L 4 KR 1615/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 2035/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1615/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 04. März 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, bei seiner zu 3) beigeladenen Ehefrau seit 01. August 2007 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein.

Der am 1963 geborene Kläger ist F ... Die Handwerkskammer R.-M. erkannte ihm die fachliche Eignung zur Ausbildung von Auszubildenden im Ausbildungsberuf "Fachverkäufer/-in im Nahrungsmittelhandwerk" zu (Urkunde vom 10. Februar 2006). Seine Ehefrau, die Beigeladene zu 3), ist gelernte Frisörin. Sie ist seit dem 01. Januar 2006 einzelkaufmännisch als "Agentin" (Franchisenehmerin) für ein überregional tätiges Metzgereiunternehmen tätig und führt in dieser Funktion ein Metzgereigeschäft mit Mittagstisch in einem Einkaufszentrum (Kommissionsvertrag vom 19. Oktober 2005, Agenturvertrag Nr. 1145 vom 04. bzw. 07. November 2006) als Einzelunternehmen. Ihre Gewerbeanmeldung bei der Stadt V. vom 12. Januar 2006 nennt insoweit einen "Einzelhandel mit Fleisch- und Wurstwaren sowie Schank- und Speisewirtschaft" in den Betriebsräumen des Metzgereiunternehmens. Der Kläger war bereits vom 01. Januar bis 15. März 2006 bei der Beigeladenen zu 3) tätig (Kündigungsschreiben vom 01. März 2006). Im Anschluss bezog er vom 16. März bis zum 14. August 2006 Arbeitslosengeld (Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit W. vom 21. März 2006; Aufhebungsbescheid vom 15. August 2006).

Am 01. August 2006 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 3) - erneut - einen "Arbeitsvertrag". Hiernach war der Kläger ab dem 15. August 2006 als Geschäftsführer in dem Metzgereigeschäft eingestellt, vereinbart war ein monatliches Bruttogehalt von EUR 2.500,00, eine konkrete Arbeitszeit war nicht vereinbart, hinsichtlich des Urlaubs, der Arbeitsverhinderung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wurde auf die Regelungen des Tarifvertrags für das Fleischerhandwerk Hessen oder das Gesetz verwiesen. Der Kläger nahm mindestens zweimal an Fortbildungsveranstaltungen des Franchisegebers teil (Urkunden vom 26. Februar und 19. März 2007). Zum 01. August 2007 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 3) einen neuen Vertrag, wonach der Kläger ab diesem Datum "als Geschäftsführer eigenverantwortlich den Verkaufsbereich des Unternehmens (der Metzgerei-Agentur) sowie die Ausbildung und Buchhaltung" übernehme. Er sei alleinvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot befreit (§ 1 Abs. 2). Er habe uneingeschränkte Handlungsvollmacht und Verfügungsgewalt über die Betriebskonten. Er nehme alle Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften wahr (§ 1 Abs. 3). Ferner erklärte sich der Kläger in § 1 Abs. 4 des Vertrages "bereit, das Unternehmen wirtschaftlich zu unterstützen, bspw. durch Übernahme von Bürgschaften", wobei Einzelheiten jeweils einer gesonderten Absprache bedürfen sollten. Als Entgelt wurden "zunächst" weiterhin brutto EUR 2.500,00 im Monat vereinbart (§ 2 Abs. 1). Zusätzlich sollte der Kläger eine Gewinnbeteiligung von 10 v.H. des Jahresüberschusses erhalten (§ 2 Abs. 2), wobei er sich bereiterklärte, diese Beteiligung dem Unternehmen mit Fälligkeit als Darlehen zur Verfügung zu stellen, das sodann mit 2,00 v.H. p.a. verzinst werden sollte (§ 2 Abs. 3 Satz 1), Einzelheiten sollten auch hier einer gesonderten Absprache bedürfen (§ 2 Abs. 3 Satz 3). Nach § 3 Abs. 1 des Vertrages bestimmte der Kläger Arbeitszeit, Arbeitsort und Ausgestaltung seiner Tätigkeit selbstständig unter Berücksichtigung der Interessen des Unternehmens, wobei die Vertragsparteien von einer Vollzeittätigkeit ausgingen. In der Folgezeit arbeitete der Kläger in dem Metzgereigeschäft der Beigeladenen zu 3). Sein Gehalt wurde tatsächlich ausgezahlt, es wurden Lohnsteuer und an die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt sowie ein Betrag von monatlich EUR 20,00 für Vermögensbildung einbehalten.

Mit Schreiben vom 02. August 2007 beantragte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) die Feststellung, er sei seit dem 01. August 2007 nicht abhängig beschäftigt. Die mangelnde Eingliederung in den Betrieb und die weisungsfreie Ausübung der Tätigkeit sowie die Mitarbeit auf Grund familiärer Rücksichtnahme sprächen für eine selbstständige Tätigkeit. Dass die Beigeladene zu 3) das Gehalt des Klägers als Betriebsausgabe verbuche und für ihn Lohnsteuer abführe, habe keine nennenswerte Indizwirkung für eine abhängige Beschäftigung. In dem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vom 27. Juli 2007, der dem Antrag beigefügt war, gaben der Kläger und die Beigeladene zu 3) unter anderem an, der Kläger arbeite auf Grund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung, sei nicht wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert, ohne seine Mitarbeit hätte keine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen, er sei nicht an Weisungen gebunden, er könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten, er wirke auf Grund besonderer Fachkenntnisse an der Führung des Betriebs mit, es seien kein Urlaubsanspruch und keine Kündigungsfrist vereinbart sowie das Entgelt entspreche nicht dem tariflichen oder ortsüblichen Lohn, sondern den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs, es werde regelmäßig gezahlt, es würden sonstige Bezüge gezahlt, es werde auf ein privates Konto des Klägers überwiesen, aus ihm werde Lohnsteuer entrichtet und es werde als Betriebsausgabe gebucht. Der Betrieb der Beigeladenen zu 3) sei eine GmbH und der Kläger sei daran beteiligt. Darlehen oder Sicherheiten für den Betrieb habe der Kläger nicht gewährt. Der Kläger legte auch Lohnabrechnungen vor.

Mit Bescheid vom 28. Februar 2008 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladenen zu 3) für die Zeit ab dem 01. August 2007 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe und somit der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliege. Der Arbeitsvertrag vom 01. August 2007 enthalte keine Anhaltspunkte für eine selbstständige Tätigkeit, selbst wenn einige Passagen gegenüber dem Arbeitsvertrag vom 01. August 2006 entfallen seien. So schließe das Fehlen von Regelungen zum Urlaubsanspruch, zur Entgeltfortzahlung und zur Kündigungsfrist nicht automatisch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus, denn in diesem Falle fänden stets die gesetzlichen Regelungen Anwendung. Auch die weisungsfreie Ausübung der Geschäftsführertätigkeit lasse für sich betrachtet keinen Rückschluss auf eine selbstständige Tätigkeit zu, denn dies sei typisch für einen Dienst höherer Art, bei dem sich die Weisungsgebundenheit zur funktionsgerechten dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinere. Bei der Firma der Beigeladenen zu 3) handle es sich um ein Einzelunternehmen, an dem der Kläger nicht beteiligt sei. Die Beigeladene zu 3) trage die Gesamtverantwortlichkeit. Auch den Agenturvertrag hätten ausschließlich die Beigeladene zu 3) und das Metzgereiunternehmen geschlossen, sodass eine Mitunternehmerschaft des Klägers ausgeschlossen werden könne.

Der Kläger erhob Widerspruch und trug ergänzend vor, die ab dem 01. August 2007 geltende vertragliche Vereinbarung gebe keine Hinweise darauf, dass eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart worden sei und hierfür ein regelmäßiges, angemessenes Arbeitsentgelt gezahlt werde. Vielmehr richte sich das Entgelt nach der Ertragslage des Unternehmens. Er habe auch ein gewisses unternehmerisches Risiko übernommen, wie es in der grundsätzlichen Bereitschaft zur Übernahme von Bürgschaften seinen Ausdruck gefunden habe. Das Bruttogehalt von EUR 2.500,00 sei nur "zunächst" vereinbart worden. Dass Arbeitstage als auch Arbeitsstunden nach Bedarf ausgeübt würden, stelle eine Vereinbarung dar, die üblicherweise nicht mit betriebsfremden Personen getroffen werde. Die fehlende Inhaberschaft oder Unternehmensbeteiligung seien lediglich definitive Ausschlusskriterien für eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Beide Eheleute trügen gleichermaßen das Risiko für das wirtschaftliche Gelingen des Unternehmens.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2008 zurück. Sie führte aus, der Kläger sei bewusst an dem allein auf die Beigeladene zu 3) angemeldeten Betrieb nicht beteiligt und verfüge nicht über Miteigentum am Anlage- und Umlaufvermögen des Betriebs. Allein seine Bereitschaft zur Darlehensgewährung sei noch kein Indiz für eine unternehmerische Tätigkeit. Der Kläger erhalte weiterhin ein monatliches Fixum als Gehalt. Dies ergebe sich auch aus den Lohnunterlagen. Bei der Arbeitszeit gingen er und die Beigeladene zu 3) von einer Vollzeittätigkeit aus. Er könne in seinem Aufgabenbereich wie ein leitender Angestellter selbstständig und nach eigenem Ermessen Entscheidungen treffen. Dies sei jedoch kein Anzeichen dafür, dass der Beigeladenen zu 3) diesbezüglich kein Weisungsrecht zustehe.

Am 20. Juni 2008 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Er verwies im Wesentlichen auf die Begründung seines Widerspruchs und trug ergänzend vor, die "zunächst" vereinbarte monatliche Vergütung hänge im Endeffekt vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ab. Er habe eine herausragende Sonderstellung. Er legte die Ausbildungsbefugnis sowie die an das Metzgereiunternehmen erfolgte Einladung zur Gesellschafterversammlung am 07. November 2008 sowie die ihm (dem Kläger) für die Teilnahme erteilte Vertretungsvollmacht des Metzgereiunternehmens vor.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Begründung des Widerspruchsbescheids entgegen.

Das SG lud mit Beschluss vom 19. Dezember 2008 die Beigeladenen zu 1) und 2) (Deutsche Rentenversicherung Bund und Bundesagentur für Arbeit) zum Verfahren bei.

Mit Gerichtsbescheid vom 04. März 2009 wies das SG die Klage ab. Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig, aber nicht begründet. Bei dem Kläger überwögen die Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen. Entscheidend seien dabei seine gesellschaftsrechtliche Stellung und sein letztendlich fehlendes Unternehmerrisiko. Die Beigeladene zu 3) sei Alleininhaberin des Unternehmens. Der Kläger könne daher grundsätzlich ihre Entscheidungen nicht verhindern und damit letztlich auch nicht über den Fortbestand seiner eigenen Beschäftigung mitentscheiden. Dieser Umstand wiege wesentlich schwerer als die Tatsache, dass er auf Grund seiner fachlichen Kompetenz seinen Aufgabenbereich mit Sicherheit weitgehend selbstständig ausführen könne und im täglichen Arbeitsablauf nicht an Weisungen gebunden sei. Ein besonderes Unternehmerrisiko trage er nicht. Er habe keine finanziellen Mittel investiert. Allein die Bereitschaft, die Gewinnbeteiligung vorübergehend als Darlehen zurückzugeben, begründe keine Unternehmereigenschaft. § 2 Abs. 3 des Vertrages dürfte für Krisensituationen konzipiert sein, insoweit seien aber auch gegebenenfalls Arbeitnehmer bereit, vorübergehend Minderungen ihrer Einkünfte in Kauf zu nehmen. Die Tätigkeit könne auch nicht als bloße familienhafte Mitarbeit gewertet werden. Sie basiere auf einem schriftlichen Arbeitsvertrag, mit EUR 2.500,00 brutto monatlich erhalte der Kläger auch eine Entlohnung, die weit über eine Unterhaltsgewährung hinausgehe. Das Arbeitsentgelt werde auf ein privates Bankkonto des Klägers überwiesen, über das er verfügungsberechtigt sei. Es sei auch stets Lohnsteuer entrichtet und das Gehalt als Betriebsausgabe gebucht worden. Allein der Umstand, dass in der Vereinbarung vom 01. August 2007 im Gegensatz zu dem Arbeitsvertrag vom 01. August 2006 Regelungen über Kündigungsfristen, Lohnfortzahlung und Urlaub fehlten, führe nicht zu einer sozialversicherungsfreien Tätigkeit. Die Vereinbarung vom 01. August 2007 stelle weiterhin einen Arbeitsvertrag dar und müsse daher durch die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen ergänzt werden.

Gegen den ihm am 09. März 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 07. April 2009 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Die Beigeladene zu 3) und er hätten in dem Vertrag vom 01. August 2007 bewusst auf Arbeitnehmerschutzbestimmungen verzichtet. Ferner hätten sie festgeschrieben, dass er eine gewinnabhängige Vergütung beziehe. In dem Vertrag sei nicht von einem Festgehalt die Rede, sondern die Vergütung solle "zunächst" EUR 2.500,00 betragen, mithin von vornherein an die wirtschaftliche Lage des Unternehmens angepasst sein. Nicht anders verhalte sich ein Unternehmer, der nur entnehme, was der Betrieb abwerfe. Weiterhin sei vereinbart, dass ein Teil der Vergütung als Tantieme direkt abhängig vom Gewinn ausbezahlt werden solle. Dies diene allein ihrem Ziel, ein prosperierendes Familienunternehmen zu führen. Das SG habe zu Unrecht maßgeblich darauf abgestellt, dass er formal am Unternehmen nicht beteiligt sei. Eine gesellschaftsrechtliche Stellung in einem Einzelunternehmen sei aber zumindest in der Außendarstellung nicht vorstellbar. Vorstellbar sei aber eine gesellschaftsrechtliche Stellung im Rahmen einer Innengesellschaft. Eine dem Fremdgeschäftsführer einer GmbH vergleichbare Position habe er inne. Ein Weisungsrecht sei damit ausgeschlossen. Auch bestimme er seine Tätigkeit in allen Belangen selbst. Bei seiner Anhörung vor dem Berichterstatter des Senats am 29. September 2009 hat der Kläger weiterhin vorgetragen, es sei eine Empfehlung des Steuerberaters gewesen, dass die Beigeladene zu 3) als Kauffrau auftrete. Er müsse jeden Tag in den Betrieb seien, damit der Betriebsablauf gewährleistet sei. Er habe in den letzten zwei Monaten EUR 16.000,00, die er aus dem privaten Verkauf gezüchteter Papageien erzielt habe, in das Unternehmen gegeben, weil die Umsätze zurückgegangen seien. Er habe keine Abreden mit der Beigeladenen zu 3) getroffen, wie dieses Geld zu behandeln sei, insbesondere sei kein Darlehensvertrag geschlossen worden. Hierzu hat der Kläger das Schreiben des Steuerberaters Flößer vom 07. Januar 2010 vorgelegt, in dem dieser bescheinigt, dass der Kläger der Beigeladenen zu 3) in vier Raten vom 23. Juli bis 09. September 2009 ein "betriebliches Darlehen (Einlage)" in Höhe von EUR 16.000,00 gewährt habe, für das eine Rückzahlung oder Verzinsung nicht vorgesehen sei. Zur Zuständigkeit der Beklagten für die getroffene Feststellung trägt der Kläger vor, er habe seinen Antrag direkt bei der Einzugsstelle gestellt, da er damals davon ausgegangen sei, dass die Beigeladene zu 1) ein Statusfeststellungsverfahren für unzulässig halte, wenn es sich nicht um eine neu aufgenommene Tätigkeit handle. Wegen der weiteren Angaben des Klägers bei seiner Anhörung vor dem Berichterstatter des Senats wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 29. September 2009 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 04. März 2009 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 28. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2008 festzustellen, dass er in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 3) seit dem 01. August 2007 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und ihre Entscheidungen. Dass der Kläger als Geschäftsführer eine anspruchsvolle Tätigkeit ausübe, führe nicht dazu, dass er weisungsfrei handle. Gerade bei Diensten höherer Art wie beim Kläger fehle es regelmäßig an Einzelweisungen. Das Weisungsrecht bleibe dennoch bestehen. Sein monatliches festes Gehalt erhalte er regelmäßig weiter, unabhängig von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens. Die im Vertrag verwandte Formulierung "zunächst" könne ebenso dafür stehen, dass auf die Zukunft betrachtet eine Lohnerhöhung zu erwarten sei. Zu ihrer Zuständigkeit für die getroffenen Feststellungen führt die Beklagte aus, sie sei nicht verpflichtet gewesen, einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) (Clearingstelle) zu stellen. Die Beigeladene zu 3) habe in der am 31. August 2006 eingelaufenen Meldung nicht mitgeteilt, dass der Kläger ihr Ehemann sei. Diese Meldung hat die Beklagte in Kopie eingereicht. Weiterhin seien die Spitzenverbände der Sozialversicherung in ihrer Besprechung am 17. bzw. 18. März 2005 übereingekommen, dass ein Statusfeststellungsverfahren nicht in Betracht komme, wenn das fragliche Beschäftigungsverhältnis bereits seit längerer Zeit bestehe.

Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschlüssen vom 26. Mai 2009 und 20. Oktober 2009 die Beigeladenen zu 3) (Ehefrau) und 4) (Pflegekasse bei der Beklagten) zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene zu 1) hat unter dem 25. November 2009 mitgeteilt, ein Antrag der Einzugsstelle auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers sei bei ihr nicht gestellt worden. Im Übrigen haben sich die Beigeladenen nicht am Verfahren beteiligt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht seine Klage, bei der es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) handelt, abgewiesen. Die Klage war zwar zulässig, insbesondere kann der Kläger neben der Aufhebung des angegriffenen Feststellungsbescheids unmittelbar eine (gerichtliche) Feststellung verlangen (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 55 Rn. 13c). Die Klage war jedoch unbegründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 3) seit dem 01. August 2007 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein.

1. Die Beklagte war zum Erlass des angegriffenen Bescheids berechtigt. Nach § 28h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die zuständige Einzugsstelle ist nach § 28i Satz 1 SGB IV die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung des Betroffenen durchgeführt wird. Der Kläger war während des hier streitigen Zeitraums seit August 2007 Mitglied der Beklagten. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wurde auch an diese abgeführt, die Arbeitgebermeldungen ihr erteilt. Für die streitige Feststellung ergibt sich auch nicht aus § 7a Absatz 1 Satz 3 SGB IV eine Zuständigkeit der Beigeladenen zu 1). Zwar hat nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV die Einzugsstelle einen Antrag bei der Beigeladenen zu 1) zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte Angehöriger des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist. Angaben über den Ehegattenstatus eines gemeldeten Beschäftigten müssen die Meldungen der Arbeitgeber nach § 28h Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. d SGB IV (eingefügt mit Wirkung vom 30. März 2005 durch das Gesetz zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens im Sozialrecht vom 21. März 2005, BGBl. I, S. 818) enthalten. Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren ist bei Ehegatten daher für solche Tätigkeiten durchzuführen, die erstmals nach dem 30. März 2005 aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a Rn. 3; Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a Rn. 11). Diese Voraussetzung gilt zwar auch für den Kläger, selbst wenn man auf den Beginn des ersten Beschäftigungsverhältnisses bei der Beigeladenen zu 3) (01. Januar 2006) oder den ursprünglichen Beginn der hier streitigen Tätigkeit (15. August 2006) abstellt. Jedoch enthielt die Meldung der Beigeladenen zu 3) vom 31. August 2006 an die Beklagte, in der der Beginn dieses Beschäftigungsverhältnisses mitgeteilt wurde, keinen Hinweis darauf, dass der Kläger Ehegatte der Beigeladenen zu 3) ist. In Fällen wie diesem ist die Einzugsstelle faktisch gehindert, einen Antrag nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu stellen, sodass der Zweck des Statusfeststellungsverfahrens, zügig und möglichst zu Beginn einer Tätigkeit eine abschließende Klärung herbeizuführen, nicht erreicht werden kann. Aus diesem Grunde ist eine Einzugsstelle nicht zu einem Antrag bei der Beigeladenen zu 1) verpflichtet, wenn sich der Ehegattenstatus eines Beschäftigten erst später aus anderen Umständen als einer Arbeitgebermeldung ergibt.

2. Der Bescheid der Beklagten ist ausreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X).

Sowohl in einem Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV als auch bei einer Feststellung nach § 28h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV darf sich der zuständige Träger nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht "dem Grunde nach" festzustellen. Dies käme einer unzulässigen Elementenfest¬stellung gleich. Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll, auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherungspflicht geführt hat. Solche Bescheide müssen die erfasste Tätigkeit nach Inhalt und Zeitraum so genau umschreiben, dass sich "im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände erschließt, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sie sich als Anknüpfungssachverhalt beziehen soll". Dies hat das BSG in seinen Urteilen vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R, veröffentlicht in juris, Rn. 14 ff.) und vom 04. Juni 2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in juris, Rn. 13 ff.) ergänzend zu seiner früheren Rechtsprechung entschieden.

Dem genügt der Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2008. Die Beklagte hat darin den Inhalt der Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 3) beschrieben. Auch die Dauer ist ausreichend konkret festgestellt. Da das Beschäftigungsverhältnis noch andauert und auch unbefristet ist, reichte es aus, einen Beginnzeitpunkt (01. August 2007) festzustellen. Weiterhin hat die Beklagte nicht nur eine Beschäftigung oder eine "Sozialversicherungspflicht dem Grunde nach" festgestellt, sondern eine Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung.

3. Diese Feststellung trifft auch inhaltlich zu. Der Kläger ist in der Tätigkeit für die Beigeladene zu 3) seit dem 01. August 2007 versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung.

a) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Dies ergibt sich in der Krankenversicherung aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), in der Rentenversicherung aus § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III) sowie in der gesetzlichen Pflegeversicherung aus § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI). Eine Beschäftigung in diesem Sinne ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Tätigkeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Bei Dienstleistungen höherer Art kann das faktisch nur begrenzte Weisungs- und Direktionsrecht des Arbeitgebers allerdings in den Hintergrund treten und zu einer "funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (vgl. z. B. BSG SozR 3-5425 § 1 Nr. 5) verfeinert sein.

Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse sind in diesem Sinne die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rn. 17).

Abzugrenzen ist eine abhängige Beschäftigung nicht nur von einer selbstständigen Tätigkeit, sondern auch von einer familienhaften Mitarbeit im Sinne der §§ 1360 Satz 1, 1360a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 (für Ehegatten) und des § 1619 (für hausangehörige Kinder) des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Diese Abgrenzung ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu treffen (BSG, Urteile vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 8/06 - und vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -; jeweils veröffentlicht in juris). Ein relevantes Indiz ist u. a., ob dem Angehörigen - tatsächlich - ein marktübliches Gehalt gezahlt wird, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgelts lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich untertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -, veröffentlicht in juris). Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr. 17). Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSGE 34, 207, 210; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11).

c) Vor diesem Hintergrund bestimmen sich vorliegend die rechtlich relevanten Beziehungen für die Zeit ab dem 01. August 2007 nach dem Vertrag vom 01. August 2007 und dem in der Praxis gelebten Ablauf der Tätigkeit. Trotz der vom Kläger schlüssig dargelegten Freiheiten in der Ausübung seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) überwiegen qualitativ die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen.

aa) Der Kläger verfügte nicht über eine rechtliche Stellung als Unternehmer oder Mitunternehmer, die es ihm ermöglicht hätte, Einfluss auf das Schicksal oder auf wesentliche Entscheidungen zur Ausgestaltung oder Fortentwicklung des Unternehmens zu nehmen. Insbesondere hätte der Kläger eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses rechtlich nicht verhindern können.

Die Beigeladene zu 3) hat das Unternehmen - im Gegensatz zu ihren Angaben in dem Feststellungsbogen vom 27. Juli 2007 - nicht als GmbH, sondern einzelkaufmännisch geführt. Der Kläger war und ist nicht an dem Unternehmen beteiligt, obwohl eine solche Beteiligung - entgegen der Rechtsansicht des Klägers - auch bei zunächst einzelkaufmännisch geführten Unternehmen möglich ist, sei es durch Umwandlung in eine offene Handelsgesellschaft (§§ 105 ff. des Handelsgesetzbuchs - HGB -) oder zumindest in eine Kommanditgesellschaft bei Übernahme eines Kommanditanteils des Beitretenden (§§ 161 ff. HGB), sei es durch Gründung einer stillen Gesellschaft (§§ 230 ff. HGB).

Eine solche formale Beteiligung lässt sich nicht aus der vom Kläger geltend gemachten Ehegatten-Innengesellschaft herleiten. Wenn in finanzieller Hinsicht insoweit eine formale Beteiligung fehlt, setzt die Annahme eines Unternehmerrisikos jedenfalls voraus, dass eine für eine abhängige Beschäftigung unübliche Vereinbarung oder tatsächliche Handhabung der Gestaltung und Zahlung der Vergütung besteht, die den Schluss zulässt, dass möglicherweise bei entsprechend schlechter wirtschaftlicher Lage des Unternehmens die Vergütungsforderung in der bisherigen Höhe nicht durchgesetzt werden konnte. Anhaltspunkte für eine solche Vereinbarung bzw. für eine derartige tatsächliche Handhabung sind für die streitige Zeit nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Kläger erst im Berufungsverfahren auf eine angebliche Innengesellschaft abgehoben. Hieraus lässt sich entnehmen, dass ein Gesellschaftsvertrag dieser Art zwischen ihm und der Beigeladenen zu 3) (vgl. §§ 705 ff. BGB) tatsächlich nicht geschlossen worden war.

bb) Eine Unternehmerstellung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger der Beigeladenen zu 3) - allerdings erst im Jahre 2009 - wegen rückläufiger Umsätze EUR 16.000,00 zur Verfügung gestellt hat. Das Kriterium des Unternehmerrisikos beschreibt nur die eine Seite der Unternehmerstellung, die eine Tätigkeit als selbstständig erscheinen lässt. Hinzu müssen unternehmerische Chancen kommen. Nur sie rechtfertigen die Versicherungsfreiheit des Selbstständigen, denn nur bei einem Erfolg des Unternehmens ist dieser in der Lage, selbst für seine ausreichende soziale Absicherung zu sorgen. Solche Unternehmerchancen für den Kläger sind mit seiner Einlage von EUR 16.000,00 nicht verbunden. Er selbst hat bei seiner Anhörung angegeben, Abreden über die Art dieser Einlage gebe es nicht. Aus der vorgelegten Bescheinigung des Steuerberaters vom 07. Januar 2010 ist weiterhin ersichtlich, dass die Einlage weder zurückgezahlt noch verzinst werden soll. Es kann sich also auch nicht um ein Darlehen handeln, wie der Kläger vorträgt. Ein solcher von vornherein verlorener Zuschuss begründet keine Unternehmereigenschaft. Selbst bei stillen Gesellschaftern kann nur der Anteil am Verlust, nicht aber am Gewinn ausgeschlossen werden (§ 231 Abs. 2 HGB). Ein Gesellschaftsvertrag ist hier auch nicht geschlossen worden. Unabhängig hiervon hat die Einlage dem Kläger keine weitergehenden Einflussmöglichkeiten auf das Unternehmen der Beigeladenen zu 3) verschafft. Unabhängig hiervon ist die Gewährung von Darlehen und damit das Haftungsrisiko unter Eheleuten nicht mit der Gewährung eines Darlehens durch einen fremden Arbeitnehmer, der nicht Angehöriger des Unternehmensinhabers ist, zu vergleichen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 - in juris veröffentlicht). Eheleute haben als solche ein gesteigertes beiderseitiges Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Hieraus ergibt sich aber nicht ein Unternehmerrisiko. Diese Haftung tritt deshalb gegenüber den Gesichtspunkten, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, in den Hintergrund.

cc) Für eine abhängige Beschäftigung sprechen weiterhin die vertraglichen Vereinbarungen des Klägers und der Beigeladenen zu 3).

In § 2 Abs. 1 des Vertrags vom 01. August 2007 wurde ein monatliches Fixgehalt von EUR 2.500,00 vereinbart. Wie die Beklagte zu Recht vorgebracht hat, kann die Vereinbarung in § 2 Abs. 1 des Vertrags, wonach "zunächst" brutto EUR 2.500,00 gezahlt wurden, nicht so verstanden werden, dass damit eine ertragsabhängige Vergütung vereinbart sei. Vielmehr deutet diese Formulierung aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) darauf hin, dass Gehaltserhöhungen ins Auge gefasst wurden. Wie sich aus den Lohnabrechnungen ergibt, wurde das Festgehalt auch durchgängig gezahlt. Mit diesem Gehalt konnte der Kläger seinen Lebensunterhalt unter allen Umständen sichern. Selbst wenn - z. B. in einer Krisensituation - die zusätzlich zugesagten erfolgsabhängigen Tantiemen nicht gezahlt worden wären, hätte der Kläger sein Fixgehalt in voller Höhe weiter bekommen. Der Vertrag vom 01. August 2007 enthält keine Klauseln, nach denen der Kläger in seiner Position als Geschäftsführer verpflichtet gewesen wäre, etwa im Falle einer wirtschaftlichen Krise Kapital der Beigeladenen zu 3) zur Verfügung zu stellen oder auf Teile seiner erfolgsunabhängigen Grundvergütung zu verzichten. In § 1 Abs. 4 des Vertrags hat er sich lediglich "bereit erklärt", das Unternehmen zu unterstützen. Dies ist keine rechtlich durchsetzbare Pflicht. Außerdem sollte diese Unterstützung von einer gesonderten Absprache im Einzelfall abhängen, die zu treffen der Kläger ebenfalls rechtlich nicht verpflichtet war. Das Gleiche gilt für die Verabredung in § 2 Abs. 3 des Vertrags, wonach der Kläger seine Gewinnbeteiligung dem Unternehmen als Darlehen zur Verfügung stellen sollte. Auch dies war nur als "Bereiterklärung" formuliert und hing von einer weiteren Abrede ab, zu der der Kläger rechtlich nicht verpflichtet war. Bei der Frage der Vergütung ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger das gleiche Gehalt in Höhe von EUR 2.500,00 bereits nach dem Vertrag vom 01. August 2006 für seine Tätigkeit ab dem 15. August 2006 erhalten hatte. Die Höhe des Gehalts hatte sich also nicht verändert, obwohl die Tätigkeit nach dem jetzigen Vorbringen des Klägers ab dem 01. August 2007 eine andere sein soll, nämlich eine selbstständige.

Dass wegen des familiären Vertrauensverhältnisses auf die schriftliche Regelung typischer arbeitsrechtlicher Fragen, wie Urlaub, Kündigung und Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit verzichtet wurde, vermag bei alledem nicht wesentlich ins Gewicht zu fallen. Gerade bei dem in einem Betrieb mitarbeitenden Ehegatten bestehen regelmäßig größere Freiheiten im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; SozR 3-2400 § 168 Nr. 11). Solche größeren Freiheiten sind für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses unschädlich (BSG SozR Nr. 22 zu § 165 RVO). Außerdem gelten insoweit die zwingenden tariflichen und gesetzlichen Abreden, nachdem die Vereinbarung vom 01. August 2007 zivilrechtlich als Arbeitsvertrag einzustufen ist. Auf diese Regelungen hatten der Kläger und die Beigeladene zu 3) in dem vorherigen Vertrag vom 01. August 2006 auch hingewiesen. Nachdem sich die äußere Gestalt des Beschäftigungsverhältnisses ab dem 01. August 2007 nicht verändert hatte, kann angenommen werden, dass diese damalige Vereinbarung fortgelten soll.

dd) Gegenüber den genannten fixen Entgeltbedingungen vermag der Kläger nicht seinen Anteil an den unternehmerischen Dispositionen in Form einer "internen Geschäftsleitung" ins Feld zu führen. Die Entscheidungen des Klägers im tatsächlichen Ablauf des Betriebs, auch die Einstellung von Mitarbeitern, vollzogen sich auch ab August 2007 im Rahmen der alleinigen Unternehmerschaft der Beigeladenen zu 3), die auch allein das Insolvenzrisiko getragen hätte.

Eine Rechtsgrundlage, die die weitgehende Dispositionsfreiheit des Klägers rechtfertigen würde, ist nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 3) hätte es in der Hand gehabt, als alleinige Unternehmerin hindernd in die Freiheiten des Klägers, auch soweit es um die Führung des Innendienstes geht, einzugreifen und ihn dann im Sinne des hier entscheidenden Kriteriums "persönlich abhängig" werden zu lassen. Dass dies weitgehend unterlassen wurde, beruht nicht auf fehlender Rechtsmacht, sondern darauf, dass der Kläger - anscheinend im Gegensatz zur Beigeladenen zu 3) - allein über die für den Betrieb erforderlichen Fachkenntnisse verfügt.

Das Kriterium der Weisungsgebundenheit hilft hier nur begrenzt bei der Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorlag. So ist insbesondere die inhaltliche oder fachliche Weisungskompetenz bei hochqualifizierten Tätigkeiten eingeschränkt. Hierzu gehört auch die Leitung des Metzgereigeschäfts, wie sie der Kläger ausgeübt hat. Zudem kann auch die Tätigkeit eines Selbstständigen Bindungen und Weisungen eines Auftragsgebers unterliegen. Auch der selbstständige Auftragnehmer (z. B. Handelsvertreter) steht in einem ständigen Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber, dessen Interessen er wahrzunehmen hat.

Der Umstand, dass die Beigeladene zu 3) das Unternehmen durchgängig als Einzelfirma betrieben hat, ist ein weiteres Indiz dafür, dass sie den Betrieb nicht aus der Hand geben wollte. Auch ist allein die Beigeladene zu 3) Vertragspartner des Franchisegebers. Der Kläger hat keinerlei vertragliche Beziehungen zu dem Franchisegeber. Eine nachvollziehbare Begründung dafür, dass nicht er als Franchisenehmer gegenüber dem Metzgereiunternehmen auftrat und dass keine Gesellschaft gegründet wurde, konnte der Kläger bei seiner Anhörung am 29. September 2009 auch auf Nachfrage nicht angeben. Seine Aussage, der Steuerberater habe empfohlen, dass seine Frau als Franchisenehmerin und auch als Einzelkauffrau auftrete, erscheint wenig sinnvoll, wenn der Kläger seiner Behauptung nach über die besseren Kenntnisse zur Führung des Unternehmens verfügt hatte.

ee) Auch die weiteren, vom erkennenden Senat regelmäßig als besonders gewichtig erachteten Kriterien über die tatsächliche Ausgestaltung des Tätigkeitsverhältnisses sprechen für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Die Beigeladene zu 3) hat die Gehaltszahlungen an den Kläger als solche verbucht, sodass davon auszugehen ist, dass sie sie auch einkommen- und gewerbesteuerrechtlich als Betriebsausgaben geltend gemacht hat. Aus den vorgelegten Lohnabrechnungen ist - vom Kläger unbestritten - ersichtlich, dass die Beigeladene zu 3) für den Kläger durchgängig Lohnsteuer direkt an das Finanzamt abgeführt hat. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag regelmäßig abgeführt wurde und die Beigeladene zu 3) den Kläger am 31. August 2006 als abhängig Beschäftigten angemeldet hat. Eine Abmeldung ist auch bei der angeblichen Umstellung des Beschäftigungsverhältnisses zum 01. August 2007 nicht erfolgt. Das Sozialversicherungsverhältnis war mithin gewollt und wird auch gelebt. Die Anmeldung des Klägers zur Sozialversicherung und die ab dem 01. August 2007 fortlaufende Beitragsentrichtung zeigt, dass die Beigeladene zu 3) die rechtliche Stellung des Klägers innerhalb des Betriebs anders beurteilt als der Kläger selbst, nämlich als abhängig Beschäftigten.

d) Nachdem dem Kläger ein Gehalt gezahlt wird, das über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht, für dieses Gehalt Lohnsteuer und Gesamtsozialversicherungsbeiträge gezahlt werden und auch ein schriftlicher (Arbeits-)Vertrag vorliegt, ist die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 3) auch nicht als bloße familienhafte Mitarbeit einzustufen.

e) In dieser abhängigen Beschäftigung ist der Kläger versicherungspflichtig zu allen Zweigen der Sozialversicherung, wie die Beklagte zu Recht festgestellt hat. In der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung führt bereits die Beschäftigung allein zur Sozialversicherungspflicht. Außerdem überschreitet der Kläger mit seinem Bruttogehalt von EUR 2.500,00 im Monat ersichtlich nicht die Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 1 SGB V, sodass er auch in der Kranken- und Pflegeversicherung versicherungspflichtig ist.

4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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