Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 43/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4241/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Mai 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Verletztenrente wegen eines 1975 erlittenen Arbeitsunfalles zusteht.
Der 1961 geborene Kläger war am 29.09.1975 bei der Mithilfe im landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters in die Walze des Miststreuers geraten und hatte sich hierbei am linken Oberschenkel eine ausgedehnte Weichteilverletzung zugezogen. Die Behandlung wurde am 11.01.1976 abgeschlossen, Schulfähigkeit war am 12.01.1976 eingetreten (Bericht von Prof. Dr. S., D.-Krankenhaus S. H., vom 29.06.2005). Unterlagen über den damals gemeldeten landwirtschaftlichen Unfall sind bei der Beklagten nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht mehr vorhanden.
Mit Durchgangsarztbericht (DAB) vom 24.03.2005 teilte Dr. B. der Beklagten die Wiederaufnahme der Behandlung des Klägers mit. Der Kläger sei eigentlich immer beschwerdefrei gewesen, in letzter Zeit seien jedoch rezidivierende Schmerzen im Bereich der Oberschenkelmuskulatur aufgetreten, wenn er in die Hocke gehe und wieder aufstehe. Schmerzen im Knie und in den Hüftgelenken bestünden nicht. Dr. B. beschrieb einen deutlich deformierten ventralseitigen Oberschenkel mit zwei querverlaufenden tiefen Einziehungen. Bei fortbestehender Arbeitsfähigkeit verordnete er Krankengymnastik zur Muskelkräftigung. Anläßlich der Vorstellung bei Dr. W. am 28.04.2005 klagte der Kläger erneut über Schmerzen im Bereich der Weichteile des linken Oberschenkels, wobei das Bein primär voll belastet werden könne. Angegeben wurden Schwächen im Knie. Klinisch erhob Dr. W. reizlose, eingezogene Narben am Oberschenkel, ohne Verhärtung im Bereich der Weichteile und einen Druckschmerz am Oberschenkel an der Innenseite zur Mitte. Er verneinte einen Unfallzusammenhang (DAB von Dr. W. vom 03.05.2005). In seiner von der Beklagten veranlassten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12.10.2005 führte Dr. S. aus, die 2005 erhobenen Befunde passten zu der Verletzung von 1975 und befürwortete eine Behandlung zu Lasten der Beklagten.
Im Zwischenbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BG-Klinik) T. vom 24.11.2005 sind als Befund reizfreie Wundverhältnisse bei tief eingezogenen Narben am linken Oberschenkel mit Druckschmerz zwischen den Narben, keine Röte, keine Schwellung und ein freies Gangbild angegeben. Bei der empfohlenen neurologischen Untersuchung am 13.12.2005 gab der Kläger an, er leide an einer Kraftlosigkeit des linken Beines nach längerem, abgewinkeltem Sitzen, z. B. im LKW. Diese Kraftlosigkeit dauere einige Minuten an, dann könne er das Bein wieder normal einsetzen. Beim PKW-fahren in gestreckter Beinhaltung treten diese Beschwerden nicht auf (Befundbericht von PD Dr. M.-W. vom 14.12.2005). Nach PD Dr. M.-W. könnte die geklagte Kraftlosigkeit auf eine vorübergehende Gefäßkompression bei stark abgewinkelter Beinhaltung zurückgehen. Im Zwischenbericht der BG-Klinik T. vom 07.02.2006 wurde eine kernspintomografische Abklärung beider Oberschenkel am 13.01.2006 mit unauffälligem Befund, abgesehen von einer fettigen Degeneration der Oberschenkelstreckmuskulatur links, beschrieben. Ein Neurinom oder eine Gefäßstenose habe ausgeschlossen werden können. Der Kläger habe über eine Besserung nach Physiotherapie berichtet.
Mit Bescheid vom 18.04.2006 lehnte die Beklagte die Erfüllung von Ansprüchen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 04.04.2006 hinaus ab. Nach den vorliegenden ärztlichen Berichten bestehe keine wesentliche Bewegungsminderung und auch keine Muskelminderung. Die Narben an der Vorderseite des linken Oberschenkels seien reizlos und erklärten nicht die Kraftminderung. Die vorübergehende Gefäßminderung bestehe ebenfalls nicht unfallbedingt.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein. Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. S. vom 29.09.2006 ein, in der die beschriebenen Funktionsbeeinträchtigungen als nicht so gravierend eingestuft wurden, dass sie eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Ausmaße rechtfertigten. Eine anhaltende Funktionsbeeinträchtigung der linken unteren Gliedmaße liege nicht vor. Die MdE sei mit weniger als 10 v.H. einzuschätzen. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2006 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 02.01.2007 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG), zunächst mit dem Klageziel der Feststellung von Entschädigungsansprüchen auch über den 04.04.2006 hinaus.
Das Sozialgericht holte von Amts wegen das neurologische Gutachten von Prof. Dr. M. vom 14.09.2007 mit klinisch-neurophysiologischen Befundbericht vom 22.08.2007 und gutachterlicher Ergänzung vom 25.02.2008 ein. Darin führte der Sachverständige aus, die elektroneurografischen Untersuchungen der Oberschenkelmuskulatur zeigten in unmittelbarer Nähe zu den narbigen Einziehungen unauffällige Innervationsverhältnisse. Es bestünden keinerlei Hinweise auf traumatische Läsionen der Beinnerven. Allerdings habe sich bei der Untersuchung des Musculus quadrizeps femoris und des Musculus adductor longus ein Interferenzmuster wie bei einer Minderinnervation gezeigt. Hinweise auf eine neurogene Schädigung hätten sich nicht ergeben. Am Rand der unteren Narbe bestehe eine extreme punktförmige Druckdolenz, was mit einem Narbenneurom vereinbar sei. Es sei anzunehmen, dass die vom Kläger seit Dezember 2004 geklagten ziehenden Schmerzen und kurzzeitige Schwäche des linken Beines nach dem Aufrichten aus der Hocke oder bei längeren Fahrten mit angewinkelten Beinen durch ein Narbenneurom verursacht würden. Durch den plötzlichen Schmerz trete wahrscheinlich eine reflektorisch bedingte Minderinnervation ein, weshalb der Kläger mit dem linken Knie einknicke. Es sei zwar ungewöhnlich, dass die Beschwerden erst 29 Jahre nach dem Unfall aufgetreten seien, aber bei der seit dem Unfall bestehenden lokalen Druckschmerzhaftigkeit sei es möglicherweise im Laufe der Jahre zu einer narbige Schrumpfung in diesem Bereich gekommen, sodass seit 2004 bei ausgeprägter Kniebeugung ein Zug auf ein Narbenneurom entstehe. Kleine Neurome könnten dem kernspintomografischen Nachweis entgehen. Außerdem liege in dem Areal zwischen den beiden Narben eine Allodynie (bloße Berührung wird als Schmerz empfunden) und in dem streifenförmigen Hautareal zwischen der unteren Narbe und dem Knie eine Hypästhesie vor. Der muskuläre Gewebedefekt links führe zu einer Funktionsbeeinträchtigung, indem die Muskulatur des rechten Oberschenkels schneller ermüde. Dies begründe eine MdE von 10 v.H. seit 1975. Die seit 2004 bei bestimmten Bewegungen durch Muskel- oder Narbenzug hervorgerufenen Schmerzen führten zu einer einige Minuten anhaltenden Schwäche des linken Beines. Es handle sich hierbei um ein neuropathisches Schmerzsyndrom, welches Arbeiten in der Hocke oder bei gebeugter Haltung empfindlich einschränke. Hierbei handele es sich um einen später hinzugetretenen, ungewöhnlichen Schmerz, der nicht in der MdE von 10 v.H. für den Gewebedefekt enthalten sei. Eine Erhöhung der MdE sei daher angemessen. Seit Dezember 2004 betrage die unfallbedingte MdE 20 v.H. Es werde die Vorstellung in einer Schmerzambulanz empfohlen, da es durch eine fortgesetzte Irritation zu einem chronischen Schmerzsyndrom kommen könne. Die Ursache für die positionsabhängigen Schmerzen könnte auch durch eine diagnostische Blockade des betreffenden Nerven mit einem Lokalanästhetikum bewiesen werden. Bei entsprechender Diagnose könne das Neurom durch gezielte Ausschaltung therapeutisch angegangen werden, was einer kontinuierlichen Schmerzmedikation vorzuziehen sei.
Die Beklagte legte hierzu die beratungsfachärztliche Stellungnahme vom 07.01.2008 des Arztes für Neurologie/Psychiatrie Dr. O. vor. Dieser teilte die Kausalitätseinschätzung des Sachverständigen. Es seien jedoch nur geringe neurologische Defizite vorhanden, wobei die sensiblen Störungen für sich genommen keine Funktionseinschränkungen verursachten. Ein substanzieller Nervenschaden des peripheren Nervensystems sei ausgeschlossen worden. Ein wahrscheinliches Narbenneurom bedinge auch keine motorische Funktionsstörung. Ein neuropathisches Schmerzsyndrom im eigentlichen Sinne mit behandlungsbedürftigen Dauerschmerzen liege ebenfalls nicht vor. Die Verödung des Neuroms müsste zu einer Verbesserung führen, da ein neurologisches Defizit für die unterhaltene Schwäche des linken Beines nicht verantwortlich sei. Eine gravierende Dauereinschränkung bei fortbestehender Arbeitsfähigkeit und fehlender kontinuierlicher Schmerzmedikation liege nicht vor. Die unfallbedingte MdE betrage 10 v.H.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erkannte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Heilbehandlung über den 04.04.2006 hinaus an. Der Kläger stellte nur noch den Antrag, ihm Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 01.01.2005 zu gewähren.
Mit Urteil vom 27.05.2009 wurde die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 01.01.2005 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen stützte sich das Sozialgericht auf die gutachtlichen Äußerungen des Sachverständigen Prof. Dr. M ...
Gegen das der Beklagten am 17.08.2009 zugestellte Urteil hat sie am 15.09.2009 Berufung eingelegt und zur Begründung auf die vorgelegte beratungsärztliche Stellungnahme vom 30.09.2009 verwiesen. Dr. O. führt darin aus, dass das Vorliegen eines Narbenneuroms mit wesentlich schmerzauslösendem Effekt spekulativ sei. Im Sachverständigengutachten sei eine solche Funktionseinschränkung nicht nachgewiesen worden, zumal eine entsprechende Funktionssituation einfach zu simulieren gewesen sei. Eine schnellere Ermüdung der betroffenen Muskulatur könne auf den Muskeldefekt zurückgeführt werden, was auch in der Kernspintomographie durch das Vorliegen einer fettigen Degeneration nachgewiesen sei. Dies rechtfertige eine MdE von 10 v.H., was auch Prof. Dr. M. vertrete. Hierbei sei die Kompensationsmöglichkeiten durch die gesunde Gegenseite bereits berücksichtigt. Eine höhere Bewertung sei nicht zu begründen. Die Frage der Quantifizierung und Qualifizierung der leistungsrelevanten Störung sei im Gutachten nicht beantwortet. Schmerzen, die nicht behandelt werden, seien in der Regel aber nicht wesentlich beeinträchtigungsrelevant. Eine direkte, punktförmige Schmerzauslösung durch Druck entspreche nicht den Kriterien einer Allodynie. Eine intermittierende, positionsabhänge Minderinnervation sei für eine MdE-Bewertung relevant, wenn sie einen belangvollen Umfang aufweise. Ein solcher liege aber nicht in berücksichtigungswürdigem Ausmaß vor, da nicht einmal in der Untersuchungssituation eine entsprechende Belastungserprobung simulierbar gewesen sei. Die Beklagte hat ergänzend ausgeführt, mit Einverständnis des Klägers sei sie bereit, ein weiteres Gutachten an kompetenter Stelle zu veranlassen. Sie gehe aber davon aus, dass bislang keine Funktionseinschränkung nachgewiesen sei, die eine unfallbedingte MdE von mindestens 20 v.H. rechtfertige. Sie hat das Attest von Dr. K.-U. vom 19.11.2009 und den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik K. vom 21.07.2008 vorgelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Mai 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig.
Die Berufung ist auch begründet. Das Urteil des SG war aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente.
Die Berufung ist nicht deshalb begründet, weil bereits die Klage wegen Versäumung der Klagefrist mit Klageerhebung am 02.01.2008 unzulässig wäre. Der Akte der Beklagten ist kein Postabgangsvermerk für den Widerspruchsbescheid vom 27.11.2006 (weder für das - einfache - Schreiben an den Klägerbevollmächtigten vom 27.11.2007 mit dem als Anlage angeführten Widerspruchsbescheid noch für den Widerspruchsbescheid selbst) bzw. kein Zustellungsnachweis (der Widerspruchsbescheid enthält nur den Vermerk "Einschreiben") zu entnehmen. Ob und ab wann eine Klagefrist in Lauf gesetzt wurde, ist nicht nachgewiesen.
Im vorliegenden Fall sind die zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII; BGBl I S. 1254) anzuwenden, obwohl Gegenstand des Rechtsstreit eine Leistungsgewährung aus einem vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall ist, denn die begehrte Rentenleistung wäre erstmals nach dem 31.12.1996 festzusetzen gewesen (vgl. §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII). Eine rentenberechtigende MdE kommt allenfalls ab Dezember 2004 in Betracht. Ein Zeitpunkt vor 1997 wird auch nicht geltend gemacht.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (Stützrente). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 SGB VII). Durch das Wort "infolge" drückt § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII, wie zuvor § 548 Abs 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) durch das Wort "bei" aus, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden bzw. dem Tod erforderlich ist. Diese sogenannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 mwN). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG aaO; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr 1).
Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger keine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit zu. Zu dieser Überzeugung gelangte der Senat durch die überzeugenden Ausführungen in den beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. O ... Danach liegen beim Kläger Unfallfolgen vor, die keine MdE um mindestens 20 v.H. begründen. Hierbei geht der Senat davon aus, dass der ausgeprägte Weichteildefekt mit Reduzierung der Muskelmasse am linken Oberschenkel eine funktionelle Beeinträchtigungen bedingt, die mit einer MdE um 10 v.H. angemessen berücksichtigt ist. Insoweit decken sich die Einschätzungen der sich gutachtlich äußernden Ärzte Prof. Dr. M. und Dr. O ... Dies beinhaltet die von Dr. O. beschriebene schnellere Ermüdung der reduzierten Oberschenkelmuskulatur einschließlich der damit einhergehenden Belastungsbeschwerden. Auch im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik K. vom 21.07.2008 werden außer einer leichten Kraftminderung am linken Bein keine weiteren auffälligen Befunde an den Beinen beschrieben. Nicht nachvollziehbar ist die von Prof. Dr. M. angenommene Beeinträchtigung des nicht vom Unfall betroffenen rechten Beins, da eine Überlastung des Komplementärorgans bei annähernd dreißigjähriger Beschwerdefreiheit und der jetzt geltend gemachten nur temporär und kurzzeitig auftretenden Belastungsbeschwerden nicht eingetreten sein kann, was auch Dr. O. überzeugend dargelegt hat.
Entgegen der Auffassung von Dr. O. ist dem Gutachten des Sachverständigen auch hinreichend zu entnehmen, welche - nach Auffassung des Sachverständigen unfallbedingten - weiteren Beeinträchtigungen in quantitativer und qualitativer Art vorliegen. Der Senat lässt dahinstehen, ob ein Narbenneurom hinreichend nachgewiesen ist entsprechend den oben angegebenen Beweisanforderungen für das Vorliegen einer Krankheit/Gesundheitsstörung. Immerhin wurde von Dr. O. in seiner Stellungnahme vom 07.01.2008 ein unfallbedingter Zusammenhang noch bejaht, seine Bedenken in seiner Stellungnahme vom 30.09.2009, dass auf Grund der klinischen Symptomatik die Diagnose nur Spekulation sei, vermag nicht vollends zu überzeugen.
Doch wird zu Gunsten des Klägers ein unfallursächliches Narbenneurom unterstellt, ergeben sich aus den damit verbundenen funktionellen Einschränkungen keine Tatsachen, die eine MdE um 20 v.H. begründen. Für den Senat überzeugend hat Dr. O. darauf hingewiesen, dass einerseits apparativ keine nervale Schädigung nachgewiesen ist. Die geklagten Sensibilitätsstörungen auf dem abgegrenzten Hautareal stellen keine funktionell relevante Beeinträchtigung dar. Eine Allodynie liegt definitionsgemäß nicht vor. Der durch punktförmigen Druck auslösbare Schmerz am Rand der unteren Oberschenkelnarbe ist keine relevante Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit, da eine maßgebliche Funktionsbeeinträchtigung hieraus nicht resultiert. Nachvollziehbar geht Dr. O. auch davon aus, dass keine erheblichen Belastungsbeschwerden in Form von Belastungsschmerzen vorliegen, wenn der Kläger sich keiner - im Übrigen auch vom Sachverständigen vorgeschlagenen - Schmerzbehandlung unterzieht. Hinweise auf ungewöhnliche Belastungsschmerzen, die nicht bereits von der MdE um 10 v.H. für die Muskelreduzierung erfasst sind, sind den erhobenen Befunden nicht zu entnehmen. Schwellungen oder Rötungen werden von den gehörten Ärzten nicht beschrieben. Einschlägige Arbeitsunfähigkeitszeiten ab Beschwerdebeginn im Dezember 2004 sind nicht dokumentiert (vgl. u.a. DAB vom 24.03.2005, vom 03.04.2005 und Zwischenbericht der BG-Klinik vom 07.02.2006) und wurden vom Kläger bislang auch nicht geltend gemacht. Die jetzt erstmals behaupteten Krankschreibungen im Attest von Dr. K.-U. vom 19.11.2009 sind nicht näher konkretisiert und erklären nicht die insoweit unauffälligen Verlauf nach der anderweitigen Arztdokumentation. Vor dem Hintergrund der übereinstimmend ärztlich angegebenen einfachen Therapiefähigkeit der Belastungsschmerzen sieht sich der Senat auch nicht zu diesbezüglichen weiteren Ermittlungen gedrängt.
Soweit von Prof. Dr. M. die vom Kläger geschilderte Kraftlosigkeit des linken Beines maßgeblich zur Erhöhung der MdE um 10 v.H. herangezogen wird, ist dies nicht mit den allgemeinen Erfahrungswerten und Grundsätzen der MdE-Bewertung zu vereinbaren. Den Angaben des Klägers zufolge tritt eine mehrere Minuten andauernde Schwäche des linken Beines immer dann auf, wenn das linke Bein im Kniegelenk stark oder länger abgewinkelt ist, z.B. bei Arbeiten in der Hocke oder bei längerem Sitzen mit abgeknicktem Kniegelenk. Entsprechende Angaben hat der Kläger nicht nur bei der Untersuchung durch Prof. Dr. M. sondern auch bei den behandelnden Ärzten der BG-Klinik, bei Dr. B. und bei PD Dr. M.-W. gemacht. Weitere Ermittlungen sind daher entgegen der Ansicht von Dr. O. nicht erforderlich. Unerheblich ist, dass dies bedingt durch die konkrete Tätigkeit des Klägers als Getriebeprüfer gehäuft auftritt, denn maßgebend sind, wie oben ausgeführt, die Erwerbsmöglichkeiten auf dem gesamten Arbeitsmarkt. Das Kniegelenk selbst ist in der Bewegung frei, wie sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. M. ergibt und auch sonst übereinstimmend ärztlich berichtet wird (vgl. u.a. den Zwischenbericht der BG-Klinik Tübingen vom 24.11.2005). Diese situationsabhängige und nicht auf Dauer, sondern nur für einige Minuten bestehende Funktionseinschränkung ist bei vergleichender Betrachtung der MdE-Bewertungsansätze nicht geeignet, eine MdE-Erhöhung auf 20 v.H. zu begründen. Nach den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen ergibt die Bewegungseinschränkung des Kniegelenks bei einer Beugehemmung bis 120° eine MdE von 10 v.H., bei einer Beugehemmung bis 90° eine MdE von 20 v.H. (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 724; dagegen ist in der Neuauflage - 8 Aufl. 2010 - jetzt nur noch eine MdE um 15 v.H. für eine Beugehemmung bis 90° angegeben, vgl. S. 654 a.a.O.), wobei in diesen Ansätzen bereits die üblichen Schmerzen berücksichtigt sind und von einer Dauerbeeinträchtigung auszugehen ist. Beim Kläger liegt am linken Bein keinerlei motorische Beeinträchtigung vor, er kann in die Hocke gehen und das Kniegelenk somit weit über 90° beugen. Der Kläger, dem faktisch die Kniebewegung unbegrenzt möglich ist und bei dem sich nur für kurze Zeit vorübergehend eine Funktionsbeeinträchtigung bei längerem Knien oder extremer Kniehaltung einstellt, ist deshalb weit besser gestellt als derjenige, dessen Kniebeweglichkeit bei (üblicher) Schmerzhaftigkeit auf Dauer mit einer Beugeeinschränkung bis 90° eingeschränkt ist. In der Gesamtbetrachtung ergibt die postulierte schnellere Ermüdung der reduzierten Muskelmasse des linken Oberschenkels und die positionsabhängige vorübergehende Schwäche des linken Beines keine Funktionsbeeinträchtigung, die nach den genannten Bewertungskriterien der Schwere einer mit der MdE um 20 v.H. bewerteten Gesundheitsstörung gleichkäme.
Ein Stützrententatbestand liegt nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Verletztenrente wegen eines 1975 erlittenen Arbeitsunfalles zusteht.
Der 1961 geborene Kläger war am 29.09.1975 bei der Mithilfe im landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters in die Walze des Miststreuers geraten und hatte sich hierbei am linken Oberschenkel eine ausgedehnte Weichteilverletzung zugezogen. Die Behandlung wurde am 11.01.1976 abgeschlossen, Schulfähigkeit war am 12.01.1976 eingetreten (Bericht von Prof. Dr. S., D.-Krankenhaus S. H., vom 29.06.2005). Unterlagen über den damals gemeldeten landwirtschaftlichen Unfall sind bei der Beklagten nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht mehr vorhanden.
Mit Durchgangsarztbericht (DAB) vom 24.03.2005 teilte Dr. B. der Beklagten die Wiederaufnahme der Behandlung des Klägers mit. Der Kläger sei eigentlich immer beschwerdefrei gewesen, in letzter Zeit seien jedoch rezidivierende Schmerzen im Bereich der Oberschenkelmuskulatur aufgetreten, wenn er in die Hocke gehe und wieder aufstehe. Schmerzen im Knie und in den Hüftgelenken bestünden nicht. Dr. B. beschrieb einen deutlich deformierten ventralseitigen Oberschenkel mit zwei querverlaufenden tiefen Einziehungen. Bei fortbestehender Arbeitsfähigkeit verordnete er Krankengymnastik zur Muskelkräftigung. Anläßlich der Vorstellung bei Dr. W. am 28.04.2005 klagte der Kläger erneut über Schmerzen im Bereich der Weichteile des linken Oberschenkels, wobei das Bein primär voll belastet werden könne. Angegeben wurden Schwächen im Knie. Klinisch erhob Dr. W. reizlose, eingezogene Narben am Oberschenkel, ohne Verhärtung im Bereich der Weichteile und einen Druckschmerz am Oberschenkel an der Innenseite zur Mitte. Er verneinte einen Unfallzusammenhang (DAB von Dr. W. vom 03.05.2005). In seiner von der Beklagten veranlassten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12.10.2005 führte Dr. S. aus, die 2005 erhobenen Befunde passten zu der Verletzung von 1975 und befürwortete eine Behandlung zu Lasten der Beklagten.
Im Zwischenbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BG-Klinik) T. vom 24.11.2005 sind als Befund reizfreie Wundverhältnisse bei tief eingezogenen Narben am linken Oberschenkel mit Druckschmerz zwischen den Narben, keine Röte, keine Schwellung und ein freies Gangbild angegeben. Bei der empfohlenen neurologischen Untersuchung am 13.12.2005 gab der Kläger an, er leide an einer Kraftlosigkeit des linken Beines nach längerem, abgewinkeltem Sitzen, z. B. im LKW. Diese Kraftlosigkeit dauere einige Minuten an, dann könne er das Bein wieder normal einsetzen. Beim PKW-fahren in gestreckter Beinhaltung treten diese Beschwerden nicht auf (Befundbericht von PD Dr. M.-W. vom 14.12.2005). Nach PD Dr. M.-W. könnte die geklagte Kraftlosigkeit auf eine vorübergehende Gefäßkompression bei stark abgewinkelter Beinhaltung zurückgehen. Im Zwischenbericht der BG-Klinik T. vom 07.02.2006 wurde eine kernspintomografische Abklärung beider Oberschenkel am 13.01.2006 mit unauffälligem Befund, abgesehen von einer fettigen Degeneration der Oberschenkelstreckmuskulatur links, beschrieben. Ein Neurinom oder eine Gefäßstenose habe ausgeschlossen werden können. Der Kläger habe über eine Besserung nach Physiotherapie berichtet.
Mit Bescheid vom 18.04.2006 lehnte die Beklagte die Erfüllung von Ansprüchen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 04.04.2006 hinaus ab. Nach den vorliegenden ärztlichen Berichten bestehe keine wesentliche Bewegungsminderung und auch keine Muskelminderung. Die Narben an der Vorderseite des linken Oberschenkels seien reizlos und erklärten nicht die Kraftminderung. Die vorübergehende Gefäßminderung bestehe ebenfalls nicht unfallbedingt.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein. Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. S. vom 29.09.2006 ein, in der die beschriebenen Funktionsbeeinträchtigungen als nicht so gravierend eingestuft wurden, dass sie eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Ausmaße rechtfertigten. Eine anhaltende Funktionsbeeinträchtigung der linken unteren Gliedmaße liege nicht vor. Die MdE sei mit weniger als 10 v.H. einzuschätzen. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2006 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 02.01.2007 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG), zunächst mit dem Klageziel der Feststellung von Entschädigungsansprüchen auch über den 04.04.2006 hinaus.
Das Sozialgericht holte von Amts wegen das neurologische Gutachten von Prof. Dr. M. vom 14.09.2007 mit klinisch-neurophysiologischen Befundbericht vom 22.08.2007 und gutachterlicher Ergänzung vom 25.02.2008 ein. Darin führte der Sachverständige aus, die elektroneurografischen Untersuchungen der Oberschenkelmuskulatur zeigten in unmittelbarer Nähe zu den narbigen Einziehungen unauffällige Innervationsverhältnisse. Es bestünden keinerlei Hinweise auf traumatische Läsionen der Beinnerven. Allerdings habe sich bei der Untersuchung des Musculus quadrizeps femoris und des Musculus adductor longus ein Interferenzmuster wie bei einer Minderinnervation gezeigt. Hinweise auf eine neurogene Schädigung hätten sich nicht ergeben. Am Rand der unteren Narbe bestehe eine extreme punktförmige Druckdolenz, was mit einem Narbenneurom vereinbar sei. Es sei anzunehmen, dass die vom Kläger seit Dezember 2004 geklagten ziehenden Schmerzen und kurzzeitige Schwäche des linken Beines nach dem Aufrichten aus der Hocke oder bei längeren Fahrten mit angewinkelten Beinen durch ein Narbenneurom verursacht würden. Durch den plötzlichen Schmerz trete wahrscheinlich eine reflektorisch bedingte Minderinnervation ein, weshalb der Kläger mit dem linken Knie einknicke. Es sei zwar ungewöhnlich, dass die Beschwerden erst 29 Jahre nach dem Unfall aufgetreten seien, aber bei der seit dem Unfall bestehenden lokalen Druckschmerzhaftigkeit sei es möglicherweise im Laufe der Jahre zu einer narbige Schrumpfung in diesem Bereich gekommen, sodass seit 2004 bei ausgeprägter Kniebeugung ein Zug auf ein Narbenneurom entstehe. Kleine Neurome könnten dem kernspintomografischen Nachweis entgehen. Außerdem liege in dem Areal zwischen den beiden Narben eine Allodynie (bloße Berührung wird als Schmerz empfunden) und in dem streifenförmigen Hautareal zwischen der unteren Narbe und dem Knie eine Hypästhesie vor. Der muskuläre Gewebedefekt links führe zu einer Funktionsbeeinträchtigung, indem die Muskulatur des rechten Oberschenkels schneller ermüde. Dies begründe eine MdE von 10 v.H. seit 1975. Die seit 2004 bei bestimmten Bewegungen durch Muskel- oder Narbenzug hervorgerufenen Schmerzen führten zu einer einige Minuten anhaltenden Schwäche des linken Beines. Es handle sich hierbei um ein neuropathisches Schmerzsyndrom, welches Arbeiten in der Hocke oder bei gebeugter Haltung empfindlich einschränke. Hierbei handele es sich um einen später hinzugetretenen, ungewöhnlichen Schmerz, der nicht in der MdE von 10 v.H. für den Gewebedefekt enthalten sei. Eine Erhöhung der MdE sei daher angemessen. Seit Dezember 2004 betrage die unfallbedingte MdE 20 v.H. Es werde die Vorstellung in einer Schmerzambulanz empfohlen, da es durch eine fortgesetzte Irritation zu einem chronischen Schmerzsyndrom kommen könne. Die Ursache für die positionsabhängigen Schmerzen könnte auch durch eine diagnostische Blockade des betreffenden Nerven mit einem Lokalanästhetikum bewiesen werden. Bei entsprechender Diagnose könne das Neurom durch gezielte Ausschaltung therapeutisch angegangen werden, was einer kontinuierlichen Schmerzmedikation vorzuziehen sei.
Die Beklagte legte hierzu die beratungsfachärztliche Stellungnahme vom 07.01.2008 des Arztes für Neurologie/Psychiatrie Dr. O. vor. Dieser teilte die Kausalitätseinschätzung des Sachverständigen. Es seien jedoch nur geringe neurologische Defizite vorhanden, wobei die sensiblen Störungen für sich genommen keine Funktionseinschränkungen verursachten. Ein substanzieller Nervenschaden des peripheren Nervensystems sei ausgeschlossen worden. Ein wahrscheinliches Narbenneurom bedinge auch keine motorische Funktionsstörung. Ein neuropathisches Schmerzsyndrom im eigentlichen Sinne mit behandlungsbedürftigen Dauerschmerzen liege ebenfalls nicht vor. Die Verödung des Neuroms müsste zu einer Verbesserung führen, da ein neurologisches Defizit für die unterhaltene Schwäche des linken Beines nicht verantwortlich sei. Eine gravierende Dauereinschränkung bei fortbestehender Arbeitsfähigkeit und fehlender kontinuierlicher Schmerzmedikation liege nicht vor. Die unfallbedingte MdE betrage 10 v.H.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erkannte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Heilbehandlung über den 04.04.2006 hinaus an. Der Kläger stellte nur noch den Antrag, ihm Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 01.01.2005 zu gewähren.
Mit Urteil vom 27.05.2009 wurde die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 01.01.2005 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen stützte sich das Sozialgericht auf die gutachtlichen Äußerungen des Sachverständigen Prof. Dr. M ...
Gegen das der Beklagten am 17.08.2009 zugestellte Urteil hat sie am 15.09.2009 Berufung eingelegt und zur Begründung auf die vorgelegte beratungsärztliche Stellungnahme vom 30.09.2009 verwiesen. Dr. O. führt darin aus, dass das Vorliegen eines Narbenneuroms mit wesentlich schmerzauslösendem Effekt spekulativ sei. Im Sachverständigengutachten sei eine solche Funktionseinschränkung nicht nachgewiesen worden, zumal eine entsprechende Funktionssituation einfach zu simulieren gewesen sei. Eine schnellere Ermüdung der betroffenen Muskulatur könne auf den Muskeldefekt zurückgeführt werden, was auch in der Kernspintomographie durch das Vorliegen einer fettigen Degeneration nachgewiesen sei. Dies rechtfertige eine MdE von 10 v.H., was auch Prof. Dr. M. vertrete. Hierbei sei die Kompensationsmöglichkeiten durch die gesunde Gegenseite bereits berücksichtigt. Eine höhere Bewertung sei nicht zu begründen. Die Frage der Quantifizierung und Qualifizierung der leistungsrelevanten Störung sei im Gutachten nicht beantwortet. Schmerzen, die nicht behandelt werden, seien in der Regel aber nicht wesentlich beeinträchtigungsrelevant. Eine direkte, punktförmige Schmerzauslösung durch Druck entspreche nicht den Kriterien einer Allodynie. Eine intermittierende, positionsabhänge Minderinnervation sei für eine MdE-Bewertung relevant, wenn sie einen belangvollen Umfang aufweise. Ein solcher liege aber nicht in berücksichtigungswürdigem Ausmaß vor, da nicht einmal in der Untersuchungssituation eine entsprechende Belastungserprobung simulierbar gewesen sei. Die Beklagte hat ergänzend ausgeführt, mit Einverständnis des Klägers sei sie bereit, ein weiteres Gutachten an kompetenter Stelle zu veranlassen. Sie gehe aber davon aus, dass bislang keine Funktionseinschränkung nachgewiesen sei, die eine unfallbedingte MdE von mindestens 20 v.H. rechtfertige. Sie hat das Attest von Dr. K.-U. vom 19.11.2009 und den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik K. vom 21.07.2008 vorgelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Mai 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig.
Die Berufung ist auch begründet. Das Urteil des SG war aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente.
Die Berufung ist nicht deshalb begründet, weil bereits die Klage wegen Versäumung der Klagefrist mit Klageerhebung am 02.01.2008 unzulässig wäre. Der Akte der Beklagten ist kein Postabgangsvermerk für den Widerspruchsbescheid vom 27.11.2006 (weder für das - einfache - Schreiben an den Klägerbevollmächtigten vom 27.11.2007 mit dem als Anlage angeführten Widerspruchsbescheid noch für den Widerspruchsbescheid selbst) bzw. kein Zustellungsnachweis (der Widerspruchsbescheid enthält nur den Vermerk "Einschreiben") zu entnehmen. Ob und ab wann eine Klagefrist in Lauf gesetzt wurde, ist nicht nachgewiesen.
Im vorliegenden Fall sind die zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII; BGBl I S. 1254) anzuwenden, obwohl Gegenstand des Rechtsstreit eine Leistungsgewährung aus einem vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall ist, denn die begehrte Rentenleistung wäre erstmals nach dem 31.12.1996 festzusetzen gewesen (vgl. §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII). Eine rentenberechtigende MdE kommt allenfalls ab Dezember 2004 in Betracht. Ein Zeitpunkt vor 1997 wird auch nicht geltend gemacht.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (Stützrente). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 SGB VII). Durch das Wort "infolge" drückt § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII, wie zuvor § 548 Abs 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) durch das Wort "bei" aus, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden bzw. dem Tod erforderlich ist. Diese sogenannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 mwN). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG aaO; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr 1).
Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger keine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit zu. Zu dieser Überzeugung gelangte der Senat durch die überzeugenden Ausführungen in den beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. O ... Danach liegen beim Kläger Unfallfolgen vor, die keine MdE um mindestens 20 v.H. begründen. Hierbei geht der Senat davon aus, dass der ausgeprägte Weichteildefekt mit Reduzierung der Muskelmasse am linken Oberschenkel eine funktionelle Beeinträchtigungen bedingt, die mit einer MdE um 10 v.H. angemessen berücksichtigt ist. Insoweit decken sich die Einschätzungen der sich gutachtlich äußernden Ärzte Prof. Dr. M. und Dr. O ... Dies beinhaltet die von Dr. O. beschriebene schnellere Ermüdung der reduzierten Oberschenkelmuskulatur einschließlich der damit einhergehenden Belastungsbeschwerden. Auch im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik K. vom 21.07.2008 werden außer einer leichten Kraftminderung am linken Bein keine weiteren auffälligen Befunde an den Beinen beschrieben. Nicht nachvollziehbar ist die von Prof. Dr. M. angenommene Beeinträchtigung des nicht vom Unfall betroffenen rechten Beins, da eine Überlastung des Komplementärorgans bei annähernd dreißigjähriger Beschwerdefreiheit und der jetzt geltend gemachten nur temporär und kurzzeitig auftretenden Belastungsbeschwerden nicht eingetreten sein kann, was auch Dr. O. überzeugend dargelegt hat.
Entgegen der Auffassung von Dr. O. ist dem Gutachten des Sachverständigen auch hinreichend zu entnehmen, welche - nach Auffassung des Sachverständigen unfallbedingten - weiteren Beeinträchtigungen in quantitativer und qualitativer Art vorliegen. Der Senat lässt dahinstehen, ob ein Narbenneurom hinreichend nachgewiesen ist entsprechend den oben angegebenen Beweisanforderungen für das Vorliegen einer Krankheit/Gesundheitsstörung. Immerhin wurde von Dr. O. in seiner Stellungnahme vom 07.01.2008 ein unfallbedingter Zusammenhang noch bejaht, seine Bedenken in seiner Stellungnahme vom 30.09.2009, dass auf Grund der klinischen Symptomatik die Diagnose nur Spekulation sei, vermag nicht vollends zu überzeugen.
Doch wird zu Gunsten des Klägers ein unfallursächliches Narbenneurom unterstellt, ergeben sich aus den damit verbundenen funktionellen Einschränkungen keine Tatsachen, die eine MdE um 20 v.H. begründen. Für den Senat überzeugend hat Dr. O. darauf hingewiesen, dass einerseits apparativ keine nervale Schädigung nachgewiesen ist. Die geklagten Sensibilitätsstörungen auf dem abgegrenzten Hautareal stellen keine funktionell relevante Beeinträchtigung dar. Eine Allodynie liegt definitionsgemäß nicht vor. Der durch punktförmigen Druck auslösbare Schmerz am Rand der unteren Oberschenkelnarbe ist keine relevante Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit, da eine maßgebliche Funktionsbeeinträchtigung hieraus nicht resultiert. Nachvollziehbar geht Dr. O. auch davon aus, dass keine erheblichen Belastungsbeschwerden in Form von Belastungsschmerzen vorliegen, wenn der Kläger sich keiner - im Übrigen auch vom Sachverständigen vorgeschlagenen - Schmerzbehandlung unterzieht. Hinweise auf ungewöhnliche Belastungsschmerzen, die nicht bereits von der MdE um 10 v.H. für die Muskelreduzierung erfasst sind, sind den erhobenen Befunden nicht zu entnehmen. Schwellungen oder Rötungen werden von den gehörten Ärzten nicht beschrieben. Einschlägige Arbeitsunfähigkeitszeiten ab Beschwerdebeginn im Dezember 2004 sind nicht dokumentiert (vgl. u.a. DAB vom 24.03.2005, vom 03.04.2005 und Zwischenbericht der BG-Klinik vom 07.02.2006) und wurden vom Kläger bislang auch nicht geltend gemacht. Die jetzt erstmals behaupteten Krankschreibungen im Attest von Dr. K.-U. vom 19.11.2009 sind nicht näher konkretisiert und erklären nicht die insoweit unauffälligen Verlauf nach der anderweitigen Arztdokumentation. Vor dem Hintergrund der übereinstimmend ärztlich angegebenen einfachen Therapiefähigkeit der Belastungsschmerzen sieht sich der Senat auch nicht zu diesbezüglichen weiteren Ermittlungen gedrängt.
Soweit von Prof. Dr. M. die vom Kläger geschilderte Kraftlosigkeit des linken Beines maßgeblich zur Erhöhung der MdE um 10 v.H. herangezogen wird, ist dies nicht mit den allgemeinen Erfahrungswerten und Grundsätzen der MdE-Bewertung zu vereinbaren. Den Angaben des Klägers zufolge tritt eine mehrere Minuten andauernde Schwäche des linken Beines immer dann auf, wenn das linke Bein im Kniegelenk stark oder länger abgewinkelt ist, z.B. bei Arbeiten in der Hocke oder bei längerem Sitzen mit abgeknicktem Kniegelenk. Entsprechende Angaben hat der Kläger nicht nur bei der Untersuchung durch Prof. Dr. M. sondern auch bei den behandelnden Ärzten der BG-Klinik, bei Dr. B. und bei PD Dr. M.-W. gemacht. Weitere Ermittlungen sind daher entgegen der Ansicht von Dr. O. nicht erforderlich. Unerheblich ist, dass dies bedingt durch die konkrete Tätigkeit des Klägers als Getriebeprüfer gehäuft auftritt, denn maßgebend sind, wie oben ausgeführt, die Erwerbsmöglichkeiten auf dem gesamten Arbeitsmarkt. Das Kniegelenk selbst ist in der Bewegung frei, wie sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. M. ergibt und auch sonst übereinstimmend ärztlich berichtet wird (vgl. u.a. den Zwischenbericht der BG-Klinik Tübingen vom 24.11.2005). Diese situationsabhängige und nicht auf Dauer, sondern nur für einige Minuten bestehende Funktionseinschränkung ist bei vergleichender Betrachtung der MdE-Bewertungsansätze nicht geeignet, eine MdE-Erhöhung auf 20 v.H. zu begründen. Nach den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen ergibt die Bewegungseinschränkung des Kniegelenks bei einer Beugehemmung bis 120° eine MdE von 10 v.H., bei einer Beugehemmung bis 90° eine MdE von 20 v.H. (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 724; dagegen ist in der Neuauflage - 8 Aufl. 2010 - jetzt nur noch eine MdE um 15 v.H. für eine Beugehemmung bis 90° angegeben, vgl. S. 654 a.a.O.), wobei in diesen Ansätzen bereits die üblichen Schmerzen berücksichtigt sind und von einer Dauerbeeinträchtigung auszugehen ist. Beim Kläger liegt am linken Bein keinerlei motorische Beeinträchtigung vor, er kann in die Hocke gehen und das Kniegelenk somit weit über 90° beugen. Der Kläger, dem faktisch die Kniebewegung unbegrenzt möglich ist und bei dem sich nur für kurze Zeit vorübergehend eine Funktionsbeeinträchtigung bei längerem Knien oder extremer Kniehaltung einstellt, ist deshalb weit besser gestellt als derjenige, dessen Kniebeweglichkeit bei (üblicher) Schmerzhaftigkeit auf Dauer mit einer Beugeeinschränkung bis 90° eingeschränkt ist. In der Gesamtbetrachtung ergibt die postulierte schnellere Ermüdung der reduzierten Muskelmasse des linken Oberschenkels und die positionsabhängige vorübergehende Schwäche des linken Beines keine Funktionsbeeinträchtigung, die nach den genannten Bewertungskriterien der Schwere einer mit der MdE um 20 v.H. bewerteten Gesundheitsstörung gleichkäme.
Ein Stützrententatbestand liegt nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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