Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1702/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 6293/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17.11.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die am 1965 geborene Klägerin ist t. Staatsangehörige und lebt seit Juni 1975 in Deutschland. Sie absolvierte keine Berufsausbildung und war von Juli 1980 bis Februar 1997, unterbrochen durch Zeiten des Mutterschutzes und der Erziehung ihrer im Oktober 1988 und Januar 1993 geborenen Kinder, versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war sie nahezu durchgehend bis Juli 2003 arbeitslos, wobei Pflichtbeiträge entrichtet wurden. Anschließend übte sie bis Oktober 2004 und von September 2005 bis April 2007 eine geringfügige, versicherungsfreie Beschäftigung aus. Zur Feststellung der versicherungsrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf die von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverläufe vom 02.07.2008 Bezug genommen.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 19.10.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.11.2004 und Widerspruchsbescheid vom 11.05.2005 ab. Dem lag das Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, Sozialmedizin St. zu Grunde, die nach Untersuchung der Klägerin am 18.11.2004 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymia und ein chronisches Lumbalsyndrom diagnostizierte, im Gutachten dokumentierte, dass die Klägerin die begonnene Schmerzmedikation nur unregelmäßig durchführte und trotz des vor¬handenen Schmerzes ihren Vier-Personen-Haushalt in vollem Umfange und ohne Hilfe versorgte. Sie hielt die Klägerin für in der Lage, leichte Arbeiten auf dem allge¬meinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (ohne Wechsel-, Nacht¬schicht, besonderen Zeitdruck, besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen, überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, Heben, Tragen, Bewegen von Lasten) sechs Stunden und mehr auszuüben. Des Weiteren hatte die Beklagte das orthopädische Gutach¬ten von Dr. C. eingeholt, der von chronischen Wirbelsäulenbeschwerden und einer somato¬formen Schmerzstörung ausging und ebenfalls eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung bejahte. Zu vermeiden seien einseitige Körper¬zwangshaltungen und langes Arbeiten in vornüber geneigter Haltung.
Das am 27.05.2005 von der Klägerin angerufene Sozialgericht Reutlingen hat zunächst die be¬handelnden Ärzte als sachverständige Zeugen vernommen. Der Nervenarzt Dr. G. hat von einer einmaligen Behandlung im April 2005 wegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung berichtet und sich zu keiner Leistungsbeurteilung in der Lage gesehen. Der Anästhesist Dr. G. hat angegeben, die Klägerin im Oktober 2004 zum Zwecke einer Optimierung der Schmerzmedikation behandelt zu haben und das von der Beklagten angenommene Leistungsver¬mögen bestätigt. Der Hausarzt Dr. S. hat zwar die von der Beklagten angenommenen Diag¬nosen bestätigt, die Klägerin jedoch nicht für in der Lage gesehen, zu arbeiten und eine Zeitrente befürwortet. Der Orthopäde Dr. G. hat über zweimalige Konsultationen im Novem¬ber 2003 und Oktober 2004 berichtet, die von der Beklagten angenommenen orthopädischen Diagnosen bestätigt und die psychiatrische Problematik im Vordergrund gesehen.
Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie psychotherapeutische Medizin und innere Medizin Dr. G. nach Untersuchung der Klä¬gerin am 17.06.2006 ein Gutachten erstattet. Dort sind u.a. Angaben der Klägerin über die Ver¬richtung von Hausarbeiten, das Einkaufen und das Treffen mit Freunden dokumentiert. Die Klä¬gerin habe während der gesamten Begutachtungsdauer von eineinhalb Stunden leger ohne Zeichen einer Schmerzgetriebenheit sitzen können und die Sitzposition nur wenig verändern müssen. Dr. G. hat auf internistischem/allgemeinmedizinischem/orthopädischem Gebiet chronische Syndrome im Bereich der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule mit mäßigen bzw. leichten Funktionseinschränkungen und auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet eine Dysthymia sowie einen dringenden Verdacht auf eine anhaltende somatoformen Schmerzstörung diagnostiziert, die Klägerin aber für in der Lage erachtet, leichte körperliche Tätigkeiten sechs Stunden und mehr auszuüben. Zu vermeiden seien dabei Tätigkeiten mit häufigem Bücken, auf Leitern, Gerüsten und mit Absturzgefahr, an gefährdenden Maschinen sowie Tätigkeiten in Nacht- und Wechselschicht sowie mit besonderer geistiger Beanspruchung. Die therapeutischen Möglichkeiten seien bei der Klägerin noch nicht ausgeschöpft. Da sie sich regelrecht habe bewegen können, auch die erschwerten Koordinationsprüfungen absolviert habe, in den ersten Stock der Praxis habe hochsteigen können, selbst die 30 km zum Gutachter habe zurücklegen können, in der Lage sei, bis zu einstündige Spaziergänge zu erledigen und ihren Haushaltspflichten nachzukommen, müsse sie auch in der Lage sein, einer leichten Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Hierauf gestützt hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17.11.2006, der Klägerin am 01.12.2006 zugestellt, abgewiesen.
Am 18.12.2006 hat die Klägerin Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt (Schriftsatz vom 23.11.2007),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17.11.2006 und den Bescheid vom 25.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01.10.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung, zumindest auf Zeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Zuge von Ermittlungen wegen einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes hat die die Klägerin behandelnde Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Sch. in ihren sachverständigen Zeugenaussagen gegenüber dem Senat angegeben, die Klägerin seit Februar 2007 ambulant zu behandeln. Wegen der von ihr festgestellten Schwere der Depression hat sie die Klägerin in die F.-H.-Klinik, Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, eingewiesen, wo die Klägerin vom 04.06.2007 bis 24.07.2007 stationär behandelt worden ist. Auf Grund dieser Behandlung ist es zu einer (vorübergehenden) Besserung des Gesundheitszustandes gekommen, die von der Klinik angeratene Nachfolgebehandlung in einer Tagesklinik ist von der Klägerin jedoch noch am ersten Tag abgebrochen worden. Die Klägerin hat sich dann erneut in der F.-H.-Klinik vom 16.10. bis 16.11.2007 zur stationären Behandlung befunden. Ein durchgreifender Erfolg hat dabei nicht erzielt werden können (Auskunft der ärztlichen Leiterin Dr. K. gegenüber dem Senat vom 05.12.2007).
Auf Veranlassung des Senats hat daraufhin der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. auf Grund einer Untersuchung der Klägerin am 18.04.2008 ein Gutachten erstattet und eine schwere neurotische Entwicklung mit Zeichen einer histrionischen Ausgestaltung und zunehmenden depressiven Symptomen im Sinne einer Dystymie bis hin zu einer derzeitigen mittelschweren bis schweren depressiven Episode diagnostiziert. Die Leistungsfähigkeit betrage nur noch ein bis zwei Stunden pro Tag, diese Leistungseinschränkung sei mit Sicherheit seit der Einweisung in die F.-H.-Klinik im Juni 2007 belegt. Eine Restleistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten über sechs bis acht Stunden sei zumindest bis zur Begutachtung durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie St. , vermutlich auch noch bis Juni 2006 anzunehmen.
Daraufhin und auf der Grundlage einer beratungsäztlichen Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin Dr. J. (die Verschlechterung des Gesundheitszustandes müsse zwischen der Begutachtung im Juni 2006 und der stationären Aufnahme in Juni 2007 eingetreten sein, ein genauer Zeitpunkt lasse sich nicht begründen, als Leistungsfall könne die zeitliche Mitte, also Dezember 2006 angenommen werden) hat die Beklagte die Auffassung vertreten, die Klägerin sei seit Dezember 2006 voll erwerbsgemindert. Allerdings scheitere der Rentenanspruch an den fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, weil im maßgebenden Zeitraum vom 31.12.2001 bis 30.12.2006 nur für 20 Monate Pflichtbeiträge nachgewiesen seien und auch die Voraussetzungen nach § 241 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht erfüllt seien.
Im Rahmen der Ermittlungen des Senats zum früheren Gesundheitszustand der Klägerin hat der Facharzt für Neurologie Dr. Sch. als sachverständiger Zeuge mitgeteilt, die Klägerin erstmalig 1994 und nachfolgend nur sporadisch, einmalig 2001 und dann erst wieder im Jahre 2007 untersucht bzw. behandelt zu haben. Eine Befundänderung zwischen 1997 und 2007 habe er nicht festgestellt. Er selbst sei allerdings nur Neurologe, zur genaueren Abklärung der von ihm angenommenen somatisierten Depression habe er die Klägerin zum Psychiater überwiesen. Dr. S. hat als sachverständiger Zeuge angegeben, die Klägerin seit 1988 zu behandeln. Mindestens seit dem Jahr 2002 sei sie nicht mehr in der Lage, einer geregelten achtstündigen Tätigkeit mit Heben und Tragen von Lasten als Facharbeiterin nachzugehen. Seit der stationären Behandlung im Jahr 2004 habe sich am Gesundheitszustand nichts geändert. Aktuell würde er die Arbeitsfähigkeit auf vier Stunden einschätzen. Einen genauen Zeitpunkt, ab wann seiner Auffassung nach die Klägerin nicht mehr in der Lage gewesen ist, auch leichte Tätigkeiten zu verrichten, hat er auf Nachfrage des Senats nicht angeben können.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin kein Anspruch auf die - allein streitgegenständliche - Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 43 Abs. 2 SGB VI. Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Wie die Beklagte geht auch der Senat davon aus, dass die Klägerin derzeit, nach einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes, nicht mehr in der Lage ist, zumindest sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten zu verrichten. Dies steht zur Überzeugung des Senats auf Grund des Gutachtens von Dr. M. fest.
Selbst wenn dieses abgesunkene Leistungsvermögen nicht erst - so aber Dr. M. - für Juni 2007 mit der stationären Aufnahme in die F.-H.-Klinik als nachgewiesen angesehen wird, sondern - so Dr. J. - bereits für Dezember 2006, scheitert ein Rentenanspruch der Klägerin an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente.
Denn nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ist für diesen Rentenanspruch auch Voraussetzung, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat. Zu Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zählen nach § 55 Abs. 2 SGB VI auch freiwillige Beiträge, die als Pflichtbeiträge gelten (Nr. 1), oder (Nr. 2) Pflichtbeiträge, für die aus den in § 3 oder § 4 genannten Gründen Beiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten (dies betrifft insbesondere auch Pflichtbeiträge für Lohnersatzleistungen, vgl. § 3 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 3a SGB VI) oder Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat (Nr. 3).
Diese versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Denn selbst bei Annahme eines Versicherungsfalles im Dezember 2006 weist ihr Versicherungsverlauf für die davor liegenden fünf Jahre, also für die Zeit von Dezember 2001 bis November 2006 lediglich 20 Monate Pflichtbeitragszeiten wegen Leistungsbezuges bei Arbeitslosigkeit ("AFG") aus. Allerdings verlängert sich nach § 43 Abs. 4 SGB VI der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung um bestimmte Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind. Derartige Zeiten hat die Klägerin indessen nicht. Ihr Versicherungsverlauf weist für die Zeit nach Juli 2003 (dem Monat mit dem letzten Pflichtbeitrag nach dem "AFG") lediglich noch Zeiten der geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung aus, die jedoch in § 43 Abs. 4 SGB VI nicht als Verlängerungstatbestand aufgeführt sind.
Auch § 241 Abs. 2 SGB VI kommt der Klägerin nicht zugute. Danach sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit bestimmten, im Einzelnen aufgeführten Zeiten belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für Letzteres besteht kein Anhalt, auch die Klägerin trägt hierzu nichts vor, sie war vielmehr bis 1997 versicherungspflichtig beschäftigt, was die Annahme einer Erwerbsminderung nicht zulässt. Die Klägerin erfüllte auch vor dem 01.01.1984 nicht die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 SGB VI), weil ihr Versicherungsverlauf vor diesem Stichtag allein 42 Kalendermonate Pflichtbeitragszeiten (von Juli 1980 bis Dezember 1983), also weniger als fünf Jahre rentenrechtliche Zeiten ausweist.
Ein früherer Versicherungsfall, als der von der Beklagten angenommene im Dezember 2006, ist nicht nachgewiesen. Die nach den geschilderten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erforderlichen 36 Monate mit Pflichtbeiträgen sind nur im Zeitraum von Juli 2000 bis Juli 2003 erfüllt. Der Fünfjahreszeitraum darf sich daher zur Erfüllung dieser versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur bis Juni 2005 erstrecken, so dass der Versicherungsfall spätestens im Juli 2005 eingetreten sein müsste, um einen Rentenanspruch zu begründen. Dies ist nicht Fall. Denn noch im Juni 2006 ist die Klägerin in der Lage gewesen, zumindest leichte Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden auszuüben. Der Senat schließt sich dem Gutachten von Dr. G. an. Auf Grund seiner Untersuchung am 17.06.2006 sind zwar eine Dysthymia sowie Wirbelsäulenbeschwerden - gleich ob organisch bedingt durch degenerative Veränderungen oder alternativ bzw. teilweise im Rahmen einer somatoformen Schmerzstörung - gesichert. Trotz dieser psychischen Störung bzw. dieser Schmerzzustände ist die Klägerin zumindest damals noch in der Lage gewesen, leichte Tätigkeiten mit den von Dr. G. aufgeführten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Die Klägerin hat damals gegenüber dem Sachverständigen angegeben, sie stehe morgens zwischen 8 Uhr und 9 Uhr auf, wasche sich und richte sich den Kaffee. Danach erledige sie Haushaltsarbeiten, mittags koche sie und ihre Töchter würden zum Essen kommen. Nachmittags gehe sie in den Ort um verschiedene Dinge zu erledigen, z.B. Einkaufen. Sie wasche, bügle, räume auf und putze. Man treffe sich mit türkischen Freunden, die auch zu Besuch kämen oder man besuche die anderen. Nach dem Abendessen schaue sie Fernsehen, ab und zu telefoniere sie mit Freundinnen oder auch mit den Eltern. Sie besuche ihre Mutter, die im selben Ort wohne, täglich. Diese Darstellung des Tagesablaufes mit der Verrichtung von Hausarbeit widerspricht der Darstellung der Klägerin über eine erhebliche Beeinträchtigung ihres Leistungsvermögens durch Schmerzzustände. Darüber hinaus hat der gerichtliche Sachverständige beobachtet, dass die Klägerin während der eineinhalbstündigen Untersuchung keine Probleme mit dem Sitzen gehabt hat, insbesondere ihre Sitzposition nur wenig hat verändern müssen und leger, ohne Zeichen einer Schmerzgetriebenheit im Sessel gesessen ist. Wenn der Sachverständige dann auf Grund dieser Umstände und der Tatsache, dass sich die Klägerin in der gutachtlichen Situation regelrecht hat bewegen können, auch die erschwerten Koordinationsprüfungen absolviert hat, den 30 km von ihrem Wohnort entfernten Sachverständigen selbstständig mit dem Auto erreicht hat, Spaziergänge machen kann und ihren Haushaltsverpflichtungen nachkommt, zu dem Schluss gelangt, die Klägerin könne dann auch einer leichten Erwerbstätigkeit nachgehen, ist dies für den Senat überzeugend. Damit hat Dr. G. die Beurteilung der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie St. in ihrem für die Beklagten erstatteten Gutachten bestätigt.
Die Angaben des Hausarztes Dr. S. lassen keine andere Beurteilung zu. Im Zusammenhang mit der Sachaufklärung des Senats im Hinblick auf einen früheren Versicherungsfall hat er zwar angegeben, die Klägerin sei mindestens seit dem Jahr 2002 nicht mehr in der Lage, einer achtstündigen Tätigkeit mit Heben und Tragen von Lasten als Fabrikarbeiterin nachzugehen. Dies stellt indessen keine rentenrelevante Minderung des Leistungsvermögens dar, weil nach § 43 Abs. 2 SGB VI - wie dargelegt - der Maßstab eine sechsstündige Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ist, wozu gerade auch leichte Tätigkeiten gehören. Auf weitere Nachfrage des Senats im Hinblick auf das Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten hat Dr. S. keine konkreten Angaben machen können.
Dr. Sch. hat zwar mitgeteilt, er habe zwischen 1997 und 2007 (bei einmaliger Untersuchung im Jahre 2001) keine Änderungen im Gesundheitszustand festgestellt. Aus seinen Angaben kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der Gesundheitszustand der Klägerin seit 1997 bzw. 2001 mit jenem von 2007 identisch gewesen ist. Dem stehen schon die oben dargelegten Dokumentationen über die Leistungsfähigkeit der Klägerin in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie St. und in dem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten von Dr. G. entgegen. Im Übrigen hat Dr. Sch. selbst eingeräumt, angesichts seiner Qualifikation als Facharzt für Neurologie psychiatrische Erkrankungen nicht hinreichend beurteilen zu können.
Auch die dokumentierten früheren stationären Aufenthalte lassen keine der Klägerin günstigere Beurteilung zu. Aus der stationären Behandlung wegen Lumboischialgie im September 2004 in der Kreisklinik T. ist die Klägerin klinisch deutlich gebessert entlassen worden (Bericht vom 16.09.2004). Vergleichbares gilt im Hinblick auf den stationären Aufenthalt in der A.-Klinik im Jahre 2002 wegen der Schmerzzustände (Bericht vom 18.07.2002: Besserung der dysphorischen Stimmungslage und 70%ige Besserung der Beschwerden, obwohl die Klägerin eine psychologische Behandlung ablehnte). Im Bericht des Vinzenz von Paul Hospitals über eine zweitägige stationäre Behandlung im April 2005 wegen einer somatoformen Schmerzstörung ist dokumentiert, dass die Klägerin keine Medikamente einnehme und therapeutische Versuche ablehne, insbesondere eine medikamentöse Behandlung ihrer Schmerzstörung. Dies korrespondiert mit der Feststellung der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie St. in ihrem für die Beklagte erstatteten Gutachten, wonach die Klägerin die verschriebenen Medikamente nur unregelmäßig einnehme. Eine derartige mangelnde Compliance bei der medikamentösen Therapie deutet auf einen entsprechend geringeren Leidensdruck hin, sodass Zweifel bestehen, ob die damals von der Klägerin geschilderten Schmerzzustände tatsächlich im beschriebenen Ausmaß vorhanden gewesen sind. Hinzu kommt, dass die Klägerin ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlaufes gerade in dem in Rede stehenden Zeitraum, nämlich von September 2005 bis April 2007, eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung ausgeübt hat. All dies und die Angaben der Klägerin bei Dr. G. und der Nervenärztin St. u.a. über die Erledigung ihres Haushaltes lassen die Annahme einer rentenrelevanten Leistungseinschränkung vor der psychischen Dekompensation, die zur Einweisung in die F.-H.-Klinik geführt hat, nicht zu.
Im Ergebnis gelangt der Senat somit zu der Überzeugung, dass das Leistungsvermögen der Klägerin jedenfalls erst nach der Untersuchung durch Dr. G. im Juni 2006 auf ein rentenrelevantes Maß abgesunken ist. Bei einem derartigen zeitlichen Versicherungsfall liegen für die begehrte Rente jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die am 1965 geborene Klägerin ist t. Staatsangehörige und lebt seit Juni 1975 in Deutschland. Sie absolvierte keine Berufsausbildung und war von Juli 1980 bis Februar 1997, unterbrochen durch Zeiten des Mutterschutzes und der Erziehung ihrer im Oktober 1988 und Januar 1993 geborenen Kinder, versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war sie nahezu durchgehend bis Juli 2003 arbeitslos, wobei Pflichtbeiträge entrichtet wurden. Anschließend übte sie bis Oktober 2004 und von September 2005 bis April 2007 eine geringfügige, versicherungsfreie Beschäftigung aus. Zur Feststellung der versicherungsrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf die von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverläufe vom 02.07.2008 Bezug genommen.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 19.10.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.11.2004 und Widerspruchsbescheid vom 11.05.2005 ab. Dem lag das Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, Sozialmedizin St. zu Grunde, die nach Untersuchung der Klägerin am 18.11.2004 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymia und ein chronisches Lumbalsyndrom diagnostizierte, im Gutachten dokumentierte, dass die Klägerin die begonnene Schmerzmedikation nur unregelmäßig durchführte und trotz des vor¬handenen Schmerzes ihren Vier-Personen-Haushalt in vollem Umfange und ohne Hilfe versorgte. Sie hielt die Klägerin für in der Lage, leichte Arbeiten auf dem allge¬meinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (ohne Wechsel-, Nacht¬schicht, besonderen Zeitdruck, besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen, überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, Heben, Tragen, Bewegen von Lasten) sechs Stunden und mehr auszuüben. Des Weiteren hatte die Beklagte das orthopädische Gutach¬ten von Dr. C. eingeholt, der von chronischen Wirbelsäulenbeschwerden und einer somato¬formen Schmerzstörung ausging und ebenfalls eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung bejahte. Zu vermeiden seien einseitige Körper¬zwangshaltungen und langes Arbeiten in vornüber geneigter Haltung.
Das am 27.05.2005 von der Klägerin angerufene Sozialgericht Reutlingen hat zunächst die be¬handelnden Ärzte als sachverständige Zeugen vernommen. Der Nervenarzt Dr. G. hat von einer einmaligen Behandlung im April 2005 wegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung berichtet und sich zu keiner Leistungsbeurteilung in der Lage gesehen. Der Anästhesist Dr. G. hat angegeben, die Klägerin im Oktober 2004 zum Zwecke einer Optimierung der Schmerzmedikation behandelt zu haben und das von der Beklagten angenommene Leistungsver¬mögen bestätigt. Der Hausarzt Dr. S. hat zwar die von der Beklagten angenommenen Diag¬nosen bestätigt, die Klägerin jedoch nicht für in der Lage gesehen, zu arbeiten und eine Zeitrente befürwortet. Der Orthopäde Dr. G. hat über zweimalige Konsultationen im Novem¬ber 2003 und Oktober 2004 berichtet, die von der Beklagten angenommenen orthopädischen Diagnosen bestätigt und die psychiatrische Problematik im Vordergrund gesehen.
Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie psychotherapeutische Medizin und innere Medizin Dr. G. nach Untersuchung der Klä¬gerin am 17.06.2006 ein Gutachten erstattet. Dort sind u.a. Angaben der Klägerin über die Ver¬richtung von Hausarbeiten, das Einkaufen und das Treffen mit Freunden dokumentiert. Die Klä¬gerin habe während der gesamten Begutachtungsdauer von eineinhalb Stunden leger ohne Zeichen einer Schmerzgetriebenheit sitzen können und die Sitzposition nur wenig verändern müssen. Dr. G. hat auf internistischem/allgemeinmedizinischem/orthopädischem Gebiet chronische Syndrome im Bereich der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule mit mäßigen bzw. leichten Funktionseinschränkungen und auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet eine Dysthymia sowie einen dringenden Verdacht auf eine anhaltende somatoformen Schmerzstörung diagnostiziert, die Klägerin aber für in der Lage erachtet, leichte körperliche Tätigkeiten sechs Stunden und mehr auszuüben. Zu vermeiden seien dabei Tätigkeiten mit häufigem Bücken, auf Leitern, Gerüsten und mit Absturzgefahr, an gefährdenden Maschinen sowie Tätigkeiten in Nacht- und Wechselschicht sowie mit besonderer geistiger Beanspruchung. Die therapeutischen Möglichkeiten seien bei der Klägerin noch nicht ausgeschöpft. Da sie sich regelrecht habe bewegen können, auch die erschwerten Koordinationsprüfungen absolviert habe, in den ersten Stock der Praxis habe hochsteigen können, selbst die 30 km zum Gutachter habe zurücklegen können, in der Lage sei, bis zu einstündige Spaziergänge zu erledigen und ihren Haushaltspflichten nachzukommen, müsse sie auch in der Lage sein, einer leichten Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Hierauf gestützt hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17.11.2006, der Klägerin am 01.12.2006 zugestellt, abgewiesen.
Am 18.12.2006 hat die Klägerin Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt (Schriftsatz vom 23.11.2007),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17.11.2006 und den Bescheid vom 25.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01.10.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung, zumindest auf Zeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Zuge von Ermittlungen wegen einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes hat die die Klägerin behandelnde Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Sch. in ihren sachverständigen Zeugenaussagen gegenüber dem Senat angegeben, die Klägerin seit Februar 2007 ambulant zu behandeln. Wegen der von ihr festgestellten Schwere der Depression hat sie die Klägerin in die F.-H.-Klinik, Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, eingewiesen, wo die Klägerin vom 04.06.2007 bis 24.07.2007 stationär behandelt worden ist. Auf Grund dieser Behandlung ist es zu einer (vorübergehenden) Besserung des Gesundheitszustandes gekommen, die von der Klinik angeratene Nachfolgebehandlung in einer Tagesklinik ist von der Klägerin jedoch noch am ersten Tag abgebrochen worden. Die Klägerin hat sich dann erneut in der F.-H.-Klinik vom 16.10. bis 16.11.2007 zur stationären Behandlung befunden. Ein durchgreifender Erfolg hat dabei nicht erzielt werden können (Auskunft der ärztlichen Leiterin Dr. K. gegenüber dem Senat vom 05.12.2007).
Auf Veranlassung des Senats hat daraufhin der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. auf Grund einer Untersuchung der Klägerin am 18.04.2008 ein Gutachten erstattet und eine schwere neurotische Entwicklung mit Zeichen einer histrionischen Ausgestaltung und zunehmenden depressiven Symptomen im Sinne einer Dystymie bis hin zu einer derzeitigen mittelschweren bis schweren depressiven Episode diagnostiziert. Die Leistungsfähigkeit betrage nur noch ein bis zwei Stunden pro Tag, diese Leistungseinschränkung sei mit Sicherheit seit der Einweisung in die F.-H.-Klinik im Juni 2007 belegt. Eine Restleistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten über sechs bis acht Stunden sei zumindest bis zur Begutachtung durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie St. , vermutlich auch noch bis Juni 2006 anzunehmen.
Daraufhin und auf der Grundlage einer beratungsäztlichen Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin Dr. J. (die Verschlechterung des Gesundheitszustandes müsse zwischen der Begutachtung im Juni 2006 und der stationären Aufnahme in Juni 2007 eingetreten sein, ein genauer Zeitpunkt lasse sich nicht begründen, als Leistungsfall könne die zeitliche Mitte, also Dezember 2006 angenommen werden) hat die Beklagte die Auffassung vertreten, die Klägerin sei seit Dezember 2006 voll erwerbsgemindert. Allerdings scheitere der Rentenanspruch an den fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, weil im maßgebenden Zeitraum vom 31.12.2001 bis 30.12.2006 nur für 20 Monate Pflichtbeiträge nachgewiesen seien und auch die Voraussetzungen nach § 241 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht erfüllt seien.
Im Rahmen der Ermittlungen des Senats zum früheren Gesundheitszustand der Klägerin hat der Facharzt für Neurologie Dr. Sch. als sachverständiger Zeuge mitgeteilt, die Klägerin erstmalig 1994 und nachfolgend nur sporadisch, einmalig 2001 und dann erst wieder im Jahre 2007 untersucht bzw. behandelt zu haben. Eine Befundänderung zwischen 1997 und 2007 habe er nicht festgestellt. Er selbst sei allerdings nur Neurologe, zur genaueren Abklärung der von ihm angenommenen somatisierten Depression habe er die Klägerin zum Psychiater überwiesen. Dr. S. hat als sachverständiger Zeuge angegeben, die Klägerin seit 1988 zu behandeln. Mindestens seit dem Jahr 2002 sei sie nicht mehr in der Lage, einer geregelten achtstündigen Tätigkeit mit Heben und Tragen von Lasten als Facharbeiterin nachzugehen. Seit der stationären Behandlung im Jahr 2004 habe sich am Gesundheitszustand nichts geändert. Aktuell würde er die Arbeitsfähigkeit auf vier Stunden einschätzen. Einen genauen Zeitpunkt, ab wann seiner Auffassung nach die Klägerin nicht mehr in der Lage gewesen ist, auch leichte Tätigkeiten zu verrichten, hat er auf Nachfrage des Senats nicht angeben können.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin kein Anspruch auf die - allein streitgegenständliche - Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 43 Abs. 2 SGB VI. Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Wie die Beklagte geht auch der Senat davon aus, dass die Klägerin derzeit, nach einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes, nicht mehr in der Lage ist, zumindest sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten zu verrichten. Dies steht zur Überzeugung des Senats auf Grund des Gutachtens von Dr. M. fest.
Selbst wenn dieses abgesunkene Leistungsvermögen nicht erst - so aber Dr. M. - für Juni 2007 mit der stationären Aufnahme in die F.-H.-Klinik als nachgewiesen angesehen wird, sondern - so Dr. J. - bereits für Dezember 2006, scheitert ein Rentenanspruch der Klägerin an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente.
Denn nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ist für diesen Rentenanspruch auch Voraussetzung, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat. Zu Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zählen nach § 55 Abs. 2 SGB VI auch freiwillige Beiträge, die als Pflichtbeiträge gelten (Nr. 1), oder (Nr. 2) Pflichtbeiträge, für die aus den in § 3 oder § 4 genannten Gründen Beiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten (dies betrifft insbesondere auch Pflichtbeiträge für Lohnersatzleistungen, vgl. § 3 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 3a SGB VI) oder Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat (Nr. 3).
Diese versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Denn selbst bei Annahme eines Versicherungsfalles im Dezember 2006 weist ihr Versicherungsverlauf für die davor liegenden fünf Jahre, also für die Zeit von Dezember 2001 bis November 2006 lediglich 20 Monate Pflichtbeitragszeiten wegen Leistungsbezuges bei Arbeitslosigkeit ("AFG") aus. Allerdings verlängert sich nach § 43 Abs. 4 SGB VI der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung um bestimmte Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind. Derartige Zeiten hat die Klägerin indessen nicht. Ihr Versicherungsverlauf weist für die Zeit nach Juli 2003 (dem Monat mit dem letzten Pflichtbeitrag nach dem "AFG") lediglich noch Zeiten der geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung aus, die jedoch in § 43 Abs. 4 SGB VI nicht als Verlängerungstatbestand aufgeführt sind.
Auch § 241 Abs. 2 SGB VI kommt der Klägerin nicht zugute. Danach sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit bestimmten, im Einzelnen aufgeführten Zeiten belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für Letzteres besteht kein Anhalt, auch die Klägerin trägt hierzu nichts vor, sie war vielmehr bis 1997 versicherungspflichtig beschäftigt, was die Annahme einer Erwerbsminderung nicht zulässt. Die Klägerin erfüllte auch vor dem 01.01.1984 nicht die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 SGB VI), weil ihr Versicherungsverlauf vor diesem Stichtag allein 42 Kalendermonate Pflichtbeitragszeiten (von Juli 1980 bis Dezember 1983), also weniger als fünf Jahre rentenrechtliche Zeiten ausweist.
Ein früherer Versicherungsfall, als der von der Beklagten angenommene im Dezember 2006, ist nicht nachgewiesen. Die nach den geschilderten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erforderlichen 36 Monate mit Pflichtbeiträgen sind nur im Zeitraum von Juli 2000 bis Juli 2003 erfüllt. Der Fünfjahreszeitraum darf sich daher zur Erfüllung dieser versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur bis Juni 2005 erstrecken, so dass der Versicherungsfall spätestens im Juli 2005 eingetreten sein müsste, um einen Rentenanspruch zu begründen. Dies ist nicht Fall. Denn noch im Juni 2006 ist die Klägerin in der Lage gewesen, zumindest leichte Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden auszuüben. Der Senat schließt sich dem Gutachten von Dr. G. an. Auf Grund seiner Untersuchung am 17.06.2006 sind zwar eine Dysthymia sowie Wirbelsäulenbeschwerden - gleich ob organisch bedingt durch degenerative Veränderungen oder alternativ bzw. teilweise im Rahmen einer somatoformen Schmerzstörung - gesichert. Trotz dieser psychischen Störung bzw. dieser Schmerzzustände ist die Klägerin zumindest damals noch in der Lage gewesen, leichte Tätigkeiten mit den von Dr. G. aufgeführten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Die Klägerin hat damals gegenüber dem Sachverständigen angegeben, sie stehe morgens zwischen 8 Uhr und 9 Uhr auf, wasche sich und richte sich den Kaffee. Danach erledige sie Haushaltsarbeiten, mittags koche sie und ihre Töchter würden zum Essen kommen. Nachmittags gehe sie in den Ort um verschiedene Dinge zu erledigen, z.B. Einkaufen. Sie wasche, bügle, räume auf und putze. Man treffe sich mit türkischen Freunden, die auch zu Besuch kämen oder man besuche die anderen. Nach dem Abendessen schaue sie Fernsehen, ab und zu telefoniere sie mit Freundinnen oder auch mit den Eltern. Sie besuche ihre Mutter, die im selben Ort wohne, täglich. Diese Darstellung des Tagesablaufes mit der Verrichtung von Hausarbeit widerspricht der Darstellung der Klägerin über eine erhebliche Beeinträchtigung ihres Leistungsvermögens durch Schmerzzustände. Darüber hinaus hat der gerichtliche Sachverständige beobachtet, dass die Klägerin während der eineinhalbstündigen Untersuchung keine Probleme mit dem Sitzen gehabt hat, insbesondere ihre Sitzposition nur wenig hat verändern müssen und leger, ohne Zeichen einer Schmerzgetriebenheit im Sessel gesessen ist. Wenn der Sachverständige dann auf Grund dieser Umstände und der Tatsache, dass sich die Klägerin in der gutachtlichen Situation regelrecht hat bewegen können, auch die erschwerten Koordinationsprüfungen absolviert hat, den 30 km von ihrem Wohnort entfernten Sachverständigen selbstständig mit dem Auto erreicht hat, Spaziergänge machen kann und ihren Haushaltsverpflichtungen nachkommt, zu dem Schluss gelangt, die Klägerin könne dann auch einer leichten Erwerbstätigkeit nachgehen, ist dies für den Senat überzeugend. Damit hat Dr. G. die Beurteilung der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie St. in ihrem für die Beklagten erstatteten Gutachten bestätigt.
Die Angaben des Hausarztes Dr. S. lassen keine andere Beurteilung zu. Im Zusammenhang mit der Sachaufklärung des Senats im Hinblick auf einen früheren Versicherungsfall hat er zwar angegeben, die Klägerin sei mindestens seit dem Jahr 2002 nicht mehr in der Lage, einer achtstündigen Tätigkeit mit Heben und Tragen von Lasten als Fabrikarbeiterin nachzugehen. Dies stellt indessen keine rentenrelevante Minderung des Leistungsvermögens dar, weil nach § 43 Abs. 2 SGB VI - wie dargelegt - der Maßstab eine sechsstündige Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ist, wozu gerade auch leichte Tätigkeiten gehören. Auf weitere Nachfrage des Senats im Hinblick auf das Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten hat Dr. S. keine konkreten Angaben machen können.
Dr. Sch. hat zwar mitgeteilt, er habe zwischen 1997 und 2007 (bei einmaliger Untersuchung im Jahre 2001) keine Änderungen im Gesundheitszustand festgestellt. Aus seinen Angaben kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der Gesundheitszustand der Klägerin seit 1997 bzw. 2001 mit jenem von 2007 identisch gewesen ist. Dem stehen schon die oben dargelegten Dokumentationen über die Leistungsfähigkeit der Klägerin in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie St. und in dem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten von Dr. G. entgegen. Im Übrigen hat Dr. Sch. selbst eingeräumt, angesichts seiner Qualifikation als Facharzt für Neurologie psychiatrische Erkrankungen nicht hinreichend beurteilen zu können.
Auch die dokumentierten früheren stationären Aufenthalte lassen keine der Klägerin günstigere Beurteilung zu. Aus der stationären Behandlung wegen Lumboischialgie im September 2004 in der Kreisklinik T. ist die Klägerin klinisch deutlich gebessert entlassen worden (Bericht vom 16.09.2004). Vergleichbares gilt im Hinblick auf den stationären Aufenthalt in der A.-Klinik im Jahre 2002 wegen der Schmerzzustände (Bericht vom 18.07.2002: Besserung der dysphorischen Stimmungslage und 70%ige Besserung der Beschwerden, obwohl die Klägerin eine psychologische Behandlung ablehnte). Im Bericht des Vinzenz von Paul Hospitals über eine zweitägige stationäre Behandlung im April 2005 wegen einer somatoformen Schmerzstörung ist dokumentiert, dass die Klägerin keine Medikamente einnehme und therapeutische Versuche ablehne, insbesondere eine medikamentöse Behandlung ihrer Schmerzstörung. Dies korrespondiert mit der Feststellung der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie St. in ihrem für die Beklagte erstatteten Gutachten, wonach die Klägerin die verschriebenen Medikamente nur unregelmäßig einnehme. Eine derartige mangelnde Compliance bei der medikamentösen Therapie deutet auf einen entsprechend geringeren Leidensdruck hin, sodass Zweifel bestehen, ob die damals von der Klägerin geschilderten Schmerzzustände tatsächlich im beschriebenen Ausmaß vorhanden gewesen sind. Hinzu kommt, dass die Klägerin ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlaufes gerade in dem in Rede stehenden Zeitraum, nämlich von September 2005 bis April 2007, eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung ausgeübt hat. All dies und die Angaben der Klägerin bei Dr. G. und der Nervenärztin St. u.a. über die Erledigung ihres Haushaltes lassen die Annahme einer rentenrelevanten Leistungseinschränkung vor der psychischen Dekompensation, die zur Einweisung in die F.-H.-Klinik geführt hat, nicht zu.
Im Ergebnis gelangt der Senat somit zu der Überzeugung, dass das Leistungsvermögen der Klägerin jedenfalls erst nach der Untersuchung durch Dr. G. im Juni 2006 auf ein rentenrelevantes Maß abgesunken ist. Bei einem derartigen zeitlichen Versicherungsfall liegen für die begehrte Rente jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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