Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 3996/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 716/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Die Klägerin stellte über ihren Bevollmächtigten erstmals am 14.06.2006 einen Antrag auf Feststellung der Behinderung gemäß § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und fügte ihm verschiedene Arztberichte bei. Gleichzeitig erklärte sich die Klägerin im Antrag damit einverstanden, dass das Versorgungsamt die erforderlichen Auskünfte und Unterlagen von allen angegebenen Ärzten, Psychologen, Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, gesetzlichen und privaten Kranken-, Renten-, Unfall- und Pflegeversicherungsträgern einschließlich der medizinischen Dienste, Behörden und sonstigen Einrichtungen beizieht, auch soweit diese von anderen Ärzten oder Stellen erstellt worden sind. Der Beklagte holte den Befundbericht der die Klägerin behandelnden Diplompsychologin Sch.-R. vom 21.07.2006 ein.
Mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.08.2006 wurden sämtliche Arztberichte ausgewertet. Danach wurden folgende Funktionsbeeinträchtigungen angenommen:
Posttraumatische Belastungsstörung, Depression GdB 50, hypotone Dysregulation nach Herzmuskelerkrankung GdB 20, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule GdB 10.
Der Gesamt-Grad der Behinderung (Gesamt-GdB) wurde mit 60 beurteilt.
Mit Bescheid vom 22.08.2006 stellte der Beklagte den GdB mit 60 seit 01.03.2000 fest, womit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises erfüllt seien. Der Bescheid wurde am 23.08.2006 an den Bevollmächtigten abgeschickt. Der Bevollmächtigte der Klägerin legte mit Fax vom 05.10.2006 hiergegen Widerspruch ein und kündigte die Abgabe einer Begründung an. Am 30.10.2006 übersandte der Beklagte, nachdem beim privaten Zustelldienst das Zugangsdatum 05.09.2006 für den Bescheid vom 22.08.2006 ermittelt worden war, dem Bevollmächtigten der Klägerin die Akten zur Einsichtnahme und bat ihn, den Widerspruch innerhalb vier Wochen nach Einsichtnahme in die Akten zu begründen. Eine Widerspruchsbegründung erfolgte jedoch trotz Erinnerung des Beklagten gemäß Schreiben vom 08.01.2007 nicht. Mit Schreiben vom 27.02.2007 bat der Bevollmächtigte der Klägerin um Fristverlängerung bis 31.03.2007. Mit Schreiben vom 25.04.2007 erinnerte der Beklagte erneut an die Einreichung der Widerspruchsbegründung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2007 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Überprüfung habe ergeben, dass der angefochtene Bescheid keinen Anlass zu Beanstandungen gebe. Er sei unter Berücksichtigung aller Aktenunterlagen und unter Beachtung der geltenden Vorschriften ergangen. Da der angefochtene Bescheid somit der Sach- und Rechtslage entspreche, sei der Widerspruch zurückzuweisen.
Dagegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin am 23.07.2007 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) und stellte den Antrag, den Beklagten zu verurteilen, bei der Klägerin einen GdB von wenigstens 50% anzuerkennen; die Klagebegründung werde bis Ende September 2007 eingereicht.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 11.09.2007 wurde der Bevollmächtigte der Klägerin an die Vorlage einer Prozessvollmacht sowie der Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht erinnert und um Vorlage der Klagebegründung gebeten. Mit gerichtlichem Schreiben vom 21.12.2007 wies das SG darauf hin, dass beabsichtigt sei, die bislang ohne Begründung gebliebene Klage abzuweisen, weil nach Aktenlage keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorlägen und Ermittlungen ins Blaue hinein nicht angezeigt seien. Hierzu wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin eine Frist gesetzt bis zum 25.01.2008.
Am 28.01.2008 ging beim SG ein Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin ein, mit dem er um Fristverlängerung bis 15.02.2008 bat. Eine Begründung hierfür wurde nicht gegeben.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.01.2008 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die Klage sei unzulässig, da der Klägerin die Klagebefugnis fehle. Die Klägerin behaupte nicht, durch den angefochtenen Bescheid beschwert zu sein. Die Klägerin wende sich ausweislich des Antrages in der Klageschrift ausschließlich gegen die Höhe des GdB. Die Ablehnung von Merkzeichen greife sie nicht an. Insoweit habe das Gericht auch keine Prüfungskompetenz. Hinsichtlich der GdB-Höhe ergebe sich für die Kammer schon aus der Antragstellung, dass die Klägerin nicht beschwert sei. Denn in dem angefochtenen Verwaltungsakt sei bereits ein höherer GdB festgestellt als von der Klägerin als Mindest-GdB beantragt. Der festgestellte GdB von 60 liege im Rahmen des von der Klägerin begehrten GdB von "mindestens 50". Dem ohne Begründung vorgebrachten Fristverlängerungsantrag des Bevollmächtigten der Klägerin vom 28.01.2008 habe nach Ablauf von mehr als vierzehneinhalb Monaten seit Einlegung des Widerspruchs, in denen eine Begründung auch nicht ansatzweise vorgelegt worden sei, nicht mehr entsprochen werden können.
Gegen den - dem Bevollmächtigten der Klägerin am 01.02.2008 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte am 13.02.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt der Bevollmächtigte der Klägerin vor, das SG habe ein vermeintlich verspätetes Vorbringen kreiert, was es in der sozialgerichtlichen Prozessordnung nicht gebe. Der Klagantrag sei offensichtlich unrichtig im Verhältnis zum Bescheid gewesen und könne so wohl nicht gemeint sein. Es bestehe nicht nur eine Berechtigung, sondern es bestehe sogar eine Verpflichtung der Gerichte, richterliche Hinweise im Rahmen des § 139 ZPO vorzunehmen. Es sei gerichtsseitig üblich, gerade auch am SG Freiburg, entsprechende Hinweise zu tätigen, wenn offensichtliche Widersprüchlichkeiten gegeben seien. Das habe das SG hier nicht getan im Sinne der Rechtsordnung, was einen Verstoß gegen Grundsätze des "Fair Trail" darstelle. Insoweit liege auch eine Verletzung rechtlichen Gehörs vor, als die tatsächliche Rechtsauffassung des Gerichts im Schreiben vom 21.12.2007 nicht geäußert werde. Es sei auch nicht geäußert worden, bis wann mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid spätestens zu rechnen wäre. Für den Antrag auf Fristverlängerung habe er keine Begründung abzugeben brauchen, denn in der heutigen Zeit verstünden sich solche Fristverlängerungsanträge natürlich immer vor dem Hintergrund entsprechender Arbeitsbelastung. Der Klägervertreter beruft sich auch darauf, dass seines Erachtens bei unklaren oder unsinnig gestellten Anträgen eine Aufklärungspflicht des entsprechenden Vorsitzenden bestehe.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 22. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von wenigstens 70 festzustellen (und einen Grad der Behinderung von wenigstens 50) ab März 2000 anzuerkennen; außerdem werde beantragt, das Verfahren nach § 159 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGG an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Erörterungstermin vom 12.09.2008, zu dem die Klägerin nicht erschien, erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin, es gehe der Klägerin um einen GdB, der höher als 60 sei. Der Klägerin wurde aufgegeben, Angaben über ärztliche Behandlungen und Untersuchungen seit 01.07.2007 zu machen und das entsprechende Formular bis Ende September 2008 zurückzugeben. Dem kam die Klägerin nach.
Zur Berufungsbegründung trug der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 30.10.2008 ergänzend vor, insgesamt betrachtet seien die GdB-Festsetzungen, wie sie sich verwaltungsintern auf Bl. 96 der Beklagtenakte ergäben, als zu niedrig anzusehen. Ausgehend davon, dass die Anorexie eine schwere Zwangskrankheit sei, handele es sich um eine schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, die aufgrund der Gesamtsituation eher bei 70% anzusiedeln sein müsste mit einem entsprechenden Teil-GdB. Die parallel dazu bestehende posttraumatische Belastungsstörung und die Depressionen wirkten sich in dieser Hinsicht eher noch verstärkend aus. Die teilweise erwähnte Niereninsuffizienz scheine nach den ärztlichen Befundberichten ebenfalls zu bestehen und wirke verstärkend mit der hypotonen Dysregulation nach Muskelerkrankung, wobei davon auszugehen sein dürfte, dass der Herzmuskel durch das damalige Ereignis geschädigt worden sei. Der Teil-GdB von 20% hierfür sei viel zu niedrig. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, die im Entlassungsbericht der Reha-Klinik genannt sei, aber keinen weiteren Ausführungen zugeführt werde, scheine abklärungsbedürftig. Der Teil-GdB mit 10% sei zu niedrig, wenn Halswirbelsäule als auch Lendenwirbelsäule betroffen sein sollten. Hierzu werde die Klägerin noch gefragt werden.
Der Senat hat die Befundberichte des Allgemeinarztes Dr. L. vom 20.11.2008, des Orthopäden Dr. K. vom 14.11.2008, des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Hartung vom 08.12.2008 und von Diplompsychologin Sch.-R. vom 19.12.2008 eingeholt. Der Orthopäde Dr. K. hat über eine rechtsseitige Lumboischialgie mit Parästhesien und Hüftbeschwerden links als Folge einer Prellung diagnostiziert. Aus den sachverständigen Zeugenaussagen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. L. und des Allgemeinarztes Dr. H. ist zu entnehmen, dass bei der Klägerin psychische Störungen im Vordergrund stehen. Nach der Auskunft der Diplompsychologin Sch.-R. liegt bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung nach realen Traumatisierungen in der früheren Kindheit und in der ersten Ehe vor; auch die zweite Ehe sei sehr konfliktreich gewesen, die Scheidung sei 2007 erfolgt. Die Klägerin habe die Therapie auf eigenen Wunsch am 13.01.2009 beendet. Die anorektische Symptomatik (Magersucht) bestehe nicht mehr, der letzte Suizidversuch sei im Sommer 2006 nach schwerem Konflikt mit dem zweiten Ehemann gewesen, zur Zeit liege keine manifeste Suizidalität vor. Die Selbstverletzungen und die Angstzustände seien nicht mehr aufgetreten und die depressive Symptomatik trete nur noch in Verbindung mit den erwähnten Konfliktsituationen auf.
Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und sieht auch nach Auswertung der im Berufungsverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen der die Klägerin behandelnden Ärzte keine Möglichkeit, eine für die Klägerin günstigere Entscheidung zu treffen. Hierzu hat der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 14.05.2009 vorgelegt. Die Ausführungen der behandelnden Psychotherapeutin Frau Sch.-R. ließen erkennen, dass im vorliegenden Fall eine psychische Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsproblemen vorliege. Eine gewisse Stabilisierung der Symptomatik sei den Ausführungen der Psychotherapeutin zu entnehmen. Die psychotherapeutische Behandlung sei im Januar 2009 auf Wunsch der Klägerin beendet worden. Anhaltspunkte dafür, über den bisher festgestellten Teil-GdB 50 für die seelische Beeinträchtigung hinauszugehen, lägen nicht vor. Es lägen auch keine Befunde vor, die eine Leistungseinschränkung des Herzens belegen würden, die über den festgestellten Teil-GdB von 20 hinausgingen. Der Gesamt-GdB mit 60 sei zutreffend festgestellt worden.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Akten des SG Freiburg und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Der Senat lässt dahinstehen, ob die Klage bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil der angefochtene Bescheid des Beklagten, soweit eine Feststellung des GdB von mehr als 60 abgelehnt worden ist, mangels Anfechtung bestandskräftig geworden ist. Innerhalb der Klagefrist ist nur der Klageantrag auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 gestellt worden, der eine darüber hinausgehende Anfechtung des Bescheides nicht ohne weiteres erkennen lässt. Zwar ist die Auslegung eines Antrags grundsätzlich danach auszurichten, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (st. Rspr. vgl. u.a. BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 75/08 R - mwH). Die Anwendung dieses Meistbegünstigungsprinzips (vgl. BSG a.a.O.) auch auf ausdrücklich formulierte schriftliche Anträge eines durch sachkundigen Bevollmächtigten vertretenen Prozessbeteiligten lässt der Senat offen.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 22.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2007, mit dem ein GdB von 60 ab 01.03.2000 bei der Klägerin festgestellt worden ist, erweist sich auch in der Sache als rechtmäßig ist und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Vorwurf des Bevollmächtigten der Klägerin, zu Unrecht habe das SG keine Ermittlungen angestellt, ist nicht berechtigt. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat während des Verfahrens vor dem Sozialgericht keinerlei Angaben dazu gemacht, weshalb der angefochtene Bescheid unzutreffend sei und weshalb der Beklagte dazu zu verurteilen sei, einen Gesamt-GdB "von wenigstens 50%" anzuerkennen, obwohl der Beklagte bei der Klägerin schon mit dem Erstbescheid vom 22.08.2006 mit einem GdB von 60 einen höheren GdB bei der Klägerin festgestellt hat als vom Bevollmächtigten der Klägerin mit "wenigstens 50%" beantragt. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin ist das SG nicht verpflichtet gewesen, im vorliegenden Verfahren Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen, denn der Bevollmächtigte der Klägerin hat weder den Widerspruch noch die Klage begründet. Wie der Senat schon in seinem Urteil vom 14.08.2009 - L 8 SB 3468/08 -, in dem derselbe Bevollmächtigte wie in diesem Verfahren auftrat, dargelegt hat, ist auch hier festzustellen, dass der Bevollmächtigte der Klägerin seiner Prozessförderungspflicht nicht gerecht geworden ist, indem er weder den Widerspruch noch die Klage begründet und auch dem SG keine Hinderungsgründe mitgeteilt hat.
Das SG war daher nicht zur Durchführung von Ermittlungen verpflichtet. Zwar hat das Gericht im Rahmen der Untersuchungsmaxime Ermittlungen anzustellen, diesbezüglich aber lediglich solche, die nach "Lage der Sache" erforderlich sind. Nachforschungen "ins Blaue hinein" sind nicht durch die Amtsermittlungspflicht geboten (ständige Rechtsprechung, vgl. (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 -B 13 RJ 39/02 R, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; BSG Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 - B 11 AL 81/97 R, veröffentlicht in juris). Das bedeutet: Es hat nur, aber auch stets zu ermitteln, soweit Sachverhalt und Beteiligtenvortrag Nachforschungen nahelegen. Die Ermittlungspflicht der Richter wird durch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten beschränkt (Kummer, Das sozialgerichtliche Verfahren, 2. Aufl., Abschnitt X Rdnr. 65). Auch unter Berücksichtigung der Untersuchungsmaxime durch das Gericht gemäß § 103 SGG ist eine Mitwirkungslast insbesondere des Klägers allgemein anerkannt. Auch das ausgesprochen klägerfreundliche Sozialgerichtsverfahren geht aber nicht so weit, dass das Gericht auf bloße Hinweise eines ansonsten bestenfalls passiven Rechtsuchenden umfangreiche Ermittlungen anzustellen hätte (vgl. Breitkreuz, Fichte SGG-Kommentar 2009 Rdnr. 1 zu § 106a SGG), wie dies hier beim Kläger und seinem Bevollmächtigten im Verfahren 1.Instanz der Fall gewesen ist.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist entgegen dem Vortrag des Bevollmächtigten des Klägers nicht zu beanstanden, dass das SG die angefochtenen Bescheide aufgrund der Sachverhaltsermittlung des Beklagten rechtlich überprüft und keine eigenen Ermittlungen durchgeführt hat. Ebensowenig ist zu beanstanden, dass dem Antrag des Klägerbevollmächtigten auf Verlängerung der Äußerungsfrist bis 15.02.2008 nicht entsprochen wurde. Das erst nach Ablauf der ursprünglich bis 25.01.2008 gesetzten Äußerungsfrist am 28.01.2008 eingegangene Fristverlängerungsgesuch war nicht begründet, weshalb eine Entscheidung über die Fristverlängerung ohne Aufschub - was einer faktischen Fristverlängerung gleich käme und vom rechtskundigen Bevollmächtigten bei seinem nach Fristablauf gestellten Verlängerungsantrag zu berücksichtigen ist - nicht möglich war. Eine Zurückverweisung der Sache an das SG gemäß § 159 Abs. 1 Nr.1 und Nr.2 SGG - wie vom Bevollmächtigten der Klägerin beantragt - kommt daher nicht in Betracht.
Die eigene Überprüfung durch den Senat ergibt, dass die Feststellung der Behinderung der Klägerin mit einem GdB von 60 durch den Beklagten rechtmäßig ist. Die im Berufungsverfahren durchgeführte Ermittlung hat dies bestätigt.
Nach den Ausführungen der behandelnden Psychotherapeutin liegt bei der Klägerin eine psychische Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsproblemen vor. Diese ist mit einem Teil-GdB von 50 angemessen bewertet. Unter Berücksichtigung der Leistungseinschränkung des Herzens, für die ein Teil-GdB von 20 zutreffend berücksichtigt worden ist, ist der Gesamt-GdB mit 60 nicht zu beanstanden. Da dieser GdB von dem Beklagten für die Zeit ab 01.03.2000 festgestellt worden ist, besteht für den Antrag des Bevollmächtigten der Klägerin auf Feststellung eines GdB von wenigstens 50 ab März 2000 (vgl. Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 13.02.2008) kein Rechtschutzbedürfnis.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, liegt nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Die Klägerin stellte über ihren Bevollmächtigten erstmals am 14.06.2006 einen Antrag auf Feststellung der Behinderung gemäß § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und fügte ihm verschiedene Arztberichte bei. Gleichzeitig erklärte sich die Klägerin im Antrag damit einverstanden, dass das Versorgungsamt die erforderlichen Auskünfte und Unterlagen von allen angegebenen Ärzten, Psychologen, Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, gesetzlichen und privaten Kranken-, Renten-, Unfall- und Pflegeversicherungsträgern einschließlich der medizinischen Dienste, Behörden und sonstigen Einrichtungen beizieht, auch soweit diese von anderen Ärzten oder Stellen erstellt worden sind. Der Beklagte holte den Befundbericht der die Klägerin behandelnden Diplompsychologin Sch.-R. vom 21.07.2006 ein.
Mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.08.2006 wurden sämtliche Arztberichte ausgewertet. Danach wurden folgende Funktionsbeeinträchtigungen angenommen:
Posttraumatische Belastungsstörung, Depression GdB 50, hypotone Dysregulation nach Herzmuskelerkrankung GdB 20, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule GdB 10.
Der Gesamt-Grad der Behinderung (Gesamt-GdB) wurde mit 60 beurteilt.
Mit Bescheid vom 22.08.2006 stellte der Beklagte den GdB mit 60 seit 01.03.2000 fest, womit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises erfüllt seien. Der Bescheid wurde am 23.08.2006 an den Bevollmächtigten abgeschickt. Der Bevollmächtigte der Klägerin legte mit Fax vom 05.10.2006 hiergegen Widerspruch ein und kündigte die Abgabe einer Begründung an. Am 30.10.2006 übersandte der Beklagte, nachdem beim privaten Zustelldienst das Zugangsdatum 05.09.2006 für den Bescheid vom 22.08.2006 ermittelt worden war, dem Bevollmächtigten der Klägerin die Akten zur Einsichtnahme und bat ihn, den Widerspruch innerhalb vier Wochen nach Einsichtnahme in die Akten zu begründen. Eine Widerspruchsbegründung erfolgte jedoch trotz Erinnerung des Beklagten gemäß Schreiben vom 08.01.2007 nicht. Mit Schreiben vom 27.02.2007 bat der Bevollmächtigte der Klägerin um Fristverlängerung bis 31.03.2007. Mit Schreiben vom 25.04.2007 erinnerte der Beklagte erneut an die Einreichung der Widerspruchsbegründung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2007 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Überprüfung habe ergeben, dass der angefochtene Bescheid keinen Anlass zu Beanstandungen gebe. Er sei unter Berücksichtigung aller Aktenunterlagen und unter Beachtung der geltenden Vorschriften ergangen. Da der angefochtene Bescheid somit der Sach- und Rechtslage entspreche, sei der Widerspruch zurückzuweisen.
Dagegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin am 23.07.2007 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) und stellte den Antrag, den Beklagten zu verurteilen, bei der Klägerin einen GdB von wenigstens 50% anzuerkennen; die Klagebegründung werde bis Ende September 2007 eingereicht.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 11.09.2007 wurde der Bevollmächtigte der Klägerin an die Vorlage einer Prozessvollmacht sowie der Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht erinnert und um Vorlage der Klagebegründung gebeten. Mit gerichtlichem Schreiben vom 21.12.2007 wies das SG darauf hin, dass beabsichtigt sei, die bislang ohne Begründung gebliebene Klage abzuweisen, weil nach Aktenlage keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorlägen und Ermittlungen ins Blaue hinein nicht angezeigt seien. Hierzu wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin eine Frist gesetzt bis zum 25.01.2008.
Am 28.01.2008 ging beim SG ein Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin ein, mit dem er um Fristverlängerung bis 15.02.2008 bat. Eine Begründung hierfür wurde nicht gegeben.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.01.2008 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die Klage sei unzulässig, da der Klägerin die Klagebefugnis fehle. Die Klägerin behaupte nicht, durch den angefochtenen Bescheid beschwert zu sein. Die Klägerin wende sich ausweislich des Antrages in der Klageschrift ausschließlich gegen die Höhe des GdB. Die Ablehnung von Merkzeichen greife sie nicht an. Insoweit habe das Gericht auch keine Prüfungskompetenz. Hinsichtlich der GdB-Höhe ergebe sich für die Kammer schon aus der Antragstellung, dass die Klägerin nicht beschwert sei. Denn in dem angefochtenen Verwaltungsakt sei bereits ein höherer GdB festgestellt als von der Klägerin als Mindest-GdB beantragt. Der festgestellte GdB von 60 liege im Rahmen des von der Klägerin begehrten GdB von "mindestens 50". Dem ohne Begründung vorgebrachten Fristverlängerungsantrag des Bevollmächtigten der Klägerin vom 28.01.2008 habe nach Ablauf von mehr als vierzehneinhalb Monaten seit Einlegung des Widerspruchs, in denen eine Begründung auch nicht ansatzweise vorgelegt worden sei, nicht mehr entsprochen werden können.
Gegen den - dem Bevollmächtigten der Klägerin am 01.02.2008 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte am 13.02.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt der Bevollmächtigte der Klägerin vor, das SG habe ein vermeintlich verspätetes Vorbringen kreiert, was es in der sozialgerichtlichen Prozessordnung nicht gebe. Der Klagantrag sei offensichtlich unrichtig im Verhältnis zum Bescheid gewesen und könne so wohl nicht gemeint sein. Es bestehe nicht nur eine Berechtigung, sondern es bestehe sogar eine Verpflichtung der Gerichte, richterliche Hinweise im Rahmen des § 139 ZPO vorzunehmen. Es sei gerichtsseitig üblich, gerade auch am SG Freiburg, entsprechende Hinweise zu tätigen, wenn offensichtliche Widersprüchlichkeiten gegeben seien. Das habe das SG hier nicht getan im Sinne der Rechtsordnung, was einen Verstoß gegen Grundsätze des "Fair Trail" darstelle. Insoweit liege auch eine Verletzung rechtlichen Gehörs vor, als die tatsächliche Rechtsauffassung des Gerichts im Schreiben vom 21.12.2007 nicht geäußert werde. Es sei auch nicht geäußert worden, bis wann mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid spätestens zu rechnen wäre. Für den Antrag auf Fristverlängerung habe er keine Begründung abzugeben brauchen, denn in der heutigen Zeit verstünden sich solche Fristverlängerungsanträge natürlich immer vor dem Hintergrund entsprechender Arbeitsbelastung. Der Klägervertreter beruft sich auch darauf, dass seines Erachtens bei unklaren oder unsinnig gestellten Anträgen eine Aufklärungspflicht des entsprechenden Vorsitzenden bestehe.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 22. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von wenigstens 70 festzustellen (und einen Grad der Behinderung von wenigstens 50) ab März 2000 anzuerkennen; außerdem werde beantragt, das Verfahren nach § 159 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGG an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Erörterungstermin vom 12.09.2008, zu dem die Klägerin nicht erschien, erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin, es gehe der Klägerin um einen GdB, der höher als 60 sei. Der Klägerin wurde aufgegeben, Angaben über ärztliche Behandlungen und Untersuchungen seit 01.07.2007 zu machen und das entsprechende Formular bis Ende September 2008 zurückzugeben. Dem kam die Klägerin nach.
Zur Berufungsbegründung trug der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 30.10.2008 ergänzend vor, insgesamt betrachtet seien die GdB-Festsetzungen, wie sie sich verwaltungsintern auf Bl. 96 der Beklagtenakte ergäben, als zu niedrig anzusehen. Ausgehend davon, dass die Anorexie eine schwere Zwangskrankheit sei, handele es sich um eine schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, die aufgrund der Gesamtsituation eher bei 70% anzusiedeln sein müsste mit einem entsprechenden Teil-GdB. Die parallel dazu bestehende posttraumatische Belastungsstörung und die Depressionen wirkten sich in dieser Hinsicht eher noch verstärkend aus. Die teilweise erwähnte Niereninsuffizienz scheine nach den ärztlichen Befundberichten ebenfalls zu bestehen und wirke verstärkend mit der hypotonen Dysregulation nach Muskelerkrankung, wobei davon auszugehen sein dürfte, dass der Herzmuskel durch das damalige Ereignis geschädigt worden sei. Der Teil-GdB von 20% hierfür sei viel zu niedrig. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, die im Entlassungsbericht der Reha-Klinik genannt sei, aber keinen weiteren Ausführungen zugeführt werde, scheine abklärungsbedürftig. Der Teil-GdB mit 10% sei zu niedrig, wenn Halswirbelsäule als auch Lendenwirbelsäule betroffen sein sollten. Hierzu werde die Klägerin noch gefragt werden.
Der Senat hat die Befundberichte des Allgemeinarztes Dr. L. vom 20.11.2008, des Orthopäden Dr. K. vom 14.11.2008, des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Hartung vom 08.12.2008 und von Diplompsychologin Sch.-R. vom 19.12.2008 eingeholt. Der Orthopäde Dr. K. hat über eine rechtsseitige Lumboischialgie mit Parästhesien und Hüftbeschwerden links als Folge einer Prellung diagnostiziert. Aus den sachverständigen Zeugenaussagen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. L. und des Allgemeinarztes Dr. H. ist zu entnehmen, dass bei der Klägerin psychische Störungen im Vordergrund stehen. Nach der Auskunft der Diplompsychologin Sch.-R. liegt bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung nach realen Traumatisierungen in der früheren Kindheit und in der ersten Ehe vor; auch die zweite Ehe sei sehr konfliktreich gewesen, die Scheidung sei 2007 erfolgt. Die Klägerin habe die Therapie auf eigenen Wunsch am 13.01.2009 beendet. Die anorektische Symptomatik (Magersucht) bestehe nicht mehr, der letzte Suizidversuch sei im Sommer 2006 nach schwerem Konflikt mit dem zweiten Ehemann gewesen, zur Zeit liege keine manifeste Suizidalität vor. Die Selbstverletzungen und die Angstzustände seien nicht mehr aufgetreten und die depressive Symptomatik trete nur noch in Verbindung mit den erwähnten Konfliktsituationen auf.
Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und sieht auch nach Auswertung der im Berufungsverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen der die Klägerin behandelnden Ärzte keine Möglichkeit, eine für die Klägerin günstigere Entscheidung zu treffen. Hierzu hat der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 14.05.2009 vorgelegt. Die Ausführungen der behandelnden Psychotherapeutin Frau Sch.-R. ließen erkennen, dass im vorliegenden Fall eine psychische Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsproblemen vorliege. Eine gewisse Stabilisierung der Symptomatik sei den Ausführungen der Psychotherapeutin zu entnehmen. Die psychotherapeutische Behandlung sei im Januar 2009 auf Wunsch der Klägerin beendet worden. Anhaltspunkte dafür, über den bisher festgestellten Teil-GdB 50 für die seelische Beeinträchtigung hinauszugehen, lägen nicht vor. Es lägen auch keine Befunde vor, die eine Leistungseinschränkung des Herzens belegen würden, die über den festgestellten Teil-GdB von 20 hinausgingen. Der Gesamt-GdB mit 60 sei zutreffend festgestellt worden.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Akten des SG Freiburg und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Der Senat lässt dahinstehen, ob die Klage bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil der angefochtene Bescheid des Beklagten, soweit eine Feststellung des GdB von mehr als 60 abgelehnt worden ist, mangels Anfechtung bestandskräftig geworden ist. Innerhalb der Klagefrist ist nur der Klageantrag auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 gestellt worden, der eine darüber hinausgehende Anfechtung des Bescheides nicht ohne weiteres erkennen lässt. Zwar ist die Auslegung eines Antrags grundsätzlich danach auszurichten, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (st. Rspr. vgl. u.a. BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 75/08 R - mwH). Die Anwendung dieses Meistbegünstigungsprinzips (vgl. BSG a.a.O.) auch auf ausdrücklich formulierte schriftliche Anträge eines durch sachkundigen Bevollmächtigten vertretenen Prozessbeteiligten lässt der Senat offen.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 22.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2007, mit dem ein GdB von 60 ab 01.03.2000 bei der Klägerin festgestellt worden ist, erweist sich auch in der Sache als rechtmäßig ist und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Vorwurf des Bevollmächtigten der Klägerin, zu Unrecht habe das SG keine Ermittlungen angestellt, ist nicht berechtigt. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat während des Verfahrens vor dem Sozialgericht keinerlei Angaben dazu gemacht, weshalb der angefochtene Bescheid unzutreffend sei und weshalb der Beklagte dazu zu verurteilen sei, einen Gesamt-GdB "von wenigstens 50%" anzuerkennen, obwohl der Beklagte bei der Klägerin schon mit dem Erstbescheid vom 22.08.2006 mit einem GdB von 60 einen höheren GdB bei der Klägerin festgestellt hat als vom Bevollmächtigten der Klägerin mit "wenigstens 50%" beantragt. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin ist das SG nicht verpflichtet gewesen, im vorliegenden Verfahren Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen, denn der Bevollmächtigte der Klägerin hat weder den Widerspruch noch die Klage begründet. Wie der Senat schon in seinem Urteil vom 14.08.2009 - L 8 SB 3468/08 -, in dem derselbe Bevollmächtigte wie in diesem Verfahren auftrat, dargelegt hat, ist auch hier festzustellen, dass der Bevollmächtigte der Klägerin seiner Prozessförderungspflicht nicht gerecht geworden ist, indem er weder den Widerspruch noch die Klage begründet und auch dem SG keine Hinderungsgründe mitgeteilt hat.
Das SG war daher nicht zur Durchführung von Ermittlungen verpflichtet. Zwar hat das Gericht im Rahmen der Untersuchungsmaxime Ermittlungen anzustellen, diesbezüglich aber lediglich solche, die nach "Lage der Sache" erforderlich sind. Nachforschungen "ins Blaue hinein" sind nicht durch die Amtsermittlungspflicht geboten (ständige Rechtsprechung, vgl. (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 -B 13 RJ 39/02 R, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; BSG Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 - B 11 AL 81/97 R, veröffentlicht in juris). Das bedeutet: Es hat nur, aber auch stets zu ermitteln, soweit Sachverhalt und Beteiligtenvortrag Nachforschungen nahelegen. Die Ermittlungspflicht der Richter wird durch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten beschränkt (Kummer, Das sozialgerichtliche Verfahren, 2. Aufl., Abschnitt X Rdnr. 65). Auch unter Berücksichtigung der Untersuchungsmaxime durch das Gericht gemäß § 103 SGG ist eine Mitwirkungslast insbesondere des Klägers allgemein anerkannt. Auch das ausgesprochen klägerfreundliche Sozialgerichtsverfahren geht aber nicht so weit, dass das Gericht auf bloße Hinweise eines ansonsten bestenfalls passiven Rechtsuchenden umfangreiche Ermittlungen anzustellen hätte (vgl. Breitkreuz, Fichte SGG-Kommentar 2009 Rdnr. 1 zu § 106a SGG), wie dies hier beim Kläger und seinem Bevollmächtigten im Verfahren 1.Instanz der Fall gewesen ist.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist entgegen dem Vortrag des Bevollmächtigten des Klägers nicht zu beanstanden, dass das SG die angefochtenen Bescheide aufgrund der Sachverhaltsermittlung des Beklagten rechtlich überprüft und keine eigenen Ermittlungen durchgeführt hat. Ebensowenig ist zu beanstanden, dass dem Antrag des Klägerbevollmächtigten auf Verlängerung der Äußerungsfrist bis 15.02.2008 nicht entsprochen wurde. Das erst nach Ablauf der ursprünglich bis 25.01.2008 gesetzten Äußerungsfrist am 28.01.2008 eingegangene Fristverlängerungsgesuch war nicht begründet, weshalb eine Entscheidung über die Fristverlängerung ohne Aufschub - was einer faktischen Fristverlängerung gleich käme und vom rechtskundigen Bevollmächtigten bei seinem nach Fristablauf gestellten Verlängerungsantrag zu berücksichtigen ist - nicht möglich war. Eine Zurückverweisung der Sache an das SG gemäß § 159 Abs. 1 Nr.1 und Nr.2 SGG - wie vom Bevollmächtigten der Klägerin beantragt - kommt daher nicht in Betracht.
Die eigene Überprüfung durch den Senat ergibt, dass die Feststellung der Behinderung der Klägerin mit einem GdB von 60 durch den Beklagten rechtmäßig ist. Die im Berufungsverfahren durchgeführte Ermittlung hat dies bestätigt.
Nach den Ausführungen der behandelnden Psychotherapeutin liegt bei der Klägerin eine psychische Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsproblemen vor. Diese ist mit einem Teil-GdB von 50 angemessen bewertet. Unter Berücksichtigung der Leistungseinschränkung des Herzens, für die ein Teil-GdB von 20 zutreffend berücksichtigt worden ist, ist der Gesamt-GdB mit 60 nicht zu beanstanden. Da dieser GdB von dem Beklagten für die Zeit ab 01.03.2000 festgestellt worden ist, besteht für den Antrag des Bevollmächtigten der Klägerin auf Feststellung eines GdB von wenigstens 50 ab März 2000 (vgl. Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 13.02.2008) kein Rechtschutzbedürfnis.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, liegt nicht vor.
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