Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 595/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1087/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 16. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung sowie eines Lungenemphysems als Berufskrankheit (BK), hilfsweise als Quasi-Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sowie die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 60 v.H.
Der 1958 geborene Kläger hat nach dem Hauptschulabschluss Werkzeugmacher gelernt und war bis zum 17.5.1978 als Werkzeugmacher und von März bis Mai 1979 als Maschineneinsteller beschäftigt. Von August 1979 bis Oktober 1986 war er Lagerist. Vom 6.10.1986 bis zu seiner Arbeitsunfähigkeit ab 8.3.2002 arbeitete er bei der L. GmbH & Co. KG als Zerspanungsmechaniker. Er war im Wesentlichen in der großmechanischen Abteilung Zerspanung mit der Bearbeitung von Werkstücken aus Grauguss befasst, wo er an konventionellen Maschinen fräsen, bohren und hobeln musste. Seit 1.5.2003 bezog der Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sowie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit.
Vom 17.1. bis 14.2.2002 befand sich der Kläger zu einem Heilverfahren in der Hochgebirgsklinik D. W ... Die dortigen Ärzte diagnostizierten im Entlassungsbericht vom 21.2.2002 beim Kläger eine schwere chronische obstruktive Bronchitis mit Lungenemphysem, einen arteriellen Hypertonus sowie eine Hypercholesterinämie. Sie gelangten zum Ergebnis, als Zerspanungsmechaniker sei der Kläger unter 3 Stunden täglich einsetzbar. Leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg und ohne unspezifische Umweltreize könne der Kläger 6 Stunden und mehr verrichten. Vom 24.6.2002 bis 1.7.2002 wurde der Kläger in der Klinik Löwenstein, Zentrum für Pneumologie, Thorax- und Gefässchirurgie, stationär behandelt. Die dortigen Ärzte führten im Arztbrief vom 5.7.2002 unter Anamnese aus, seit zwei Jahren bestehe eine progrediente Belastungsdyspnoe. Bis 1997 habe ein jahrelanger Nikotinkonsum von 20 pack/year bestanden. Sie diagnostizierten ein heterogenes Lungenemphysem, eine chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD = chronic obstructive pulmonary disease) und eine arterielle Hypertonie.
Am 12.2.2003 zeigte die Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. Sch. der Beklagten den Verdacht auf eine BK Nr. 4302 an. Sie gab an, als Vorerkrankungen lägen ein Asthma seit der Kindheit sowie eine Milbenallergie vor. Die Beklagte zog Vorerkrankungsverzeichnisse der AOK Heilbronn bei, befragte den Kläger (Auskünfte vom 18.2. und 25.5.2003), holte Auskünfte bei der L. GmbH & Co. KG vom 26.3.2003 ein, die Sicherheitsdatenblätter über Schneidkühlstoffe KSS-SD 450 und KSS-SD 850 sowie über Ometa AS 200M vorlegte, sowie bei der Ärztin Dr. D. vom 8.4.2003.
Anschließend veranlasste die Beklagte eine Begehung des Arbeitsplatzes des Klägers durch ihren Präventionsdienst. In dem Bericht hierüber vom 16.5.2003 wird ausgeführt, der Kläger sei - abgesehen von der Zeit vom 1.9.1996 bis 30.9.1998, in der er in der kleinmechanischen Abteilung eingesetzt gewesen sei - in der großmechanischen Abteilung eingesetzt gewesen. Hier seien große Presswerkzeuge aus Guss (90 %), seltener aus Stahl oder Kunststoff, bearbeitet worden. Der Kläger sei durchgehend als Maschinenbediener an der manuell zu bedienenden Maschine positioniert gewesen. Die Bearbeitung sei zu 70-80 % trocken und die übrige Zeit nass unter Einsatz eines wassermischbaren Kühlschmierstoffs vorgenommen worden. Das Bohrwerk verfüge über keine Absaugung, so dass die Mitarbeiter bei der Trockenbearbeitung gegenüber Stäuben, insbesondere Gussstäuben, ausgesetzt seien. Eine Staubmaske habe der Kläger nicht getragen. In der kleinmechanischen Abteilung seien etwa 50 % der Arbeiten nass durchgeführt worden. Zum Bericht nahm der Kläger unter dem 25.5.2003 Stellung.
Unter dem 22.9.2003 berichtete der Präventionsdienst, dass die Schadstoffmessungen am Arbeitsplatz des Klägers ergeben hätten, dass im Bereich der großmechanischen Bearbeitung am Bohrwerk bei der Nassbearbeitung eine deutliche Grenzwertüberschreitung für Kühlschmierstoffdämpfe und -aerosole vorgelegen habe.
Die Beklagte beauftragte Prof. Dr. T, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Heidelberg, mit der Begutachtung des Klägers. Dieser forderte Proben der verwendeten Kühlschmierstoffe und Schleifstaub für arbeitsplatzbezogene Inhalationstests an und hielt eine radiologische Zusatzbegutachtung für erforderlich.
Die Firma L. erklärte dazu, das Bohrwerk 2, an dem der Kläger hauptsächlich tätig gewesen sei, sei nicht mehr vorhanden. Auch ein Vergleichsarbeitsplatz, Bohrwerk 4, sei kürzlich verschrottet worden. Es habe sich dort ohnehin nicht um Schleifstaub gehandelt, sondern nur um Feinabrieb, der an der Maschine angehaftet habe. Eine Bereitstellung von Material sei daher nicht mehr möglich (Gesprächsnotiz vom 25.3.2004).
Im radiologischen Zusatzgutachten vom 11.5.2004 führte Dr. Sch., Oberarzt in der Klinik Löwenstein, aus, im Vergleich zur Voruntersuchung (HR-CT vom 26.7.2002) zeige sich eine diskrete Zunahme der tubulären Bronchiektasen im rechten basalen Unterlappen, ansonsten keine signifikante Zunahme des heterogenen Lungenemphysems. Die narbigen Veränderungen in beiden Pleurakuppen und im rechten Unterlappen könnten ebenfalls eine leichte Zunahme aufzeigen. Das heterogene Lungenemphysem könnte möglicherweise durch Inhalationsnoxen, z.B. durch Zigarettenrauch, verstärkt worden sein. Als Ursache komme auch ein Alpha-1-Antitrypsinmangel in Betracht, was laborchemisch noch ausgeschlossen werden sollte. Aus radiologischer Sicht erscheine eine Schädigung des Lungenparenchyms durch anorganische Schleifstäube nahezu ausgeschlossen.
Prof. Dr. T gelangte im zusammen mit Dr. H. erstatteten Gutachten vom 21.6.2004 zum Ergebnis, beim Kläger liege ein im Oktober 2001 erstmals diagnostiziertes Lungenemphysem mit obstruktiver Ventilationsstörung vor. Im Rahmen der Ätiopathogenese des Emphysems seien die Inhalationsnoxen Tabakrauch und berufliche Luftverschmutzung wichtig. Ein Alpha-1-Antitrypsinmangel sei auszuschließen, da die entsprechenden Werte im Jahr 2002 im Normbereich gelegen hätten. Ein bedeutsamer Risikofaktor für die Entstehung eines Lungenemphysems sei das Rauchen des Klägers von 1980 bis 1997 gewesen. Aus arbeitsmedizinischer Sicht seien chronische inhalative Belastungen durch Cadmium bzw. cadmiumoxidhaltige Rauche eine bekannte Ursache für ein Lungenemphysem; solchen Belastungen sei der Kläger nicht ausgesetzt gewesen. Die aus der Arbeitsmedizin bekannten Ursachen für die Entstehung eines Lungenemphysems (Begleiterkrankung bei Silikose u. a.) seien beim Kläger nicht zu bestätigen. Bei der chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung sei zu prüfen, ob es sich hierbei um eine BK Nr. 4302 handele. Bei Grauguss handele es sich um Metallstaub, der nach arbeitsmedizinischer Erkenntnis grundsätzlich keine BK Nr. 4302 verursache. Zudem habe eine Arbeitsplatzmessung gezeigt, dass die Staubkonzentrationen unterhalb den zulässigen Grenzwerten gelegen hätten, so dass eine Gesundheitsgefährdung unwahrscheinlich sei. Die Durchführung eines arbeitsplatzbezogenen Inhalationstests sei nicht (mehr) möglich gewesen. Die Luftkonzentrationen für Kühlschmierstoffe hätten den zulässigen Grenzwert deutlich überschritten. Das Krankheitsbild des Klägers mit dem im Vordergrund stehenden Lungenemphysem sei für eine durch Kühlschmierstoffe verursachte Atemwegserkrankung eher untypisch. Die berufliche Kühlschmierstoff-Exposition des Klägers habe möglicherweise zur Verursachung der COPD beigetragen. Allerdings sei eine weiterführende Abschätzung der Gefährdung nicht möglich, so dass die Frage nach der wesentlichen Mitursächlichkeit nicht abschließend beantwortet werden könne. Hierzu wären eine langfristige Dokumentation der gesundheitlichen Beschwerden und Resultate spirometrischer Untersuchungen während der beruflichen Exposition erforderlich gewesen. Auch wäre das Ergebnis eines arbeitsplatzbezogenen Inhalationstests notwendig gewesen.
Mit Bescheid vom 12.8.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, bei ihm bestehe keine BK nach Nr. 4302 der BK-Liste. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht. Das gelte auch für Leistungen oder Maßnahmen, die geeignet seien, dem Entstehen einer BK entgegenzuwirken.
Hiergegen erhob der Kläger am 6.9.2004 Widerspruch, begehrte die Anerkennung der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung sowie des Lungenemphysems als BK und die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 60 v.H. Zur Begründung trug er vor, zu Unrecht gehe Prof. Dr. T davon aus, dass er keiner beruflichen Cadmium-Belastung ausgesetzt gewesen sei. Im Guss seien große Mengen Ruß enthalten gewesen, der aus Metalloxiden, Kohleabbrandrückständen und anderen Verbindungen bestanden habe. Außerdem habe er große Mengen Sprengstoffrückstände eingeatmet. Zu prüfen seien weitere Berufskrankheiten (BK Nrn. 1104, 4111, 4201, 4107). Eine Probeentnahme sei durchaus möglich.
Daraufhin holte die Beklagte weitere Auskünfte über den Präventionsdienst ein. In den Stellungnahmen vom 17.12.2004, 23.3.2005 und 7.9.2005 führte dieser aus, Ruß sei im Gusseisen nicht enthalten. Die Gusswerkstoffe und Werkzeugstähle, die bearbeitet worden seien, hätten kein Cadmium (BK Nr. 1104) enthalten. Hartmetalle seien in den Gusswerkstoffen nicht enthalten (BK Nr. 4107). Die Werkzeuge seien nicht mit Sprengstoffrückständen verunreinigt gewesen. Eine Exposition gegenüber Quarzfeinstaub habe nicht vorgelegen (BK Nr. 4111). Eine BK Nr. 4201 werde durch organische Materialien und Schimmelpilzsporen ausgelöst. In den Hallen, in denen der Kläger gearbeitet habe, sei die Luft nicht befeuchtet worden. Eine Gefährdung durch einen Luftbefeuchter könne somit ausgeschlossen werden. In den Kühlschmierstoffen seien ebenfalls keine Probleme durch Pilze oder Bakterienbefall aufgetreten. Bei der Tätigkeit des Klägers seien in erster Linie Späne und nur in geringem Umfang Staub angefallen. Es sei möglich, den überall vorkommenden Hallenstaub zu sammeln. Eine derartige Probe enthalte neben Staub aus der Bearbeitung auch Staub aus der gesamten Umgebung des Werkes, der über die Lüftung in die Halle gelange.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.1.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 4302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) lägen nicht vor. Trotz der sehr umfangreichen und detaillierten Ermittlungen des Präventionsdienstes könnten die Angaben des Klägers zur beruflichen Exposition nicht nachvollzogen bzw. bestätigt werden.
Hiergegen hat der Kläger am 17.2.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt hat.
Das SG hat von Amts wegen ein internistisch-pneumologisches Gutachten und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein arbeitsmedizinisch-internistisches Gutachten eingeholt.
Dr. St., Arzt für Innere Medizin sowie Lungen- und Bronchialheilkunde, hat im Gut¬achten vom 21.11.2006 ausgeführt, beim Kläger liege ein Mischbild COPD/allergisches Asthma vor, zumal laborchemisch positive Allergieantikörper gegen Haus- und Mehlstaubmilben gemes¬sen worden seien; auch finde sich eine hoch positive Hautreaktion gegenüber Haus- und Mehl¬staubmilben. Gegenüber den verschiedenen Isocyanaten fänden sich laborchemisch unauffällige Allergieantikörper, so dass eine BK Nr. 1315 nicht wahrscheinlich gemacht werden könne. Die chronisch obstruktive Bronchitis und das sekundäre Lungenemphysem könnten nicht mit hinrei-chender Wahrscheinlichkeit auf die Schleimhautirritantien am Arbeitsplatz zurückgeführt wer-den. Vielmehr liege beim Kläger eine schicksalhafte exogene Asthma-Erkrankung mit objekti-vierbarer Haus- und Mehlstaubmilbenallergie vor. Infolge häufiger Infektexazerbationen und eines langjährigen Tabakkonsums in den Jahren 1978 bis 1997 sei es zu einer chronisch obstruk-tive Bronchitis mit Ausbildung eines sekundären Lungenemphysems gekommen. Um den Einfluss der irritativ-toxischen Reizstoffe am Arbeitsplatz auf den Verlauf der schicksalhaften exogenen Asthmaerkrankung beurteilen zu können, wäre eine arbeitsplatzbezogene Provokations-untersuchung erforderlich. Wegen der schweren obstruktiven Ventilationsstörung könne diese nicht mehr durchgeführt werden. Ferner lägen keine arbeitsplatzbezogenen Lungenfunktions-prüfungen vor.
PD Dr. Sch., Arzt für Arbeitsmedizin und Innere Medizin, Komm. Leiter des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin an der Universität Gießen, gelangte in den zusammen mit Dr. Z. erstatteten Gutachten vom 12.3.2007 zum Ergebnis, beim Kläger lägen als nicht arbeitsbedingte Erkrankungen eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung und ein Lungenemphysem mit Sekundärkomplikationen (obstruktive Ventilationsstörung in Ruhe, deutliche Lungenüberblähung, leichte respiratorische Partialinsuffizienz, erhebliche Einschränkung der pulmonalen Leistungsbreite, sekundäre Verminderung der Vitalkapazität und des Atemgrenzwertes, Notwendigkeit einer antiobstruktiven Dauertherapie, anamnestisch eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilität), eine Typ I-Sensibilisierung vor allem auf Hausstaubmilben, eine arterielle Hypertonie sowie ein Zustand nach atopischer Dermatitis im Kindesalter vor. Der Kläger sei gegenüber Kühlschmierstoffen exponiert gewesen, deren Konzentration teilweise die gültigen Grenzwerte überschritten habe. Kühlschmierstoffe könnten chemisch-irritativ und toxisch wirkende Komponenten enthalten. Solche seien jedoch nicht in den Sicherheitsdatenblättern ausgewiesen. Der Kläger habe Atembeschwerden nicht nur bei Exposition gegenüber Kühlschmierstoffen angegeben, sondern auch gegenüber Gussstäuben, die nicht als chemisch-irritativ angesehen werden könnten, bei Belastung, bei Inhalation von Autoabgasen, Zigarettenrauch, Bratendunst, Parfüm. Diese Symptome sprächen für das Vorliegen einer unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität. Da die Atembeschwerden zunächst im Zusammenhang mit grippalen Infekten bzw. Bronchitiden aufgetreten seien, seien diese auf die entzündlichen Atemwegserkrankungen zurückzuführen. Lungenfunktionsanalytische Messdaten, die einen regelrechten Orts- und Zeitbezug der Beschwerden zu den chemisch-irritativen Stoffen am Arbeitsplatz belegen könnten, lägen nicht vor. Nach Aufgabe der Tätigkeit sei aus der subjektiven Sicht des Klägers keine wesentliche Änderung der Atemnotbeschwerden aufgetreten, auch keine Verbesserung. Betrachte man die Parameter der Lungenfunktion im zeitlichen Verlauf, so erkenne man, dass die meisten deutlichen Schwankungen unterlägen. Lungenfunktionsdaten vor Beginn der Tätigkeit bei der Firma L. seien nicht vorhanden. Angesichts dessen könne auch nicht aufgrund lungenfunktionsanalytischer Parameter darauf geschlossen werden, ob die obstruktive Atemwegserkrankung durch die Exposition gegenüber chemisch-irritativen oder toxischen Gefahrstoffen bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers (teil)-verursacht oder verschlimmert worden sei. Ein unspezifischer Inhalationstest mit Methacholin sei aufgrund des erhöhten Atemwegswiderstands nicht indiziert. Die Durchführung eines arbeitsplatzbezogenen Inhalationstests wäre ärztlich ebenfalls nicht indiziert. Als konkurrierende Ursachen für eine obstruktive Atemwegserkrankung lägen aus dem privaten Lebensbereich ein früherer Tabakkonsum sowie vor allem rezidivierende Bronchitiden vor. Die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK der Nr. 4302 könnten nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht werden. Auch andere Berufskrankheiten (BK Nrn. 4301, 1315, 4111, 1104) sowie eine Quasi-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII könnten nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht werden.
Mit Urteil vom 16.1.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Atemwegserkrankung des Klägers sei nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe am Arbeitsplatz verursacht worden. Das SG stütze seine Überzeugung auf die ausführlichen Gutachten von Prof. Dr. T und Dr. St ... Auch der auf Antrag und Kosten des Klägers gehörte PD Dr. Sch. stehe in weitgehender Übereinstimmung mit den Vorgutachten. Unklar sei schon, welcher Gefahrstoff am Arbeitsplatz die Erkrankung ausgelöst haben solle. Nach den umfangreichen Untersuchungen seien die Grenzwerte hinsichtlich der Staubkonzentrationen weit unterschritten. Graugussstäube seien darüber hinaus nicht als Gefahrstoff bekannt. Bezüglich der Verursachung durch das verwendete Schmiermittel sei zu beachten, dass der Kläger gegenüber Prof. Dr. T angegeben habe, er habe bei Arbeiten, bei denen dieses verwendet worden sei und die Staubbelastung an der Maschine geringer gewesen sei (ca. 20 % der Arbeitszeit), weniger Beschwerden gehabt. Im Übrigen überzeuge auch die übereinstimmende Argumentation der Gutachter, dass die Beschwerden des Klägers eher nicht als Reaktion auf einen bestimmten Stoff entstanden seien, da die geklagten Symptome bei Inhalation unterschiedlicher alltäglicher Substanzen aufträten. Gegen die berufliche Verursachung spreche auch, dass die Lungenfunktion des Klägers nach Aufgabe der Berufstätigkeit immer noch objektiv in etwa gleichem Umfang beeinträchtigt sei. Die Erkrankung sei auch nicht wie eine BK gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII anzuerkennen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 26.2.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4.3.2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, das angefochtene Urteil stütze sich auf die Gutachten von Prof. Dr. T und Dr. St ... Es seien jedoch keine hinreichenden Untersuchungen erfolgt. Insbesondere werde bemängelt, dass der am Arbeitsplatz entstandene Staub, das schimmelpilzhaltige Kühlschmiermittel und der Hartmetallabrieb nicht untersucht worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 16. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. August 2005 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2006 zu verurteilen, die bei ihm vorliegende chronisch obstruktive Atemwegserkrankung sowie das Lungenemphysem als Berufskrankheit, hilfsweise als Quasiberufskrankheit nach § 9 anzuerkennen sowie Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 60 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, der Kläger verkenne, dass ein weiteres Gutachten bei PD Dr. Sch. gemäß § 109 SGG eingeholt worden sei, der ebenfalls zum Ergebnis gelangt sei, dass eine BK Nr. 4302 der Anlage zu BKV nicht vorliege. Soweit der Kläger bemängele, es seien keine hinreichenden Ermittlungen zum Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen der in Betracht kommenden BK durchgeführt worden, verweise sie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu weiteren Darlegung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung einer BK Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV hat.
Soweit der Kläger die Anerkennung der chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung und des Lungenemphysems als Quasi- bzw. Wie-BK gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII begehrt, hätte das SG dieses Klagebegehren schon als unzulässig abweisen müssen, da eine Entscheidung der Beklagten hierüber nicht vorliegt. Entschieden hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden nämlich lediglich über das Vorliegen einer BK Nr. 4302. Unabhängig davon vermag der Senat ebenfalls nicht festzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII vorliegen würden.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BK bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wurde ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten BKen gehören nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung einer Erkrankung als BK Nr. 4302 müssen demnach folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Der Versicherte muss aufgrund seiner versicherten Tätigkeit chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ausgesetzt gewesen sein und er muss an einer obstruktiven Atemwegserkrankung leiden, die durch die versicherten Einwirkungen verursacht worden ist und den Versicherten zum Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten gezwungen haben muss.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen sowie die in der BKV bezeichnete Krankheit gehören, nachgewiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können. Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkungen und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287). Wahrscheinlichkeit ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller - wesentlichen - Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, Stand Oktober 2009 E § 9 SGB VII RdNr. 26.2). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 91). Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltend gemachten Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112). Das gleiche gilt, wenn der für die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität erforderliche wahrscheinliche Zusammenhang nicht nachweisbar ist.
Die Frage, welche Voraussetzungen zur Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung an einer BK vorliegen müssen, ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu beantworten. Als solcher sind durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnene Erkenntnisse anzunehmen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 5/05 R, SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).
Der Kläger war zwar bei seiner beruflichen Tätigkeit bei der Firma L. chemisch-irritativ bzw. toxisch wirkenden Stoffen (Kühlschmiermittel) ausgesetzt und er leidet auch an einer obstruktiven Atemwegserkrankung. Nicht feststellbar ist jedoch, dass diese durch die versicherten Einwirkungen verursacht worden ist. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der im wesentlichen übereinstimmenden Beurteilungen von Prof. Dr. T, Dr. St. und PD Dr. Sch ...
Nach arbeitsmedizinischen Erkenntnissen verursacht Grauguss, d.h. Metallstaub, keine Erkrankung i.S. der BK Nr. 4302. Darüber hinaus lag die Staubkonzentration unterhalb der zulässigen Grenzwerte, so dass für den Senat die Schlussfolgerung von Prof. Dr. T nachvollziehbar ist, dass die Verursachung der obstruktiven Atemwegserkrankung durch Grauguss unwahrscheinlich sei.
Kühlschmiermittel können zwar eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung verursachen. In den Sicherheitsdatenblättern sind jedoch keine chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Komponenten ausgewiesen. Bei Verwendung von Kühlschmiermittel hat der Kläger, anders als bei der Exposition gegenüber Gussstäuben oder Öldämpfen, keine Atemnot verspürt, wie er bei der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. T/Dr. H. angegeben hat. Da der Kläger unter Atembeschwerden bei körperlicher Belastung, Inhalation von Autoabgasen, Zigarettenrauch, Bratendunst und Parfümduft leidet, sprechen diese Symptome für das Vorliegen einer unspezifischen bronchiale Hyperreagibilität. Da die Atembeschwerden zunächst im Zusammenhang mit grippalen Infekten bzw. Bronchitiden auftraten, überzeugt die Ansicht von PD Dr. Sch./Dr. Z. den Senat, dass diese auf die entzündlichen Atemwegserkrankungen zurückzuführen waren. Dementsprechend fehlen ein regelrechter Orts- und Zeitbezug der Beschwerden zu den chemisch-irritativen Stoffen am Arbeitsplatz und diesbezügliche lungenfunktionsanalytische Messdaten. Darüber hinaus liegen auch keine Lungenfunktionsdaten aus der Zeit vor Beginn der Tätigkeit bei der Firma L. vor. Hinzu kommt, dass es nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit zu keiner wesentlichen Änderung, insbesondere zu keiner Verbesserung, der Atembeschwerden des Klägers gekommen ist. Ein arbeitsbezogener Inhalationstest ist angesichts der schweren obstruktiven Ventilationsstörung ärztlich nicht indiziert. Ferner gibt es konkurrierende Umstände aus dem privaten Lebensbereich des Klägers, die als ursächlich für die obstruktive Atemwegserkrankung in Betracht kommen, nämlich die rezidivierenden Bronchitiden und der langjährige Tabakkonsum. Angesichts dessen überzeugen den Senat die übereinstimmenden Beurteilungen von Prof. Dr. T, Dr. St. und PD Dr. Sch., dass nicht mit Wahrscheinlichkeit feststellbar ist, dass die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung des Klägers auf chemisch-irritative bzw. toxische Einwirkungen am Arbeitsplatz zurückzuführen ist.
Hinsichtlich des Lungenemphysems hat Prof. Dr. T nachvollziehbar ausgeführt, dass aus der Arbeitsmedizin bekannte Ursachen für die Entstehung eines Lungenemphysems beim Kläger nicht feststellbar seien. Mit Cadmium bzw. cadmiumoxidhaltigen Rauchen, die als ursächlich in Betracht kommen, hatte der Kläger keinen Kontakt, wie der Senat den Feststellungen des Präventionsdienstes im Bericht vom 17.12.2004 entnimmt. Außerdem würde eine Erkrankung durch Cadmium oder seine Verbindungen die BK Nr. 1104 betreffen, über die die Beklagte nicht entschieden hat.
Nach Ansicht des Senats ist der Sachverhalt auch umfassend aufgeklärt, zumal Staubmessungen erfolgt sind und darüber hinaus Grauguss nicht chemisch-irritativ wirkt. Außerdem sind die Arbeitsplätze des Klägers (Bohrwerk 2 und 4) nicht mehr vorhanden. Für einen Befall der Kühlschmiermittel mit Pilzen oder Bakterien gibt es keinen Anhalt, wie der Senat ebenfalls den Feststellungen des Präventionsdienstes vom 17.12.2004 entnimmt. Darüber hinaus würde dies die BK Nr. 4201 betreffen, und nicht die BK Nr. 4302, über die die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden entschieden hat.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung sowie eines Lungenemphysems als Berufskrankheit (BK), hilfsweise als Quasi-Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sowie die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 60 v.H.
Der 1958 geborene Kläger hat nach dem Hauptschulabschluss Werkzeugmacher gelernt und war bis zum 17.5.1978 als Werkzeugmacher und von März bis Mai 1979 als Maschineneinsteller beschäftigt. Von August 1979 bis Oktober 1986 war er Lagerist. Vom 6.10.1986 bis zu seiner Arbeitsunfähigkeit ab 8.3.2002 arbeitete er bei der L. GmbH & Co. KG als Zerspanungsmechaniker. Er war im Wesentlichen in der großmechanischen Abteilung Zerspanung mit der Bearbeitung von Werkstücken aus Grauguss befasst, wo er an konventionellen Maschinen fräsen, bohren und hobeln musste. Seit 1.5.2003 bezog der Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sowie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit.
Vom 17.1. bis 14.2.2002 befand sich der Kläger zu einem Heilverfahren in der Hochgebirgsklinik D. W ... Die dortigen Ärzte diagnostizierten im Entlassungsbericht vom 21.2.2002 beim Kläger eine schwere chronische obstruktive Bronchitis mit Lungenemphysem, einen arteriellen Hypertonus sowie eine Hypercholesterinämie. Sie gelangten zum Ergebnis, als Zerspanungsmechaniker sei der Kläger unter 3 Stunden täglich einsetzbar. Leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg und ohne unspezifische Umweltreize könne der Kläger 6 Stunden und mehr verrichten. Vom 24.6.2002 bis 1.7.2002 wurde der Kläger in der Klinik Löwenstein, Zentrum für Pneumologie, Thorax- und Gefässchirurgie, stationär behandelt. Die dortigen Ärzte führten im Arztbrief vom 5.7.2002 unter Anamnese aus, seit zwei Jahren bestehe eine progrediente Belastungsdyspnoe. Bis 1997 habe ein jahrelanger Nikotinkonsum von 20 pack/year bestanden. Sie diagnostizierten ein heterogenes Lungenemphysem, eine chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD = chronic obstructive pulmonary disease) und eine arterielle Hypertonie.
Am 12.2.2003 zeigte die Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. Sch. der Beklagten den Verdacht auf eine BK Nr. 4302 an. Sie gab an, als Vorerkrankungen lägen ein Asthma seit der Kindheit sowie eine Milbenallergie vor. Die Beklagte zog Vorerkrankungsverzeichnisse der AOK Heilbronn bei, befragte den Kläger (Auskünfte vom 18.2. und 25.5.2003), holte Auskünfte bei der L. GmbH & Co. KG vom 26.3.2003 ein, die Sicherheitsdatenblätter über Schneidkühlstoffe KSS-SD 450 und KSS-SD 850 sowie über Ometa AS 200M vorlegte, sowie bei der Ärztin Dr. D. vom 8.4.2003.
Anschließend veranlasste die Beklagte eine Begehung des Arbeitsplatzes des Klägers durch ihren Präventionsdienst. In dem Bericht hierüber vom 16.5.2003 wird ausgeführt, der Kläger sei - abgesehen von der Zeit vom 1.9.1996 bis 30.9.1998, in der er in der kleinmechanischen Abteilung eingesetzt gewesen sei - in der großmechanischen Abteilung eingesetzt gewesen. Hier seien große Presswerkzeuge aus Guss (90 %), seltener aus Stahl oder Kunststoff, bearbeitet worden. Der Kläger sei durchgehend als Maschinenbediener an der manuell zu bedienenden Maschine positioniert gewesen. Die Bearbeitung sei zu 70-80 % trocken und die übrige Zeit nass unter Einsatz eines wassermischbaren Kühlschmierstoffs vorgenommen worden. Das Bohrwerk verfüge über keine Absaugung, so dass die Mitarbeiter bei der Trockenbearbeitung gegenüber Stäuben, insbesondere Gussstäuben, ausgesetzt seien. Eine Staubmaske habe der Kläger nicht getragen. In der kleinmechanischen Abteilung seien etwa 50 % der Arbeiten nass durchgeführt worden. Zum Bericht nahm der Kläger unter dem 25.5.2003 Stellung.
Unter dem 22.9.2003 berichtete der Präventionsdienst, dass die Schadstoffmessungen am Arbeitsplatz des Klägers ergeben hätten, dass im Bereich der großmechanischen Bearbeitung am Bohrwerk bei der Nassbearbeitung eine deutliche Grenzwertüberschreitung für Kühlschmierstoffdämpfe und -aerosole vorgelegen habe.
Die Beklagte beauftragte Prof. Dr. T, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Heidelberg, mit der Begutachtung des Klägers. Dieser forderte Proben der verwendeten Kühlschmierstoffe und Schleifstaub für arbeitsplatzbezogene Inhalationstests an und hielt eine radiologische Zusatzbegutachtung für erforderlich.
Die Firma L. erklärte dazu, das Bohrwerk 2, an dem der Kläger hauptsächlich tätig gewesen sei, sei nicht mehr vorhanden. Auch ein Vergleichsarbeitsplatz, Bohrwerk 4, sei kürzlich verschrottet worden. Es habe sich dort ohnehin nicht um Schleifstaub gehandelt, sondern nur um Feinabrieb, der an der Maschine angehaftet habe. Eine Bereitstellung von Material sei daher nicht mehr möglich (Gesprächsnotiz vom 25.3.2004).
Im radiologischen Zusatzgutachten vom 11.5.2004 führte Dr. Sch., Oberarzt in der Klinik Löwenstein, aus, im Vergleich zur Voruntersuchung (HR-CT vom 26.7.2002) zeige sich eine diskrete Zunahme der tubulären Bronchiektasen im rechten basalen Unterlappen, ansonsten keine signifikante Zunahme des heterogenen Lungenemphysems. Die narbigen Veränderungen in beiden Pleurakuppen und im rechten Unterlappen könnten ebenfalls eine leichte Zunahme aufzeigen. Das heterogene Lungenemphysem könnte möglicherweise durch Inhalationsnoxen, z.B. durch Zigarettenrauch, verstärkt worden sein. Als Ursache komme auch ein Alpha-1-Antitrypsinmangel in Betracht, was laborchemisch noch ausgeschlossen werden sollte. Aus radiologischer Sicht erscheine eine Schädigung des Lungenparenchyms durch anorganische Schleifstäube nahezu ausgeschlossen.
Prof. Dr. T gelangte im zusammen mit Dr. H. erstatteten Gutachten vom 21.6.2004 zum Ergebnis, beim Kläger liege ein im Oktober 2001 erstmals diagnostiziertes Lungenemphysem mit obstruktiver Ventilationsstörung vor. Im Rahmen der Ätiopathogenese des Emphysems seien die Inhalationsnoxen Tabakrauch und berufliche Luftverschmutzung wichtig. Ein Alpha-1-Antitrypsinmangel sei auszuschließen, da die entsprechenden Werte im Jahr 2002 im Normbereich gelegen hätten. Ein bedeutsamer Risikofaktor für die Entstehung eines Lungenemphysems sei das Rauchen des Klägers von 1980 bis 1997 gewesen. Aus arbeitsmedizinischer Sicht seien chronische inhalative Belastungen durch Cadmium bzw. cadmiumoxidhaltige Rauche eine bekannte Ursache für ein Lungenemphysem; solchen Belastungen sei der Kläger nicht ausgesetzt gewesen. Die aus der Arbeitsmedizin bekannten Ursachen für die Entstehung eines Lungenemphysems (Begleiterkrankung bei Silikose u. a.) seien beim Kläger nicht zu bestätigen. Bei der chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung sei zu prüfen, ob es sich hierbei um eine BK Nr. 4302 handele. Bei Grauguss handele es sich um Metallstaub, der nach arbeitsmedizinischer Erkenntnis grundsätzlich keine BK Nr. 4302 verursache. Zudem habe eine Arbeitsplatzmessung gezeigt, dass die Staubkonzentrationen unterhalb den zulässigen Grenzwerten gelegen hätten, so dass eine Gesundheitsgefährdung unwahrscheinlich sei. Die Durchführung eines arbeitsplatzbezogenen Inhalationstests sei nicht (mehr) möglich gewesen. Die Luftkonzentrationen für Kühlschmierstoffe hätten den zulässigen Grenzwert deutlich überschritten. Das Krankheitsbild des Klägers mit dem im Vordergrund stehenden Lungenemphysem sei für eine durch Kühlschmierstoffe verursachte Atemwegserkrankung eher untypisch. Die berufliche Kühlschmierstoff-Exposition des Klägers habe möglicherweise zur Verursachung der COPD beigetragen. Allerdings sei eine weiterführende Abschätzung der Gefährdung nicht möglich, so dass die Frage nach der wesentlichen Mitursächlichkeit nicht abschließend beantwortet werden könne. Hierzu wären eine langfristige Dokumentation der gesundheitlichen Beschwerden und Resultate spirometrischer Untersuchungen während der beruflichen Exposition erforderlich gewesen. Auch wäre das Ergebnis eines arbeitsplatzbezogenen Inhalationstests notwendig gewesen.
Mit Bescheid vom 12.8.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, bei ihm bestehe keine BK nach Nr. 4302 der BK-Liste. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht. Das gelte auch für Leistungen oder Maßnahmen, die geeignet seien, dem Entstehen einer BK entgegenzuwirken.
Hiergegen erhob der Kläger am 6.9.2004 Widerspruch, begehrte die Anerkennung der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung sowie des Lungenemphysems als BK und die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 60 v.H. Zur Begründung trug er vor, zu Unrecht gehe Prof. Dr. T davon aus, dass er keiner beruflichen Cadmium-Belastung ausgesetzt gewesen sei. Im Guss seien große Mengen Ruß enthalten gewesen, der aus Metalloxiden, Kohleabbrandrückständen und anderen Verbindungen bestanden habe. Außerdem habe er große Mengen Sprengstoffrückstände eingeatmet. Zu prüfen seien weitere Berufskrankheiten (BK Nrn. 1104, 4111, 4201, 4107). Eine Probeentnahme sei durchaus möglich.
Daraufhin holte die Beklagte weitere Auskünfte über den Präventionsdienst ein. In den Stellungnahmen vom 17.12.2004, 23.3.2005 und 7.9.2005 führte dieser aus, Ruß sei im Gusseisen nicht enthalten. Die Gusswerkstoffe und Werkzeugstähle, die bearbeitet worden seien, hätten kein Cadmium (BK Nr. 1104) enthalten. Hartmetalle seien in den Gusswerkstoffen nicht enthalten (BK Nr. 4107). Die Werkzeuge seien nicht mit Sprengstoffrückständen verunreinigt gewesen. Eine Exposition gegenüber Quarzfeinstaub habe nicht vorgelegen (BK Nr. 4111). Eine BK Nr. 4201 werde durch organische Materialien und Schimmelpilzsporen ausgelöst. In den Hallen, in denen der Kläger gearbeitet habe, sei die Luft nicht befeuchtet worden. Eine Gefährdung durch einen Luftbefeuchter könne somit ausgeschlossen werden. In den Kühlschmierstoffen seien ebenfalls keine Probleme durch Pilze oder Bakterienbefall aufgetreten. Bei der Tätigkeit des Klägers seien in erster Linie Späne und nur in geringem Umfang Staub angefallen. Es sei möglich, den überall vorkommenden Hallenstaub zu sammeln. Eine derartige Probe enthalte neben Staub aus der Bearbeitung auch Staub aus der gesamten Umgebung des Werkes, der über die Lüftung in die Halle gelange.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.1.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 4302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) lägen nicht vor. Trotz der sehr umfangreichen und detaillierten Ermittlungen des Präventionsdienstes könnten die Angaben des Klägers zur beruflichen Exposition nicht nachvollzogen bzw. bestätigt werden.
Hiergegen hat der Kläger am 17.2.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt hat.
Das SG hat von Amts wegen ein internistisch-pneumologisches Gutachten und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein arbeitsmedizinisch-internistisches Gutachten eingeholt.
Dr. St., Arzt für Innere Medizin sowie Lungen- und Bronchialheilkunde, hat im Gut¬achten vom 21.11.2006 ausgeführt, beim Kläger liege ein Mischbild COPD/allergisches Asthma vor, zumal laborchemisch positive Allergieantikörper gegen Haus- und Mehlstaubmilben gemes¬sen worden seien; auch finde sich eine hoch positive Hautreaktion gegenüber Haus- und Mehl¬staubmilben. Gegenüber den verschiedenen Isocyanaten fänden sich laborchemisch unauffällige Allergieantikörper, so dass eine BK Nr. 1315 nicht wahrscheinlich gemacht werden könne. Die chronisch obstruktive Bronchitis und das sekundäre Lungenemphysem könnten nicht mit hinrei-chender Wahrscheinlichkeit auf die Schleimhautirritantien am Arbeitsplatz zurückgeführt wer-den. Vielmehr liege beim Kläger eine schicksalhafte exogene Asthma-Erkrankung mit objekti-vierbarer Haus- und Mehlstaubmilbenallergie vor. Infolge häufiger Infektexazerbationen und eines langjährigen Tabakkonsums in den Jahren 1978 bis 1997 sei es zu einer chronisch obstruk-tive Bronchitis mit Ausbildung eines sekundären Lungenemphysems gekommen. Um den Einfluss der irritativ-toxischen Reizstoffe am Arbeitsplatz auf den Verlauf der schicksalhaften exogenen Asthmaerkrankung beurteilen zu können, wäre eine arbeitsplatzbezogene Provokations-untersuchung erforderlich. Wegen der schweren obstruktiven Ventilationsstörung könne diese nicht mehr durchgeführt werden. Ferner lägen keine arbeitsplatzbezogenen Lungenfunktions-prüfungen vor.
PD Dr. Sch., Arzt für Arbeitsmedizin und Innere Medizin, Komm. Leiter des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin an der Universität Gießen, gelangte in den zusammen mit Dr. Z. erstatteten Gutachten vom 12.3.2007 zum Ergebnis, beim Kläger lägen als nicht arbeitsbedingte Erkrankungen eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung und ein Lungenemphysem mit Sekundärkomplikationen (obstruktive Ventilationsstörung in Ruhe, deutliche Lungenüberblähung, leichte respiratorische Partialinsuffizienz, erhebliche Einschränkung der pulmonalen Leistungsbreite, sekundäre Verminderung der Vitalkapazität und des Atemgrenzwertes, Notwendigkeit einer antiobstruktiven Dauertherapie, anamnestisch eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilität), eine Typ I-Sensibilisierung vor allem auf Hausstaubmilben, eine arterielle Hypertonie sowie ein Zustand nach atopischer Dermatitis im Kindesalter vor. Der Kläger sei gegenüber Kühlschmierstoffen exponiert gewesen, deren Konzentration teilweise die gültigen Grenzwerte überschritten habe. Kühlschmierstoffe könnten chemisch-irritativ und toxisch wirkende Komponenten enthalten. Solche seien jedoch nicht in den Sicherheitsdatenblättern ausgewiesen. Der Kläger habe Atembeschwerden nicht nur bei Exposition gegenüber Kühlschmierstoffen angegeben, sondern auch gegenüber Gussstäuben, die nicht als chemisch-irritativ angesehen werden könnten, bei Belastung, bei Inhalation von Autoabgasen, Zigarettenrauch, Bratendunst, Parfüm. Diese Symptome sprächen für das Vorliegen einer unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität. Da die Atembeschwerden zunächst im Zusammenhang mit grippalen Infekten bzw. Bronchitiden aufgetreten seien, seien diese auf die entzündlichen Atemwegserkrankungen zurückzuführen. Lungenfunktionsanalytische Messdaten, die einen regelrechten Orts- und Zeitbezug der Beschwerden zu den chemisch-irritativen Stoffen am Arbeitsplatz belegen könnten, lägen nicht vor. Nach Aufgabe der Tätigkeit sei aus der subjektiven Sicht des Klägers keine wesentliche Änderung der Atemnotbeschwerden aufgetreten, auch keine Verbesserung. Betrachte man die Parameter der Lungenfunktion im zeitlichen Verlauf, so erkenne man, dass die meisten deutlichen Schwankungen unterlägen. Lungenfunktionsdaten vor Beginn der Tätigkeit bei der Firma L. seien nicht vorhanden. Angesichts dessen könne auch nicht aufgrund lungenfunktionsanalytischer Parameter darauf geschlossen werden, ob die obstruktive Atemwegserkrankung durch die Exposition gegenüber chemisch-irritativen oder toxischen Gefahrstoffen bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers (teil)-verursacht oder verschlimmert worden sei. Ein unspezifischer Inhalationstest mit Methacholin sei aufgrund des erhöhten Atemwegswiderstands nicht indiziert. Die Durchführung eines arbeitsplatzbezogenen Inhalationstests wäre ärztlich ebenfalls nicht indiziert. Als konkurrierende Ursachen für eine obstruktive Atemwegserkrankung lägen aus dem privaten Lebensbereich ein früherer Tabakkonsum sowie vor allem rezidivierende Bronchitiden vor. Die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK der Nr. 4302 könnten nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht werden. Auch andere Berufskrankheiten (BK Nrn. 4301, 1315, 4111, 1104) sowie eine Quasi-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII könnten nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht werden.
Mit Urteil vom 16.1.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Atemwegserkrankung des Klägers sei nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe am Arbeitsplatz verursacht worden. Das SG stütze seine Überzeugung auf die ausführlichen Gutachten von Prof. Dr. T und Dr. St ... Auch der auf Antrag und Kosten des Klägers gehörte PD Dr. Sch. stehe in weitgehender Übereinstimmung mit den Vorgutachten. Unklar sei schon, welcher Gefahrstoff am Arbeitsplatz die Erkrankung ausgelöst haben solle. Nach den umfangreichen Untersuchungen seien die Grenzwerte hinsichtlich der Staubkonzentrationen weit unterschritten. Graugussstäube seien darüber hinaus nicht als Gefahrstoff bekannt. Bezüglich der Verursachung durch das verwendete Schmiermittel sei zu beachten, dass der Kläger gegenüber Prof. Dr. T angegeben habe, er habe bei Arbeiten, bei denen dieses verwendet worden sei und die Staubbelastung an der Maschine geringer gewesen sei (ca. 20 % der Arbeitszeit), weniger Beschwerden gehabt. Im Übrigen überzeuge auch die übereinstimmende Argumentation der Gutachter, dass die Beschwerden des Klägers eher nicht als Reaktion auf einen bestimmten Stoff entstanden seien, da die geklagten Symptome bei Inhalation unterschiedlicher alltäglicher Substanzen aufträten. Gegen die berufliche Verursachung spreche auch, dass die Lungenfunktion des Klägers nach Aufgabe der Berufstätigkeit immer noch objektiv in etwa gleichem Umfang beeinträchtigt sei. Die Erkrankung sei auch nicht wie eine BK gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII anzuerkennen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 26.2.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4.3.2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, das angefochtene Urteil stütze sich auf die Gutachten von Prof. Dr. T und Dr. St ... Es seien jedoch keine hinreichenden Untersuchungen erfolgt. Insbesondere werde bemängelt, dass der am Arbeitsplatz entstandene Staub, das schimmelpilzhaltige Kühlschmiermittel und der Hartmetallabrieb nicht untersucht worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 16. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. August 2005 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2006 zu verurteilen, die bei ihm vorliegende chronisch obstruktive Atemwegserkrankung sowie das Lungenemphysem als Berufskrankheit, hilfsweise als Quasiberufskrankheit nach § 9 anzuerkennen sowie Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 60 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, der Kläger verkenne, dass ein weiteres Gutachten bei PD Dr. Sch. gemäß § 109 SGG eingeholt worden sei, der ebenfalls zum Ergebnis gelangt sei, dass eine BK Nr. 4302 der Anlage zu BKV nicht vorliege. Soweit der Kläger bemängele, es seien keine hinreichenden Ermittlungen zum Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen der in Betracht kommenden BK durchgeführt worden, verweise sie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu weiteren Darlegung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung einer BK Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV hat.
Soweit der Kläger die Anerkennung der chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung und des Lungenemphysems als Quasi- bzw. Wie-BK gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII begehrt, hätte das SG dieses Klagebegehren schon als unzulässig abweisen müssen, da eine Entscheidung der Beklagten hierüber nicht vorliegt. Entschieden hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden nämlich lediglich über das Vorliegen einer BK Nr. 4302. Unabhängig davon vermag der Senat ebenfalls nicht festzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII vorliegen würden.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BK bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wurde ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten BKen gehören nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung einer Erkrankung als BK Nr. 4302 müssen demnach folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Der Versicherte muss aufgrund seiner versicherten Tätigkeit chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ausgesetzt gewesen sein und er muss an einer obstruktiven Atemwegserkrankung leiden, die durch die versicherten Einwirkungen verursacht worden ist und den Versicherten zum Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten gezwungen haben muss.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen sowie die in der BKV bezeichnete Krankheit gehören, nachgewiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können. Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkungen und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287). Wahrscheinlichkeit ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller - wesentlichen - Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, Stand Oktober 2009 E § 9 SGB VII RdNr. 26.2). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 91). Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltend gemachten Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112). Das gleiche gilt, wenn der für die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität erforderliche wahrscheinliche Zusammenhang nicht nachweisbar ist.
Die Frage, welche Voraussetzungen zur Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung an einer BK vorliegen müssen, ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu beantworten. Als solcher sind durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnene Erkenntnisse anzunehmen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 5/05 R, SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).
Der Kläger war zwar bei seiner beruflichen Tätigkeit bei der Firma L. chemisch-irritativ bzw. toxisch wirkenden Stoffen (Kühlschmiermittel) ausgesetzt und er leidet auch an einer obstruktiven Atemwegserkrankung. Nicht feststellbar ist jedoch, dass diese durch die versicherten Einwirkungen verursacht worden ist. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der im wesentlichen übereinstimmenden Beurteilungen von Prof. Dr. T, Dr. St. und PD Dr. Sch ...
Nach arbeitsmedizinischen Erkenntnissen verursacht Grauguss, d.h. Metallstaub, keine Erkrankung i.S. der BK Nr. 4302. Darüber hinaus lag die Staubkonzentration unterhalb der zulässigen Grenzwerte, so dass für den Senat die Schlussfolgerung von Prof. Dr. T nachvollziehbar ist, dass die Verursachung der obstruktiven Atemwegserkrankung durch Grauguss unwahrscheinlich sei.
Kühlschmiermittel können zwar eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung verursachen. In den Sicherheitsdatenblättern sind jedoch keine chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Komponenten ausgewiesen. Bei Verwendung von Kühlschmiermittel hat der Kläger, anders als bei der Exposition gegenüber Gussstäuben oder Öldämpfen, keine Atemnot verspürt, wie er bei der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. T/Dr. H. angegeben hat. Da der Kläger unter Atembeschwerden bei körperlicher Belastung, Inhalation von Autoabgasen, Zigarettenrauch, Bratendunst und Parfümduft leidet, sprechen diese Symptome für das Vorliegen einer unspezifischen bronchiale Hyperreagibilität. Da die Atembeschwerden zunächst im Zusammenhang mit grippalen Infekten bzw. Bronchitiden auftraten, überzeugt die Ansicht von PD Dr. Sch./Dr. Z. den Senat, dass diese auf die entzündlichen Atemwegserkrankungen zurückzuführen waren. Dementsprechend fehlen ein regelrechter Orts- und Zeitbezug der Beschwerden zu den chemisch-irritativen Stoffen am Arbeitsplatz und diesbezügliche lungenfunktionsanalytische Messdaten. Darüber hinaus liegen auch keine Lungenfunktionsdaten aus der Zeit vor Beginn der Tätigkeit bei der Firma L. vor. Hinzu kommt, dass es nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit zu keiner wesentlichen Änderung, insbesondere zu keiner Verbesserung, der Atembeschwerden des Klägers gekommen ist. Ein arbeitsbezogener Inhalationstest ist angesichts der schweren obstruktiven Ventilationsstörung ärztlich nicht indiziert. Ferner gibt es konkurrierende Umstände aus dem privaten Lebensbereich des Klägers, die als ursächlich für die obstruktive Atemwegserkrankung in Betracht kommen, nämlich die rezidivierenden Bronchitiden und der langjährige Tabakkonsum. Angesichts dessen überzeugen den Senat die übereinstimmenden Beurteilungen von Prof. Dr. T, Dr. St. und PD Dr. Sch., dass nicht mit Wahrscheinlichkeit feststellbar ist, dass die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung des Klägers auf chemisch-irritative bzw. toxische Einwirkungen am Arbeitsplatz zurückzuführen ist.
Hinsichtlich des Lungenemphysems hat Prof. Dr. T nachvollziehbar ausgeführt, dass aus der Arbeitsmedizin bekannte Ursachen für die Entstehung eines Lungenemphysems beim Kläger nicht feststellbar seien. Mit Cadmium bzw. cadmiumoxidhaltigen Rauchen, die als ursächlich in Betracht kommen, hatte der Kläger keinen Kontakt, wie der Senat den Feststellungen des Präventionsdienstes im Bericht vom 17.12.2004 entnimmt. Außerdem würde eine Erkrankung durch Cadmium oder seine Verbindungen die BK Nr. 1104 betreffen, über die die Beklagte nicht entschieden hat.
Nach Ansicht des Senats ist der Sachverhalt auch umfassend aufgeklärt, zumal Staubmessungen erfolgt sind und darüber hinaus Grauguss nicht chemisch-irritativ wirkt. Außerdem sind die Arbeitsplätze des Klägers (Bohrwerk 2 und 4) nicht mehr vorhanden. Für einen Befall der Kühlschmiermittel mit Pilzen oder Bakterien gibt es keinen Anhalt, wie der Senat ebenfalls den Feststellungen des Präventionsdienstes vom 17.12.2004 entnimmt. Darüber hinaus würde dies die BK Nr. 4201 betreffen, und nicht die BK Nr. 4302, über die die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden entschieden hat.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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