L 3 SB 2593/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 3655/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 2593/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 zusteht.

Bei dem 1946 geborenen Kläger stellte der Beklagte mit Bescheid vom 28.06.2002 einen GdB von 30 fest. Dabei ging er von folgenden Funktionsbeeinträchtigungen aus:

1. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom, Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenkes (GdB 30). 2. Bluthochdruck (GdB 10). 3. Chronische Bronchitis (GdB 10).

Den hiergegen gerichteten Widerspruch nahm der Kläger nach Akteneinsicht zurück.

Am 04.03.2004 beantragte der Kläger die Neufeststellung seines GdB. Zur Begründung gab er an, alle vorhandenen Leiden hätten sich verschlimmert, zusätzlich leide er noch unter Prostatabeschwerden sowie unter Schlaf- und Konzentrationsstörungen.

Der Beklagte zog daraufhin einen Befundbericht von Dr. S., Arzt für Innere Medizin, vom 18.03.2004 bei.

Dr. S. teilte mit, der Kläger leide unter chronischer Lumbago, chronischem HWS-Schulter-Arm-Syndrom, Coxarthrose rechts mehr als links, essentieller Hypertonie ohne Endorganschäden, chronischer Bronchitis, rezidivierender Prostatitis und rezidivierenden Harnwegsin-fektionen. Seines Erachtens bestehe ein GdB von 60. Zusätzlich übersandte er zahlreiche Fremdbefundberichte, u.a. von Dr. H., vom 14.02. und 07.11.2002 und von Facharzt für Urologie Beckenbach vom 10.11.1997. Dem Befundbericht von Dr. H., Kardiologe, waren selten auftretende singuläre Rhythmusstörungen bei ansonsten Normalbefund zu entnehmen. Der Urologe Beckenbach berichtete über einen fieberhaften Harnwegsinfekt am 04.11.1997 mit Mikrohämaturie und leichtem Brennen bei der Miktion.

Der ebenfalls von dem Beklagten befragte aktuell behandelnde Urologe Dr. E. gab in seinem Befundbericht vom 06.05.2004 an, der Kläger leide unter rezidivierender Mikrohämaturie, chronischer Prostatitis und rezidivierenden Blasenentleerungsstörungen mit Dysurie und Pollakisurie.

Mit Bescheid vom 30.06.2004 erhöhte der Beklagte den GdB ab Antragstellung auf 40, wobei er die chronische Entzündung der Prostata mit Entleerungsstörungen der Harnblase zusätzlich mit einem Teil-GdB von 10 bewertete.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, seine Beschwerden seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Diese bedingten jedenfalls einen höheren GdB.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2004 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beschwerden des Klägers seien nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) zutreffend bewertet worden. Es bestehe lediglich ein GdB von 40.

Dagegen hat der Kläger am 01.12.2004 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben mit der Begründung, seine Gesundheitsstörungen seien von dem Beklagten nicht ausreichend berücksichtigt worden. Zusätzlich leide er auch unter einer larvierten Depression und Schlafstörungen. Er schlafe praktisch nicht. Insoweit sei er lediglich beim Hausarzt Dr. S. in Behandlung.

Unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung von Dr. S. vom 21.03.2005 hat der Kläger zusätzlich vorgetragen, nun auch unter permanentem Vorhofflimmern zu leiden, das mit der Gabe von Marcumar behandelt werde.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher sachverständiger Zeugenaussagen von Dr. E., Facharzt für Urologie, vom 31.03.2005, Dr. S., Arzt für Innere Medizin, vom 12.04.2005 und Dr. D., Fachärztin für Orthopädie, vom 13.04.2005, 11.10.2005 und 26.11.2005.

Dr. E. hat mitgeteilt, der Kläger leide an häufigen Prostataentzündungen im Umfang von ein bis drei Mal jährlich mit Dysurie und Algurie, für die ein GdB von 10 anzusetzen sei.

Dr. S. hat mitgeteilt, der Kläger leide unter einer psychosomatischen Erkrankung, die sich in vegetativen Symptomen, Schlaf- und Konzentrationsbeschwerden äußere. Er behandle diese mit symptomorientierter verbaler Intervention unter Nutzung der Arzt-Patienten-Interaktion. Unter der Therapie mit Betarezeptorenblockern sei im Hinblick auf das Vorhofflimmern eine Frequenznormalisierung erfolgt. Eine Kardioversion sei geplant. Ergänzend hat er insoweit einen Befundbericht von Dr. L., Facharzt für Kardiologie, vom 11.03.2005 übersandt, der insoweit Vorhofflimmern unter Ausschluss einer strukturellen Herzerkrankung diagnostiziert hat. Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Befundberichts von Dr. L. wird auf Bl. 27 bis 36 der SG-Akte Bezug genommen.

Dr. D. hat zunächst berichtet, dass das Lumbalsyndrom beim Kläger eine zunehmende Schwäche des Beines verursacht habe, im Jahr 2003 des rechten und im Jahr 2004 des linken Beines. Ergänzend hat sie mitgeteilt, dass sie für die Erkrankung der Wirbelsäule einen GdB von 30 bis 40, der Hüfte und Schulter von je 25 und damit einen Gesamt-GdB von 40 bis 50 auf orthopädischem Gebiet für angemessen erachte. Weiterhin hat sie angegeben, keine Messdaten nach der Neutral-Null-Methode erhoben zu haben. Abschließend hat sie die genauen Behandlungsdaten und die vom Kläger damals geäußerten Beschwerden dem SG übermittelt. Insoweit wird auf Bl. 58 und 59 der SG-Akte Bezug genommen.

Das SG hat daraufhin weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. Pittius, Facharzt für Orthopädie, Rheumatologie und Sportmedizin, vom 11.12.2005.

Der Gutachter hat folgende Diagnosen gestellt:

1. Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule und wiederkehrende Nervenwurzelreizung rechts bei Verschleißerscheinungen der unteren Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschaden in den Segmenten L 4/5 und L 5/ S 1. 2. Mäßige Bewegungseinschränkung in beiden Hüftgelenken bei Verschleißerscheinungen rechts deutlicher als links. 3. Leichtes sog. Schulter-Arm-Syndrom beidseits ohne wesentliche Funktionsstörung.

Die Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule und der Hüftgelenke hat er mit je 20 bewertet, das Schulter-Arm-Syndrom mit einem GdB von 10. Unter Einbeziehung des GdB von 20 für die Herzrhythmusstörungen/Bluthochdruck und von jeweils 10 für die chronische Bronchitis und die chronische Prostatitis hat er einen Gesamt-GdB von 40 gebildet.

Ergänzend hat das SG den behandelnden Kardiologen Dr. L. befragt, der unter dem 29.12.2005 mitgeteilt hat, dass er für die Herzrhythmusstörungen und den Bluthochdruck einen GdB von 20 für angemessen erachte. Es könne jedoch durch die geplante Kardioversion eine Befundverbesserung durch Behebung des Vorhofflimmerns eingetreten sein. Ob diese durchgeführt worden sei, entziehe sich jedoch seiner Kenntnis. Hierzu hat der Kläger ein ergänzendes Attest von Dr. S. vom 12.01.2006 vorgelegt, in welchem dieser bescheinigte, dass die Herzleistungsfähigkeit nicht wie von Dr. L. beschrieben um 20, sondern um 25 % gemindert sei.

Zusätzlich vorgelegt hat der Kläger einen Bericht des Klinikums Mannheim vom 25.05.2005 beigezogen. Danach ist bei ihm während eines stationären Aufenthalts vom 10. bis 13.05.2005 eine Kardioversion durchgeführt worden, die jedoch erfolglos verlaufen ist.

Mit Urteil vom 30.01.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei mit 20 zu bewerten, die Bewegungseinschränkung der Hüfte und der Schulter mit einem GdB von jeweils 10, die Herzrhythmusstörungen und der Bluthochdruck mit 20, die Prostatitis und die chronische Bronchitis mit einem GdB von jeweils 10. Psychosomatische oder psychische Beschwerden seien vom Kläger nicht nachgewiesen. Der Kläger gebe pauschal an, quasi nicht mehr zu schlafen; dies sei nicht glaubwürdig. Dr. S. habe auch nicht mitgeteilt, welche psychosomatischen Beschwerden zusätzlich zu den bereits vorhandenen somatischen Beschwerden vorliegen würden.

Gegen das am 26.04.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.05.2007 Berufung eingelegt mit der Begründung, die Herzerkrankung und der Bluthochdruck seien vom SG nicht ausreichend gewürdigt worden. Es hätte angesichts des bestehenden Sachverhalts ein Gutachten auf kardiologischem Gebiet von Amts wegen einholen müssen. Auch seine Depressionen und die Schlafstörungen seien nicht gewürdigt worden.

Der Kläger hat ein weiteres Attest von Dr. S. vom 20.03.2008 vorgelegt, in welchem dieser erneut bescheinigt hat, dass die Erkrankungen des Klägers mit einem GdB von 60 zu bewerten seien. Von Depressionen und Schlafstörungen war in diesem Attest keine Rede.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Sachverständigenzeugenaussage von Dr. S. vom 27.05.2008 sowie durch Beiziehung von Befundberichten von Dr. D. vom 03.06.2008 und Dr. E. vom 30.06.2008.

Dr. S. hat mitgeteilt, der Kläger leide unter Herzrhythmusstörungen und daraus resultierender Belastungsatemnot etwa beim Treppensteigen und relativ langsamem Fahrradfahren. Hinzu kämen Rückenschmerzen und Schulter-Arm-Beschwerden sowie heftige Entzündungen der Harnblase mit Fieber. Daneben bestünden im Rahmen eines psychosomatischen Krankheitsbildes chronische Schlafstörungen und eine ängstlich depressive Symptomatik nach Verunsicherung durch Herzerkrankung. Der Bluthochdruck habe keine Auswirkungen auf das Empfinden des Klägers. Die Beschwerden hätten sich im Laufe der Jahre verschlimmert. Aus seiner Sicht sei für das Vorhofflimmern ein GdB von 40, für den Bluthochdruck von 20, für die psychosomatische Erkrankung von 20 bis 30 angemessen. Auf internistischem Gebiet betrage der GdB 50; unter Berücksichtigung der orthopädischen und urologischen Symptomatik ergebe sich ein Gesamt-GdB von 60.

Dr. D. hat die bereits bekannten orthopädischen Diagnosen mitgeteilt und zusätzlich berichtet, dass der Kläger über kurzzeitige Beschwerden der rechten Hand geklagt habe.

Dr. E. hat mehrere Episoden mit vermehrtem Harndrang und Dysurie mit auffälligem Harnbefund seit Januar 2006 bestätigt. Die Symptomatik habe sich unter antibiotischer Behandlung und anschließender a-Blockertherapie zurückgebildet.

Abschließend hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines kardiologischen Gutachtens nach § 109 SGG von Prof. Dr. Sechtem, Chefarzt des Zentrums Innere Medizin III/Schwerpunkt Kardiologie des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart, vom 28.09.2009.

Im Rahmen der Begutachtung ist der Kläger bei einem Belastungs-EKG bis 100 Watt belastet worden. Nach sechs Minuten hat er dieses abgebrochen, da eine inadäquate Dyspnoe bei ihm aufgetreten ist, die bereits am Ende der 75 Watt-Stufe begonnen hatte. Ansonsten haben sich bei der Belastung keine Schwindelsymptomatik, keine pektanginösen Beschwerden, keine relevanten Rhythmusstörungen, keine Erregungsrückbildungsstörungen und auch kein Anhalt für Ischämie gezeigt.

Der Gutachter hat folgende Diagnosen gestellt:

1. Permanentes Vorhofflimmern (ED 03/2005) mit aktuell ineffizienter Frequenzlimitierung. Tachyarrhythmia absoluta um 130/min. Keine Synkopen. CHADS2 - 1 bis 2 Punkte (art. Hypertonie und latenter Diabestes mellitus). 2. Ausschluss coronare Herzerkrankung 3. Arterielle Hypertonie (ED 2001) 4. Rezidivierende Bronchitiden 5. Kleines persistierendes Foramen ovale bei hypermobilem Vorhofseptum 6. Latenter Diabetes mellitus Typ II 7. Latente Hyperthyreose bei peripher euthyreoter Stoffwechsellage

Hinsichtlich der letzten beiden Diagnosen hat der Gutachter ausgeführt, dass es sich um Verdachtsdiagnosen handele, und eine Diagnosensicherung mittels oralem Glucosetoleranztestes und Wertekontrolle angezeigt sei. Den GdB für das Vorhofflimmern hat er mit 30 angesetzt, da die linksventrikuläre Funktion hierdurch nur leicht eingeschränkt sei. Für den Bluthochdruck hat er einen GdB von 10 angesetzt, für den Verdacht auf latenten Diabetes mangels Funktionsbeeinträchtigung keinen GdB angenommen. Ebenso hat er für die chronische Bronchitis keinen GdB angenommen, da insoweit die Diagnosekriterien nicht erfüllt seien. Insgesamt betrage der GdB (auf internistischem Gebiet) 30.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. Januar 2007 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 30. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2004 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ab 04. März 2004 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet das Urteil des SG für zutreffend. Die Schwerbehinderteneigenschaft liege beim Kläger nicht vor. Die Verfahrensakten beider Instanzen und die Verwaltungsakte des Beklagten haben dem Senat vorgelegen. Auf deren Inhalt wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das Urteil des SG ist zutreffend, die Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Nach der Überzeugung des Senats besteht, wie vom SG zutreffend ausgeführt, kein höherer GdB als 40.

Das SG hat die maßgeblichen Rechtsgrundlagen sowie die im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung anzuwendenden AHP 2004 ausführlich dargelegt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ab dem 01.01.2009 nach § 69 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX - nunmehr die Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 und die dazugehörige Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VMG) anstelle der AHP Anwendung finden.

Die Überzeugung des Senats stützt sich auf internistischem Gebiet maßgeblich auf das im Berufungsverfahren nach § 109 SGG eingeholte Gutachten von Prof. Dr. Sechtem. Dieser ist nachvollziehbar und überzeugend anhand des von ihm durchgeführten Belastungs-EKG zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger durch seine Herzrhythmusstörung lediglich in geringem Maße eingeschränkt ist. Insoweit besteht ein GdB von 30.

Die Beurteilung des Gutachters stimmt auch mit Teil B Nr. 9.1.6 (Seite 48 und 9.2.2 (Seite 47 der VMG) überein. Nach Nr. 9.1.6 richtet sich die Beurteilung des GdB bei Herzrhythmusstörungen vor allem nach der Leistungsbeeinträchtigung des Herzens. Bei fehlender andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzens ist demnach ein GdB von 10 bis 30 nach den VMG anzusetzen. Im Hinblick auf die Leistungsbeeinträchtigung des Herzens sieht Nr. 9.1.2 der VMG bei leichter bis mittlerer Belastung (forsches Gehen) mit Beschwerden und pathologischen Messdaten bei Ergometerbelastung bis 75 Watt einen GdB von 20 bis 40 vor.

Der Kläger hat zwar bereits am Ende der 75 Watt Stufe unter Beschwerden in Gestalt einer Dyspnoe gelitten, pathologische Messdaten haben insoweit jedoch nicht vorgelegen. Auch konnte der Kläger sogar die zwei Minuten der 100 Watt Stufe durchlaufen. Er hat insoweit auch weder über pektanginöse Beschwerden, Erregungsrückbildungsstörung oder Ischämie geklagt. Damit liegt er hier im unteren Bereich der Einstufung, so dass nach Nr. 9.1.6 und Nr. 9.1.2 ein GdB von 30 angemessen, aber auch ausreichend ist.

Der vom behandelnden Hausarzt Dr. S. genannte GdB-Wert von 40 kann angesichts der oben genannten Vorgaben der VMG nicht überzeugen.

Auf internistischem Gebiet leidet der Kläger ferner unter Bluthochdruck. Insoweit ist nach der Überzeugung des Senats ein GdB von 10 festzusetzen. Auch hier stützt sich die Überzeugung des Senats auf das Gutachten von Prof. Dr. Sechtem, in welchem er hierfür in Übereinstimmung mit Teil B Nr. 9.3 (Seite 51) der VMG einen GdB von 10 ansetzt. Auch hier kann sich der Senat der Auffassung des behandelnden Arztes Dr. S. nicht anschließen, teilt dieser doch mit, dass der Bluthochdruck des Klägers gut eingestellt ist, dem Kläger keine Beschwerden bereitet und auch keine Organschäden bestehen. Hierfür sieht Nr. 9.3 der VMG aber lediglich einen Rahmen von 0 bis 10, und nicht 20, wie von Dr. S. vorgeschlagen, vor.

Nachdem der Kläger die Diagnosekriterien der WHO für die chronische Bronchitis nicht erfüllt, ist insoweit in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Prof. Sechtem kein GdB zu veranschlagen. Entsprechendes gilt für die Verdachtsdiagnose eines latenten Diabetes. Da es sich insoweit lediglich um einen Verdacht und nicht um eine gesicherte Diagnose handelt, ist kein GdB zu veranschlagen.

Auf urologischem Gebiet leidet der Kläger unter einer rezidivierenden Prostatitis (Prostataentzündung) und hieraus resultierenden Blasenentleerungsstörungen. Nach der Überzeugung des Senats, die sich insoweit auf Nr. 13.5 (Seite 69) bzw. Nr. 12.2.1 (Seite 66) der AHP stützt, ist hierfür ein GdB von 10 angemessen und ausreichend. Ausweislich den Angaben des behandelnden Urologen Dr. E. liegt zwar eine chronische Prostataentzündung beim Kläger vor, diese führt jedoch lediglich ein bis drei Mal im Jahr zu akuten Entzündungsverläufen, die mit Fieber und Miktionsbeschwerden einhergehen. Die Beschwerden des Klägers sind daher im Sinne von Nr. 12.2.1 als chronische Harnwegsentzündung leichteren Grades bzw. als chronische Entzündung der Vorsteherdrüse ohne wesentliche Miktionsstörungen einzustufen, für welche die VMG einen Spielraum von 0 bis 10 vorsehen.

Auf orthopädischem Gebiet leidet der Kläger vor allem unter ins Bein ausstrahlenden LWS-Beschwerden, die sich ausweislich des im Berufungsverfahren beigezogenen Befundberichtes der behandelnden Orthopädin Dr. D. nicht verschlechtert haben. Hierfür ist nach der Überzeugung des Senats ein GdB von 20 anzusetzen. Insoweit stützt sich der Senat auf das erstinstanzliche Gutachten von Dr. Pittius, der aufgrund der beim Kläger vorhandenen Bewegungsmaße nachvollziehbar und überzeugend zu einem GdB von 20 gelangt. Dies stimmt auch mit Teil B Nr. 18.9 (Seite 90) der VMG überein. Mittelschwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt sind insoweit mit einem GdB von 20 zu bewerten.

Die Coxarthrose und die Schulter-Arm-Beschwerden des Klägers sind nach der Überzeugung des Senats jeweils mit einem GdB von 10 zu bewerten, denn eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks kann erst dann, wenn die Arm-Hebebeweglichkeit nur bis 90 Grad gegeben ist nach Teil B Nr. 18.13 (Seite 93 VMG) mit einem GdB von 20 bemessen werden. Eine solche Bewegungseinschränkung liegt beim Kläger jedoch unstreitig nicht vor. Auch die Hüfte des Klägers ist nicht derart bewegungseingeschränkt, dass nach Teil B Nr. 18.14 (Seite 99 der VMG) ein GdB von 20 anzusetzen wäre. Zudem hat Dr. S. gegenüber dem Senat ausgeführt, dass der Kläger auf orthopädischem Gebiet lediglich über Wirbelsäulenbeschwerden und Schulterbeschwerden, nicht aber über Beschwerden der Hüfte klage. Der vom Gutachter Dr. Pittius insoweit mit 20 angesetzte GdB konnte angesichts der Messwerte nicht übernommen werden.

Auf psychosomatischem oder psychiatrischem Gebiet kann nach der Überzeugung des Senats kein GdB veranschlagt werden. Der behandelnde Hausarzt Dr. S. spricht zwar von psychosomatischen Beschwerden, teilt aber, wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, nicht mit, worin diese bestehen. Sollte es sich hierbei um die obengenannten somatischen Beschwerden handeln, so sind diese mit den oben genannten Teil-GdB-Werten bereits berücksichtigt. Zwar bestätigt Dr. S. weiterhin eine ängstlich depressive Symptomatik und Schlafstörungen, macht aber auch hier keine konkreten und nachvollziehbaren Angaben. Eine medikamentöse oder fachärztliche Behandlung wird vom Kläger insoweit nicht durchgeführt, so dass der Senat angesichts des fehlenden Leidensdrucks des Klägers und der fehlenden Funktionsbeeinträchtigungen insoweit hier keinen GdB veranschlagen kann.

Insgesamt ergibt sich durch Erhöhung des höchsten Teil-GdB-Wertes von 30 für die Herzrhythmusstörung unter Anwendung der Grundsätze von Teil A Nr. 3 VMG ein Gesamt-GdB von 40. Zwar berechtigt nach Teil A Nr. 3 d ee) ein GdB von 20 häufig nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB; da der Kläger einerseits unter internistischen und andererseits unter orthopädischen Beschwerden leidet, die voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen, konnte insgesamt unter Berücksichtigung von Teil A Nr 3 d aa) hier aber ein Gesamt-GdB von 40 gebildet werden.

Die Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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