L 10 U 1635/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 6589/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1635/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.01.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztengeld über den 11.04.2005 hinaus streitig.

Der am 1946 geborene Kläger war seit Mai 1989 bei den S. Verkehrsbetrieben E. als Wagenreiniger und Rangierer beschäftigt. Am 21.12.2004 um 18.15 Uhr erlitt er einen Arbeitsunfall, indem er beim Versuch ein Laufgitter von einer Grube zu verschieben dieses nicht richtig einsetzte und mit dem Gitter in die Montagegrube stürzte. Seit 01.05.2005 bezieht der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Unmittelbar nach dem Unfall wurde der Kläger mit dem Rettungswagen in die S. Kliniken E. verbracht, wo er um 18.36 Uhr eintraf. Ausweislich des Durchgangsarztberichts des Chefarztes der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Prof. Dr. D. , hatte der Kläger angegeben, er sei kopfüber in eine ca. 1 m tiefe Baugrube gestürzt und hätte 10 Minuten hilflos am Boden gelegen; Bewusstlosigkeit sei keine eingetreten. Bei der Untersuchung zeigte sich am Endglied des rechten Zeigefingers dorsalseitig eine Risswunde mit Durchtrennung der Strecksehne, ferner Schürfwunden am Schädeldach, am rechten Knie und Unterschenkel sowie am rechten Ellenbogen. Der Kläger habe ferner über Kopfschmerzen und Schwindel geklagt. Bei den durchgeführten Röntgenuntersuchungen des Schädels und des rechten Zeigefingers konnte keine Fraktur nachgewiesen werden. Diagnostiziert wurde eine Risswunde am rechten Zeigefinger mit Strecksehnenruptur, eine Schädelprellung sowie multiple Schürfwunden.

Im Rahmen der Erstversorgung wurde neben Wundreinigungen im Bereich des rechten Zeigefingers eine Wundrevision mit Strecksehnennaht durchgeführt und eine Schiene angelegt. Für den Folgetag wurde eine Wundkontrolle vereinbart. Die im Hinblick auf die vom Kläger geklagten Kopfschmerzen und den Schwindel am 03.01.2005 durch den Chefarzt der Klinik für Neurologie und klinische Neurophysiologie Dr. Sp. durchgeführte neurologische Untersuchung erbrachte keinen Anhalt für ein intracerebrales Hämatom oder für einen traumatisch ausgelösten paroxysmalen Lagerungsschwindel. Dr. Sp. beschrieb eine deutliche demonstrative Komponente während der Untersuchung und diagnostizierte Kopfschmerzen nach Schädel-Hirn-Trauma sowie eine funktionelle Überlagerung. Auf Grund einer Wundheilungsstörung mit Infektion im Bereich des rechten Zeigefingers wurde ambulant zunächst eine Wundrevision durchgeführt, die jedoch nicht zu einem wesentlichen Infektrückgang führte. Deshalb wurde am 13.01.2005 im Rahmen einer stationären Aufnahme eine Wundrevision und Endgelenksarthrodese durchgeführt. Den für den 17.01.2005 vorgesehenen Wiedervorstellungstermin nahm der Kläger nicht wahr. Er stellte sich statt dessen bei dem D-Arzt Dr. S. , Facharzt für Orthopädie, vor, der eine Kopfplatzwunde, ein Schädel-Hirn-Trauma 2.-3. Grades, eine HWS-Distorsion mit Prellungen, eine Ellenbogenprellung, eine Knieprellung rechts sowie eine Zeigefingerfraktur rechts diagnostizierte. Er führte Röntgenuntersuchungen des Schädels, der rechten Schulter, des rechten Ellenbogens, des rechten Kniegelenks sowie der Lendenwirbelsäule durch, ohne dass eine knöcherne Verletzung feststellbar war. An therapeutischen Maßnahmen veranlasste Dr. S. die Ruhigstellung des rechten Armes durch eine volare Gipsschiene und des Halses durch eine Halskrawatte. Er veranlasste ferner eine MRT-Untersuchung, die der Kläger jedoch nach 15 Minuten abbrach, sowie die neurologische Untersuchung durch Dr. Si. , Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 20.01.2005, die eine unfallunabhängig bekannte und seit 1999 behandelte agitierte Depression beschrieb. Anamnestisch gab der Kläger ausweislich ihres Befundberichts an, 10 Minuten lang bewusstlos gewesen zu sein, eine Erinnerungslücke zu haben und vier Wochen stationär in den S. Kliniken behandelt worden zu sein.

Am 31.01.2005 stellte sich der Kläger in der handchirurgischen Sprechstunde der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vor (Beweglichkeit der Finger der rechten Hand insgesamt stark eingeschränkt) und am 02. und 09.02.2005 wiederum in den S. Kliniken E. (zuletzt lt. Dr. Se.: Druckschmerzhaftigkeit und mäßige Schwellung im Bereich der Arthrodese des Zeigefingers). Im Hinblick auf die Angaben des Klägers bei Dr. Si. bestätigte Dr. Se. auf Rückfrage der Beklagten, dass sich die relevanten Unfallfolgen auf die Finger D II, IV, V rechts beschränkten; die Schwindel- und Kopfschmerzsymptomatik sei im Rahmen eines depressiven Syndroms zu werten. Da es nach Metallentfernung trotz verordneter intensiver Krankengymnastik zu einer weitgehenden Einsteifung des Zeigefingers der rechten Hand kam, veranlasste Dr. Se. wegen des frustranen Behandlungsverlaufs eine Vorstellung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. , die am 11.04.2005 erfolgte. Prof. Dr. Scha. beschrieb außer einer völlig reizlos längsverlaufenden s-förmigen Narbe streckseitig über dem rechten Zeigefingerendgelenk keine Unfallfolgen mehr, sah im Hinblick auf das vom Kläger anlässlich seiner Untersuchung demonstrierte Krankheitsbild jedoch einen dringenden psychiatrischen Behandlungsbedarf zu Lasten der Krankenkasse. Er erachtete sämtliche Schienen und Verbände sowie Hilfsmittel für kontraindiziert und vertrat die Auffassung, dass die unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit sechs Wochen nach der Versteifung des rechten Zeigefingerendgelenks am 13.01.2005 beendet gewesen und bezüglich der Unfallfolgen vollschichtige Arbeitsfähigkeit eingetreten sei. Am 20.04.2005 stellte sich der Kläger erneut bei Dr. Se. vor, der den rechten Zeigefinger bei weitgehender Einsteifung des PEP-Gelenks, jedoch weitestgehend freier Beweglichkeit des Grundgelenks nunmehr als reizlos verheilt beschrieb und angesichts dessen von einer sofortigen Arbeitsfähigkeit ausging. Die vom Kläger wiederum geklagten mannigfaltigen Beschwerden (Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Vergesslichkeit, Denkstörungen, ziehende Schmerzen in rechte Schulter und rechten Arm) wertete er als unfallunabhängig.

Nach Beiziehung des Vorerkrankungsverzeichnisses der A. , das zahlreiche Vorerkrankungen ausweist, und Einstellung sowohl des berufsgenossenschaftliche Heilverfahren als auch der Zahlung von Verletztengeld mit sofortiger Wirkung durch Bescheid vom 14.04.2005, führte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 19.05.2005 unter Bezugnahme auf den vorausgegangenen Bescheid aus, Verletzungsfolgen aus dem Arbeitsunfall vom 21.12.2004 hätten über den 23.02.2005 hinaus keine mehr vorgelegen, weshalb ab 24.02.2005 kein Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung mehr bestanden habe. Die bisher erbrachten Leistungen würden jedoch nicht zurückgefordert.

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, weiterhin unfallbedingt arbeitsunfähig zu sein. Seine verletzte Hand sei nach wie vor nicht einsatzfähig. Er habe im gesamten Arm starke Schmerzen, weshalb er diesen nicht genügend anheben könne. Zudem leide er u.a. unter einer "großen Depression" und Vergesslichkeit, die ihre Ursache in dem Unfall hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2005 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Am 18.10.2005 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, er leide noch immer unter starken Kopfschmerzen, Vergesslichkeit, Ohrensausen, Gleichgewichtsbeschwerden, verstärkten Depressionen, Schmerzen im Nacken-, Hals- und Schulterbereich, einem Taubheitsgefühl im rechten Arm sowie unter starken Rückenschmerzen. Sämtliche Beschwerden seien auf den erlittenen Arbeitsunfall zurückzuführen.

Das SG hat das Gutachten des Dr. D. , Klinik für Unfallchirurgie im M. Hospital S. , auf Grund Untersuchung vom 05.03.2006 eingeholt. Dieser ist als Unfallfolge von einer Gelenkversteifung des rechten Zeigefingerendgelenks ausgegangen, die sich funktionell in einer fehlenden Bewegung des rechten Zeigefingerendgelenks auswirke. Er hat ein demonstratives Verhalten in der Untersuchungssituation beschrieben, wobei die objektiven Untersuchungsbefunde den gezeigten Funktionseinschränkungen geradezu widersprochen hätten. Das SG hat ferner das Gutachten des Nervenarztes Dr. P. auf Grund Untersuchung vom 15.01.2007 eingeholt, der von einer somatoformen Schmerzstörung sowie Somatisierungsstörungen bei Persönlichkeitsstörung mit depressiven-abhängigen Anteilen und einem Rentenbegehren ausgegangen ist, die unfallunabhängig seien. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG im Übrigen das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. M. auf Grund Untersuchung vom 17.10.2007 eingeholt. Dieser hat allein die Funktionsbeeinträchtigung am rechten Zeigefinger als unfallbedingt gewertet und auf das während der gesamten Untersuchungssituation gezeigte deutliche Aggravations- und Demonstrationsverhalten des Klägers hingewiesen. Mit Urteil vom 22.01.2008 hat das SG die Klage abgewiesen.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 06.03.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.04.2008, einem Montag, beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und gestützt auf die Bescheinigung des Praktischen Arztes C. vom 13.03.2008 geltend gemacht, die vorgebrachten Beschwerden seien unmittelbar auf den erlittenen Arbeitsunfall zurückzuführen. Der darüber hinaus vorgelegte Arztbrief der HNO-Ärzte Dres. S. und B. vom 16.06.2008 bestätige zudem den entsprechenden Zusammenhang mit der Kopfschmerz- und Ohrgeräuschproblematik und der Arztbrief des Arztes für Anästhesie K. die unfallbedingte Verschlimmerung der psychischen Beschwerden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.01.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 14.04. und 19.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2005 zu verurteilen, ihm Verletztengeld über den 11.04.2005 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Bescheide der Beklagten vom 14.04. und 19.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht über den 11.04.2005 hinaus Verletztengeld nicht zu.

Über den vom SG geprüften Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente ist im Berufungsverfahren nicht zu befinden. Zum einen hat der Kläger im Berufungsverfahren den insoweit geltend gemachten Anspruch nicht weiter verfolgt und sein Begehren auf die Gewährung von Verletztengeld beschränkt. Zum anderen wäre eine auf die Gewährung von Verletztenrente gerichtete Leistungsklage aber auch unzulässig, da die Beklagte über diese Leistung bisher keine Entscheidung getroffen hat.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Verletztengeld ist § 45 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach wird - soweit hier von Interesse - Verletztengeld erbracht, wenn der Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen hatte.

Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit erfordert zum einen das Vorliegen eines Gesundheitsschadens sowie eines hierfür ursächlichen Unfallereignisses. Dabei setzt die Kausalität nach der im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung wie allgemein im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum nachfolgenden: BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15) zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinne), z. B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.

Zum anderen bedarf es für die Annahme einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit eines Kausalzusammenhanges zwischen der entsprechend den oben gemachten Ausführungen durch den Unfall verursachten Gesundheitsstörung und einer eingetretenen Arbeitsunfähigkeit.

Während die anspruchsbegründenden Tatsachen, u. a. die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein müssen, also bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen erforderlich ist, genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kann der Kläger mit seinem Begehren keinen Erfolg haben. Denn der Senat vermag nicht festzustellen, dass beim Kläger unfallbedingt Arbeitsunfähigkeit auch über den 11.04.2005 hinaus bestanden hat. Bei dem am 21.12.2004 erlittenen Sturz in einer Montagegrube hat der Kläger neben einer Verletzung des rechten Zeigefingers eine Schädelprellung sowie Schürfwunden im Bereich des Schädeldachs, am rechten Knie und Unterschenkel sowie am rechten Ellenbogen erlitten. Davon, dass die Folgen dieser Verletzungen den Kläger auch nach dem 11.04.2005 noch gehindert haben, seine berufliche Tätigkeit als Wagenreiniger und Rangierer auszuüben, kann sich der Senat nicht überzeugen.

Bezüglich der Fingerverletzung lag auf Grund einer Wundheilungsstörung mit Infektion, die eine Arthrodese im Endglied des rechten Zeigefingers erforderlich gemacht hat, zwar ein verzögerter Heilungsverlauf vor, jedoch ging von dieser Unfallverletzung spätestens ab dem 12.04.2005 keine Funktionsbeeinträchtigung mehr aus, die der Ausübung der letzten beruflichen Tätigkeit des Klägers entgegen stand. Der Senat entnimmt dies dem Untersuchungsbericht des Prof. Dr. Scha. , der den Kläger am 11.04.2005 im Hinblick auf das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit untersuchte sowie ferner dem Bericht des Dr. Se. , bei dem der Kläger sich wenige Tage später am 20.04.2005 nochmals vorstellte. Prof. Dr. Scha. fand anlässlich seiner Untersuchung ebenso wie neun Tage später Dr. Se. neben der Endgelenksversteifung lediglich noch eine reizlose Narbe über dem rechten Zeigefingerendgelenk. Wesentliche Auffälligkeiten der übrigen Finger fand Prof. Dr. Scha. ebenso wenig wie Dr. Se ... Auch die später im Klageverfahren mit der angesprochenen Unfallverletzung des Klägers befassten Ärzte Dr. D. , Dr. P. und Dr. M. haben keine weitergehenden Verletzungsfolgen beschrieben. Als Unfallfolge bestand am 11.04.2005 wegen der Endgelenksversteifung im rechten Zeigefinger somit lediglich noch eine geringgradige funktionelle Einschränkung, die der Ausübung der letzten beruflichen Tätigkeit des Klägers nicht entgegen stand und damit keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit begründete.

Die weiteren vom Kläger bei seinem Sturz erlittenen Verletzungen waren somit spätestens am 12.04.2005 ohne funktionell nachteilige Folgen ausgeheilt und damit gleichermaßen ohne Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit des Klägers. Dies gilt namentlich für die erlittenen Verletzungen im Bereich des rechten Knies und Unterschenkels sowie des rechten Ellenbogens. Soweit der Kläger anlässlich seiner Untersuchung bei Prof. Dr. Scha. ein erheblich gestörtes Gangbild zeigte und seinen rechten Arm steif und unbeweglich am Körper fixiert hielt, lässt sich ein Zusammenhang mit dem angeschuldigten Unfall nicht feststellen. Gegen einen solchen Zusammenhang spricht bereits der Umstand, dass in zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall über die beschriebenen Schürfwunden hinausgehende Verletzungen weder im Bereich des rechten Schultergelenks noch im Bereich der Wirbelsäule, des Ellenbogens oder des rechten Kniegelenks festgestellt wurden. Insbesondere konnten durch die zeitnah durchgeführten röntgenologischen Untersuchungen des Prof. Dr. D. und des Dr. S. keine frischen knöchernen Verletzungen nachgewiesen werden. Auch sonst finden sich keine Hinweise für eine Beteiligung der rechten Schulter bei der unmittelbar nach dem Unfall stattgefundenen Untersuchung (z. B. Beschwerdeangaben, Prellmarken, Schürfwunde). Andererseits wurden die vom Kläger anlässlich seiner Untersuchung bei Prof. Dr. Scha. geklagten Beschwerden aber auch so demonstrativ vorgebracht, dass das Ausmaß eventuell tatsächlich vorhanden gewesener Beeinträchtigungen nicht feststellbar war. So betrat der Kläger nach den Ausführungen des Prof. Dr. Scha. mit Hilfe seiner ihn begleitenden Tochter und einer Unterarmgehstütze links das Untersuchungszimmer, wobei er mehrmals zu stürzen drohte, sich durch ein oder zwei Ausfallschritte dann jedoch problemlos wieder aufrichten konnte. Den rechten Arm hielt er steif und unbeweglich vor dem Körper fixiert und gab an, den rechten Arm nicht mehr bewegen zu können und völlig hilflos zu sein. Im Gegensatz dazu war es dem Kläger anschließend dann allerdings ohne Weiteres möglich, ohne Hilfe der Tochter und ohne Gehstütze zum Waschbecken zu gehen und sich längere Zeit die Hände zu waschen. Während er dann zunächst eine Berührung des fixierten rechten Armes durch den Untersucher verhinderte und die Aufforderungen zum Faustschluss oder zur Fingerstreckung nicht befolgte, zeigte sich nach einem Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht, dass insbesondere die ulnaren drei Langfinger rechts passiv und auch aktiv völlig frei bewegt werden konnten. Selbst wenn man unterstellt, dass die vom Kläger angegebenen und präsentierten orthopädischen Beeinträchtigungen nicht gänzlich simuliert wurden, sondern in einer gewissen Ausprägung tatsächlich vorhanden waren, so ergeben sich für den Senat gleichwohl keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich vorhanden gewesene Beschwerden auf den in Rede stehenden Arbeitsunfall zurückgeführt werden können. Auch Dr. D. hat in Bezug auf die vom Kläger behaupteten Funktionseinschränkungen der rechten Hand und sämtlicher Gelenke der rechten Gliedmaße zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Angaben in Widerspruch zur tatsächlich seitengleich ausgeprägten Muskulatur des Schultergürtels und der Arme sowie der Hand und des regelrechten Mineralsalzgehaltes der Handskelette stehen. Dr. P. hat sich dieser Beurteilung angeschlossen. Kann aber von solchen Beschwerden nicht ausgegangen werden, können diese Beschwerden Arbeitsunfähigkeit nicht begründen. Damit stellt sich die Kausalitätsfrage schon nicht. Im Übrigen liegen beim Kläger, wie das von der A. - E. beigezogene Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers aufzeigt, zahlreiche Erkrankungen vor, die mit den nunmehr geschilderten Beschwerden in Einklang gebracht werden können. So weist dieses nicht unerhebliche Vorerkrankungszeiten wegen orthopädischer Beschwerden aus, wie bspw. für Zervikobrachialgien, ein Zervikalsyndrom, eine Radikulopathie, eine Lumboischialgie, eine Zervikalneuralgie und einen lumbalen Bandscheibenschaden mit Radikulopathie.

Funktionsbeeinträchtigungen mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit des Klägers lassen sich für den Zeitraum ab 12.04.2005 letztlich auch nicht im Hinblick auf die bei dem Unfall erlittene Schädelprellung feststellen. Der Senat vermag insbesondere keinen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den vom Kläger geklagten Kopfschmerzen und der Schwindelsymptomatik festzustellen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf das erlittene Schädel-Hirn-Trauma hingewiesen hat, das charakteristischerweise mit den von ihm geklagten Kopfschmerzen bzw. der Schwindelsymptomatik in Zusammenhang stehe, ist darauf hinzuweisen, dass beim Kläger als Unfallverletzung zu keinem Zeitpunkt eine substantielle Hirnverletzung im Sinne eines Schädel-Hirn-Traumas nachgewiesen wurde. Insbesondere ist nicht festzustellen, dass beim Kläger durch den Sturz eine Bewusstlosigkeit eingetreten war, wie dies der Kläger anlässlich seiner Vorstellung bei Dr. Si. (10 Minuten Bewusstlosigkeit, Erinnerungslücke) und gegenüber dem Sachverständigen Dr. P. (eine halbe Stunde bewusstlos) angegeben hat. Die zuletzt behauptete Dauer entspricht schon deshalb nicht den Tatsachen, weil der Kläger bereits 16 Minuten nach dem Unfallereignis in den S. Kliniken eingeliefert worden war, ohne dass zu diesem Zeitpunkt eine Bewusstlosigkeit bestanden hätte. Schließlich wird im Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. D. eine Bewusstlosigkeit aufgrund der Erstangaben des Klägers sogar ausdrücklich verneint. Auch die unfallnah in den S. Kliniken E. durchgeführte neurologische Untersuchung hat keine Hinweise auf eine substanzielle Hirnschädigung ergeben. Entsprechendes gilt für die ca. drei Wochen später erfolgte neurologische Untersuchung durch Dr. Si ... Auch der Sachverständige Dr. P. hat anlässlich seiner Untersuchung von neurologischer Seite keine Befunde erhoben, die auf eine entsprechende Schädigung hindeuten könnten. Unfallbedingt lässt sich damit weder eine Kopfschmerzsymptomatik noch eine Schwindelsymptomatik beschreiben, die über den 11.04.2005 hinaus der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit des Klägers entgegen gestanden hätte.

Nichts anderes gilt letztlich auch für die vom Kläger vorgebrachte Depression. Dass ein derartiges Krankheitsbild, das den Kläger zu dem vorliegend in Rede stehenden Zeitpunkt ab 12.04.2005 hinderte, seine berufliche Tätigkeit bei den S. Verkehrsbetrieben E. auszuüben, überhaupt vorgelegen hat, vermag der Senat angesichts der demonstrativen Verhaltensweisen des Klägers nicht festzustellen. Jedenfalls hat Dr. P. anlässlich seiner Untersuchung beim Kläger keine Depression zu diagnostizieren vermocht. Er ist vielmehr von einer somatoformen Schmerzstörung im Rahmen einer Persönlichkeitsstörung mit depressiven abhängigen Anteilen und einem Rentenbegehren ausgegangen, wobei er einen inneren Zusammenhang zwischen der psychischen Situation des Klägers und dem Unfalltrauma, aus der ein Unfallzusammenhang hergeleitet werden könnte, ausdrücklich verneint hat.

Aus den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Arztbriefen bzw. Bescheinigungen folgt nichts anderes. Dr. C. äußert sich nicht zum ursächlichen Zusammenhang, die Dres. S. und B. bekunden lediglich, dass die Kopfschmerz- und Ohrgeräuschproblematik "sicherlich im Zusammenhang mit der Hypertonie, Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, Übergewicht und Schädelunfall 2004" stehe. Was sie unter "Schädelunfall" verstehen und wie der Kausalzusammenhang sich ihrer Auffassung nach insoweit angesichts der anderen aufgeführten anlagebedingten Leiden zu begründen sein soll, erschließt sich nicht. Dr. K. schließlich äußert sich nicht zur Frage des Kausalzusammenhangs; soweit er schreibt, die depressive Störung habe sich nach dem Betriebsunfall extrem verstärkt, erfolgt diese Äußerung im Rahmen der Schmerzanamnese und damit auf Grund der Angaben des Klägers.

Da nach alledem für die Zeit ab 12.04.2005 unfallbedingt keine Gesundheitsstörungen mehr festzustellen sind, die der Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit des Klägers entgegen gestanden hätten, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mithin nicht festzustellen ist, ist jedenfalls ab dem genannten Zeitpunkt ein Anspruch des Klägers auf Verletztengeld zu verneinen, so dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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