ihre Gesundheit und ihren Ruf mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu vernichten. Sie sei von K. im Februar 2003, Mai 2003 und Juli 2003 tätlich angegriffen worden. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2005 zurück. K. sei vom Amtsgericht Bad S. freigesprochen worden und auch nach Durchsicht der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten könne ein Nachweis der Tat nicht hergeleitet werden. Die jetzt vorgebrachten Drohungen und weiteren tätlichen Angriffe der K. und deren gesundheitlicher Zustand änderten nichts an diesem Sachverhalt. Ferner seien die von der Klägerin vorgetragenen Angriffe bei der Bescheiderteilung genau so wie die seit zwei Jahren zwischen K. und ihr bestehenden Auseinandersetzungen bekannt gewesen und bei der Beurteilung berücksichtigt worden.

Hiergegen erhob die Klägerin am 18.07.2005 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Wenn K. schon im Dezember 2002 bekannt gegeben habe, dass sie ihr Leben zerstören werde und sie von K. dann wenige Monate später und dann immer wieder tätlich angegriffen worden sei sowie K. mindestens über Monate hinweg zweimal wöchentlich bei der Polizei Bad S. auftauche, um irgendwelche Anzeigen wegen irgendwelcher an den Haaren herbeigezogener Fantasietaten gegen sie zu starten, seien darin vorsätzliche Angriffe zu sehen. Im Übrigen sei K. nur wegen ihres desolaten Geisteszustandes freigesprochen worden. Aufgrund der jahrelangen Hetzkampagne und Rufschädigung und eines jahrelangen Psychoterrors durch K. sei sie heute nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesundheitlich zerstört. Noch heute habe sie Folgeerscheinungen durch diese Aktionen. Die Klägerin legte ihr an die Staatsanwaltschaft W. unter dem 28.09.2005 verfasstes Schreiben vor, in welchem sie unter anderem einen tätlichen Angriff des M. B. (B.) gegen sie im Februar 2003 geschildert hatte. Ferner habe K. monatelang ihre Arbeitsstelle sowie ihre ehemaligen Vermieter und Bekannten aufgesucht, um Rufschädigung zu betreiben und ihre Vergangenheit in Erfahrung zu bringen. Am 05.05.2003 habe K. versucht, sie aus ihrem Auto mit Gewalt herauszuziehen und sie dabei als Hure und Asoziale betitelt. Sie habe zuletzt nicht mehr ohne Begleitschutz ihre Wohnung verlassen können, da K. sofort ihre Wohnungstür geöffnet habe und sie habe angreifen wollen. Am 20.01.2004 sei sie von K. durch das ganze Dorf verfolgt worden. Sie sei in ein Schreibwarengeschäft geflüchtet. Bedingt durch diese erneute Attacke und die damit verbundenen Aufregungen habe sie am frühen Morgen des nächsten Tages eine Fehlgeburt erlitten. Die Klägerin führte ferner aus, die Attacken der K. hätten im Jahr 2002 begonnen, sich bis Dezember 2004 / Januar 2005 hingezogen und erst geendet, als sich der Betreuer der K. eingeschaltet habe. Die Klägerin legte die Arztbriefe des Dr. U., Leitender Arzt des Caritas-Hauses F. vom 29.12.2003 über eine Mutter-Kind-Maßnahme vom 21.10.2003 bis zum 11.11.2003 (leichte depressive Episode, Neurasthenie, Kopfschmerz, Colitis ulcerosa, Grippe) und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. V. vom 16.06.2004 (Zustand nach Facialisparese rechts, akute Belastungsreaktion) vor.

Der Beklagte trat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung entgegen, die Klägerin habe keine neuen Gesichtspunkte oder rechtserheblichen Tatsachen vorgebracht. Auszugehen sei nur von dem Ereignis vom 24.07.2003, weil nur über dieses Ereignis eine Entscheidung getroffen worden sei.

Das SG zog die strafrechtlichen Ermittlungsakten bei und hörte Dr. J. unter dem 03.04.2006 schriftlich als sachverständigen Zeugten (24.07.2003: die Klägerin sei von der Nachbarin verprügelt worden, seither starke Cervikalgien, Schwindel, Übelkeit, Prellung rechter Zeigefinger; 31.03.2006: aktuell psychische Traumatisierung stärker als somatische, nach der Auseinandersetzung mit der Nachbarin, Gesichtslähmung, Magengeschwüre, aktuell Panikattacken, besonders bei Erinnern der Ereignisse).

Dr. G. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.05.2006 aus, aus der bisherigen Aktenlage ergäben sich Hinweise auf eine psychische Beeinträchtigung der Klägerin, wobei Faktoren, wie Ehekonflikt und Arbeitslosigkeit, zu beachten seien und eine kontinuierliche psychiatrische/psychotherapeutische Behandlung offenbar nicht erfolge. Hinweise auf relevante Verletzungsfolgen im Bereich der Halswirbelsäule ergäben sich nicht.

Mit Urteil vom 10.05.2007 wies das SG die Klage ab. Zwar treffe die Auffassung des Beklagten, die Klägerin könne vor dem SG nur die Folgen des tätlichen Angriffs vom 24.07.2003 geltend machen, nicht zu, da der Vortrag der Klägerin schon im Verwaltungsverfahren dahin gegangen sei, dass dieser Angriff nur Teil eines Netzes von schädigenden Angriffen im Sinne eines ständigen Psychoterrors mit wiederholten tätlichen Ausbrüchen gewesen sei. Über dieses zur Überprüfung gestellte Begehren habe der Beklagte insgesamt zu entscheiden, weshalb die ergangene ablehnende Zugunstenentscheidung auch sämtliche Vorgänge, die die Klägerin geltend gemacht habe, miteinbezogen habe. Dies sei im Übrigen auch geschehen, da im Widerspruchsbescheid vom 29.06.2005 ausgeführt worden sei, dass die von der Klägerin vorgetragenen weiteren Angriffe bei der früheren Bescheiderteilung genauso bekannt und berücksichtigt worden seien wie die seit zwei Jahren zwischen K. und der Klägerin bestehenden Auseinandersetzungen. Die Klage sei jedoch unbegründet. Die bei den tätlichen Angriffen, zum einen als die Klägerin von K. im Keller mit einem Schrubber verprügelt und zum anderen als die Klägerin von K. in einer Bäckerei geschlagen worden sei, erlittenen unmittelbaren Verletzungen seien ganz offensichtlich folgenlos abgeheilt. Dementsprechend würden mit dem Klageantrag auch keinerlei Schädigungsfolgen geltend gemacht, die auf die beiden tätlichen Angriffe zurückgeführt werden könnten. Vielmehr verlange die Klägerin die Anerkennung einer psychosomatischen Belastungsstörung, einer ebenfalls psychisch bedingten Gesichtsnervlähmung rechts sowie einer Dysmenorrhoe nach Fehlgeburt. In diesem Zusammenhang sei wichtig, dass die Klägerin nach dem Angriff im Keller eine Prellung der linken Gesichtshälfte mit leichter Schwellung erlitten habe, im Bereich der rechten Gesichtshälfte, wo es später zu der Facialisparese gekommen sei, aber nicht getroffen worden sei. Soweit die Klägerin die erlittene Fehlgeburt auf eine vorherige Verfolgungsjagd zu Fuß bezogen habe, habe es sich auch bei dem bloßen Verfolgtwerden durch K. noch nicht um einen tätlichen Angriff im Sinne des OEG gehandelt. Denn ein tätlicher Angriff könne erst bei einer durch körperliche Gewalt aufrechterhaltenen Freiheitsberaubung vorliegen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die als Schädigungsfolge nach Fehlgeburt geltend gemachte Dysmenorrhoe in medizinischer Hinsicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Fehlgeburtsereignis zurückzuführen sei. Insgesamt sei nämlich festzustellen, dass die jetzt geltend gemachten Schädigungsfolgen sämtlich nicht auf einen tätlichen Angriff im Sinne des OEG zurückgeführt werden könnten, sondern auf eine Kette von Ereignissen, die im Wesentlichen mit dem Begriff des Psychoterrors gegen die Klägerin und deren Sohn beschrieben werden könnten. Bei diesem Psychoterror handle es sich jedoch insgesamt, ebenso wie bei einem ausgeprägten und andauernden Mobbing im Beruf, nicht um tätliche Angriffe, sondern um Beleidigungsdelikte, Verleumdungsdelikte und Drohungen. Dabei handle es sich nicht um einen tätlichen Angriff im Sinne des OEG, sondern um Taten, die - mit Ausnahme der tätlichen Exzesse - im Vorfeld derartiger tätlicher Angriffe lägen. Für Verletzungen und Schädigungen, die ein Bürger durch derartige, unter Umständen durchaus schwerwiegend in sein Leben eingreifende Vorgänge erleiden müsse, sehe das OEG eine Entschädigung nicht vor.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 01.06.2007 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 27.06.2007 Berufung eingelegt. Unschädlich sei, dass K. nicht strafrechtlich verurteilt worden sei. Denn der Freispruch habe darauf beruht, dass sie wegen ihrer psychiatrischen Erkrankung für ihre Taten nicht habe verantwortlich gemacht werden können. Ferner liege ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mehr als 25 vor. Ihre Gesichtsnervenlähmung sei durch den psychischen Druck, welchen K. durch ihre Verfolgung auf sie ausgeübt habe, bedingt. Sie leide auch heute noch unter den Folgen der schmerzhaften Symptome, der Halswirbelschädigung mit andauernden schmerzhaften Symptomen sowie der durch den erneuten Angriff und dem damit verbundenen Schock ausgelösten Fehlgeburt mit bis heute andauernder Menopause. Die Klägerin hat die von ihr mit dem Titel "Mein Fall" verfasste Zusammenfassung der Geschehnisse vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.05.2007 und den Bescheid vom 27.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2005 aufzuheben, als Schädigungsfolgen eine Gesichtsnervenlähmung, einen Halswirbelschaden, Menopause nach Fehlgeburt und eine posttraumatische Belastungsstörung festzustellen und den Beklagten zu verurteilen, ihr Beschädigtenrente zu gewähren. Ferner hat sie die Anträge aus der "Beschwerdeschrift" vom 16.09.2009 unter Buchstabe B Ziffern 1 - 5 gestellt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die strafrechtlichen Ermittlungsakten beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.

Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

Der Beklagte hat zu Recht mit Bescheid vom 27.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2005 die Anträge der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides vom 19.05.2004 sowie auf Feststellung von Schädigungsfolgen und Gewährung von Beschädigtenrente abgelehnt.

Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Antrages auf Rücknahme des Bescheides vom 19.05.2004 ist § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X).

Rechtsgrundlage für die Ablehnung der Feststellung von Schädigungsfolgen und der Gewährung von Beschädigtenrente ist § 1 OEG in Verbindung mit §§ 30 und 31 BVG.

Wer im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG). Leistungen sind zu versagen, wenn der Geschädigte die Schädigung verursacht hat (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 OEG) oder wenn es aus sonstigen, insbesondere in dem eigenen Verhalten des Anspruchstellers liegenden Gründen unbillig wäre, Entschädigung zu gewähren (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 OEG).

Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem GdS ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG). Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).

Erforderlich ist also - neben anderen Voraussetzungen - ein tätlicher Angriff als eine in strafbarer Weise unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung (BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 -).

Diese Voraussetzung könnte vorliegend allenfalls durch die von der Klägerin geschilderten Geschehnisse im Keller des Wohnhauses am 02.02.2003, im Rathaus R. am 03.02.2003, in ihrem Auto am 05.05.2003 und in der Bäckerei H. am 24.07.2003 erfüllt sein.

Der Senat lässt es zum einen dahin stehen, ob sich diese Geschehnisse tatsächlich so wie von der Klägerin vorgetragen, ereignet haben. Denn jedenfalls sind die geltend gemachten gesundheitlichen Schäden "Gesichtsnervenlähmung, Halswirbelschaden und posttraumatische Belastungsstörung" nach Überzeugung des Senats nicht Folge dieser von der Klägerin geschilderten Ereignisse.

Durch den Angriff am 02.02.2003 erlitt die Klägerin keinen dauerhaften Gesundheitsschaden. So hat die Klägerin ausweislich des Attestes des Dr. J. vom 06.02.2003 nur über Schmerzen in der linken Gesichtshälfte, im linken Thorax und im linken Unterarm geklagt und hat Dr. J. lediglich einen Thoraxkompressionsschmerz, einen Druckschmerz unterhalb der linken Mamma, eine leichte Schwellung sowie einen Druckschmerz im linkem Gesicht am Wangenknochen, Schmerzen bei Flexion und Extension des linken Ellenbogens und einen Druckschmerz an den Unterarmflexoren bei leichter Verfärbung beschrieben, ohne weitere technische Untersuchungen oder eine fachärztliche Weiterbehandlung veranlasst zu haben. Diese recht leichten körperlichen Beeinträchtigungen sind nach Überzeugung des Senats folgenlos verheilt und waren daher nur vorübergehender Natur. Hinsichtlich der Ereignisse am 03.02.2003 und 05.05.2003 liegen keine ärztlichen Unterlagen vor und sind von der Klägerin auch keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen beschrieben worden. Bei dem Angriff am 24.07.2003 erlitt die Klägerin ebenfalls keinen dauerhaften Gesundheitsschaden. Denn im Notfallbericht der Chirurgischen Ambulanz des Kreiskrankenhauses Bad S. vom 25.07.2003 wurden nur ein Druckschmerz links paravertebral, eine nur schmerzhaft mögliche Halswirbelsäulen-Bewegung, eine Wunde an der Basis D II und ein Druck- und Bewegungsschmerz in der Hand beschrieben. Auch diesbezüglich hat der Senat keine Anhaltspunkte, von einem hierdurch bedingten dauerhaften Gesundheitsschaden auszugehen. Er stützt sich hierbei auf die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 29.05.2006, in der Dr. G. überzeugend ausgeführt hat, Hinweise auf relevante Verletzungsfolgen im Bereich der Halswirbelsäule ergäben sich nicht.

Hinsichtlich des Geschehens vom 20.01.2004 fehlt es schon an einem tätlichen Angriff, der hier nur in einer Bedrohungssituation gesehen werden könnte. Insoweit hat die Klägerin in ihrer Zusammenfassung "Mein Fall" (Bl. 40 LSG-Akte) und übereinstimmend in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2009 angegeben, sie habe plötzlich Frau K. auf der Straße, mit Radlerhose und T-Shirt bekleidet, gesehen und sei aus Angst vor ihr losgerannt. Unter welchen Voraussetzungen eine Bedrohung oder eine Drohung mit Gewalt für sich allein bereits als tätlicher Angriff zu werten ist, hat das BSG bisher nicht abschließend entscheiden (vgl. BSG vom 02.10.2008 - B 9 VG 2/07 R, Rdz. 16, zitiert nach Juris). Eine feste Grenzziehung zwischen bloßer Drohung mit Gewalt und ihrer Anwendung hält das BSG nicht für möglich. Ein tätlicher Angriff sei jedoch umso eher zu bejahren, je größer die objektive Gefahr für Leib oder Leben des Bedrohten gewesen sei. Hier konnte die Klägerin auch unter der Voraussetzung, dass sie am 02. und 03.02.2003 und am 24.07.2003 tatsächlich von K. geschlagen worden ist, nicht ohne weiteres davon ausgehen, sie befinde sich wieder in einer entsprechenden Gefahrenlage. Ebenso bestand die Möglichkeit, dass es K. im Fall des Zusammentreffens mit bloßen Beschimpfungen würde bewenden lassen. Außerdem ist die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen losgerannt, bevor K. sie ihrerseits erkannt und auf sie reagiert hatte. Auch wenn man unterstellt, dass K. der Klägerin bis zu dem Schreibwarengeschäft K. nachgerannt ist, kann objektiv keine so große Gefährdung der Klägerin bejaht werden, dass die Grenze zum tätlichen Angriff bereits überschritten worden wäre. Aus diesem Grunde kann offen bleiben, ob die Verfolgung zu dem im Arztbrief der Geburtshilfe- und Gynäkologischen Abteilung des Kreiskrankenhauses Bad S. vom 23.01.2004 beschriebene Abortus incipiens haemorrhagicus in der achten Schwangerschaftswoche zu der Verfolgung geführt hat und ob ggf. der Eintritt der Menopause hierauf zurückgeführt werden kann.

Unter Berücksichtigung der relativ leichten Verletzungen der Klägerin hält es der Senat auch nicht für wahrscheinlich, dass die von ihr vorgetragene seelische Beeinträchtigung - etwa im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung - allein auf die von ihr geschilderten tätlichen Angriffe zurückzuführen sind. Denn nach dem Diagnostischen und Statistischen Manual psychischer Störungen - Textrevision - (DSM-IV-TR) Nr. 309.81 ist das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis, wobei das traumatische Ereignis unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation beinhaltet, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat. Ein solches extremes Ereignis ist vorliegend nicht beschrieben. Im Übrigen sind die nach den Schilderungen der Klägerin beschriebenen Drohungen der K. nicht mit einer ernsthaften Morddrohung gleichzusetzen.

Die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsschäden "Gesichtsnervenlähmung, psychische Beeinträchtigung" könnten allenfalls auf die Gesamtheit der durch die tätlichen Angriffe und Beleidigungen durch K. im Zeitraum vom Jahr 2002 bis Dezember 2004 / Januar 2005 ursächlich zurückgeführt werden. So haben Dr. U. in seinem Arztbrief vom 29.12.2003 unter anderem eine leichte depressive Episode, eine Neurasthenie sowie einen Kopfschmerz, Dr. V. in ihrem Attest vom 16.06.2004 einen Zustand nach Facialisparese rechts sowie eine akute Belastungsreaktion, Dr. W.-R. in ihrem Attest vom 02.03.2005 eine Facialisparese rechts wegen psychischer Belastungssituation und Dr. J. in seiner Zeugenauskunft vom 03.04.2006 unter anderem eine aktuell psychische Traumatisierung nach der Auseinandersetzung mit K., eine Gesichtslähmung, Magengeschwüre sowie Panikattacken, besonders bei Erinnern der Ereignisse, beschrieben. Andererseits ergibt sich aber aus dem Krankheitsverzeichnis der DAK, dass die Klägerin bereits vom 12.04.1996 bis zum 26.04.1996 wegen Neurosen und vom 24.08.1999 bis zum 08.09.1999 wegen eines nervösen Erschöpfungssyndroms arbeitsunfähig krank war und mithin vor den Auseinandersetzungen mit K. an einer seelischen Erkrankung gelitten hat. Auch hat Dr. G. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.05.2006 ausgeführt, es ergäben sich Hinweise auf eine psychische Beeinträchtigung der Klägerin, wobei Faktoren, wie Ehekonflikt und Arbeitslosigkeit, zu beachten seien. Der Senat lässt es aber dahin stehen, ob die Erkrankung der Klägerin auf nervenheilkundlichem Fachgebiet auf die Auseinandersetzungen mit K. zurückzuführen sind.

Denn bei den von der Klägerin geschilderten Beleidigungen durch K. handelt es sich nicht um tätliche Angriffe im Sinne des § 1 OEG. Solche Vorgänge des gesellschaftlichen Lebens fallen auch dann nicht unter den Begriff des tätlichen Angriffs, wenn das dadurch missachtete, herabgesetzte, sozial ausgegrenzte oder gar geächtete Opfer psychisch erkrankt. Denn für die Anwendung des OEG ist von seinem Grundgedanken auszugehen, dass nur Opfer von Gewalttaten entschädigt werden sollen. Das OEG deckt mithin nicht alle - sonstigen - aus dem Gesellschaftsleben folgenden Verletzungsrisiken ab, die einem anderen als dem Geschädigten zuzurechnen sind. Solche nicht unter § 1 OEG fallenden Verletzungsrisiken birgt ein Mobbing. Darunter ist ein über längere Zeit sich hinziehender Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes zu verstehen, in dessen Verlauf das Opfer verbal attackiert, in seinen Möglichkeiten zur Kommunikation eingeschränkt, in seinen sozialen Beziehungen angegriffen und in seinem Ansehen herabgesetzt wird. Außer in Extremfällen wird dabei der Rahmen des zwar gesellschaftlich Missbilligten, aber nicht Strafbaren nicht verlassen und die Schwelle zum - mit Ausnahme der vom Strafgesetzbuch (StGB) erfassten Fälle von Beleidigung (§ 185 StGB), übler Nachrede (§ 186 StGB), Verleumdung (§ 187 StGB) und Nötigung (§ 240 StGB) - kriminellen Unrecht nicht überschritten. Nur jenseits dieser Schwelle und selbst dort nur ausnahmsweise werden einzelne Mobbing-Aktivitäten als auf den Körper des Opfers zielende Einwirkungen und damit als tätliche Angriffe im Sinne des OEG anzusehen sein. Der geltend gemachte Anspruch lässt sich auch nicht auf das Argument stützen, Mobbing müsse wegen der Gefahr schwerer psychischer und psychosomatischer Schäden unabhängig von Art, Zahl und Qualifikation einzelner Aktivitäten als tätlicher Angriff angesehen werden. Dieser Ansicht zu folgen hieße, die begrenzende Funktion des Merkmals "tätlicher Angriff" in ihr Gegenteil zu verkehren. Das OEG entschädigt nicht jeden von einem beliebigen Unglücksfall Betroffenen, wie etwa eine allgemeine Volksversicherung gegen schwere Unfälle aller Art. Selbst die Opfer von Straftaten werden nicht ausnahmslos, sondern nur als Betroffene einer mit Gewaltanwendung verbundenen Straftat entschädigt. Mit dem Abgrenzungsmerkmal "tätlicher Angriff" scheidet das Gesetz die entschädigungspflichtigen von den sonstigen Straftaten. Es erweitert den auf diese Weise eng gehaltenen Kreis entschädigungsberechtigter Opfer nur um die in § 1 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 OEG genannten Fälle des mit gemeingefährlichen Mitteln begangenen Delikts und der vorsätzlichen Giftbeibringung, weil hier ebenfalls ein gewaltsamer Bruch der Rechts- und Friedensordnung vorliegt. Damit sind nicht nur reine Vermögensschäden, wie sie durch Betrug, Untreue und ähnliche Straftaten häufig entstehen, sondern auch die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen solcher Straftaten von staatlicher Entschädigung nach dem OEG ausgenommen. So erwerben die Angehörigen eines um sein gesamtes Vermögen gebrachten Betrugsopfers keinen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung, wenn sich der Betrogene aus Gram über den Verlust von Hab und Gut umbringt. Damit bleiben vorliegend entschädigungsrechtlich relevant nur die Geschehnisse im Keller des Wohnhauses am 02.02.2003, im Rathaus R. am 03.02.2003 und in der Bäckerei H. am 24.07.2003, weil sämtliche weiteren von der Klägerin geschilderten Aktivitäten der K. die Grenzen nur gesellschaftlich, nicht aber strafrechtlich missbilligten Verhaltens nicht überschritten oder - für den Fall einzelner Taten nach den §§ 185 bis 187 StGB - nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität der Klägerin abgezielt haben (BSG, Urteil vom 14.02.2001 - B 9 VG 4/00 R -).

Nichts anderes gilt, wenn man das Verhalten der K. in seiner Gesamtheit als "Stalking" im Sinne des mit Wirkung vom 31.03.2007 durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetztes vom 22.03.2007, BGBl I, S. 354 eingeführten § 238 StGB wertet. Zum einen hat sich das hier zu beurteilende Geschehen, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, vor dem 31.03.2007 zugetragen. Zum anderen sprechen die oben wiedergegebenen Argumente des BSG im Urteil vom 14.02.2001 - B 9 VG 4/00 R, wonach "Mobbing" regelmäßig kein tätlicher Angriff im Sinne des Opferentschädigungsrechts ist, entgegen der vom LSG Niedersachsen-Bremen im Urteil vom 22.06.2006 - L 13 VG 7/05 (zitiert nach Juris) vertretenen Meinung gleichermaßen gegen eine Subsumtion des Stalking unter diesen Begriff.

Den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen war nicht stattzugeben. Mit ihren Ausführungen unter Buchst. B. Ziffern 2 und 5 aus der "Beschwerdeschrift" vom 16.09.2009 (Entschädigung nach dem OEG, Mehrforderungen vorbehalten) hat die Klägerin keine neuen Anträge gestellt. Hinsichtlich der Anträge unter Buchst. B. Ziffern 1, 3 und 4 liegt keine zulässige Klageänderung ( § 99 Abs. 1 SGG i. V. m. § 153 Abs. 1 SGG) vor. Weder hat der Beklagte hierin eingewilligt, noch sind diese Anträge sachdienlich. Eine Pflicht zur Anzeige von Straftaten sieht § 183 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) nur vor, wenn solche in der Sitzung begangen werden. Für das Begehren auf Zahlung von 500.000 EUR und auf Initiierung einer Stiftung ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten (§ 51 SGG) nicht gegeben.

Mithin sind keine Schädigungsfolgen der von der Klägerin geschilderten tätlichen Angriffe einerseits und der von der Klägerin geschilderten verbalen Angriffe andererseits festzustellen und ist, da ein GdS ab 30 mithin nicht gegeben ist, keine Beschädigtenrente nach § 1 OEG in Verbindung mit §§ 30 und 31 BVG zu gewähren.

Nach alledem ist der Bescheid vom 19.05.2004 jedenfalls im Ergebnis richtig und war daher nicht nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzunehmen und hat der Beklagte zu Recht die Feststellung von Schädigungsfolgen sowie die Gewährung von Beschädigtenrente abgelehnt.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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