L 9 R 5434/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 4496/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5434/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1953 geborene Klägerin hat nach ihren Angaben bzw. ausweislich der Akten von August 1968 bis Juli 1971 Friseurin gelernt und bis 1981 im erlernten Beruf gearbeitet. Von 1982 bis 1984 war sie als Montagearbeiterin im Bauelementengeschäft der Eltern tätig. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit war sie bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse mit dem Sortieren von Karteikarten und Mikroverfilmung beschäftigt. Seit März 1990 war sie als Arbeiterin in der pharmazeutischen Industrie tätig, wo sie Tabletten in Folien verpacken musste. Am 17.10.2001 erlitt die Klägerin einen Arbeitsunfall, als die geöffnete Abdeckung einer Maschine auf das rechte Handgelenk fiel und sie sich ein Verdrehtrauma der rechten Hand zuzog. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls gewährte die Berufsgenossenschaft (BG) der chemischen Industrie der Klägerin mit Bescheid vom 8.5.2003 ab 16.4.2003, dem Ende des Anspruches auf Verletztengeld, eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. Seit 16.4.2003 bezog die Klägerin Leistungen der Arbeitsagentur, seit Februar 2005 Arbeitslosengeld II.

Einen Rentenantrag der Klägerin vom 19.3.2003 lehnte die Beklagte nach Beiziehung von Unterlagen der BG und Einholung eines Gutachtens bei der Ärztin für Chirurgie Dr. L. vom 6.5.2003 mit Bescheid vom 13.6.2003 ab, da die Klägerin mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch mindestens 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein könne. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18.9.2003 zurück. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe (S 5 RJ 3681/03) hörte das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen und holte Gutachten bei dem Orthopäden Dr. T. vom 25.3.2004 sowie bei dem Neurologen und Psychiater Dr. Sch. vom 2.4.2004 ein, die leichte körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen 8 Stunden täglich für zumutbar hielten. Mit Gerichtsbescheid vom 14.9.2004 wies das SG daraufhin die Klage - gestützt auf die Gutachten von Dr. T. und Dr. Sch. - ab. Im anschließenden Berufungsverfahren (L 13 R 4627/04) schlossen die Beteiligten am 15.12.2006 einen Vergleich, wonach sich die Beklagte verpflichtete, der Klägerin eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme zu gewähren. Die Klägerin nahm diese Bereiterklärung an und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt. Vom 13.2. bis 6.3.2007 befand sich die Klägerin in den Ruland Kliniken W ... Die dortigen Ärzte nannten im Entlassungsbericht vom 3.4.2007 folgende Diagnosen: • Chronisch rezidivierendes degeneratives Halswirbelsäulen-(HWS)-Syndrom • Leichte linkskonvexe Skoliose der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) • Rezidivierende LWS-Beschwerden bei Z. n. Spondylodese L4/5 1992 • Persistierende Handgelenksbeschwerden rechts bei Z. n. Arbeitsunfall 17.10.2001. Sie führten aus, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Arbeiterin mit dem angegebenen Anforderungsprofil sei nicht mehr leidensgerecht. Leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes teilweise im Stehen und Gehen, überwiegend im Sitzen könne die Klägerin mindestens 6 Stunden täglich verrichten. Nicht mehr möglich seien häufiges Heben und Tragen schwerer Lasten, Arbeiten unter höherer Anforderung an die Gang- und Standsicherheit, Arbeiten über Kopf sowie mit höherer Anforderung an die Feinmotorik.

Am 20.3.2007 beantragte die Klägerin, bei der ein Grad der Behinderung von 50 seit 21.3.2003 festgestellt ist (Bescheid des Versorgungsamtes Karlsruhe vom 7.11.2003), erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ die Klägerin von dem Orthopäden Dr. U. gutachterlich untersuchen. Dieser stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 15.5.2007 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung und Minderbelastbarkeit der LWS bei Z. n. monosegmentaler Spondylodese LWK 4/5 mit rezidivierenden Lumbalgien ohne klinischen Hinweis auf eine Wurzelkompressionssymptomatik • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung und Minderbelastbarkeit der rechten Schulter ohne klinischen Hinweis auf eine Rotatorenmanschettenruptur und Impingementsymptomatik mit radiologischem Hinweis auf eine leicht- bis mäßiggradige AC-Gelenksarthrose • Minderbelastbarkeit und Minderbeweglichkeit der HWS bei radiologisch nachgewiesener Degeneration der unteren HWS ohne begleitendes neurologisches Defizit • Endgradige Bewegungseinschränkung und Minderbelastbarkeit des rechten Handgelenks bei Z. n. Handgelenksdistorsion und radiologischem Hinweis auf eine allenfalls leichtgradige Radiocarpalgelenksarthrose • Schmerzhafte Minderbelastbarkeit sowie Minderbeweglichkeit des rechten Kniegelenkes bei leichter Kapselschwellung sowie radiologischem Hinweis auf eine mediale Gonarthrose rechts. Im Vergleich zum Gutachten von Dr. L. vom 6.5.2003 zeigten sich bis auf die inzwischen eingetretene Einschränkung der Schultergelenksbeweglichkeit rechts nahezu unveränderte Befunde. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Arbeiten in Zwangshaltung, in Armvorhalte oder über Kopf, ohne überwiegendes Begehen von unebenem Gelände oder Steigen von Treppen, Leitern oder Gerüsten, ohne Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft sowie ohne Anforderungen an die Dauerbelastbarkeit und die Kraft der rechten Hand bzw. des rechten Handgelenks könne die Klägerin täglich 6 Stunden und mehr verrichten. Eine Einschränkung der Gehstrecke in rentenberechtigendem Maß liege nicht vor. Öffentliche Verkehrsmittel könne die Klägerin benutzen; auch sei ihr das selbstständige Führen eines Pkws zumutbar.

Mit Bescheid vom 21.5.2007 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Rente ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme der Chirurgin Dr. L. vom 22.6.2007 mit Widerspruchsbescheid vom 16.8.2007 zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 13.9.2007 Klage zum SG Karlsruhe (S 5 R 4496/07), mit der sie die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter verfolgte. Sie legte ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 15.11.2007 vor, der ausführte, durch die Reha-Maßnahme habe keine Beschwerdelinderung erreicht werden können. Im Rahmen zunehmender belastungsabhängiger Verschleisssituation und krankheitsbedingter Veränderungen sei zweifellos eine Verschlechterung eingetreten, so dass eine sechsstündige Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben sei. Diese Auffassung äußerte Dr. R. erneut am 30.5.2008. Dr. H., Arzt für Chirurgie, erklärte unter dem 28.5.2008, die Klägerin befinde sich seit 2002 in seiner Behandlung. Hinsichtlich der Beschwerden sei subjektiv und objektiv keine Verbesserung eingetreten.

Mit Gerichtsbescheid vom 22.10.2008 hat das SG die Klage - gestützt auf die Feststellungen der Ärzte der Ruland Kliniken und des Orthopäden Dr. U. - abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 24.10.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24.11.2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, zu Unrecht habe das SG ohne weitere Ermittlungen die Klage abgewiesen. Über die Atteste von Dr. R. hätte sich das SG nicht ohne weiteres hinwegsetzen dürfen. Außerdem sei auch das Attest des Chirurgen Dr. H. vom 28.5.2008 vorgelegt worden. Die Klägerin hat eine neurologische Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. Dr. B. vom 12.1.2009, erstellt für die BG, vorgelegt. Darin berichtet Dr. Dr. B. über eine Vorstellung der Klägerin vom 9.1.2009 und führt aus, neue diagnostische oder therapeutische Implikationen ergäben sich derzeit vom neurologischen Fachgebiet hier nicht. Im Hinblick auf die psychische Problematik (partiell chronifizierte, vorwiegend reaktive Depression im Sinne einer endoreaktiven Dysthymie) wäre eine ambulante Psychotherapie zu erwägen, die jedoch sinnvollerweise erst nach Beendigung des Sozialgerichtsverfahrens aufgenommen werden könne. Ferner hat die Klägerin ein Schreiben des Diplom-Psychologen S. an den Bevollmächtigten der Klägerin vom 10.6.2009 vorgelegt, wonach sie sich bei ihm zur diagnostischen Abklärung und Krisenstabilisierung befinde. Er führt aus, die Beschwerden hätten 1992 mit Bandscheibenproblemen, dann 2001 mit dem Unfall mit Handverletzung mit vier Operationen, seitdem erhebliche Schmerzbelastung, Schlafstörungen, Depression und Angstsymptomatik mit der Folge vollständiger sozialer Isolation begonnen. Medikamentös werde mit Antidepressiva und Schmerzmittel behandelt. Eine Reha 2006 habe keine Besserung erzielen können und auch die Behandlung hier könne nur stabilisierend als Krisenintervention helfen. Die Klägerin sei nicht belastbar, könne keine stetige, ausdauernde Arbeitsbelastung erbringen und sei als erwerbsunfähig zu betrachten.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Oktober 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, aus der Stellungnahme von Dr. Dr. B. vom 12.1.2009 ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin. Eine depressive Grundstimmung bedinge allenfalls qualitative Einschränkungen.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagte sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Klägerin ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.

Eine Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung des Gutachtens der Ärztin für Chirurgie Dr. L. vom 5.6.2003, der Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. T. vom 25.3.2004 sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. vom 2.4.2004, des Entlassungsberichts der Ruland Kliniken W. vom 3.4.2007 sowie des Gutachtens des Orthopäden Dr. U. vom 15.5.2007. Der Auffassung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. R. vermag der Senat angesichts der übereinstimmenden gutachterlichen Beurteilungen sowie der Ausführungen im Entlassungsbericht der Ruland Kliniken W. vom 3.4.2007 nicht zu folgen, zumal durch seine kurze Äußerung die umfassenden gutachterlichen Würdigungen nicht widerlegt sind. Dr. H. hat unter dem 28.5.2008 keine Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin abgegeben, sondern lediglich ausgeführt, dass hinsichtlich der Beschwerden subjektiv und objektiv keine Verbesserung eingetreten sei.

Die Klägerin leidet nach den auf den oben genannten Unterlagen beruhenden Feststellungen des Senats unter schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und Minderbelastbarkeit der LWS bei Zustand nach monosegmentaler Spondylodese LWK 4/5 mit rezidivierenden Lumbalgien ohne klinischen Hinweis auf eine Wurzelkompressionssymptomatik, der HWS ohne begleitendes neurologisches Defizit, der rechten Schulter, des rechten Kniegelenkes sowie unter einer endgradigen Bewegungseinschränkung und Minderbelastbarkeit des rechten Handgelenks bei Zustand nach Handgelenksdistorsion und radiologischem Hinweis auf eine allenfalls leichtgradige Radiocarpalgelenksarthrose.

Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen führen zwar dazu, dass sie ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Arbeiterin in der pharmazeutischen Industrie nicht mehr verrichten kann, da sie bei dieser Tätigkeit Tabletten mit viel Kraft der rechten Hand in vorgestanzte Folien hineindrücken und sich auch häufig bücken musste. Die Klägerin ist jedoch nicht gehindert, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Vermeiden muss sie lediglich Arbeiten in Zwangshaltungen, in Armvorhalte, über Kopf, mit überwiegendem Begehen von unebenem Gelände, mit Steigen von Treppen, auf Leitern und Gerüsten, mit Einwirkung von Kälte, Nässe und Zugluft sowie mit Anforderungen an die Dauerbelastbarkeit der Kraft der rechten Hand bzw. des rechten Handgelenks. Die Klägerin ist auch in der Lage, viermal täglich über 500 m zu Fuß zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zu benutzen, wie der Senat dem Gutachten von Dr. U. entnimmt. Bis auf die zwischenzeitlich eingetretene Einschränkung der Schultergelenksbeweglichkeit rechts hat Dr. U. keine Änderung, und insbesondere keine Verschlimmerung im Vergleich zum Gutachten von Dr. L. vom 6.5.2003 festgestellt.

Eine weitergehende Leistungsminderung ergibt sich auch nicht aus dem von Dr. Dr. B. in der gutachterlichen Stellungnahme vom 12.1.2009 beschriebenen psychischen Befund der Klägerin. Er hat bei der Klägerin eine deutliche depressive Grundstimmung mit deutlicher Einengung der affektiven Schwingungsfähigkeit und Angaben einer erheblichen relativen Freudlosigkeit, eine Tendenz zu psychosomatischen Zirkelwirkungen sowie eine Ressentiment-Einstellung erhoben, jedoch keine formalen Denkstörungen, keine Wahrnehmungs- und Orientierungsstörungen sowie keine paranoiden Inhalte festgestellt. Aufgrund dessen hat er eine partiell chronifizierte, vorwiegend reaktive Depression im Sinne einer endoreaktiven Dysthymie diagnostiziert. Bei einer Dysthymie handelt es sich um eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen (ICD 10 F 34.1). In der Regel sind die von einer Dysthymie betroffenen Personen trotz monateL.er Depressivität und Müdigkeit in der Lage, die wesentlichen Anforderungen des täglichen Lebens unter Einschluss der Berufstätigkeit zu bewältigen, wobei es zu qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit kommen kann. Demgemäß hat Dr. Dr. B. auch lediglich eine ambulante Psychotherapie - nach Beendigung des Sozialgerichtsverfahrens - empfohlen.

Soweit der Dipl.-Psychologe S. von einer Somatose, einer chronifizierten und therapieresistenten schweren Depression und einer flottierenden Angstsymptomatik ausgeht, stehen diese Diagnosen nicht im Einklang. mit der von Dr. Dr. B. gestellten Diagnose und dem von diesem erhobenen Befund. Soweit der Dipl.-Psychologe von einem langdauernden Krankheitsverlauf hinsichtlich der psychischen Problematik und einer therapieresistenten Depression ausgeht, findet diese Einschätzung in denen vorliegenden ärztlichen Unterlagen keine Bestätigung. So hat der Neurologe und Psychiater Dr. Sch. im Gutachten vom 2.4.2004 eine regelrechte affektive Schwingungsfähigkeit sowie einen regelrechten Antrieb beschrieben und keine Hinweise auf gröbere neurotische und psychopathologische Züge bei der Klägerin festgestellt. Entgegen der Annahme des Dipl.-Psychologen S. erfolgte das Heilverfahren im Jahr 2007 auch nicht wegen psychischer Gesundheitsstörungen, sondern wegen der Beschwerden auf orthopädischem Gebiet (an der Wirbelsäule, am rechten Handgelenk und am rechten Knie). Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. U. fand sich ebenfalls ein unauffälliger psychischer Befund. Angesichts dessen ist für den Senat die Einschätzung des Dipl.-Psychologen, bei dem es sich um keinen Arzt handelt, weder nachvollziehbar noch überzeugend.

Da die Klägerin zuletzt als allenfalls angelernte Arbeiterin des unteren Bereichs beschäftigt war, ist sie auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bereit verweisbar. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt deswegen nicht in Betracht.

Nach alledem war der Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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