Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1243/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4962/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29. September 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1957 geborene Kläger kam im Mai 1973 aus Italien in die Bundesrepublik Deutschland. Er hat keinen Beruf erlernt und arbeitete zuletzt von September 1990 bis Januar 2001 als Hausmeister und anschließend als Lagerist. Seit Juli 2004 war er arbeitsunfähig. Vom 9. September 2004 bis 17. Dezember 2005 erhielt der Kläger Krankengeld, seit 18. Dezember 2005 Leistungen der Agentur für Arbeit.
Vom 21. März bis 11. April 2005 befand sich der Kläger zu einem Heilverfahren in der Federseeklinik Bad Buchau. Die dortigen Ärzte stellten beim Kläger im Entlassungsbericht vom 26. April 2005 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Lumboischialgie links bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L 4/5 1998 und L5/S1 2001 • Chronisches Schmerzsyndrom mit Implantation einer Morphinpumpe 1/05 BWK 9/10 • Adipositas. Sie vertraten die Auffassung, als Lagerist sei der Kläger lediglich noch 3 Stunden bis unter 6 Stunden einsetzbar. Leichte körperliche Tätigkeiten könne er noch 6 Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit häufigem Heben und Tragen schwerer Lasten, häufige Zwangshaltungen und häufige Überkopfarbeiten.
Am 23. Juni 2005 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Mit Bescheid vom 22. August 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Der Kläger sei noch in der Lage leichte Tätigkeiten 6 Stunden täglich zu verrichten.
Hiergegen legte der Kläger am 13. September 2005 Widerspruch ein und machte geltend, selbst bei Ausübung der leichtesten Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung träten nach ca. 2 Stunden unerträgliche Schmerzen am Rücken und am linken Bein bis zum Fuß ausstrahlend auf, die ihn daran hinderten, irgendeine Tätigkeit fortzusetzen. Hinzu komme, dass die ständige Einnahme von Schmerzmittel (durch die Morphinpumpe) öfters Übelkeit, Erbrechen und ständige Müdigkeit verursache. Unter diesen Umständen sei er nicht in der Lage, täglich mindestens 6 Stunden zu arbeiten. Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Baden-Württemberg nebst sozialmedizinischen Gutachten des MDK vom 2. September und 19. November 2004 sowie 10. Mai 2005 und einen Befundbericht des Chirurgen Dr. S. vom 25. November 2005 bei, der weitere Arztbriefe vorlegte. Anschließend ließ sie den Kläger in den Kliniken Schmieder, Neurologisches Fach- und Rehabilitationskrankenhaus, begutachten. Dr. G., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, stellte im neurologischen Gutachten vom 3. März 2006 beim Kläger folgende Diagnosen: • Wurzelkompressionssyndrom S1 links mit sensibler und motorischer Ausfallsymptomatik (leichte Fußsenkerschwäche) bei Zustand nach zweimaliger Operation eines kaudal sequestrierten Bandscheibenvorfalls L4/5 links 1998 und 2001 • Sensibles Wurzelreizsyndrom L5 links • Chronifiziertes lumboischialgiformes Schmerzsyndrom mit Opiatpumpenbehandlung • Verdacht auf Wurzelreizsyndrom C8 rechts bei mäßiger zervikaler Wirbelkanalstenose in Höhe C5/6 und C6/7 mit Myelopathie Höhe HWK 6/7 • Zervikale und thorakale Syringomyelie unklarer Ätiologie • Gastroösophagealer Reflux bei axialer Hiatusgleithernie. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lagerist mit der Erfordernis, wiederholt Gewichte zu heben, könne der Kläger nicht mehr konkurrenzfähig ausüben. Leichte körperliche Tätigkeiten im Sitzen, mit der Möglichkeit zwischenzeitlich zu stehen und zu gehen, könne der Kläger 6 Stunden und mehr pro Tag verrichten. Zu vermeiden seien das Heben und Tragen von Lasten, Tätigkeiten in Zwangshaltungen sowie Gehstrecken über 500 m. Die beim Kläger vorliegende Symptomatik habe zu einer Entlastung von unangenehmen Pflichten (Haushaltsarbeit) und zu einer vermehrten Zuwendung seitens der Familienmitglieder geführt. Eindeutige Einschränkungen der Partizipation (Familienleben, Partnerschaft und Sexualität, freundschaftliche soziale Kontakte, Urlaubsreisen) schienen hingegen geringer ausgeprägt zu sein. Damit bestehe eine gewisse Diskrepanz zwischen den geschilderten Funktionsbeeinträchtigungen und den Aktivitäten des täglichen Lebens. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2006 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 4. Mai 2006 unter Vorlage eines Arztbriefes von Prof. Dr. Dr. B., Chefarzt des Instituts für Röntgendiagnostik und Nuklearmedizin am Klinikum Konstanz, vom 21. Juni 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung begehrte. Er sei nicht mehr in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auszuüben und Gehstrecken von 500 m zu bewältigen.
Das SG hörte zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen und holte sodann Gutachten auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet ein.
Die Ärztin für Neurologie Dr. T. berichtete am 21. August 2006 über Behandlungen des Klägers seit Februar 2001; die letzte Untersuchung sei am 28. März 2006 erfolgt. Das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege auf neurologischem und orthopädischem Fachgebiet. Leichte Tätigkeiten könne der Kläger noch 6 Stunden täglich verrichten. Er sei auch in der Lage, eine Gehstrecke von 500 m unter Einschluss etwaiger Unterbrechungen in einer Zeit von mehr als 20 Minuten zu bewältigen. Der Chirurg Dr. S. vertrat in der Auskunft vom 28. August 2006 die Ansicht, der Kläger könne leichte Tätigkeiten 3 bis 4 Stunden täglich verrichten. Er sei wahrscheinlich nicht in der Lage, eine Gehstrecke von über 500 m viermal am Tag zurückzulegen. Für eine Gehstrecke von 500 m unter Einschluss etwaiger Unterbrechungen müsse mit einer Zeit von mindestens 20 Minuten gerechnet werden. Die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit obliege einem Neurochirurgen. Der Hausarzt des Klägers Dr. Sch., Internist, erklärte unter dem 12. Oktober 2006, auf internistischem Gebiet gebe es keine Gesundheitsstörungen, die sich nachteilig auf Tätigkeiten als Hausmeister, Lagerist oder Gebäudereiniger auswirkten. Aufgrund der Gesundheitsstörungen auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet sei lediglich noch eine Arbeitszeit von maximal 2 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar. Eine Gehstrecke von 500 m viermal täglich könne der Kläger nur mit Mühe zurücklegen. Er werde mindestens eine Zeit von 20 Minuten für eine Gehstrecke benötigen.
Auf Anfrage des SG erklärte der Kläger, er besitze einen Führerschein und verfüge über einen Pkw.
Der Orthopäde Dr. H. stellte beim Kläger im Gutachten vom 18. Januar 2007 folgende Diagnosen: • Chronische schmerzhafte Bewegungsstörungen der Lendenregion nach zweifacher Bandscheibenoperation L 4/5 links mit leichter Verschmächtigung der Wadenmuskulatur links und Verlust des Achillessehnenreflexes und des Tibialis posterior Sehnenreflexes links sowie Sensibilitätsstörungen im linken Bein und im linken Fuß ohne gravierende motorische Schwäche im linken Bein • Chronische schmerzhafte Funktionsstörungen der Halswirbelsäule bei fortgeschrittenen Bandscheibendegenerationen in der unteren Hälfte mit Bandscheibenvorfall C5/6 mit begleitender Signaländerung im Rückenmark als möglichen Hinweis auf eine sekundäre Rückenmarkschädigung (sog. Myelopathie) ohne klinisches Korrelat dafür (Gangbildstörungen, Tonuserhöhung der Beinmuskulatur usw.) • Syringomyelie im Hals- und Brustmark unklarer Genese • Herzrhythmusstörungen, Reflux, Übergewicht - ohne gravierende funktionelle Bedeutung. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen erscheine eine Tätigkeit als Hausmeister und Lagerist nicht mehr möglich. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger noch vollschichtig verrichten. Vermeiden müsse der Kläger schweres Heben und Tragen, häufiges mittelschweres Heben und Tragen, Heben und Tragen von schweren und mittelschweren Lasten auf den Schultern, anhaltende Zwangshaltungen der Schulter-Nackenregion (z.B. Akkord- oder Fließbandarbeiten) und der Lendenregion, Besteigen von Leitern und Gerüsten sowie häufiges Bücken. Der Kläger könne eine Gehstrecke von über 500 m viermal täglich zurücklegen; für eine Strecke benötige er nicht mehr als 12 bis 15 Minuten.
Nach Einwendungen des Klägers und Vorlage einer Stellungnahme von Dr. S. vom 6. März 2007 und einer sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S., Oberärztin im Zentrum für Schmerzbehandlung, vom 15. Januar 2007 im Rechtsstreit auf Feststellung von Behinderungen, holte das SG eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. H. vom 5. Mai 2007 ein, der ausführte, für eine Änderung seiner gutachterlichen Aussagen sehe er keinen Anlass.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragte das SG den Neurologen und Psychiater Dr. M. mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser führte im Gutachten vom 7. März 2008 aus, beim Kläger bestehe auf neurologischem Fachgebiet ein chronisches Schmerzsyndrom der LWS bei Zustand nach zweimaliger Bandscheibenoperation 1998 und 2001. Klinisch-neurologisch zeige sich eine Gefühlsminderung im Segment S1 links, der Achillessehnenreflex links sei erloschen und die Kraft der Fußsenker links leichtgradig gemindert. Das Hauptsymptom sei ein chronifizierter ischialgieform ausstrahlender Schmerz, der mit einem Spinalkatheter und einer Opiatpumpe behandelt werde. Als weitere Gesundheitsstörung bestehe ein Bandscheibenvorfall in Höhe C5/6 und darunter liegend eine Erweiterung des Zentralkanals bis in Höhe des 10. Brustwirbels. Neurologische Ausfälle, die mit der Syrinx in Zusammenhang stünden, ließen sich nicht verifizieren. Die Schmerzsymptomatik des Schultergürtels sei als Folge der Syrinx zu interpretieren. Diesbezüglich seien die Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft. Auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe keine rentenrelevante Erkrankung. Als Hausmeister, Lagerist oder Gebäudereiniger könne der Kläger nicht mehr mindestens 3 Stunden täglich arbeiten. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien jedoch 6 Stunden und mehr möglich. Vermeiden müsse er Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg, in Zwangshaltungen, unter erschwerten Witterungsbedingungen wie Zugluft, Kälte und Nässe. Eine Wegstrecke von 500 m könne der Kläger in einer Zeit von 20 Minuten zurücklegen, selbst wenn man berücksichtige, dass er nach 300 m eine fünfminütige Pause benötige. Der Kläger sei zur Untersuchung mit einem PKW (Automatikgetriebe) angereist. Eine fünfzehnminütige Wegstrecke mit dem Auto könne der Kläger zurücklegen.
Der Kläger hielt die Beurteilung von Dr. M. für unzutreffend und legte ärztliche Atteste von Dr. Sch. vom 17. April 2008 und Dr. S. vom 21. 2008 sowie einen Arztbrief des Zentrums für Schmerzbehandlung vom 24. April 2008 vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei nach Überzeugung des SG weder vollständig noch teilweise erwerbsgemindert. Er sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 Stunden am Tag auzusüben. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen des Klägers beruhten auf dem Gesamtergebnis der Ermittlungen und der Beweisaufnahme, insbesondere auf den im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten von Dr. H. und Dr. M ... Auch der im Verwaltungsverfahren beauftragte Gutachter Dr. G. stimme hinsichtlich der Diagnose und der Leistungsbeurteilung mit den Gutachten von Dr. H. und Dr. M. im Wesentlichen überein. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 2. Oktober 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24. Oktober 2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit sei ihm nicht mehr möglich. Ihm sei eine permanente Schmerzpumpe implantiert worden, mit der er den Alltag noch einigermaßen bewältigen könne. Die permanente Morphinabgabe und die daraus resultierenden Erschöpfungszustände seien von Dr. M. nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es solle deswegen ein weiteres Gutachten eingeholt werden. Der Kläger hat einen Bericht des Zentrums für Schmerzbehandlung vom 16. April 2009 sowie von Prof. Dr. W., Arzt für Neurochirurgie, vom 2. Juni 2009 vorgelegt, der über eine ambulante Untersuchung des Klägers vom 13. Mai 2009 berichtet und ausführt, wegen der drohenden Gefahr für das Halsmark durch die Bandscheibenvorfälle im Bereich der HWS und im Hinblick auf die Syringomyelie erscheine eine Rückführung des Klägers ein einen noch so geringfügigen Arbeitsprozess weder sinnvoll noch zumutbar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 23. Juni 2005, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Prof. Dr. Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In dem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 3. Dezember 2009 hat der Sachverständige ausgeführt, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, überdeckend mit dem chirurgisch-orthopädischen sowie algesiologischen Fachgebiet bestünden folgende Funktionsstörungen: • Chronische linksseitige Lumboischialgie im Sinne eines so genannten Postdiskektomiesyndroms nach zweimaliger Bandscheibenoperation mit seit vielen Jahren als unverändert beschriebenen Restparesen am linken Bein und Erfordernis einer dauerhaften medikamentösen Schmerztherapie, hier einer seit 2004 durchgeführten kontinuierlichen Opiatgabe über ein Pumpensystem • Intermittierende zervikale Wurzelreizerscheinungen bei degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule mit relativer Spinalkanalstenose ohne Anhalt für das Vorliegen einer zervikalen Myelopathie • Klinisch asymptomatische Syringomyelie unterhalb HWK 7 bis BWK 10 reichend. In Übereinstimmung mit den Vorgutachten erschienen lediglich noch leichte körperliche Tätigkeiten zumutbar, die im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen und ohne Erfordernis von Zwangshaltungen erfolgen sollten. Nicht mehr zumutbar seien das Heben und Tragen von Lasten über 5 bis 10 kg sowie Tätigkeiten in Kälte und Nässe. Der Kläger sei noch in der Lage täglich mindestens 6 Stunden zu arbeiten. Diese Einschätzung schließe auch die Befunde des Neurochirurgen Prof. W. ein, denen er keine neuen klinischen Aspekte zu entnehmen vermöge. Anhaltspunkte für eine Schädigung zervikaler peripherer Nerven und/oder des Rückenmarks ergäben sich daraus nicht. Der Kläger sei auch in der Lage, viermal täglich Wegstrecken von mehr als 500 m zurückzulegen, wobei er für eine Wegstrecke von 500 m nicht mehr als 15 bis 20 Minuten benötige.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch das vom Senat eingeholte Gutachten bei Prof. Dr. Dr. W. vom 3. Dezember 2009 die bisherigen Beurteilungen der Ärzte der Federseeklinik Bad Buchau im Entlassungsbericht vom 26. April 2005, die den Kläger nach Implantation der Schmerzpumpe über einen Zeitraum von drei Wochen beobachten konnten, des Neurologen und Psychiaters Dr. G. im Gutachten vom 3. März 2006, des Orthopäden Dr. H. im Gutachten vom 18. Januar 2007 nebst ergänzender Stellungnahme vom 5. Mai 2007 sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. M. im nach § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 7. März 2008 bestätigt hat. Dabei hat Prof. Dr. Dr. W. die ärztlichen Stellungnahmen des Zentrums für Schmerzbehandlung (Dr. D./Dr. S.) vom 16. April 2009 sowie des Neurochirurgen Dr. W. vom 2. Juni 2009 berücksichtigt.
Prof. Dr. Dr. W. hat für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass zwar beim Kläger ein chronifiziertes Schmerzsyndrom aufgrund degenerativer Wirbelsäulenveränderungen mit Narbenbildung nach zweimaliger Bandscheibenoperation L5/6 links besteht und nunmehr seit rund fünf Jahren eine kontinuierliche Opiat-Medikation über einen fest implantierten rückenmarksnahen Katheter erfolgt und darüber hinaus weitere Medikamente eingenommen werden, die aufgrund von Nebenwirkungen zu Tagesmüdigkeit führen können. Andererseits hat er nachvollziehbar erklärt, dass wesentliche Aspekte gegen eine schwerwiegendere Leistungseinschränkung sprechen. Eine Opiatpumpe bedeutet nicht per se eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit, zumal wenn diese seit mehreren Jahren ohne erhebliche Komplikationen eingesetzt wird und die Schmerzen dadurch in einem erträglichen Bereich liegen. Auch zeigt die Längsschnittbeurteilung der Schmerzen des Klägers, dass seit dem Heilverfahren keine wesentliche Verschlechterung eingetreten ist. Vielmehr konnte zwischenzeitlich auf eine zusätzliche orale Opiatmedikation verzichtet werden, was für eine stabile Situation spricht. Gegen eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit spricht ferner, dass der Kläger nach eigenen Angaben mit dem eigenen Pkw 2 Stunden am Stück hinweg fahren kann. Neurologische Funktionsstörungen in Form von Lähmungen und/oder eine schwerwiegende psychische Symptomatik werden in den zahlreichen ärztlichen Unterlagen nicht beschrieben. Schließlich hat sich Prof. Dr. Dr. W. auch eingehend mit der von Prof. Dr. W. im Bericht vom 2. Juni 2009 geäußerten Befürchtung auseinandergesetzt, dass die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit zu einer intraspinalen Drucksteigerung mit Auswirkungen auf das vorgeschädigte Rückenmark führen könne. Er hat in Auswertung der nach Aktenlage durchgeführten Untersuchungen eine Schädigung der langen motorischen und sensiblen Bahnen durch die auf den MRT-Aufnahmen vom Herbst 2005 erkennbare Syringomyelie im HWS-Bereich ausgeschlossen und nachvollziehbar eine drohende Querschnittssymptomatik selbst durch leichte körperliche Anstrengungen verneint. Damit in Übereinstimmung hat schon Dr. M. wegen der Syringomyelie bei der neurologischen Untersuchung ein besonderes Augenmerk auf die Segmente der unteren HWS und oberen BWS gelegt, weder segmentale sensible Ausfälle, noch dissoziierte Empfindungsstörungen oder spastische Tonuserhöhungen festgestellt und - lediglich - eine Ausschöpfung der therapeutischen Möglichkeiten in Bezug auf die Schmerzsymptomatik in diesem Bereich empfohlen. Angesichts dessen hält der Senat die übereinstimmenden Beurteilungen der Ärzte der Federseeklinik Bad Buchau, des Orthopäden Dr. H. sowie der Neurologen und Psychiater Dr. G., Dr. M. und Prof. Dr. W. für überzeugend, dass dem Kläger körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung in normal temperierten Räumen noch 6 Stunden täglich zugemutet werden können.
Da der Kläger im Besitz eines Führerscheins und eines PKW ist, ist auch unerheblich, ob er viermal täglich über 500 m zu Fuß in zumutbarer Zeit zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeit benutzen kann, da er nicht gehindert ist, Arbeitsplätze mit seinem PKW zu erreichen.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1957 geborene Kläger kam im Mai 1973 aus Italien in die Bundesrepublik Deutschland. Er hat keinen Beruf erlernt und arbeitete zuletzt von September 1990 bis Januar 2001 als Hausmeister und anschließend als Lagerist. Seit Juli 2004 war er arbeitsunfähig. Vom 9. September 2004 bis 17. Dezember 2005 erhielt der Kläger Krankengeld, seit 18. Dezember 2005 Leistungen der Agentur für Arbeit.
Vom 21. März bis 11. April 2005 befand sich der Kläger zu einem Heilverfahren in der Federseeklinik Bad Buchau. Die dortigen Ärzte stellten beim Kläger im Entlassungsbericht vom 26. April 2005 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Lumboischialgie links bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L 4/5 1998 und L5/S1 2001 • Chronisches Schmerzsyndrom mit Implantation einer Morphinpumpe 1/05 BWK 9/10 • Adipositas. Sie vertraten die Auffassung, als Lagerist sei der Kläger lediglich noch 3 Stunden bis unter 6 Stunden einsetzbar. Leichte körperliche Tätigkeiten könne er noch 6 Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit häufigem Heben und Tragen schwerer Lasten, häufige Zwangshaltungen und häufige Überkopfarbeiten.
Am 23. Juni 2005 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Mit Bescheid vom 22. August 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Der Kläger sei noch in der Lage leichte Tätigkeiten 6 Stunden täglich zu verrichten.
Hiergegen legte der Kläger am 13. September 2005 Widerspruch ein und machte geltend, selbst bei Ausübung der leichtesten Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung träten nach ca. 2 Stunden unerträgliche Schmerzen am Rücken und am linken Bein bis zum Fuß ausstrahlend auf, die ihn daran hinderten, irgendeine Tätigkeit fortzusetzen. Hinzu komme, dass die ständige Einnahme von Schmerzmittel (durch die Morphinpumpe) öfters Übelkeit, Erbrechen und ständige Müdigkeit verursache. Unter diesen Umständen sei er nicht in der Lage, täglich mindestens 6 Stunden zu arbeiten. Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Baden-Württemberg nebst sozialmedizinischen Gutachten des MDK vom 2. September und 19. November 2004 sowie 10. Mai 2005 und einen Befundbericht des Chirurgen Dr. S. vom 25. November 2005 bei, der weitere Arztbriefe vorlegte. Anschließend ließ sie den Kläger in den Kliniken Schmieder, Neurologisches Fach- und Rehabilitationskrankenhaus, begutachten. Dr. G., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, stellte im neurologischen Gutachten vom 3. März 2006 beim Kläger folgende Diagnosen: • Wurzelkompressionssyndrom S1 links mit sensibler und motorischer Ausfallsymptomatik (leichte Fußsenkerschwäche) bei Zustand nach zweimaliger Operation eines kaudal sequestrierten Bandscheibenvorfalls L4/5 links 1998 und 2001 • Sensibles Wurzelreizsyndrom L5 links • Chronifiziertes lumboischialgiformes Schmerzsyndrom mit Opiatpumpenbehandlung • Verdacht auf Wurzelreizsyndrom C8 rechts bei mäßiger zervikaler Wirbelkanalstenose in Höhe C5/6 und C6/7 mit Myelopathie Höhe HWK 6/7 • Zervikale und thorakale Syringomyelie unklarer Ätiologie • Gastroösophagealer Reflux bei axialer Hiatusgleithernie. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lagerist mit der Erfordernis, wiederholt Gewichte zu heben, könne der Kläger nicht mehr konkurrenzfähig ausüben. Leichte körperliche Tätigkeiten im Sitzen, mit der Möglichkeit zwischenzeitlich zu stehen und zu gehen, könne der Kläger 6 Stunden und mehr pro Tag verrichten. Zu vermeiden seien das Heben und Tragen von Lasten, Tätigkeiten in Zwangshaltungen sowie Gehstrecken über 500 m. Die beim Kläger vorliegende Symptomatik habe zu einer Entlastung von unangenehmen Pflichten (Haushaltsarbeit) und zu einer vermehrten Zuwendung seitens der Familienmitglieder geführt. Eindeutige Einschränkungen der Partizipation (Familienleben, Partnerschaft und Sexualität, freundschaftliche soziale Kontakte, Urlaubsreisen) schienen hingegen geringer ausgeprägt zu sein. Damit bestehe eine gewisse Diskrepanz zwischen den geschilderten Funktionsbeeinträchtigungen und den Aktivitäten des täglichen Lebens. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2006 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 4. Mai 2006 unter Vorlage eines Arztbriefes von Prof. Dr. Dr. B., Chefarzt des Instituts für Röntgendiagnostik und Nuklearmedizin am Klinikum Konstanz, vom 21. Juni 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung begehrte. Er sei nicht mehr in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auszuüben und Gehstrecken von 500 m zu bewältigen.
Das SG hörte zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen und holte sodann Gutachten auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet ein.
Die Ärztin für Neurologie Dr. T. berichtete am 21. August 2006 über Behandlungen des Klägers seit Februar 2001; die letzte Untersuchung sei am 28. März 2006 erfolgt. Das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege auf neurologischem und orthopädischem Fachgebiet. Leichte Tätigkeiten könne der Kläger noch 6 Stunden täglich verrichten. Er sei auch in der Lage, eine Gehstrecke von 500 m unter Einschluss etwaiger Unterbrechungen in einer Zeit von mehr als 20 Minuten zu bewältigen. Der Chirurg Dr. S. vertrat in der Auskunft vom 28. August 2006 die Ansicht, der Kläger könne leichte Tätigkeiten 3 bis 4 Stunden täglich verrichten. Er sei wahrscheinlich nicht in der Lage, eine Gehstrecke von über 500 m viermal am Tag zurückzulegen. Für eine Gehstrecke von 500 m unter Einschluss etwaiger Unterbrechungen müsse mit einer Zeit von mindestens 20 Minuten gerechnet werden. Die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit obliege einem Neurochirurgen. Der Hausarzt des Klägers Dr. Sch., Internist, erklärte unter dem 12. Oktober 2006, auf internistischem Gebiet gebe es keine Gesundheitsstörungen, die sich nachteilig auf Tätigkeiten als Hausmeister, Lagerist oder Gebäudereiniger auswirkten. Aufgrund der Gesundheitsstörungen auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet sei lediglich noch eine Arbeitszeit von maximal 2 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar. Eine Gehstrecke von 500 m viermal täglich könne der Kläger nur mit Mühe zurücklegen. Er werde mindestens eine Zeit von 20 Minuten für eine Gehstrecke benötigen.
Auf Anfrage des SG erklärte der Kläger, er besitze einen Führerschein und verfüge über einen Pkw.
Der Orthopäde Dr. H. stellte beim Kläger im Gutachten vom 18. Januar 2007 folgende Diagnosen: • Chronische schmerzhafte Bewegungsstörungen der Lendenregion nach zweifacher Bandscheibenoperation L 4/5 links mit leichter Verschmächtigung der Wadenmuskulatur links und Verlust des Achillessehnenreflexes und des Tibialis posterior Sehnenreflexes links sowie Sensibilitätsstörungen im linken Bein und im linken Fuß ohne gravierende motorische Schwäche im linken Bein • Chronische schmerzhafte Funktionsstörungen der Halswirbelsäule bei fortgeschrittenen Bandscheibendegenerationen in der unteren Hälfte mit Bandscheibenvorfall C5/6 mit begleitender Signaländerung im Rückenmark als möglichen Hinweis auf eine sekundäre Rückenmarkschädigung (sog. Myelopathie) ohne klinisches Korrelat dafür (Gangbildstörungen, Tonuserhöhung der Beinmuskulatur usw.) • Syringomyelie im Hals- und Brustmark unklarer Genese • Herzrhythmusstörungen, Reflux, Übergewicht - ohne gravierende funktionelle Bedeutung. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen erscheine eine Tätigkeit als Hausmeister und Lagerist nicht mehr möglich. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger noch vollschichtig verrichten. Vermeiden müsse der Kläger schweres Heben und Tragen, häufiges mittelschweres Heben und Tragen, Heben und Tragen von schweren und mittelschweren Lasten auf den Schultern, anhaltende Zwangshaltungen der Schulter-Nackenregion (z.B. Akkord- oder Fließbandarbeiten) und der Lendenregion, Besteigen von Leitern und Gerüsten sowie häufiges Bücken. Der Kläger könne eine Gehstrecke von über 500 m viermal täglich zurücklegen; für eine Strecke benötige er nicht mehr als 12 bis 15 Minuten.
Nach Einwendungen des Klägers und Vorlage einer Stellungnahme von Dr. S. vom 6. März 2007 und einer sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S., Oberärztin im Zentrum für Schmerzbehandlung, vom 15. Januar 2007 im Rechtsstreit auf Feststellung von Behinderungen, holte das SG eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. H. vom 5. Mai 2007 ein, der ausführte, für eine Änderung seiner gutachterlichen Aussagen sehe er keinen Anlass.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragte das SG den Neurologen und Psychiater Dr. M. mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser führte im Gutachten vom 7. März 2008 aus, beim Kläger bestehe auf neurologischem Fachgebiet ein chronisches Schmerzsyndrom der LWS bei Zustand nach zweimaliger Bandscheibenoperation 1998 und 2001. Klinisch-neurologisch zeige sich eine Gefühlsminderung im Segment S1 links, der Achillessehnenreflex links sei erloschen und die Kraft der Fußsenker links leichtgradig gemindert. Das Hauptsymptom sei ein chronifizierter ischialgieform ausstrahlender Schmerz, der mit einem Spinalkatheter und einer Opiatpumpe behandelt werde. Als weitere Gesundheitsstörung bestehe ein Bandscheibenvorfall in Höhe C5/6 und darunter liegend eine Erweiterung des Zentralkanals bis in Höhe des 10. Brustwirbels. Neurologische Ausfälle, die mit der Syrinx in Zusammenhang stünden, ließen sich nicht verifizieren. Die Schmerzsymptomatik des Schultergürtels sei als Folge der Syrinx zu interpretieren. Diesbezüglich seien die Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft. Auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe keine rentenrelevante Erkrankung. Als Hausmeister, Lagerist oder Gebäudereiniger könne der Kläger nicht mehr mindestens 3 Stunden täglich arbeiten. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien jedoch 6 Stunden und mehr möglich. Vermeiden müsse er Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg, in Zwangshaltungen, unter erschwerten Witterungsbedingungen wie Zugluft, Kälte und Nässe. Eine Wegstrecke von 500 m könne der Kläger in einer Zeit von 20 Minuten zurücklegen, selbst wenn man berücksichtige, dass er nach 300 m eine fünfminütige Pause benötige. Der Kläger sei zur Untersuchung mit einem PKW (Automatikgetriebe) angereist. Eine fünfzehnminütige Wegstrecke mit dem Auto könne der Kläger zurücklegen.
Der Kläger hielt die Beurteilung von Dr. M. für unzutreffend und legte ärztliche Atteste von Dr. Sch. vom 17. April 2008 und Dr. S. vom 21. 2008 sowie einen Arztbrief des Zentrums für Schmerzbehandlung vom 24. April 2008 vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei nach Überzeugung des SG weder vollständig noch teilweise erwerbsgemindert. Er sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 Stunden am Tag auzusüben. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen des Klägers beruhten auf dem Gesamtergebnis der Ermittlungen und der Beweisaufnahme, insbesondere auf den im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten von Dr. H. und Dr. M ... Auch der im Verwaltungsverfahren beauftragte Gutachter Dr. G. stimme hinsichtlich der Diagnose und der Leistungsbeurteilung mit den Gutachten von Dr. H. und Dr. M. im Wesentlichen überein. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 2. Oktober 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24. Oktober 2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit sei ihm nicht mehr möglich. Ihm sei eine permanente Schmerzpumpe implantiert worden, mit der er den Alltag noch einigermaßen bewältigen könne. Die permanente Morphinabgabe und die daraus resultierenden Erschöpfungszustände seien von Dr. M. nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es solle deswegen ein weiteres Gutachten eingeholt werden. Der Kläger hat einen Bericht des Zentrums für Schmerzbehandlung vom 16. April 2009 sowie von Prof. Dr. W., Arzt für Neurochirurgie, vom 2. Juni 2009 vorgelegt, der über eine ambulante Untersuchung des Klägers vom 13. Mai 2009 berichtet und ausführt, wegen der drohenden Gefahr für das Halsmark durch die Bandscheibenvorfälle im Bereich der HWS und im Hinblick auf die Syringomyelie erscheine eine Rückführung des Klägers ein einen noch so geringfügigen Arbeitsprozess weder sinnvoll noch zumutbar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 23. Juni 2005, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Prof. Dr. Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In dem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 3. Dezember 2009 hat der Sachverständige ausgeführt, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, überdeckend mit dem chirurgisch-orthopädischen sowie algesiologischen Fachgebiet bestünden folgende Funktionsstörungen: • Chronische linksseitige Lumboischialgie im Sinne eines so genannten Postdiskektomiesyndroms nach zweimaliger Bandscheibenoperation mit seit vielen Jahren als unverändert beschriebenen Restparesen am linken Bein und Erfordernis einer dauerhaften medikamentösen Schmerztherapie, hier einer seit 2004 durchgeführten kontinuierlichen Opiatgabe über ein Pumpensystem • Intermittierende zervikale Wurzelreizerscheinungen bei degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule mit relativer Spinalkanalstenose ohne Anhalt für das Vorliegen einer zervikalen Myelopathie • Klinisch asymptomatische Syringomyelie unterhalb HWK 7 bis BWK 10 reichend. In Übereinstimmung mit den Vorgutachten erschienen lediglich noch leichte körperliche Tätigkeiten zumutbar, die im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen und ohne Erfordernis von Zwangshaltungen erfolgen sollten. Nicht mehr zumutbar seien das Heben und Tragen von Lasten über 5 bis 10 kg sowie Tätigkeiten in Kälte und Nässe. Der Kläger sei noch in der Lage täglich mindestens 6 Stunden zu arbeiten. Diese Einschätzung schließe auch die Befunde des Neurochirurgen Prof. W. ein, denen er keine neuen klinischen Aspekte zu entnehmen vermöge. Anhaltspunkte für eine Schädigung zervikaler peripherer Nerven und/oder des Rückenmarks ergäben sich daraus nicht. Der Kläger sei auch in der Lage, viermal täglich Wegstrecken von mehr als 500 m zurückzulegen, wobei er für eine Wegstrecke von 500 m nicht mehr als 15 bis 20 Minuten benötige.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch das vom Senat eingeholte Gutachten bei Prof. Dr. Dr. W. vom 3. Dezember 2009 die bisherigen Beurteilungen der Ärzte der Federseeklinik Bad Buchau im Entlassungsbericht vom 26. April 2005, die den Kläger nach Implantation der Schmerzpumpe über einen Zeitraum von drei Wochen beobachten konnten, des Neurologen und Psychiaters Dr. G. im Gutachten vom 3. März 2006, des Orthopäden Dr. H. im Gutachten vom 18. Januar 2007 nebst ergänzender Stellungnahme vom 5. Mai 2007 sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. M. im nach § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 7. März 2008 bestätigt hat. Dabei hat Prof. Dr. Dr. W. die ärztlichen Stellungnahmen des Zentrums für Schmerzbehandlung (Dr. D./Dr. S.) vom 16. April 2009 sowie des Neurochirurgen Dr. W. vom 2. Juni 2009 berücksichtigt.
Prof. Dr. Dr. W. hat für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass zwar beim Kläger ein chronifiziertes Schmerzsyndrom aufgrund degenerativer Wirbelsäulenveränderungen mit Narbenbildung nach zweimaliger Bandscheibenoperation L5/6 links besteht und nunmehr seit rund fünf Jahren eine kontinuierliche Opiat-Medikation über einen fest implantierten rückenmarksnahen Katheter erfolgt und darüber hinaus weitere Medikamente eingenommen werden, die aufgrund von Nebenwirkungen zu Tagesmüdigkeit führen können. Andererseits hat er nachvollziehbar erklärt, dass wesentliche Aspekte gegen eine schwerwiegendere Leistungseinschränkung sprechen. Eine Opiatpumpe bedeutet nicht per se eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit, zumal wenn diese seit mehreren Jahren ohne erhebliche Komplikationen eingesetzt wird und die Schmerzen dadurch in einem erträglichen Bereich liegen. Auch zeigt die Längsschnittbeurteilung der Schmerzen des Klägers, dass seit dem Heilverfahren keine wesentliche Verschlechterung eingetreten ist. Vielmehr konnte zwischenzeitlich auf eine zusätzliche orale Opiatmedikation verzichtet werden, was für eine stabile Situation spricht. Gegen eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit spricht ferner, dass der Kläger nach eigenen Angaben mit dem eigenen Pkw 2 Stunden am Stück hinweg fahren kann. Neurologische Funktionsstörungen in Form von Lähmungen und/oder eine schwerwiegende psychische Symptomatik werden in den zahlreichen ärztlichen Unterlagen nicht beschrieben. Schließlich hat sich Prof. Dr. Dr. W. auch eingehend mit der von Prof. Dr. W. im Bericht vom 2. Juni 2009 geäußerten Befürchtung auseinandergesetzt, dass die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit zu einer intraspinalen Drucksteigerung mit Auswirkungen auf das vorgeschädigte Rückenmark führen könne. Er hat in Auswertung der nach Aktenlage durchgeführten Untersuchungen eine Schädigung der langen motorischen und sensiblen Bahnen durch die auf den MRT-Aufnahmen vom Herbst 2005 erkennbare Syringomyelie im HWS-Bereich ausgeschlossen und nachvollziehbar eine drohende Querschnittssymptomatik selbst durch leichte körperliche Anstrengungen verneint. Damit in Übereinstimmung hat schon Dr. M. wegen der Syringomyelie bei der neurologischen Untersuchung ein besonderes Augenmerk auf die Segmente der unteren HWS und oberen BWS gelegt, weder segmentale sensible Ausfälle, noch dissoziierte Empfindungsstörungen oder spastische Tonuserhöhungen festgestellt und - lediglich - eine Ausschöpfung der therapeutischen Möglichkeiten in Bezug auf die Schmerzsymptomatik in diesem Bereich empfohlen. Angesichts dessen hält der Senat die übereinstimmenden Beurteilungen der Ärzte der Federseeklinik Bad Buchau, des Orthopäden Dr. H. sowie der Neurologen und Psychiater Dr. G., Dr. M. und Prof. Dr. W. für überzeugend, dass dem Kläger körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung in normal temperierten Räumen noch 6 Stunden täglich zugemutet werden können.
Da der Kläger im Besitz eines Führerscheins und eines PKW ist, ist auch unerheblich, ob er viermal täglich über 500 m zu Fuß in zumutbarer Zeit zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeit benutzen kann, da er nicht gehindert ist, Arbeitsplätze mit seinem PKW zu erreichen.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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