L 10 R 3496/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 3269/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3496/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.

Die am 1956 geborene Klägerin erlernte von 1972 bis 1975 den Beruf einer Technischen Zeichnerin und absolvierte von 1976 bis 1977 erfolgreich eine Qualifikation zur Europasekretärin. Von 1976 bis Februar 1995 war die Klägerin als Technische Zeichnerin bzw. Sekretärin beschäftigt. Hiernach war die Klägerin zeitweise arbeitslos, übte zeitweise eine versicherungspflichtige oder versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung aus und war dann von Dezember 1999 bis Mai 2001 wiederum als Bürogehilfin beschäftigt. Im Anschluss an eine hiernach kurzzeitig ausgeübte selbstständige Tätigkeit nahm sie im Januar 2002 bei den M.-Instituten S. eine Beschäftigung als Fremdsprachensekretärin im Umfang von vier Stunden täglich auf. Dieses Beschäftigungsverhältnis endete zum 31.12.2003. Seither war die Klägerin nicht mehr beruflich tätig. Hinsichtlich der rentenversicherungsrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf den von der Beklagten im Klageverfahren vorgelegten Versicherungsverlauf verwiesen.

Im Jahr 1998 wurde bei der Klägerin die Diagnose einer Multiplen Sklerose (MS) gestellt. Im Januar 2003 kam es zu einer schubweisen Verschlechterung, weshalb die Klägerin ab 20.01.2003 arbeitsunfähig war. Nach einer stationären neurologischen Behandlung im Städtischen Krankenheus S. vom 22. bis 31.01.2003 wurde die Klägerin vom 04.02. bis 11.03.2003 stationär in der Neurologischen Rehabilitationsklinik Q. in Bad W. behandelt. Im Rahmen der dort durchgeführten neuropsychologischen Untersuchungen zeigten sich Beeinträchtigungen der parallelen Informationsverarbeitung sowie der Exekutivfunktionen und eine deutliche Herabsetzung der konzentrativen Belastbarkeit. Die Entlassung der Klägerin erfolgte arbeitsunfähig. Am 28.07.2003 begann die Klägerin eine stufenweise Wiedereingliederung, die zunächst bis 15.08.2003 vorgesehen war, dann wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen jedoch bis 29.08.2003 verlängert wurde. Am 30.08.2003 bescheinigte der behandelnde Arzt Dr. Z. , dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Fremdsprachensekretärin arbeitsfähig sei.

Einen ersten, am 18.12.2002 gestellten Antrag der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Klägerin sei zwar seit 18.12.2002 voll erwerbsgemindert, jedoch seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Rente nicht erfüllt, da sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls statt 36 lediglich 32 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt habe. Den dagegen zunächst mit der Begründung eingelegten Widerspruch der Klägerin, sie habe keine Rente beantragen wollen, sondern lediglich die behördliche Feststellung begehrt, dass sie nicht mehr vollschichtig arbeiten könne, nahm sie wieder zurück.

Am 19.02.2004 beantragte die Klägerin die Überprüfung des ablehnenden Rentenbescheids und machte im Hinblick auf die seinerzeit nicht erfüllten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen geltend, ihr Arbeitgeber zahle seit August 2003 wieder Rentenversicherungsbeiträge. Sie legte u.a. das ärztliche Attest des Dr. Z. vom 26.08.2003 vor, wonach sie in ihrem Beruf als Fremdsprachensekretärin ab 30.08.2003 arbeitsfähig gewesen sei sowie die Bescheinigung des Prof. Dr. N , Chefarzt der Neurologie mit Schlaganfalleinheit im Städtischen Krankenhaus S. , vom 23.12.2003, der bestätigte, dass zum Zeitpunkt der stationären neurologischen Behandlung vom 22. bis 31.01.2003 keine Erwerbs-, sondern Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Die Beklagte behandelte diesen Antrag als neuen Rentenantrag und zog den Entlassungsbericht des Neurologischen Reha-Zentrums Q. in Bad W. über die weitere Behandlung der Klägerin vom 21.07. bis 18.08.2004 bei sowie die Auskunft der Techniker Krankenkasse über die Arbeitsunfähigkeitszeiten der Klägerin seit 1987, ferner die Stellungnahme der M.-Institute S. zu den Arbeitsunfähigkeitszeiten in den Jahren 2002 und 2003 und der Frage, ob und inwieweit von dortiger Seite im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses auf die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin Rücksicht genommen worden sei. Nach Auskunft der Verwaltungsleiterin H. sei nach Wiederaufnahme der Tätigkeit immer wieder versucht worden, auf die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin Rücksicht zu nehmen, jedoch hätten von dieser auch einfachste Arbeiten nicht zufriedenstellend ausgeführt werden können.

Mit Bescheid vom 03.12.2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, nach den getroffenen Feststellungen sei sie seit 20.01.2003 auf Dauer voll erwerbsgemindert. Ein anderer Zeitpunkt sei nicht festzustellen, da der Versuch der Wiedereingliederung erfolglos gewesen sei. In dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 20.01.1998 bis 19.01.2003 seien lediglich 33 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei erst seit dem im Zusammenhang mit einem Sturz am 23.03.2004 eingetretenen Schub der MS nicht mehr möglich. Zuvor sei sie - wie von Dr. Z. bescheinigt - ab 30.08.2003 als Fremdsprachensekretärin wieder arbeitsfähig gewesen. Denn im Rahmen der stationären Behandlung im Neurologischen Reha-Zentrum Q. sei durch die intensive Behandlung eine deutliche Besserung erreicht worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2004 wurde der Widerspruch mit der weiteren Begründung zurückgewiesen, ein späterer Leistungsfall lasse sich nicht vertreten, da ab dem 20.01.2003 nahezu durchgehend Arbeitsunfähigkeit bestanden habe und der Arbeitgeber bestätigt habe, dass während der Wiedereingliederung selbst leichteste Tätigkeiten nicht hätten erbracht werden können.

Am 01.06.2005 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und unter Wiederholung ihres Vorbringens im Widerspruchsverfahren geltend gemacht, der Versicherungsfall sei frühestens am 23.03.2004 eingetreten. Sie sei bis 31.12.2003 beschäftigt gewesen; diese Tätigkeit könne nicht als gescheiterter Arbeitsversuch gewertet werden.

Das SG hat Dr. Z. , der die Klägerin vom 23.08.2002 bis 15.10.2004 behandelt hat, sowie den Chefarzt der Neurologie mit Schlaganfalleinheit im Städtischen Krankenhaus S. , PD Dr. A. , schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. Z. hat ausgeführt, die Klägerin habe während seines Behandlungszeitraums ihre Tätigkeit als Fremdsprachensekretärin mit Einschränkungen ausüben können. Übersetzungen seien ihr uneingeschränkt möglich gewesen, ausgeschlossen gewesen sei jedoch eine Funktion, in der sie hätte reisen müssen. Allerdings sei die fachspezifische Minderung der Leistungsfähigkeit von ihm im Rahmen eines kognitiven Leistungstests nicht überprüft worden. Seine Einschätzung beruhe auf seinem subjektiven Eindruck. PD Dr. A. hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei bis einschließlich 2002 für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes als Fremdsprachensekretärin drei Stunden täglich einsetzbar gewesen; ab dem Jahr 2003 sei sie hierzu aufgrund der erheblichen neurologischen Ausfälle nicht mehr in der Lage gewesen. Das SG hat ferner eine Auskunft der M.-Institute S. eingeholt und auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten des Priv.-Doz. Dr. F. , Neurologisches Reha-Zentrum Q. , aufgrund der Untersuchungen der Klägerin vom 16. und 22.05.2006 und unter Berücksichtigung der Unterlagen der stationären Aufenthalte im Februar/März 2003 sowie Juli/August 2004 eingeholt. Dieser hat die Auffassung vertreten, dass die seitens des Neurologischen Reha-Zentrums zum Entlassungszeitpunkt erfolgte Leistungsbeurteilung mit weniger als drei Stunden täglich wahrscheinlich seit Anfang des Jahres 2003 bestanden habe. Seinerzeit seien erhebliche Einschränkungen vor allem bei den für den beruflichen Alltag relevanten Exekutivfunktionen beschrieben worden. Die Annahme eines aufgehobenen Leistungsvermögens sei durch die Darlegungen des Arbeitgebers bestätigt, der über vielfältige Probleme berichtet habe. Das SG hat im Übrigen die Akte des Arbeitsgerichts S. (30 Ca 623/04) zu dem Verfahren beigezogen und zu der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2007 geltend gemachten Mobbingsituation in ihrem letzten Beschäftigungsverhältnis deren ehemalige Kollegin H. R. sowie die Leiterin der Geschäftsstelle des M.-Instituts für Metallforschung, S. B. , als Zeugen vernommen. Mit Urteil vom 24.04.2008 hat das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, bei dem anzunehmenden Leistungsfall am 20.01.2003 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente nicht erfüllt.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 14.07.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.07.2008 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, "im maßgeblichen Zeitraum" sei sie im Wesentlichen körperlich beeinträchtigt gewesen, jedoch nicht kognitiv. Dies könne ihre Tochter bestätigen. Leichteste Tätigkeiten, wie beispielsweise die einer Telefonistin, habe sie noch verrichten können.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2005 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 03.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Sie ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zwar voll erwerbsgemindert, jedoch erfüllt sie nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer entsprechenden Erwerbsminderungsrente. Denn die Klägerin hat weder in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt noch ist jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen für den geltend gemachten Anspruch (§§ 43, 240 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung absieht und gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung verweist. Zutreffend ist das SG unter Anwendung dieser Regelungen auch davon ausgegangen, dass bei der Klägerin der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung am 20.01.2003 eingetreten ist und sie ausgehend hiervon die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Erwerbsminderungsrente nicht erfüllt. Dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente unter Zugrundelegung eines am 20.01.2003 eingetretenen Leistungsfalls nicht erfüllt sind, steht zwischen den Beteiligten im Hinblick auf die in dem maßgeblichen Zeitraum vom 20.01.1998 bis 19.01.2003 vorhandenen Lücken im Versicherungslauf (20.01. bis 31.08.1998, 01.11.1998 bis 30.11.1999), durch die lediglich 33 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt sind und auch nicht jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist, nicht im Streit. Umstritten ist ausschließlich, ob der Versicherungsfall zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt wären. Insoweit hat die Klägerin im Klageverfahren die Auffassung vertreten, der Versicherungsfall sei erst im März 2004, und zwar im Zusammenhang mit einem Sturzereignis am 22.03.2004 eingetreten. Im Berufungsverfahren hat sie insoweit geltend gemacht, in dem "maßgeblichen Zeitraum" noch in der Lage gewesen zu sein, leichteste Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne erhöhte Anforderungen an das Konzentrationsvermögen zu verrichten.

Von dem Eintritt des Versicherungsfalls zu einem Zeitpunkt nach dem 20.01.2003 vermag der Senat sich indes nicht zu überzeugen. Er ist vielmehr in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beklagten und ihr folgend des SG zu der Auffassung gelangt, dass bei der Klägerin mit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 20.01.2003 der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung eingetreten ist. Denn ab diesem Zeitpunkt konnten der Klägerin weder die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Fremdsprachensekretärin noch leichteste Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest drei Stunden täglich zugemutet werden. Dem steht weder entgegen, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit den M.-Instituten S. über diesen Zeitpunkt hinaus noch bis 31.12.2003 fortbestand und die Klägerin nach Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederung ab 30.08.2003 tatsächlich wieder Tätigkeiten verrichtete, noch dass der behandelnde Arzt Dr. Z. ab 30.08.2003 in ihrem Beruf als Fremdsprachensekretärin Arbeitsfähigkeit bescheinigte.

Die Darlegungen der Verwaltungsleiterin H. in ihrer der Beklagten erteilten Auskunft machen hinreichend deutlich, dass die Klägerin im Anschluss an die Wiedereingliederungsmaßnahme angesichts ihrer gesundheitlichen Einschränkungen weder den Anforderungen ihrer zuletzt in einem Umfang von vier Stunden täglich ausgeübten Tätigkeit als Fremdsprachensekretärin Rechnung tragen noch sonstige leichteste Arbeiten verrichten konnte. So konnten der Klägerin nach deren Ausführungen bereits im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme keinerlei Aufgaben übertragen werden, die ihrer tariflichen Eingruppierung entsprochen hätten. Vielmehr sei ihr ein Arbeitsplatz am Empfang des Gebäudes H. 3 eingerichtet worden, der nicht stark von Besuchern und Gästen frequentiert sei, wobei der Klägerin neben den typischen Aufgaben des Empfangs ausschließlich einfachste Tätigkeiten, wie Einsortieren von Nachlieferungen in eine Vorschriftensammlung, übertragen worden seien. Obwohl die genannte Aufgabe nicht mit einer Zeitvorgabe verbunden gewesen sei, habe die Klägerin die Nachlieferungen so fehlerhaft einsortiert, dass die Vorschriftensammlung nicht mehr habe genutzt und letztendlich neu habe beschafft werden müssen. Auch eine von ihr zu erstellende Liste der Direktoren und Sekretariate des Instituts, jeweils mit Namen, Telefon- und Faxnummer, E-Mail-Adresse und Zimmernummern, nach dezidierten, vorgezeichneten Vorgaben habe die Klägerin nicht erstellen können. Es habe sich gezeigt, dass der Klägerin die Anzahl der Abteilungen des Instituts nicht bekannt gewesen seien. Die schließlich von ihr vorgelegte Liste habe nicht nur im Layout, sondern auch wegen zahlreicher Schreibfehler bei den Namen, Telefonnummern und E-Mail-Adressen und den Zimmernummern mehrmals korrigiert werden müssen. Nach der Eingliederungsphase sei versucht worden der Klägerin erste einfache Übersetzungen vom Englischen ins Deutsche zu übertragen, jedoch hätten die Arbeitsergebnisse gezeigt, dass der Klägerin derartige Arbeiten nicht mehr hätten übertragen werden können. Auch der der Klägerin Ende Oktober übertragenen Aufgabe, anhand einer eingerichteten Excel-Tabelle die dortigen Eintragungen (bspw. Kostenstellen, Namen der Abteilungen und der Verantwortlichen) nach dezidierten Angaben zu überschreiben, sei die Klägerin nicht gewachsen gewesen. Insoweit seien vielfach Korrekturdurchläufe erforderlich geworden und die Tabelle habe schließlich erst Ende Dezember den Vorgaben entsprechend, abgesehen von einigen Schreibfehlern, vorgelegt werden können. Der Senat sieht keine Gründe an der Richtigkeit dieser Ausführungen sowie an den weiteren Darlegungen zu zweifeln, wonach immer wieder versucht worden sei, auf die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin Rücksicht zu nehmen. Dieses Vorbringen macht nach Überzeugung des Senats hinreichend deutlich, dass die Klägerin auch nach Abschluss der Wiedereingliederungsmaßnahme ab 30.08.2003 den Anforderungen an ihre zuletzt im Umfang von vier Stunden täglich ausgeübte Tätigkeit als Fremdsprachensekretärin nicht mehr gewachsen war und auch eine andere körperlich leichte Tätigkeit, die keine besonderen Anforderungen an die kognitive Leistungsfähigkeit stellt, von ihr nicht mehr verrichtet werden konnte. Vor dem Hintergrund des insoweit beschriebenen schwerwiegend eingeschränkten Leistungsvermögens der Klägerin und der Tatsache, dass der damalige Arbeitgeber der Klägerin versuchte, deren gesundheitlichen Einschränkungen weitest gehend Rechnung zu tragen, steht der Annahme eines am 20.01.2003 eingetretenen Leistungsfalls nicht entgegen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Anschluss an die durchgeführte Wiedereingliederungsmaßnahme ab 30.08.2003 noch bis 31.12.2003 weiterbestanden hat.

Auch PD Dr. A. hat im Rahmen seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge eine berufliche Tätigkeit der Klägerin als Fremdsprachensekretärin im Hinblick auf die ab dem Jahr 2003 vorhanden gewesenen erheblichen neurologischen Ausfälle nicht mehr für möglich erachtet. Dieser Auffassung hat sich auch der Sachverständige Priv.-Doz. Dr. F. angeschlossen, der nach Auffassung des Senats überzeugend dargelegt hat, dass bereits zum Zeitpunkt des stationären Aufenthalts im Neurologischen Reha-Zentrum Q. im März 2003 bei der Klägerin erhebliche Einschränkungen der visuellen Wahrnehmungsleistung, der Aufmerksamkeit und vor allem aber der für den beruflichen Alltag relevanten Exekutivfunktionen vorhanden gewesen seien, die sowohl der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Fremdsprachensekretärin als auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes und damit der Annahme einer beruflichen Leistungsfähigkeit entgegen gestanden hätten. Diese zum Entlassungszeitpunkt getroffene Leistungsbeurteilung wurde - so überzeugend Priv.-Doz. Dr. F. - durch die seitens des Arbeitgebers beschriebenen vielfältigen Probleme letztlich bestätigt. Denn die seitens des Arbeitgebers dargelegten Schwierigkeiten entsprechen gerade den zuvor testpsychologisch gefundenen Exekutivfunktionsstörungen und belegten, dass die zum Entlassungszeitpunkt getroffene Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin zutreffend gewesen sei.

Eine andere Beurteilung rechtfertigt auch nicht die Einschätzung des behandelnden Arztes der Klägerin Dr. Z. , der diese ausweislich seines Attestes vom 26.08.2003 in ihrem Beruf als Fremdsprachensekretärin ab 30.08.2003 für arbeitsfähig erachtet hat. Denn nach Abschluss der Wiedereingliederungsmaßnahme scheiterte schon der Versuch des seinerzeitigen Arbeitgebers, der Klägerin erste leichte Übersetzungsarbeiten vom Englischen ins Deutsche zu übertragen, so dass die Einschätzung des Dr. Z. hierdurch als widerlegt angesehen werden muss. Dr. Z. hat im Rahmen seiner dem SG erteilten Auskunft im Übrigen auch eingeräumt, dass er eine mögliche fachspezifische Minderung der Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht im Rahmen eines kognitiven Leistungstests überprüft hat, seine Beurteilung vielmehr auf seinen subjektiven Eindruck gestützt hat. Damit kann aber auch die im Rahmen der erwähnten Auskunft von Dr. Z. vertretene Auffassung, die Klägerin habe während des Behandlungszeitraums bis 15.10.2004 ihre Tätigkeit als Fremdsprachensekretärin noch ausüben können, wenn diese nicht mit Reisen verbunden gewesen sei, nicht überzeugen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass Dr. Z. die Klägerin sogar noch bis zum Ende seiner Behandlungszeit, d.h. noch bis zum 15.10.2004 für in der Lage erachtet hat, Übersetzungen bzw. fremdsprachliche Korrespondenz auszuführen, obwohl die Klägerin sich ab dem am 23.03.2004 erlittenen Sturz mit Auslösung eines MS-Schubes bereits selbst sogar für leichteste Tätigkeiten nicht mehr leistungsfähig erachtet hat.

Da nach alledem zur Überzeugung des Senats nicht festgestellt werden kann, dass der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung bei der Klägerin nicht schon zum 20.01.2003 eingetreten ist, sondern erst zu einem danach liegenden Zeitpunkt frühestens am 19.04.2003, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt waren, kann die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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