L 3 SB 1581/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SB 2177/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 1581/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 17. März 2009 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.

Bei der 1966 geborenen Klägerin stellte das nach deren damaligem Wohnsitz zuständige Versorgungsamt A. nach einer im April 2002 erfolgten Operation eines Cervixkarzinoms mit Bescheid vom 11.06.2002 einen GdB von 80 wegen einer Erkrankung der Gebärmutter (in Heilungsbewährung) fest.

Auf die von dem Beklagten eingeleitete Nachprüfung teilte die Klägerin am 29.10.2007 mit, sie leide unter einem Lymphödem an beiden Beinen, Verdauungsproblemen, Harninkontinenz, Osteoporose und Haarausfall, Wechseljahresbeschwerden und einer psychischen Labilität. Sie fügte den Bericht über eine am 03.11.2006 durchgeführte Knochendichte-Kontrollmessung (Lendenwirbelsäule: WHO-Klassifizierung: normal, Frakturrisiko: nicht erhöht; linke Hüfte: WHO-Klassifizierung: Osteopenie, Frakturrisiko: erhöht), Arztbriefe des Internisten Dr. Hammann (letzte Diagnosen am 16.12.2005: Cervixcarcinom, axiale Hiatushernie), des Frauenarztes M. vom 27.06.2005 (16.06.2005: keine Beschwerden, Diagnose atrophe Kolpitis) und der Ärzte der Radiologischen Universitätsklinik und Poliklinik der Universitätsklinik Ulm vom 12.11.2004 (aktuell kein Hinweis auf Turmoraktivität bzw. lokoregionäre Lymphknotenfilialisierung) und Entlassungsberichte über die zwischen dem 27.01. und 24.02.2004 (Diagnosen: Cervixcarcinom, Pflasterallergie, Untergewicht), zwischen dem 18.11. und 16.12.2004 (Diagnosen: Zervix-Ca, Leistungsminderung, Beinödeme, Verdauungsstörungen, Wirbelsäulensyndrom) sowie zwischen dem 27.09. und 25.10.2002 (Diagnosen: Cervix-Ca, Lymphödem Beine, Fatigue-Syndrom, reaktive Leukopenie, Unterbauchschmerzen) durchgeführten Heilbehandlungen bei.

Der Beklagte zog über den die Klägerin behandelnden Arzt für Allgemeinmedizin Dr. P. weitere Arztbriefe der Universitätsklinik Ulm vom 17.11.2005 (mit Ausnahme eines mäßigen Beinödems beidseits keine tumor- oder therapieassoziierten Beschwerden), des Frauenarztes M. vom 26.06.2006 (nicht ganz optimaler Zyto-Befund entspricht einer Atrophie mit leicht entzündlichem Zellbild, kein Anhalt für Lokalrezidiv), des Orthopäden Dr. B. vom 23.11.2006 (Bursitis trochanterica rechts, Coxarthrose rechts), der Donauklinik Neu-Ulm vom März 2007 (Hallux valgus rechts) und des Radiologen Dr. Wanzl vom 13.11.2007 (kein Hinweis auf ein lokoregionäres TU-Rezidiv, kleine Zyste rechter Nierenoberpol, bilateral reguläre Harnabflussverhältnisse ohne Zeichen eines Aufstaus) bei.

In Auswertung dieser Befundberichte führte Dr. Z., Versorgungsärztlicher Dienst, in der gutachtlichen Stellungnahme vom 16.12.2007 aus, es sei eine Heilungsbewährung für das Gebärmutter-Ca. eingetreten. Die Eierstöcke seien bei der Operation nicht entfernt worden. Die Behinderung entfalle. Als Funktionsbeeinträchtigungen lägen noch eine Lymphstauung beider Beine mit einem Teil-GdB von 20 und eine funktionelle Störung des Dickdarms (Colon irritabile) mit einem Teil-GdB von 10 vor, der Gesamt-GdB betrage 20.

Auf die hierauf erfolgte Anhörung wies die Klägerin darauf hin, dass insbesondere die Lymphstauung beider Beine und die funktionelle Störung des Dickdarms eine erhebliche Behinderung im täglichen Leben darstellten. Die Osteoporose, der unwillkürliche Harndrang, das klimakterische Syndrom und die seelische Störung seien fehlerhaft überhaupt nicht anerkannt worden.

Der Beklagte holte daraufhin einen weiteren Befundbericht der Diplompsychologin C. ein, die unter dem 14.02.2008 ausführte, bei der Klägerin sei eine depressive Störung mit Zukunftsängsten und Beziehungskonflikten zu behandeln.

Hierzu äußerte sich Dr. G. vom Versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten unter dem 10.03.2008 dahingehend, dass bei der Klägerin bei gleichbleibendem GdB als weitere Behinderung eine depressive Störung mit einem Teil-GdB von 10 vorliege.

Mit Bescheid vom 13.03.2008 hob der Beklagte hierauf den Bescheid vom 11.06.2002 auf und stellte den GdB ab 16.03.2008 mit 20 fest. Als Funktionsbeeinträchtigungen wurden eine Lymphstauung beider Beine (Teil-GdB 20), eine funktionelle Störung des Dickdarms (Colon irritabile) (Teil-GdB 10) und eine depressive Verstimmung (Teil-GdB 10) anerkannt.

Auf den von der Klägerin erhobenen Widerspruch hörte der Beklagte den Arzt F. vom Versorgungsärztlichen Dienst, der in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 16.04.2008 eine Teilabhilfe empfahl. Er vertrat die Auffassung, die depressive Verstimmung sei mit einem Teil-GdB von 20 und der Gesamt-GdB mit 30 zu bewerten.

Mit Teil-Abhilfebescheid vom 23.04.2008 stellte der Beklagte hierauf den GdB ab 16.03.2008 mit 30 fest.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2008 wies der Beklagten den Widerspruch im Übrigen zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 19.06.2008 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, es bestehe bei ihr eine Lymphstauung auch im Beckenbereich und sie leide nicht nur an einer depressiven Verstimmung, sondern an einer depressiven Störung mit Zukunftsängsten und Beziehungskonflikten, weshalb ein GdB von mindestens 50 anzusetzen sei.

Das SG hat die Diplompsychologin C. und den Frauenarzt M. als sachverständige Zeugen gehört.

Die Psychologin hat im August 2008 mitgeteilt, sie habe die Klägerin zwischen 2004 und Juli 2008 behandelt und bei ihr eine emotionale und soziopsychische Beeinträchtigung als Folge der Strahlungsschäden festgestellt. Die Klägerin leide unter sozialen Ängsten, einer Schambelastung durch die große Narbe und die vaginalen Veränderungen, einer raschen Erschöpfung und Druckschmerzen im Unterbereich. Seit Juni 2002 habe sich die Klägerin zwar psychisch stabilisiert, aber keine Beziehungsfähigkeit erreicht.

Der Frauenarzt M. hat im September 2008 mitgeteilt, die Klägerin leide unter einem chronischen irreversiblen Lymphödem, einer rezidivierenden Wundheilungsstörung der unteren Extremität aufgrund des Lymphödems, einer vorzeitigen Menopause nach Bestrahlung mit Atrophie des äußeren Genitale und der Scheide, einer deutlichen Einschränkung der körperlichen Aktivität und chronischen Unterbauchbeschwerden bei postoperativen Verwachsungen.

Mit Urteil vom 09.02.2009 hat das SG den Bescheid des Beklagten vom 13.03.2008 in der Fassung des Bescheides vom 23.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2008 insoweit aufgehoben als ein geringerer GdB als 40 festgestellt wurde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, im Falle der Klägerin sei seit der letzten Entscheidung über den GdB mit Bescheid vom 11.06.2002 eine wesentliche Änderung insoweit eingetreten, als die Heilungsbewährung von fünf Jahren für die Erkrankung der Gebärmutter abgelaufen sei und kein Rezidiv vorliege. Für den Verlust der Gebärmutter sei kein GdB mehr zu berücksichtigen. Für die Lymphstauung im Bereich beider Beine und im Genitalbereich und für die Darmbeschwerden sei der vom Beklagten angenommene Einzel-GdB von 20 bzw. 10 angemessen. Die Beschwerden der Klägerin auf psychischem Gebiet rechtfertigten jedoch nicht nur einen Einzel-GdB von 20, sondern von 30. Weitere Funktionsbeeinträchtigungen mit Einzel-GdB-Werten von wenigstens 10 seien nicht gegeben. Ein Gesamt-GdB von 40 sei aufgrund der Erhöhung des Einzel-GdB von 30 für die psychischen Beeinträchtigungen gerechtfertigt.

Mit Ausführungsbescheid vom 17.03.2009 hat der Beklagte einen GdB von 40 seit 16.03.2008 festgestellt.

Gegen das am 06.03.2009 zugestellte Urteil richtet sich die von der Klägerin am 06.04.2009 eingelegte Berufung. Zur Begründung hat sie sich insbesondere auf die bei ihr vorliegende Osteoporose, die im Jahr 2005 einen Bruch am rechten Fuß zur Folge gehabt habe, und die dauerhafte Harninkontinenz berufen.

Der Senat hat Dr. B., den Urologen Dr. O. und Frauenarzt M. als sachverständige Zeugen gehört.

Dr. B. hat unter Beifügung eigener Arztbriefe und eines Arztbriefes des Radiologen Dr. L. vom 13.10.2008 über eine Kernspintomographie der linken Schulter (Beurteilung: auffallend weiter Subacromialraum, unauffällige Kernspintomographie der linken Schulter) unter dem 07.07.2009 ausgeführt, er habe die Klägerin im Jahr 2008 zur Kontrolle nach einer am 29.03.2007 erfolgten Hallux-valgus Operation und im September 2008 wegen Schmerzen in der linken Schulter gesehen. Seit 21.10.2008 habe sich die Klägerin nicht mehr vorgestellt. Dr. O. hat ebenfalls unter Beifügung eigener Arztbriefe unter dem 20.07.2009 mitgeteilt, bei der letzten Untersuchung am 14.08.2008 habe die Klägerin keine Inkontinenz mehr angegeben. Durch die niedrig dosierte Medikation mit Propiverin habe eine vollständige Kontrolle über die Dranginkontinenz erreicht werden können. Die empfohlenen urologischen Kontrollen seien zumindest bei ihm nicht durchgeführt worden.

Frauenarzt M. hat unter dem 11.08.2009 angegeben, er habe am rechten Oberschenkel der Klägerin wie im Juni 2003 einen Umfang von 55 cm und am linken Oberschenkel im Juni 2003 einen Umfang von 55 cm und zuletzt von 57 cm gemessen. Die 2006 festgestellte Reduzierung der Knochendichte auf 85 % (altersbezogen) sei seither nicht kontrolliert worden. Die Klägerin leide unter immer wieder auftretenden Darmkrämpfen und der Notwendigkeit Abführmittel und Darmregulantien einzunehmen, einer medikamentös therapierten Blasenschwäche, einer ständigen Müdigkeit und Abgeschlagenheit sowie Erschöpfungszuständen und depressiven Verstimmungen, Haarausfall, Hitzewallungen, Schlafstörung und Nachtschweiß als Folge des durch die Bestrahlung 10 Jahre zu früh einsetzenden Östrogenausfalls. Seit 2004 sei der Gesundheitszustand gleichbleibend. Die drastische Herabsetzung des GdB erscheine ihm nicht angemessen.

Für den Beklagten hat sich Dr. Götz am 28.10.2009 dahingehend geäußert, dass aus den vom Senat beigezogenen Auskünften keine Höherbewertung ableitbar sei.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 09. Februar 2009 abzuändern und den Bescheid vom 13. März 2008 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheids vom 23. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2008 sowie des Bescheides vom 17. März 2009 insoweit aufzuheben als ein geringerer Grad der Behinderung als 50 festgestellt wurde.

Der Beklagte beantragt (sinngemäß),

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 17. März 2009 abzuweisen. Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Gegenstand des Verfahrens ist gemäß § 96 SGG auch der Bescheid des Beklagten vom 17.03.2009, über den der Senat auf Klage entscheidet.

Die Berufung und die Klage sind jedoch nicht begründet. Das angegriffene Urteil des SG ist in der Sache nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der GdB von 80 nicht auf weniger als 50 herabgesetzt worden ist. Der GdB beträgt seit 16.03.2008 40. Dies hat das SG im Urteil vom 09.02.2009 ausführlich und fehlerfrei dargelegt; hierauf wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen. Ergänzend ist festzustellen, dass ab 01.01.2009 die vom SG zugrunde gelegten Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP) durch die im Wesentlichen unveränderten Teile A und B der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VMG) zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 ersetzt worden sind. Eine andere Beurteilung der hier in Frage stehenden Funktionsbeeinträchtigungen ergibt sich daraus jedoch nicht.

Darüber hinaus ist insbesondere im Hinblick auf die vom Senat getätigten Ermittlungen auszuführen, dass die bei der Klägerin bestehende depressive Verstimmung mit dem vom SG angesetzten Teil-GdB von 30 zutreffend bewertet ist. Ein höherer GdB kommt hierfür nicht in Betracht. Ein Teil-GdB von 30 berücksichtigt nach Teil B Nr. 3.7 (Seite 27) der VMG bereits stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Solche Störungen sind z.B. bei ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen. Eine darüber noch hinausgehende Einschränkung oder Störungen der Klägerin im obersten Bereich dieser Beeinträchtigungen werden von der Diplompsychologin C. nicht beschrieben. Solche gehen auch nicht aus der von dem Frauenarzt M. erteilten sachverständigen Zeugenauskunft hervor. Er führt die von ihm ohne nähere Erläuterung erwähnten depressiven Verstimmungen, den Haarausfall, die Hitzewallungen, die Schlafstörungen und den Nachtschweiß auf den durch die Bestrahlung 10 Jahre zu früh einsetzenden Östrogenausfall zurück. Demnach handelt es sich bei der Klägerin im Grunde um 10 Jahre vorverlegte Wechseljahresbeschwerden, die mit einem GdB von 30, zumal sich die Klägerin zu keiner Zeit in psychiatrischer Behandlung befunden hat, nicht mit Antidepressiva behandelt wird und auch die psychologische Behandlung mittlerweile beendet ist, auf jeden Fall angemessen und ausreichend bewertet sind. Eine Höherbewertung ist insoweit auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Frauenarzt M. 2005, 2006 und 2008 ohne nähere Ausführungen eine Rückbildung der Geschlechtsorgane erwähnt hat, nachdem dies von der Klägerin nicht explizit geltend gemacht und in den Unterlagen der Universitätsklinik Ulm, den Rehabilitationsentlassungsberichten und auch der aktuellsten Auskunft des Arztes M. nicht mehr beschrieben wird.

Die Lymphstauung beider Beine ist zutreffend mit einem GdB von 20 bewertet. Der die Klägerin insoweit behandelnde Frauenarzt M. hat angegeben, dass er Umfangmaße an den Oberschenkeln zwischen 55 und 57 cm gemessen habe und dass ein stärkeres Lymphödem durch regelmäßige Lymphdrainage vermieden werden könne. Bei höheren Temperaturen bestehe die Notwendigkeit zum Tragen von Kompressionstrümpfen bzw. -strumpfhosen. Die VMG sehen in Teil B Nr. 9.2.3 (Seite 50 f) für ein Lymphödem an einer Gliedmaße ohne wesentliche Funktionsbehinderung und mit dem Erfordernis einer Kompressionsbandage einen GdB von 0-10 und mit stärkerer Umfangsvermehrung (mehr als 3 cm) je nach Funktionseinschränkung einen GdB zwischen 20 und 40 vor. Nach diesen Vorgaben kommt ein höherer GdB als 20 für die Beeinträchtigungen der Klägerin, die kein dauerndes Tragen von Kompressionsbandagen erfordern, auch unter Berücksichtigung eines Lymphödems an beiden Beinen, der Notwendigkeit sich vor Insektenstichen zu schützen, warmes Baden, Sauna sowie Verletzungen zu meiden und bei sportlichen Betätigungen Vorsicht walten zu lassen, nicht in Betracht. Weiterer Ermittlungen bedurfte es insoweit nicht. Die funktionelle Störung des Dickdarms (Colon irritabile) ist mit einem Teil-GdB von 10 angemessen berücksichtigt. Ein GdB von 20 bis 30 ist nach Teil B Nr. 10.2.2 (Seite 54) der VMG erst für chronische Darmstörungen mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen (z.B. Durchfälle, Spasmen) gerechtfertigt. Solche Beschwerden werden bei der Klägerin noch nicht geschildert. Die von dem Frauenarzt M. erwähnten immer wieder auftretenden Darmkrämpfe und die Notwendigkeit, Abführmittel und Darmregulantien einzunehmen, erfüllen noch nicht die Kriterien für eine Höherbewertung. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die von Dr. Hammann durchgeführte Coloskopie unauffällig war und er abdomensonographisch keinen pathologischen Befund fand.

Die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen bedingen noch keinen GdB.

Hinsichtlich der Dranginkontinenz hat Dr. O. mitgeteilt, dass schon durch die niedrig dosierte Medikation mit Propiverin eine vollständige Kontrolle über die Dranginkontinenz habe erreicht werden können und die Klägerin bei der letzten Untersuchung auch keine Inkontinenz mehr angegeben habe. Der Frauenarzt M. hat die von ihm weiterhin angeführte Blasenschwäche, Dranginkontinenz und gelegentliche Stressinkontinenz nicht weiter konkretisiert. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei Dr. O. insoweit um den zuständigen Facharzt handelt, ist seinen Ausführungen folgend hierfür kein GdB anzusetzen (Teil B Nr. 12.2.2 und 12.2.4, Seite 66 f der VMG).

Die am rechten Vorfuß der Klägerin durchgeführte Operation aufgrund eines bestehenden Hallux valgus hat nach der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. B. zu einem guten Ergebnis geführt. Die Beweglichkeit ist lediglich endgradig eingeschränkt und bedingt deshalb nach Teil B Nr. 18.14 (Seite 101 f) der VMG noch keinen GdB.

Die Schulterbeweglichkeit links war nach den Ausführungen von Dr. B. im Jahr 2008 zwar eingeschränkt, die Abduktion gelang jedoch weiterhin bis 150 Grad und die Kernspintomographie war unauffällig, so dass auch hierfür ein GdB nicht in Betracht kommt, nachdem nach Teil B Nr. 18.13 (Seite 93) der VMG erst bei einer Bewegungseinschränkung des Schultergelenks, die zur Folge hat, dass der Arm nur bis zu 120 Grad erhoben werden kann, ein GdB in Betracht kommt.

Dasselbe gilt auch für die von der Klägerin im Jahr 2006 beklagten Hüftschmerzen bei freier Beweglichkeit. Allein die Feststellung einer mäßiggradigen Coxarthrose auf dem Röntgenbild rechtfertigt noch keinen GdB. Abzustellen ist auf die Funktionsbeeinträchtigung (Teil B Nr. 18.14 - Seite 98 f - der VMG). Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick darauf, dass die Knochendichtemessung der Klägerin im Bereich der linken Hüfte im Jahr 2006 eine Osteopenie und ein erhöhtes Frakturrisiko zeigte. Eine ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts bedingt nach Teil B Nr. 18.1 (Seite 86) der VMG noch keinen GdB.

Beeinträchtigungen der Klägerin auf Grund eines Fußbruches werden von den Ärzten nicht beschrieben.

Aus diesen Einzel-GdB Werten (GdB 30 für die depressive Verstimmung, GdB 20 für die Lymphstauung beider Beine und GdB 10 für die funktionelle Störung des Dickdarms) hat das SG zurecht einen Gesamt-GdB von 40 gebildet. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG zur Bildung des Gesamt-GdB wird, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, insoweit verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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