Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 411/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2513/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. April 2008 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1964 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Von 1981 bis 1983 war sie als Näherin und von 1984 bis 1994 als Prüferin bei der Firma B. sowie ab 9.7.2000 als Bedienung und Küchenhilfe in einem Vereinsheim beschäftigt. Seit 5.3.2002 war sie durchgehend arbeitsunfähig; das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31.10.2002. Ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 11. Juni 2008 bezog die Klägerin bis zum 18. März 2003 Krankengeld bzw. Übergangsgeld, vom 19.3. bis 16.6.2003 Arbeitslosengeld, vom 17.6.2003 bis zur Aussteuerung am 22.9.2003 wieder Krankengeld und vom 23.9.2003 bis zum 18.6.2004 wieder Arbeitslosengeld. Nach dem Bezug von Arbeitslosenhilfe vom 19.6. bis 31.12.2004 erhält die Klägerin seit dem 1.1.2005 Leistungen nach dem SGB II.
Vom 25.2. bis 18.3.2003 befand sich die Klägerin zu einem Heilverfahren in der Reha-Klinik Überruh in I ... Die dortigen Ärzte stellten bei der Klägerin im Entlassungsbericht vom 25.3.2003 folgende Diagnosen: • Mixed Asthma • Anpassungsreaktion auf erhöhte psychosoziale Belastung • Verdacht auf Ausgestaltung des Krankheitsbildes • Adipositas. Sie führten aus, als Bedienung sei die Klägerin nur unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne die Notwendigkeit der Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne relevante Noxen wie reizende Dämpfe, Gase und Stäube sowie ohne Nachtschicht könne die Klägerin sechs Stunden und mehr verrichten. In diesem Sinne sei sie arbeitsfähig und stehe der Arbeitsvermittlung zur Verfügung.
Vom 30.6. bis 8.7.2003 befand sich die Klägerin mit den Diagnosen infektexazerbiertes Asthma bronchiale - Erstdiagnose 1987 -, Zustand nach mehrfachen Exazerbationen - ca. 10 x pro Jahr - und Zustand nach Saphena magna-Thrombose rechts 3/02 in stationärer Behandlung im Klinikum am St. in Reutlingen.
Am 14.7.2003 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Auswertung des Entlassungsberichts der Klinik Überruh durch Dr. P. in der Stellungnahme vom 23.7.2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28.7.2003 ab, weil weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vorliege. Nach ärztlicher Feststellung könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten.
Hiergegen legte die Klägerin am 19.8.2003 Widerspruch ein und beanstandete, dass ihre behandelnden Ärzte nicht gehört worden seien. Daraufhin ließ die Beklagte die Klägerin von der Internistin und Ärztin für Sozialmedizin Dr. M. gutachterlich untersuchen. Diese stellte bei der Klägerin aufgrund einer Untersuchung und unter Mitberücksichtigung von Arztbriefen des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde sowie Allergologie Dr. D. vom 16.5., 31.7. und 6.9.2002 sowie 6.6.2003 und der Medizinischen Klinik des Klinikums am St. vom 23.8.2003 im Gutachten vom 8.12.2003 folgende Diagnosen: • Gemischtes Bronchialasthma bei Sensibilisierung gegen verschiedene Pflanzenpollen, Tierhaare und Hausstaub • Hohlrunder statischer Haltungsfehler der Wirbelsäule mit übergewichtsbedingter Überlastung bei Übergewicht (90,5 kg bei 164 cm). Als Serviererin und Küchenhilfe sei die Klägerin unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Exposition gegenüber inhalativen Reizstoffen, Kälte, Nässe, ohne dauernden Zeitdruck und ohne Nachtschicht könne die Klägerin täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.1.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 12.2.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Reutlingen, mit der sie die Gewährung von Rente weiter verfolgte.
Das SG hörte zunächst Dr. D. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser erklärte unter dem 14.4.2004, bei der Klägerin liege ein schwergradiges gemischtförmiges Asthma bronchiale bei polyvalenter Sensibilisierung, schweren Infektexazerbationen, häufigem Corticosteroidbedarf sowie einer chronischen Rhino-Sinusitis vor. Es handele sich hierbei um ein teilweise schwerstgradiges Asthma bronchiale mit wechselnder, zum Teil plötzlich auftretender bronchialer Hyperreagibilität. Aufgrund der Schwere der Asthmaerkrankung habe er erhebliche Bedenken, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne.
Daraufhin beauftragte das SG Prof. Dr. D., Ärztlicher Direktor und Chefarzt der internistisch-pneumologischen Abteilung der Klinik Sch., mit der Begutachtung der Klägerin. In dem zusammen mit der Oberärztin Dr. M. erstatteten Gutachten vom 10.9.2004 führte Prof. Dr. D. aus, bei der Klägerin liege ein Asthma bronchiale vor, welches sich jeweils durch eine bekannte und langjährig vorhandene Polyallergie auf multiple Umweltsubstanzen und auf Infekte verschlechtere. Anamnestisch bekannt sei eine Sinusitis, die derzeit jedoch keine Beschwerden verursache. Zudem bestehe eine Adipositas permagna (92 kg bei 164 cm); aufgrund der Anamnese bestehe der dringende Verdacht auf obstruktives Schnarchen bzw. auf ein Schlafapnoesyndrom. Die Klägerin reagiere auf multiple Stimuli mit schweren Asthmaanfällen. Hierzu gehörten Allergene (aktuell nachgewiesene Sensibilisierung auf Hausstaubmilben, Hundeschuppen, Hühnerfedern), aber auch unspezifische Stimuli wie kalte Luft, Hitze, Dämpfe, Rauch und Stäube. Mit diesen Substanzen sollte die Klägerin keinen Kontakt haben. Auch dürfe die Klägerin nicht in einem Bereich arbeiten, in der eine Infektionsgefahr bestehe; hierzu gehörten auch Tätigkeiten mit ständigem Kundenkontakt. Bei Beachtung dieser Einschränkungen könne die Klägerin leichte Tätigkeiten vollschichtig (7,5 bis 8 Stunden täglich) verrichten. Dies sei jedoch nur möglich, wenn aktuell kein Infekt bestehe. Die aktuellen Messungen seien zu einem Zeitpunkt durchgeführt worden, an dem die Klägerin relativ beschwerdefrei gewesen sei, keine wesentliche Belastung durch Umweltallergene und keine Verschlimmerung des Asthmas durch Infekte bestanden habe. Aufgrund des Allergiespektrums sei zu erwarten, dass dieser Zustand nur wenige Wochen im Jahr bestehe. Insofern sei die Klägerin zwar prinzipiell in der Lage; leichte körperliche Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich bzw. vollschichtig zu verrichten, solange das Asthma nicht infektexazerbiert oder durch die Exposition gegenüber Umweltallergenen exazerbiert sei, für die übrige Zeit sei dies zu verneinen. Die festgestellte Leistungseinschränkung sei seit dem 16.5.1997 durch Dr. D. dokumentiert. Die Leistungseinschränkung bestehe fort, obwohl inzwischen die infrage kommenden Umweltallergene in der häuslichen Umgebung (Vögel, Milben, Hund) anamnestisch soweit möglich eliminiert worden seien.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 1.10.2004 führte Prof. Dr. D. aus, Milben seien nicht nur im häuslichen Bereich, sondern auch in entsprechend eingerichteten Arbeitsstätten zu finden. Sie hielten sich an keine bestimmte Jahreszeit, seien aber besonders im Herbst und Winter aktiv. In dieser Zeit sei mit verstärkter Infektneigung zu rechnen. Gräserpollen seien von Mai bis maximal September aktiv; diesen könne man kaum entgehen. Insofern sei die Klägerin nur wenige Wochen im Jahr nicht durch äußere Allergeneinwirkungen belastet. In den Phasen, in denen das Asthma der Klägerin infektexazerbiert gewesen sei, seien Atemwiderstände weit oberhalb der Atemnotschwelle von 2 kPa-s bei der Klägerin durch Dr. D. gemessen worden. In diesem Zustand sei eine Person nicht arbeitsfähig.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 22.12.2004 führte Dr. F. aus, es bestehe nach den vorliegenden Unterlagen eine gute Behandelbarkeit des Asthmas, in deren Rahmen vorübergehende leichtere Erscheinungen nicht automatisch zur Arbeitsunfähigkeit führten. Wesentlich sei, wie oft die Klägerin, bedingt durch das Bronchialasthma, dem Berufsleben tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden habe. Entsprechende Ermittlungen bei Dr. D., der AOK und der Arbeitsagentur würden angeregt.
Einen Antrag auf medizinische Rehabilitation vom 14.3.2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7.9.2006 ab. Im ärztlichen Bericht zum Antrag vom 4.3.2005 führte Dr. R. hierzu aus, es bestehe ein schweres Asthma bronchiale mit ständigen schweren Exazerbationen und schwerer Atemnot. Die Klägerin sollte noch einmal geschult werden auch in der Überwachung der eigenen Lungenfunktion und es sollte bei ständiger Cortisontherapie eine Gewichtsreduktion erreicht werden.
Die Klägerin legte ärztliche Atteste der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 19.7.2006 und vom 9. 11.2006 mit den Behandlungsdaten von Januar 2005 bis November 2006 (Klägerin bekommt Maximaltherapie an Asthmatherapeutika; ihrer Ansicht nach ist die Klägerin nicht arbeitsfähig) und von Dr. M. vom 18.7.2006 (seit dem Tod von Dr. D. betreue sie die Klägerin; als Tätigkeit komme, wenn überhaupt, nur eine Bürotätigkeit ohne viel Kundenkontakt, ohne Exposition gegenüber Stäuben und Dämpfen sowie Allergenen infrage; mit vermehrten Krankheitszeiten durch Infekte sei zu rechnen) sowie einen Arztbrief der Klinik Sch. vom 1.6.2005 über einen stationären Aufenthalt vom 15.5. bis 18.5.2005, des Klinikums am St. vom 3.1. und 2.5.2007 über stationäre Aufenthalte vom 17.12. bis 19.12.2006 und 25.3. bis 29.3.2007 sowie ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Reutlingen, die Zeit vom 14.5.2001 bis 18.5.2005 betreffend, vor. Im letzteren sind nach dem 22.9.2003 noch Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 4. bis 8.3.2005 und vom 15. bis 18.5.2005 vermerkt. Die Klägerin erklärte, als Hartz IV-Empfängerin benötige sie keine AU-Krankmeldungen mehr.
Das SG beauftragte Dr. R., Chefarzt der Klinik L., Internist und Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, mit der Begutachtung der Klägerin. Dieser stellte im Gutachten vom 25.7.2007 folgende Diagnosen: 1. Gemischtförmiges Asthma bronchiale mit rezidivierenden Infektexazerbationen und diversen Sensibilisierungen gegenüber Milben, Pollen, Tierepithelien, Schimmelpilze und Hühnereiweiß mit entsprechendem anamnestischen Bezug 2. Mittelgradige unspezifische bronchiale Hyperreagibilität 3. Chronische Sinusitis maxillaris rechts 4. Adipositas permagna 5. Zustand nach Thrombose der Vena saphena rechts mit operativer Versorgung im November 2006 6. Hyperlipidämie 7. Anamnestisch bekannte Osteoporose 8. Verdacht auf obstruktives Schlafapnoesyndrom 9. Varikosis beider Unterschenkel 10. Arterielle Hypertonie. Er führte aus, gegenüber den Vorbefunden von vor drei Jahren könne keine Verschlimmerung festgestellt werden. Seines Erachtens könne die Klägerin körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung meistens sitzend drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Ursache für die wiederkehrenden Infekte mit Verstärkung der asthmatischen Symptomatik seien zum einen die bisher unzureichend behandelte Kieferhöhlenentzündung und das wahrscheinlich vorliegende obstruktive Schlafapnoesyndrom. Als Folge oder zusätzlich bestehe ein leichter Immunglobulinmangel. Erforderlich sei eine gezielte Behandlung des Entzündungsprozesses, eine gezielte Bewegungstherapie unter engmaschiger pneumologischer Kontrolle, eine Ernährungsberatung, eine Gewichtsreduzierung und eine verbesserte Mitarbeit, wobei hinsichtlich letzterer eine begleitende psychologische Betreuung notwendig sei. Eine stationäre Behandlung im Rahmen eines Heilverfahrens erscheine ihm sehr sinnvoll. Seines Erachtens seien noch nicht alle therapeutischen Maßnahmen voll ausgeschöpft. Auffällig sei die fast vollständige Reversibilität der Lungenfunktion, ohne dass am Untersuchungstag Medikamente eingenommen worden seien. Eine rasche Reversibilität der asthmatischen Beschwerden finde sich auch in den Vorbefunden.
Nach Einwendungen von Dr. St. in der Stellungnahme vom 1.10.2007 erklärte Dr. R. am 25.10.2007, er revidiere seine Beurteilung der quantitativen Leistungsfähigkeit dahingehend, dass die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne. Sie sollte jedoch unspezifische Atemwegsirritantien, Zeitdruck, Kälte und Zugluft meiden.
Die Klägerin legte eine Bescheinigung der orthopädischen Praxis Drs. H./K./K./ Sch. vom 12.9.2007 (Diagnosen: Dorsolumbalgie bei Hohlrundrücken, Tendopathie linke Hüfte, bek. cortisonpflichtiges Asthma bronchiale) und 10.1.2008 sowie einen Arztbrief der Orthopädischen Universitätsklinik T. vom 26.3.2008 (Chronische therapieresistente Dorsalgie bei Osteochondrose BWK 7/8 bei Zustand nach M. Scheuermann, Chronisches Asthma bronchiale mit Langzeit-Cortisontherapie) vor.
Mit Urteil vom 22.4.2008 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.7.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.1.2004 der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 14.7.2003 bis 31.7.2009 zu bewilligen. Zur Begründung führte es aus, aus der Gesamtschau der vorliegenden medizinischen Unterlagen ergebe sich, dass bei der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen nicht mehr anzunehmen sei. Problematisch sei indessen, dass der Gesundheitszustand der Klägerin eine St.e Variabilität aufweise. Aufgrund der nur geringen infektfreien Zeit und der Tatsache, dass während eines Infekts ein erheblich gemindertes Leistungsvermögen bestehe, sei das SG der Überzeugung, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen nicht mehr vorliege. Im Hinblick auf die Besserungsmöglichkeit sei auf eine zeitlich befristete Rente zu erkennen.
Gegen das am 16.5.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.5.2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, zunächst werde beanstandet, dass sich weder aus dem Tenor noch aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergebe, wann nach Auffassung des SG der Leistungsfall, also die Leistungsminderung, eingetreten sei. Im Übrigen könne sie sich der Auffassung des SG, dass die Klägerin vorübergehend voll erwerbsgemindert sei, nicht anschließen. Soweit das Urteil damit begründet werde, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen nicht gegeben sei, sei darauf hinzuweisen, dass nach dem ab 1.1.2001 maßgeblichen Recht auf die Fähigkeit abzustellen sei, ob täglich sechs Stunden, drei bis unter sechs Stunden oder nur unter drei Stunden gearbeitet werden könne. Aufgrund des vorliegenden Beweisergebnisses sei nicht bewiesen, dass ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen vorliege. Auch sei nicht bewiesen, dass die tatsächlichen Infekte und ihre Auswirkungen ein solches Ausmaß erreicht hätten wie in dem vom BSG mit Urteil vom 31.3.1993 - 13 RJ 65/91 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14 entschiedenen Fall. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, auch wenn sie gehäuft aufträten, bedingten nicht regelhaft eine Erwerbsminderung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. April 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise ein pneumologisches Gutachten nach Aktenlage einzuholen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert unter Vorlage von Arztbriefen der Internistin und Rheumatologin Dr. L.-L. vom 10.1.2008 und des HNO-Arztes Dr. Sch. vom 23.6.2008 sowie eines Abhilfebescheides des Landratsamts Reutlingen vom 16.7.2008 (GdB 60 ab 31.1.2008), das SG sei zu Recht zur Überzeugung gelangt, dass bei ihr eine volle Erwerbsminderung vorliege. Durch Arztberichte und Gutachten sei nachgewiesen, dass bei ihr ein schweres Asthma bronchiale mit Infekten bestehe. Soweit die Beklagte rüge, dass eine detaillierte Feststellung zur Häufigkeit der Infekte fehle, werde darauf hingewiesen, dass sie wegen der Aussteuerung keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr erhalten habe. Um das Risiko weiterer Infekte zu minimieren, suche sie nicht bei jedem Infekt ihre Ärztin Dr. R. auf. Zu den bereits festgestellten Einschränkungen komme hinzu, dass ein Arbeitsplatz so gestaltet sein müsste, dass sie keinen Außen- oder Kundenkontakt habe. Ein Infekt mit Anfall könnte für sie tödlich sein. Dass solche Zustände bereits eingetreten seien, belegten die notfallmäßigen Einweisungen ins Krankenhaus. Neben der Erkrankung der Beinvenen, die zwischenzeitlich operiert worden seien, seien durch das Cortison ihre Knochen geschädigt. Dies äußere sich durch schmerzhafte Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule.
Vom 4.9. bis 25.9.2008 befand sich die Klägerin zu einem Heilverfahren im Reha-Zentrum Sch ... Die dortigen Ärzte stellten im Entlassungsbericht vom 1.10.2008 folgende Diagnosen: 1. Chronifiziertes Schmerzsyndrom Stadium II nach Gerbershagen 2. BWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und muskulärer Insuffizienz 3. Asthma bronchiale (gemischtförmig) 4. Adipositas. Sie entließen die Klägerin als sofort arbeitsfähig und führten aus, in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Gastronomiemitarbeiterin sei die Klägerin nicht mehr leistungsfähig. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten aus orthopädischer und internistischer Sicht leichte körperliche Tätigkeiten ohne erhöhte inhalative sowie Allergenbelastungen sechs Stunden durchgeführt werden. Die Klägerin selbst meine, dass sie aufgrund der gesundheitlichen Probleme nicht mehr am Erwerbsleben teilnehmen könne und sei St. auf den positiven Ausgang des Rentenverfahrens fixiert. Aus ärztlicher Sicht hätten die festgelegten Rehabilitationsziele nur teilweise erreicht werden können, da ein St.es Rentenbegehren bestehe.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen gehört.
Dr. M. hat unter dem 9.2.2009 mitgeteilt, die Klägerin habe sie seit Juli 2007 (Untersuchung durch Dr. R.) am 2.10.2007, 27.5., 10.7., 21.10. und 22.12.2008 sowie 14.1.2009 aufgesucht. Bis auf den 27.5.2008, als die Klägerin vor allem wegen ihrer Pollenallergie vermehrt Asthmabeschwerden gehabt habe, seien an allen anderen Besuchsterminen Infekte vorhanden gewesen, in deren Rahmen das Asthma exazerbiert gewesen sei. Sie habe die Klägerin am 10.7.2008 sowie vom 21. bis 25.10.2008 arbeitsunfähig geschrieben.
Dr. R. hat am 18.2.2009 angegeben, die Klägerin habe sich seit Juli 2007 abwechselnd mit infektexazerbiertem Asthma bronchiale und ausgeprägten Rückenschmerzen vorgestellt. Persönliche Kontakte hätten an folgenden Tagen bestanden: 13.6., 26.6., 11.7., 25.7. und 27.8.2007, 21.1., 30.1., 14.7., 25.9., 7.10., 28.10. und 17.11.2008 sowie 8.1., 2.2. und 18.2.2009. Seit Ende 2007 bestünden erhebliche Rückenschmerzen. Es bestünden eine Osteochondrose und ein Zustand nach Morbus Scheuermann. Die Schmerztherapie habe sich sehr schwierig gestaltet, weswegen der Schmerztherapeut Dr. B. eine stationäre Behandlung empfohlen habe. Sie habe Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 13.6.2007 bis 31.8.2007, vom 7.1. bis 25.7.2008, vom 25.9.2008 bis 31.1.2009 sowie vom 2. 2. bis 13.2.2009 ausgestellt.
Der Internist Dr. S. hat am 19.2.2009 mitgeteilt, er habe die Klägerin am 16.2.2009 behandelt. Sie habe über zunehmende Seitenastkrampfadern im Beinbereich sowie Schmerzen in den Beinen geklagt. Es habe sich eine Rezidiv-Krampfaderbildung von der Seite sowie eine thrombophlebitisch veränderte Seitenastvene an der Oberfläche gezeigt; die tiefen Leitvenen seien unauffällig gewesen. Er habe eine Nachoperation der Krampfadern sowie eine Oberschenkelkompressionstherapie mittels Strümpfen empfohlen.
Die Beklagte hat eine ärztliche Stellungnahme von Dr. St. vom 12.3.2009 vorgelegt, der darin ausführt, in der Gesamtzusammenschau sei bei der Klägerin weiterhin von einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr auszugehen. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen, inhalative Gase am Arbeitsplatz, Tätigkeiten unter Zeitdruck, Nässe, Kälte und Zugluft. Eine medizinische Reha-Maßnahme sei derzeit weder sinnvoll noch Erfolg versprechend, da sich die Klägerin im Klageverfahren befinde und eine Steigerung des Leistungsvermögens über sechs Stunden und mehr nicht möglich sei.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.
Eine Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung des Entlassungsberichts der Reha-Klinik Überruh vom 25.3.2003, des Gutachtens der Internistin und Ärztin für Sozialmedizin Dr. M. vom 8.12.2003, der Sachverständigengutachten von Prof. Dr. D. und Dr. M. vom 10.9.2004 nebst ergänzender Stellungnahme vom 1.10.2004 sowie Dr. R. vom 25.7.2007 nebst ergänzender Stellungnahme vom 25.10.2007 und des Entlassungsberichts des Reha-Zentrums Sch. vom 1.10.2008.
Die Klägerin leidet nach den auf den oben genannten ärztlichen Unterlagen beruhenden Feststellung des Senats im Wesentlichen unter einem gemischtförmigen Asthma bronchiale mit rezidivierenden Infektexazerbationen und Sensibilisierungen gegenüber Milben, Tierhaaren, Pollen, Schimmelpilzen und Hühnereiweiß, einem BWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und muskulärer Insuffizienz, einem chronifizierten Schmerzsyndrom Stadium II nach Gerbershagen sowie einer Adipositas.
Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen führen zwar dazu, dass sie ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bedienung und Küchenhilfe nicht mehr verrichten kann. Sie ist jedoch nicht gehindert, körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Vermeiden muss sie Tätigkeiten mit inhalativen Reizstoffen, in Kälte, Nässe und Zugluft, im Freien, mit dauerndem Zeitdruck, mit Nachtschicht sowie ständigem Kundenkontakt. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der im Wesentlichen übereinstimmenden Beurteilungen von Dr. P., Dr. M., Dr. St., Prof. Dr. D./Dr. M., Dr. R. sowie der Ärzte der Reha-Kliniken Überruh und Sch., die den Gesundheitszustand der Klägerin über einen Zeitraum von drei bis vier Wochen beobachten bzw. beurteilen konnten.
Die abweichenden Beurteilungen von Dr. D. und der Ärztin Dr. R. sieht der Senat durch die gutachterlichen Feststellungen sowie die während der Heilverfahren erhobenen Befunde und getroffenen Leistungsbeurteilungen als widerlegt an, zumal die Sachverständigen Prof. Dr. D./Dr. M. und Dr. R. sich unter Berücksichtigung sämtlicher ärztlicher Unterlagen eingehend mit den Gesundheitszustand der Klägerin und den Auswirkungen auf das Leistungsvermögen befasst haben. Die Beurteilung dieser Sachverständigen steht im Einklang mit der Beurteilung der Ärzte der Reha-Kliniken. Darüber hinaus spricht auch der Umstand, dass die Klägerin in der Zeit vom 9.7.2000 bis 5.3.2002 als Bedienung und Küchenhilfe (teilweise zehn bis zwölf Stunden) tätig sein konnte, obwohl seit 16.5.1997 ein schwergradiges Asthma bronchiale von Dr. D. festgestellt worden war, dagegen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin ab Rentenantragstellung (Juli 2003) und nach Aufgabe der ungeeigneten Tätigkeit sowie Eliminierung schädigender Einwirkungen im häuslichen Bereich (Vögel, Hund, Wohnraumsanierung) soweit herabgesunken ist, dass sie die oben genannten Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden täglich verrichten könnte. Eine Aufgabe der ungeeigneten Tätigkeit in der Gastronomie hatte der behandelnde Lungenfacharzt Dr. D. bereits im Bericht vom 16.5.2002 empfohlen und ausgeführt, dass trotz deutlicher Besserung des Befundes bei dem bei der Klägerin vorliegenden Asthma nur Büroarbeitsplätze in Frage kämen. In gleicher Weise hat sich auch Dr. M. im Attest vom 18.7.2006 geäußert.
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Klägerin der Arbeitsmarkt wegen häufiger Arbeitsunfähigkeitszeiten verschlossen ist. Zwar hat das BSG im von der Beklagten zitierten Urteil (SozR 3-2200 § 1247 Nr 14) die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Hamburg bestätigt, dass der Arbeitsmarkt einem nicht behandelbaren Versicherten, der maximal 120 Tagen im Jahr wegen unvorhersehbarer, üblicherweise fast regelmäßig jede Woche auftretender Fieberschübe mit Arbeitsunfähigkeit von jeweils mehreren Tagen, verschlossen ist. Gleichzeitig hat das BSG jedoch betont, dass diesem Ergebnis die ältere Rechtsprechung nicht entgegen steht, wonach ein Versicherter, der noch eine Erwerbstätigkeit ausüben kann, nicht allein deshalb erwerbsunfähig ist, weil er häufig arbeitsunfähig erkrankt ist.
Während ihrer Tätigkeit als Bedienung und Küchenhilfe war die Klägerin in der Zeit vom 11.5.2001 bis 5.3.2002, dem Beginn der andauernden Arbeitsunfähigkeit, wegen Infekte der oberen Atemwege bzw. Asthma bronchiale in der Zeit vom 11.5.2001 bis 27.5.2001 (16 Tage), vom 25.7.2001 bis 29.7.2001 (4 Tage), am 9.9.2001 (1 Tag) und vom 29.1.2002 bis 10.2.2002 (13 Tage) arbeitsunfähig. Diese Arbeitsunfähigkeitszeiten sieht der Senat noch nicht als so gehäuft an, dass die von der Klägerin während eines Arbeitsjahres erbrachten Arbeitsleistungen nicht mehr die Mindestanforderungen erfüllen, welche ein vernünftig und billig denkender Arbeitgeber zu stellen berechtigt ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass diese Arbeitsunfähigkeitszeiten bei einer für die Klägerin ungeeigneten Tätigkeit anfielen. Aus dem vom 25.2.2003 bis 18.3.2003 dauernden Heilverfahren wurde die Klägerin zwar als nicht leistungsfähig für die Tätigkeit als Bedienung und Küchenhilfe, aber als arbeitsfähig für die oben genannten Tätigkeiten entlassen. Ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses der AOK lagen vom 7.4.2003 bis 11.4.2003 und vom 6.5.2003 bis zum Zeitpunkt der Aussteuerung am 22.9.2003 Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen einer allergischen Rhinopathie, eines Infekts bzw. eines Asthma bronchiale vor.
Danach bis Ende 2003 und im Jahr 2004 ist keine Arbeitsunfähigkeit dokumentiert. Den für diesen Zeitraum vorliegenden ärztlichen Unterlagen sind ebenfalls keine Befunde zu entnehmen, die auf häufigere oder längerdauernde Exazerbationen schließen ließen. So war die Klägerin bei der Untersuchung durch Dr. M. am 8.12.2003 in einem ordentlichen Allgemeinzustand. Unter der durchgeführten Medikamentenbehandlung war das Bronchialasthma ordentlich eingestellt. Auch Dr. D. berichtete am 10. Februar 2004 über einen einigermaßen stabilen Befund, wobei er sich nicht in der Lage sah, die Schwere der Krankheit einzuschätzen und die Notwendigkeit der Einnahme von hochdosiertem Cortison anzweifelte. Schließlich wurde bei der Untersuchung der Klägerin im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. D. am 2.9.2004 festgestellt, dass sich das Asthma bronchiale durch ambulante Maßnahmen und konsequente pneumologische Therapie in einem für die Klägerin optimalen Zustand befand.
Allerdings musste die Klägerin nach den in den Reha-Akten vorliegenden ambulanten Untersuchungsberichten des Klinikums am St. am 18.11.2004 morgens um 7.15 Uhr und am 4.3.2005 nachts um 2.00 Uhr notfallmäßig wegen zunehmender Atemnot versorgt und sodann vom 4.3.2005 bis 8.3.2005 (5 Tage) und vom 15.5.2005 bis 18.5.2005 (4 Tage) stationär behandelt werden. Die Hausärztin Dr. R. führte aber unter dem 14.11.2006 neben den mit den stationären Behandlungen in zeitlichem Zusammenhang stehenden Konsultationen am 11.3. und 4.5.2005 lediglich noch zwei weitere Konsultationen im Jahr 2005 wegen infektbedingter Exazerbation (am 26.1.2005) bzw. St. verschleimtem Husten (14.10.2005) auf. Auch im Jahr 2006 betrafen lediglich die Konsultationen am 9.10. und am 6.11. 2006 infektbedingte Exazerbationen des Bronchialasthmas und es kam auch lediglich vom 17.12.2006 bis 19.12.2006 (3 Tage) deswegen zu einer stationären Behandlung.
Im Jahr 2007 war die Klägerin vom 25.3.2007 bis 29.3.2007 (5 Tage) in stationärer Behandlung und wurde vom 13.6.2007 bis 27.8.2007 (ca. 2,5 Monate) von Dr. R. arbeitsunfähig geschrieben vor. Allerdings stellte Dr. R. bereits bei der Untersuchung am 12.7.2007 fest, dass die durchgeführte antibiotische und antiobstruktive Behandlung zu einer fast vollständigen Reversibilität der Beschwerden und Normalisierung der Lungenfunktion geführt hatte. Auffällig war für ihn der relativ gute Funktionszustand der Atemwege und Lungenfunktion, ohne dass die Klägerin am Untersuchungstag Medikamente eingenommen hatte, wobei sich der Theophyllinspiegel weit unter dem therapeutischen Bereich befand.
Der von Dr. R. vom 7.1. bis zum 1.2.2008 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit lagen die seit Ende 2007 aufgetretenen Rücken- und BWS-Beschwerden zugrunde. Wegen infektbedingter Exazerbation bestand Arbeitsunfähigkeit vom 14.7. bis 25.7.2008, nachdem Dr. M. die Klägerin deshalb schon am 10.7.2008 arbeitsunfähig geschrieben hatte. Schließlich kam es im Oktober 2008 nach der Entlassung aus dem Heilverfahren, in dessen Verlauf sich die Atemwegssituation stabilisiert hatte und die Lunge frei war von Nebengeräuschen, wieder zu Exazerbationen des Bronchialasthmas wegen Infektionen, weshalb sich die Klägerin auch bei Dr. M. in Behandlung befand. Diese wies aber darauf hin, dass durch entsprechende Medikation sich die Infekte in der Regel überstehen ließen und die Lungenfunktion nur phasenweise eingeschränkt sei. Sie berichtete auch unter dem 14.1.2009 wieder von einer normalen Lungenfunktion ohne obstruktive oder restriktive Ventilationsstörung.
Letztlich vermag sich der Senat auf der Grundlage dieser Daten nicht davon zu überzeugen, dass bei geeigneten Tätigkeiten eine derart gehäufte Arbeitsunfähigkeit wegen des Bronchialasthmas auftreten würde, dass der Klägerin der Arbeitsmarkt verschlossen wäre. Soweit die Klägerin ausführt, nach der Aussteuerung bzw. nach Ende des Arbeitslosengeldes habe sie keine Arbeits-unfähigkeitsbescheinigungen mehr erhalten bzw. mehr benötigt, steht diese Behauptung im Widerspruch zur gesetzlichen Regelung des § 56 Abs. 1 SGB II, wonach Hartz-IV- bzw. Alg II-Bezieher der Agentur für Arbeit bzw. der zuständigen Stelle unverzüglich die Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen und spätestens vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen haben. Eine entsprechende Vorschrift (§ 311 Abs. 1 SGB III a. F.) galt nicht nur für den Bezug von Arbeitslosengeld, sondern auch für die bis 31.12.2004 gewährte Arbeitslosenhilfe. Darüber hinaus vermag sich der Senat - wie oben dargelegt - auch nicht der Beurteilung von Dr. R. anzuschließen, die die Klägerin von Anfang an als arbeitsunfähig bzw. erwerbsunfähig angesehen hat, wobei sie einräumt, dass die Situation der Klägerin seit Jahren, und nicht erst seit Juli 2007, unverändert sei. Durch die seit Ende 2007 bestehenden Rückenschmerzen und das Schmerzsyndrom wird das Leistungsvermögen der Klägerin für die oben genannten Tätigkeiten nicht weitergehend eingeschränkt, wie der Senat insbesondere dem Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Schönberg vom 1.10.2008 entnimmt.
Da die Klägerin noch leichte Tätigkeiten mit den oben genannten Einschränkungen sechs Stunden verrichten kann, ist sie weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Eine Rente steht ihr deswegen nicht zu.
Auf die Berufung der Beklagten war deswegen das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1964 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Von 1981 bis 1983 war sie als Näherin und von 1984 bis 1994 als Prüferin bei der Firma B. sowie ab 9.7.2000 als Bedienung und Küchenhilfe in einem Vereinsheim beschäftigt. Seit 5.3.2002 war sie durchgehend arbeitsunfähig; das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31.10.2002. Ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 11. Juni 2008 bezog die Klägerin bis zum 18. März 2003 Krankengeld bzw. Übergangsgeld, vom 19.3. bis 16.6.2003 Arbeitslosengeld, vom 17.6.2003 bis zur Aussteuerung am 22.9.2003 wieder Krankengeld und vom 23.9.2003 bis zum 18.6.2004 wieder Arbeitslosengeld. Nach dem Bezug von Arbeitslosenhilfe vom 19.6. bis 31.12.2004 erhält die Klägerin seit dem 1.1.2005 Leistungen nach dem SGB II.
Vom 25.2. bis 18.3.2003 befand sich die Klägerin zu einem Heilverfahren in der Reha-Klinik Überruh in I ... Die dortigen Ärzte stellten bei der Klägerin im Entlassungsbericht vom 25.3.2003 folgende Diagnosen: • Mixed Asthma • Anpassungsreaktion auf erhöhte psychosoziale Belastung • Verdacht auf Ausgestaltung des Krankheitsbildes • Adipositas. Sie führten aus, als Bedienung sei die Klägerin nur unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne die Notwendigkeit der Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne relevante Noxen wie reizende Dämpfe, Gase und Stäube sowie ohne Nachtschicht könne die Klägerin sechs Stunden und mehr verrichten. In diesem Sinne sei sie arbeitsfähig und stehe der Arbeitsvermittlung zur Verfügung.
Vom 30.6. bis 8.7.2003 befand sich die Klägerin mit den Diagnosen infektexazerbiertes Asthma bronchiale - Erstdiagnose 1987 -, Zustand nach mehrfachen Exazerbationen - ca. 10 x pro Jahr - und Zustand nach Saphena magna-Thrombose rechts 3/02 in stationärer Behandlung im Klinikum am St. in Reutlingen.
Am 14.7.2003 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Auswertung des Entlassungsberichts der Klinik Überruh durch Dr. P. in der Stellungnahme vom 23.7.2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28.7.2003 ab, weil weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vorliege. Nach ärztlicher Feststellung könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten.
Hiergegen legte die Klägerin am 19.8.2003 Widerspruch ein und beanstandete, dass ihre behandelnden Ärzte nicht gehört worden seien. Daraufhin ließ die Beklagte die Klägerin von der Internistin und Ärztin für Sozialmedizin Dr. M. gutachterlich untersuchen. Diese stellte bei der Klägerin aufgrund einer Untersuchung und unter Mitberücksichtigung von Arztbriefen des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde sowie Allergologie Dr. D. vom 16.5., 31.7. und 6.9.2002 sowie 6.6.2003 und der Medizinischen Klinik des Klinikums am St. vom 23.8.2003 im Gutachten vom 8.12.2003 folgende Diagnosen: • Gemischtes Bronchialasthma bei Sensibilisierung gegen verschiedene Pflanzenpollen, Tierhaare und Hausstaub • Hohlrunder statischer Haltungsfehler der Wirbelsäule mit übergewichtsbedingter Überlastung bei Übergewicht (90,5 kg bei 164 cm). Als Serviererin und Küchenhilfe sei die Klägerin unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Exposition gegenüber inhalativen Reizstoffen, Kälte, Nässe, ohne dauernden Zeitdruck und ohne Nachtschicht könne die Klägerin täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.1.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 12.2.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Reutlingen, mit der sie die Gewährung von Rente weiter verfolgte.
Das SG hörte zunächst Dr. D. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser erklärte unter dem 14.4.2004, bei der Klägerin liege ein schwergradiges gemischtförmiges Asthma bronchiale bei polyvalenter Sensibilisierung, schweren Infektexazerbationen, häufigem Corticosteroidbedarf sowie einer chronischen Rhino-Sinusitis vor. Es handele sich hierbei um ein teilweise schwerstgradiges Asthma bronchiale mit wechselnder, zum Teil plötzlich auftretender bronchialer Hyperreagibilität. Aufgrund der Schwere der Asthmaerkrankung habe er erhebliche Bedenken, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne.
Daraufhin beauftragte das SG Prof. Dr. D., Ärztlicher Direktor und Chefarzt der internistisch-pneumologischen Abteilung der Klinik Sch., mit der Begutachtung der Klägerin. In dem zusammen mit der Oberärztin Dr. M. erstatteten Gutachten vom 10.9.2004 führte Prof. Dr. D. aus, bei der Klägerin liege ein Asthma bronchiale vor, welches sich jeweils durch eine bekannte und langjährig vorhandene Polyallergie auf multiple Umweltsubstanzen und auf Infekte verschlechtere. Anamnestisch bekannt sei eine Sinusitis, die derzeit jedoch keine Beschwerden verursache. Zudem bestehe eine Adipositas permagna (92 kg bei 164 cm); aufgrund der Anamnese bestehe der dringende Verdacht auf obstruktives Schnarchen bzw. auf ein Schlafapnoesyndrom. Die Klägerin reagiere auf multiple Stimuli mit schweren Asthmaanfällen. Hierzu gehörten Allergene (aktuell nachgewiesene Sensibilisierung auf Hausstaubmilben, Hundeschuppen, Hühnerfedern), aber auch unspezifische Stimuli wie kalte Luft, Hitze, Dämpfe, Rauch und Stäube. Mit diesen Substanzen sollte die Klägerin keinen Kontakt haben. Auch dürfe die Klägerin nicht in einem Bereich arbeiten, in der eine Infektionsgefahr bestehe; hierzu gehörten auch Tätigkeiten mit ständigem Kundenkontakt. Bei Beachtung dieser Einschränkungen könne die Klägerin leichte Tätigkeiten vollschichtig (7,5 bis 8 Stunden täglich) verrichten. Dies sei jedoch nur möglich, wenn aktuell kein Infekt bestehe. Die aktuellen Messungen seien zu einem Zeitpunkt durchgeführt worden, an dem die Klägerin relativ beschwerdefrei gewesen sei, keine wesentliche Belastung durch Umweltallergene und keine Verschlimmerung des Asthmas durch Infekte bestanden habe. Aufgrund des Allergiespektrums sei zu erwarten, dass dieser Zustand nur wenige Wochen im Jahr bestehe. Insofern sei die Klägerin zwar prinzipiell in der Lage; leichte körperliche Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich bzw. vollschichtig zu verrichten, solange das Asthma nicht infektexazerbiert oder durch die Exposition gegenüber Umweltallergenen exazerbiert sei, für die übrige Zeit sei dies zu verneinen. Die festgestellte Leistungseinschränkung sei seit dem 16.5.1997 durch Dr. D. dokumentiert. Die Leistungseinschränkung bestehe fort, obwohl inzwischen die infrage kommenden Umweltallergene in der häuslichen Umgebung (Vögel, Milben, Hund) anamnestisch soweit möglich eliminiert worden seien.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 1.10.2004 führte Prof. Dr. D. aus, Milben seien nicht nur im häuslichen Bereich, sondern auch in entsprechend eingerichteten Arbeitsstätten zu finden. Sie hielten sich an keine bestimmte Jahreszeit, seien aber besonders im Herbst und Winter aktiv. In dieser Zeit sei mit verstärkter Infektneigung zu rechnen. Gräserpollen seien von Mai bis maximal September aktiv; diesen könne man kaum entgehen. Insofern sei die Klägerin nur wenige Wochen im Jahr nicht durch äußere Allergeneinwirkungen belastet. In den Phasen, in denen das Asthma der Klägerin infektexazerbiert gewesen sei, seien Atemwiderstände weit oberhalb der Atemnotschwelle von 2 kPa-s bei der Klägerin durch Dr. D. gemessen worden. In diesem Zustand sei eine Person nicht arbeitsfähig.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 22.12.2004 führte Dr. F. aus, es bestehe nach den vorliegenden Unterlagen eine gute Behandelbarkeit des Asthmas, in deren Rahmen vorübergehende leichtere Erscheinungen nicht automatisch zur Arbeitsunfähigkeit führten. Wesentlich sei, wie oft die Klägerin, bedingt durch das Bronchialasthma, dem Berufsleben tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden habe. Entsprechende Ermittlungen bei Dr. D., der AOK und der Arbeitsagentur würden angeregt.
Einen Antrag auf medizinische Rehabilitation vom 14.3.2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7.9.2006 ab. Im ärztlichen Bericht zum Antrag vom 4.3.2005 führte Dr. R. hierzu aus, es bestehe ein schweres Asthma bronchiale mit ständigen schweren Exazerbationen und schwerer Atemnot. Die Klägerin sollte noch einmal geschult werden auch in der Überwachung der eigenen Lungenfunktion und es sollte bei ständiger Cortisontherapie eine Gewichtsreduktion erreicht werden.
Die Klägerin legte ärztliche Atteste der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 19.7.2006 und vom 9. 11.2006 mit den Behandlungsdaten von Januar 2005 bis November 2006 (Klägerin bekommt Maximaltherapie an Asthmatherapeutika; ihrer Ansicht nach ist die Klägerin nicht arbeitsfähig) und von Dr. M. vom 18.7.2006 (seit dem Tod von Dr. D. betreue sie die Klägerin; als Tätigkeit komme, wenn überhaupt, nur eine Bürotätigkeit ohne viel Kundenkontakt, ohne Exposition gegenüber Stäuben und Dämpfen sowie Allergenen infrage; mit vermehrten Krankheitszeiten durch Infekte sei zu rechnen) sowie einen Arztbrief der Klinik Sch. vom 1.6.2005 über einen stationären Aufenthalt vom 15.5. bis 18.5.2005, des Klinikums am St. vom 3.1. und 2.5.2007 über stationäre Aufenthalte vom 17.12. bis 19.12.2006 und 25.3. bis 29.3.2007 sowie ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Reutlingen, die Zeit vom 14.5.2001 bis 18.5.2005 betreffend, vor. Im letzteren sind nach dem 22.9.2003 noch Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 4. bis 8.3.2005 und vom 15. bis 18.5.2005 vermerkt. Die Klägerin erklärte, als Hartz IV-Empfängerin benötige sie keine AU-Krankmeldungen mehr.
Das SG beauftragte Dr. R., Chefarzt der Klinik L., Internist und Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, mit der Begutachtung der Klägerin. Dieser stellte im Gutachten vom 25.7.2007 folgende Diagnosen: 1. Gemischtförmiges Asthma bronchiale mit rezidivierenden Infektexazerbationen und diversen Sensibilisierungen gegenüber Milben, Pollen, Tierepithelien, Schimmelpilze und Hühnereiweiß mit entsprechendem anamnestischen Bezug 2. Mittelgradige unspezifische bronchiale Hyperreagibilität 3. Chronische Sinusitis maxillaris rechts 4. Adipositas permagna 5. Zustand nach Thrombose der Vena saphena rechts mit operativer Versorgung im November 2006 6. Hyperlipidämie 7. Anamnestisch bekannte Osteoporose 8. Verdacht auf obstruktives Schlafapnoesyndrom 9. Varikosis beider Unterschenkel 10. Arterielle Hypertonie. Er führte aus, gegenüber den Vorbefunden von vor drei Jahren könne keine Verschlimmerung festgestellt werden. Seines Erachtens könne die Klägerin körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung meistens sitzend drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Ursache für die wiederkehrenden Infekte mit Verstärkung der asthmatischen Symptomatik seien zum einen die bisher unzureichend behandelte Kieferhöhlenentzündung und das wahrscheinlich vorliegende obstruktive Schlafapnoesyndrom. Als Folge oder zusätzlich bestehe ein leichter Immunglobulinmangel. Erforderlich sei eine gezielte Behandlung des Entzündungsprozesses, eine gezielte Bewegungstherapie unter engmaschiger pneumologischer Kontrolle, eine Ernährungsberatung, eine Gewichtsreduzierung und eine verbesserte Mitarbeit, wobei hinsichtlich letzterer eine begleitende psychologische Betreuung notwendig sei. Eine stationäre Behandlung im Rahmen eines Heilverfahrens erscheine ihm sehr sinnvoll. Seines Erachtens seien noch nicht alle therapeutischen Maßnahmen voll ausgeschöpft. Auffällig sei die fast vollständige Reversibilität der Lungenfunktion, ohne dass am Untersuchungstag Medikamente eingenommen worden seien. Eine rasche Reversibilität der asthmatischen Beschwerden finde sich auch in den Vorbefunden.
Nach Einwendungen von Dr. St. in der Stellungnahme vom 1.10.2007 erklärte Dr. R. am 25.10.2007, er revidiere seine Beurteilung der quantitativen Leistungsfähigkeit dahingehend, dass die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne. Sie sollte jedoch unspezifische Atemwegsirritantien, Zeitdruck, Kälte und Zugluft meiden.
Die Klägerin legte eine Bescheinigung der orthopädischen Praxis Drs. H./K./K./ Sch. vom 12.9.2007 (Diagnosen: Dorsolumbalgie bei Hohlrundrücken, Tendopathie linke Hüfte, bek. cortisonpflichtiges Asthma bronchiale) und 10.1.2008 sowie einen Arztbrief der Orthopädischen Universitätsklinik T. vom 26.3.2008 (Chronische therapieresistente Dorsalgie bei Osteochondrose BWK 7/8 bei Zustand nach M. Scheuermann, Chronisches Asthma bronchiale mit Langzeit-Cortisontherapie) vor.
Mit Urteil vom 22.4.2008 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.7.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.1.2004 der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 14.7.2003 bis 31.7.2009 zu bewilligen. Zur Begründung führte es aus, aus der Gesamtschau der vorliegenden medizinischen Unterlagen ergebe sich, dass bei der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen nicht mehr anzunehmen sei. Problematisch sei indessen, dass der Gesundheitszustand der Klägerin eine St.e Variabilität aufweise. Aufgrund der nur geringen infektfreien Zeit und der Tatsache, dass während eines Infekts ein erheblich gemindertes Leistungsvermögen bestehe, sei das SG der Überzeugung, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen nicht mehr vorliege. Im Hinblick auf die Besserungsmöglichkeit sei auf eine zeitlich befristete Rente zu erkennen.
Gegen das am 16.5.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.5.2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, zunächst werde beanstandet, dass sich weder aus dem Tenor noch aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergebe, wann nach Auffassung des SG der Leistungsfall, also die Leistungsminderung, eingetreten sei. Im Übrigen könne sie sich der Auffassung des SG, dass die Klägerin vorübergehend voll erwerbsgemindert sei, nicht anschließen. Soweit das Urteil damit begründet werde, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen nicht gegeben sei, sei darauf hinzuweisen, dass nach dem ab 1.1.2001 maßgeblichen Recht auf die Fähigkeit abzustellen sei, ob täglich sechs Stunden, drei bis unter sechs Stunden oder nur unter drei Stunden gearbeitet werden könne. Aufgrund des vorliegenden Beweisergebnisses sei nicht bewiesen, dass ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen vorliege. Auch sei nicht bewiesen, dass die tatsächlichen Infekte und ihre Auswirkungen ein solches Ausmaß erreicht hätten wie in dem vom BSG mit Urteil vom 31.3.1993 - 13 RJ 65/91 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14 entschiedenen Fall. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, auch wenn sie gehäuft aufträten, bedingten nicht regelhaft eine Erwerbsminderung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. April 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise ein pneumologisches Gutachten nach Aktenlage einzuholen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert unter Vorlage von Arztbriefen der Internistin und Rheumatologin Dr. L.-L. vom 10.1.2008 und des HNO-Arztes Dr. Sch. vom 23.6.2008 sowie eines Abhilfebescheides des Landratsamts Reutlingen vom 16.7.2008 (GdB 60 ab 31.1.2008), das SG sei zu Recht zur Überzeugung gelangt, dass bei ihr eine volle Erwerbsminderung vorliege. Durch Arztberichte und Gutachten sei nachgewiesen, dass bei ihr ein schweres Asthma bronchiale mit Infekten bestehe. Soweit die Beklagte rüge, dass eine detaillierte Feststellung zur Häufigkeit der Infekte fehle, werde darauf hingewiesen, dass sie wegen der Aussteuerung keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr erhalten habe. Um das Risiko weiterer Infekte zu minimieren, suche sie nicht bei jedem Infekt ihre Ärztin Dr. R. auf. Zu den bereits festgestellten Einschränkungen komme hinzu, dass ein Arbeitsplatz so gestaltet sein müsste, dass sie keinen Außen- oder Kundenkontakt habe. Ein Infekt mit Anfall könnte für sie tödlich sein. Dass solche Zustände bereits eingetreten seien, belegten die notfallmäßigen Einweisungen ins Krankenhaus. Neben der Erkrankung der Beinvenen, die zwischenzeitlich operiert worden seien, seien durch das Cortison ihre Knochen geschädigt. Dies äußere sich durch schmerzhafte Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule.
Vom 4.9. bis 25.9.2008 befand sich die Klägerin zu einem Heilverfahren im Reha-Zentrum Sch ... Die dortigen Ärzte stellten im Entlassungsbericht vom 1.10.2008 folgende Diagnosen: 1. Chronifiziertes Schmerzsyndrom Stadium II nach Gerbershagen 2. BWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und muskulärer Insuffizienz 3. Asthma bronchiale (gemischtförmig) 4. Adipositas. Sie entließen die Klägerin als sofort arbeitsfähig und führten aus, in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Gastronomiemitarbeiterin sei die Klägerin nicht mehr leistungsfähig. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten aus orthopädischer und internistischer Sicht leichte körperliche Tätigkeiten ohne erhöhte inhalative sowie Allergenbelastungen sechs Stunden durchgeführt werden. Die Klägerin selbst meine, dass sie aufgrund der gesundheitlichen Probleme nicht mehr am Erwerbsleben teilnehmen könne und sei St. auf den positiven Ausgang des Rentenverfahrens fixiert. Aus ärztlicher Sicht hätten die festgelegten Rehabilitationsziele nur teilweise erreicht werden können, da ein St.es Rentenbegehren bestehe.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen gehört.
Dr. M. hat unter dem 9.2.2009 mitgeteilt, die Klägerin habe sie seit Juli 2007 (Untersuchung durch Dr. R.) am 2.10.2007, 27.5., 10.7., 21.10. und 22.12.2008 sowie 14.1.2009 aufgesucht. Bis auf den 27.5.2008, als die Klägerin vor allem wegen ihrer Pollenallergie vermehrt Asthmabeschwerden gehabt habe, seien an allen anderen Besuchsterminen Infekte vorhanden gewesen, in deren Rahmen das Asthma exazerbiert gewesen sei. Sie habe die Klägerin am 10.7.2008 sowie vom 21. bis 25.10.2008 arbeitsunfähig geschrieben.
Dr. R. hat am 18.2.2009 angegeben, die Klägerin habe sich seit Juli 2007 abwechselnd mit infektexazerbiertem Asthma bronchiale und ausgeprägten Rückenschmerzen vorgestellt. Persönliche Kontakte hätten an folgenden Tagen bestanden: 13.6., 26.6., 11.7., 25.7. und 27.8.2007, 21.1., 30.1., 14.7., 25.9., 7.10., 28.10. und 17.11.2008 sowie 8.1., 2.2. und 18.2.2009. Seit Ende 2007 bestünden erhebliche Rückenschmerzen. Es bestünden eine Osteochondrose und ein Zustand nach Morbus Scheuermann. Die Schmerztherapie habe sich sehr schwierig gestaltet, weswegen der Schmerztherapeut Dr. B. eine stationäre Behandlung empfohlen habe. Sie habe Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 13.6.2007 bis 31.8.2007, vom 7.1. bis 25.7.2008, vom 25.9.2008 bis 31.1.2009 sowie vom 2. 2. bis 13.2.2009 ausgestellt.
Der Internist Dr. S. hat am 19.2.2009 mitgeteilt, er habe die Klägerin am 16.2.2009 behandelt. Sie habe über zunehmende Seitenastkrampfadern im Beinbereich sowie Schmerzen in den Beinen geklagt. Es habe sich eine Rezidiv-Krampfaderbildung von der Seite sowie eine thrombophlebitisch veränderte Seitenastvene an der Oberfläche gezeigt; die tiefen Leitvenen seien unauffällig gewesen. Er habe eine Nachoperation der Krampfadern sowie eine Oberschenkelkompressionstherapie mittels Strümpfen empfohlen.
Die Beklagte hat eine ärztliche Stellungnahme von Dr. St. vom 12.3.2009 vorgelegt, der darin ausführt, in der Gesamtzusammenschau sei bei der Klägerin weiterhin von einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr auszugehen. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen, inhalative Gase am Arbeitsplatz, Tätigkeiten unter Zeitdruck, Nässe, Kälte und Zugluft. Eine medizinische Reha-Maßnahme sei derzeit weder sinnvoll noch Erfolg versprechend, da sich die Klägerin im Klageverfahren befinde und eine Steigerung des Leistungsvermögens über sechs Stunden und mehr nicht möglich sei.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.
Eine Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung des Entlassungsberichts der Reha-Klinik Überruh vom 25.3.2003, des Gutachtens der Internistin und Ärztin für Sozialmedizin Dr. M. vom 8.12.2003, der Sachverständigengutachten von Prof. Dr. D. und Dr. M. vom 10.9.2004 nebst ergänzender Stellungnahme vom 1.10.2004 sowie Dr. R. vom 25.7.2007 nebst ergänzender Stellungnahme vom 25.10.2007 und des Entlassungsberichts des Reha-Zentrums Sch. vom 1.10.2008.
Die Klägerin leidet nach den auf den oben genannten ärztlichen Unterlagen beruhenden Feststellung des Senats im Wesentlichen unter einem gemischtförmigen Asthma bronchiale mit rezidivierenden Infektexazerbationen und Sensibilisierungen gegenüber Milben, Tierhaaren, Pollen, Schimmelpilzen und Hühnereiweiß, einem BWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und muskulärer Insuffizienz, einem chronifizierten Schmerzsyndrom Stadium II nach Gerbershagen sowie einer Adipositas.
Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen führen zwar dazu, dass sie ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bedienung und Küchenhilfe nicht mehr verrichten kann. Sie ist jedoch nicht gehindert, körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Vermeiden muss sie Tätigkeiten mit inhalativen Reizstoffen, in Kälte, Nässe und Zugluft, im Freien, mit dauerndem Zeitdruck, mit Nachtschicht sowie ständigem Kundenkontakt. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der im Wesentlichen übereinstimmenden Beurteilungen von Dr. P., Dr. M., Dr. St., Prof. Dr. D./Dr. M., Dr. R. sowie der Ärzte der Reha-Kliniken Überruh und Sch., die den Gesundheitszustand der Klägerin über einen Zeitraum von drei bis vier Wochen beobachten bzw. beurteilen konnten.
Die abweichenden Beurteilungen von Dr. D. und der Ärztin Dr. R. sieht der Senat durch die gutachterlichen Feststellungen sowie die während der Heilverfahren erhobenen Befunde und getroffenen Leistungsbeurteilungen als widerlegt an, zumal die Sachverständigen Prof. Dr. D./Dr. M. und Dr. R. sich unter Berücksichtigung sämtlicher ärztlicher Unterlagen eingehend mit den Gesundheitszustand der Klägerin und den Auswirkungen auf das Leistungsvermögen befasst haben. Die Beurteilung dieser Sachverständigen steht im Einklang mit der Beurteilung der Ärzte der Reha-Kliniken. Darüber hinaus spricht auch der Umstand, dass die Klägerin in der Zeit vom 9.7.2000 bis 5.3.2002 als Bedienung und Küchenhilfe (teilweise zehn bis zwölf Stunden) tätig sein konnte, obwohl seit 16.5.1997 ein schwergradiges Asthma bronchiale von Dr. D. festgestellt worden war, dagegen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin ab Rentenantragstellung (Juli 2003) und nach Aufgabe der ungeeigneten Tätigkeit sowie Eliminierung schädigender Einwirkungen im häuslichen Bereich (Vögel, Hund, Wohnraumsanierung) soweit herabgesunken ist, dass sie die oben genannten Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden täglich verrichten könnte. Eine Aufgabe der ungeeigneten Tätigkeit in der Gastronomie hatte der behandelnde Lungenfacharzt Dr. D. bereits im Bericht vom 16.5.2002 empfohlen und ausgeführt, dass trotz deutlicher Besserung des Befundes bei dem bei der Klägerin vorliegenden Asthma nur Büroarbeitsplätze in Frage kämen. In gleicher Weise hat sich auch Dr. M. im Attest vom 18.7.2006 geäußert.
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Klägerin der Arbeitsmarkt wegen häufiger Arbeitsunfähigkeitszeiten verschlossen ist. Zwar hat das BSG im von der Beklagten zitierten Urteil (SozR 3-2200 § 1247 Nr 14) die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Hamburg bestätigt, dass der Arbeitsmarkt einem nicht behandelbaren Versicherten, der maximal 120 Tagen im Jahr wegen unvorhersehbarer, üblicherweise fast regelmäßig jede Woche auftretender Fieberschübe mit Arbeitsunfähigkeit von jeweils mehreren Tagen, verschlossen ist. Gleichzeitig hat das BSG jedoch betont, dass diesem Ergebnis die ältere Rechtsprechung nicht entgegen steht, wonach ein Versicherter, der noch eine Erwerbstätigkeit ausüben kann, nicht allein deshalb erwerbsunfähig ist, weil er häufig arbeitsunfähig erkrankt ist.
Während ihrer Tätigkeit als Bedienung und Küchenhilfe war die Klägerin in der Zeit vom 11.5.2001 bis 5.3.2002, dem Beginn der andauernden Arbeitsunfähigkeit, wegen Infekte der oberen Atemwege bzw. Asthma bronchiale in der Zeit vom 11.5.2001 bis 27.5.2001 (16 Tage), vom 25.7.2001 bis 29.7.2001 (4 Tage), am 9.9.2001 (1 Tag) und vom 29.1.2002 bis 10.2.2002 (13 Tage) arbeitsunfähig. Diese Arbeitsunfähigkeitszeiten sieht der Senat noch nicht als so gehäuft an, dass die von der Klägerin während eines Arbeitsjahres erbrachten Arbeitsleistungen nicht mehr die Mindestanforderungen erfüllen, welche ein vernünftig und billig denkender Arbeitgeber zu stellen berechtigt ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass diese Arbeitsunfähigkeitszeiten bei einer für die Klägerin ungeeigneten Tätigkeit anfielen. Aus dem vom 25.2.2003 bis 18.3.2003 dauernden Heilverfahren wurde die Klägerin zwar als nicht leistungsfähig für die Tätigkeit als Bedienung und Küchenhilfe, aber als arbeitsfähig für die oben genannten Tätigkeiten entlassen. Ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses der AOK lagen vom 7.4.2003 bis 11.4.2003 und vom 6.5.2003 bis zum Zeitpunkt der Aussteuerung am 22.9.2003 Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen einer allergischen Rhinopathie, eines Infekts bzw. eines Asthma bronchiale vor.
Danach bis Ende 2003 und im Jahr 2004 ist keine Arbeitsunfähigkeit dokumentiert. Den für diesen Zeitraum vorliegenden ärztlichen Unterlagen sind ebenfalls keine Befunde zu entnehmen, die auf häufigere oder längerdauernde Exazerbationen schließen ließen. So war die Klägerin bei der Untersuchung durch Dr. M. am 8.12.2003 in einem ordentlichen Allgemeinzustand. Unter der durchgeführten Medikamentenbehandlung war das Bronchialasthma ordentlich eingestellt. Auch Dr. D. berichtete am 10. Februar 2004 über einen einigermaßen stabilen Befund, wobei er sich nicht in der Lage sah, die Schwere der Krankheit einzuschätzen und die Notwendigkeit der Einnahme von hochdosiertem Cortison anzweifelte. Schließlich wurde bei der Untersuchung der Klägerin im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. D. am 2.9.2004 festgestellt, dass sich das Asthma bronchiale durch ambulante Maßnahmen und konsequente pneumologische Therapie in einem für die Klägerin optimalen Zustand befand.
Allerdings musste die Klägerin nach den in den Reha-Akten vorliegenden ambulanten Untersuchungsberichten des Klinikums am St. am 18.11.2004 morgens um 7.15 Uhr und am 4.3.2005 nachts um 2.00 Uhr notfallmäßig wegen zunehmender Atemnot versorgt und sodann vom 4.3.2005 bis 8.3.2005 (5 Tage) und vom 15.5.2005 bis 18.5.2005 (4 Tage) stationär behandelt werden. Die Hausärztin Dr. R. führte aber unter dem 14.11.2006 neben den mit den stationären Behandlungen in zeitlichem Zusammenhang stehenden Konsultationen am 11.3. und 4.5.2005 lediglich noch zwei weitere Konsultationen im Jahr 2005 wegen infektbedingter Exazerbation (am 26.1.2005) bzw. St. verschleimtem Husten (14.10.2005) auf. Auch im Jahr 2006 betrafen lediglich die Konsultationen am 9.10. und am 6.11. 2006 infektbedingte Exazerbationen des Bronchialasthmas und es kam auch lediglich vom 17.12.2006 bis 19.12.2006 (3 Tage) deswegen zu einer stationären Behandlung.
Im Jahr 2007 war die Klägerin vom 25.3.2007 bis 29.3.2007 (5 Tage) in stationärer Behandlung und wurde vom 13.6.2007 bis 27.8.2007 (ca. 2,5 Monate) von Dr. R. arbeitsunfähig geschrieben vor. Allerdings stellte Dr. R. bereits bei der Untersuchung am 12.7.2007 fest, dass die durchgeführte antibiotische und antiobstruktive Behandlung zu einer fast vollständigen Reversibilität der Beschwerden und Normalisierung der Lungenfunktion geführt hatte. Auffällig war für ihn der relativ gute Funktionszustand der Atemwege und Lungenfunktion, ohne dass die Klägerin am Untersuchungstag Medikamente eingenommen hatte, wobei sich der Theophyllinspiegel weit unter dem therapeutischen Bereich befand.
Der von Dr. R. vom 7.1. bis zum 1.2.2008 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit lagen die seit Ende 2007 aufgetretenen Rücken- und BWS-Beschwerden zugrunde. Wegen infektbedingter Exazerbation bestand Arbeitsunfähigkeit vom 14.7. bis 25.7.2008, nachdem Dr. M. die Klägerin deshalb schon am 10.7.2008 arbeitsunfähig geschrieben hatte. Schließlich kam es im Oktober 2008 nach der Entlassung aus dem Heilverfahren, in dessen Verlauf sich die Atemwegssituation stabilisiert hatte und die Lunge frei war von Nebengeräuschen, wieder zu Exazerbationen des Bronchialasthmas wegen Infektionen, weshalb sich die Klägerin auch bei Dr. M. in Behandlung befand. Diese wies aber darauf hin, dass durch entsprechende Medikation sich die Infekte in der Regel überstehen ließen und die Lungenfunktion nur phasenweise eingeschränkt sei. Sie berichtete auch unter dem 14.1.2009 wieder von einer normalen Lungenfunktion ohne obstruktive oder restriktive Ventilationsstörung.
Letztlich vermag sich der Senat auf der Grundlage dieser Daten nicht davon zu überzeugen, dass bei geeigneten Tätigkeiten eine derart gehäufte Arbeitsunfähigkeit wegen des Bronchialasthmas auftreten würde, dass der Klägerin der Arbeitsmarkt verschlossen wäre. Soweit die Klägerin ausführt, nach der Aussteuerung bzw. nach Ende des Arbeitslosengeldes habe sie keine Arbeits-unfähigkeitsbescheinigungen mehr erhalten bzw. mehr benötigt, steht diese Behauptung im Widerspruch zur gesetzlichen Regelung des § 56 Abs. 1 SGB II, wonach Hartz-IV- bzw. Alg II-Bezieher der Agentur für Arbeit bzw. der zuständigen Stelle unverzüglich die Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen und spätestens vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen haben. Eine entsprechende Vorschrift (§ 311 Abs. 1 SGB III a. F.) galt nicht nur für den Bezug von Arbeitslosengeld, sondern auch für die bis 31.12.2004 gewährte Arbeitslosenhilfe. Darüber hinaus vermag sich der Senat - wie oben dargelegt - auch nicht der Beurteilung von Dr. R. anzuschließen, die die Klägerin von Anfang an als arbeitsunfähig bzw. erwerbsunfähig angesehen hat, wobei sie einräumt, dass die Situation der Klägerin seit Jahren, und nicht erst seit Juli 2007, unverändert sei. Durch die seit Ende 2007 bestehenden Rückenschmerzen und das Schmerzsyndrom wird das Leistungsvermögen der Klägerin für die oben genannten Tätigkeiten nicht weitergehend eingeschränkt, wie der Senat insbesondere dem Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Schönberg vom 1.10.2008 entnimmt.
Da die Klägerin noch leichte Tätigkeiten mit den oben genannten Einschränkungen sechs Stunden verrichten kann, ist sie weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Eine Rente steht ihr deswegen nicht zu.
Auf die Berufung der Beklagten war deswegen das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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