L 11 R 4048/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 667/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4048/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1967 geborene Kläger ist Dachdeckermeister und war zuletzt vom 01. Mai 1999 bis 21. Januar 2002 selbstständig tätig und vom 22. Januar 2002 bis 31. Dezember 2004 versicherungspflichtig in der Dachdeckerei der Ehefrau beschäftigt. An ausgeprägten Rückenschmerzen leidet der Kläger seit dem Jahr 1997, im Jahr 2006 wurde bei ihm ein Morbus Bechterew (eine chronisch entzündliche rheumatische Erkrankung, die zur Gruppe der Erkrankungen der Wirbelsäulengelenke, somit der Spondylarthropathien, gehört) diagnostiziert.

Auf den Rentenantrag vom 13. Februar 2007 zog die Beklagte Arztbriefe, insbesondere des Klinikums M., bei und holte die Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Rheumatologie und Physikalische Medizin Dr. T. vom 2. April 2007 und des Facharztes für Innere Medizin Dr. D. vom 4. April 2007 ein. Dr. T. führte aus, beim Kläger bestehe eine Bechterew’sche Erkrankung mit deutlicher Funktionseinschränkung der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule, ohne dass bisher eine wesentliche Beteiligung der großen und kleinen Gelenke der oberen und unteren Gliedmaßen festzustellen sei. Aufgrund der bestehenden Funktionseinschränkung der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sei bei insgesamt ausreichend auftrainierter Rückenmuskulatur die bisherige Tätigkeit eines Dachdeckers nicht mehr ausübbar, jedoch noch leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über acht Kilogramm, insbesondere ohne Kälte- und Nässebelastung sowie ohne Arbeiten mit Zwangshaltung der Wirbelsäule vollschichtig. Dr. D. schloss sich dieser Leistungsbeurteilung an, die Belastbarkeit des Klägers sei allein durch die Spondylarthropathie eingeschränkt, wobei die verminderte Beweglichkeit der Wirbelsäule auch die pulmonale Leistungsfähigkeit einschränke. Eine obstruktive Atemwegserkrankung bestehe jedoch nicht.

Mit Bescheid vom 26. April 2007 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, selbst leichte Tätigkeiten könne er nur noch unter sechs Stunden täglich verrichten. Aufgrund des Morbus Bechterew leide er unter starken Schmerzen, die mittlerweile auch zu einer ausgeprägten Erschöpfungssymptomatik geführt hätten. Er könne nicht mehr durchschlafen, sei rasch ermüdet und könne keine geeigneten Ruhepausen einlegen, da er auch bei Positionen, die üblicherweise zum Ausruhen gewählt würden, Schmerzen habe.

Daraufhin holte die Beklagte noch die Befundberichte des behandelnden Facharztes für Innere Medizin Dr. W. vom 12. Juli 2007 und des Facharztes für Orthopädie Dr. B. vom 26. Juni 2007 und das nervenfachärztliche Gutachten des Dr. B. vom 6. September 2007 ein. Dr. W. verwies auf schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule und hielt den Kläger für dauerhaft arbeitsunfähig, Dr. B. ergänzte, die Tätigkeit als Dachdecker könne der Kläger nicht fortführen. Dr. B. stellte neurologisch einen unauffälligen Befund fest und diagnostizierte eine Anpassungsstörung mit reaktiv-depressiver Verstimmung vor dem Hintergrund fehlender beruflicher Perspektive mit ausreichender Antriebslage und ausreichender Auslenkbarkeit sowie eine vorbestehende Persönlichkeitsakzentuierung. Über berufliche Alternativen habe der Kläger noch nicht nachgedacht. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne ständige nervöse Anspannung, ohne Nacht- oder Wechselschicht und nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen könne der Kläger vollschichtig verrichten.

Vom 26. November 2007 bis 5. Dezember 2007 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im Rheumazentrum B.-B ... Im Entlassungsbericht vom 11. Dezember 2007 führte Dr. D. mit PD Dr. F. aus, die Aufnahme sei aufgrund des Wirkverlustes von Infliximap erfolgt. Es sei eine Kombinations-Basisbehandlung eingeleitet worden und außerdem eine Osteoporose diagnostiziert worden. Von den therapeutischen Maßnahmen habe der Kläger deutlich profitiert und in gebessertem Befinden entlassen werden können.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert und erfülle zum Antragsdatum auch nicht die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Dagegen hat der Kläger am 28. Februar 2008 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Sein Gesundheitszustand habe sich mehrmals verschlechtert. Darüber hinaus hätte die Beklagte aufgrund der festgestellten Einschränkungen im Leistungsbild eine konkrete Verweisungstätigkeit angeben müssen. Die Kumulation der Vielzahl von Leistungseinschränkungen führe dazu, dass der allgemeine Arbeitsmarkt für ihn schlechthin keine Arbeitsstelle bereithalte.

Das SG hat die Befundberichte des Dr. B. vom 16. Juni 2008 und des Dr.W. vom 26. Juni 2008 eingeholt und Beweis erhoben durch Einholung des orthopädisch-rheumatologisch-sozialmedizinischen Gutachtens des PD Dr. R., Chefarzt der Klinik für Orthopädie-Rheumatologie der S. R. Kliniken vom 13. Januar 2009 mit nervenärztlichem Zusatzgutachten des Dr. R., Ärztlicher Direktor der S. R. Kliniken und Chefarzt der Klinik für Neurologie vom 18. Dezember 2008.

Dr. B. hat ausgeführt, der Kläger sei derzeit in der Lage, leichte Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung und ohne regelmäßiges Heben und Tragen über acht Kilogramm, ohne Kälte- und Nässebelastung sowie Zwangshaltungen wahrscheinlich sechs bis acht Stunden täglich durchzuführen. Der weitere Verlauf der Rheumaerkrankung sei jedoch abzuwarten. Dr. W. hingegen hat die Einschätzung geäußert, der Kläger könne weder einer leichten Arbeit vollschichtig noch sechs Stunden oder drei Stunden täglich nachgehen, da er selbst ohne Ausführung einer leichten Arbeitstätigkeit immer wieder Beschwerdeverschlechterungen und Schmerzzunahmen habe, die zusätzlich zu der Basistherapie der rheumatischen Grunderkrankung eine starke Schmerztherapie notwendig mache, unter der es zu Nebenwirkungen, insbesondere zu Konzentrationsstörungen, Schwindel und Müdigkeit komme.

Dr. R. hat eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades diagnostiziert. Der Kläger könne noch leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn Kilogramm, ohne andauerndes Stehen oder Gehen, ohne anstrengende, gleichförmige Körperhaltungen, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Akkordarbeit, mit Fließbandarbeiten nur im Sitzen, ohne Nachtarbeiten, ohne Arbeiten in Kälte, unter Wärmeeinfluss oder unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe und ohne erhöhte oder hohe Verantwortung sechs bis acht Stunden täglich verrichten. PD Dr. R. hat sich dieser Leistungsbeurteilung bei integrierender Beachtung angeschlossen. In der Befunderhebung hätten sich keine wesentlichen Abweichungen zu den bisher vorliegenden ärztlichen Äußerungen ergeben. Zwar beurteile Dr. W. die Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt, gebe aber keine Funktionsstörungen an, die eine so weitreichende und quantitative Leistungsminderung rechtfertigen könnten. Dr. W. habe im Gegensatz zu Dr. R. keinen psychischen Befund und keine Analyse der Alltagsaktivitäten erhoben. Das SG hat mit Urteil vom 23. Juli 2009, dem Kläger am 31. Juli 2009 zugestellt, die Klage abgewiesen.

Mit der am 28. August 2009 beim SG eingelegten Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil mit dem Ziel, eine günstigere Entscheidung zu erreichen, ohne einen konkreten Antrag zu stellen oder die Berufung näher zu begründen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Juli 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01. Februar 2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat nach erfolglosen Erinnerungen des Klägers an die Berufungsbegründung die Beteiligten mit Schreiben vom 17. November 2009 darauf hingewiesen, dass die Berufung gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückgewiesen werden kann, wenn der Senat sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15. Dezember 2009 wurde eingeräumt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidung.

II.

Der Senat kann die Berufung gemäß § 153 Abs 4 SGG auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet erachtet, eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und die Beteiligten vorher gehört wurden.

Die nach §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst. Die zulässige Berufung ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung gemäß §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in den hier anzuwendenden Fassungen ab 1. Januar 2001 sind im angefochtenen Urteil zutreffend zitiert. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs 2 SGG Bezug.

Der Kläger erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen für den Rentenanspruch nicht, da er nicht erwerbsgemindert ist. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus den von der Beklagten eingeholten Gutachten von Dr. T., Dr. D. und Dr. B. sowie aus den vom SG eingeholten Gutachten des PD Dr. R. und Dr. R. und der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. B., die im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden.

Im Vordergrund der Leistungseinschränkungen steht danach der Befund des Morbus Bechterew mit besonderem Befall der Lendenwirbelsäule, der Kreuz-Darmbeinfugen und der Halswirbelsäule mit Einschränkungen der Beweglichkeit der Wirbelsäule, schmerzhaften Muskelverspannungen und Einschränkung der freien Kraftentfaltung. PD Dr. R. hat eine mindestens hälftig eingeschränkte Beweglichkeit der Brust- und Lendenwirbelsäule nach allen Richtungen festgestellt. Das Hocken und Knien war jedoch nicht wesentlich behindert. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist vor allem bei der Vor- und Rückneigung deutlich eingeschränkt, es finden sich geringe Verspannungen der Hals- und Schultermuskulatur ohne Myogelosen und ohne umschriebene Angaben von Druckschmerzen. Die Beweglichkeit der Schultergelenke ist nicht wesentlich eingeschränkt. Im Bereich der Kniegelenke sind geringe Arthrosen ohne nachweisbare Funktionseinschränkungen vorhanden, die angegebenen Behinderungen und Einschränkungen daher objektiv nur teilweise nachvollziehbar. Durch die nachvollziehbaren Beschwerden und Behinderungen ist der Kläger in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt. Schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, mit Heben und Tragen von Lasten über acht bis zehn Kilogramm, Arbeiten in Zwangshaltungen, mit ständigem Bücken, in Rumpfvorhaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkordarbeit, Nachtarbeit, Fließbandarbeit mit ständigem Sitzen und Arbeiten in ungünstigen Witterungseinflüssen wie Nässe und Kälte oder unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen sind ihm daher nicht mehr zumutbar. Befunde und Funktionseinschränkungen, die den Kläger an einer leichten Tätigkeit unter Beachtung dieser Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht einschränken würden, sind daher nicht ersichtlich.

Des Weiteren besteht beim Kläger zwar eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, auch diese hindert ihn jedoch nicht an einer leichten Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich. Bei der Begutachtung durch Dr. R. hat der Kläger zwar Dauerschmerzen bei einem Wert von sechs auf einer zehn-teiligen Skala angegeben. Dennoch handelt es sich nur um eine leichtgradig ausgeprägte, anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Denn Dr. R. hat einen nahezu ungestörten psychischen Befund erhoben und einen geordneten Tagesablauf des Klägers festgestellt. Deshalb ergibt sich auf nervenfachärztlichem Gebiet keine zusätzliche quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers, lediglich qualitativ sind Arbeiten mit erhöhter oder hoher Verantwortung ausgeschlossen. Der Auffassung des behandelnden Arztes Dr. W. kann der Senat ebenso wie das SG nicht folgen. Denn weder hat Dr. W. einen psychischen Befund noch eine Analyse der Alltagstätigkeiten vorgenommen. Eine nachvollziehbare Begründung des von Dr. W. angenommenen Leistungsvermögens fehlt damit.

Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen muss dem Kläger keine konkrete Berufstätigkeit benannt werden. Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch bei verbliebener Fähigkeit des Versicherten, noch mindestens sechs Stunden täglich eine Arbeit zu verrichten, Erwerbsminderung bestehen. Wenn der Versicherte mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten, wenn auch nur mit bestimmten Einschränkungen, ausüben kann, ist die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit nur erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG, Beschluss des Großen Senates vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Der Grund für die Benennungspflicht liegt darin, dass der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Zahl von Arbeitsplätzen gibt (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004, B 5 RJ 48/03 R, zitiert nach Juris). Allein mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf leichte Tätigkeiten mit weiteren Einschränkungen kann die Verweisungspflicht jedoch nicht begründet werden (BSG aaO). Unter dem Begriff "schwere spezifische Leistungsbehinderung" werden nur solche Fälle erfasst, bei denen bereits eine schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hingegen kann von einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" dann ausgegangen werden, wenn eine Mehrzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen. Denn jede qualitative Leistungseinschränkung versperrt dem Versicherten eine bestimmte Gruppe von Arbeitsplätzen. Jede weitere Leistungseinschränkung schließt ihrerseits einen anderen Bereich des Arbeitsmarktes aus, wobei sich diese Bereiche überschneiden, aber auch zu einer größeren Einengung des Arbeitsmarktes addieren können (BSG, Urteil vom 19. August 1997, 13 RJ 29/95, zitiert nach Juris). Bei der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen hängt das Bestehen einer Bezeichnungspflicht entscheidend von Anzahl, Art und Umfang der beim Versicherten bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Ob die Einschränkungen die Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über das Erfordernis hinaus, die Arbeit müsse körperlich leicht sein, erheblich begrenzen, ist danach zu entscheiden, ob das Restleistungsvermögen dem Versicherten körperliche Verrichtungen, die in ungelernten Tätigkeiten gefordert werden, noch erlaubt, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw, und bei Zweifeln dann zu prüfen, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt (BSG, Urteil vom 11. Mai 1999, B 13 RJ 71/97 R, SozR 3-2600 § 43 Nr 21).

Wie das SG ist jedoch auch der Senat davon überzeugt, dass die Leistungseinschränkungen die Fähigkeit des Klägers, körperlich leichte Tätigkeiten zu verrichten, nicht zusätzlich erheblich einschränken. Denn Einschränkungen wie der Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem Bücken zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind (BSG, Urteil vom 27. April 1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr 90), Ausschluss von Arbeiten in Akkord, im Schichtdienst, an laufenden Maschinen, Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- oder Konzentrationsvermögen stellen, Ausschluss von Tätigkeiten, die häufiges Bücken erfordern (BSG, Urteil vom 1. März 1984, 4 RJ 43/83, SozR 2200 § 1246 Nr 117), sind Einschränkungen, die noch nicht zu einer konkreten Benennung veranlassen. Der Kläger muss Heben und Tragen von Lasten über acht bis zehn Kilogramm vermeiden, womit die leichten Tätigkeiten nicht zusätzlich eingegrenzt werden. Zudem muss der Kläger gleichförmige Körperhaltungen, Arbeiten in Zwangshaltungen wie zB mit ständigem Bücken oder in Rumpfvorhaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkordarbeit, Nachtarbeit, Fließbandarbeit mit ständigem Sitzen, Arbeiten in ungünstigen Witterungseinflüssen wie Nässe und Kälte oder unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen und Arbeiten mit erhöhter oder hoher Verantwortung meiden. Möglich sind dem Kläger hingegen jedoch noch Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, im Stehen und teilweise im Gehen, idealerweise mit dem möglichen Wechsel der Körperpositionen und mit besonderer Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens. Leichte Tätigkeiten wie das Zureichen, Sortieren etc sind dem Kläger damit noch möglich. Eine konkrete Verweisungstätigkeit muss ihm deshalb nicht benannt werden.

Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung kommt beim Kläger ebenso nicht in Betracht. Denn eine einzelne schwerwiegende Behinderung, die schon ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt, liegt nicht vor.

Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI scheitert schon daran, dass der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist. Deshalb ist unerheblich, dass der Kläger nichtmehr als Dachdecker tätig sein kann.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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