L 12 AS 5996/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 1077/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5996/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis 7. März 2007.

Der 1983 geborene Kläger bezog bis Dezember 2004 Sozialhilfe. Im Januar 2005 beantragte er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zu diesem Zeitpunkt wohnte er gemeinsam mit seinen erwerbstätigen Eltern und dem 1988 geborenen Bruder, der noch Schüler war, in einer Mietwohnung. Im Frühjahr 2006 erfolgte der Umzug der Familie in ein Eigenheim.

Mit Bescheid vom 2. März 2005 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Kläger mit seinen Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft lebe, weshalb vermutet werde, dass er von diesen Leistungen erhalte. Im Widerspruchsverfahren bewilligte die Beklagte laufende Leistungen unter teilweiser Anrechnung des Einkommens der Eltern für den Zeitraum Januar bis Juni 2005 und wies im Übrigen den Widerspruch zurück, da weiterhin zu vermuten sei, dass der Kläger von seinen Eltern Leistungen erhalte. Da dies nur in gewissem Umfang zu erwarten sei, erfolge lediglich eine teilweise Anrechnung. Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) machte der Kläger geltend, er lebe nicht mit seinen Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft. In der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2007 hörte das SG den Kläger persönlich an und vernahm seine Eltern als Zeugen. Diese gaben an, sie hätten sich Ende 2005 dazu entschlossen, den Kläger, der keiner Beschäftigung nachgehe und Drogen konsumiere und aus ihrer Sicht nicht ausreichend an einer Entwöhnung mitwirke, zwar weiterhin in der gemeinsamen Wohnung wohnen zu lassen, ihm aber sonst keine weitere Unterstützung finanzieller Art oder im Haushalt zu teil werden zu lassen. Seither führe der Kläger einen eigenen Haushalt in der gemeinsamen Wohnung bzw. im gemeinsamen Haus. Die Beklagte erklärte sich daraufhin bereit, die Ablehnung von Leistungen für die Zeit ab 1. Juli 2006 (das hier zugrunde liegende Klageverfahren war bereits anhängig) im Lichte der Beweisaufnahme erneut zu überprüfen, der Kläger nahm die Klage zurück (S 9 AS 146/06). Für den Zeitraum Januar bis Juni 2006 erbrachte die Beklagte schließlich dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Regelleistung von 345 EUR (Änderungsbescheid vom 28. Februar 2008).

Am 1. Juli 2006 hatte der Kläger erneut Leistungen beantragt. Mit Bescheid vom 18. August 2006 lehnte die Beklagte den Antrag im Hinblick auf das Einkommen der Eltern ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2007 mit der Begründung zurück, dass nach der ab Juli 2006 geltenden Rechtslage von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinen Eltern auszugehen sei. Das zu berücksichtigende Einkommen der Eltern übersteige den Gesamtbedarf, weshalb kein Leistungsanspruch bestehe.

Am 23. Februar 2007 hat der Kläger zum SG Klage erhoben und weiterhin die Auffassung vertreten, eine Bedarfsgemeinschaft bestehe zwischen ihm und seinen Eltern angesichts der getrennten Haushalte weiterhin nicht.

Das SG hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung am 20. Juni 2008 persönlich angehört und sodann mit Urteil vom gleichen Tag die Beklagte verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 7. März 2007 Arbeitslosengeld II in gesetzlicher Höhe ohne Berücksichtigung des Einkommens von Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass der Kläger Anspruch auf Alg II habe, da er erwerbsfähig und hilfebedürftig sei. Das Einkommen und Vermögen seiner Eltern könne nicht berücksichtigt werden, weil der Kläger mit diesen nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebe. Der Kläger und seine Eltern gehörten keinem gemeinsamen Haushalt an. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II in der ab 1. Juli 2006 geltenden Fassung gehörten zur Bedarfsgemeinschaft die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der im Haushalt lebenden Eltern, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Eine Haushaltsgemeinschaft liege vor, wenn mehrere Personen in einem gemeinsamen Haushalt lebten und aus einem Topf wirtschafteten. Hierfür spreche insbesondere eine gemeinsame Kasse, der gemeinsame Einkauf und Verbrauch von Dingen des alltäglichen Bedarfs sowie die gemeinsame Nutzung der Haushaltseinrichtungen. Abzugrenzen sei die Wohngemeinschaft. In einer Familie sei eine Haushaltsgemeinschaft anzunehmen, wenn die Lebensmittel, die Gegenstände des täglichen Bedarfs und die erforderlichen Haushaltseinrichtungen von demjenigen Familienmitglied angeschafft werden, der über das hierfür erforderliche Einkommen verfüge und dann allen übrigen Haushaltsangehörigen zur Verfügung stünden. Nach dem Beweisergebnis im Vorprozess und den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung lebe dieser weitgehend für sich, er kaufe die für ihn bestimmten Lebensmittel auf eigene Rechnung selbst ein und bereite diese auch selbst für sich zu. Die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel verdiene er entweder selbst oder erhalte sie von Dritten (der "Oma"). Die Bevorratung erfolge in einem eigenen Kühlschrank und die Zubereitung erfolge auf einen eigenen Kochgelegenheit. Die selbst zubereiteten Mahlzeiten nehme der Kläger in seinem eigenen Zimmer zu sich. Auch die sonstigen Gegenstände des täglichen Bedarfs beschaffe er sich auf eigene Rechnung. Zuzugeben sei, dass dem Kläger die wesentlichen Haushaltseinrichtungen (Zimmer, Badezimmer, Strom, Heizung, Wasser, Waschmaschine) praktisch von den Eltern zur Verfügung gestellt würden. Abgesehen von der Waschmaschine finde aber keine gemeinsame Benutzung der Räumlichkeiten des Hauses statt. Auch wechselseitige Hilfeleistungen im Haushalt würden nicht erbracht. Nach Lage der Dinge bestehe auch eine gewisse Entgeltlichkeit der zur Verfügung gestellten Haushaltseinrichtungen, denn die Eltern behielten das Kindergeld ganz für sich. Dass dem Kläger darüber hinaus gelegentlich Kleinbeträge und Kleidungsstücke zur Verfügung gestellt würden, schade nicht, denn insoweit handele es sich nicht um Beiträge zum laufenden Lebensunterhalt, sondern um jeweils aus bestimmten Anlass gewährte Geschenke. Insgesamt ergebe sich damit das Bild von zwei unabhängigen Haushalten. Zu berücksichtigen sei auch das Lebensalter des Klägers. Dieser befinde sich bereits deutlich im Erwachsenenalter, weshalb grundsätzlich nichts gegen die Annahme eines eigenen Haushalts - auch innerhalb der vier Wände der Eltern - spreche.

Gegen das ihr am 21. November 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, 22. Dezember 2008 eingelegte Berufung der Beklagen. Sie verweist darauf, dass der Kläger nach eigenen Angaben sein Zimmer im ersten Stock des Reihenmittelhauses habe, sich seine Mahlzeiten in einem Mikrowellenherd zubereite, der im Keller stehe, wie auch sein Kühlschrank und die Waschmaschine der Familie. Er benütze ein eigenes Bad und Toilette im zweiten Stock des Hauses. Auch nahe Verwandte könnten in einer Wohngemeinschaft zusammen leben, allerdings müsse dies dann so organisiert sein, wie dies auch in einer Wohngemeinschaft zwischen familienfremden Personen Usus sei. So wie der Kläger über drei Stockwerke im Haushalt seiner Eltern wohne, sei ein Wohnen mit einem familienfremden Wohngemeinschaftsmitglied nicht denkbar. Die Tatsache, dass die Eltern dem Kläger außer Wohnraum und Einrichtungs- und Haushaltsgegenständen keine Barmittel zur Verfügung stellten und dieser ein von der Familie relativ losgelöstes Leben führe, spreche nicht dagegen, dass er Haushaltsangehöriger sei. Maßgebend sei, dass die Eltern ihrem Sohn alle erforderlichen Einrichtungen des Hauses in einer Art und Weise zur Verfügung stellten, wie dies bei einem Fremden nicht möglich wäre und hierfür nur das für ihn gezahlte Kindergeld einbehielten. Die - soweit noch möglich - erzieherischen Maßnahmen der Eltern und ihre damit zusammenhängenden Unterstützungsleistungen sowie die familieninternen Umfangsformen könnten nicht zu einer Belastung des Steuerzahlers führen. Zur Frage des eigenen Badezimmers widersprächen sich die gemachten Angaben des Klägers. Im Februar 2007 habe er auf ausdrückliche Nachfrage des SG noch angegeben, er benutze das gemeinsame Bad der Familie. Erst im Widerspruchsverfahren gegen einen neuerlichen Ablehnungsbescheid zum Antrag auf Leistungsgewährung ab 8. März 2007 sei angegeben worden, der Kläger verfüge über ein eigenes Bad im 3. Stock. In der Klagebegründung vom 12. März 2008 gegen den Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2008 (S 6 AS 1277/08) werde vorgetragen, der Kläger verfüge seit März 2007 über eine eigene Dusche. Dies sei absolut unglaubhaft, denn hätte dem Kläger eine Dusche im 3. Stock ab März 2007 eingerichtet werden sollen, wären Ende Februar 2007 bereits die entsprechenden Arbeiten im Gange gewesen, so dass die Frage nach der Benutzung des Badezimmers der Familie mit einer entsprechenden Ergänzung auf die in unmittelbarer Zukunft geänderten Verhältnisse beantwortet worden wäre. Hier seien aber Aussagen modifiziert worden, nachdem festgestellt worden sei, dass bei einer Mitbenutzung des Familienbades der Leistungsträger nicht von eigenständigem Wohnen ausgehe.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senatsvorsitzende mit Beschluss vom 4. Februar 2009 im Einverständnis mit dem Kläger die Vollstreckung aus dem Urteil des SG bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz ausgesetzt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Juni 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es sei richtig, dass der Kläger früher das gemeinsame Bad der Familie noch habe nutzen müssen, weil die für ihn eigens im Haus eingerichtete Dusche erst im März 2007, relativ knapp nach dem Termin im anderen Verfahren, habe eingerichtet werden können. Eine Gemeinschaft mit den Eltern habe weder in finanzieller Hinsicht noch im Hinblick auf Wohnungseinrichtungen und Gegenstände bestanden. Der Kläger bestreite seien Lebensunterhalt selbst und sei für sich selbst verantwortlich. Das Kindergeld beinhalte die Miete gegenüber den Eltern. Eine parallele Betrachtung gegenüber einem "Fremden" werde nicht für geeignet und zulässig gehalten. Zur Motivationslage der Eltern sei auszuführen, dass sich diese natürlich um den Kläger Sorgen gemacht hätten. Sie hätten es auch mittlerweile geschafft, dass er eigenständig geworden sei. Er arbeite seit Mitte Oktober 2008 und lebe inzwischen bei seiner Großmutter.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtgesetz SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 18. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weshalb das SG zu Recht die Beklagte zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dem Grunde nach ohne Berücksichtigung von Einkommen Dritter verurteilt hat.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind und (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Der im Streitzeitraum 22 bzw. 23-jährige, erwerbsfähige Kläger hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist auch hilfebedürftig. Damit gehört er zum leistungsberechtigten Personenkreis.

Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Dabei gehören zur Bedarfsgemeinschaft die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II i.d.F. ab 1. Juli 2006, BGBl. I S. 558). Soweit Hilfebedürftige mit Verwandten oder Verschwägerten in Haushaltsgemeinschaft leben, wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen oder Vermögen erwartet werden kann (§ 9 Abs. 5 SGB II).

Der Kläger selbst verfügte in dem hier streitigen Zeitraum über keinerlei anzurechnende Einkünfte i.S.v. § 11 Abs. 1 SGB II und über kein berücksichtigungsfähiges Vermögen i.S.v. § 12 SGB II. Das für ihn gezahlte Kindergeld, welches die Eltern als Nutzungsentschädigung für das Zimmer einbehalten haben, ist ihm nicht als Einkommen anzurechnen. Nach der bis 31. Juli 2006 geltenden Rechtslage war das Kindergeld für volljährige Kinder dem Kindergeldberechtigten zugeordnet (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 3). Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II (i.d.F. ab 1. August 2006) ist das Kindergeld als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen, allerdings gilt dies nur für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder. Da der Kläger mit seinen Eltern im streitigen Zeitraum keine Bedarfsgemeinschaft bildete, ist ihm das an die Eltern geflossene Kindergeld nicht als Einkommen anzurechnen. Aus dem gleichen Grund kann auch das Einkommen seiner Eltern im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung keine Berücksichtigung finden.

Der Kläger gehört nicht dem Haushalt seiner Eltern an und bildet daher mit diesen keine Bedarfsgemeinschaft. Eine Haushaltsgemeinschaft erfordert über eine bloße Wohngemeinschaft hinaus, dass ein gemeinsamer Haushalt im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft geführt wird (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 6/08 R - (juris)). Auch innerhalb einer Familie mit unter 25jährigen Kindern ist nicht zwangsläufig von einem Haushalt auszugehen - der Wortlaut des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II verlangt ein "dem Haushalt angehören" -, sondern es sind durchaus Gestaltungen möglich, die einer reinen Wohngemeinschaft entsprechen.

Vorliegend ist eine Haushaltsgemeinschaft nicht gegeben. Der Senat stützt sich insoweit auf das Protokoll vom 27. Februar 2007 im Verfahren S 9 AS 146/06, welches im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird und die hierin enthaltenen Angaben der Zeugen. Danach hat der Kläger - seine eigenen Angaben stimmen hiermit überein - ein Zimmer zum Wohnen und Schlafen nutzen können sowie ein Küchenabteil im Keller sowie das Badezimmer und die Waschmaschine der Familie. Ob ab Anfang März 2007 dem Kläger darüber hinaus eine eigene Dusche im dritten Stock zur Verfügung stand, spielt keine Rolle. Zum einen liegt dieser Zeitraum außerhalb der hier streitigen Zeit, zum anderen kommt es darauf nicht an, denn auch in einer reinen Wohngemeinschaft steht nur im Ausnahmefall jedem Bewohner ein eigenes Bad mit WC zur Verfügung. Mahlzeiten hat der Kläger nicht mit der Familie eingenommen, für ihn wurde auch nicht gekocht, eingekauft, gewaschen oder geputzt. Der Kläger hat sich vielmehr selbst versorgt und sich am Haushalt der übrigen Familie weder finanziell noch durch Mithilfe beteiligt. Die ihm von den Eltern zur Verfügung gestellte Wohnmöglichkeit wurde durch den Einbehalt des Kindergelds abgegolten. Damit liegt keinerlei gemeinsames Wirtschaften vor. Zwar ist der Beklagten einzuräumen, dass die räumliche Aufteilung der dem Kläger zur Nutzung überlassenen Bereiche im Eigenheim der Eltern kaum in gleicher Form in Gestaltung einer Untermiete an einen fremden Dritten möglich wäre. Dies ist jedoch auch nicht erforderlich. Das Bundessozialgericht hat bereits entschieden, dass bei Miete ein sogenannter Fremdvergleich nicht gefordert wird, es vielmehr sogar im Interesse des Grundsicherungsträgers liegt, wenn etwa zwischen Angehörigen besonders günstige, marktunübliche Konditionen vereinbart werden (vgl. BSG, Urteile vom 3. März 2009 - B 4 AS 37/08 R - und vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 31/07 R - (beide juris)). Entsprechend ist dies auch hier zu würdigen.

Damit steht fest, dass der Kläger während des gesamten streitigen Zeitraums Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hatte. Das vom SG erlassene Grundurteil ist nach alledem nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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