L 4 KR 3256/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 4573/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3256/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er vom 03. August 1993 bis 31. Juli 2008 bei der zu 4) beigeladenen GmbH nicht gesamtsozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.

Seit Gesellschaftsvertrag vom 21. Dezember 1977 (vgl. hierzu Handelsregisterauszug des Amtsgerichts H.) bestand die Beigeladene zu 4) in K. a. N. als Beteiligungsgesellschaft mit einem Onkel des Klägers, dem Maurermeister D. L., als einzigem Gesellschafter und Geschäftsführer. Sie wurde durch Gesellschafterbeschluss vom 03. März 1983 in eine Bauunternehmung mit einem Stammkapital von DM 50.000,00 umgewandelt. Durch Gesellschafterbeschluss vom 04. Oktober 1984 trat der Vater des Klägers, der Mechaniker E. R., als Gesellschafter und Geschäftsführer bei. Seit Gesellschafterbeschluss vom 03. September 1994 betrug das Stammkapital DM 100.000,00. Seit seinem Eintritt betrug der Kapitalanteil des Vaters des Klägers 40 v.H. und der des Onkels des Klägers 60 v.H ... In § 5 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrags war bestimmt:

Die Geschäftsführungsbefugnisse des bzw. der Geschäftsführer erstrecken sich auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt. Für die nachfolgend aufgeführten Geschäfte und Handlungen ist vor ihrer Vornahme ein Gesellschafterbeschluss erforderlich: a) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten; b) Anschaffung oder Veräußerung von Gegenständen des Anlagevermögens, die im Einzelfall mehr als DM 10.000 betragen; c) Abschluss, Änderung usw. von Miet- und Pachtverträgen jeder Art; d) Kreditgewährung, Wechselbegebung und Übernahme von Bürgschaften aller Art sowie Kreditaufnahme; e) Einstellung und Entlassung von Personal; f) Aufnahme neuer Geschäftszweige, Errichtung von Zweigniederlassungen, Übernahme von Beteiligungen und Ausübung des Stimmrechts der Gesellschaft aus Beteiligungen; g) Abschluss, Änderung usw. von Unternehmensverträgen; h) Erteilung und Widerruf von Prokura, Handlungsvollmacht, Versorgungszusagen und Erfolgsbeteiligungen; i) Abschluss von Verträgen, durch die die Gesellschaft mehr als 1 Jahr verpflichtet wird; j) alle über den gewöhnlichen Geschäftsverkehr hinausgehenden Geschäfte und Handlungen.

Der am 19. Dezember 1968 geborene Kläger war seit September 1984 versicherungspflichtig beschäftigt und nahm vor der hier streitigen Zeit zuletzt vom 22. September 1992 bis 17. Juli 1993 an einer mit Bezug von Unterhaltsgeld geförderten Ausbildung teil. Seinen Angaben nach absolvierte er 1993 eine Ausbildung zum Straßenbaumeister und schloss im Jahre 1995 auch ein Studium der Betriebswirtschaft ab. Ab 03. August 1993 war er bei der Beigeladenen zu 4) gegen Entgelt, seinen Angaben nach bereits vom 01. Juli 1992 bis 02. August 1993 während des Besuchs der Meisterschule ohne Entgelt, tätig. Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung wurden entrichtet. Auch meldete die Beigeladene zu 4) den Kläger vom 03. August 1993 bis 31. Dezember 2000 in der Kranken- und Pflegeversicherung als Pflichtversicherten bei der Beklagten an. Die Bezüge wurden als Betriebsausgaben verbucht. Unterbrechungen durch Bezug von Krankengeld oder anderen Sozialleistungen traten nicht ein. Mit Darlehensvertrag vom 25. Juni 1997 gewährte der Kläger der Beigeladenen zu 4) ein zinsloses Darlehen von DM 59.880,00 zum Ausgleich der unentgeltlichen Überlassung eines mit dem Darlehen finanzierten Pkw, der dem Kläger unentgeltlich auch zur privaten Nutzung überlassen wurde. Dem Kläger wurde das Recht eingeräumt, das Darlehen ohne Einhaltung einer Frist zur sofortigen Rückzahlung zu kündigen, wenn u.a. über das Vermögen der Beigeladenen zu 4) ein Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet werde oder die Beigeladene zu 4) eine eidesstattliche Versicherung über ihre Vermögenslosigkeit abgebe. Mit dem Nachtrag vom 27. September 2000 wurde vereinbart, dass das Darlehen mit sechs v.H. jährlich zu verzinsen sei und der Kläger als Darlehensgeber ab 01. September 2000 für Zins und Tilgung monatlich DM 600,00 bis zur vollständigen Tilgung des Darlehens ausbezahlt erhalte. Am 14. Juli 1997 vereinbarten die Beigeladene zu 4) - bezeichnet als Arbeitgeber - und der Kläger - bezeichnet als Arbeitnehmer - zum einen eine "Tantiemezusage", wonach der Kläger eine zusätzliche jährliche Erfolgsbeteiligung in Höhe von 10 v.H. des Jahresüberschusses der Beigeladenen zu 4) vor Abzug der Tantiemen und der Körperschaftsteuer sowie vor Hinzurechnung der durch die Tantiemen bedingten Gewerbesteuerminderung erhält, die erstmals aus dem Ergebnis des Geschäftsjahres 1996 zu gewähren war, sowie zum anderen dass der Kläger auf Gehalt, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld verzichtet, wenn es die wirtschaftliche Lage der Firma erfordert und die Höhe des Verzichts gemeinsam festgelegt wird.

Mit Schreiben vom 21. November 2005 beantragte der Kläger unter Beifügung des Gesellschaftsvertrags und einer (undatierten) "Bestätigung" für den Kläger "als Geschäftsführer einer Familien-GmbH ab dem 01.07.1992 für den technischen Bereich", unterschrieben von D. L., bei der Beklagten die Feststellung, dass er nicht versicherungspflichtig beschäftigt sei. Die "Bestätigung" lautet:

"Herr R. unterliegt bei seiner Tätigkeit keinen Weisungen der Gesellschafter und bestimmt Zeit, Ort und Dauer seiner Tätigkeit, einschließlich des Urlaubs, selbst. Seine einem Alleininhaber vergleichbare Stellung im Unternehmen ergibt sich u.a. daraus, dass ausschließlich er aufgrund seines besonderen Fachwissens und der ihm zur Verfügung stehenden Branchenkenntnisse die Geschicke der Gesellschaft bestimmt. Die Entscheidungen in der Gesellschafterversammlung werden von ihm maßgeblich mitbestimmt, wobei er Kraft seiner Kompetenz die Weichen stellt und in der Sache die alleinige Verantwortung trägt. Herr R. hat sich in keine betriebliche Ordnung einzufügen, ebenfalls wird seine Tätigkeit durch familienhafte Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt. Dieser selbstständigen Stellung entspricht die vereinbarte Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft und auf der anderen Seite das Risiko, unter bestimmten Voraussetzungen auch Verluste mit tragen zu müssen."

Vorgelegt wurde auch der mit 09. November 2005 unterzeichnete Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung mit folgenden wesentlichen Angaben: Er sei seit 13. Juli 1992 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer für den technischen Geschäftsbereich. Er könne durch Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen oder verhindern und habe der Beigeladenen zu 4) kein Darlehen gewährt oder Bürgschaften für sie übernommen. Vom Selbstkontrahierungsverbot sei er nicht befreit, verfüge jedoch als einziger Geschäftsführer über die erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse und die Tätigkeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahmen durch gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt. Ein besonderer Dienstvertrag bestehe nicht, wobei er tatsächlich wöchentlich durchschnittlich 50 bis 70 Stunden arbeite. Bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege er keinem Weisungsrecht. Er könne somit die Tätigkeit ohne Einschränkungen frei bestimmen und gestalten. Er könne uneingeschränkt selbstständig Personal einstellen und entlassen. Genehmigung von Urlaub sei nicht erforderlich. Abberufung/Kündigung sei nicht möglich. Es werde eine monatlich gleichbleibende Vergütung unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens gezahlt, die im Falle einer Arbeitsunfähigkeit nicht weitergewährt und die als Lohn/Gehalt verbucht werde. Im Übrigen beziehe er Tantiemen. Ein Beitragsbescheid sei bisher nicht erlassen worden. Auf Rückfrage der Beklagten wurde am 27. Dezember 2005 telefonisch angegeben, der Kläger sei im Innenverhältnis Geschäftsführer der Beigeladenen zu 4), offiziell jedoch nicht ernannt und im Handelsregister nicht eingetragen. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2005 legte der Kläger den weiteren Feststellungsbogen vom 16. Januar 2006 vor, in welchem ergänzend zu den bisherigen Angaben vermerkt war, das Arbeitsentgelt, das auf sein privates Konto überwiesen und als Betriebsausgabe gebucht werde, liege wegen höheren, längeren und freiwilligen Arbeitsaufwands über dem tariflichen Gehalt und er fühle sich wegen familienhafter Zugehörigkeit am Betrieb beteiligt.

Auf Anfrage der Beklagten äußerte sich die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg mit Schreiben vom 28. Februar 2006 dahingehend, dass es sich um eine abhängige Beschäftigung handle. Nach § 5 des Gesellschaftsvertrages erstrecke sich die Geschäftsführungsbefugnis lediglich auf den gewöhnlichen Geschäftsverkehr sowie für wichtige Geschäfte und Handlungen ein Gesellschafterbeschluss erforderlich sei. Es entspreche nicht der Lebenserfahrung, dass ein formell zum Geschäftsführer bestimmter Beschäftigter weitergehende Rechte als die Gesellschafter-Geschäftsführer haben soll. Der Kläger trage kein eigenes Unternehmerrisiko. Das regelmäßig gezahlte Entgelt unterliege der Lohnsteuerpflicht, werde als Betriebsausgabe verbucht und dem Kläger zur freien Verfügung ausgezahlt.

Durch Bescheid vom 08. Juni 2006 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seit 03. August 1993 versicherungspflichtig in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung sei, wobei in der Krankenversicherung derzeit wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze Versicherungsfreiheit bestehe. Der Kläger sei an der Beigeladenen zu 4) nicht beteiligt und trage damit kein Unternehmerrisiko. Das der Arbeitsleistung angemessene Arbeitsentgelt werde regelmäßig ausgezahlt und hiervon Lohnsteuer entrichtet. Ohne die Tätigkeit müsste eine andere Arbeitskraft beschäftigt werden. Der Kläger sei in den Betrieb wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert und übe die Beschäftigung tatsächlich aus. Es entspreche nicht der Erfahrung, dass ein formell nicht zum Geschäftsführer bestimmter Beschäftigter weitergehende Rechte als die Gesellschafter-Geschäftsführer haben soll. Auf das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrags komme es nicht entscheidend an.

Der Kläger erhob Widerspruch. Er sei als Kopf und Seele des Betriebes sehr wohl unternehmerischem Risiko ausgesetzt. Da seine Familie mehr als 50 v.H. der Kapitalanteile halte, die dadurch ihm persönlich zugeordnet würden, habe er maßgeblichen Einfluss. Dies belege der Verzicht von freiwilligen Zahlungen, die Tantiemenzahlung ab 1997, das gewährte Darlehen von DM 60.000,00 aus dem Jahr 2000 sowie jeweils ohne jegliche Genehmigung die Firmeneinkäufe von insgesamt EUR 170.000,00, Einstellungen und Kündigungen von Arbeitnehmern und die Auftragsannahme mit Kalkulationen. Er arbeite weit über das übliche Maß hinaus. Die Weisungsfreiheit sei absolut, nicht nur abgeschwächt.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 29. November 2006. Es überwögen die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen. Der Kläger sei weder offiziell zum Geschäftsführer bestellt noch am Stammkapital beteiligt. Bei der Tätigkeit als Technischer Leiter handele es sich um eine Tätigkeit im Sinne eines Dienstes höherer Art. Der Kläger habe die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung der Gesellschaft und der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu führen. Auch wenn das Weisungsrecht durch familienhafte Rücksichtnahme stark eingeschränkt sei, sei dies kein Anzeichen dafür, dass dem Vater und dem Onkel des Klägers kein Weisungsrecht zukäme. Es fehle wegen der fehlenden Kapitalbeteiligung das die selbstständige Tätigkeit kennzeichnende Unternehmerrisiko. Auch erhalte der Kläger unabhängig von der Ertragslage eine gleich bleibende monatliche Vergütung. Dass er eine Gewinnbeteiligung erhalte, sei nicht ausreichend, da die Zahlung einer Tantieme für leitende Angestellte durchaus üblich sei. Dass leitende Angestellte spezielle Fachkenntnisse aufwiesen, sei ebenso durchaus üblich. Die selbstständige Einstellung und Entlassung von Personal spreche ebenfalls nicht gegen abhängige Beschäftigung.

Mit der am 11. Dezember 2006 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage verblieb der Kläger dabei, er unterliege bei seiner Tätigkeit keinerlei Weisungen hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort. Er vertrete die Beigeladene zu 4) in Verhandlungen mit Vertragspartnern alleinverantwortlich über große Summen; er habe beispielsweise Radlager zum Nettopreis von EUR 39.000,00 erworben und einen Mitsubishi zum Preis von EUR 44.000,00 beschafft. Weitere Aufträge hätten Summen von weit über EUR 100.000,00 erreicht. Für das Personal sei er allein verantwortlich. Er habe sich nicht in eine betriebliche Ordnung einzufügen und es herrsche ein gleichberechtigtes Nebeneinander im Sinne familienhafter Mitarbeit. Er sei sowohl am Gewinn beteiligt und trage auch das Risiko eventueller Verluste. Darüber hinaus habe er von Juli 1992 bis zum Beginn der Beitragsentrichtung mit 03. August 1993 über ein Jahr seine Tätigkeit unentgeltlich ausgeübt. Damit habe er Unternehmerrisiko übernommen. Im Übrigen komme es vor allem auf die praktische Durchführung der vertraglichen Beziehung an. In der mündlichen Verhandlung des SG am 21. Mai 2008 gab der Kläger weiter an, vor einigen Jahren sei ein Arbeitsvertrag geschlossen worden. Es sei angedacht worden, dass er einmal als Prokurist aufgenommen oder ihm ein anderer Rechtsstatus verliehen werde. Die Geschäftsführer seien im Beisein des Steuerberaters zu dem Ergebnis gekommen, dass sich eine Übertragung von Geschäftsanteilen für ein paar Jahre nicht lohnen würde. Von den 30 Tagen Urlaub habe er tatsächlich zwischen 14 und 16 Tagen genommen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG lud durch Beschluss vom 04. Mai 2007 die Deutsche Rentenversicherung Bund (Beigeladene zu 1), die Pflegekasse bei der Beklagten (Beigeladene zu 2), die Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 3) sowie die Adolf L. GmbH (Beigeladene zu 4) zum Verfahren bei. Die Beigeladene zu 1) legte den Versicherungsverlauf vom 05. Dezember 2007 vor. Die Beigeladene zu 4) legte auf Anforderung des SG den Bescheid der damaligen Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg vom 13. April 2005 über eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 11. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2004, wobei sich keine Beanstandungen ergeben hatten, sowie die Gehaltsabrechnungen des Klägers für die Monate Januar 2003, April 2004, August 2005, November 2006 und September 2007 vor. Sie gab ferner an, sie habe 17 Beschäftigte, 14 Vollzeitbeschäftigte und drei geringfügig Beschäftigte.

Durch Urteil vom 21. Mai 2008 wies das SG die Klage ab. Der Kläger stehe seit dem 03. August 1993 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 4). Er trage kein Unternehmerrisiko. Er sei nicht Gesellschafter der Beigeladenen zu 4) und erhalte ein festes monatliches Bruttoentgelt. Das Darlehen in Höhe von DM 59.880,00 aus dem Jahr 1997 begründe kein echtes Unternehmerrisiko, weil ein echtes Verlustrisiko von eigenem Vermögen des Klägers nicht bestanden habe. Denn der Kläger habe das Darlehen kündigen können und ab 01. September 2000 DM 600,00 monatlich ausbezahlt bekommen. Die Gefahr, die (vereinbarte) Tantieme nicht zu erhalten, sei Risiko eines Arbeitnehmers. An etwaigen Verlusten der Beigeladenen zu 4) sei der Kläger nicht beteiligt. Geschäftsführer im Sinne des GmbH-Rechts sei er nicht. Auf den Umfang der Weisungsgebundenheit komme es bei Diensten höherer Art nicht wesentlich an. Der Kläger sei in den Betrieb der Beigeladenen zu 4) eingegliedert und habe ein eigenes Aufgaben- und Verantwortungsgebiet. Aus der vorgelegten "Bestätigung" ergebe sich, dass der Kläger lediglich mitbestimme, jedoch nicht allein entscheide. Auch verfügten der Onkel und der Vater als langjährige Geschäftsführer ebenfalls über einschlägige Branchenkenntnisse, zumal der Kläger allein für den technischen Bereich zuständig sei. Schließlich sei ein Indiz für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, dass vom Arbeitsentgelt Lohnsteuer abgeführt und dies als Betriebsausgabe gebucht werde sowie der Kläger vermögenswirksame Leistungen von der Beigeladenen zu 4) erhalte, die typischerweise Arbeitnehmern gewährt würden. Auf die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot komme es letztlich nicht wesentlich an.

Durch Gesellschaftsvertrag vom 20. Mai 2008 errichteten der Kläger und D. L. die L. Bau GmbH mit einem Stammkapital von EUR 25.000,00, wovon der Kläger EUR 24.500,00 und D. L. EUR 500,00 übernahm. Zum Geschäftsführer wurde der Kläger bestellt. Mit Bescheid vom 29. August 2008 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 01. August 2008 als Geschäftsführer der L. Bau GmbH selbstständig tätig sei.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 10. Juni 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09. Juli 2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und verweist wiederum darauf, er verfüge als Einziger über die für die Leitung des Betriebes notwendige Ausbildung. Er sei von Anfang an alleinvertretungsberechtigt gewesen. Eine Eintragung ins Handelsregister sei nicht für erforderlich gehalten worden, da die Vertretungsberechtigung unstreitig gewesen sei. Seinen Urlaub, für den er keiner Genehmigung bedurft habe, habe er nur zum Teil in Anspruch genommen. Er verweise nochmals auf seine Kompetenz zu Vertragsverhandlungen über große Summen sowie die eigenverantwortliche Einstellung und Entlassung von Personal. Die Darlehensforderung wäre bei einer Kündigung nur eine Masseforderung. Sein Gehalt liege weit unter jeglichem üblichem Gehalt eines Geschäftsführers einer mittelständischen Firma mit entsprechenden Qualifikationen und Berufserfahrung. Der Arbeitseinsatz mit 50 bis 70 Stunden pro Woche übersteige weit die Arbeitszeit eines normalen Arbeitnehmers bei eher unterdurchschnittlichem Gehalt. Er sei zu Recht im Betrieb stets als Unternehmer und nicht als Arbeitnehmer wahrgenommen worden. Es geplant gewesen, dass er die Firma übernehmen solle sowie ihm in naher Zukunft (sodann zum 01. August 2008) die Geschäftsanteile mehrheitlich übertragen würden. Mit dieser Übertragung sei lediglich gesellschaftsrechtlich vollzogen worden, was bereits seit Jahren faktisch ausgeübt worden sei. Dies beweise nochmals die familienhafte Zusammenarbeit im Sinne eines gleichberechtigten Nebeneinander. Hierzu gehöre auch der angebotene Gehaltsverzicht. Der Kläger hat Urteile des Sozialgerichts Nürnberg vom 02. April 2008 - S 7 KR 482/06 und 200/07 in Fotokopie vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. Mai 2008 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 08. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. November 2006 festzustellen, dass der Kläger vom 03. August 1993 bis 31. Juli 2008 bei der Beigeladenen zu 4) nicht gesamtsozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 2) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil und die Bescheide weiterhin für zutreffend.

Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 21. Mai 2008 die Klage zu Recht abgewiesen und zutreffend dargelegt, dass der Bescheid der Beklagten vom 08. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. November 2006 rechtmäßig ist. Der Kläger hat seine Tätigkeit im Unternehmen der Beigeladenen zu 4) vom 03. August 1993 bis 31. Juli 2008 als gesamtsozialversicherungspflichtig Beschäftigter ausgeübt. Ein Feststellungsinteresse hierfür wird vom Senat bejaht, jedenfalls solange - wie hier - die Durchsetzbarkeit von Erstattungsansprüchen gegen die Versicherungsträger nicht ausgeschlossen ist (vgl. etwa Senatsurteil vom 27. Januar 2006 - L 4 KR 702/03).

Nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die nach § 28 i Satz 1 SGB IV zuständige Einzugsstelle war im streitigen Zeitraum vom 03. August 1993 bis 31. Juli 2008 die Beklagte, weil sie bis 31. Dezember 2000 die Krankenversicherung des Klägers durchführte. Da sie auf die entsprechende Anfrage des Klägers ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht einleitete, scheidet das Anfrageverfahren nach § 7 a SGB IV aus, für das die Beigeladene zu 1) als Trägerin der Rentenversicherung zuständig wäre. Deren vorrangige Zuständigkeit ergibt sich hier auch nicht aus § 7 a Abs. 1 Satz 2 SGB IV, eingefügt mit Wirkung vom 01. Januar 2005 durch Art. 4 Nr. 3 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954). Hiernach hat die Einzugsstelle einen Antrag bei der Beigeladenen zu 1) zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28 a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte Angehöriger des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Die nach § 28 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. d) SGB IV erforderliche zusätzliche Angabe in der Meldung erfasst nur Ehepartner, Lebenspartner und seit 01. Januar 2008 Abkömmlinge. Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren ist erst bei Tätigkeiten durchzuführen, die erstmals nach dem 01. Januar 2008 aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a Rdnr. 3; Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a Rdnr. 11). In den Fällen, in denen die Tätigkeit - wie im vorliegenden Fall - bereits zuvor ausgeübt worden war, verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV.

Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III, bis 31. Dezember 1997 § 168 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht [BVerfG] SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr. 16).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 B 12 KR 21/07 R -, veröffentlich in juris). Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 17).

Hierbei hat das BSG in zahlreichen Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung betont, dass es auch bei einer Familiengesellschaft wesentlich auf die Kapitalbeteiligung und die damit verbundene Einflussnahme auf die Gesellschaft und deren Betrieb ankommt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - und vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 8/06 -, jeweils in juris veröffentlicht). Zwar führt das Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch ist in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen abzugehen. Ein solcher Ausnahmefall kann z.B. bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die z.B. dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 -, veröffentlicht in juris). Dies bedeutet aber nicht, dass jede familiäre Verbundenheit zum Ausschluss eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses führt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist vielmehr ebenfalls unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSGE 3, 30, 39f.; 17, 1, 7f.; 74, 275, 278f.; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11).

Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem gegebenenfalls abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgelts lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich untertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -, veröffentlicht in juris). Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr. 17). Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSGE 34, 207, 210; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund bestimmen sich die für die hier streitigen Fragen erheblichen Beziehungen für die Zeit vom 03. August 1993 bis 31. Juli 2008 nach dem praktizierten Ablauf der Tätigkeit. Der Kläger war weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der Beigeladenen zu 4). Er übte vielmehr im Unternehmen der Beigeladenen zu 4) typische Aufgaben eines (leitenden) Angestellten aus. Dies wurde im Feststellungsbogen vom 09. November 2005 dargelegt. Es mag sein, dass der Kläger in dem von ihm übernommenen technischen Bereich durch Fachkenntnisse und einschlägige Branchenerfahrung maßgeblichen Einfluss ausgeübt hat und durch faktische "Sperrkompetenz" Weisungen verhindern konnte sowie an der Expansion des Unternehmens mitwirkte. Anfall und Durchführung der Aufgaben im Einzelnen waren freilich sachzwänglich abhängig von der unternehmerischen Betätigung der Beigeladenen zu 4). Diesbezüglich ist ein qualitativ über den Arbeitseinsatz eines leitenden Angestellten hinausgehendes Engagement aber nicht deutlich, mag auch ein fremder Mitarbeiter im Streitfall überobligatorischen Einsatz abzuwehren suchen.

Ob zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 4) ein Arbeitsvertrag bestand, wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung beim SG behauptet, vermag der Senat nicht festzustellen, da ein solcher nicht vorgelegt werden konnte. Die Tätigkeit des Klägers wurde im streitigen Zeitraum vom 03. August 1993 bis 31. Juli 2008 jedoch wie ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach außen abgewickelt. Der Kläger hat durchgängig ein einvernehmlich vereinbartes monatliches Bruttoentgelt über der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung bezogen (vgl. Versicherungsverlauf vom 05. Dezember 2007, Bl. 97 SG-Akte). Dieses hat sich gesteigert, ohne dass die Versicherungspflicht bestritten oder in Frage gestellt wurde. Das Entgelt wurde als Betriebsausgabe verbucht. Vom Arbeitsentgelt wurden - wie sich aus den von der Beigeladenen zu 4) auszugsweise vorgelegten Lohn- und Gehaltsunterlagen für die Zeit von 2003 bis 2007 ergibt (Bl. 91/95 der SG-Akte) - Lohnsteuer und Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung abgeführt. Für die Zeit vom 03. August 1993 bis 31. Dezember 2000 erfolgte nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung des Senats durch die Beigeladene zu 4) auch die Meldung des Klägers als pflichtversichertes Mitglied in der Kranken- und Pflegeversicherung. All dies ist ein Hinweis auf eine - letztlich auch gewollte - abhängige Beschäftigung (vgl. schon BSG SozR Nr. 22 zu § 165 RVO). Auch erhielt der Kläger vermögenswirksame Leistungen sowie in den Monaten Januar 2003, April 2004 und November 2006 Feiertagslohn. Diese sind für Arbeitnehmer typische Entgeltzahlungen. Insbesondere erhält ein Selbstständiger nicht eine Zahlung, weil er an einem Sonn- oder Feiertag seine Tätigkeit ausgeübt hat. Insoweit hat die Entgeltform keine deutlichen Züge unternehmerischen Risikos getragen. Es hat kein Interesse bestanden, sich der Versicherungspflicht zu entledigen oder dies wenigstens seitens der Versicherungsträger prüfen zu lassen.

Das gezahlte Entgelt war unabhängig von der Ertragslage und dem Gewinn der Beigeladenen zu 4). Mithin war nicht beabsichtigt, abgesehen von den leistungsorientierten Tantiemen, den Kläger über das von ihm bezogene Entgelt wesentlich am Gewinn oder Verlust des Unternehmens zu beteiligen. Der Kläger sollte letztlich kein Unternehmerrisiko tragen. Dies wird insbesondere dadurch bekräftigt, dass er in die Beigeladene zu 4) nicht als Gesellschafter eingetreten ist. Maßgebend für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also wesentlich ungewiss ist (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - RdNr. 26). Wenn aber in finanzieller Hinsicht eine formale Beteiligung fehlt, würde die Annahme eines Unternehmerrisikos jedenfalls voraussetzen, dass eine für eine abhängige Beschäftigung unübliche Vereinbarung oder tatsächliche Handhabung der Gestalt und Zahlung der Vergütung bestünde, die den Schluss zuließe, dass bei schlechter wirtschaftlicher Lage des Unternehmens die Vergütungsforderung in der bisherigen Höhe nicht durchgesetzt werden könne. Dies ist bei einer in etwa gleichbleibenden und vom Ertrag des Unternehmens unabhängigen Vergütung nicht der Fall. Dass der längerfristige Erfolg des Unternehmens von den Fähigkeiten und dem Engagement des Klägers wesentlich abhing, unterscheidet dessen Position qualitativ nicht von derjenigen leitender Angestellter, die sich unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung auch der eigenen Bezüge für das Fortkommen des Unternehmens einsetzen. Daran ändert auch die Vereinbarung vom 14. Juli 1997 über einen möglichen Gehaltsverzicht nichts. Der mögliche Gehaltsverzicht setzte eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 4) voraus, weil er gemeinsam festgelegt werden sollte. Der Kläger hätte es mithin in der Hand gehabt, den Gehaltsverzicht zu verhindern.

Gegenüber diesen Entgeltbedingungen vermag für den Kläger der tatsächlich beherrschende Anteil an den unternehmerischen Entscheidungen nicht durchschlagend ins Feld geführt zu werden. Zwar mag das Gedeihen des Unternehmens tatsächlich wesentlich auf seinem Arbeitseinsatz beruht haben. All dies hat sich aber im Rahmen des von der Beigeladenen zu 4) verfolgten Unternehmenszwecks, den der Kläger nicht allein hätte ändern können, und der Geschäftsführerschaft des Vaters und Onkels vollzogen. Wenn diese aufgrund der Fähigkeiten und Fertigkeiten des Klägers tatsächliche Einwirkungen weitgehend unterlassen haben mögen, beseitigt die (von ihnen nicht ausgeübte) Rechtsmacht und damit dem Kläger eröffnete Dispositionsfreiheit nicht die rechtlich bestehende persönliche Abhängigkeit (vgl. BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4).

Ein sozialversicherungsrechtlich entscheidendes Unternehmerrisiko ergibt sich auch nicht aus dem im Jahr 2000 geleisteten Darlehen von DM 59.880,00. Das Risiko der Haftung mit dem privaten Vermögen tritt im Hinblick auf die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien in den Hintergrund. Mit dem Einstehen für derartige Geschäfte verfolgen Eheleute oder andere Angehörige lediglich das gesteigerte - private - Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des (Familien-)Unternehmens (vgl. Senatsurteil vom 15. August 2008 L 4 KR 4577/06 - veröffentlicht in juris). Insoweit stehen abtrennbare familiäre Interessen im Vordergrund, nicht jedoch eine (unmittelbare) Beteiligung am Unternehmenserfolg. Eine rechtsverbindlich gewollte Mitunternehmerschaft ist im streitigen Zeitraum nie begründet worden. Ein Gesellschaftsvertrag, an welchem der Kläger beteiligt gewesen wäre, wurde nicht geschlossen. Die alleinige Rechtsmacht verblieb bei Onkel und Vater, die auch allein mit ihren Anteilen für die Verbindlichkeiten des Unternehmens hafteten. Sie hatten auch die tatsächliche Rechtsmacht, unabhängig davon, ob sie hiervon Gebrauch gemacht haben, andere unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Dass der Onkel und der Vater des Klägers (zunächst) auf eine Beteiligung des Klägers an der Gesellschaft verzichteten, ist ein Indiz dafür, dass sie den Betrieb auch weiterhin wirtschaftlich nicht aus der Hand gegeben wollten, möglicherweise auch aus steuer- und haftungsrechtlichen Gründen, was aus dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung des SG zu schließen ist, sie seien im Beisein des Steuerberaters zu dem Ergebnis gekommen, dass sich eine Übertragung von Geschäftsanteilen für ein paar Jahre nicht lohnen würde. Bekräftigt wird dies dadurch, dass der Kläger zum 01. August 2008 nicht Kapitalanteile der Beigeladenen zu 4) übernahm, sondern gemeinsam mit seinem Onkel eine neue GmbH errichtete. Der Kläger konnte deshalb auch nicht wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führen. Nach alledem ist ein Ausnahmefall, dass trotz fehlender Kapitalbeteiligung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht anzunehmen sei, nicht gegeben. Die Situation des Klägers unterschied sich nicht wesentlich von derjenigen eines Minderheitsgesellschafters, dem von der Mehrheit trotz bestehender Rechtsmacht insoweit in einem Teilbereich freie Hand gelassen wird (vgl. hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade bei einem im Betrieb mitarbeitenden Familienangehörigen regelmäßig größere Freiheiten im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern bestehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11). Solche größere Freiheiten sind für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses unschädlich (BSG SozR Nr. 22 zu § 165 RVO).

Das Kriterium der Weisungsgebundenheit hilft nur begrenzt bei der Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt. So ist insbesondere die inhaltliche oder fachliche Weisungsbefugnis bei qualifizierten Tätigkeiten eingeschränkt. Zudem kann auch die Tätigkeit eines Selbstständigen Bindungen und Weisungen eines Auftraggebers unterliegen. Auch der selbstständige Auftragnehmer (beispielsweise Handelsvertreter) steht in einem ständigen Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber, dessen Interessen er wahrzunehmen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass, da der Senat der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgt.
Rechtskraft
Aus
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