Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1837/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3580/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11.06.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Vormerkung von Anrechnungszeittatbeständen wegen Ausbildung und deren Anrechnung streitig.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens bat die Beklagte den am 1963 geborenen Kläger zur Klärung der vorhandenen aufklärungsbedürftigen Lücken um Vorlage eines ausgefüllten Kontenklärungsantrags nebst Anlagen und Nachweisen. Da die entsprechenden Unterlagen trotz erfolgter Erinnerung nicht eingingen, führte die Beklagte dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 16.03.2004 aus, die bei ihr vorhandenen Informationen reichten nicht aus, um die Versicherungsangelegenheit zu erledigen. Ein Kontenklärungsantrag sei nicht eingegangen; die Zeiträume von Oktober 1979 bis Juni 1984 und Oktober 1985 bis Dezember 2002 seien nicht geklärt. Da auf die entsprechende Anfrage die erforderlichen Auskünfte und Unterlagen nicht vorgelegt worden seien, gehe sie davon aus, dass der Kläger die Angelegenheit nicht weiterverfolgen wolle. In Kürze erhalte er einen Versicherungsverlauf und einen Feststellungsbescheid. Es bleibe ihm überlassen, sich zu einem späteren Zeitpunkt erneut an sie zu wenden; sie werde den Vorgang dann erneut aufnehmen.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, und machte geltend, ihm sei in einem früheren Schreiben eine Frist von sechs Monaten gesetzt worden, so dass das nunmehr angekündigte Verfahren rechtswidrig sei. Er legte den ausgefüllten "Antrag auf Kontenklärung" nebst Anlagen vor und machte, nachdem die Beklagte die ihr bekannten Versicherungszeiten festgestellt hatte im Weiteren u.a. geltend, in dem Versicherungsverlauf seien "13 Jahre Ausbildungszeit (Studium der Physik et Astronomie mit nachfolgenden Informatikkursen) vom 01.10.1985 bis 30.07.1996, wobei auch die Schulzeit bis 30.06.1984 teilweise mitzuberücksichtigen" sei, unberücksichtigt geblieben. Die zu einem späteren Zeitpunkt erfolgten Gesetzesänderungen im Hinblick auf die Berücksichtigung von Ausbildungszeiten hätten auf die von ihm zurückgelegten Zeiten keine Auswirkungen, da sie zeitlich vor der Gesetzesänderung lägen.
Mit Bescheid vom 16.11.2004 merkte die Beklagte folgende Ausbildungszeiten als Anrechnungszeittatbestände vor:
29.10.1980 bis 31.05.1984 Schulausbildung 01.06.1984 bis 01.07.1984 Überbrückungszeit Schulausbildung 01.10.1985 bis 27.11.1992 Hochschulausbildung 01.04.1993 bis 30.07.1996 Hochschulausbildung nicht abgeschlossen.
Weiter führte die Beklagte u.a. aus: "In welchem Umfang die Zeiten einer schulischen Ausbildung als Anrechnungszeiten anerkannt werden, ist erst im Leistungsfall zu entscheiden. Grundsätzlich können Ausbildungszeiten jedoch nur ab Vollendung des 17. Lebensjahres bis zur Höchstdauer von insgesamt acht Jahren als Anrechnungszeit berücksichtigt werden. Dabei werden Kalendermonate, die auch mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind, mitgezählt."
Hiergegen machte der Kläger geltend, der Bescheid berücksichtige nur einen Anteil von acht Jahren aus seiner mehr als 13-jährigen Ausbildungszeit, ohne mitzuteilen, aufgrund welcher Gesetzesänderung diese Verkürzung, die gegen das Rückwirkungsverbot verstoße, vorgenommen worden sei.
Im Hinblick auf die beim Bundessozialgericht (BSG) seinerzeit anhängig gewesenen Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Kürzung der Höchstdauer der Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung schlug die Beklagte das Ruhen des Widerspruchsverfahrens vor und bearbeitete den Widerspruch zunächst nicht weiter, da der Kläger gegen ihren Vorschlag keine Einwände erhob. Nach weiterem Schriftwechsel führte sie mit Schreiben vom 08.05.2006 aus, sie beabsichtige, das Verfahren wieder aufzunehmen und den Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen. Der Bescheid vom 16.03.2004 habe keine den Kläger benachteiligende Verwaltungsentscheidung enthalten; der Bescheid vom 16.11.2004 habe keine Entscheidung darüber enthalten, bis zu welcher Höchstdauer Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung angerechnet werden könnten. Seine Ausführungen zur unzulässigen Rückwirkung der anzurechnenden Höchstdauer von Ausbildungs-/Anrechnungszeiten sei nicht erheblich, da diese nicht Gegenstand eines Bescheids über die Vormerkung von rentenrechtlichen Zeiten sein könne. Auf die gleichzeitig geäußerte Bitte, sich angesichts dessen bis 09.06.2006 dazu zu äußern, ob er seinen Widerspruch aufrecht erhalte, äußerte sich der Kläger nicht.
Am 09.06.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG) "Untätigkeits-Verpflichtungsklage" mit dem Begehren erhoben, anstelle von acht Jahren insgesamt 13 Jahre an Ausbildungszeiten im Rentenversicherungsverlauf anzurechnen. Die Beklagte sei mehr als drei Monate untätig geblieben. Im Übrigen habe sie entgegen ihren Ausführungen im Schreiben vom 08.05.2006 im Bescheid vom 16.11.2004 durchaus Aussagen über die anrechenbaren Ausbildungszeiten getroffen. Es könne nicht angehen, dass eine gerichtliche Entscheidung über die in Rede stehende Frage noch weitere 25 Jahre lang hinausgezögert werde. Hierdurch werde der zeitnahe Justizgewährungsanspruch verletzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 16.03. und 16.11.1004 mit der Begründung zurück, der Feststellungsbescheid über die tatbestandlichen Voraussetzungen für rentenrechtliche Zeiten habe die Funktion einer "Beweissicherung", nicht aber die einer bindenden Feststellung über die Anrechnung und Bewertung der Daten für das Leistungsverfahren. Der Begriff "Anrechenbarkeit" sei so zu verstehen, dass erst im Leistungsfall entschieden werden könne, ob vorgemerkte rentenrechtliche Tatbestände Einfluss auf die Höhe der Rente haben. So lägen beispielsweise aufgrund des Besuchs einer Schule zwar grundsätzlich Anrechnungszeiten vor, doch sei hier allein der Tatbestand Schulausbildung vorzumerken. Ob hierfür bei einem später eintretenden Leistungsfall eine Anrechnungszeit zu berücksichtigen sei, beurteile sich nach dem zum Zeitpunkt des Leistungsfalls geltenden Recht.
Hiernach hat der Kläger den "Untätigkeits-Teil" seiner Klage für erledigt erklärt und lediglich den "Verpflichtungs-Teil als Verpflichtungsklage" fortgesetzt. Insoweit hat er ausgeführt, gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) habe er Anspruch auf rechtzeitige Rechtssicherheit und Einplanbarkeit der anzurechnenden Zeiten und damit gemäß Art. 19 Abs.4 GG einen Justizgewährungsanspruch auf rechtzeitige Klärung.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.06.2008 hat das SG die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abgewiesen, da der Kläger weder durch den angefochtenen Feststellungsbescheid beschwert sei noch einen Anspruch auf die begehrte Anerkennung habe.
Gegen den ihm am 17.06.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.07.2008 beim SG Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG habe zu Unrecht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klärung der in Rede stehenden Frage verneint. Im Hinblick auf sein Alter bei Erreichen der Regelaltersgrenze, der Bearbeitungsdauer für einen entsprechenden Rentenantrag, die Dauer der sich anschließenden Klageverfahren einschließlich einer Verfassungsbeschwerde könnte ihm voraussichtlich erst im Alter von 74 Jahren die ausstehende Rentendifferenz nachgezahlt werden. Da er dieses Alter bei Berücksichtigung seiner erblichen Vorbelastung kaum erlebe, werde sein Rechtsschutzbedürfnis an einer rechtzeitigen Feststellung zu Unrecht verneint.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 16.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2006 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, Ausbildungszeiten im Umfang von 13 Jahren anzurechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 16.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger kann von der Beklagte nicht die Feststellung verlangen, dass die Zeiten seiner Schul- und Hochschulausbildung in vollem Umfang angerechnet und damit einer späteren Rentenberechnung zugrunde gelegt werden.
Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage gegen den Bescheid vom 16.11.2004 unzulässig ist. Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Ausführungen der Beklagten, wonach Ausbildungszeiten lediglich bis zur Höchstdauer von acht Jahren als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden. Die insoweit allein in Betracht kommende Anfechtungsklage ist schon deshalb unzulässig, weil es sich bei diesem Vermerk nicht um einen Verwaltungsakt handelt, sondern lediglich um einen nicht auf eine außenwirksame Regelung gerichteten Bearbeitungsvermerk. Eine allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG auf Streichung dieses Vermerkes ist nicht zulässig, da es hierfür keine Anspruchsgrundlage gibt. Gleichermaßen unzulässig ist eine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Anrechnung der in Rede stehenden Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung. Denn der Kläger begehrt im Ergebnis die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines Verwaltungsakts, in dem sie feststellen soll, im künftig vielleicht eintretenden Leistungsfall die bislang vorgemerkten Ausbildungszeittatbestände im Umfang von 13 Jahren anzurechnen. Hierfür fehlt es jedoch an der Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG), weil es nach § 149 Abs.5 Satz 3 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) gänzlich ausgeschlossen ist, dass der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erlass eines solchen Verwaltungsaktes hat. Denn die Beklagte ist nicht einmal befugt, derzeit über die Anrechnung dieser Ausbildungszeittatbestände für den später vielleicht eintretenden Leistungsfall nach Maßgabe des SGB VI vorab verbindlich zu entscheiden.
Gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI ist der Versicherungsträger verpflichtet und befugt, durch feststellenden Verwaltungsakt in Schriftform (sog. Vormerkungsbescheid) die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, verbindlich festzustellen. Soweit diese Daten rentenrechtliche Zeiten im Sinne von § 54 Abs. 1 SGB VI sind, bedeutet dies, dass "beweissichernd" für den später vielleicht eintretenden Leistungsfall für die im Bescheid aufgeführten Zeiträume verbindlich geklärt wird, dass der Versicherte in ihnen den Tatbestand der jeweiligen rentenrechtlichen Zeit erfüllt hat. Demnach sind "Anrechnungszeiten", falls deren tatbestandsmäßige Voraussetzungen vorliegen, nur als Anrechnungszeittatbestände vorzumerken. Im Rahmen des Vormerkungsverfahrens ist folglich auf der Grundlage des im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt geltenden materiellen Rechts vorab nur zu klären, ob der behauptete Anrechnungszeittatbestand im Sinne des SGB VI nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt ist und ob generell die Möglichkeit besteht, dass der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich relevant werden kann. Dabei geht es gerade nicht um die "Anerkennung" oder "Feststellung" von "rentenrechtlichen Zeiten" für den späteren Leistungsfall. Ob der Sachverhalt, der nach heutigem Recht als Tatbestand einer bestimmten rentenrechtlichen Zeit vorzumerken ist, im späteren Leistungsfall nach dem dann geltenden Recht den Tatbestand dieser rentenrechtlichen Zeit, den einer anderen Zeit oder aber keinen mehr erfüllt, wird hier nicht verbindlich geklärt. Vielmehr darf der Versicherungsträger über die Fragen, ob der Versicherte auf Grund gerade dieser Tatbestände ("vorgemerkte Zeiten") eine Wartezeit erfüllt oder einen höheren Rangstellenwert und dadurch einen in Geldwert bestimmten "Rentenanspruch" erlangt hat, erst bei "Feststellung einer Leistung" entscheiden. Demgegenüber hat das Gesetz dem Leistungsträger mithin ausdrücklich untersagt, eine verbindliche Vorabregelung von Teilelementen eines später vielleicht einmal entstehenden subjektiven Rechts auf eine Rente schon jetzt vorab mit individueller Bindungswirkung zwischen den Beteiligten für die Entscheidung im späteren Leistungsfall zu treffen. Die Klage darauf, das Gericht möge die Beklagte zu diesem gesetzwidrigen Tun verpflichten, ist demnach unzulässig (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.2001, B 4 RA 114/00 R in SozR 3-2600 § 149 Nr. 6).
Sein Begehren kann der Kläger auch nicht mit einer Feststellungsklage durchsetzen. Denn eine solche Klage mit dem Inhalt, die Beklagte sei aufgrund des bestehenden Versicherungsverhältnisses jetzt verpflichtet, die tatbestandlich vorgemerkten Anrechnungszeiten in einem künftigen Leistungsfall in vollem Umfang, also nicht begrenzt auf eine Höchstdauer, anzurechnen, ist als vorbeugende Feststellungsklage aus den o. g. Gründen unzulässig (BSG, a. a. O.).
Dadurch dass der Kläger eine gerichtliche Klärung der von ihm für rechtswidrig erachteten Begrenzung von Anrechnungszeiten für eine Schul- und Hochschulausbildung auf eine Höchstanrechnungsdauer erst anlässlich einer in der Zukunft liegenden Entscheidung über einen Leistungsfall herbeiführen kann, wird der verfassungsrechtlich aus Art.14 Abs.1 i.V.m. Art. 19 Abs.4 Satz 1 GG gebotene Rechtsschutz auch nicht unzulässig verkürzt. Dies hat das BSG in der zitierten Entscheidung, auf die der Senat Bezug nimmt, ausführlich dargelegt.
Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Vormerkung von Anrechnungszeittatbeständen wegen Ausbildung und deren Anrechnung streitig.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens bat die Beklagte den am 1963 geborenen Kläger zur Klärung der vorhandenen aufklärungsbedürftigen Lücken um Vorlage eines ausgefüllten Kontenklärungsantrags nebst Anlagen und Nachweisen. Da die entsprechenden Unterlagen trotz erfolgter Erinnerung nicht eingingen, führte die Beklagte dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 16.03.2004 aus, die bei ihr vorhandenen Informationen reichten nicht aus, um die Versicherungsangelegenheit zu erledigen. Ein Kontenklärungsantrag sei nicht eingegangen; die Zeiträume von Oktober 1979 bis Juni 1984 und Oktober 1985 bis Dezember 2002 seien nicht geklärt. Da auf die entsprechende Anfrage die erforderlichen Auskünfte und Unterlagen nicht vorgelegt worden seien, gehe sie davon aus, dass der Kläger die Angelegenheit nicht weiterverfolgen wolle. In Kürze erhalte er einen Versicherungsverlauf und einen Feststellungsbescheid. Es bleibe ihm überlassen, sich zu einem späteren Zeitpunkt erneut an sie zu wenden; sie werde den Vorgang dann erneut aufnehmen.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, und machte geltend, ihm sei in einem früheren Schreiben eine Frist von sechs Monaten gesetzt worden, so dass das nunmehr angekündigte Verfahren rechtswidrig sei. Er legte den ausgefüllten "Antrag auf Kontenklärung" nebst Anlagen vor und machte, nachdem die Beklagte die ihr bekannten Versicherungszeiten festgestellt hatte im Weiteren u.a. geltend, in dem Versicherungsverlauf seien "13 Jahre Ausbildungszeit (Studium der Physik et Astronomie mit nachfolgenden Informatikkursen) vom 01.10.1985 bis 30.07.1996, wobei auch die Schulzeit bis 30.06.1984 teilweise mitzuberücksichtigen" sei, unberücksichtigt geblieben. Die zu einem späteren Zeitpunkt erfolgten Gesetzesänderungen im Hinblick auf die Berücksichtigung von Ausbildungszeiten hätten auf die von ihm zurückgelegten Zeiten keine Auswirkungen, da sie zeitlich vor der Gesetzesänderung lägen.
Mit Bescheid vom 16.11.2004 merkte die Beklagte folgende Ausbildungszeiten als Anrechnungszeittatbestände vor:
29.10.1980 bis 31.05.1984 Schulausbildung 01.06.1984 bis 01.07.1984 Überbrückungszeit Schulausbildung 01.10.1985 bis 27.11.1992 Hochschulausbildung 01.04.1993 bis 30.07.1996 Hochschulausbildung nicht abgeschlossen.
Weiter führte die Beklagte u.a. aus: "In welchem Umfang die Zeiten einer schulischen Ausbildung als Anrechnungszeiten anerkannt werden, ist erst im Leistungsfall zu entscheiden. Grundsätzlich können Ausbildungszeiten jedoch nur ab Vollendung des 17. Lebensjahres bis zur Höchstdauer von insgesamt acht Jahren als Anrechnungszeit berücksichtigt werden. Dabei werden Kalendermonate, die auch mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind, mitgezählt."
Hiergegen machte der Kläger geltend, der Bescheid berücksichtige nur einen Anteil von acht Jahren aus seiner mehr als 13-jährigen Ausbildungszeit, ohne mitzuteilen, aufgrund welcher Gesetzesänderung diese Verkürzung, die gegen das Rückwirkungsverbot verstoße, vorgenommen worden sei.
Im Hinblick auf die beim Bundessozialgericht (BSG) seinerzeit anhängig gewesenen Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Kürzung der Höchstdauer der Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung schlug die Beklagte das Ruhen des Widerspruchsverfahrens vor und bearbeitete den Widerspruch zunächst nicht weiter, da der Kläger gegen ihren Vorschlag keine Einwände erhob. Nach weiterem Schriftwechsel führte sie mit Schreiben vom 08.05.2006 aus, sie beabsichtige, das Verfahren wieder aufzunehmen und den Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen. Der Bescheid vom 16.03.2004 habe keine den Kläger benachteiligende Verwaltungsentscheidung enthalten; der Bescheid vom 16.11.2004 habe keine Entscheidung darüber enthalten, bis zu welcher Höchstdauer Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung angerechnet werden könnten. Seine Ausführungen zur unzulässigen Rückwirkung der anzurechnenden Höchstdauer von Ausbildungs-/Anrechnungszeiten sei nicht erheblich, da diese nicht Gegenstand eines Bescheids über die Vormerkung von rentenrechtlichen Zeiten sein könne. Auf die gleichzeitig geäußerte Bitte, sich angesichts dessen bis 09.06.2006 dazu zu äußern, ob er seinen Widerspruch aufrecht erhalte, äußerte sich der Kläger nicht.
Am 09.06.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG) "Untätigkeits-Verpflichtungsklage" mit dem Begehren erhoben, anstelle von acht Jahren insgesamt 13 Jahre an Ausbildungszeiten im Rentenversicherungsverlauf anzurechnen. Die Beklagte sei mehr als drei Monate untätig geblieben. Im Übrigen habe sie entgegen ihren Ausführungen im Schreiben vom 08.05.2006 im Bescheid vom 16.11.2004 durchaus Aussagen über die anrechenbaren Ausbildungszeiten getroffen. Es könne nicht angehen, dass eine gerichtliche Entscheidung über die in Rede stehende Frage noch weitere 25 Jahre lang hinausgezögert werde. Hierdurch werde der zeitnahe Justizgewährungsanspruch verletzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 16.03. und 16.11.1004 mit der Begründung zurück, der Feststellungsbescheid über die tatbestandlichen Voraussetzungen für rentenrechtliche Zeiten habe die Funktion einer "Beweissicherung", nicht aber die einer bindenden Feststellung über die Anrechnung und Bewertung der Daten für das Leistungsverfahren. Der Begriff "Anrechenbarkeit" sei so zu verstehen, dass erst im Leistungsfall entschieden werden könne, ob vorgemerkte rentenrechtliche Tatbestände Einfluss auf die Höhe der Rente haben. So lägen beispielsweise aufgrund des Besuchs einer Schule zwar grundsätzlich Anrechnungszeiten vor, doch sei hier allein der Tatbestand Schulausbildung vorzumerken. Ob hierfür bei einem später eintretenden Leistungsfall eine Anrechnungszeit zu berücksichtigen sei, beurteile sich nach dem zum Zeitpunkt des Leistungsfalls geltenden Recht.
Hiernach hat der Kläger den "Untätigkeits-Teil" seiner Klage für erledigt erklärt und lediglich den "Verpflichtungs-Teil als Verpflichtungsklage" fortgesetzt. Insoweit hat er ausgeführt, gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) habe er Anspruch auf rechtzeitige Rechtssicherheit und Einplanbarkeit der anzurechnenden Zeiten und damit gemäß Art. 19 Abs.4 GG einen Justizgewährungsanspruch auf rechtzeitige Klärung.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.06.2008 hat das SG die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abgewiesen, da der Kläger weder durch den angefochtenen Feststellungsbescheid beschwert sei noch einen Anspruch auf die begehrte Anerkennung habe.
Gegen den ihm am 17.06.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.07.2008 beim SG Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG habe zu Unrecht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klärung der in Rede stehenden Frage verneint. Im Hinblick auf sein Alter bei Erreichen der Regelaltersgrenze, der Bearbeitungsdauer für einen entsprechenden Rentenantrag, die Dauer der sich anschließenden Klageverfahren einschließlich einer Verfassungsbeschwerde könnte ihm voraussichtlich erst im Alter von 74 Jahren die ausstehende Rentendifferenz nachgezahlt werden. Da er dieses Alter bei Berücksichtigung seiner erblichen Vorbelastung kaum erlebe, werde sein Rechtsschutzbedürfnis an einer rechtzeitigen Feststellung zu Unrecht verneint.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 16.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2006 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, Ausbildungszeiten im Umfang von 13 Jahren anzurechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 16.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger kann von der Beklagte nicht die Feststellung verlangen, dass die Zeiten seiner Schul- und Hochschulausbildung in vollem Umfang angerechnet und damit einer späteren Rentenberechnung zugrunde gelegt werden.
Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage gegen den Bescheid vom 16.11.2004 unzulässig ist. Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Ausführungen der Beklagten, wonach Ausbildungszeiten lediglich bis zur Höchstdauer von acht Jahren als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden. Die insoweit allein in Betracht kommende Anfechtungsklage ist schon deshalb unzulässig, weil es sich bei diesem Vermerk nicht um einen Verwaltungsakt handelt, sondern lediglich um einen nicht auf eine außenwirksame Regelung gerichteten Bearbeitungsvermerk. Eine allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG auf Streichung dieses Vermerkes ist nicht zulässig, da es hierfür keine Anspruchsgrundlage gibt. Gleichermaßen unzulässig ist eine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Anrechnung der in Rede stehenden Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung. Denn der Kläger begehrt im Ergebnis die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines Verwaltungsakts, in dem sie feststellen soll, im künftig vielleicht eintretenden Leistungsfall die bislang vorgemerkten Ausbildungszeittatbestände im Umfang von 13 Jahren anzurechnen. Hierfür fehlt es jedoch an der Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG), weil es nach § 149 Abs.5 Satz 3 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) gänzlich ausgeschlossen ist, dass der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erlass eines solchen Verwaltungsaktes hat. Denn die Beklagte ist nicht einmal befugt, derzeit über die Anrechnung dieser Ausbildungszeittatbestände für den später vielleicht eintretenden Leistungsfall nach Maßgabe des SGB VI vorab verbindlich zu entscheiden.
Gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI ist der Versicherungsträger verpflichtet und befugt, durch feststellenden Verwaltungsakt in Schriftform (sog. Vormerkungsbescheid) die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, verbindlich festzustellen. Soweit diese Daten rentenrechtliche Zeiten im Sinne von § 54 Abs. 1 SGB VI sind, bedeutet dies, dass "beweissichernd" für den später vielleicht eintretenden Leistungsfall für die im Bescheid aufgeführten Zeiträume verbindlich geklärt wird, dass der Versicherte in ihnen den Tatbestand der jeweiligen rentenrechtlichen Zeit erfüllt hat. Demnach sind "Anrechnungszeiten", falls deren tatbestandsmäßige Voraussetzungen vorliegen, nur als Anrechnungszeittatbestände vorzumerken. Im Rahmen des Vormerkungsverfahrens ist folglich auf der Grundlage des im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt geltenden materiellen Rechts vorab nur zu klären, ob der behauptete Anrechnungszeittatbestand im Sinne des SGB VI nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt ist und ob generell die Möglichkeit besteht, dass der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich relevant werden kann. Dabei geht es gerade nicht um die "Anerkennung" oder "Feststellung" von "rentenrechtlichen Zeiten" für den späteren Leistungsfall. Ob der Sachverhalt, der nach heutigem Recht als Tatbestand einer bestimmten rentenrechtlichen Zeit vorzumerken ist, im späteren Leistungsfall nach dem dann geltenden Recht den Tatbestand dieser rentenrechtlichen Zeit, den einer anderen Zeit oder aber keinen mehr erfüllt, wird hier nicht verbindlich geklärt. Vielmehr darf der Versicherungsträger über die Fragen, ob der Versicherte auf Grund gerade dieser Tatbestände ("vorgemerkte Zeiten") eine Wartezeit erfüllt oder einen höheren Rangstellenwert und dadurch einen in Geldwert bestimmten "Rentenanspruch" erlangt hat, erst bei "Feststellung einer Leistung" entscheiden. Demgegenüber hat das Gesetz dem Leistungsträger mithin ausdrücklich untersagt, eine verbindliche Vorabregelung von Teilelementen eines später vielleicht einmal entstehenden subjektiven Rechts auf eine Rente schon jetzt vorab mit individueller Bindungswirkung zwischen den Beteiligten für die Entscheidung im späteren Leistungsfall zu treffen. Die Klage darauf, das Gericht möge die Beklagte zu diesem gesetzwidrigen Tun verpflichten, ist demnach unzulässig (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.2001, B 4 RA 114/00 R in SozR 3-2600 § 149 Nr. 6).
Sein Begehren kann der Kläger auch nicht mit einer Feststellungsklage durchsetzen. Denn eine solche Klage mit dem Inhalt, die Beklagte sei aufgrund des bestehenden Versicherungsverhältnisses jetzt verpflichtet, die tatbestandlich vorgemerkten Anrechnungszeiten in einem künftigen Leistungsfall in vollem Umfang, also nicht begrenzt auf eine Höchstdauer, anzurechnen, ist als vorbeugende Feststellungsklage aus den o. g. Gründen unzulässig (BSG, a. a. O.).
Dadurch dass der Kläger eine gerichtliche Klärung der von ihm für rechtswidrig erachteten Begrenzung von Anrechnungszeiten für eine Schul- und Hochschulausbildung auf eine Höchstanrechnungsdauer erst anlässlich einer in der Zukunft liegenden Entscheidung über einen Leistungsfall herbeiführen kann, wird der verfassungsrechtlich aus Art.14 Abs.1 i.V.m. Art. 19 Abs.4 Satz 1 GG gebotene Rechtsschutz auch nicht unzulässig verkürzt. Dies hat das BSG in der zitierten Entscheidung, auf die der Senat Bezug nimmt, ausführlich dargelegt.
Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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